Brückenbau 6/2014

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Ausgabe 6 . 2014

Bau von Geh- und Radwegbrücken Brücken im Phoenix-Park in Dortmund Panoramabrücke Sigriswil im Berner Oberland Aachens neues »Eingangstor« Interaktive Wabenbrücke in Chemnitz Drachenbrücke im walisischen Rhyl

Aktuell: Zweites Symposium »Bau von Geh- und Radwegbrücken« in München Special: Verbundbrücken als wirtschaftliche Alternative

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ISSN 1867-643X


ERSTKLASSIGE LAGERTECHNIK

In den Schwingungsdämpfern der 6,7 km langen Storebælt-Brücke (DK) sind 12 Großgelenklager GE380-DW verbaut.

Kompetenz für Lagerungen in Bauwerken Bewegliche und feste Brücken benötigen Lagerungen für höchste Lasten, jahrzehntelangen wartungsfreien Einsatz und 100 % Zuverlässigkeit. Mit ELGES-Gelenklagern steht jede Brücke gut da. Alle technischen Anforderungen werden unter schwierigsten Umgebungsbedingungen erfüllt. Ein Beispiel der vielen wirtschaftlichen Lösungen aus dem Schaeffler-Portfolio für Bauwerke. www.schaeffler.de


EDITORIAL Zur Einschätzung von (originären) Qualitäten

Perspektiven im Wechsel von Michael Wiederspahn

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

Für das Verweilen in einer vertrauten Umgebung, das Beharren auf einer bestimmten, einer als bewährt oder zumindest gewohnt erachteten Blickrichtung finden sich stets gute Gründe, bietet eine derartige Variante der (Selbst-)Beschränkung doch einige Vorzüge, nährt sie unter anderem die irrige Hoffnung auf ein klar strukturiertes, vermeintlich mühe- und darüber hinaus gefahrloses, ja auf ein von allen Ängsten, Anspannungen und Anstrengungen befreites Leben voller fester Überzeugungen. Wer indessen glaubt, jedweder Unabwägbarkeit und sämtlichen Bedrohungen ausweichen zu können, indem er den Hals einfach nicht dreht, den Kopf schnell in den Sand steckt oder aber feierlich eine der heute so bequem wie modisch erscheinenden Scheuklappen aufsetzt, täuscht sich gewaltig, denn vor einer Konfrontation mit der sogenannten Realität ist letzten Endes keiner gefeit:

Irgendwann und irgendwo holt sie auch ihn unweigerlich ein, werden ihm fast zwangsläufig unerwartete Wendungen und überraschende Entwicklungen serviert, die seine inzwischen liebgewonnenen oder -gewordenen Anschauungen und Einschätzungen auf- und durcheinanderwirbeln, zunächst mehr oder weniger stark erschüttern und später sogar deutlich konterkarieren. Man sieht, es bedarf schon eines gewissen Grades an Bewegung und Beweglichkeit, an geistiger Flexibilität und Offenheit, um nicht in diesen oder ähnlichen »Zwickmühlen« verhaftet bleiben zu müssen. Ein schönes Beispiel, wie sich manche Probleme durch eine differenzierte und zugleich, im besten Sinne, distanzierte Form der Annäherung entschlüsseln lassen, liefert nun John Berger in und mit den höchst lesenswerten Essays in seinem über 20 Jahre alten Buch »Das Kunstwerk«, wobei hier primär eine Feststellung (größte) Beachtung verdient: »Das Leben in der Stadt führt leicht zu einer sentimentalen Ansicht von Natur. Bauern, Seeleute und Nomaden wissen es besser: Natur ist Energie und Kampf. Sie ist das, was existiert, ohne jedes Versprechen. (…) Die Vorstellung, dass die Kunst ein Spiegel der Natur ist, hat nur für skeptische Zeiten einen Reiz. Kunst ahmt die Natur nicht nach, sie ahmt eine Schöpfung nach – manchmal, um eine andere Welt vorzuführen, manchmal nur, um die kurze Hoffnung, welche die Natur bietet, zu erweitern, zu bestärken, gesellschaftlich zu machen. Kunst ist eine wohlgeordnete Antwort auf das, was uns die Natur gelegentlich ganz kurz wahrzunehmen erlaubt. Kunst versucht, die Möglichkeiten des Wiedererkennens dauerhaft zu machen.« Als eine Kombination aus Einleitung und Resümee aufzufassen, beweisen seine Zeilen im Prinzip mit Nachdruck, warum der Versuch, »die Möglichkeit des Wiedererkennens dauerhaft zu machen«, per se nicht zur Reproduktion von Vorurteilen führt, sondern viel eher deren Überprüfung bedingt und insofern ein adäquates Begreifen von originären Qualitäten und Charakteristika überhaupt erst erlaubt.

Konsequent durch- und weitergedacht, beinhaltet seine Argumentation de facto ein »Herantasten« von unterschiedlichen Seiten, also die Verlagerung von Standorten und damit das Hinterfragen von Standpunkten, und zwar der eigenen wie (diverser) fremder. Und genau das leisten die nachfolgenden Beiträge: Während die meisten Perspektiven derzeit überaus rasch wechseln, sie dank einer nachgerade launenhaft anmutenden Großwetterfront in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über eine lediglich geringe Substanz verfügen, sorgt das vorliegende Heft erneut für eben jene Orientierung, die aus dem Perspektivwechsel als solchem resultiert – in Ergänzung zu Ausgabe 4/5 · 2014, die als Tagungsband zum zweiten Symposium »Bau von Geh- und Radwegbrücken« in München bereits eine erste Auswahl an qualitätvoll(st)en, in puncto Gestalt und Funktion wie Konstruktion und Dauerhaftigkeit überzeugenden »Stegen«, ergo Ingenieurbaukunstwerken thematisierte. Zum Ende des Monats Dezember bedanken wir uns bei sämtlichen Autoren und Anzeigenkunden, Abonnenten und (sonstigen) Lesern für die immer wohlmeinende Mitwirkung – und wünschen Ihnen alles Gute, eine große Portion Glück, Erfolg und Gesundheit sowie einen recht schwungvollen Start in das Jahr 2015, in dem Sie unsere Zeitschrift »Brückenbau« wiederum mit detaillierten Informationen, fundierten Exkursen und mannigfaltigen Anregungen unterstützen und begleiten wird.

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BRÜCKENBAU

CONSTRUCTION & ENGINEERING

Wiederum laden wir Auftraggeber, Architekten und Ingenieure ebenso wie ausführende Bauunternehmen sowie Hochschulen zum

15. Symposium Brückenbau am 10. und 11. Februar 2015 nach Leipzig ein. Wir starten am 9. Februar 2015 mit der Begrüßung der angereisten Referenten und Teilnehmer beim gemütlichen Abendessen und beginnen dann am 10. Februar 2015 in gewohnter Weise mit den Vorträgen. Wie immer stehen neue spannende und viel diskutierte Bauvorhaben sowie Wettbewerbe auf dem Programm – ebenso wie Projekte, die von unseren europäischen Nachbarn realisiert wurden und werden. Last but not least wird das große Thema Erhalt durch Ertüchtigung oder Abriss und Neubau bei einigen der vorgestellten Bauwerke näher beleuchtet. Wir hoffen, dass Sie den Termin »Leipzig 2015« bereits in Ihrem Kalender notiert und vorgemerkt haben. Das Programm und alle Anmeldeformulare finden Sie auch unter www.symposium-brueckenbau.de. Wir freuen uns, Sie in Leipzig wieder begrüßen zu können.

Weitere Informationen und Anmeldung

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: 0611/98 12 920 Fax: 0611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de


I N H A LT

Editorial

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Perspektiven im Wechsel

Michael Wiederspahn

2. Symposium Bau von Geh- und Radwegbrücken

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Brücken im Phoenix-Park in Dortmund

Robert Hajdu

Bau von Geh- und Radwegbrücken

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Panoramabrücke Sigriswil im Berner Oberland

Martin Dietrich

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Aachens neues »Eingangstor«

Stefan Büttgen, Helmut Berg

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Interaktive Wabenbrücke in Chemnitz

Andreas Ehrlich, Sandra Gelbrich, Enrico Rudolph, Meike Röhrkohl, Lothar Kroll, Michael Heinrich, Jan Leibelt, Erik Schindler

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Drachenbrücke im walisischen Rhyl

Bernhard Schweizer, Mark Hobbs, Stefano Casini

Aktuell

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Bau von Geh- und Radwegbrücken

Siegfried Löffler

Special

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Verbundbrücken als wirtschaftliche Alternative

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Produkte und Projekte

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Software und IT

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Nachrichten und Termine

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Branchenregister

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Impressum

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2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Entwurf und Realisierung einer »Brückenfamilie«

Brücken im Phoenix-Park in Dortmund von Robert Hajdu

Auf dem Gelände des ehemaligen Hochofenwerkes Phoenix West in Dortmund-Hörde sind in den letzten Jahren ein technologieorientierter Gewerbepark mit integrierten Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie der Phoenix-Park entstanden: Er ist Teil des Emscher-Landschaftsparkes und befindet sich in direktem Verbund mit dem Zentrum von Hörde, dem östlich gelegenen Phoenix-See sowie der renaturierten Emscher. Die Umgebung, deren Topographie für den Betriebszweck eines Stahlwerkes geformt worden war, erlaubt eindrucksvolle Ausblicke auf die Dortmunder Stadtlandschaft, bewirkt aber auch, dass die gewünschte Durchlässigkeit des Parks für Besucher nur bedingt möglich ist. Durch die Errichtung von Fußgängerbrücken sollen langfristig sowohl die Durchlässigkeit innerhalb des Parks als auch die Erreichbarkeit der umgebenden Freiraumzonen des Dortmunder Grünzugnetzes hergestellt werden. Für den Neubau dieser Brücken wurden bereits 2006 von der Stadt Dortmund mehrere Arbeitsgemeinschaften aus den Bereichen konstruktiver Ingenieurbau und Architektur zur Teilnahme an einem Realisierungswettbewerb eingeladen, aus dem die Planungsgemeinschaft Mayr Ludescher Partner und Auer Weber als erster Preisträger hervorging. Im Folgenden werden das Gesamtentwurfskonzept und die einzelnen Bauwerke der siegreichen Brückenfamilie erläutert.

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1 Phoenix West vor Revitalisierung der stillgelegten Werksflächen © NRW. Urban GmbH & Co. KG

1 Konzept der Brückenfamilie Der Grundgedanke des Entwurfs basiert auf der Auffassung, dass Brücken die Kontinuität eines Weges über einen topographischen oder baulichen »Bruch« vermitteln. Sie sollten hier vor allem diesem Ziel dienen, statt sich selbst zur Schau zu stellen. So hatte man sich entschieden, eine »Brückenfamilie« vorzuschlagen, welche trotz oder gerade wegen der jeweils unterschiedlichen Situationen und Rahmenbedingungen eine deutliche konstruktiv-visuelle Verwandtschaft aufzeigt, welche das Wege- und damit das Landschaftskonzept als Ganzes stärkt. Da die Geschichte des Ortes traditionell durch das Material Stahl geprägt ist, lag es nahe, es auch für die Brückenbauwerke zu verwenden. Der »Brückenschlag«, bestehend aus den zwei Bauwerken mit den größten Spannweiten, wurde als Leitentwurf für die gesamte Brückenfamilie herangezogen. Der Verlauf der Brückenachsen folgt einer »weichen« Wegeführung im Grund- und Aufriss ohne Knicke und Brüche. Dabei ordnet sich das eigentliche Brückenbauwerk, ohne den Blickhorizont zu überlagern, bewusst dem »Wegeband« unter, welches beiderseits vom Wegeprofil abgesetzt ist.

Der schlank dimensionierte Überbau mit den seitlich verlaufenden Tragelementen ist durchgängig und konsequent bei allen Brücken in nahezu gleicher Weise geplant worden. Die seitlichen Tragelemente passen sich, abhängig von der Spannweite den örtlichen Gegebenheiten, jeweils an – von einfachen Tragrohren bis hin zu komplexen, vierendeelartig ausgebildeten Rahmentragwerken. Trotz unterschiedlicher Tragsysteme wurden zudem Regeldetails entwickelt, die auf die gesamte Brückenfamilie anwendbar sind.

2 Anschluss: orthotrope Platte und Obergurt © Susanne Köhler


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

3 Regelquerschnitt der Brücken © Mayr Ludescher Partner

Das Wegeprofil ist als äußerst schlanke, in das Brückenprofil integrierte orthotrope Platte ausgebildet, welche auf Querträgern aufliegt und beiderseits durch ein transparentes Stabgeländer mit aufgestecktem Hartholzhandlauf begrenzt wird.

Die Materialität und Farbgebung der Brückenelemente betonen die Differenzierung zwischen Weg und Tragwerk, wobei die Fahrbahnoberfläche die Helligkeit der Wege im Gelände aufnimmt und das Tragwerk demgegenüber durch einen gedeckten Eisenglimmeranstrich zurücktritt.

Die einzige weithin sichtbare Landmarke, die, neben den Industrierelikten, den Phoenix-Park repräsentiert, ist die sogenannte Vertikale, ein Lichtzeichen in Verbindung mit dem Brückenschlag West, welcher den Stadteingang von Dortmund akzentuiert und gleichzeitig den Treppenabgang zur U-Bahn-Haltestelle »Rombergpark« beherbergt.

4 Rendering von Brückenschlag West mit Lichtzeichen © Mayr Ludescher Partner

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2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

2 Brücke Faßstraße 2.1 Entwurfsgedanke Die neue Brücke Faßstraße soll als Symbol der städtebaulichen und strukturellen Erneuerung des Stadtgebietes von Hörde die Verbindungsachse zwischen dem Phoenix-See und dem Phoenix-Park auf Höhe der alten Bahntrasse sicherstellen. Durch den Rückbau der westlichen Stützwand und den Neubau einer filigranen Brückenkonstruktion verfolgt der Entwurf den Gedanken, die dunkle und verengte Durchfahrt zu verbreitern und die Situation dementsprechend aufzuwerten. 2.2 Tragwerk Das Lichtraumprofil, der Erhalt der östlichen Wand, die Aufweitung im Westen und das Gesamtkonzept der Brückenfamilie gaben gemeinsam den Ausschlag für das letztendlich gewählte Tragsystem. Die Brücke über die Faßstraße wurde als einseitige Rahmenstruktur mit einer Spannweite von 27,50 m und einer Fahrbahnlänge von 36 m geplant. Als Fahrbahnplatte dient eine orthotrope Platte mit einer Nutzbreite von 3 m, welche mittels Querträgern an die außenliegenden Obergurtrohre angeschlossen ist. Das Deckblech der orthotropen Platte hat eine Dicke von 12 mm, der Querträgerabstand beträgt ca. 2 m und der Abstand der Flachstahl-Längsrippen ca. 360 mm. Diese Bauweise der Fahrbahnkonstruktion kommt bei allen Brücken im PhoenixPark zum Einsatz.

5 Bestandsbauwerk © Mayr Ludescher Partner

6 Ansicht der Brücke Faßstraße © Mayr Ludescher Partner

Die außenliegenden Obergurtrohre und Bögen sind über die Widerlagerscheiben miteinander gekoppelt. Somit entsteht zusammen mit den vierendeelartig ausgebildeten und geschweißten Pfosten eine einseitige Rahmenbrücke, die auf der Einspannseite ohne Lager errichtet wurde. Am östlichen Widerlager kamen hingegen klassische Elastomer-Brückenlager zur Anordnung.

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7 Vormontage der Stahlkonstruktion © Mayr Ludescher Partner

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2.3 Montage Aufgrund der stark befahrenen Faßstraße musste die Montage des Bauwerks möglichst schnell und mit lediglich kurzen Sperrzeiten dieses Verkehrsweges erfolgen. Hierfür wurde eine Fertigstellung der gesamten Brücke einschließlich Korrosionsschutz und Geländer auf dem Vormontageplatz vorgesehen.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

8 Brücke Faßstraße nach Fertigstellung © Mayr Ludescher Partner

Anschließend konnte die Brücke mit nur einem Hubvorgang eingehoben und mittels Zugkraftverankerung kraftschlüssig mit dem Widerlager verbunden werden. Somit war eine schnelle und einfache Montage gewährleistet.

3 Brücke Semerteichstraße 3.1 Aufgabenstellung Die Aufgabe am Standort Semerteichstraße beinhaltete den Rückbau der zweiteiligen Eisenbahnbrücke mit anschließender Neuerrichtung einer Rad- und Fußgängerbrücke unter Erhalt der Bestandswiderlager und Überführung der Stickstoffleitung.

3.2 Tragwerk Der Aufgabe entsprechend, hatte man sich für eine Balkenbrücke mit schwimmender Lagerung entschieden. Im Sinne der Brückenfamilie wurden seitlich der bereits beschriebenen orthotropen Platte als Fahrbahnkonstruktion Tragelemente aus Rohrquerschnitten angeordnet. Diese lagern auf den neuerstellten Widerlagerkronen klassisch auf Elastomerlagern auf. Die Stickstoffleitung wurde dabei elegant und unauffällig durch das südliche Tragrohr geführt. 3.3 Montage Die Brücke wurde in der Werkstatt komplett vorgefertigt und auf die Baustelle geliefert. Abgestimmt auf die Fahrzeiten der U-Bahn, konnte sie mittels Autokran in die endgültige Lage eingehoben werden.

9 Brücke Semerteichstraße © Mayr Ludescher Partner

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2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 4 Emschersteg Ost 4.1 Lage und Funktion Das Brückenbauwerk Emschersteg Ost liegt am Rande des Stadtgebiets von Hörde und grenzt unmittelbar an eine Kleingartensiedlung entlang der Emscherpromenade an. Der Steg überquert die Emscher nordöstlich der Ruine »Hymperdahlbrücke« und verbindet die zwei Ufer des Emscherlaufs, welcher im Zuge der Umsetzung des Freiraumkonzepts für den Phoenix-Park renaturiert wird. Die direkte Überquerung der Emscher erleichtert den Bewohnern des nördlichen Stadtteilbereiches den Zugang in die neue Parkanlage.

10 Rendering des Emscherstegs Ost © Mayr Ludescher Partner

11 Ansicht des Emscherstegs Ost © Mayr Ludescher Partner

4.3 Montage Zur Herstellung des Widerlagers Süd einschließlich der Bohrpfähle wurde eine temporäre Überquerungsrampe benötigt. Nach Errichtung der Widerlager konnten die bereits in der Werkstatt vorgefertigten Brückenelemente dann auf einem zuvor aufgebauten Gerüst in der überhöhten Werkstattform zusammengeschweißt werden.

12 Ausbildung des seitlichen Geländers © Mayr Ludescher Partner

4.2 Tragwerk Das Bauwerk wurde als Bogenbrücke über die Emscher mit einer Bogenspannweite von ca. 31 m, einer gesamten Fahrbahnlänge von ca. 43 m und einer Fahrbahnbreite von 3 m geplant. Die beiden räumlich angeordneten Untergurtrohre verschneiden sich im Auflagerbereich miteinander und sind über kegelförmige Bogenkämpfer aus Stahlbeton mit den Widerlagern verbun-

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den. Die beiden ebenfalls räumlich angeordneten Obergurte schließen jeweils an ihren beiden Enden längsverschieblich und querfest über eine Bolzenverbindung an die Widerlagerkammerwände an. Dem Gesamtentwurf entsprechend sind Ober- und Untergurte jeweils über 13 Pfosten gekoppelt, welche als schlanke I-Profile ausgeführt wurden.

13 Wiederkehrende Details der Brückenfamilie © Mayr Ludescher Partner


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5 Emschersteg West 5.1 Konstruktionsidee Der Emschersteg West vervollständigt die Wegeverbindung zwischen dem Botanischen Garten, der sogenannten Blomke und dem weiter nördlich anschließenden Westfalenpark. Die unterschiedlichen Höhenlagen der zwei Brückenenden haben dazu inspiriert, eine asymmetrische und auf das Gelände abgestimmte Konstruktion zu wählen. Hierfür erschien eine Weiterentwicklung der bereits für die Brücke Faßstraße eingesetzten einseitigen Rahmenstruktur als sinnvoll und naheliegend. 5.2 Tragwerk Die Konzeption des Tragwerks orientierte sich im Wesentlichen an der für die bereits erläuterte Brücke Faßstraße. 6 Porta Westfalica 6.1 Herausforderung Im Zuge der Renaturierung der Emscher ist der Eliasdamm im Querungsbereich auf einer Länge von ca. 90 m zurückgebaut worden. Dies schafft eine willkommene Sichtverbindung zwischen den Stadtteilen, unterbricht aber die direkte Wegeverbindung zwischen Phoenix West und Phoenix-See. Die neue Brücke »Porta Westfalica« soll deshalb die Kontinuität der Wegeverbindung auf dem Eliasdamm wiederherstellen.

14 Emschersteg West nach Errichtung © Mayr Ludescher Partner

6.2 Tragwerk Der Überbau der Brücke mit einer Nutzbreite zwischen den Geländern von 3 m wurde als dreifeldrige semiintegrale Struktur aus Stahl mit orthotroper Fahrbahnplatte konzipiert, welche auf flachen Stahlrohrbögen aufgeständert ist. Das nach außen gestellte Tragwerk der Brücke ist im Querschnitt der Dammform nachempfunden und besteht aus Obergurt und Bogen, die entsprechend der jeweiligen Spannweite dimensioniert und

mittels zusammengesetzter Schweißprofile vierendeelartig verbunden sind. Die Widerlager an den Brückenenden sind sichtbar und ragen leicht aus den Böschungsflächen heraus: Die seitlichen Kammerwände wurden in Verlängerung der Obergurtrohre über das Gelände hochgezogen, wobei die Brückenplatte quasi dazwischengeschoben wurde.

15 Neue Brücke namens »Porta Westfalica« © Mayr Ludescher Partner

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Die Zwischenlagerung des filigranen Stahlüberbaus erfolgt auf zwei massiven V-Stützen, die sowohl vertikale als auch horizontale Lasten aufnehmen. Die V-Stützen wirken hier gemeinsam mit der Bohrpfahlgründung wie zwei überdimensionale Federn, die zum Teil die Zwangskräfte im Überbau abbauen. Gegründet ist die Brücke durchgängig auf Bohrpfählen.

16 Montage: Ablaufprinzip © Mayr Ludescher Partner

17 Einheben des Mittelsegments © Mayr Ludescher Partner

6.3 Montage Die Montage der Brücke Porta Westfalica sollte ohne Hilfsstützen im Flussbettbereich erfolgen. Hierfür waren in einer ersten Phase die zwei Brückenendsegmente in der spannungslosen Werkstattform hergestellt und ausgerichtet worden. Anschließend konnte das vorgefertigte Mittelsegment durch zwei Mobilkräne in die endgültige Lage eingehoben und mittels temporärer Montagestöße kraftschlüssig verbunden werden. Nach Aufbringen der endgültigen Schweißnähte wurden dann die temporären Montagelaschen abgetrennt und die Vorspannkräfte der Rückverankerungen eingestellt.

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7 Schlussbemerkung Die Brückenfamilie im Phoenix-Park Dortmund zeigt, dass trotz unterschiedlichster örtlicher Gegebenheiten Brücken mit einer eindeutigen Familienzugehörigkeit ohne Verlust der individuellen Bauwerksidentität entworfen werden können. Dies ist nur durch eine konsequente Entwicklung von Leitdetails möglich, welche an den verschiedenen Brückentypen einsetzbar sind. Hierfür ist eine enge und gute Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur unabdingbar. Autor: Dipl.-Ing. Robert Hajdu Mayr Ludescher Partner Beratende Ingenieure, Stuttgart

Bauherr NRW. Urban GmbH & Co. KG, Dortmund Entwurf Mayr Ludescher Partner, Beratende Ingenieure, Stuttgart Auer Weber Assoziierte GmbH, Stuttgart Tragwerksplanung Mayr Ludescher Partner, Beratende Ingenieure, Stuttgart Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Reinhard Maurer, Dortmund Bauausführung Wilhelm Scheidt Bauunternehmung GmbH, Herford Heinrich Rohlfing GmbH, Stemwede-Niedermehnen Metallbau Teufert GmbH, Quakenbrück


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BRÜCKENBAU

CONSTRUCTION & ENGINEERING

Wiederum laden wir Auftraggeber, Architekten und Ingenieure ebenso wie ausführende Bauunternehmen sowie Hochschulen zum

15. Symposium Brückenbau am 10. und 11. Februar 2015 nach Leipzig ein. Wir starten am 9. Februar 2015 mit der Begrüßung der angereisten Referenten und Teilnehmer beim gemütlichen Abendessen und beginnen dann am 10. Februar 2015 in gewohnter Weise mit den Vorträgen. Wie immer stehen neue spannende und viel diskutierte Bauvorhaben sowie Wettbewerbe auf dem Programm – ebenso wie Projekte, die von unseren europäischen Nachbarn realisiert wurden und werden. Last but not least wird das große Thema Erhalt durch Ertüchtigung oder Abriss und Neubau bei einigen der vorgestellten Bauwerke näher beleuchtet. Wir hoffen, dass Sie den Termin »Leipzig 2015« bereits in Ihrem Kalender notiert und vorgemerkt haben. Das Programm und alle Anmeldeformulare finden Sie auch unter www.symposium-brueckenbau.de. Wir freuen uns, Sie in Leipzig wieder begrüßen zu können.

