Interview hangl allegra sommer nr 5

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Interview

«GEMEINSAME SCHRIT TE, UM GEMEINSAME ZIELE ZU ERREICHEN» Silvia Cantieni // Martin und Andreas Hangl sind die Köpfe ihres

Familienunternehmens in Samnaun. Was treibt sie an, was bemängeln sie, wo setzen die beiden Skisport-Begeisterten Akzente für die Zukunft? Womit verdienen Sie jetzt Ihr Brot in Samnaun, haben Sie viel­ leicht gar Ferien? Martin Hangl: Nein, nein, doch das Hauptgeschäft ist natürlich im Winter. Etwa 70 Prozent des Umsatzes fallen auf diese fünf Monate. Der Sommer ist für die Planung und Weiterentwicklung des Unternehmens da. Im Sportbereich werden sehr viele Bestellungen in der Sommerzeit getätigt. Meine Hauptaufgabe ist es, das Sportgeschäft in Samnaun und Ischgl auf Vordermann zu halten und das Tagesgeschäft zu erledigen. Auch die 1. Schweizer Ski- und Snowboardschule gilt es für den nächsten Winter vorzubereiten. Andreas Hangl, was ist jetzt Ihre Hauptbeschäftigung? Laufen Ihre Hotels gut? Andreas Hangl: Ja, wir sind soweit zufrieden mit dieser Saison. Seit Ende Juli läuft es relativ gut. Wir haben jedoch mit der Wechselkursproblematik zu kämpfen.

Ist der Sommer lockerer als der Winter, auch von der Atmosphäre her? M. H.: Der Winter ist ein Fulltime-Job, da arbeiten wir als Tourismusunternehmer fünf Monate durch. Der Sommer ist sicher auch da, um die Batterien wieder aufzuladen, den Hobbys nachzugehen, die im Winter zu kurz kommen. Das kann Sport sein, aber auch Ferien gehören dazu. Wo reisen Sie am liebsten in die Ferien? M. H.: Ich liebe Italien, bleibe gerne in der Nähe. Am Gardasee mit seinem italienischen Flair entspanne ich. Ich spiele etwas Golf, fahre Motorrad und geniesse mit meiner Frau Land und Leute. A. H.: Im Sommer bin ich oft mit meinen Kindern unterwegs, auf den Gletschern am Skifahren, oft in Zermatt und in Saas Fee, im Herbst dann auch in Österreich. Ich bin ein begeisterter Schneesportler.

Wie gross ist der Konkurrenz­ kampf in Samnaun? Es gibt ja hier keine Monopolisten, alle machen alles. A. H.: Ich bin seit geraumer Zeit in der Kommission «Tourismusprojekte/Tourismusentwicklung» tätig. Da arbeiten alle wichtigen Gruppen zusammen, wie die Bergbahn, die Gemeinde, die Tourismusmitglieder. Die Zusammenarbeit in den letzten Jahren in Samnaun ist hervorragend. Wir versuchen, die Probleme gemeinsam zu lösen. Es ist nicht immer einfach, weil wir ja privat doch Konkurrenten in den verschiedenen Branchen sind. Das ist wohl in jedem Berggebiet so, auch in Ischgl. Wir machen gemeinsame Schritte, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Die Angebote sind auch gleich. Gehen Sie auf Werkspionage? M. H.: Es gibt viele Marken, die exklusiv von Geschäften geführt werden. Es gibt aber auch den Mainstream. Samnaun lebt nun einmal erstens vom Ferientourismus und zweitens vom Einkaufstourismus, der sich dank dem Sonderstatus behaupten kann. Natürlich sind wir Konkurrenten in den verschiedenen Branchen. Auch da wollen wir die Ziele, etwa die Preisattraktivität, gemeinsam erreichen.


