BILDER WELTEN - 70 Jahre VFkB (2022)

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BILDER WELTEN Fotografien . 70 Jahre VFkB

BILDER WELTEN

Ch. Bohaboj, W. Borgfeldt, L. Degen, E. Dhein, S. Döring, H. Dörnhoff, M. Draude, R. Fischer, U. Flöck, M. Franke, B. Franzen, K. Gramann, R. Gurrey, V. Hadas, Ch. Harrison, W. Heep, N. Hildebrand, H. Hölzer, M. Irmscher, N. Jansen, M. Jung, P. Karad, W. Kaschube, K. Küpper, O. Matthey, R. Meding, U. Neugebauer, J. Neumann, N. Niemeyer, W. van Oostrum, S. Paffrath, R. Pinto, U. Pohl, U. Pöschke, M. Pützstück, T. Pützstück, R. Rieder, T. Ryff-Malucha, S. Schiemann, E. Schreiner, J. Schultz, H. Schwerger, S. Sonntag, A. Thome, R. Uthemann, D. Widling, K. Wiedenhöfer, U. Wölki, B. Wünsche und M. Zimon

KATALOG ZUR AUSSTELLUNG 28. OKTOBER – 20. NOVEMBER 2022 BAYER ERHOLUNGSHAUS, LEVERKUSEN
Fotografien . 70 Jahre VFkB

Grußwort: 70 Jahre Bayer Fotoklub

Thomas Helfrich (Leiter Bayer Kultur)

DER „Verein zur Förderung künstlerischer Bildmedien Bayer e.V. Leverkusen“ feiert sein 70jähriges Beste hen. Das ist ein Grund zu feiern, aber auch zurückzubli cken auf spannende Jahrzehnte, in denen Sie die Welt im Bild festgehalten haben. 1952 war ein ausgesprochen gutes Jahr für die Fotografie. Im schweizerischen Luzern wurde die „Weltausstellung der Photographie“ realisiert, bei der damalige Größen wie Richard Avedon oder Robert Doisneau der breiten Öffentlichkeit einen Überblick auf die Fotografie boten.

Fast zeitgleich traf sich eine Gruppe Foto-Begeisterter in Leverkusen im Restaurant Krahne, der Keimzelle des „Ver eins zur Förderung künstlerischer Bildmedien Bayer e.V. Leverkusen“, um in der eigens eingerichteten Dunkelkam mer ihre mit der Kamera festgehaltenen Momente zu be lichten. So, wie sich die Bilderwelt seitdem rasant verän dert hat, so hat sich auch der Verein stets weiterentwickelt. Zum Fotografieren kam das Filmen und schließlich auch der Ton. Dabei stand neben der Freude an der visuellen Kunst auch der hohe professionelle Anspruch im Vorder

grund. So verwundert es nicht, dass aus der Gruppe der Hobby-Knipser immer wieder Spitzenkönner hervorge gangen sind, die erfolgreich an nationalen und interna tionalen Fotowettbewerben teilgenommen haben. Dass fotografieren mehr ist, als auf den Auslöser zu drücken, zeigen darüber hinaus die außergewöhnlichen und span nenden Ausstellungen, mit denen Sie als Verein regelmä ßig auf sich aufmerksam machen. In diesen zeigen Sie, dass Fotografie einem ständigen Wandel unterliegt, dem Sie sich mit großer Freude und Neugier stellen, aber auch, dass gute Bilder und Geschichten größeres verdienen als das Display eines Smartphones. Uns von Bayer Kultur macht es stolz, dass wir Sie als Partner auf dieser Reise begleiten können und wir gratulieren aufs herzlichste zu Ihrem Jubiläum. Wir freuen uns auf die Aus stellung im Erholungshaus, die die diesjährigen Leverkuse ner Jazztage bereichern wird. Für die Zukunft wünschen wir dem Verein stets einen scharfen Blick und weiterhin viel Erfolg bei der Suche nach dem richtigen Motiv.