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Hängekonstruktion im Zentrum eines »Jahrhundertwanderwerks«

Panoramabrücke Sigriswil im Berner Oberland von Martin Dietrich

Im Berner Oberland ist auf einer Strecke von 56 km rund um den Thunersee ein zusammenhängender Wanderweg geplant, der die markantesten Geländeeinschnitte mit Hilfe von Fußgängerhängebrücken überwindet. Ein Meilenstein auf dem Weg zur Realisierung des Gesamtprojekts bildet dabei die im Jahr 2012 erstellte Panoramabrücke Sigriswil. Sie ist mit 340 m Länge, einer freien Spannweite von 300 m und einer Höhe von 180 m über dem Talboden eine der längsten und höchsten in Europa. Ihr Nutzen beschränkt sich nicht auf die Stärkung der Tourismusregion ThunThunersee, da sie auch der einheimischen Bevölkerung als Verbindung zweier Dörfer dient. Aber auch ihr Einfluss auf das Landschaftsbild ist unübersehbar, was zur Frage führt: Wie lässt sich moderne Hängebrückentechnik mit der wunderschönen ländlichen Umgebung vereinbaren?

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1 Streckenführung des Panoramarundwegs Thunersee © Verein Panorama Rundweg Thunersee

1 Panoramaweg um den See Im Jahr 2007 wurde der Verein Panorama Rundweg Thunersee (PRT) gegründet mit der Absicht, einen durchgehenden Wanderweg in schönster Hanglage mit möglichst geringen Höhenunterschieden rund um den Thunersee (Kanton Bern, Schweiz) zu erschaffen. Initiant und Vereinspräsident ist Peter Dütschler, Ingenieur-Geometer und Präsident von Thun-Thunersee Tourismus. Der heute rund 1.600 Mitglieder zählende Verein beschreibt seine Zielsetzung so: »Erlebniswandern dank Ingenieurskunst: Rund um den Thunersee entsteht ein Jahrhundertwanderwerk. Mehrere neue Hängebrücken, sanft in die Landschaft eingebettet, eröffnen ganz neue Wanderperspektiven. Modernste HängebrückenBautechnik überwindet Gräben und Schluchten elegant und sicher. Mit ihren Spannweiten und Höhen über Grund gehören die Brücken zu den längsten und höchsten in Europa.«

Rund 95 % der insgesamt 56 km langen Strecke existieren bereits als Wanderweg; dazu gehört auch ein historischer Pilgerweg. Der Verein PRT arbeitet nun daran, die letzten 5 % des Panoramarundwegs mit Brücken und Wegführungen zu erstellen. Bei den fehlenden Wegstücken handelt es sich primär um Überquerungen relativ tiefer Gräben und Schluchten, die sich mit Hängebrücken sinnvoll realisieren lassen. Diese liegen in Spannweitenbereichen der Größenordnung von 100–300 m und Höhenlagen von 750–850 m ü. M., also 200–300 m über dem Seespiegel und bis zu 180 m über dem Talboden. Sie sollen von Jung und Alt, Einheimischen wie Touristen gefahrlos begangen werden können und ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität vermitteln. Andererseits soll auch der Aspekt von Abenteuer und Herausforderung nicht zu kurz kommen, so dass die Bauwerke in Bezug auf den Benutzerkomfort irgendwo zwischen städtischen und hochalpinen Fußgänger-Hängebrücken anzusiedeln sind. Das ganze Projekt soll mit Sponsoring und Beiträgen der Vereinsmitglieder, hauptsächlich aber von der Nutzerschaft finanziert und, wo möglich, durch Unternehmungen aus der Region in Etappen realisiert werden.


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2 Wettbewerb für zwei Brücken Im Jahr 2009 wurde ein Gesamtleistungswettbewerb für die beiden Brücken in Sigriswil und Leissigen ausgeschrieben, an dem sich sieben Teams aus Planern und Unternehmern beteiligten. Nach einer dreimonatigen Bearbeitungszeit reichten fünf Teams ihre Lösungen ein, wobei sich unter den Ausgeschiedenen auch der einzige Holzbauvorschlag befand. Die Lösungen wurden von einer Jury – bestehend aus Vertretern des Vereins, der Berner Wanderwege und je einem Bauingenieur, Architekten und Geologen – nach folgenden Kriterien beurteilt: Qualität des Entwurfs, Einpassung ins Landschaftsbild, statischkonstruktive Aspekte und Detaillösungen (Gewichtung 50 %) sowie Wirtschaftlichkeit mit Berücksichtigung der Kosten für Erstellung und Unterhalt (Gewichtung 50 %). In Sigriswil bestand das Siegerprojekt aus einer 340 m langen klassischen Hängebrücke mit zwei Haupttragkabeln. Zusätzlich ist die Brücke auch nach unten abgespannt und mit einem Lochblechträger ausgestattet, um das Schwingungsverhalten zu verbessern. Bei der wesentlich kürzeren, 140 m langen Brücke in Leissigen erhielt das Projekt einer einfachen Spannbandbrücke, befestigt an verankerten Betonwandscheiben, den Zuschlag.

2 Wettbewerbsprojekt der Hängebrücke Sigriswil © Theiler Ingenieure AG

Sie wurde als Erste realisiert und Ende 2011 eröffnet. Beiden gemeinsam ist, dass jeweils nicht das Projekt mit den niedrigsten Errichtungskosten zum Zug kam, sondern dass die Qualitätskriterien schlussendlich ausschlaggebend waren.

3 Sigriswil als Meilenstein Die Brücke in Sigriswil ist die zweite und größte im Rahmen des Gesamtprojekts erstellte Hängebrücke. Sie erfüllt nicht nur touristische Zwecke, sondern dient auch als Verbindungsweg für die Einheimischen: Die beiden Dörfer, welche die Brücke verbindet, waren bis dahin durch eine tiefe Schlucht getrennt. Das Oberstufenzentrum der Gemeinde, die aus elf einzelnen Dörfern besteht, befindet sich direkt am einen Brückenende. Für viele Kinder aus der Region hat sich dank der neuen Verbindung der Schulweg wesentlich verkürzt und lässt sich nun zu Fuß bewältigen.

3 Luftaufnahme: Sigriswil, Guntenbach, Aeschlen © Peter Dütschler

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

5 Brücken- und Geländemodell © Ulrich Baierlipp

6 Rendering des Brückenbauwerks © Max Schommer

4 Digitales Statikmodell © Theiler Ingenieure AG

Das Bauwerk ist 340 m lang und spannt sich in 182 m Höhe über den Guntenbach. Es ist als klassische Hängebrücke ausgebildet mit zwei Haupttragseilen, die über Pylone umgelenkt und im Baugrund verankert werden. Aufgrund der geplanten Nutzung sollte sie in puncto Sicherheitsgefühl und Schwingungsverhalten höhere Ansprüche erfüllen als eine hochalpine Hängebrücke. Unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen war aber ebenso klar, dass sie sich in der Gebrauchstauglichkeit nicht mit einer städtischen Fußgängerbrücke würde vergleichen lassen. Der Tragwerksentwurf basiert auf folgenden Hauptideen: – Die Kräfte der beiden Haupttragseile werden über vier leicht nach vorn geneigte 27 m hohe Pylone umgelenkt, über die im Grundriss gespreizten Rückhalteseile weitergeleitet und mittels Bodenankern in der anstehenden Nagelfluh befestigt. – Der Brückenträger ist an den Tragseilen fachwerkartig aufgehängt und zusätzlich schräg nach unten abgespannt, mit dem Ziel einer Verbesserung des vertikalen Schwingungsverhaltens und der seitlichen Stabilität. – Der Träger selber ist als Trogquerschnitt aus gelochten, abgekanteten Stahlblechen ausgebildet, der die 8 m Distanz zwischen den Aufhängeseilen und auch die beiden 20 m langen Brückenrandfelder frei überspannt.

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Die Entwurfsüberlegungen wurden fortlaufend anhand verschiedener Modelle überprüft. Das digitale räumliche Stabmodell diente einerseits für die statischdynamische Berechnung, andererseits war es eine wichtige Grundlage für den Aufbau des physischen Brücken- und Geländemodells im Maßstab 1:200 und schließlich auch für das Rendering, in das die wichtigsten konstruktiven Details bereits einflossen. In dieser Phase fand eine enge Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule in Burgdorf statt, was sich für alle Projektpartner als nützlich erwies. So unterstützte das Brückenmodell während rund eines Jahres die Bauherrschaft bei der Sponsorensuche, und auch das Rendering ist so gut gelungen, dass es sich – jetzt, da die Brücke fertiggestellt ist – kaum von einer photographischen Aufnahme des fertigen Bauwerks unterscheidet.

4 Statik und Dynamik Bei der statischen Berechnung galt es, bereits in einem frühen Stadium die Eigenlast der Brücke zuverlässig abzuschätzen und plausible Annahmen für die maßgebende Nutzlast zu treffen. Nach mehreren iterativen Berechnungsschritten ergab sich eine Eigenlast von 2,10 kN/m in Brückenmitte bis 2,40 kN/m in den Randbereichen, wovon etwa ein Drittel auf die Seile und zwei Drittel auf den mit abgekanteten Lochblechen geformten Brückenträger entfallen. Für die Fußgängerlast geben die Schweizer SIA-Normen für den Nachweis der Tragsicherheit 4,00 kN/m2 vor. Dieser Wert wurde in Absprache mit der Bauherrschaft und in Übereinstimmung mit den Eurocodes, die für lange Brücken einen Reduktionsfaktor vorsehen, auf 2,50 kN/m2 abgemindert, was bei einer Gehwegbreite von 1,20 m einer Linienlast von 3,00 kN/m entspricht. Dies entspricht gerade auch der Schneelast, welche nicht mit den Fußgängerlasten


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kumuliert wurde. Als weitere Haupteinwirkung waren Windkräfte zu berücksichtigen, die im vorliegenden Fall in der Größenordnung von 2,00 kN/m liegen, während Erdbebenkräfte praktisch keine Rolle spielten. Weitere außergewöhnliche Einwirkungen wie Baum- oder Blitzschlag wurden bei den Sicherheitsüberlegungen mitbedacht. Die Berechnungen wurden mit räumlichen Stabstatikprogrammen durchgeführt, kombiniert mit Handrechnungsund graphischen Methoden. Die Hauptschwierigkeit dabei war, dass die inneren Kräfte am verformten System bestimmt werden mussten, weil kein linearer Zusammenhang besteht zwischen äußerer Lasteinwirkung und inneren Schnittkräften. Denn ein straff gespanntes horizontales Seil nimmt ja bekanntlich eine vertikale Belastung weniger durch eine Kraftzunahme, als vielmehr durch eine Vergrößerung des Durchhangs auf, während es sich bei einem schlaff hängenden Seil gerade umgekehrt verhält. Dass die Brücke trotz aller Stabilisierungsmaßnahmen – auf Hightech wie zum Beispiel Schwingungstilger wurde bewusst verzichtet – eher zur beweglicheren Sorte gehört, zeigen die Werte in der Tabelle (Bild 7). Die Werte sind hier gerundet angegeben, da zwischen den Ergebnissen des Projektingenieurs, des Prüfingenieurs und der am Bau gemessenen Wirklichkeit Abweichungen bis zu 10 % bei den Kräften und ca. +/- 0,30 m bei den Deformationen auftraten. Dies ist einerseits durch die verschiedenen Berechnungsmodelle und andererseits mit Maßtoleranzen und Temperatureinflüssen am Bau sowie Abweichungen bei den Materialkennwerten zu begründen; so kann zum Beispiel der E-Modul der Seile nach Herstellerangaben um +/- 20 % variieren. Für den Initialzustand der Brücke unter ständiger Belastung und nach ihrer Abspannung, also nach der Vorspannung der untenliegenden Stabilisierungsseile, wurde eine Überhöhung von 1,00 m gewählt, und alle Seillängen wurden für diesen Spannungszustand berechnet; auf eine Regulierbarkeit der Seillängen wurde auch bei den Haupttragseilen verzichtet. Dass dieses System gut funktionierte und die erwähnten Abweichungen zu keinerlei Problemen führten, war ebenso der präzisen Arbeit des Seilherstellers und der Stahlbauunternehmung, welche zudem für die Brückenmontage verantwortlich war, zu verdanken.

Belastungssituation

Seilkraft Durchhang Überhöhung

Montage Tragseile

320 kN

12,80 m

+2,70 m

Montage Brückenträger

870 kN

14,10 m

+1,40 m

Abspannung Brückenträger

1.040 kN

14,50 m

+1,00 m

Brücke mit 40 % Nutzlast

1.330 kN

15,20 m

+0,30 m

Brücke mit 100 % Nutzlast

1.750 kN

16,00 m

-0,50 m

Seilkraft: Zugkraft pro Haupttragseil mit 65 mm Durchmesser und 292 m Länge Durchhang: Vertikal gemessener Durchhang der Seilparabel in Brückenmitte Überhöhung: Vertikale Abweichung des Brückenträgers aus der geraden Lage

7 Seilkräfte und Deformationen © Theiler Ingenieure AG

Schwierig bis unmöglich im Voraus zu erfassen war das Schwingungsverhalten der Brücke mit Hilfe konventioneller Berechnungsmethoden. Hier leistete die speziell auf Seilkonstruktionen zugeschnittene Spezialsoftware des Prüfingenieurs gute Dienste. Die Frequenzen der vertikalen Schwingungen konnten mit 0,50–0,80 Hz und die horizontalen Schwingungen mit 0,30–0,50 Hz bestimmt werden, was unterhalb der kritischen Werte liegt. Das fertige Bauwerk bestätigt den Eindruck, dass die Schwingungen relativ langsam sind und keine Gefahr des Aufschaukelns besteht. Dennoch sind sie deutlich spürbar, insbesondere dann, wenn sich mehr als nur ein paar Einzelpersonen auf der Brücke bewegen, was von der Bauherrschaft und von der großen Mehrheit der Benutzer allerdings problemlos akzeptiert wird.

8 Schweißarbeiten an Pylonen © Martin Dietrich

5 Konstruktive Besonderheiten Die Brücke wird getragen von vier 27 m hohen Pylonen. Am Stützenkopf sind jeweils drei Seile angeschlossen, bestehend aus je einem Haupttragseil und zwei gespreizten Rückverankerungsseilen. Dies führte zur Idee, den Querschnitt als gleichschenkliges Dreieck auszubilden, dessen Spitze gegen die Brückenmitte zeigt. Um das Material statisch wirksam in den Ecken zu konzentrieren, wurden drei Stahlrohre eingesetzt, die durch Bleche miteinander verbunden sind. Aus montagetechnischen Gründen gliedert sich jeder Pylon in drei je 9 m lange Teile, die mit innenliegenden HVSchraubstößen verbunden sind. Das Mittelstück weist einen konstanten Querschnitt von 900 mm x 900 mm x 720 mm auf, während sich die Randstücke gegen die Enden hin konisch verjüngen; der Stützenfuß ist gelenkig gelagert. Als Material wurde durchwegs Stahl S 355 JO verwendet.

9 Pylonkopf mit Seilanschlüssen © Martin Dietrich

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10 Lochbleche mit variablem Lochanteil © Theiler Ingenieure AG

11 Blick auf Thunersee und Niesen © Martin Dietrich

12 Schattenwurf auf das Haupttragseil © Martin Dietrich

Alle in Brückenlängsrichtung verlaufenden Hauptseile sind vollverschlossen und an ihren Enden mit Gabelköpfen ausgestattet. Sie wurden im Werk im vorgereckten Zustand auf die genaue Länge vorkonfektioniert. Für die exakte Bestimmung der Seillängen war das 3-D-Modell, das gleichzeitig auch für die statischdynamischen Berechnungen und die Visualisierung diente, eine unverzichtbare Hilfe. Bei der Montage konnten die Seile lose eingehängt werden, und die Brückengeometrie stellte sich von selber ein; einzig die Feinjustierung der Endlage erfolgte über eine Vorspannung der unteren Parabel der Abspannseile. Der Brückenträger besteht aus abgekanteten, gegenseitig verschraubten Lochblechen. Die Seitenwände wirken statisch wie ein Ständerfachwerk mit Zugdiagonalen, wobei die Abkantungen die Stabilität der druckbeanspruchten Elemente gewährleisten. Entsprechend den statischen Anforderungen nimmt in Richtung Brückenmitte die Blechdicke von 5 mm auf 3 mm ab und der Lochanteil von 20 % auf 50 % zu. Dies bringt Vorteile bei der Verteilung der Eigenlast, der Windangriffsfläche und der optischen Transparenz. Die 8 m langen Brückenelemente sind mittels sogenannter Tellerfedern gegenseitig verbunden. Diese gewährleisten die Kraftübertragung und dennoch eine ausreichende Flexibilität bei großen Seitenbewegungen infolge Wind, so dass

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13 Querschnitt des Brückenträgers © Theiler Ingenieure AG

14 Längsschnitt des Pendellagers © Theiler Ingenieure AG

die dünnen Bleche nicht ausbeulen; ihre Wirkung entspricht derjenigen von Bandscheiben bei einer Wirbelsäule. Speziell sind schließlich auch die Endauflager des Brückenträgers: Er ist bei den Pylonen mit einem festen Gelenk und bei den Widerlagern, gerade umgekehrt, mit einer längsverschieblichen Einspannung aufgelagert. Letztere besteht aus vier Pendelscheiben, welche durch eine Schrägstellung temperaturbedingte Längenänderungen des Brückenträgers von gesamthaft 200 mm bzw. beidseitig +/- 50 mm zwängungsfrei aufnehmen können.


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6 Bauausführung und Eröffnung Nach erteilter Baubewilligung erfolgte Mitte April 2012 der Baustart. Während in der Stahlbauwerkstatt die Pylone und Brückenträgerelemente vorbereitet wurden, begann der ortsansässige Bauunternehmer mit den Aushub- und Betonierarbeiten. Es waren zwar insgesamt nur ca. 60 m3 Beton einzubringen, doch stellten die Hangneigungen zwischen 30° und 45° und die Geometrie der Fundamente eine Herausforderung dar. Parallel dazu versetzte eine Spezialfirma die insgesamt 36 Bodenanker, bestehend aus 28 Zugankern und 8 Druckpfählen. Dabei kamen vorinjizierte Anker des Typs Gewi Plus mit Durchmessern von 43,00 –57,50 mm und Längen zwischen 8 m und 13 m mit einer Belastbarkeit zwischen 725 kN und 1.250 kN zum Einsatz. Die Haftung in der Nagelfluh wurde zu Beginn mit Ausreißversuchen, mit deren Hilfe die Ankerlängen optimiert werden konnten, und mit mehreren Prüfankern sichergestellt.

15 Fundamentschalung mit Ankereisen © Martin Dietrich

16 Fertigbetoniertes Brückenfundament © Martin Dietrich

Als Grundlage für die Stahlbaumontage diente der Ablaufplan gemäß Bild 17, ein Resultat der engen Zusammenarbeit zwischen Ingenieur und Stahlbauunternehmer.

17 Ablaufschema der Stahlbaumontage © Theiler Ingenieure AG

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19 Helikoptereinsatz für die Brückenendfelder © Martin Dietrich

20 Seilmontage 180 m über dem Talboden © Martin Dietrich

18 Montage der 27 m hohen Pylone © Markus Hubacher

Ab Juli 2012 wurden die Stahlbauteile in die Verzinkerei und von dort direkt auf die Baustelle transportiert. Auf der Seite Sigriswil kam zur Erstellung des Pylons mit den Rückverankerungsseilen und des Brückenrandfeldes ein Baukran zum Einsatz. Die gleiche Arbeit erfolgte auf der schwer zugänglichen Seite Aeschlen mit dem Helikopter – ein Spektakel, das mitten in den Sommerferien viele Zuschauer anlockte. Im August wurden die 292 m langen und 65 mm dicken Hauptseile entlang zuvor mit dem Helikopter montierten Hilfsseilen eingezogen und mit Hilfe kräftiger Gabelköpfe an den Pylonen angehängt. Die wohl schwierigste Arbeit war dann aber die Montage der vielen unterschiedlich langen Sekundärseile, der Brückenquerträger und der stabilisierenden Abspannseile, wo in luftiger Höhe am hängenden Seil Präzisionsarbeit geleistet werden musste.

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Ab Mitte September folgte im Endeffekt die Montage der 37 Brückenträgerelemente mit je 8 m Länge und 1,20 t Gewicht. Dafür wurde ein eigens für diesen Zweck konstruiertes Rollgestell verwendet. Als an einem relativ kalten Morgen beim Versetzen des letzten Elements eine klaffende Fuge von 50 mm übrigblieb, brauchte es die Kraft der Sonne, um sie zu schließen und die letzten Schrauben ohne Kraftaufwand einzubringen. Das große Eröffnungsfest fand am 14. Oktober 2012 statt. Es dauerte rund zwei Stunden, bis die zu Tausenden aufmarschierten Besucher die Brücke im Einbahnverkehr überquert hatten. Der große

22 Brückeneröffnungsfest am 14. Oktober 2012 © Melanie Dietrich

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21 Versetzen der Lochblechelemente © Markus Hubacher

Belastungstest war damit zwar überstanden, aber beim Auftritt der »Trychler«, der glockenschwingenden Bergburschen, war sie gehörig in seitliche Schwingungen versetzt worden. Das störte allerdings kaum jemanden, zum Umfallen war ohnehin kein Platz vorhanden.

23 Erste Besucher auf der neuen Brücke © Melanie Dietrich


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7 Schlussbemerkungen Die Brücke darf mit einem Erstellungspreis von 1,20 Mio. CHF (1,00 Mio. €) bzw. 1,50 Mio. CHF (1,25 Mio. €) inklusive Landerwerb, Vorbereitungs- und Umgebungsarbeiten als relativ kostengünstig bezeichnet werden. Sie erfreut sich in den zwei Jahren ihres Bestehens großer Beliebtheit. Obschon es bis zur Fertigstellung des Panoramarundwegs Thunersee noch einige Jahre dauern wird, haben bereits rund 100.000 Touristen nebst vielen Einheimischen und Schulkindern die Brücke überquert. Die Wertschöpfung in der Region ist beachtlich, einige Gaststätten in der näheren Umgebung konnten ihre Umsätze merklich steigern. Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Die Einpassung des markanten Bauwerks in die reizvolle Landschaft wird diskutiert, und ob die Brücke auf der gegenüberliegenden Seeseite einen störenden Blendeffekt bewirke. Dazu ist zu bemerken, dass bewusst auf einen Farbanstrich verzichtet wurde und die Feuerverzinkung mit der Zeit dunkler erscheinen wird. Die Mehrzahl der Fachleute ist der Meinung, dass sich ein solches Bauwerk, sofern es einen sinnvollen Zweck erfüllt und sorgfältig gestaltet ist, nicht zu verstecken braucht. Die Panoramabrücke Sigriswil hat eine Anerkennung beim Schweizer Stahlbaupreis Prix Acier 2014 erhalten. In der Würdigung der Jury steht: »Die Hängebrücke in Sigriswil, am nördlichen Seeufer des Thunersees gelegen, überspannt auf einer Länge von 340 m und in einer Höhe von 180 m den Guntenbachgraben. Die neue Panoramabrücke verbindet nicht nur die beiden Gemeinden Sigriswil und Aeschlen miteinander, sondern tritt weit sichtbar und landschaftsprägend in Erscheinung. Die Kraft des Projekts liegt in der Leichtigkeit und zeigt, wie eine große Brückenspannweite mit wenigen, präzisen konstruktiven Mitteln sehr ökonomisch erreicht werden kann. Im Spannungsfeld von statischer Notwendigkeit und dem Wunsch nach einem Gefühl von Sicherheit und Stabilität arbeitet die Konstruktion mit minimalsten Mitteln. Zwei gegen die Brückenmitte geneigte V-förmige Pylone ermöglichen eine Fundation dieser Haupttragelemente mit nur einem Fundament in Nähe der Hangkanten. Die Gehwegkonstruktion wird mit Hängern in V-Form an die beiden Tragseile gehängt. Die Hänger formen zusammen mit dem Gehweg und dem Tragseil je ein aussteifendes Fachwerk.