Interview

Wo hat der Ort Entwicklungs­ potential? A. H.: Im Sommer ist es nicht so einfach, sich weiterzuentwickeln, ich denke da am ehesten an den Eventbereich. Der 1. August ist ein jahrelang erfolgreicher Anlass, vorher und nachher schauen wir nach Ergänzungen. Im Winter laufen TV-Spots, mit unserer vorzüglich bewerteten Skiarena können wir punkten. Wir möchten auch unser Skigebiet erweitern. Ja, es gibt noch Geländekammern. Wir möchten vor allem auch Samnaun besser mit dem Skigebiet vernetzen, das sogenannte Ski-In/Ski-Out direkt bei der Unterkunft fördern. Von Laret/Compatsch aus möchten wir eine Sesselbahn ins Skigebiet bauen. Dasselbe gilt auch für Samnaun Dorf, wo wir eine Umlaufbahn ins Skigebiet, Richtung Salaaser Gebiet, planen. Denn die zwei Luftseilbahnen liegen mitten im Tal und müssen mit dem Skibus angefahren werden. Die Gäste sollten also nicht mehr mit dem Bus fahren? Doch topog­ rafisch ist das Skigebiet nicht so einfach zu erreichen. A. H.: Das ist richtig. Aus Sicht der Gäste wäre es heute optimal, wenn man nahe der Unterkunft eine Bahn hätte, auch die Talabfahrtspiste sollte entsprechend angelegt sein. Wie gesagt: Ski-In und Ski-Out. Daran arbeiten wir in unserer Gemeinde mit fünf Fraktionen. Um auf dem Markt zu bestehen, sind wir auf neue Bahnen angewiesen. In der Kommission «Tourismusprojekte und Tourismusentwicklung» wird die

Innovative Tourismusbotschafter: Andreas Hangl (links) und Martin Hangl führen das Familienunternehmen in Samnaun mit viel Engagement. (Bild Silvia Cantieni)

Planung aufgegleist, die bereits in der Richtplanung vorhanden ist. Was fehlt speziell in Samnaun? M. H.: Im Sommer wird es schwierig sein, im Hochtal extreme Frequenzen zu erreichen. Im Winter haben wir uns zeitgemäss entwickelt. Wir wurden zum freundlichsten Wintersportort der Schweiz gewählt. International haben wir den besten Platz beim Skigebiet herausgeholt, was die Modernität, die Schneesicherheit und die jährliche Projektumsetzung betrifft. Wir brauchen die erwähnten Verbesserungen, damit Samnaun auch in Zukunft weiterhin eine wichtige Rolle im Wintertourismus spielen kann. Waren Sie hier überhaupt je in einer veritablen Krise? M. H.: Die Euro-/Franken-Problematik ist nicht unerheblich und hat uns im Dreiländereck schon getroffen.

Die härteste Konkurrenz im Wintertourismus ist Tirol und liegt vor der Haustür. Deutsche Gäste haben wir verloren. Zum Glück können wir dieses Vakuum mit Gästen aus der Schweiz füllen. Samnaun musste jedoch Preisanpassungen wegen des schwachen Euros vornehmen. Doch wir werden diese Schwierigkeiten durchstehen. Sind Sie beide mehr nach Osten oder nach Westen orientiert, mehr München oder mehr Zürich? A. H.: Wir haben die Arbeit in unserer Familie aufgeteilt. Martin wird eher im EU-Raum anzutreffen sein, zumal wir viele internationale Produkte im Sortiment haben. Wir sind aber auch mit der Schweiz sehr verbunden.