Fotografieren, Besprechen, Ausstellen

WIE am 14. März 1952 in der Gaststätte Krahne in Leverkusen-Wiesdorf der „Foto-Film-Club” aus der Taufe gehoben wurde, ist nicht überliefert. Verbrieft hin gegen sind die Folgen: Noch im selben Jahr wird er zum offiziellen Bayer Werksverein ernannt - was er bis heute geblieben ist - und schon 1953 zählte er gut 200 Mitglie der. Die Gründungsidee, „Amateurfoto- und Schmalfilm freunden” eine Plattform bereitzustellen, „um vorhandene Kenntnisse durch Vorträge und experimentelles Arbeiten zu erweitern und Erfahrungen auszutauschen”, fand offen sichtlich großen Zuspruch. Auch weiterhin stellen Erfahrungsaustausch und Weiter bildung für den „Verein zur Förderung künstlerischer Bild medien”, wie sich unser Fotoclub seit 2001 nennt, wich tige Ziele dar. Vor allem ist es jedoch die Konzentration auf gemeinsame Fotoprojekte, mit und ohne regionale Partnern, die den VFkB ausmachen, und nicht mehr wie vormals die Teilnahme an Fotowettbewerben. Im Mit telpunkt steht dabei die Förderung und Verbindung der unterschiedlichen Interessen und fotografischen Aus drucksformen seiner Mitglieder, sei es als Dokument,

Inszenierung, Experiment, persönliches Bekenntnis oder visuelles Spiel. Frei nach dem Leitmotiv „Fotografieren, Be sprechen, Ausstellen” geht es nicht nur um das Machen, das Kreieren von fotografischen Bildern - von der Bildidee über die Aufnahme, Auswahl, Bearbeitung bis zum Aus druck - sondern auch um das Zeigen, Mitteilen und somit Teilnehmen am kulturellen Leben der Region. „Bilder Wel ten” ist das jüngste und umfangreichste Beispiel für dieses Zusammenspiel. 50 Fotografen und Fotografinnen haben in einem kuratierten einjährigen Besprechungsprozess ihre je eigene Bildserie entwickelt, um dann am Ende alle in einer einzigartigen Konstellation - der Ausstellung bzw. dem Katalog - so zu verknüpfen, dass jeder Beitrag in seiner Eigenheit als bereichernder Teil des Ganzen erlebbar wird. Jubiläen bieten auch Anlass, einen Blick nach vorne zu werfen. Bei aller Kontinuität der Gründungsidee, die Di gitalisierung hat die Rahmenbedingungen sowohl für das Fotografieren als auch für das Vereinsleben nachhal tig verändert. Digitale Fotos brauchen kein Papier und keine Räume mehr, um gesehen und geteilt zu werden.

Immer smartere Apps machen die Fotoherstellung, zu mindest technisch, zu einem Kinderspiel, Webinare und Lernvideos sorgen für die Erweiterung der Kenntnisse on demand, Fotocommunities, Foren und Chatgruppen für Feedback und Austausch, sogar weltweit. Welche Rolle können lokale Fotoklubs in diesem virtuellen Um feld einnehmen, welche besonderen fotografischen und sozialen Entfaltungsräume ermöglichen? Ich bin zuver sichtlich, dass der VFkB auch weiterhin vitale Antworten darauf findet und 2052 mehr sein wird als ein von Foto amateurhologrammen bevölkerter Space im Multiversum. Ausstellungen sind ein gemeinschaftlicher Kraftakt. Dank gebührt somit allen, die mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz „Bilder Welten” haben Wirklichkeit werden lassen, dank auch an Frau Peters und Herrn Helfrich von Bayer Kultur für die Unterstützung und die Bereitstellung des Erholungs hauses, Dank nicht zuletzt auch an den Fotokünstler und Kurator Wolfgang Zurborn für die 10-jährige inspirierende Zusammenarbeit und sein leidenschaftliches Eintreten für eine visuell eigenständige Amateurfotografie.

Zur Einführung in das Fotoprojekt „Bilder Welten“

LOSGELÖST von den Zwängen eines professionellen Bildermarktes sind es gerade die Amateurfotograf*in nen, die einen bedeutenden gesellschaftlichen Beitrag leisten können, indem sie mit ihren ganz persönlichen und subjektiven Bilderwelten ein komplexes Bild unserer Gegenwart zeichnen. Ein wichtiger Schritt ist es dabei, den eigenen Blick auf die Welt verstehen zu lernen und sich dabei von konventionellen Bildmustern loszulösen. In Zeiten einer medialen Überflutung ist das keineswegs ein einfacher Prozess. Permanent prasseln perfekte visuelle Inszenierungen auf uns ein, so dass es immer schwieriger wird, sich in diesen zurechtzufinden und eine individuelle Wahrnehmung der Lebenswelt zu bewahren. Angesichts der Millionen Fotografien, die täglich auf Instagram veröf fentlicht werden, wurde in einigen Feuilletons schon ge schrieben, dass die Fotografie nicht mehr den Anspruch aufrechterhalten kann, eine Kunst zu sein. Wenn man wegen unzähliger Eintragungen in Twitter das Ende der Literatur ausrufen würde, wüsste jeder, dass dies ein kom pletter Unsinn ist. Alle Ausdrucksformen des Menschen existieren in unserer Zeit massenhaft und es ist eine zent rale Herausforderung an das Individuum, der Beliebigkeit

zu entrinnen, ohne in strengen Konditionierungen der Wahrnehmung zu erstarren.