24 Panoramabrücke Sigriswil mit Thunersee und Berner Alpen im Hintergrund © Urs Schott

Mit dem Trogquerschnitt des Trägers, der aus gelochten und abgekanteten Stahlblechen zusammengefügt ist, wird die klassische Hängebrücke neu interpretiert. Diese konsequente Umsetzung einer Ingenieurlösung veranschaulicht beispielhaft die gelungene Auseinandersetzung mit Aufgabenstellung und Materialeinsatz. Ein filigranes, spinnwebenartiges Objekt mit spektakulärer Aussicht ist das Ergebnis von Mut zu weniger, zu Reduktion und Einfachheit.« Autor: Martin Dietrich Dipl. Bauingenieur ETH SIA Theiler Ingenieure AG, Thun, Schweiz

Bauherrschaft Verein Panorama Rundweg Thunersee, Thun, Schweiz Entwurf und Tragwerksplanung Theiler Ingenieure AG, Thun, Schweiz Gestalterische Beratung Berner Fachhochschule, Burgdorf, Schweiz Geologie Geotechnisches Institut, Spiez, Schweiz Prüfingenieur Mathieu Paratte, dsp Ingenieure & Planer AG, Greifensee, Schweiz Bauausführung Seiler AG, Stahl- und Metallbau, Bönigen, Schweiz Ghelma AG, Spezialtiefbau, Meiringen, Schweiz Grossglauser Bauunternehmung, Sigriswil, Schweiz

25 Filigranes, spinnwebartiges Gebilde samt spektakulärer Aussicht © Urs Schott

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Die CHIO-Brücke am Sportpark Soers

Aachens neues »Eingangstor« von Stefan Büttgen, Helmut Berg

Die Stadt Aachen hat im Nordosten des Stadtgebiets den Sportpark Soers mit neuen Wettkampfstätten für den Fußballverein Alemannia Aachen und den Aachen-Laurensberger Rennverein entwickelt. In diesem Zuge wurde ein Verkehrssicherheitskonzept erstellt: Infolge einer deutlich erhöhten Besucherfrequenz ergab sich die Notwendigkeit einer neuen Fußgängerbrücke, um bei Großsportereignissen den punktuellen Fußgängerstrom bis zu 20.000 Personen sicher über die achtspurige Krefelder Straße (B 57) zu führen. Darüber hinaus sollte die Brücke über die Anbindung an den Bahntrassenradweg Aachen–Jülich die Stadt Aachen mit dem Naherholungsgebiet Soers verknüpfen und die Nahmobilität stärken. In den letzten Jahren ist die Krefelder Straße zudem zum meistfrequentierten Stadteingang Aachens geworden. Im Gegensatz zum anderen großen Stadteingang, dem Europaplatz mit dem bekannten Fontänenbrunnen, war sie jedoch bislang keine angemessene Empfangsgeste für Besucher. Die zu konzipierende Brücke bot deshalb neben der reinen Funktionalität auch die Chance, ein Erkennungszeichen für den Stadteingang und damit für die Stadt Aachen zu werden.

1 Projekthistorie Anfang Dezember 2007 fiel der Startschuss für die Planungen der Infrastrukturmaßnahmen am Sportpark Soers, der für die Stadt Aachen eines der wichtigsten aktuellen städtebaulichen Projekte darstellt. Der Bau des neuen AlemanniaStadions und dessen Heranrücken an die Pferdewettkampfstätten des AachenLaurensberger Rennvereins e.V. (ALRV) wurden genutzt, um die bestehenden Sportanlagen zusammen zu einem einheitlichen Sportpark zu entwickeln. Ziel war es dabei auch, Synergien durch gemeinsame Flächennutzungen zu realisieren und im Kontext mit dem neuen Quartier einen überzeugenden Stadteingang zu gestalten.

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1 Neuer Sportpark Soers © V-Cube

2 Entwurf aus der Vogelperspektive © V-Cube

Aufgrund der anspruchsvollen Randbedingungen wurde von der Stadt Aachen ein Wettbewerb mit Mehrfachbeauftragung der Vorplanung durchgeführt, aus dem das nachfolgend beschriebene Entwurfskonzept als Sieger hervorging. Nach Durchführung des beschränkten Planerwettbewerbs beauftragte die Stadt Aachen 2008 das Ingenieurbüro H. Berg & Partner GmbH mit der Planung und Umsetzung der Fußgängerbrücke am Sportpark Soers. Um die funktionalen, bautechnischen und architektonischen Anforderungen an das Projekt zu erfüllen, wurde der Entwurf in interdisziplinärer Zusammenarbeit im Unterauftrag mit den Aachener Büros Hegger & Partner (Tragwerksplanung, Erdbebennachweis) und Hahn Helten + Assoziierte (Architektur) erstellt.


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3 Unterseite des Brückenbauwerks © Jörg Hempel

Der erste Entwurf, mit dem H. Berg & Partner GmbH den Wettbewerb gewann, sah zunächst einen mittig angeordneten Pylon vor. Auf Wunsch des Bauherrn wurde dann eine weitere Variante mit Pylon auf dem Stadionvorplatz erarbeitet, welche jedoch aus Kostengründen wieder verworfen wurde. Daraufhin wählte man eine vereinfachte Konstruktion mit dem Pylon im Grünstreifen in der Mitte der achtspurigen Krefelder Straße. Im Rahmen einer anschließend vorgenommenen beschränkten Ausschreibung legte die Firma Fritz Meyer GmbH aus Altenkirchen, Westerwald, einen Sondervorschlag zum Festpreis vor. Der AachenLaurensberger Rennverein sponserte darüber hinaus einen Teil der Brücke, sie erhielt daher den Namen CHIO-Brücke.

2 Das Konzept Aufgrund der Anforderungen an die Fuß- und Radwegbrücke sowie der örtlichen Randbedingungen mit beengten Platzverhältnissen auf der stadienabgewandten Seite in Verbindung mit der freizuhaltenden Durchfahrtshöhe von 4,80 m für die Haupteinfallstraße wurde eine S-förmige Lauflinie entwickelt. Der insgesamt 108 m lange Überweg verfügt über eine im Rahmen eines Verkehrsgutachtens definierte Nutzbreite von 6,00 m und wird über zwei Rampen erschlossen. Auf der Seite des Sportparks weitet sich die Rampe fächerförmig auf und führt den Besucher in Richtung der Arenen. Der Querschnitt wurde aus Kostengründen (Herstellung und Wartung) aus Stahlbeton gewählt. Dabei stellte die Konstruktionshöhe des Brückenprofils für die gewünschte Leichtigkeit des Stahlbetonbauwerkes eine statische Herausforderung dar, welche aus der ungewöhnlichen Gesamtbreite von 7,70 m resultiert. Durch die Überlagerung zweier Tragprinzipien (integrales Tragkonzept in Verbindung mit Schrägseilabspannung) wurde es möglich, den Brückenquerschnitt flügelartig zu den Rändern zu verjüngen und damit ein filigranes Erscheinungsbild zu erzeugen.

Über acht schlanke Stahlseile ist die Brücke von einem 65,10 m hohen grazilen Stahlpylon abgehängt, der sich in seinem Querschnitt von 2 m am Fuß bis zu seiner Spitze hin einer Nadel gleich verjüngt. Somit markiert die Brücke nicht nur weithin sichtbar den nördlichen Stadteingang, sondern der Pylon erinnert als Bild einer filigranen »Nadel« auch symbolhaft an die Geschichte Aachens als Zentrum der deutschen Nadelproduktion und grüßt den Ankommenden mit dem berühmten »Klenkes« – dem Aachener Gruß. Um die Filigranität und Leichtigkeit der Konstruktion zu unterstreichen, sind die Brücke und der Pylon zudem in einem strahlenden, lichtreflektierenden Weiß gehalten. Durch die Form und Wirkung der Brücke sowie die Umgestaltungs- und Bepflanzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Realisierung der städtischen Infrastrukturmaßnahmen und des Sportparks Soers wurde ein städtebauliches Umfeld geschaffen, das die Krefelder Straße als Magistrale Aachens erlebbar macht.

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 3 Das Tragwerk Der Überbau des insgesamt 108 m langen, S-förmig geschwungenen Überwegs verfügt über eine Feldlänge von 60 m. In der Draufsicht wird die Grundform durch zwei Radien bestimmt: Von der stadienabgewandten Seite wird der Überbau in einem Radius von 30 m über die Krefelder Straße geführt, auf dem Vorplatz des Sportparks weist er einen gegenläufigen Radius von 10 m auf, um dann in einem schiefwinkligen Widerlager auszulaufen. Zur Minimierung der Rampenneigung und zur Betonung der gewünschten Leichtigkeit der Konstruktion hat der Überbau eine Schlankheit von 55 und kann somit nicht frei überspannt werden. Er muss daher über eine Schrägseilabspannung und eine interne verbundlose Vorspannung unterstützt und zur Begünstigung der Tragwirkung in die Widerlager eingespannt werden. Der Überbau wurde als asymmetrischer Fischbauchquerschnitt mit deutlichem Schwerpunkt an den Seilangriffspunkten am südlichen Querschnittsrand ausgebildet. Auf der seilabgewandten Seite schließt sich ein verjüngender schlanker Kragarm an den geschwungenen Bauch an. Die Widerlager wurden als Kastenwiderlager mit abgerundeter Flügelwand realisiert, welche durch ihre Formgebung das Fischbauchprofil des Überbaus in den Baugrund fortsetzen. Dadurch erhält die Untersicht des Bauwerks eine markante, organische Form. Der 65,10 m hohe, leicht nach außen geneigte Pylon besteht aus zwei Teilen: einer 41,30 m langen Stahlverbundkonstruktion zur Aufnahme der Seilkräfte und einer oberhalb der Seilangriffspunkte angeordneten Stahlnadel. Der linsen-

4 Pylon mit Seilabspannung © Jörg Hempel

förmige Querschnitt des Pylons ist aus konischen Blechschüssen gefertigt und um 4,50° geneigt. Als Aufhängung des Querschnittes dienen acht vollverschlossene Seile von 28–40 m Länge und 60 mm Durchmesser. 4 Die Gründung Die Baugrundoberfläche kam aufgrund ihrer Zusammensetzung – eine heterogene Aufschüttung von 1,50–2,50 m Dicke umfassend, auf die feinsandige, stark zusammendrückbare Schluffe in steifer Konsistenz folgen – für eine setzungsarme Gründung nicht in Frage. Erst ab ca. 5 m Tiefe stehen die Aachener Kreideformationen (Basisschichten) an, die sich gut für die Abtragung von Bauwerkslasten eignen. Aachen liegt zudem in der Erdbebenzone 3, so dass auch diese Einwirkungen zu berücksichtigen waren (Bemessung und Berechnung gemäß DIN 4149).

Als wirtschaftlich und technisch beste Lösung wählte man daher eine Gründung mittels Ortbetonbohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,20 m und einer Länge von 7,00 m. Davon wurden unter dem Pylon je acht und unter den beiden Widerlagern je neun angeordnet. 5 Überbau und Widerlager Das Brückenbauwerk wurde in Ortbetonbauweise realisiert, seine lichte Breite zwischen den Geländern beträgt 6,00 m. Die Konstruktionshöhe misst im Bereich der Seilangriffspunkte bis zu 1,15 m, an der seilabgewandten Seite schließt sich ein bis auf ca. 20 cm verjüngender Kragarm an. Für die Fahrzeuge auf der unterführten B 57 ist am kritischen Punkt eine lichte Durchfahrtshöhe von ≤ 4,80 m gewährleistet. Durch die schlanke Konstruktion mussten der Überbau und die Widerlager mit einem Beton der Festigkeitsklasse C50/60 errichtet werden.

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5 Regelquerschnitt des Überbaus © Ingenieurbüro H. Berg & Partner GmbH


BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Die Brücke besitzt eine maximale Steigung von 18 %, ihre Querneigung ist als umgekehrtes Dachprofil mit 2 % festgelegt. Im Bereich der Widerlagerfußpunkte beträgt die Neigung teilweise über 4 %, um sie an die der Vorplätze anzupassen. Üblicherweise wird bei der gewählten Geometrie eine Tragkonstruktion in Stahloder Stahlverbundbauweise bevorzugt. Die Ausführung an der CHIO-Brücke sieht dagegen ein integrales Tragkonzept in Verbindung mit einer Schrägseilabspannung und einer internen, verbundlosen Vorspannung vor, wobei der Überbau aus Stahlbeton starr in die Widerlagerbereiche eingespannt wird. Ein gewollter Effekt dieser Tragstruktur ist eine kostengünstige, schlanke Überbaukonstruktion in Stahlbetonbauweise. Darüber hinaus entfallen durch den geringen Einsatz von Tragelementen aus Stahl sowie den Wegfall von Brückenlagern die mit ihnen einhergehenden hohen Unterhaltsaufwendungen. Die Vorspannung reduziert die Membranwirkung des Bauwerkes und die daraus resultierenden Horizontalkräfte auf den Baugrund mit dem Ergebnis eines erheblich verkleinerten baulichen Gründungsaufwandes. 6 Der Pylon Der 65,10 m hohe, leicht nach außen geneigte Pylon gliedert sich in zwei Teile: Sein unterer Teil ist 41,30 m hoch und besteht aus einem Stahlverbundquerschnitt. Er ist am Fußpunkt über die Anschlussbewehrung und eine Schraubringverbindung mit 48 vorgespannten Schrauben in eine 1,20 m dicke Pfahlkopfplatte monolithisch eingespannt. Dieser untere Teil dient als Basiselement zur Aufnahme der Seilkräfte. Der obere Teil hat eine Höhe von 23,80 m und besteht aus einem luftdicht verschlossenen Hohlkasten, der sich einer Nadel gleich nach oben hin verjüngt. Die Blechdicke beträgt im Verbundbereich 20 mm, im Bereich der Nadel 10 mm. Die Verankerung der Seile im Pylon ist durch zwei Stahlschwerter mit einer Höhe von ca. 6 m gewährleistet, wobei zur Vermeidung von lokalen Beulen an der Pylonoberfläche die Kraftübertragung direkt in den Stahlbetonquerschnitt erfolgt. Die acht Seile wurden als vollverschlossene, galvanisch verzinkte Seile mit einem Durchmesser von 60 mm vom Typ PV 360 der Pfeiffer Seil und Hebetechnik ausgeführt. Für die Verbindung zum Überbau und zum Pylon sorgt eine Konstruktion aus Gabelköpfen und Augblechen. Die Seilkräfte werden über schwertförmige Stahleinbauteile in den Überbau eingeleitet.

6 Montage des Pylonunterteils © Astrid Webers

7 Statische und dynamische Nachweise Die zahlreichen statischen und konstruktiven Besonderheiten wurden in einer aufwendigen 3-D-Finite-ElementeBerechnung berücksichtigt. Gemäß DIN 4149 gehört Aachen zur höchsten Erdbebenzone Deutschlands (Erdbebenzone 3). In der statischen Berechnung wurde daher eine dreidimensionale Modalanalyse durchgeführt, um die Tragfähigkeit auch für den Erdbebenfall nachzuweisen. Rechnerische Untersuchungen zum Schwingungsverhalten des Gesamtbauwerkes ergaben trotz seiner außerordentlichen Schlankheit eine hohe Sicherheit gegen die bekannten dynamischen Effekte aus fußgängerinduzierten Schwingungen, so dass ein Verzicht auf bauliche Vorkehrungsmaßnahmen möglich wurde. Dies gilt in gleicher Weise für den Pylon, an dem nur sehr kleine wirbelerregte Schwingungen ermittelt und Biegewie Torsionsgalopping ausgeschlossen werden konnten. Die Schwingungsbegrenzung der Seile (Regen-WindInduktion, Galopping etc.) wurde durch rechnerische Untersuchungen belegt. 8 Die Bauausführung Am 1. März 2011 begann die ausführende Baufirma Fritz Meyer GmbH aus Altenkirchen mit der Errichtung der CHIOBrücke, die örtliche Bauüberwachung und Bauoberleitung leisteten hier das Ingenieurbüro H. Berg & Partner GmbH.

Die Bauphase gliederte sich in drei Abschnitte: Der erste Abschnitt umfasste die Ausführung der Pfahlgründung und des Verbaus sowie die Erdarbeiten. Von April bis Juni 2011 wurden dann die Pfahlkopfplatten und die Widerlager hergestellt. Von Juni bis Oktober 2011 arbeitete man am Traggerüst, an dem Überbau, dem Pylon und den Seilen. Anschließend erfolgte die Realisierung der Brückenausstattung inklusive Graffitischutz sämtlicher Sichtflächen und der Abdichtung der Lauffläche, die sich aufgrund schlechter Wetterbedingungen mehrmals verzögerte. Am 29. Juni 2012, pünktlich zur Eröffnung des CHIO, des Weltfests des Pferdesports 2012, konnte die neue Brücke in Gebrauch genommen werden.

7 Spanten für Brettschalung des Überbaus © Peter Stollenwerk

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8 Schalung und Bewehrung des Überbaus © Peter Stollenwerk

Für die Widerlager und den Überbau wurde eine gebogene Brettschalung konventionell auf einem Traggerüst aus Spanten gewählt. Da keine geraden, sondern nur gerundete Schalflächen auftraten, bedurfte sie einer sehr aufwendigen Planung und äußerst komplizierten Umsetzung, zudem waren zahlreiche Stabstahleinzelpositionen für die Bewehrung erforderlich. Zum Anschluss der Schrägseile wurden die feuerverzinkten Stahleinbauteile aus S 355 J 2 + N exakt in die Überbauschalung eingemessen. Nach der Betonage des Überbaus wurde die Vorspannung aus VBT-Monolitzen ohne Verbund (DIBt Z-13.2-124) aufgebracht, die aus 18 Paketen mit jeweils vier Litzen St 1660/1860 15,70 mm (AP = 150 mm2) bestanden. Die Spannglieder haben Längen von 107–112 m, je nach Lage im Überbau.

Die Montage des Pylons erfolgte in zwei Schritten: Sein 41,30 m hohes und 66 t schweres Unterteil wurde mit zwei Autokränen (100 t und 250 t) aufgerichtet und über einen Ankerkorb aus 48 feuerverzinkten Gewindestäben im Fundament eingespannt. Zusätzlich wurde über die Anschlussbewehrung, die bei der Aufstellung manuell in den Pylon »einzufädeln« war, eine monolithische Verbindung zur Pfahlkopfplatte ausgeführt. Die 23,80 m hohe und 11 t schwere Pylonspitze wurde in einem zweiten Schritt über 23 Bolzen mit dem Unterteil gekoppelt.

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Eine weitere Schwierigkeit war die Maßgabe, den Verkehr im Baustellenbereich auch während der Errichtung der Brücke möglichst nicht zu beeinträchtigen. Die beiden Montageabschnitte für den Pylon konnten deshalb nur zu bestimmten Zeiten erfolgen. Zudem musste die Montage mehrfach wegen der Vorhersage von zu hohen Windgeschwindigkeiten verschoben werden. Die für den Überbaubereich und die Deckplatten der Widerlager benötigte Menge von ca. 500 m³ Beton der Festigkeitsklasse C50/60 wurde darüber hinaus in einem Betoniervorgang während der Nachtstunden eingebracht. So kam neben den ohnehin hohen technischen Anforderungen, die ein solcher Brückenbau mit sich bringt, auch noch die Berücksichtigung erheblicher Sicherheitsrisiken hinzu. Die anspruchsvolle bautechnische Realisierung und die Gewährleistung örtlicher Randbedingungen, wie die Freihaltung eines Lichtraumprofils von 4,20 m während der Bauzeit und der ungestörte Betrieb von Großsportveranstaltungen, wurden durch die beauftragte Firma in hervorragender Weise umgesetzt.

9 Innere Pylonbewehrung mit Kopfbolzen © Elmar Holzbach


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10 Wirkung Neben ihrem Hauptziel, das heißt dem sicheren Überqueren der achtspurigen Krefelder Straße vor allem bei sportlichen Großereignissen, gehen folgende positive Signale von der Planung und dem Bau der CHIO-Brücke aus: – das Überqueren der Krefelder Straße als besonderes Erlebnis für Fußgänger und Radfahrer, – eine Landmarke für den Stadteingang von Aachen an der Krefelder Straße, – ein Erkennungszeichen für das größte Sportereignis, den CHIO, in Aachen, – ein gestalterisches Symbol für den Anspruch der Stadt Aachen als Wissenschaftsstandort. Autoren: Dipl.-Ing. Stefan Büttgen Dipl.-Ing. Helmut Berg Ingenieurbüro H. Berg & Partner GmbH, Aachen

10 CHIO-Brücke als neues »Eingangstor« für Aachen © Jörg Hempel

9 Innovation, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit Aufgrund des knappen Budgets waren die Zielvorgaben seitens der Stadt Aachen nur durch ständige Optimierung sämtlicher Bauteile während der Planungsphase einzuhalten. Durch die detailgetreue Abbildung der Planungsschritte in Modellen wurden Einsparpotentiale gefunden sowie Begeisterung bei den örtlichen Vereinen und in der Wirtschaft geweckt. So wurde unter anderem durch den Verkauf von Namensrechten und Sponsorengelder – die Nadelspitze wurde gestiftet – das Budget auf insgesamt 2,20 Mio. € aufgestockt. Mit Hilfe des gewählten innovativen Tragsystems konnte trotz der geschwungenen Laufführung eine kostengünstige Stahlbetonbauweise umgesetzt werden. Durch den Einsatz der im Brückenbau nicht üblichen verbundlosen Vorspannung wurde die Membranwirkung des Bauwerkes reduziert und die daraus resultierenden Horizontalkräfte auf den Baugrund erheblich minimiert, mit dem Ergebnis eines deutlich verkleinerten baulichen Gründungsaufwandes.

Ein gewollter Effekt dieser Tragkonstruktion ist die Verringerung des Bauwerksunterhaltes: Dank des Verzichts auf wartungsintensive Bauteile wie Kappen, Brückenlager und Übergangskonstruktionen verfügt der Bauherr über ein wartungsarmes Bauwerk. Darüber hinaus wurden sämtliche Sichtflächen mit einer innovativen, robusten und porenversiegelnden weißen Beschichtung versehen, die in erster Linie als sehr wirksamer Graffitischutz dient. Aus Griffigkeitsund Gestaltungsgründen besteht die Verschleißschicht der Lauffläche aus einem neuartigen offenporigen Epoxidharzmörtel auf einer polymermodifizierten, bitumengebundenen Abdichtung. Die abgerechneten Baukosten für den Neubau der CHIO-Brücke entsprechen mit 2,20 Mio. € brutto dem von der Stadt Aachen unter Berücksichtigung der Sponsorengelder festgelegten Kostenrahmen.

Bauherr Stadt Aachen, Aachener Stadtbetrieb Entwurf Ingenieurbüro H. Berg & Partner GmbH, Aachen (Generalplaner) Hahn Helten + Assoziierte Architekten, Aachen Tragwerksplanung Hegger & Partner GmbH, Aachen Schwingungsuntersuchungen Ruscheweyh Consult GmbH, Würselen Prüfingenieur Dr.-Ing. Manfred Abel, Aachen Bauausführung Fritz Meyer GmbH, Altenkirchen

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Motivation, Entwurf, Planung und Errichtung

Interaktive Wabenbrücke in Chemnitz von Andreas Ehrlich, Sandra Gelbrich, Enrico Rudolph, Meike Röhrkohl, Lothar Kroll, Michael Heinrich, Jan Leibelt, Erik Schindler

Die Stadt Chemnitz beherbergt viele Zeugnisse der gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnenden Industrialisierung in Deutschland. Die Gebäude der ehemaligen Haase-Färberei an der Rochlitzer Straße im Zentrum der Stadt stellen ein wichtiges Denkmal der Industriearchitektur dieser Zeit dar. Im Zuge der aktuellen Revitalisierung und Umnutzung des Areals wurde auch eine Anbindung der gegenüberliegenden, parkähnlich gestalteten Uferseite flussabwärts der Bauwerke geplant. Im Rahmen des durch die Sächsische Aufbaubank geförderten Technologievorhabens »Leichtbaustrukturkomponenten für Anwendungen in Tragwerken« erfolgte in Zusammenarbeit mit mittelständischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen die materialtechnische und konstruktive Entwicklung eines funktionsintegrierten Gehbelages aus faserverstärktem Kunststoff. Die Revitalisierung des Firmenkomplexes der ehemaligen »Haase-Färberei« bot nun die Möglichkeit, die Forschungsergebnisse beim Bau der geplanten Flussquerung in die Praxis umzusetzen.

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1 Workshops zur Formfindung Das gemeinsame Forschungsprojekt »Neue leichtbaugerechte Strukturkomponenten und Verarbeitungstechnologien für Anwendungen in Tragwerken« beinhaltete in der Anfangsphase die Durchführung von Workshops zur Formfindung beim Arbeiten mit neuartigen Baustoffen wie ultrahochfesten Betonen, Textilbeton und faserverstärkten Kunststoffen.