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Ist die nächste Generation schon in den Startlöchern? M. H.: Wir fünf Geschwister verfügen über einen Aktionärbindungsvertrag, in den auch die zukünftige Generation eingebunden ist. Unsere Kinder sind grösstenteils noch in Ausbildung. Doch sie spüren wie wir auch, dass es etwas Grossartiges ist, an der Spitze eines Familienunternehmens mit durchschnittlich rund 150 Mitarbeitenden tätig zu sein. Es braucht Durchhaltevermögen, Zusammenhalt, es braucht Kreativität in den einzelnen Branchen. Ja, das ist doch eine schöne Geschichte. Ich bin überzeugt, dass unsere Kinder diese Begeisterung mitbringen. A. H.: Ich denke, dass diese Weiterentwicklung von Samnaun eine grosse Rolle spielt. Damit die Jungen in den Betrieb einsteigen, müssen sie eben auch eine gute Perspektive haben. Es braucht Betriebe, die rentabel sein können und nicht nur Arbeit geben. Die Euro-Krise muss also bewältigt werden. Mit den innovativen Projekten für den Wintertourismus schaffen wir auch Chancen für unsere Nachkommen. Es muss besser werden als heute. Eine Skischule benötigt auch aus­ wärtige Mitarbeitende, die müssen Sie irgendwo importieren? A. H.: Ja, klar. Doch wir sind eine kleine Skischule, mit einem grossen Skigebiet. Auch in Ischgl hat es Skischulen. Die Auslastung in Samnaun war auch schon besser, im Winter und im Sommer, daran müssen wir arbeiten. Sonst leiden alle Dienstleistungsträger darunter.

Sportlicher Höhepunkt: Martin Hangl gewinnt 1989 an den Ski-Weltmeisterschaften in Vail (USA) die Goldmedaille im Super-G. (Bild zVg)

Im Februar 2017 findet die alpine Skiweltmeisterschaft in St. Moritz statt. Wie berührt Sie das? Ist St. Moritz zu weit weg? Oder sind Sie als Weltmeister schon eingeladen? M. H.: Im vergangenen März führte St. Moritz das Weltcup-Finale der Damen und Herren durch. Als eingeladener Gast konnte ich folgendes feststellen: Beste Organisation, anspruchsvolle Pisten, erfolgreiche Schweizer Teilnehmer bei bestem Wetter. St. Moritz zeigt auf, dass wir Schweizer befähigt sind und die Kompetenz mitbringen, sportliche Grossevents durchzuführen. Ich freue mich auf die Skiweltmeisterschaften im Februar 2017 und bin überzeugt, dass das gesamte Engadin, der Kanton GR und die gesamte Schweiz von diesem Schneesportevent profitieren werden. A. H.: Ich bin stolz, dass diese WM im Engadin ausgetragen wird. Wir sind ja auch Teil des Engadins. Wir werden auch mitprofitieren vom Imagegewinn, davon bin ich überzeugt.

Eingesessenes Familienunternehmen Martin Hangl (54) aus Samnaun ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Töchtern. Er hat eine kaufmännische Lehre in Chur absolviert. Er ist Vorstandsmitglied von Samnaun Tourismus. Den Höhepunkt in seiner Weltcup-Skikarriere feierte er 1989 in Vail (USA) als Super-G-Weltmeister. Zu seinen Hobbys zählen Sport allgemein, die Harley Davidson und der Gardasee als Ferienziel. Andreas Hangl (56) lebt in langjähriger Partnerschaft und ist Vater von Sandro und Larissa Jenal, beides erfolgreiche Skirennfahrer in Swiss-Ski-Kadern. Er hat eine Automechaniker-Lehre in Chur absolviert. Sein Hobby ist Sport allgemein. Zudem unterstützt er seine talentierten Kinder überall, wo es geht. Andreas Hangl ist Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Hangl AG. Fünf der sieben Hangl-Geschwister sind am Familienunternehmen beteiligt. Zum Familienunternehmen Hangl AG gehören Hangl`s Sport und Mode, Hangl`s Uhren und Schmuck, Hangl`s Parfüm und Kosmetik, Hangl`s for Seven Designer Outlet, das Vier-Sterne Sport- und Wellnesshotel Post, das Erlebnisrestaurant Schmuggler Alm und Beteiligungen am Smart Hotel und an Tankstellen. Hinzu kommen Geschäfte im österreichischen Ischgl. Im Winter sind rund 180 Mitarbeitende in den Hangl-Betrieben tätig, im Sommer rund 100. Auch die 1. Schweizer Ski- und Snowboardschule Samnaun ist als GmbH ein Hangl-Unternehmen.


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