Brückenbau 1-2/2021

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SYMPOSIUM Symbiose zwischen Alt und Neu über der Ammerschlucht

Neubau der Echelsbacher Brücke im Zuge der B 23 von Lutz Mandel, Christoph Prause

Mit der Erneuerung der Echelsbacher Brücke im Zuge der Bundesstraße 23 gilt es, die Verkehrsverbindung zwischen dem Raum Augsburg und dem Raum GarmischPartenkirchen und Innsbruck auch zukünftig sicherzustellen. In wunderschöner voralpenländlicher Kulisse sind hierbei die ingenieurmäßigen Herausforderungen zur Überquerung der Ammerschlucht unter Berücksichtigung des Umwelt-, Arten- und Denkmalschutzes sowie der bauzeitlichen Verkehrsführung über eine 266 m lange SS-80-Behelfsbrücke zu berücksichtigen. Damit dies gelingt, wurden ein Planungsdialog sowie ein Realisierungswettbewerb durchgeführt, um die zu erwartenden maßgeblichen Einwendungen im Rahmen der Planfeststellung möglichst bereits im Vorfeld zu klären. Die neue Brücke stellt eine gelungene Symbiose zwischen den verbleibenden alten Melan-Brückenbögen und einem gestalterisch sehr eleganten und zugleich modernen Bauwerk dar.

1 Historie Die Echelsbacher Brücke liegt ca. 80 km südwestlich von München im Zuge der Bundesstraße 23. Über das Bauwerk stellt die heutige B 23 die Verbindung des Großraums Augsburg in das Werdenfelser Land mit dessen Zentrum GarmischPartenkirchen und weiter in Richtung Innsbruck dar. Die Brücke überspannt die Ammerschlucht zwischen den Gemeinden Rottenbuch im Westen und Bad Bayersoien im Osten und liegt damit auf einer Route, die bereits in der Römerzeit eine wichtige Verbindung war. Doch weder die Römer noch viele Generationen danach vermochten es, diese Schlucht auf Höhe der vorhandenen Felsabbruchkanten zu queren. Stattdessen wurden steile Rampen mit Steigungen bis 20 % angelegt, um in den Taleinschnitt zu gelangen und die Ammer auf Flussniveau mittels einer kleinen Holzbrücke zu überqueren. Da die Steigungen in den Wintermonaten oft tagelang unpassierbar waren, beschloss man den Bau einer Talbrücke nördlich der sogenannten Echelsbacher Steige. Vor dem Baubeginn im Jahr 1928 schrieb das damalige Straßen- und Flussbauamt Weilheim einen Wettbewerb für die Errichtung einer Brücke über die Ammerschlucht aus, der erfahrene, bayerische

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BRÜCKENBAU | 1/2 . 2021

1 Übersichtskarte © Staatliches Bauamt Weilheim

Bauunternehmen ansprechen sollte. Ziel des gerade einmal dreimonatigen Wettbewerbs war es, einen gestalterisch ansprechenden, baustatisch realisierbaren und nicht zuletzt wirtschaftlichen Brückenentwurf zu erhalten. Dass diese Absicht seinerzeit auf große Resonanz stieß, lässt die Teilnahme von 25 Bauunternehmen erkennen, die insgesamt 50 verschiedene Entwürfe vorlegten. Den Wettbewerb gewann die Firma Wayss & Freytag AG aus München mit einer mehrfeldrigen Bogenbrücke. Den Auftrag erhielt aus wirtschaftspolitischen Gründen aber der Zweitplatzierte, die Hochtief Aktiengesellschaft in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Streck & Zenns sowie dem Architekten Wilhelm Kahrs mit dem Entwurf einer Bogenbrücke nach dem System Melan-Spangenberg mit aufgeständerter Fahrbahn. Aufgrund der enormen Spannweite von 130 m an der engsten Stelle der Ammerschlucht war es seinerzeit gewagt, die von Professor Josef Melan (1853–1941) entwickelte Melan-Bauweise umzusetzen. Grundsätzlich war diese Technik zwar bereits vielfach erfolgreich angewandt worden, allerdings noch nie in einer solchen Dimension.


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