2 Blick in Richtung Fahrbahnachse der Hängebrücke © Beier Steiner Architekten und Ingenieure

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1 Baufeld an der Rochlitzer Straße in Chemnitz © Andreas Ehrlich

Beteiligt waren Architekturbüros, die ihre Ideen im Rahmen jener Workshops präsentierten. Als besonders innovativ stellten sich die Entwürfe von Beier Steiner heraus. Das Büro ließ sich bei seiner Idee von Bienenwaben inspirieren, die aus aneinandergereihten gleichmäßigen sechseckigen Zellen aufgebaut sind. Von allen möglichen, lückenlos aneinanderreihbaren Zellgeometrien weisen sechseckige Formen das beste Verhältnis von Wandmaterial zu Volumen auf. Die Wabenform dient als Grundstruktur für die Brückenelemente und unterstreicht den Gedanken »Form folgt Technologie«. Beier Steiner haben zwei verschiedene Varianten angeboten, wobei ein Entwurf als Hängebrücke ausgebildet wurde. Die Gehbahn sollte dabei aus wabenförmig ausgeschnittenen Fertigteilen bestehen. Als Baustoff wurde ultrahochfester Beton vorgeschlagen, die Wabenausschnitte sollten mittels transluzenter, gitterrostartig geformter Platten aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefüllt werden. Bild 2 zeigt eine Visualisierung dieser Idee. Der Workshop hat damit auch den schließlich realisierten Entwurf inspiriert.


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3 Übersicht: Leichtbauwabenbrücke ohne Darstellung der Hänger © Schulze & Rank Ingenieurgesellschaft m.b.H.

2 Entwurf des Brückenbauwerkes Entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und insbesondere den Anforderungen aus begleitend durchgeführten Hochwasserschutzmaßnahmen hat die neue interaktive Wabenbrücke eine Spannweite von 30 m; die Flussquerung ist als Fußgängerbrücke mit einer Belagbreite von 2,50 m konzipiert. In Form und Konstruktion stellt sie eine einhüftige Bogenbrücke dar, wobei als Tragwerk neben dem überspannenden Rohrbogen eine Stahlträgerunterkonstruktion realisiert wurde. Am Stahlbogen wird die Gehbahn mittels zweier Hängerpaare in den Drittelspunkten der Primärtragkonstruktion befestigt. Die Lagerung der Gehbahnhauptträger erfolgt auf beiden Seiten des Flusses über massive Widerlager. Bild 3 zeigt eine Übersicht des konstruktiven Entwurfes. Für die Entwicklung und technologische Umsetzung von neuen leichtbaugerechten Strukturkomponenten in Tragwerken bieten insbesondere Konstruktionen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) sehr gute Lösungsansätze. Bei solchen Bauteilen kommen die Vorteile von GFK, wie beispielsweise ein geringes Gewicht, sehr gute mechanische Eigenschaften, Korrosionsbeständigkeit und die belastungsgerechte Dimensionierung, zur Geltung.

Die im Grundriss gekrümmte Gehbahnkonstruktion besteht aus den torsionssteifen Hauptträgern in Längsrichtung und integrierten Leichtbauwaben aus GFK. Diese modulare Faserverbundkonstruktion bildet als flächige Wabenstruktur das Sekundärtragwerk zwischen den beiden Längsträgern. Das heißt, die ca. 2,60 m langen Module sind als tragende Sandwichkonstruktion vollständig aus glasfaserverstärktem Kunststoff aufgebaut. Dabei wurden für die Deckschichten des Sandwichs bidirektional verstärkte GFK-Laminate gewählt, als Stege dienen halbwabenförmig konzipierte Laminatstreifen. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde zudem ein integriertes Sensorsystem entwickelt, welches die Position von Fußgängern auf den Brückenelementen detektiert und die Schaltfunktion für die automatische Beleuchtung der Brücke ausgibt. Die Integration einer LED-Beleuchtung gestattet verschiedene nächtliche Lichtszenarien, verbunden mit optisch interessanten Spiegelungen der vollständig durchscheinenden Wabenelemente im Wasser. Vor Beginn der Baumaßnahmen wurde anhand des vorhandenen Kartenmaterials und der vorliegenden Informationen eine Baugrunderkundung durchgeführt.

Um weitere Aufschlüsse über die Untergrundverhältnisse zu gewinnen, wurde die Firma Schäfer Geotechnik Consult GmbH mit einer ergänzenden Baugrunderkundung sowie -beurteilung beauftragt. Die Verhältnisse im Untergrund wurden zusätzlich durch zwei Rammsondierungen bis 5,50 m Tiefe im Bereich des westlichen Widerlagers erkundet. Unter Beachtung der ermittelten Baugrundverhältnisse und des bis zur Aufschlussendtiefe der Bohrungen bei - 10,00 m nicht vorhandenen, kompakten Aufstandshorizontes für Bohrpfähle wurde eine Gründung mittels Verpresspfählen vorgeschlagen. Das geringe Eigengewicht des Gehbelages von 0,70 kN/m² stellt besondere Anforderungen an die dynamischen Betrachtungen des Tragwerkes. Die vertikalen Beschleunigungen liegen für die Verkehrsklassen TC 1 und TC 2 innerhalb der Komfortklasse CL 1. Für die Verkehrsklassen TC 3 wird die Komfortklasse CL 2 erreicht.

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN mittleren Radius von 25.000 mm bogenförmig konzipierte Fahrbahn, die gleichzeitig auch in der Längsachse eine Überhöhung von 300 mm aufweist und damit hohe Anforderungen an den ausführenden Stahlbaubetrieb steelconcept stellte. Bild 5 gibt einen Überblick zum Stahltragwerk. Die Konstruktion selbst gliedert sich im Wesentlichen in das Bogentragwerk mit vier Abhängern und die beiden untereinander verbundenen Brückenhauptträger. Der Bogen besteht aus einem

4 Widerlager nach der Betonage © Hentschke Bau GmbH

3 Gründung und Widerlager Nach Abschluss der Baugrunduntersuchungen wurden mit dem Bodenaushub für die Fundamente und Widerlager auch Suchschachtungen zur Erkundung der Verankerungen im Bestandbauwerk der Uferbefestigung notwendig, um Kollisionen zu vermeiden. Die Gründung der Brücke erfolgte als Tiefengründung mit Mikroverpresspfählen: Je Widerlager wurden vier Pfähle mit Pfahlverstärkung bis in Tiefen von 6,50–11,00 m verbaut, während für die Bogenfundamente je fünf Mikropfähle mit einer Länge von 11 m zum Einsatz kamen. Der anschließende Schalungsbau gestaltete sich durch die komplexe, ovale Form der Bogenfundamente sehr aufwendig. Die Schalungsplanung wurde daher durchgängig mit einem 3-D-CAD-System erarbeitet. An die Fertigstellung der Schalung schloss sich die Betonage an, wobei ein Beton der Überwachungsklasse 2, einer Festigkeitsklasse C 30/37 und einer Konsistenzklasse des Frischbetons F 2 verwendet wurde. Um ausreichende Dauerhaftigkeit des gewählten Betons zu gewährleisten, erfolgte die Ausführung entsprechend den Expositionsklassen XC 4, XF 2, XF 3, XA 2 sowie XD 2. Die Sichtflächen der Betonbauteile wurden zudem in der Sichtbetonklasse 3 realisiert.

5 Konzeption des Stahltragwerks © steelconcept GmbH

4 Stahlkonstruktion Die Stahlkonstruktion der Brücke wurde in gemeinsamer Arbeit des Ingenieurbüros Schulze & Rank und der ausführenden Firma steelconcept in Chemnitz geplant. Im Rahmen der Zusammenarbeit zeichnete das Büro Schulze & Rank für die Genehmigungsplanung und den Tragwerksentwurf verantwortlich, die Firma steelconcept führte die Werkstatt- und Montageplanung durch. Eine Besonderheit des Tragwerkes ist die mit einem

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6 Querschnitt der Stahlträger © steelconcept GmbH

Stahlrohr 406,40 mm x 16 mm, seine Stützweite beträgt 32,14 m bei einem Stich von 13,10 m. Die Form wird über eine Aufteilung in fünf Segmente mit verschiedenen Biegeradien der Parabel angenähert. Für die Abhänger war das Zugstabsystem Besista 540 geplant, das aber für querschwingungsanfällige Abhänger nicht zugelassen ist, so dass geschweißte Abhänger nach Eurocode eingesetzt wurden.


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7 Montage des Überbaus mit temporärer Kranunterstützung © steelconcept GmbH

Als Hauptträger kamen geschweißte Kastenhohlprofile 420 mm x 250 mm mit Blechdicken zwischen 8 mm und 12 mm zur Ausführung. Der Anschluss für die Hänger wurde mit einem durchgesteckten Rohr 152,40 mm x 12,50 mm realisiert. Die Hauptträger wurden in drei Modulen zu je 10 m Länge in der Werkstatt vorgefertigt. Die Baustellennähte mussten trotz der komplizierten Geometrie hohen Anforderungen an die Genauigkeit gerecht werden, um eine planungsgerechte Montage der Wabenmodule zu ermöglichen. 5 GFK-Überbau Der Gehbelag der Fußgängerbrücke wurde aus Wabenmodulen gebildet und besteht aus zwölf solchen Modulen mit den Abmessungen (Breite x Länge der Mittelfaser) 2,50 m x 2,60 m. Die Module weisen entsprechend dem Stahltragwerk der Brücke einen Radius in der Mittelachse von 25.000 mm auf. Jedes Wabenmodul liegt einzeln auf Blechen auf, die an beiden Kastenhauptträgern des Brückentragwerkes befestigt sind, und ist gegen Abheben und vertikale Lasten gesichert. Die Wabenmodule sind zwängungsfrei gelagert, Dehnungen aus Temperatur werden somit vom Stahltragwerk nicht auf den Gehbelag übertragen. Die Waben sind untereinander nicht verbunden, so dass auch in Längsrichtung keine Dehnungen aus Temperatur zwischen den einzelnen Modulen übertragen werden. Die entstehenden Fugen werden elastisch abgedichtet, wobei die Fugenmasse mittels einer Hinterlappung aus Faser-Kunststoff-Verbund vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt ist. Die

Module selbst sind als Wabensandwich vollständig aus glasfaserverstärktem Kunststoff aufgebaut. Alle Laminate wurden aus zulassungstechnischen Gründen rechnerisch auf Standardlaminate nach DIN 18820 zurückgeführt. Dabei wurden Mischlaminate des Typs GF-UP1-MW1-n-40 eingesetzt. Die obere Deckschicht umfasst 21 Lagen mit einer theoretischen Laminatdicke von 17,20 mm. Die Oberseite der Wabenelemente ist zusätzlich mit einer rutschfesten Verschleißschicht versehen, für die gebrochener Quarzsand mit einer Körnung 1–3 mm in einem Trägerharz aufgebracht wurde. Die untere Deckschicht beinhaltet 11 Lagen Laminat MW1 mit einer theoretischen Dicke von 9,00 mm. Die Stege der Waben bestehen

aus vorgefertigten GFK-Streifen, die in Form einer gestreckten Halbwabe ausgebildet wurden; ihre theoretische Laminatdicke beträgt 8,00 mm. Die mäanderförmigen Stegstreifen wurden zu einem flächigen Wabengebilde verklebt. Diese Technologie gestattet ein in Dickenrichtung der Wabe ausformungsschrägenfreies Laminat und gewährleistet damit die optimale Verklebung der Streifen untereinander zur gesicherten Schubübertragung im Flächenkern. Für die Waben wurde im Finite-Elemente-(FE-) Modell eine konstante Wanddicke von 8,00 mm angesetzt, die erhöhte Wanddicke an den Klebeflächen wird lediglich über ein erhöhtes Eigengewicht der Gesamtfläche betrachtet. Bild 8 zeigt das FE-Modell des Wabenmoduls.

8 Finite-Elemente-Modell des Brückenmoduls © Enrico Rudolph

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Für die Verbindung der Wabenfläche mit den Deckschichten wurde eine Nass-inNass-Technologie gewählt: Der vorgefertigte Wabenkern wurde dafür zunächst in das noch nicht ausgehärtete Laminat der oberen Deckschicht gedrückt, das im Pressbereich austretende Harz sichert hier einen hochwertigen Stoffschluss. Nach der Aushärtung wird dieses Bauteil gewendet und analog in die noch nicht ausgehärtete untere Deckschicht gepresst und somit zum Wabensandwichkörper verbunden. Für die Berechnungen im Grenzzustand der Tragfähigkeit wurden Elastizitätsmodul und Spannungen entsprechend der Bau-Überwachungsverein-(BÜV-) Richtlinie »Tragende Kunststoffbauteile im Bauwesen« abgemindert. Der Stand jener Richtlinien begründet das teilweise sehr hohe Niveau materialbedingter Abminderungen für Temperatur, Medieneinfluss und Alterung. Gegenstand zukünftiger Forschungen im Bereich des Einsatzes von Faser-Kunststoff-Verbunden im Bauwesen sollte auch eine Neufassung solcher Abminderungsbeiwerte sein, um das zweifellos hohe Potential dieser Werkstoffe für neues Bauen besser erschließen zu können. So sind die technologischen und materialtechnischen Fortschritte der letzten Jahre noch nicht ausreichend in die derzeit vorhandenen Richtlinien eingeflossen. Die Verifikation der Berechnungsergebnisse wurde in zwei Stufen ausgeführt. Zunächst erfolgte die Prüfung standardisierter Materialproben durch zertifizierte Prüfanstalten, wie beispielsweise die IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH in Dresden. Damit wurden die nach Normung und BÜV-Richtlinie geforderten Mindestwerte für die KurzzeitFestigkeiten und -Steifigkeiten bestätigt, die als Grundlage der statischen Berechnungen dienten. Im nächsten Schritt wurden Probekörper im Maßstab 1:1 untersucht. Dafür stand unter anderem die auch im Rahmen des Forschungsprojektes gemeinsam mit den Firmen steelconcept und Müller & Pfeiffer entwickelte Prüfmaschine an der Technischen Universität Chemnitz zur Verfügung, die Untersuchungen an Probekörpern bis zu einem Maß von 3.000 mm x 1.100 mm bei Kräften bis zu 300 kN gestattet. Für die Verifizierung konnten so Probekörper mit der realmaßstäblichen Spannweite von 2,50 m und einer Breite von zwei Wabenfeldern eingesetzt werden.

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9 Gestickter Dehnungssensor auf Glasfaservlies als funktionales Halbzeug © Jan Leibelt

6 Sensorik Ein Schwerpunkt in der Weiterentwicklung intelligenter Faserkunststoffverbunde (FKV) sind die Integration und Erhöhung der Funktionsdichte von Informationstechnik, Sensorik und Aktorik zu komplexen Systemen. Dazu stehen bisher die vielfältigsten Materialien, wie zum Beispiel piezoelektrische und faseroptische Fasern, sogenannte Faser-Bragg-Gitter, oder auch Formgedächtnislegierungen bzw. vorgefertigte Informationselemente wie etwa Dehnungsmessstreifen, zur Verfügung. Daraus lassen sich aktive Verbundwerkstoffe bzw. »Smart Composites« mit gezielten Eigenschaften kreieren, die besonders für den Einsatz in beanspruchten Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen geeignet sind. Die meisten derartigen Komponenten sind für Luft- und Raumfahrtanwendungen entwickelt worden und nutzen beispielsweise integrierte Piezo-Sensoren und -Aktoren in Verbindung mit Steuer- und Regelungselektronik zum Anpassen ihrer Geometrie bzw. Strukturdynamik an die wirkenden Belastungen. Als Trägermaterial kommen in der Regel Faserverbundwerkstoffe auf Prepregbasis zum Einsatz, wobei die zugehörigen Technologien nicht unter dem Aspekt der Großserientauglichkeit betrachtet wurden. Ein entscheidendes Hindernis, das den Durchbruch von derartigen aktiven Leichtbaukomponenten verhindert, ist das Fehlen integraler Produktionstechnologien. Denn der Einbau dieser komplexen Systeme erfolgt im Regelfall mit vorgefertigten Schichtmaterialien oder als Einzelelement mittels Handeinlegeverfahren in den Faserverbund bzw. durch Applikation auf der Oberfläche des Faserverbundbauteils und erfordert damit einen hohen manuellen Aufwand. Eine wesentliche Voraussetzung für die Eignung einer Faserverbundbaulösung mit integrierten Funktionen sind das Wissen und Können, die textilen Ausgangsmaterialien mit sensorischen oder aktorischen Elementen zu versehen. Textiltechnologisch hergestellte Sensoren eignen sich für die Integration in faserverstärkte Komponenten, da sie nahezu

komplett aus den gleichen Materialien wie die faserförmigen Verstärkungsmaterialien selbst bestehen und durch ihren textilen Charakter so gut wie keine Störquellen im Faserverbund bilden. Materialtechnisch betrachtet, integrieren sie sich fast »unsichtbar«. Im Gegensatz zu herkömmlichen Sensorbauweisen können textile Sensoren im Material des Bauteils platziert werden, was ihnen Schutz und Nähe zur Messstelle sichert sowie besondere gestalterische Möglichkeiten eröffnet. Eine Variante der textilen Sensorfertigung bietet die sticktechnologische Herstellungstechnik, die am Kompetenzzentrum Strukturleichtbau e. V. seit mehreren Jahren bedeutender Bestandteil intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist. Durch sie lassen sich sowohl robuste als auch, bezogen auf Größe und Form, sehr flexibel anpassbare Sensoren realisieren. Die Funktion und Verwendbarkeit sticktechnologisch hergestellter Sensorik in Verbindung mit polymeren Matrixwerkstoffen wurden bereits in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen. Anwendungen wie die Messung der Verformung von Strukturen (Dehnungsmessung), Temperatur-, Füllstand- und Feuchtemessung wurden durch sticktechnologische Sensorstrukturen erfolgreich praktiziert. Weiterhin sind gestickte Strukturen als Funkantennen, Heizstrukturen, Leiterbahnen und Touchsensoren eingesetzt worden. Die Herstellung erfolgt durch Ablegen und Vernähen eines band- oder drahtförmigen Sensormaterials auf ein Grundmaterial, den sogenannten Stickgrund. Da die Verlegung numerisch gesteuert abläuft, sind eine präzise Fertigung und Reproduzierbarkeit gegeben. Die Wahl der Materialien sowohl für den Sensor als auch für den Stickgrund richtet sich nach der zu messenden physikalischen Größe, dem Messprinzip sowie den Eigenschaften der Bauteilmaterialien. Derartige gestickte Sensoren finden über den klassischen Strukturleichtbau hinaus bereits ihren Einsatz im Bauwesen zur Feuchtemessung von Betonwerkstoffen.


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10 11 12 Integrales Sensorsystem für die automatische Beschaltung der Brückenbeleuchtung: spiralförmig gestickter Sensor (links), Wabensegment mit integriertem gesticktem Sensor (Mitte), Verarbeitungselektronik (rechts) © Jan Leibelt

7 Intelligente Lichtschaltung Einhergehend mit der sticktechnologischen Herstellung vielfältiger Sensoren, die für das Einfügen in FKV-Tragstrukturen geeignet sind, wurde ein integrales Sensorsystem entwickelt, das die Position von Fußgängern auf den Brückenelementen detektiert und Schaltfunktionen für die automatische Beleuchtung der Brücke ausgibt. Das System basiert auf Sensoren in Form gestickter Elektroden bzw. Antennen, die spiralförmig auf Glasfaservlies aufgestickt und während der Fertigung der Brückenelemente in die Deckstruktur einlaminiert wurden (Bilder 10 und 11). Die Antennen bestehen aus isolierter Kupferlitze und sind über eine kaskadierte Signalverarbeitungselektronik segmentweise verbunden.

Jeweils eine Elektronik (Bild 12) speist einen Sensor, der dadurch ein räumlich begrenztes elektrisches Feld aufbaut, das mit der Umgebung in Wechselwirkung tritt. Veränderungen dieses Feldes werden durch die Elektronik registriert, was einer Rückkopplung gleichkommt. Wird ein sensorisiertes Wabensegment von einem Fußgänger betreten, manipuliert er das elektrische Feld derart, dass die Elektronik ein Schaltsignal erzeugt. In jedem Segment des Belages wurden mehrere Waben mit Sensoren versehen, die jeweils über eine Elektronikeinheit verfügen und ein Schaltsignal generieren. Alle Elektronikeinheiten sind kaskadiert und liefern somit ein Signal pro Sensorfeld an die Beleuchtungssteuerung, die das Licht in den entsprechenden Waben schaltet.

Die Beleuchtung selbst besteht aus schirmförmigen LED-Lichtstreifen mit einer Gesamtleistung von 11,50 W je beleuchteter Wabe; insgesamt sind 72 der 324 Waben beleuchtet. Die Steuerung der Lichtanlage wurde in einem separaten Schaltschrank im Fußbereich der Widerlager montiert. Dafür mussten sowohl die Signalkabel der Sensorik als auch die Anschlusskabel für die Beleuchtung jeweils bis zum Widerlager geführt werden, wofür in Summe ca. 1.000 m Kabel verlegt wurden. Bild 13 zeigt die integrierte Beleuchtung der Brücke nach Aktivierung der Sensorik.

13 Abendliches Lichtszenario der interaktiven Wabenbrücke nach Fertigstellung © Hendrik Schmidt

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8 Textile Füllung des Geländers Die grundlegende Idee von Beier Steiner Architekten und Ingenieure sieht als Ergänzung zum Handlauf des Brückengeländers eine Füllung in Form von Netzen mit hexagonal geformten Öffnungen vor. Diese Netze wurden im Rahmen des Forschungsprojektes im Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) entwickelt, für ihre Herstellung wurden also Forschungsaufgaben bezüglich Materialauswahl, textiler Verarbeitung, Konfektionierung sowie Brandund Witterungsschutz bearbeitet. Um dem Leichtbaugedanken Rechnung zu tragen, aber auch um bauliche Anforderungen wie Schnittfestigkeit, Aufprallschutz und Umweltbeständigkeit zu berücksichtigen, wurden spezielle Kunststoffe zur Netzherstellung eingesetzt. Die ausgewählten Materialien bestehen aus hochfestem Dyneema®-Multifilamentgarn, das zu knotenlosen Netzen verwirkt wird. Das Material Dyneema® besitzt eine hohe Schnittfestigkeit und wird bisher unter anderem für schusssichere Westen, Tapes oder leichte, strapazierfähige Hochsee- und Kranseile verwendet. Das Originalmaterial ist weiß und hat eine sehr glatte Oberfläche. Die Landesstelle für Bautechnik Leipzig forderte für die Einordnung der Geländernetze in die Bauregelliste den Nachweis der Normalentflammbarkeit nach DIN 4102 Baustoffklasse B 2 bzw. Klasse E nach DIN EN 13501-1. Das unbehandelte Fadenmaterial Dyneema® erfüllt diese Bedingungen aber nicht, weshalb der Forderung der Zulassungsstelle nach Normalentflammbarkeit mittels Aufbringens einer speziellen flammhemmenden Beschichtung entsprochen wurde. Zur Ertüchtigung des Materials gegenüber Witterungseinflüssen erfolgte mit der flammhemmenden Beschichtung im Foulard gleichzeitig die Ausrüstung mit UV-stabilisierenden Polymeren. 9 Ausblick Faser-Kunststoff-Verbunde zeichnen sich als hervorragende Leichtbauwerkstoffe aus. Ihr zweifellos hohes Potential wird jedoch derzeit für Anwendungen im Bauwesen nicht ausreichend genutzt. Zukünftig müssen geeignete Prüfverfahren entstehen und in Normen integriert werden, so dass gesetzliche Grundlagen für die Erteilung von Baugenehmigungen gegeben sind. Für den Einsatz sind weiterhin fachübergreifende Denkweisen erforderlich, um die Möglichkeiten der Leichtbaustoffe voll ausschöpfen zu können.

