Brückenbau 1-2/2021

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SYMPOSIUM »Alt hilft Neu« als innovatives Bauverfahren

Die neue Hanns-Martin-Schleyer-Brücke in Esslingen von Ralf Bothner, Maciej Lukaszyk

Die Straßenbauverwaltungen und Planungsbüros werden heutzutage immer wieder vor Herausforderungen gestellt, Ersatzneubauten in innerstädtischer Lage unter Berücksichtigung von komplexen Randbedingungen zu konzipieren, die sich mit konventionellen Bauverfahren häufig nicht wirtschaftlich realisieren lassen. Die Planung von Ersatzneubauten wird oft durch die Bauablauf- und Abbruchplanung maßgeblich beeinflusst. Für die Errichtung der Hanns-Martin-SchleyerBrücke in Esslingen am Neckar wurde daher ein innovatives Bauverfahren entwickelt, indem der Bestandsüberbau auf der einen Seite als Baubehelf für die Montage der Stahlkonstruktion des neuen Überbaus verwendet (»Alt hilft Neu«) und auf der anderen Seite die Stahlkonstruktion für den Abbruch des Bestandsüberbaus genutzt (»Neu hilft Alt«) wird. Durch die Optimierung der Abbruchplanung konnte mit der erarbeiteten Variante eine deutliche Vereinfachung der Bauabläufe erzielt und die Vorteile der Stahlverbundbauweise ausgeschöpft werden.

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2021

1 Lageplan der Brücken in Esslingen © Stadt Esslingen

1 Einführung und Notwendigkeit der Maßnahme Aufgrund der Topographie besitzt die Stadt Esslingen am Neckar mehrere Hauptbrücken, die den Neckar, die Bahn sowie die Bundesstraße B 10 überspannen. Diese wurden zum Großteil in den 1960er Jahren bis Anfang der 1970er Jahre als Spannbetonbrücken erbaut, wobei häufig spannungsrisskorrosionsgefährdeter Spannstahl verwendet wurde. Die Hauptbrücken haben eine große Bedeutung für das Verkehrskonzept der Stadt Esslingen, weshalb ihre Instandhaltung und ihr Erhalt von besonderer Bedeutung für die Erschließung der beidseitig des Neckars liegenden Stadtteile sowie für die Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz sind. Bei einer dieser Hauptbrücken handelt es sich um die Hanns-Martin-SchleyerBrücke. Sie überführt die Kreisstraße K 1271 und einen Geh- und Radweg über eine Ortsstraße, Parkflächen, einen Uferweg und den Neckar und verbindet dabei die Stadtteile Mettingen und Weil-Brühl.

Die Spannbetonbrücke wurde 1964 errichtet und überführt neben dem Straßen-, Rad- und Fußgängerverkehr eine Vielzahl von Leitungen von diversen Versorgungsträgern. Das Bauwerk gliedert sich in zwei Teilbauwerke (TBW A und TBW B). Beim TBW A handelt es sich um eine Plattenbrücke aus Stahlbeton, die als Einfeldträger mit einer Stützweite von 9,99 m ausgebildet ist. Das Überführungsbauwerk B ist ein Spannbetonhohlkasten über vier Felder mit Stützweiten von 36,70 m + 45,00 m + 60,00 m + 45,00 m. Die Gesamtlänge des TBW B ergibt sich damit zu 186,70 m. Die beiden Teilbauwerke wurden im Jahr 1964 hergestellt. Im Bestand sind auf dem Bauwerk drei Fahrspuren vorhanden. Für den Ersatzneubau wurden die verkehrlichen Belange überprüft und dabei festgelegt, dass ein Querschnitt mit zwei Fahrspuren ausreichend ist. Hiermit kann die Brückenfläche reduziert werden, was auch zu einer entsprechenden Kostenminderung des Ersatzneubaus führt.


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