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14 Gehbelag aus Faser-Kunststoff-Verbund © Andreas Ehrlich

Neue Referenzen zu schaffen, wie beispielsweise mit der im Oktober 2014 fertiggestellten Wabenbrücke in Chemnitz, ist ein erster Schritt, die kommerzielle Verwendung von Faser-KunststoffVerbunden im Bauwesen zu fördern. Faserverbundwerkstoffe werden sich weiter gegenüber konventionellen Werkstoffen durchsetzen, vor allem wenn es gelingt, eine höhere Funktionalität in die Bauteile zu integrieren. Der für die Fertigung des Gehbelages mit der Zusammenführung von Sticktechnologie, Kunststoff-Verarbeitungsverfahren und Mikrosystemtechnik verfolgte Weg bietet die Chance, serientaugliche Produkte mit integrierten Funktionen nach optimalen faserverbundgerechten Konstruktionsprinzipien herzustellen. Die Zustandserfassung der Faserverbundstruktur auf äußere, sich ändernde Bedingungen mittels strukturintegrierter Sensorik eröffnet in vielen anderen Anwendungsbereichen vor allem im Bauwesen neue, innovative Lösungen. Autoren: Dipl.-Ing. Andreas Ehrlich Dr.-Ing. Sandra Gelbrich Enrico Rudolph M.Eng. Meike Röhrkohl M.Sc. Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Kroll Technische Universität Chemnitz Professur für Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung Dipl.-Ing. Michael Heinrich Dipl.-Ing. Jan Leibelt Kompetenzzentrum Strukturleichtbau e.V., Chemnitz Dipl.-Ing. Erik Schindler Schulze & Rank Ingenieurgesellschaft m.b.H., Chemnitz

Bauherr AIG Alpha Invest Grundstücksverwaltungs GmbH, Dresden Ideengeber Beier Steiner Architekten und Ingenieure, Borna, Mittweida Entwurf Schulze & Rank Ingenieurgesellschaft m.b.H., Chemnitz Technische Universität Chemnitz, Professur für Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung Tragwerksplanung Schulze & Rank Ingenieurgesellschaft m.b.H., Chemnitz Beleuchtung Appelt & Appelt GbR, Chemnitz Sensorik Kompetenzzentrum Strukturleichtbau e.V., Chemnitz Textile Strukturen Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V., Chemnitz Prüfingenieure Dr.-Ing. Marco Gettel, Leipzig Dipl.-Ing. Frank Christian Kutzer, Leipzig Bauausführung Arbeitsgemeinschaft »Leichtbauwabenbrücke an der Haase-Fabrik«: Fiber-Tech Construction GmbH, Chemnitz Steelconcept GmbH, Chemnitz Hentschke Bau GmbH, Bautzen


BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN »Flügelkonstruktion« aus Verbundwerkstoff

Drachenbrücke im walisischen Rhyl von Bernhard Schweizer, Mark Hobbs, Stefano Casini

Die elegant geschwungene Zugbrücke mit ihren zwei identischen, vollständig aus Faserverbundwerkstoff gefertigten Baskülen führt in der walisischen Stadt Rhyl von der West Parade über den Fluss Clwyd zu einer neugestalteten Uferpartie an der Kinmel-Bucht. Bereits die Errichtung der Pont y Ddraig oder, in Deutsch, der Drachenbrücke war eine Attraktion, die nicht wenige Besucher anlockte. Seit ihrer feierlichen Eröffnung hat sich das noch verstärkt, wird die neue Verbindung der beiden Counties Denbighshire und Conwy doch von Fußgängern wie Radfahrern ebenso gerne wie rege benutzt – und von Einheimischen wie Touristen zudem oft auch nur bestaunt.

1 Pont y Ddraig kurz vor Fertigstellung © AM Structures Ltd./Ramboll UK Ltd.

1 Bedeutung Die Pont y Ddraig in der walisischen Stadt Rhyl ist mehr als ein Brückenschlag über den Fluss Clwyd: Sie schließt nicht nur die letzte Lücke im Radwegenetz der Counties Denbighshire und Conwy und

ermöglicht derart Fußgängern wie Radfahrern, bequem zu den neugestalteten Hafenanlagen mit Bootsrampe und Cafés zu gelangen, sondern trägt als Sehenswürdigkeit auch zum wachsenden touristischen Profil des Ortes bei. Das Projekt von Dawnus und Ramboll hatte 2009 einen vielbeachteten, vom Denbighshire County Council ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen und wurde danach realisiert. Damit gehört das Bauwerk zu den weltweit ganz wenigen (komplett) aus Verbundwerkstoff geplanten und errichteten Zugbrücken. Die offizielle Einweihung der Brücke erfolgte am 22. Oktober 2013 und war zugleich der Anlass, ihr einen Namen zu verleihen. Rhyler Schüler konnten hier Vorschläge einreichen, wobei die Jury letztendlich überzeugte, dass einer von ihnen bei den sich hebenden und senkenden Baskülen an Drachenflügel dachte.

2 Visualisierung: Wettbewerbsprojekt © Ramboll UK Ltd.

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3 Brücke und Promenade im Entwurf © Ramboll UK Ltd.

2 Entwurfskonzept Das von Dawnus Construction Ltd. als Generalunternehmer und Ramboll UK Ltd. als Architekten und Ingenieure im Rahmen der Neugestaltung des gesamten Areals ausgearbeitete spektakuläre Konzept basiert auf zwei identischen Baskülen, die an einem Zentralmast mit Kabelwinden beidseitig synchron hochgezogen werden. Die zwei Flügel sind je 32 m lang, während der Zentralmast ca. 50 m hoch ist und auf einem Betonsockel ruht, in dem sich auch das Maschinenhaus der Anlage befindet. Dank seiner Ähnlichkeit mit Schiffsmasten macht der im Clwyd stehende Brückenpfeiler bereits von weitem auf den Hafen, die Brücke und Rhyls Tradition als Hafenstadt aufmerksam. Nachts ist das Bauwerk zudem beleuchtet. Im schlanken, von Ramboll entworfenen und berechneten Mast sind das ebenfalls von Ramboll entwickelte Zugsystem und die Kabelrollen untergebracht. Um die Kräfte in Balance zu halten, werden beide Flügel jeweils gleichzeitig angehoben. Zur Mitte hin gabeln sich die Decks der Baskülen in zwei Hälften, so dass sich die beiden hochgezogenen Gehwege bzw. Fahrbahnen im Endeffekt bis auf 30° an den Pfeiler schmiegen können.

3 Materialwahl In der Trichtermündung des Clwyd befinden sich oberhalb der Pont y Ddraig die stark frequentierten Hafenanlagen und Bojenfelder von Foryd Harbour. So war vorauszusehen, dass die Brücke oft hochgezogen werden muss, um größere Schiffe und vor allem Segelyachten passieren zu lassen. Die Behörden von Denbighshire verlangten in der Wettbewerbsausschreibung daher eine auch energetisch optimierte Lösung: Je leichter eine Zugbrücke ist, desto rascher kann sie geöffnet werden und desto weniger Energie wird dafür nötig.

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4 Tragstruktur eines »Drachenflügels« © Gurit (UK) Ltd.

Eine Leichtbaukonstruktion aus faserverstärktem Kunststoff drängte sich also geradezu auf. Das heißt, die mit der Materialwahl einhergehenden Vorteile waren im Grunde mitentscheidend für den Wettbewerbsgewinn. Diese Materialwahl erlaubte zudem die Ausbildung einer optisch attraktiven, organisch geschwungenen Form: An den beiden Enden sind die zwischen 4 m und 10 m breiten Brückenelemente nur 50 cm und 75 cm dick. Die beiden Brückenflügel können bei Windstärken ≤ 7 Bft (Beauforts) bis zu einer Neigung von 60° gegenüber der Horizontalen hochgezogen werden. Bei stärkeren Winden bleibt die Brücke allerdings geschlossen und werden die zwei Passerellen mit Kolbenbolzen in den Widerlagern gesichert. Da die maximale Überbauhöhe lediglich 1,75 m beträgt, ist im Übrigen gewährleistet, dass selbst bei gesenkten Baskülen zumindest die Schiffe der Seenotretter sie jederzeit zu unterqueren vermögen.


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5 6 7 8 Ermittlung von Stabilität, Steifigkeit und Schwingungsverhalten © Gurit (UK) Ltd.

4 Strukturberechnungen Zu Beginn des Jahres 2009 kontaktierte Ramboll die auf den Bau großer Composite-Strukturen spezialisierte Firma AM Structures mit der Bitte, das Brückenkonzept kritisch zu prüfen. Ramboll wollte insbesondere erfahren, ob sich die Baskülen aus Faserverbundwerkstoff herstellen lassen und mit welchen Endgewichten dabei zu rechnen ist. AM Structures wandte sich nun ihrerseits an Gurit, da man gemeinsam schon mehrere Projekte erfolgreich realisiert hatte. Als Resultat ihrer ersten Studien bestätigten die Ingenieure von Gurit die prinzipielle Machbarkeit einer Anfertigung der beiden Flügelstrukturen aus Verbundwerkstoff. Damit lagen auch Informationen zur konkreten Gewichtseinsparung im Vergleich zu einer Metall- bzw. Stahlkonstruktion vor. Nachdem sich Ramboll für die Verwirklichung der beiden Passerellendecks in Composite-Leichtbauweise entschieden hatte, wurde AM Structures mit der Ausführung und Gurit mit der detaillierten statischen Berechnung der Baskülen beauftragt. Als Basis für die Berechnungen wurde mit Ramboll die Verwendung der Eurocodes bzw. BS EN 1990 vereinbart. Da die Eurocodes aber gerade für faserverstärkte Brücken keine Referenzangaben umfassen, musste eine entsprechend abgestimmte Alternative für die Verbundwerkstoffteile gewählt werden. Die Entscheidung fiel hier zugunsten der Richtlinie »Structural Design of Polymer Composites: EuroComp Design Code and Handbook«, wobei die Analysen von Gurit primär auf den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit abzielten und wegen der schlanken Leichtbauform vor allem das dynamische Verhalten der Brücke zum

Thema hatten. Betrachtet wurde neben dem Einfluss der ständigen Lasten also das Spektrum an etwaigen Eigen- wie Resonanzschwingungen. Demgegenüber konnte davon ausgegangen werden, dass Materialermüdung bei der auf Steifigkeit ausgelegten Konstruktion keine wesentliche Rolle spielen würde. Gurit untersuchte die Stabilität der Brücken-Baskülen mit Hilfe eines FiniteElemente-Modells mit 84.150 unterschiedlichen Zellen, während für die Ermittlung des dynamischen Verhaltens eine Gitterstruktur mit ca. 46.600 Elementen angesetzt wurde. In beiden Fällen erfolgten die Berechnungen unter Berücksichtigung von drei verschiedenen Öffnungswinkeln bzw. Positionen: 0° (geschlossen) sowie 30° und 60°; die

Zugseile und der Hydraulikarm wurden in dem Zusammenhang als linear-elastische Federn modelliert. Das Eigengewicht der zwei Decks inklusive Kleber, Verbindungen und Bolzen von ca. 8,90 t sowie Lasten wie Geländer und Fahrbahnbeläge von ca. 3,10 t aufaddiert, ergab sich in Summe ein Komplettgewicht von ca. 12 t je Basküle: Die Fußgänger-Volllast ist im Vergleich dazu etwa siebenmal größer. Sämtliche Analysen wurden auf Basis von Eurocodes-Lastmodellen vorgenommen und ermöglichten eine Optimierung der Laminatstrukturen hinsichtlich Längsund Torsionssteifigkeit, was dafür sorgte, dass sich die Benutzer der Brücke heute in jeder Situation sicher und komfortabel fühlen können.

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BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

9 Quer- und Längsschotte © AM Structures Ltd.

5 Herstellungsprozess Aufgrund der Symmetrie der Brücke konnten die gleichen Bauformen für die Herstellung beider Baskülen verwendet werden. Da ein Brückenflügel auf der Zentralmastseite in zwei getrennte Plattformen ausgabelt und infolgedessen eine Breite von 10 m erreicht, entschied man sich nicht zuletzt aus Transportüberlegungen, die Konstruktion in zwei Hälften aufzuteilen. So ließen sich die vorgefertigten Elemente einfacher transportieren und mussten vor Ort nur noch entlang der Längsachse mit Stahlbolzen verbunden, verklebt und überlaminiert werden. Die Bauformen wurden bei AM Structures aus mehreren CNC-bearbeiteten Polystyrenblöcken zusammengefügt, die mit einer Laminatschicht überzogen wurden. Im Großen und Ganzen ähnelte der Herstellungsprozess in etwa dem Bau einer Yacht: Die Unterschale wurde als Sandwich aus Quadraxial-Glasmatten,

12 13 Kranmontage der Leichtbaukonstruktion © AM Structures Ltd./Ramboll UK Ltd.

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10 11 Vorfertigung der Elemente samt Geh- und Radwegbelag © AM Structures Ltd.

in 45° ausgelegten Biaxial-Glasmatten zur lokalen Verstärkung sowie aus GuritStrukturschaumkernen im VakuumsackVerfahren mit Epoxidharz laminiert. An Stellen, wo später Bolzen oder Zugseile angeordnet oder die Querachse für den Hydraulikarm eingepasst wurden, kamen solide Laminatblöcke zum Einsatz, wobei die separat wiederum als Sandwichelemente gefertigten Quer- und Längs-

schotte dann nachträglich mit L-Flanschen eingeklebt wurden. Die Fahrbahnflächen wurden ebenfalls separat als Sandwichbauteile laminiert und am Schluss auf die Unterschale und die innere Tragstruktur geklebt. Zur Maximierung der Längssteifigkeit dienen in der Fahrbahnstruktur längs und in der Unterschale jeweils an den tiefsten Kurvenlinien integrierte unidirektionale Karbonfaserverstärkungen: Diese innere Gitterstruktur gewährleistet die Torsionssteifigkeit der Flügelkörper und kompensiert auch die Auswirkungen der Asymmetrie in den beiden Gabelenden.


BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Brückenbau

Foto schlaich bergermann und partner Knut Stockhusen

14 Heutiges Erscheinungsbild der Zugbrücke © Sustrans Ltd.

Die Fahrbahn und die Schotte weisen darüber hinaus Einstiegsluken, Mannlöcher oder, in Abschnitten mit geringem Durchmesser, zumindest Kontrollluken auf, so dass die Innenseiten der fertigen Baskülen auch vor Ort jederzeit überprüft und gewartet werden können. Autoren: Bernhard Schweizer Gurit Holding AG, Zürich Dr. Mark Hobbs CEng Senior Engineer Stefano Casini Design Engineer Gurit (UK) Ltd., Newport

Bauherr Denbighshire County Council, Rhyl, Wales Entwurf Ramboll UK Ltd., Cardiff, Wales Dawnus Construction Ltd., Swansea, Wales Tragwerksplanung Gurit (UK) Ltd., Newport, Isle of Wight Ramboll UK Ltd., Cardiff, Wales

Projekt Fußgängerbrücke Sassnitz (Deutscher Brückenbaupreis 2010) Bauherr BIG-Städtebau MecklenburgVorpommern GmbH Bauart Einseitig gestützte, im Grundriss gekrümmte Hängebrücke Entwurf, Ausführungsplanung schlaich bergermann und partner

Ausführung AM Structures Ltd., Sandown, Isle of Wight

Projekt Scherkondetalbrücke (Deutscher Brückenbaupreis 2012) Bauherr DB Netz AG Bauart Mehrfeldrige semi-integrale Spannbetonbrücke Entwurfsplanung DB ProjektBau GmbH Ausführungsplanung Büchting + Streit AG

15 Flussquerung mit Ampelanlage © Sustrans Ltd.

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AKTUELL Zweites Symposium in München

Bau von Geh- und Radwegbrücken von Siegfried Löffler

Fast exakt fünf Jahre nach dem ersten fand am 23. Oktober 2014 nun das zweite Symposium »Bau von Geh- und Radwegbrücken« in München statt, und zwar wiederum in Kooperation mit dem Baureferat der Landeshauptstadt München. Und genau wie die vorherige Veranstaltung erfreute es sich dank eines thematisch breitgefächerten Vortragsspektrums und der höchst renommierten Referenten einer großen Resonanz, was sich nicht nur an der Zahl der angereisten Teilnehmer ablesen ließ, sondern sich vor allem auch in deren konzentrierter und zugleich engagierter Aufmerksamkeit ausdrückte. Eine weitere Parallele war das sogenannte Referentenessen am Vorabend, das in Art eines zusätzlichen Programmpunkts generell jedes Symposium der Verlagsgruppe Wiederspahn bereichert und insofern schon eine Tradition darstellt. Eine erste Gelegenheit zu Dialogen wie Diskussionen bietend, stößt es dementsprechend stets auf regen Anklang. Mehr als die Hälfte der angemeldeten Brückenbauspezialisten aus ganz Europa war daher bereits am 22. Oktober zugegen, um sich in zwangloser Atmosphäre auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen oder aber um bestehende zu vertiefen und damit zu intensivieren.

Brückenbauwerke im Kontext In Summe umfasste das international ausgerichtete Fachprogramm 14 Vorträge, die sich in prinzipielle Erwägungen, die Beschreibung von Wettbewerbsverfahren und die Erläuterung von exemplarischen Einzelbauwerken wie »Brückenfamilien« aufgliederten und infolgedessen sämtlichen Anwesenden mannigfaltige Erkenntnisse zu gewinnen erlaubten. Den ersten Themenschwerpunkt bildete gleichwohl der Veranstaltungsort: Nach der offiziellen Begrüßung durch Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn, der auch als Moderator fungierte, war es Dipl.-Ing. Ralf Wulf, Hauptabteilung Ingenieurbau des Baureferats der Landeshauptstadt München, offenkundig ein Anliegen, sein Grußwort mit Rück- und Ausblicken zu verbinden, also die Bandbreite an Herausforderungen zu umreißen, die es in puncto Brückenneubau und -ertüchtigung in den letzten wie den kommenden Jahren zu bewältigen galt und gilt. Die passende Ergänzung lieferte direkt im Anschluss Dipl.-Ing. Ulrich Schönemann, Landeshauptstadt München, indem er Ablauf

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und Ergebnis von zwei kürzlich durchgeführten Wettbewerben veranschaulichte, die zweifelsohne von erheblicher Relevanz sind, da sie mit Arnulfparkbrücke und Klenzesteg künftige Querungen der hauptbahnhofnahen Gleisanlage sowie von Isar und Isarauen zum Inhalt hatten. Dipl.-Ing. Andreas Keil, schlaich bergermann und partner, widmete sich hingegen einer elementaren, ja einer in vieler Hinsicht sogar entscheidenden Frage – nämlich der, welche Kriterien und Ziele den Entwurf von Fußgängerbrücken beeinflussen oder eben bestimmen sollten. In Anlehnung an andere Design-Disziplinen in zehn Aspekte differenziert, konnte er hier am Beispiel von Projekten aus dem eigenen Büro kompetent nachweisen, dass und warum es nachgerade unabdingbar bleibt, frühe Ideenskizzen wie spätere Planungen immer wieder zu überprüfen, sie sorgfältig und zudem kontinuierlich zu reflektieren und zu optimieren, damit im Endeffekt tatsächlich »für jede Aufgabe die wirklich beste Lösung« entsteht.

Consol Energy Wingtip Bridge, West Virginia, USA © Martin Engineering


AKTUELL

Nahebrücke in Bad Kreuznach © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Dissing + Weitling architecture a/s

Mit einem mehrfach ausgezeichneten Bauwerk, das seine Argumentation augenscheinlich zu erhärten half, wartete danach Steen Savery Trojaborg von Dissing + Weitling architecture auf, handelt es sich bei der sogenannten Fahrradschlange oder Cykelslangen doch um »eine besondere Antwort auf ein besonderes Problem in Kopenhagen«, wie er nach präziser Schilderung von Formfindungsprozess und Wahl des Tragsystems resümierend konstatierte. Ähnliches lässt sich von der Merchant Square Pedestrian Bridge in London sagen, über deren Spezifika der nächste Referent, Dipl.-Ing. Bartlomiej Halaczek von Knight Architects, informierte, wobei er nicht zu erwähnen vergaß, weshalb sich für Konzeption und Detaillierung dieser Klappbrücke ein japanischer Fächer als Analogie aufdrängte. Eine »Synthese von Funktion und Gestaltung« anzustreben müsse im Grunde der Anspruch bei Realisierung einer jeden Fußgängerbrücke sein, wie Dr. sc. techn. Hans Grassl, Ingenieurbüro Grassl, in Anknüpfung an seine Vorredner betonte und durch die Präsentation von überzeugenden Bauwerken in Hamburg, München und Regenburg nicht minder plausibel zu bestätigen wusste. Unter dem Titel »Strukturen schaffen Räume« erhellte dann Dr.-Ing. Bernhard Schäpertöns, BPR Dr. Schäptertöns & Partner,

ein weiteres Charakteristikum solcher Brücken, das, wie er meinte, für deren Entwicklung wie Bewertung kaum weniger bedeutsam sei: eine Einschätzung, die nach seinem Vortrag über Projekte in und für Bad Kreuznach, Siegen, Meschede, Traunstein und München äußerst einleuchtend anmutete.

Exemplarische (Einzel-)Projekte Mit einem bei leichten und filigranen Konstruktionen häufig auftretenden Phänomen beschäftigte sich zum Auftakt des zweiten Programmteils Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier von Leonhardt, Andrä und Partner, dessen Betrachtungen insofern größtes Interesse weckten, zumal er am Fall der Kocherbrücke Hagenbach in konkreter wie exemplarischer Form die Notwendigkeit wie den Umfang von Schwingungsuntersuchungen und deren etwaige Konsequenzen aufzeigte. Derartige Berechnungen und Messungen erfolgten auch beim Christoph-Rübsamen-Steg in Gießen, einer Hängebrücke mit zwei A-förmigen Pylonen, die zur Landesgartenschau 2014 eröffnet wurde, wie Dipl.-Ing. Michael Keller, Tiefbauamt der Universitätsstadt Gießen, und Dipl.-Ing. Andre Scheer, IGM Ingenieurplanung, zu Beginn ihrer profunden Beschreibung der neuen Lahnquerung anmerkten.

Christoph-Rübsamen-Steg in Gießen © Ingenieurbüro Weber

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AKTUELL

Hubbrücke in Wangen © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

Welche Bauwerke im Rahmen der Umwandlung eines ehemaligen Industrieareals zum heutigen Phoenix Park in Dortmund unter dem Leitgedanken einer »Brückenfamilie« errichtet wurden und noch werden, vertiefte darüber hinaus Dipl.-Ing. Robert Hajdu, Mayr Ludescher Partner, während Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Pahl, Dr. Schütz Ingenieure, »Geh- und Radwegbrücken in und aus dem Allgäu« thematisierte, die als individuelle, in Bezug auf Erscheinungsbild wie Bauverfahren die Besonderheiten ihres jeweiligen Umfeldes berücksichtigende Lösungen in Kempten, Wangen, Würzburg und Sigmaringen entstanden sind. Dass man trotz eines bescheidenen Budgets hohe Qualität durchaus zu erzielen vermag, bekräftigte wiederum Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann, Engelsmann Peters Beratende Ingenieure, der hier am Beispiel einer Überquerung der zweigleisigen S-Bahn-Strecke in Stuttgart-Vaihingen zugleich darlegte, wieso es bei allen Entwurfsaufgaben eines ganzheitlichen Ansatzes bedarf.

Neckarauer Übergang in Mannheim © Harald Thiele/Stadt Mannheim

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BRÜCKENBAU | 6 . 2014

Fußgängerbrücke in Stuttgart-Vaihingen © Engelsmann Peters GmbH

Zwei Projekte aus Mannheim rundeten die Reihe an beeindruckenden Bauwerken letztlich ab: der neue Neckarauer Übergang, dessen Beleuchtungs- und Gestaltungskonzept Dipl.-Ing. Architekt Harald Thiele, Stadt Mannheim, vorstellte, wobei er ihn als »Dreiklang aus Farbe, Oberfläche und Licht« mit Signet-Wirkung klassifizierte, sowie der Kleinfeld-

steg und damit eine Maßnahme, die den Um- und Neubau einer bereits vorhandenen Brücke inklusive Rampenanlagen beinhaltet und nach einer Mehrfachbeauftragung nun in diversen Abschnitten verwirklicht werden soll, wie Hans Jakel, GJL Architekten BDA, zu Anfang seiner konzisen Erläuterung der ersten Resultate anführte.

Kleinfeldsteg in Mannheim © Klemens Ortmeyer


AKTUELL

Mit einem gemeinsamen Abendessen endete dann dieses außerordentlich aufschlussreiche und gelungene Symposium. Und wie bei jedem Symposium der Verlagsgruppe Wiederspahn liegen sämtliche Vorträge natürlich zusätzlich in gedruckter Form vor – als Ausgabe 4/5 ∙ 2014 der Zeitschrift »Brückenbau«, die als Doppelheft 28 € kostet und in jeder gut sortierten Fachbuchhandlung oder eben direkt über den Veranstalter zu erwerben ist. Autor: Siegfried Löffler Fachjournalist, München

Ausgabe 4/5 . 2014

Bau von Geh- und Radwegbrücken 2. Symposium am 23. Oktober 2014 in München

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X

Tagungsband der Veranstaltung © Verlagsgruppe Wiederspahn

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SPECIAL Umfassende Leistungen von Salzgitter Mannesmann Stahlhandel

Verbundbrücken als wirtschaftliche Alternative

Stahl- und Verbundbrücken sind wirtschaftlich – beim Bau, im Betrieb und letztlich ebenso in der umweltfreundlichen Entsorgung durch Einschmelzen zu neuem Stahl. Sie eröffnen vielfältige Möglichkeiten der Gestaltung, eignen sich auch bei geringen Bauhöhen und erfordern vergleichsweise kurze Bauzeiten. Walzträger als wesentliches Konstruktionselement dieser Stahl- und Verbundbrücken bieten darüber hinaus spezifische Vorteile, zum Beispiel: – industrielle Herstellung als Standardprodukt mit hoher Qualität und Verfügbarkeit; – große Lieferlängen, die wenige Baustellenstöße notwendig machen; – Anarbeitungsmöglichkeiten im Walzwerk und dadurch Lieferung einbaufertiger Bauteile direkt zur Baustelle. Der Überbau einer sogenannten Walzträger-in-Beton-(WIB-)Brücke ist eine Stahlbetonplatte mit einer biegesteifen Längsbewehrung aus engverlegten, warmgewalzten Profilen und einer Querbewehrung aus Betonstabstahl. Die Walzprofile und der Stahlbeton wirken im Verbund zusammen. Ursprünglich für Eisenbahnbrücken entwickelt, hat sich die WIB-Bauweise seit Jahrzehnten auch für Straßenbrücken bewährt. Es ist eine robuste, einfache und dauerhafte Konstruktion. Dank ihrer großen Tragreserven gibt es heute eine große Anzahl alter Bauwerke, die sogar unter veränderten Bedingungen noch voll betriebsfähig bleiben.

Bewährte Bauweise: Walzträger in Beton © Salzgitter Mannesmann Stahlhandel GmbH

Teams, die sich mit Stahlbau beschäftigen, existieren an jedem der neun Vertriebsstandorte der Salzgitter Mannesmann Stahlhandel GmbH. Andreas Petz und seine Mitarbeiterin Annika Lube in Hannover erfüllen aber eine Sonderaufgabe: Seit 2008 beschäftigen sich die Hannoveraner konzentriert mit dem Geschäft von WIB- und Verbundbrücken. Andreas Petz: »Unsere Dienstleistungen gehen dabei weit über das Thema Verkauf hinaus. In Zusammenarbeit mit den Kollegen der Anarbeitung am Standort Peine und bei Bedarf mit externen Ingenieurbüros bieten wir nicht nur eine tiefgehende Beratung zur Lösung selbst schwieriger Sachverhalte an, sondern auch entsprechende Anarbeitungsmöglichkeiten am Standort Peine.«

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In den vergangenen Jahren wurden von den Hannoveranern rund 80 Brückenprojekte in verschiedensten Ausführungen realisiert. Petz: »Hierbei handelt es sich unter anderem um Brücken mit Laschenbzw. Schweißstoß, mit Stückgewichten bis zu 30 t und Längen bis zu 60 m.« Stolz ist man im Stahl-Team Hannover darauf, mittlerweile zu einem der Topanbieter in Deutschland zu gehören. Aktuell liefern Petz und sein Team gerade die ersten Träger für einen Brückenbau an der A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin sowie für je ein Projekt in Bremen und Stuttgart. www.salzgitter-mannesmannstahlhandel.de

Spezialisten in Hannover © Salzgitter Mannesmann Stahlhandel GmbH


PRODUKTE UND PROJEKTE Filigrane Seilnetze von Jakob

High Line Park in New York Welch ein Wandel! High Line, das war früher die Hochbahn über der 10th Avenue mit den Güterwaggons für das Gewerbegebiet im Meatpacking District. Doch sind diese Zeiten vorbei, der letzte Zug fuhr hier 1980. Dann aber kam irgendwann das Büro für Landschaftsarchitektur James Corner Field Operations auf die Firma Jakob im schweizerischen Trubschachen zu: Ihre Webnet-Produkte aus Edelstahl wurden benötigt, filigrane Galeriebegrenzungen und Maschennetze sollten die High Line verschönern: Eine Bewegung aus Anwohnern und Prominenten hatte ein Umdenken in New York erzwungen und durchgesetzt, dass die verwilderte Hochstraße nicht abgerissen, sondern radikal umgestaltet wurde. Das heißt, der alte Schienenweg sollte begrünt werden, Wege zum Schlendern wollte man schaffen – eine Schneise anmutigster Natur, von Bäumen gesäumt, galt es der Stadt der Wolkenkratzer abzuringen und quer durch das steinerne Manhattan zu führen.

Unsere maßgeschneiderten Lösungen und innovativen Produkte sind der Garant für erfolgreiche Projekte. Überall dort, wo Erde bewegt und durch Menschenhand geformt wird, garantieren wir die Sicherheit des starken Verbundes. Entdecken Sie die Welt der Geokunststoffe, entdecken Sie HUESKER.

Das ist inzwischen geschehen, im September 2014 wurde der letzte Bauabschnitt der 2,33 km langen Strecke feierlich eingeweiht und Millionen Besucher sind seither über den neuen Boulevard geschritten, wobei alles, bis ins Detail, vom Feinsten und Schönsten ist. So sorgen jetzt an den Zugängen zum Park, den Treppenaufgängen, aber vielerorts auch entlang den Gehwegen in luftiger Höhe Webnet-Verankerungen von Jakob mit eingelassenen Beschlägen für optische Reize und bieten zugleich Halt wie Führung. Nur 2 mm dick und mit Hülsen gefertigt, sind die Seile beinahe unsichtbar und behindern derart weder die Lichtführung noch existierende Blickbeziehungen, während sie andererseits als Rankhilfen für Pflanzen (ebenso) zur Begrünung beitragen. www.jakob.com

Ehemalige Schienentrasse als Flaniermeile © Jakob GmbH

Maschennetze aus Edelstahl © Jakob GmbH

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PRODUKTE UND PROJEKTE Erfolgreiche Realisierung durch Waagner-Biro

Neue Prai-River-Drehbrücke in Malaysia Die neue Prai-River-Drehbrücke befindet sich im Norden Malaysias und bildet ein Herzstück der neuen zweigleisigen Eisenbahnstrecke im Netz der malaysischen Eisenbahn zwischen Singapur und Bangkok. Die 2 x 45 m = 90 m lange und 12 m breite sowie 1.100 t schwere Drehbrücke verbindet die Bahnhöfe Butterworth und Prai an der Mündung des Prai River vor der Insel Penang. Um das Passieren der Fähre zwischen dem Festland und der Insel zu ermöglichen, kann sie innerhalb von weniger als 5 min vollautomatisch geöffnet bzw. geschlossen werden. Waagner-Biro erhielt 2010 den Auftrag für den hydroelektrischen Antrieb und den Maschinenbau des Bauwerks, welches eine 1964 ebenfalls von Waagner-Biro gelieferte eingleisige Eisenbahndrehbrücke ersetzt. Nach etwas mehr als zweijähriger Planung, Fertigung und Installation ist sie nunmehr seit dem Sommer 2013 in Betrieb und wird dabei mehrmals wöchentlich bewegt. Im Zuge eines Öffnungsvorganges werden zuerst die Schienenverriegelungen durch ein hydraulisch angetriebenes Verriegelungsgestänge gelöst. Zwei hydraulische Pumpen mit jeweils 55 kW Leistung erzeugen 160 bar Öldruck im Hubzylinder mit 1,30 m Durchmesser, der sich im zentralen Pier der Brücke ca. 7 m unter dem Wasserspiegel befindet. Durch diesen Öldruck wird die vorher für den Verkehr gesperrte Brücke um 70 mm angehoben: In dem Zustand ist sie nur auf einem mittig angeordneten Kalottenlager sowie durch zwei wartungsfreie horizontale Lagerringe am mittig platzierten »Centre Pivot Shaft« gelagert, was die äußere Formgebung des geschweißten Stahltragwerkes für jenen auskragenden Zustand erklärt. Anschließend werden die Querverriegelungen an den Brückenenden gelöst, bevor die Drehung um ca. 73° mittels vier jeweils 5 m langer, hydraulischer Zylinder durchgeführt wird und die Brücke für den Schiffsverkehr geöffnet bleibt. Nach Abschluss des Schließvorganges wird die Brücke wieder auf ihre permanenten Lager für die Verkehrslage abgesetzt und die korrekte Lage sämtlicher hydraulischer, elektrischer und mechanischer Systeme überprüft, bevor die Freigabe für den Zugverkehr erfolgt. Diese Kontrolle funktioniert mit Hilfe zahlreicher Sensoren,

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Flussquerung für den Eisenbahnverkehr © Sandra Fockenberger

welche die Basis eines ausgeklügelten Monitoringkonzeptes darstellen, das dem strikten Sicherheitsstandard für den internationalen Eisenbahnverkehr genügt. Die Bedienung der Brücke lässt sich sowohl über ein IPC-System im ca. 150 m vom Bauwerk entfernten Kontrollraum als auch an einem Bedienstand mittels Touchpad im zentralen Brückenpfeiler durchführen. Dort befinden sich zudem die hydraulische Antriebseinheit sowie die elektrischen Steuereinheiten, welche mittels eines Unterwasserkabels mit der externen Stromversorgung und der übergeordneten Steuerung durch die Eisenbahn verbunden sind. Im Notfall, zum Beispiel bei Stromausfall oder Unterbrechung der Kommunikation mit der Landseite durch das Unterwasserkabel, kann die Brücke durch einen Dieselgenerator und eine spezielle Hydraulikstation sogar abgeschottet von der Außenwelt bedient werden, um so den Zugsverkehr nicht zu beeinträchtigen.

Anheben der Stahlkonstruktion © Sandra Fockenberger

www.waagner-biro.com

Auflagerung am Centre Pivot Shaft © Sandra Fockenberger

Detail: Schienenverriegelung © Waagner-Biro Bridge Systems AG

Hubzylinder mit zwei Pumpen © Waagner-Biro Bridge Systems AG


PRODUKTE UND PROJEKTE Entwurf und Lichtkonzept durch ipv Delft

Brücke am Maasboulevard in Venlo Sie ist wie keine andere – die neue Querung für Fußgänger und Radfahrer beim Maasboulevard in Venlo in den Niederlanden. Entworfen von ipv Delft, wurde sie 2014 errichtet, nachdem zunächst ein Bürgerentscheid erfolgte, nachzulesen auf Seite 36 in Ausgabe 4 · 2013 der Zeitschrift »Brückenbau«. Die Brücke ist 77 m lang und 5,50 m breit und besteht aus Betonfertigteilen, weshalb der Herstellungsprozess alles andere als gewöhnlich war: Die Verbindungselemente zwischen dem Brückendeck zum Beispiel messen 15 m x 9 m x 3 m und wiegen 110 t. Diese weißen Betonelemente sind jeweils im Ganzen per Schiff angeliefert und montiert worden, wobei sie über eine hohe Qualität (CUR100, Klasse 2) verfügen. Um sie vor Schmutz und eindringender Feuchtigkeit zu schützen, sind ihre Oberflächen hydrophobiert. Bei der Detaillierung wurde ebenfalls viel Wert auf eine elegante und einladende Erscheinung gelegt. So gibt es einen hölzernen Handlauf, und die Brücke wurde

Römische Bogenbrücke als Reminiszenz © ipv Delft

breiter als notwendig gebaut, damit sie zum Verweilen animiert. Die LED-Beleuchtung ist zudem im Geländer integriert, so dass neben den gläsernen selbsttragenden Paneelen auch das Brückendeck beleuchtet wird. Jedes Glaspaneel ist individuell beleuchtet und kann auf Abstand bedient und gedimmt werden, was erlaubt, ihnen unterschiedliche Farben zu verleihen und ineinanderübergehende Farbverläufe zu realisieren. Eine Folie in den Glaspaneelen sorgt darüber hinaus für eine gleichmäßige Verteilung des Lichtes über die gesamte Fläche der Paneele.

Die Brücke namens »De Weerdsprong« ist Teil des Maasboulevard-Projektes und verbindet den Maasboulevard mit dem Park am anderen Ufer der Weerd, unter ihr befindet sich im Übrigen der Hafen. Die Stadt Venlo führte 2008 eine öffentliche Ausschreibung für den Entwurf der Brücke durch. Nach einer umfangreichen Auswahl konnten die Bewohner Venlos letztlich zwischen zwei Varianten wählen – und eine überzeugende Mehrheit entschied sich für das Konzept von ipv Delft. www.ipvdelft.nl

Banjarmasian Bridge, eine von mehr als tausend Brücken, die Waagner-Biro bisher in Indonesien gebaut hat.

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PRODUKTE UND PROJEKTE Größter Stahlbauauftrag von Max Bögl

Brücke über den Fjord von Sundsvall Dank ihrer eindrucksvollen Gestalt ist die 2.420 m lange Sundsvall-Brücke, davon 1.420 m in reiner Stahlbauweise, das neueste Wahrzeichen der schwedischen Hafenstadt Sundsvall ca. 400 km nördlich von Stockholm. Den Auftrag für die Errichtung des aus sieben Einzelbauwerken bestehenden Brückenzuges, dessen doppeltgekrümmte Stahlkonstruktion zwischen den beidseitig angebundenen Dammbauwerken an Land den Sundsvallfjord in bis zu 33 m Höhe überspannt, gewann Max Bögl als Partner im Joint Venture »Sundsvallbroen« Anfang 2011 durch einen Sondervorschlag im Designand-Build-Verfahren. Baubeginn für den größten Stahlbauauftrag der Firmengeschichte mit der auf das Volumen bezogenen kürzesten Realisierungszeit war Januar 2012. Im Oktober 2014 konnte der Stahlüberbau im Zuge des Ausbaus der Europastraße E 4 zwischen Myre und Skönsberg fertiggestellt werden. Ausschlaggebend für den Erfolg des Sondervorschlages war insbesondere das innovative Montagekonzept des Hauptüberbaus mit Stützweiten zwischen 88 m und 170 m. Aufgrund der langen, kalten Wintermonate in Mittelschweden, in denen der Bottnische Meerbusen regelmäßig unpassierbar zufriert, musste der 23.000 t schwere Stahlüberbau innerhalb nur eines Sommers montiert und zum Winter 2013–2014 abgeschlossen sein. Möglich war dies durch ein ausgeklügeltes Logistikkonzept und die Serienvorfertigung der bis zu 2.500 t schweren Einzelbauteile. Der durchlaufende Hohlkastenbrückenträger mit Konstruktionshöhen zwischen 3,30 m und 6,50 m wurde in Längsrichtung in elf Sektionen mit maximal 160 m Länge und 38 m Breite unterteilt. Als separate Bauteile kamen zehn auf Betonpfeilern platzierte Pfeilerscheiben inklusive jeweils vier Streben hinzu.

Stahlüberbau nach (weitgehender) Fertigstellung © Torbjörn Bergkvist

Die beiden Brückenpfeiler in Ufernähe wurden konventionell mittels Rammpfählen tiefgegründet. Die übrigen acht Stahlbetonpfeiler mit Höhen bis zu 28 m waren dagegen offshore im Bottnischen Meerbusen zu gründen. Für die beiden ca. 20 m hohen Widerlager, die sich mit ihren zur Wasserseite vorgestellten Fassadenelementen aus Stahlbeton nahtlos in die Gestaltung der Vorlandbrücken einfügen, wurden 2.400 m³ Beton und 300 t Betonstahl verbaut. In beiden Fahrtrichtungen grenzen an die Stahlbrücke Anschlussbauwerke mit einspurigen Auf- und zweispurigen Abfahrtsrampen an. Für die Anknüpfung an das Straßennetz und die Europastraße E 4 sorgen zudem Verkehrskreisel, die über eigene Brückenbauwerke unmittelbar an die Rampen der südlichen (249 m) und nördlichen (149 m) Vorlandbrücken anbinden. Im Bereich der Vorlandbrücken mit ca. 22.000 m² Brückenfläche wurden ca. 200.000 m³ Erdmaterial bewegt sowie 34.000 m³ Beton und 5.000 t Betonstahl verbaut. Bedingt durch die hohen technischen Anforderungen und den engen Terminplan entstand am Hauptsitz in Sengenthal eine der modernsten halbautomatisierten Fertigungsstraßen im europäischen Stahlbau. Bis Mitte 2013 wurden in der neuerrichteten Fertigungshalle unzählige Bleche, Trapezstreifen und Querträger hergestellt und zu einzelnen

Paneelen verschweißt, die wiederum zu 64 Segmenten montiert wurden. Jedes Segment bestand aus dem gesamten Brückenquerschnitt mit Einzellängen von 16–24 m und setzte sich aus zwei Randelementen, zwei Volumenbauteilen und 2–6 Plattenelementen zusammen. Die Doppelkrümmung der Brückenkonstruktion sorgte dafür, dass kein einziger Querschnitt dem anderen glich. Jedes Stahlbauteil war als Unikat individuell und hochpräzise zu fertigen. Da die Werksfertigung in Sengenthal, die Vormontage in Stettin und die Montage in Sundsvall zeitweise parallel liefen, musste auch die Just-in-time-Logistik zwischen den Produktionsstandorten Hand in Hand funktionieren. Jeweils 60 Bauteile für die Landsektionen 1 und 11 wurden mit Schiffen auf dem RheinMain-Donau-Kanal direkt über Rotterdam zur schwedischen Hafenstadt Sundsvall transportiert und vor Ort auf Lehrgerüsten montiert. Die Segmente der restli-

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Vorfertigung am Hauptsitz in Sengenthal © Reinhard Mederer

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Litzenhub mit Hilfe zweier Derricks © Firmengruppe Max Bögl

Nördliche Vorlandbrücke mit »Fassade« © Firmengruppe Max Bögl


PRODUKTE UND PROJEKTE chen neun Sektionen wurden ebenfalls per Schiff nach Stettin in Polen verbracht. Dort auf dem Betriebsgelände der Max Bögl Polska erfolgten ab Februar 2012 im Acht-Wochen-Takt der Zusammenbau und das Verschweißen der bis zu 2.500 t schweren Brückensektionen inklusive Korrosionsschutz und Zwischenlagerung auf zwei Verschubbahnen im Bereich der Pontonanlegestelle. Ab Juni 2013 gingen dann im Rhythmus von zweieinhalb Wochen alle neun Sektionen mittels Ponton und Schlepper auf ihre 1.150 km lange Reise über die Ostsee nach Sundsvall. Bei der mit einem Ponton maximal möglichen Transportumlaufzeit von 2,50 Wochen und der wechselseitigen Montage vom Nord- und Südufer aus ergab sich für jede Sektion inklusive der dazugehörigen Pfeilerscheibe samt Streben ein Montagefenster von nur fünf Wochen. Alle Montageabläufe waren deshalb so zu optimieren, dass dieser enggetaktete Rhythmus realisiert werden konnte. Für den Einhub der einzelnen Stahlhohlkästen mit Hilfe von Litzenhebern kamen auf dem Wasser ein eigens für das Projekt gebauter, leistungsstarker Schwimmkran und eine ebenfalls selbst entwickelte Derrick-Hubkonstruktion auf dem jeweils fertigen Brückenträger zum Einsatz. Mit

dem Haken des Schwimmkrans, der mit Schleppern und Seilwinden an entsprechender Stelle im Sund positioniert war, wurden zuvor die bis zu 12 m hohen, 11 m breiten und 160 t schweren Pfeilerscheiben auf die Ortbeton-Brückenpfeiler gelegt und fixiert. Nach dem Setzen der einzelnen Pfeilerscheiben erfolgte von beiden Ufern aus der Einhub der Wassersektionen. Zunächst wurde dazu der seeseitige Teil des Stahlkastens mit Hilfe der Litzenheber stärker angehoben als der landseitige Sektionsteil und dann langsam über den Brückenpfeiler geschwenkt. Nach dem Eindrehen der Sektion mit Drehpunkt am Derrick konnte der Hohlkasten in seine endgültige Höhenlage abgelassen bzw. hochgezogen und mit der Pfeilerscheibe des Brückenpfeilers verschlossert werden. Nach Versetzen des Schwimmkrans und präzisen Einstellarbeiten wurde die jeweilige Sektion mit dem Brückenträger verschweißt. Während das Schwimmponton die Rückfahrt nach Stettin antrat, um die nächste Sektion abzuholen, konnten die vier diagonalen Stahlstreben des Brückenpfeilers mit bis zu 35 m Länge, 2,00 m Rohrdurchmesser und 54 t Einzelgewicht eingehoben und vorgespannt werden.

Auf diese Weise wurde 2013 Sektion für Sektion eingehoben und montiert, so dass nach dem Einheben des vorletzten Stahlhohlkastens im Dezember 2013 der Lückenschluss Anfang Februar 2014 vollzogen werden konnte. Der Einhub der letzten Sektion erfolgte abweichend zu den vorherigen Sektionen nur mit Hilfe der beiden Derricks. Ende April waren die Arbeiten an der Stahlbrücke weitgehend abgeschlossen. Inklusive Abdichtung, Straßenbelag, Beleuchtung und Beschilderung wurde der Stahlüberbau der Sundsvall-Brücke im Oktober 2014 fertiggestellt. Komplettiert wird das Brückenbauprojekt, neben der Stahlbrücke und den dazugehörigen Vorlandbrücken, durch Stützwände im Bereich der Anrampungen sowie eine separate Fuß- und Radwegbrücke mit 75 m bzw. 200 m Länge. Mitte 2015 wird der gesamte Brückenzug einschließlich des neuen, 40 km langen Abschnitts der Europastraße E 4 feierlich dem Verkehr übergeben. www.max-boegl.de

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PRODUKTE UND PROJEKTE Herausforderndes Projekt für VCE

Neue Botlek Bridge in Rotterdam

Aufgrund der Hafenerweiterung in Rotterdam muss die Zubringerautobahn A 15 auf einer Länge von ca. 37 km instand gesetzt, verbreitert und teilweise neu gebaut werden, wobei das Gesamtprojekt im Rahmen eines Public-Private-Partnership-(PPP-)Vertrages realisiert wird. Das Herzstück der Strecke stellt der Neubau einer Hubbrücke, der sogenannten Botlek Bridge, dar. Das sehr attraktive Projekt ist unter schwierigen Bedingungen zu verwirklichen, wobei sowohl die Herstellung der Gründung und Pfeiler im Wasser als auch die beengten Platzverhältnisse zur vorhandenen Hubbrücke eine besondere Herausforderung bedeuten. Die neue Botlek Bridge ist eine der größten Hubbrücken der Welt und befindet sich derzeit in Bau, wobei ihre Vollendung für 2015 vorgesehen ist. Es handelt sich um eine Hubbrücke mit zwei beweglichen Feldern, die als Straßen- und Eisenbahnbrücke konzipiert ist. Die neue Brücke stellt zwei schiffbare Öffnungen mit einer Breite von jeweils ca. 87 m und einer Höhe von 14,60 m im Regelbetrieb für Autobahnund Eisenbahnverkehr und im gehobenen Zustand eine Höhe von 45,60 m für große Schiffe zur Verfügung.

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Vormontageplatz: Umsetzen des Stahldecks © VCE Vienna Consulting Engineers ZT GmbH

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Längsschnitt mit Darstellung wesentlicher Elemente © VCE Vienna Consulting Engineers ZT GmbH

Während der Errichtung muss die bestehende und extrem nahe liegende Hubbrücke jederzeit für den Verkehr passierbar bleiben. Nach Fertigstellung der neuen Hubbrücke mit einer Gesamtbreite von ca. 50 m für einen Geh- und Radweg, eine regionale Straße, eine zweigleisige Eisenbahn und eine 2 x zweistreifige Autobahn mit Standstreifen je Richtungsfahrbahn wird die vorhandene eingleisige Brücke mit einer zusätzlichen Straße für den Regionalverkehr abgebrochen. Die Fundierung der neuen Brücke erfolgt mittels einer Flachgründung mit leicht bewehrtem Unterwasserbeton.

Die Abmessungen je Pfeiler betragen ca. 60 m (Länge) x 16 m (Breite) x 30 m (Höhe). Die massiven Betonkubaturen erforderten eine eingehende Analyse der Spannungen in den Fundamenten. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Temperaturentwicklung während des Abbindens und der Interaktion mit dem Baugrund. Aufgrund der großen Abmessungen der Brückendecks, vor allem in Brückenquerrichtung, müssen die auftretenden Deformationen aus Temperaturänderungen, Windkräften und möglichen Setzungen genau beachtet werden. Dies betrifft in

Einschwimmen des vormontierten Stahldecks © VCE Vienna Consulting Engineers ZT GmbH


PRODUKTE UND PROJEKTE

Brücke im gehobenen Zustand während des Baus © VCE Vienna Consulting Engineers ZT GmbH

erster Linie die Führung der Hubbrücke in den Türmen sowie deren Lager und Fahrbahnübergänge. Die beweglichen Brückenteile wurden als Stahlkonstruktion mit orthotroper Fahrbahnplatte mit einer Spannweite von ca. 92 m konzipiert. Zur optimalen Lastabtragung werden drei Fachwerkebenen je Brücke vorgesehen, um die Brückenbreite von ca. 50 m realisieren zu können. Pro Hubturm sind 16 Hubseile mit Durchmesser 90 mm erforderlich. Das Hubgewicht je Brücke beträgt ca. 5.000 t, und der Hubvorgang muss innerhalb von ca. 90 s abgeschlossen sein. Um derartige Gewichte in so kurzer Zeit bewegen zu können, wird ein sogenanntes Fully-balanced-Hubsystem eingesetzt. Das komplette Brückendeck wurde auf einem Vormontageplatz auf dem Werksgelände der Firma Mammoet zusammengebaut. Anschließend wurde das Stahldeck an den künftigen Hängepunkten angehoben und auf ein selbstfahrendes Schwerlasttransportmodul, ein SPMTModulfahrzeug, umgesetzt und auf schwimmende Einheiten transportiert. Am 13. September 2014 erfolgte schlussendlich der Einschwimmvorgang des ersten Brückendecks, zwei Wochen später jener des zweiten Decks. Ab dem Freisetzen des Stahldecks wurde das gesamte Brückendeck innerhalb von 24 h in die Endlage angehoben, und es konnte plangemäß die Fahrrinne für die Schifffahrt freigegeben werden.

Innerhalb von nicht einmal fünf Jahren wurde von der Systementscheidung und Ausschreibungsplanung (Angebotsgrundlage) über die Genehmigungs- und

Ausführungsplanung bis hin zur Ausführung dieses für das gesamte Team herausfordernde Projekt entwickelt und stetig vorangetrieben. Die Zusammenarbeit mit sämtlichen Projektbeteiligten auf hohem technischem Niveau wird wohl immer ein prägendes Erlebnis bleiben. Auch, dass österreichische Ingenieurleistungen sowohl in der Planung als auch Ausführung international gefragt sind, wird ein Alleinstellungsmerkmal des BotlekProjektes bleiben. www.vce.at

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PRODUKTE UND PROJEKTE Leistungsfähige Gleit- und Wälzlager von Schaeffler

Imposanter Einsatz in Brückenbauwerken Bewegliche wie feste Brücken benötigen Lagerungen, die den Überbau mit den Widerlagern und Pfeilern verbinden, wobei alle Kräfte aufzunehmen sind und auf die Stützelemente übertragen werden. Auf den Lagern lasten tonnenschwere Gewichte, die zuverlässig geschwenkt, gedreht oder gehoben werden müssen. Seit Jahrzehnten stellt sich Schaeffler den stetig wachsenden Bedürfnissen des Brückenbaus in Bezug auf die Lagerungstechnik und kann so auf viele innovative Wälz- und Gleitlagerlösungen verweisen. Je nach Anwendungsfall stehen Hochleistungsprodukte in Standard- oder in Sonderausführung zur Verfügung. Die Kräfte, die diese Lager aufnehmen müssen, resultieren aus der Eigenmasse der Tragwerkskonstruktion, aus Verkehrslasten, aber auch aus Umwelteinflüssen wie Wind, Schnee, Nässe, Längenänderung infolge von Temperaturschwankungen und teilweise sogar Erdbeben. Somit ist eine hohe Belastbarkeit gefragt, gleichzeitig sind Schwenk- und Drehbewegungen sowie eine hohe, oftmals jahrzehntelange Lebensdauer zu gewährleisten. Weitere Anforderungen an die Lager sind Wartungsfreiheit auf Lebenszeit bei Gleit- und sehr lange Nachschmierintervalle bei Wälzlagern. Insbesondere bei Gleitlagern muss sichergestellt sein, dass die Lager auch nach längeren Stillstandzeiten weiterhin problemlos funktionieren. Bei Lagern für Schwingungsdämpfer in Hänge- und Schrägseilbrücken ist zusätzlich eine hohe Wechsellasttauglichkeit notwendig. Prinzipiell kommen immer dann Gleitlager zum Einsatz, wenn Schwenkbewegungen und hohe Belastungen gefordert sind und wenn Schwingbeanspruchungen und Vibrationen auf das Lager wirken. Denn bei

Aufbau von Elgoglide® © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG

gleichen Abmessungen sind Gleitlager dabei deutlich höher belastbar als Wälzlager. Liegt Rotation vor, wie dies zum Beispiel bei Seilscheibenlagern in Hubbrücken der Fall ist, und ist minimale Reibung gefordert, stellen Wälzlager die geeignete Lagervariante dar. Gelenklager als spezielle Gleitlagerbauform mit sphärischen Gleitflächen wurden in den 1940er Jahren ursprünglich als momentenfreie Anlenkpunkte im Flugzeugbau konzipiert. Sie hatten die Aufgabe, große Kräfte zu übertragen und elastische Verformungen der zu verbindenden Baugruppen aufzunehmen. Wartungsfreie Elges-Gelenklager mit dem Markennamen Elgoglide® haben seit langem einen festen Platz im Brückenbau. Elgoglide® ist ein aus PTFE und Stützfasern bestehendes Gewebe, das in eine Harzmatrix eingebettet und hochfest auf dem Stahlstützkörper verklebt ist. Die maximale Flächenpressung beträgt dynamisch 300 N/mm² und statisch 500 N/mm². Sie eignen sich besonders gut, wenn sehr hohe einseitige Lasten und gleichzeitig kleine Schwenkwinkel auftreten. Außerdem sind sie in

der Lage, Wechsellasten und Schwingungen aufzunehmen. Die Vorteile dieser Trockengleitlager liegen in ihrer absoluten Wartungsfreiheit bei gleichzeitig sehr hoher Belastbarkeit. Dies erlaubt dem Anwender umweltschonende Konstruktionen und eine Verringerung der Bauund Betriebskosten durch Minimierung der Baugröße und Entfall des Wartungsaufwandes. Besonders deutlich werden solche Vorteile im Bereich der Großgelenklager. Das Gelenklager wird in seiner Bauform als Radial-, Schräg- oder Axiallager ausgeführt. Außerdem gibt es Lager mit Elgoglide® in Gelenkkopfausführung und als zylindrische Gleitbuchsen. Die hochfeste Verklebung in Kombination mit integrierten Dichtungen ermöglicht beste Feuchtigkeitsbeständigkeit. Optionale Beschichtungen gewährleisten zudem Korrosionsbeständigkeit. Die Gleitschichtausführung Elgoglide® W 11 liefert optimierte Reibeigenschaft, um auch bei sehr niedrigen Flächenpressungen von 1–100 N/mm2 lautloses Gleiten zu ermöglichen.

FAG-Pendelrollenlager © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG Radial-Großgelenklager © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG

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Axial-Großgelenklager © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG

Vollrolliges INA-Zylinderrollenlager © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG


PRODUKTE UND PROJEKTE

Weltgrößte Doppelklappbrücke im Hafen von Barcelona © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG

Wartungsfreie Großgelenklager werden ausschließlich in X-life-Qualität angeboten. Bereits seit über zehn Jahren ist X-life das Gütesiegel für besonders leistungsfähige Produkte der Marken INA und FAG. Sie zeichnen sich durch deutlich höhere dynamische Tragzahlen gegenüber dem bisherigen Standard aus. Bei gleichen Betriebsbedingungen ist die Gebrauchsdauer von X-life-Lagern erheblich länger bzw. lassen sich selbige umgekehrt bei den bisherigen Lebensdauerwerten höher belasten. Dank eines verbesserten Elgoglide®-Gleitbelags konnten die statische Tragsicherheit und die Gebrauchsdauer gesteigert werden. Großgelenklager in X-life stehen ab einem Wellendurchmesser von 320 mm (radial) und 220 mm (axial) zur Verfügung. Für Wartungsarbeiten bleibt an einem Bauwerk wie der Hafenbrücke in Barcelona, der derzeit weltgrößten Doppelklappbrücke, kaum Zeit, denn mehrmals täglich muss sie sich für den Schiffsverkehr öffnen und schließen. Das bedeutet Schwerstarbeit für alle Lagerstellen des beweglichen Brückensegments: Jedes Brückenteil ist immerhin 70 m lang und wiegt 2.000 t. Ganz gleich, ob es sich wie hier um eine Doppelklappbrücke handelt oder um Hydraulik-, Balance- oder Drehbrückenkonstruktionen – die Situation verlangt prinzipiell nach Hochleistungsgleitlagern auf Elgoglide®-Basis. In den vier Klappendrehpunkten ist die Brücke mit Großgelenklagern auf Elgoglide®Basis der Baureihe GE.DW mit je einem Bohrungsdurchmesser von 670 mm

ausgestattet. Die Anbindungen der hydraulischen Antriebszylinder sind ebenfalls als wartungsfreie Gelenke ausgeführt. Zur Anwendung kommen hier Gelenklager mit je 260 mm und 280 mm Lagerbohrung. Auch die Klappe der Brücke Van Brienenoord 2 in Rotterdam, Niederlande, ist in vier FAG-Pendelrollenlagern der Baureihe 240 mit einer Bohrung von 850 mm gelagert. Das Öffnen und Schließen der Klappe erfolgt durch einen Zahnstangenantrieb. Für die Zahnstangenlagerung und die Anlenkung des Zahnstangenantriebs werden ebenfalls FAG-Pendel-

rollenlager verwendet. Der Zahnstangenantrieb selbst ist mit FAG-Pendelrollenlagern und vollrolligen INA-Zylinderrollenlagern ausgestattet. Um die Drehlager während der Verkehrslage zu entlasten, ein bei Wälzlagern notwendiger Schutz vor Stillstandserschütterungen, wurde ein Stützmechanismus in die Brückenkonstruktion integriert, dessen Anlenkpunkte und Stützrollen sich in FAG-Pendelrollenlagern bewegen. Für den Drehstuhl in Drehbrückenlagerungen lassen sich zudem Lösungen mit Axial-Pendelrollenlagern, wälzgelagerten Schwenklagern (Drehverbindungen) oder Gleitlagern in Form von Gelenklagerkombinationen realisieren. Ein besonders innovatives Konzept wurde bei einer Fußgängerdrehbrücke im Herzen von Buenos Aires, Argentinien, umgesetzt. Die 2002 in Betrieb genommene Brücke wird einmal pro Tag für die Schiffspassage geöffnet, ihre geforderte Lagerlebensdauer beträgt 50 Jahre. Die eindrucksvolle moderne Gestalt im Hafen »Puerto Madero« beruht auf einem schwenkbaren Brückensegment, das sich um drei wartungsfreie Gelenklager bewegt. Die radiale Führung und Lastaufnahme ermöglichen zwei RadialGroßgelenklager mit Elgoglide® Baureihe GE.DW mit 950 mm bzw. 1.000 mm Bohrungsdurchmesser. 1.000 t Brückengewicht bei einer Spannweite von fast 100 m werden von einem Axial-Gelenklager in Elgoglide®-Ausführung mit 360 mm Bohrung getragen. www.schaeffler.de

Fußgängerdrehbrücke im Hafen von Buenos Aires © Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG

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PRODUKTE UND PROJEKTE Erstmaliger Einbau von Kalottensegmentlagern durch Maurer

Pilotprojekt der Deutschen Bahn bei Barsinghausen Der Austausch von Rollenlagern ist eine regelmäßige Notwendigkeit: Erstmals wurden im Auftrag der Zentrale der DB Netz AG nun stattdessen neuartige Kalottensegmentlager von Maurer eingebaut. Jene Lager, eine Sonderform der bewährten Kalottenlager, haben seit 2013 eine Europäische Technische Zulassung ETA06/0131. Für das Pilotprojekt wurde zudem bewusst eine Standardbrücke gewählt, um die Beobachtungssituation nicht durch zusätzlich schwierige Rahmenbedingungen zu verfälschen. Besonderheit der neuen Kalottensegmentlager ist, dass sie den vorgegebenen rechteckigen Grundriss der alten Rollenlager aufnehmen, was eine exakt gleiche Lasteinleitung in die Anschlussbauteile ermöglicht, so dass komplizierte und kostspielige Anpassungen nicht erforderlich sind. Gleichzeitig sind die Kalottensegmentlager um alle Achsen verdrehbar, während die alten Rollenlager dies um die Bauwerkslängsachse nicht leisten können.

Im Mai wurden die ersten beiden Lager, längsbewegliche Doppel-Kalottensegmentlager, eingebaut. Kurz darauf erfolgte die Anordnung zweier Festlager: Alle vier haben Abmessungen von ca. 500 mm x 300 mm x 280 mm sowie ein Gewicht ca. 250 kg und sind für eine Auflast von ca. 2.100 kN ausgelegt. Kalottensegmentlager haben einen rechteckigen Grundriss und sind um alle Achsen verdrehbar. Die große Herausforderung bei ihrer Entwicklung war, die naturgemäß kreisrunde Kalotte so »abzuschneiden«, dass sich am Ende ein Lager mit rechteckigem Grundriss ergibt. Konkret musste für zwei wichtige Fragen eine einzige technische Antwort gefunden werden: Wie hält man die Kalottenkrümmung einerseits niedrig bzw. flach genug, damit der Druck sich gleichmäßig verteilt? Wie bleibt die Krümmung ande-

Ansicht: Kalottensegmentlager © Maurer AG

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Isometrie: Doppel-Kalottensegmentlager © Maurer AG

Gleitwerkstoff im Innern © Maurer AG

Einbau der ersten Lager © Maurer AG

rerseits hoch bzw. gerundet genug, damit das Kalottensegment nicht herausrutscht? Diffizil waren auch die Herstellung des Gleitwerkstoffs MSM® und dessen Einfassung: Die rechteckige Lagergrundform verursacht eine komplizierte Geometrie, weil es in alle Richtungen gekrümmt ist. Die europäische Zulassung ETA-06/0131 zeigt, dass Maurer es zu leisten wusste. Eine weitere Besonderheit der alten Rollenlager ist, dass sie den horizontalen Gleitweg oben und unten zu gleichen Teilen aufteilen. Eine solche Aufteilung bieten auch die neuen Doppel-Kalottensegmentlager: Wie in einem Sandwich schwimmt das Segmentlager zwischen zwei Gleitflächen oben und unten, seitliche Anschläge führen die Horizontalbewegungen. www.maurer.eu


PRODUKTE UND PROJEKTE Dauerhafte Korrosionsschutzbeschichtung von Hempel

Wuppertaler Schwebebahn in neuem Glanz Sie ist ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst, das jährlich von Hunderttausenden von Menschen aus aller Welt genutzt und bestaunt wird: die Wuppertaler Schwebebahn. Und weil seit der Eröffnung im Jahr 1901 der Zahn der Zeit an dieser weltweit einzigartigen Einschienenbahn nagte, wurde ihre Stahlkonstruktion ab 1995 runderneuert – insgesamt 578 Firmen vom Sachverständigen über Ingenieurbüros und Baufirmen bis zu Lieferanten waren an dem Mammutprojekt beteiligt, das jetzt nach rund 19 Jahren beendet wurde. Hempel-Beschichtungssysteme durften dabei nicht fehlen. Insgesamt 40.100 t waren gegen Korrosion zu schützen. Das heißt, Stützen- und Brückensysteme wurden abschnittsweise ausgetauscht, weshalb sich die Demontage- und Montagearbeiten über Jahre hinzogen. Auch intensive Prüfungsprozesse wurden hier von Hempel-Experten aktiv begleitet, da aufgrund von Verzögerungen bereits beschichtete Stahlelemente teils jahrelang gelagert werden mussten, ehe sie verbaut werden konnten. Und dabei kamen die Vorteile des HempelKonzepts besonders zum Tragen: Statt wie üblich Epoxy-Materialien für die Zwischenschichten zu verwenden, wurden nach der Grundierung mit Zinkstaub Produkte auf Polyurethanbasis gewählt, bei denen keine maximalen Überarbeitungsintervalle greifen. Somit ließen sich Bauteile selbst nach jahrelanger »Wartezeit« ohne größere Reinigungsund Mehrarbeiten einsetzen. Die Ausführung erfolgte nach bewährter Arbeitsweise teils direkt bei verschiedenen Stahlbaubetrieben, Grundierung und erste Decklackschichten, und teils vor Ort in Wuppertal. Sehr gut funktionierte die Zusammenarbeit unter anderem mit Stahlbau Lavis und dem Beschichtungsunternehmen Litterer, Stahlbau Hollandia BV, Stahlbau Hasslinger und dem Beschichtungsunternehmen Sepero sowie Stahlbau Claus Queck mit Beschichtungsunternehmen Schneider + Co. Das Projekt »Schwebebahn« gestaltete sich anspruchsvoll und vielfältig: Unterschiedliche Bauteile benötigten jeweils individuelle Behandlungen. Je nach Anforderung wurde ein drei- oder vierschichtiges Beschichtungssystem aufgetragen, wobei dessen Aufbau bzw. Spezifikation sich über die Jahre immer wieder verändert hat.

Erscheinungsbild der runderneuerten Stahlkonstruktion © Hempel (Germany) GmbH

Zusätzlichen Aufwand brachte bei der Montage das Heißnietverfahren mit sich, hat es doch zur Folge, dass die Beschichtung der Stahlteile beim Einbringen der Nieten immer wieder verletzt wurde. Sämtliche Nieten wurden deshalb erneut gestrahlt und zweimal per Hand und Pinsel ausgefleckt und erhielten eine Zwischenschicht und den Decklack.

Die Bilanz: Es wurden bei diesem Großprojekt nicht allein ca. 600.000 l Beschichtungsmaterial verbaut, sondern es brachte Hempel wertvolle Erfahrungen und neue Kompetenzen. Und die Hauptsache: Der Kunde ist zufrieden. www.hempel.de

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• wenn die Gründung im Hangeinschnitt erfolgt • wenn die Setzungsunterschiede einer Flachgründung zu groß sind Weitere Infos: www.ischebeck.de FRIEDR. ISCHEBECK GMBH Loher Str. 31-79 | DE-58256 Ennepetal

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PRODUKTE UND PROJEKTE Sichere Abdichtung dank Sika

Fleher Brücke in Düsseldorf

Die Bundesautobahn A 46 ist die zentrale Verkehrsachse zwischen dem linksrheinischen Raum Köln und Neuss und den rechtsrheinischen Städten Düsseldorf und Wuppertal – und führt sechsspurig über die Rheinbrücke Düsseldorf-Flehe, die zwischen 1976 und 1979 nach einem Entwurf von Gerd Lohmer als einhüftige Mittelträger-Schrägseilbrücke errichtet wurde. Als markanter Blickfang dient ihr Pylon mit 96 Stahlkabeln, an denen der Hauptträger für die Fahrbahn harfenförmig aufgehängt ist. Und: Die Fleher Brücke hat den höchsten Pylon und die größte Spannweite aller Schrägseilbrücken in Deutschland. Im Rahmen einer großangelegten Instandsetzung wurde hier auch die Fahrbahndecke erneuert, wobei der Bauchemie-Spezialist Sika Deutschland das Gesamtportfolio an Abdichtungsprodukten für Stahlbeton und Stahlflächen von Fahrbahn und Brückenkappen sowie den beidseitig verlaufenden Rad- und Gehwegen lieferte. Gefordert war eine langfristig belastbare Abdichtung unter Gussasphalt mit einem dauerhaften Systemverbund zu den unterschiedlichen Untergründen. Hinzu kamen der Schutz vor eindringenden Tausalzen und die Eigenschaft, die entstehenden Schubkräfte, insbesondere durch den starken Fernlastverkehr, sicher in den Untergrund abzuleiten. Und so wurde die größte Fläche der Vorlandbrücke, immerhin 23.000 m² Spannbeton umfassend, nach ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 11 mit Sika Ergodur-500 Pro und der Schweißbahn Sika Ergobit abgedichtet, während für die ca. 700 m² des Stahlüberbaus eine Abdichtung nach ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 4, Bauart 3 aus Sika Ergodur 500 S und wiederum der Schweißbahn Sika Ergobit zur Anwendung kam.

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Rheinquerung nach Instandsetzung © Oliver Kage/Sika Deutschland GmbH

Nach einer 15-monatigen Bauzeit bei eingeschränktem Verkehr durch teilweise Fahrbahnsperrungen und -verengungen ist die Rheinbrücke Düsseldorf-Flehe jetzt wieder in bestem Zustand, und zwar dank der praxistauglichen und bewähr-

Tragstruktur aus Pylon und Schrägseilen © Oliver Kage/Sika Deutschland GmbH

Dauerhafter Schutz vor Tausalzen © Oliver Kage/Sika Deutschland GmbH

ten Systeme von Sika, die nachhaltig zu Schutz und Sicherheit des imposanten Brückenbauwerks beitragen. www.sika.de


PRODUKTE UND PROJEKTE Erstmalige Auszeichnung für Huesker Synthetic

Geogitter mit Umwelt-Produktdeklaration Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in der Baubranche zunehmend an Bedeutung – und schließt die Verwendung nachhaltiger Baustoffe mit ein. Als erster Hersteller von Geokunststoffen hat die Huesker Synthetic GmbH in Gescher nun für das Geogitter Fortrac® Typ T die Umwelt-Produktdeklaration, also die Environmental Product Declaration oder kurz EPD, durch das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) erhalten. In einer unabhängigen Überprüfung wurden der Produktlebenszyklus der Stadien A 1–A 3 (Rohstoffbereitstellung und -verarbeitung, Transport zum Hersteller, Herstellung) von Fortrac® T entsprechend der europäischen Norm EN 15804 erfasst und die Ergebnisse der Ökobilanz in Bezug auf Umweltauswirkungen, Ressourceneinsatz sowie Output-Ausflüssen und Abfallkategorien verifiziert. Fortrac® T ist ein flexibles, dehnsteifes und kriecharmes Geogitter aus dem synthetischen Rohstoff Polyester mit Polymerummantelung, Geogitter aus der Fortrac®-Produktfamilie werden seit mehr als 30 Jahren zur Bewehrung von Böden bei tausenden Bauprojekten weltweit eingesetzt.

Dass Lösungen mit Geokunststoffen gegenüber konventionellen Bauverfahren heute in vielen Bereichen nachweislich ressourcenschonender sind, wurde in verschiedenen Veröffentlichungen belegt. Darüber hinaus liefern Umwelt-Produktdeklarationen umfassende, quantitative und vergleichbare Informationen zu den einzelnen Produkten: Sie bilden die Basis für die Beurteilung eines Bauvorhabens, wenn es um die ganzheitliche Betrachtung der Nachhaltigkeit eines Projektes geht; solche Deklarationen werden zudem durch die öffentliche Hand zunehmend gefordert. Der erste Schritt in Richtung nachhaltiges Bauen mit Geokunststoffen ist also getan. Als international agierendes Unternehmen kommt die Huesker-Gruppe mit der Veröffentlichung von Rohstoffen, Transportwegen und Herstellungsverfahren der Verantwortung für ihr Handeln nach und setzt auch weiterhin auf zukunftsorientierte wirtschaftliche, soziale und ökologische Lösungen mit Geokunststoffen.

Offizielle IBU-Urkunde als Nachweis © Institut Umwelt und Bauen e.V./Huesker Synthetic GmbH

Erstes Geogitter mit EPD © Huesker Synthetic GmbH

www.huesker.com

Vorteilhafte Beschichtung von MC-Bauchemie

Sicherheit und Helligkeit im Tunnel Beim Neubau wie der Instandsetzung von Straßentunneln sind Oberflächenschutzsysteme gefragt, die alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen oder sogar übertreffen, wie zum Beispiel Emcephob HPC: hohe Lichtausbeute bei optimalem Glanzgrad, vereinfachte und schnellere Reinigung, geringere Betriebskosten, höhere Widerstandsfähigkeit und einen einzigartigen Brandschutz. Emcephob HPC ist nicht brennbar und tropft bei einem Brand nicht ab, so dass keine Sichtbehinderungen durch Rauchentwicklung entstehen können. So wird sein Brandverhalten offiziell mit A2-s1, d0 gemäß DIN EN 13501-1 eingestuft (nicht brennbar), ein Novum in puncto Sicherheit, denn nach derzeitigem Stand ist Emcephob HPC das einzige System für Tunnelinnenschalen mit derartigen Eigenschaften.

Vergleich: mit und ohne Oberflächenschutzsystem © MC-Bauchemie Müller GmbH & Co. KG

Und es sorgt durch seinen optimalen Glanzgrad für ausgezeichnete Lichtverhältnisse und verfügt darüber hinaus über eine Oberfläche, die widerstandsfähig, kratzfest, wasserabweisend und -undurchlässig ist, einen hohen Schutz

vor Karbonatisierung bietet und zudem eine nur geringe Verschmutzungsneigung aufweist. www.mc-bauchemie.de

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S O F T WA R E U N D I T Mobiler Standalone Netzwerk-Dokumentenscanner von Plustek

Benutzerfreundlicher Helfer (auch) auf Baustellen Abgezeichnete Angebote, Rechnungen, Lieferscheine und andere Dokumente können direkt auf der Baustelle gescannt und ebenso einfach wie schnell an die entsprechenden Personen versendet werden – mit dem Standalone NetzwerkDokumentenscanner eScan A 150 von Plustek. Umfangreiche, schwer verständliche Bedienungsanleitungen zum Einscannen gehören damit der Vergangenheit an. Benutzerfreundlich, kompakt, mobil – dieser »Helfer« erlaubt unkompliziertes Scannen, Versenden oder Speichern von Dokumenten in wenigen Schritten, wobei der Anschluss an einen externen Computer nicht notwendig ist. Ein weiterer Pluspunkt: Der Plustek eScan A 150 ist der erste Dokumentenscanner mit Android-Betriebssystem, das für einen großen Funktionsumfang mit gewohnten und unproblematischen Abläufen steht. Daneben bietet der 7‘‘-Multi-Touch-Monitor eine spielend leichte Bedienung, dank seiner Kompaktheit nimmt der Plustek eScan A 150 zudem nur wenig Platz weg. Und er ist über (W)Lan ohne aufwendige Installation oder Konfiguration direkt einsatzbereit sowie intuitiv zu bedienen.

Kompaktes Gerät mit Android-Betriebssystem © Plustek Technology GmbH

Das eingescannte Dokument lässt sich an E-Mail-Adressen, FTP-Server, in die Cloud oder direkt an Smartphones und TabletPCs senden sowie auf externen USB-Sticks und -Festplatten speichern. Gescannt werden können Dokumente mit einer Dicke bis 1,20 mm wie beispielsweise EC- und Kreditkarten. Die unverbindliche Preisempfehlung für den Plustek eScan A 150 liegt bei 599 €. Im nächsten Jahr wird Plustek darüber hinaus ein Carrying Bag Kit anbieten. Die Plustek Technology GmbH, Ahrensburg, verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der professionellen Digitalisierung und Bildbearbeitung und gehört zu den führenden Unternehmen im Scanning- und Imaging-Markt. Mit der Entwicklung des ersten Produkts der eScan-Linie, des eScan A 150 Standalone Netzwerk-Dokumentenscanners, baut Plustek seine Produktpalette mit leicht zu bedienenden und unkomplizierten Arbeitsgeräten für die Büroarbeitswelt aus. So sorgt Plustek dafür, dass sich

Intuitive Bedienung dank Multi-Touch-Monitor © Plustek Technology GmbH

zum Beispiel Selbstständige sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Büroarbeitswelt wohl fühlen, leistungsfähig und motiviert bleiben, indem langjährig Bewährtes und Erlerntes mit neuen Technologien verknüpft wird: Technik wird damit zum Helfer im Arbeitsalltag und nicht zur stressverursachenden Herausforderung. www.plustek.de

Digitale Projektvorlagen von Nemetschek

Erleichterung des Datenaustauschs Mit einer Vielzahl an Vorlageprojekten unterstützt Nemetschek Allplan seine Kunden in den Bereichen Architektur und Ingenieurbau bei der Zusammenarbeit mit externen Planungspartnern, wird doch häufig die strikte Einhaltung bestimmter Datengliederungen oder Dateiformate gefordert. Um Anwendern die Einhaltung solcher Vorschriften zu erleichtern, hat Nemetschek digitale Projektvorlagen entwickelt, die dabei helfen, die jeweiligen CAD-Konventionen zu erfüllen.

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Diese Templates werden kontinuierlich an die zugrunde liegenden Standards angepasst. Darüber hinaus erfolgen sukzessive Verbesserungen, um die Nutzungsmöglichkeiten zu erweitern und das Ergebnis beim Austausch zu optimieren. So kann die Ablage von Bauteilschraffuren und Flächenelementen auf separaten Layern nun direkt beim Export über eine Zuordnungsdatei vorgenommen werden. Für die Beschriftung von Planköpfen, Raum- und Objektstempeln stehen jetzt zudem separate Beschriftungsbilder zur

Verfügung, die sich individuell einstellen, anpassen und direkt im Layout bearbeiten lassen, wobei spezifische Besonderheiten für die einzelnen Behörden und Institutionen übersichtlich im Anhang aufgeführt sind. www.nemetschek-allplan.com


NACHRICHTEN UND TERMINE Würdigung hervorragender (Ingenieur-)Leistungen

Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues 2015

Errichtung der Sundsvall-Brücke in Schweden © Firmengruppe Max Bögl

Der von bauforumstahl e. V. zum zweiten Mal online ausgelobte Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues zeigte wieder eine breite Palette an beeindruckenden Lösungen, wobei von insgesamt 36 Einreichungen 23 aus der Kategorie Hochbau und 13 aus dem Brückenbau kamen. Bewertet wurden hier herausragende Neubauten und Lösungen für das Bauen im Bestand sowie Berechnungsstrategien, Fertigungsverfahren, Montagekonzepte und Details oder Einzelbauteile, die seit 2012 erstellt und in der Praxis angewendet bzw. realisiert worden sind – mit dem Resultat von zwei Preisen und acht Auszeichnungen. So geht der Ingenieurpreis in der Kategorie Brückenbau an Stephan Lüttger von der Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG, Sengenthal, für die Fertigung und Montage der spektakulären Großbrücke Sundsvall in Schweden (Bauherr: Trafikverket, Sundsvall; Entwurf: Rundquist Arkitekter AB; Stahlbau: Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG). Auszeichnungen werden darüber hinaus vergeben an Volkhard Angelmaier, Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart, für den Neubau der Waschmühltalbrücke (Bauherr: Bundesrepublik Deutschland; Architekt: Prof. Michael Schanné, AVI Architekten GmbH), Prof. Dr. Stephan Engelsmann, Engelsmann Peters Beratende Ingenieure, Stuttgart, für die Fuß- und Radwegbrücke

Hagelsbrunnenweg in Stuttgart-Vaihingen (Bauherr: Landeshauptstadt Stuttgart), Daniel Schäfer, BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München, für die Innkanalbrücke Töging (Bauherr: Verbund Innkraftwerke GmbH; Entwurf: Dr. Frank Jungwirth, BPR Dr. Schäpertöns + Partner) sowie Sebastian Schultheis, Grontmij GmbH, Frankfurt am Main, für den Neubau der Osthafenbrücke Frankfurt am Main (Bauherr: Stadt Frankfurt am Main; Architekt: Ferdinand Heide Architekt BDA).

In der Kategorie Hochbau gewinnt Prof. Dr. Mike Schlaich von schlaich bergermann und partner, Berlin, mit der Überdachung der Ausfahrt vor dem KundenCenter der Autostadt in Wolfsburg (Bauherr: Autostadt GmbH; Architekt: Lars Krückeberg, Graft Gesellschaft von Architekten mbH). Auszeichnungen erhalten zudem Dr. Klaus Bollinger, Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main, für die King-FahadNationalbibliothek in Riad (Bauherr: Königreich Saudi-Arabien; Architekten: Gerber Architekten), Knut Göppert, schlaich bergermann und partner, Stuttgart, für das Estádio Jornalista Mário Filho (Bauherr: Empresa de Obras Públicas; Entwurf: Knut Göppert und Knut Stockhusen, schlaich bergermann und partner), Prof. Dr. Harald Kloft, osd GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main, für das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Duisburg (Bauherr: Bau- und Liegenschaftsbetriebe des Landes NordrheinWestfalen; Architekten: Ortner & Ortner Baukunst) sowie Matthias Braun, ArcelorMittal Europe, Trier, für »Innovatives Verbundmittel für integrierte Deckenträger: CoSFB Betondübel«. Die Preisverleihung findet anlässlich der Messe BAU 2015 in München am 20. Januar auf dem Gemeinschaftsstand von bauforumstahl e. V. in Halle B 2 statt. www.ingenieurpreis.de www.bauforumstahl.de

Überdachung in der Autostadt in Wolfsburg © Tobias Hein

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Prämierung besonderer (Ingenieur-)Leistungen

Ulrich Finsterwalder Ingenieurbaupreis 2015

Kaeng-Krachan-Elefantenpark im Zoo Zürich © Walt + Galmarini AG

Die 2015er Jury des früheren Ingenieurbau- und heutigen Ulrich Finsterwalder Ingenieurbaupreises tagte im November und bewertete die 46 eingereichten Projekte mit Standorten in neun Ländern nach funktionalen, technischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Gesichtspunkten. Unter Vorsitz von Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, Universität der Bundeswehr München, entschied sie sich schließlich einstimmig für einen Sieger: den KaengKrachan-Elefantenpark im Zoo Zürich, Schweiz (Ingenieure: Walt + Galmarini AG; Architekten: Markus Schietsch Architekten GmbH; Ausführung: Implenia Holzbau und Strabag Holzbau; Bauherr: Zoo Zürich AG), und zwar mit folgender Begründung: »Der realisierte Elefantenpark besticht sowohl architektonisch als auch ingenieurtechnisch durch die aufgelöste Schalenkonstruktion in Brettsperrholz-Bauweise, die auch handwerklich als Nagelkonstruktion sehr anspruchsvoll ist. Die weitgespannte Schale mit ihren geometrisch unterschiedlich angeordneten Lichtöffnungen wird ingenieurtechnisch anspruchsvoll mit dem vorgespannten Ringbalken verbunden, der die Kräfte aus der Schale aufnimmt und in die Gründung leitet. Die hybride Gesamtkonstruktion ist eine große Herausforderung für die numerische Modellbildung und für die nichtlineare Analyse. Nach Meinung der Jury wurden die Kriterien Konstruktion, Innovation, Interdisziplinarität, Ästhetik und Nachhaltigkeit eindrucksvoll erfüllt.«

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Vier weitere Projekte bedachte sie zudem mit Auszeichnungen: den Ultimate Trough Test Loop, Harper Lake, Kalifornien (Ingenieure: schlaich bergermann und partner; Ausführung: Solarel Enerji Ltd. und Tradewinds Construction; Bauherr: Flabeg FE GmbH), die Baugruben zur Erweiterung des Rheinkraftwerks Iffezheim (Ingenieure: Kempfert + Partner Geotechnik; Vorplanung: RMD-Consult GmbH; Ausführung: Schleith GmbH und Implenia AG; Bauherr: Rheinkraftwerke Iffezheim GmbH), die Eisenbahnüberführung Grubentalbrücke im Thüringer Wald (Ingenieure: schlaich bergermann und partner; Entwurf: schlaich bergermann und partner; Ausführung: Ed. Züblin AG; Bauherr: DB Netz AG) sowie die Sanierung und Instandsetzung der Saarbrücke Mettlach (Ingenieure: Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH; Ausführung: Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH; Bauherr: Landesbetrieb für Straßenbau Saarland). Die Preisverleihung findet am 30. Januar 2015 im Deutschen Museum in München statt.

Ultimate Trough Test Loop, Harper Lake, Kalifornien © schlaich bergermann und partner

Baugruben zur Erweiterung des Rheinkraftwerks Iffezheim © EnBW AG

Eisenbahnüberführung Grubentalbrücke im Thüringer Wald © schlaich bergermann und partner

Sanierung und Instandsetzung der Saarbrücke Mettlach © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

www.ingenieurbaupreis.de


NACHRICHTEN UND TERMINE Würdigung einer Stahlverbundbrücke der DEGES

Innovationspreis Feuerverzinken 2014 Zum sechsten Mal hat der Industrieverband Feuerverzinken den Innovationspreis Feuerverzinken verliehen. Ausgezeichnet wurde diesmal die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, bekannter unter der Abkürzung DEGES, für die Planung einer feuerverzinkten Stahlverbundbrücke über die Autobahn A 44. Ihre Konzeption basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen, die besagen, dass eine Feuerverzinkung auch für den Einsatz an zyklisch belasteten Brückenbauteilen geeignet und eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren durch Feuerverzinken ohne Wartung erreichbar ist. Die Jury, bestehend aus dem Vorstand des Industrieverbandes Feuerverzinken, begründete ihre Entscheidung wie folgt: »Der Bau einer feuerverzinkten Stahlverbundbrücke an der Autobahn A 44 stellt eine Innovation mit Leuchtturmcharakter dar, die richtungsweisend für nachfolgende Brückenbauwerke sein

(Geplantes) Bauwerk über die Autobahn © Industrieverband Feuerverzinken e.V.

wird. Das Pilotprojekt setzt konsequent und praxisgerecht aktuellste Forschungsergebnisse um und macht deutlich, dass durch den Einsatz der Feuerverzinkung zukünftige Brückenbauwerke deutlich nachhaltiger und wirtschaftlicher als bisher ausgeführt werden können. Vor dem Hintergrund eines Ersatzbedarfes von mehr als 10.000 Straßenbrücken in den nächsten Jahren ist das Pilotprojekt auch ein Appell an die Politik, durch

intelligente, langfristig orientierte Bauentscheidungen Instandhaltungsmaßnahmen und Instandhaltungskosten an Brückenbauwerken zu minimieren – zum Wohle zukünftiger Generationen, zum Wohle der Staatskasse und zum Wohle derer, die bisher in instandhaltungsbedingten Staus stehen.« www.feuerverzinken.com

Preis für Leonhardt, Andrä und Partner

Structural Award 2014 Die von Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG geplante Elbauenbrücke Schönebeck ist mit dem Structural Award 2014 in der Kategorie »Highway or Railway Bridge Structures« ausgezeichnet worden. Ihre Wahl begründet die Jury folgendermaßen: »The judges were impressed by the elegant simplicity of the bridge which has been thoughtfully detailed to fit perfectly into the surrounding landscape whilst, at the same time, creating a landmark structure. The steel box superstructure was well chosen to suit the segmental erection methodology, to provide aerodynamic stability and to provide smooth lines to the deck, reducing its apparent depth.« Die neue und insgesamt 1.129 m lange Elbequerung besteht aus einer 309 m langen südlichen Vorlandbrücke, einer 489 m langen Hauptbrücke über die Elbe und einer 331 m langen nördlichen Vorlandbrücke. Charakteristikum dieses Bauwerks ist die Hauptbrücke, eine

Ausgezeichnetes Bauwerk: Elbauenbrücke Schönebeck © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Schrägkabelstruktur mit A-Pylon, die in Stahlverbundbauweise realisiert wurde und eine Hauptspannweite von 185 m aufweist. Die Structural Awards werden seit 1968 von der Institution of Structural Engineers verliehen und gehören zu den weltweit renommiertesten Ingenieurbaupreisen überhaupt. www.lap-consult.com

A-Pylon als (ein) Charakteristikum © Leonhardt, Andrä und Partner AG

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Preis für Studierenden der Universität des Saarlandes

Räumliche Analyse von Stahlstrukturen In Brücken, Windrädern und nicht wenigen Gebäuden wird viel Stahl verbaut, so sind derzeit auch ca. 5.000 Stahlsorten auf dem Markt. Doch worin unterscheiden sie sich? Saarbrücker Materialforscher haben jetzt eine äußerst exakte Analysetechnik entwickelt, die im passenden Maßstab die inneren Strukturen von Stahl abbildet. Das Ergebnis ist ein räumliches Computermodell, in dem sich die Wissenschaftler im Bereich von wenigen Mikrometern bewegen können: Es macht sichtbar, wie das innere Gefüge von Stahl durch den Produktionsprozess verändert wird. Johannes Webel, der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik an der Universität des Saarlandes studiert, hat für diese neue 3-D-Analysetechnik auf Basis der Lichtmikroskopie den zweiten Preis des Dörrenberg Studien Award, immerhin die bundesweit wichtigste Auszeichnung für Bachelorarbeiten zum Thema Stahl, erhalten. Der junge Materialforscher konzentrierte sich auf die Lichtmikroskopie, weil sie bisher schon in der Stahlindustrie zum Einsatz kommt, dort aber bei klassischer Anwendung nur zweidimensionale Bilder liefert. Und: Die Stahloberfläche muss bei konventionellem Vorgehen zuerst

Modell eines Dualphasenstahls © Universität des Saarlandes

mit einer ätzenden Flüssigkeit behandelt werden, damit sie überhaupt Strukturen zeigt. »Bei diesem Ätzvorgang können kleine Temperaturunterschiede und leichte Abweichungen in der Zusammensetzung der ätzenden Substanz die Mikroskop-Bilder schon völlig verändern. Es kommt auch sehr auf das Geschick des Laboranten an, welche Strukturen im Stahl nachher sichtbar werden«, so Johannes Webel. Er konstruierte deshalb eine eigene Apparatur, bei der in einem Durchgang die Stahlprobe exakt geschnitten, poliert, geätzt und mikro-

skopiert wird. Anschließend werden die Aufnahmen aus dem Lichtmikroskop im Computer zu einem dreidimensionalen Modell zusammengefügt, das die detaillierte Stahlstruktur erkennbar macht. Diese räumliche Vernetzung ließ sich mit den herkömmlichen Bildern aus Lichtmikroskopen nicht darstellen, weil man aus den zweidimensionalen Aufnahmen nicht auf das 3-D-Modell schließen konnte. www.uni-saarland.de www.mec-s.de

Gütesiegel für Konstruktionsgruppe Bauen

Top-100-Innovatoren der Wirtschaft Die Konstruktionsgruppe Bauen AG mit Sitz in Kempten zählt zu den innovativsten Unternehmen in Deutschland: Beim deutschen Mittelstands-Summit in Essen wurde das von den beiden Vorständen Klemens Anwander und Norbert Nieder geführte Unternehmen vom bekannten Fernsehjournalisten und Moderator Ranga Yogeshwar vor über 1.000 Gästen mit dem seit 20 Jahren verliehenen »Top 100«-Siegel ausgezeichnet. »Die Auszeichnung mit dem ›Top 100‹Siegel sehen wir als Lohn für unsere gemeinsamen Anstrengungen im Unternehmen. Aber innovativ zu sein heißt auch, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen. Deshalb feiern wir heute – und tüfteln morgen wieder an neuen Ideen«, so Norbert Nieder. Und Klemens Anwander: »Je anspruchsvoller die Aufgabe, desto attraktiver ist sie in der Regel für

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Verleihung der Auszeichnung © Konstruktionsgruppe Bauen AG

uns. Deshalb nehmen wir mit Freude außergewöhnliche Bauprojekte in Angriff.« Dank innovativer Prozesse, eines innovationsorientierten Topmanagements und eines hochqualifizierten Teams geht das Konzept auf. Die Kemptener arbeiten vielfach in Nischen, die sie besonders herausfordern und in denen sie sich

fachlich abheben. Und obwohl die Firma nur 46 Mitarbeiter beschäftigt, leistet sie sich eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die mit verschiedenen Hochschulen kooperiert und in bundesweite Forschungsprojekte eingebunden ist. www.kb-ke.de


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Neuausgabe als Datei

Verkehr in Zahlen Das neue Nachschlagewerk »Verkehr in Zahlen 2014–2015« liegt jetzt vor – und steht erstmals auch online zum Download bereit: Herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), lässt sich diese Datensammlung als pdf- oder ExcelDatei kostenfrei herunterladen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt: »Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Mein Haus verfügt über einen großen Schatz an Mobilitätsdaten. ›Verkehr in Zahlen‹ gehört als wichtiges Nachschlagewerk dazu. Wir möchten diese Daten allen an die Hand geben, die sich dafür interessieren. Damit wollen wir Vorbild auch für andere Behörden sein und mehr digitale Transparenz schaffen.«

»Verkehr in Zahlen« enthält auf mehr als 300 Seiten aktuelle Zahlen und Zeitreihen, die sämtliche Bereiche der Mobilität und des Verkehrs betreffen – von den Investitionen in die Infrastruktur über das Verkehrsaufkommen bis hin zu Informationen zum täglichen Mobilitätsverhalten der Deutschen. Abgerundet wird die Neuausgabe durch ein Kapitel mit internationalen Kennzahlen, die Deutschland im europäischen Vergleich darstellen. Seit vielen Jahren wird »Verkehr in Zahlen« inhaltlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bearbeitet. Das Nachschlagewerk hat sich als unverzichtbare Informationsquelle für alle bewährt, die sich in Forschung, Politik und Wirtschaft mit Verkehrsthemen befassen.

Nachschlagewerk für Forschung und Praxis © Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

www.bmvi.de

Elchwanderung in Brandenburg

Grünbrücke mit Nutzung Erstmals hat eine Überwachungskamera auf einer Brandenburger Grünbrücke einen wandernden Elch aufgenommen. Für die Fachleute in der Forschungsstelle für Wildökologie und Jagdwirtschaft des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE), welches die vier AutobahnGrünbrücken im Land mit einem Monitoring begleiten, ist dies ein weiterer Beleg, dass die noch relativ neuen begrünten und speziell präparierten Bauwerke in ihrer Funktionalität inzwischen gut von Wildtieren angenommen werden. Elche werden in Brandenburg immer mal wieder gesichtet: Sie durchwandern das Land und halten sich mitunter auch länger in einem Gebiet auf. Und jetzt sind erstmals zwei Elche, eine Kuh mit ihrem vorjährigen Kalb, vor das Objektiv einer Beobachtungskamera auf der Grünbrücke über die Autobahn A 13 gelaufen und unterstreichen damit die Sinnhaftigkeit dieser Querungen, denn auf der Fahrbahn hätten sie unter Umständen ein Verkehrschaos mit fatalen Folgen auslösen können.

Wildtier beim Queren © Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde

Auf der Grundlage des im letzten Jahr vorgestellten Elch-Management-Plans sammelt das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde alle Beobachtungen von wandernden Elchen im Land, um daraus Schlussfolgerungen für den Umgang mit diesem großen Pflanzenfresser zu ziehen. Die erste Brandenburger Grünbrücke wurde 2005 über der A 11 bei Joachimsthal errichtet. Danach konnten in den vergangenen Jahren aus Mitteln des

Konjunkturpakets II drei jeweils 50 m breite Grünbrücken über Brandenburger Autobahnen gebaut werden, um die Folgen der Fragmentierung von Waldlebensräumen durch die seit langem gezäunten Autobahnen A 9, 12 und 13 zu mindern und Korridore für wandernde Wildtiere offen zu halten. www.mil.brandenburg.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Dringendste Projekte im Freistaat Bayern

Brückensanierung an Bundesfernstraßen »Das vom Bundesverkehrsminister initiierte Sonderprogramm zur Sanierung von Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen begrüße ich ausdrücklich! Wir werden dem Bund umgehend die dringlichsten bayerischen Projekte nennen und für das Sonderprogramm anmelden. Dazu werden die Sanierung und Ertüchtigung der Mainbrücke Marktheidenfeld genauso gehören wie der Ersatzneubau der Talbrücke Geigerhaid bei Parsberg im Zuge der A 3«, so der bayerische Innen-und Verkehrsminister Joachim Herrmann, der als weitere Beispiele die

Brücke über die Isar bei Moosburg im Zuge der B 11, die Adenauerbrücke NeuUlm an der B 10, die Brücke über die Pfettrach auf der A 92, die Regnitzbrücke Bischberg auf der B 26 und die Erneuerung der Brücke am Autobahnkreuz Nürnberg-Süd auf der A 6 nennt. Das Bundesfernstraßennetz in Bayern umfasst einen Bestand auf den Bundesautobahnen von ca. 3.600 Brücken mit einer Bauwerksfläche von 3,60 Mio. m² sowie ca. 3.300 Brücken mit einer Fläche von 1,60 Mio. m² auf den Bundesstraßen.

Im bayerischen Autobahnnetz ist für 16 % der Brücken vordringlich eine größere Instandsetzung bzw. Erneuerung erforderlich. Für weitere 46 % besteht zeitnah ein Instandsetzungsbedarf. Und auf den Bundesstraßen erfordern 8 % der Brücken vordringlich eine größere Instandsetzung bzw. Erneuerung, und weitere 26 % müssen zeitnah instand gesetzt werden. www.stmi.bayern.de

Neuer Unternehmensauftritt von Maurer

Umfirmierung mit Zukunftsorientierung Mit Wirkung zum 15. Dezember 2014 wurde aus dem traditionsreichen Münchner Maschinen-, Anlagen- und Stahlbauunternehmen Maurer Söhne GmbH & Co. KG die Maurer AG, wobei der Rechtsformwechsel in eine Aktiengesellschaft zugleich einen Meilenstein in der Unternehmensstrategie markiert: Der Weg geht in Richtung weiterer Internationalisierung, die international anerkannte Rechtsform AG ist hier ein logischer Schritt. Zu Vorständen der umfirmierten Maurer AG wurden die bisherigen Geschäftsführer Dr. Holger Krasmann als Vorsitzender und Dr. Christian Braun berufen. Das Unternehmen bleibt auch weiterhin im Besitz der Familien Beutler und Grill, die mit Jörg Beutler zudem den Aufsichtsratsvorsitzenden stellen.

Logo nach Überarbeitung © Maurer AG

Vorstand: Dr. Holger Krasmann und Dr. Christian Braun (rechts) © Maurer AG

Darüber hinaus wurde das Logo überarbeitet: Klar, zeitgemäß und markant im Erscheinungsbild, kommuniziert es Stärke und Geschlossenheit. Und der neue Internetauftritt weist schon optisch deutlich auf die Technologieorientierung

hin. »Doch es ging nicht nur um die Optik«, so Marketingleiterin Judith Klein, »sondern wir zeigen das Unternehmen jetzt aus einem Guss – nicht mehr in Teilbereiche getrennt, sondern als ein homogenes Unternehmen.« www.maurer.eu

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BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 6. Jahrgang Ausgabe 6 . 2014 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredakteur Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag mit MixedMedia Konzepts

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