Die Mitglieder des Vereins zur Förderung künstlericher Bildmedien haben sich anlässlich ihres 70-jährigen Jubi läums dieser Aufgabe gestellt und fotografische Positi onen erarbeitet, die jede für sich aus ganz persönlicher Motivation entstanden sind. Im visuellen Dialog auf den Wänden der Ausstellung und auf den Doppelseiten im Katalog fügen sich diese individuellen Sichten zu einem vielschichtigen kollektiven Dokument gegenwärtigen Lebens zusammen. Aus diesem Grund gab es für dieses Projekt auch kein einheitliches Thema. Alle Beteiligten konnten ihren eigenen Interessen folgen, inhaltlich die Sujets bearbeiten, die als relevant empfunden wurden und stilistisch die ästhetische Formulierung kreieren, die dem eigenen Empfinden Ausdruck verleiht. In mehre ren Besprechungsterminen, bei denen das Bildmaterial der beteiligten Fotograf*innen gesichtet wurde, habe ich es als meine Aufgabe gesehen, die Sensibilität da für zu schärfen, wie wichtig es ist, für jedes Projekt eine spezifische Form für das Zusammenspiel der Bilder zu entwickeln. So entstanden sowohl serielle Reihungen als

auch assoziative Bildkombinationen in unterschiedlichen Größen, strenge Bildtableaus wie auch formsprengende Collagen. Letztlich benötigt jede fotografische Arbeit ihr ganz eigenes Edit, um ein überzeugendes Narrativ ent wickeln zu können. Von wesentlicher Bedeutung ist es dabei, auf die Bilder zu hören. Das Konzept der Präsenta tion von Bildern in Ausstellung und Katalog soll die Bilder zur Wirkung bringen und nicht umgekehrt die Bilder das Konzept illustrieren.

Die Fotografien von Joachim Schultz, Mitglied seit fast der ersten Stunde des Fotoclubs, können dafür als Beispiel dienen. Mit fragmentarischen Sichten auf Alltagswelten hat er eine subjektive Bildwelt geschaffen, die sich einer eindeutigen Interpretation entzieht und damit Raum für Fantasien schafft.

An der Schnittstelle zwischen Abstraktion und Gegen ständlichkeit bewegen sich die Fotoarbeiten, die im wei testen Sinn als Stillleben gesehen werden können. Mit mi nimalistischen Mitteln schafft Christiane Harrison unter Einbeziehung von Spiegeln eigenwillige Bildräume, in de nen die dargestellten Objekte jenseits ihrer Funktionalität eine sinnliche Präsenz verkörpern. Größte Detailgenauig

keit spielt für Wilko van Oostrum bei seinen Stillleben eine große Rolle und somit fotografiert er sein Arrangement aus Blumen, Gemüse und Alltagsgegenständen mit einer Großbildkamera. In der Serie „Mangelware“ von Hardy Schwerger werden die Gegenstände zu Darstellern eines absurden Theaters, in dem mit subtiler Ironie Auswirkun gen der Corona-Pandemie ins Bild gerückt werden. Auch die Arbeiten von Uli Pohl und Uwe Flöck stellen kritische Fragen über das Verhältnis von Mensch und Umwelt. Der Titel „Schmeckt uns das“ macht klar, dass puristisch foto grafierte allgegenwärtige Plastikverpackungen als Prob lem gesehen werden und die Verdichtung von Bildern des alltäglichen Mülls zu einer monumentalen Bildmon tage macht die scheinbare Unentrinnbarkeit aus den Ex zessen einer Konsumgesellschaft deutlich. Zeichen der Alltagskultur finden sich auch in den Foto grafien von Erich Schreiner. Er fängt diese mit sehr frag mentarischen Sichten auf Hausfassaden ein und kombi niert sie zu Bildkonstellationen, die dem Dargestellten die eindeutige Botschaft entziehen. Die Bild-Tableaus von Anja Thome und Dirk Widling tendieren ebenfalls hin zu einer Abstraktion und somit stehen die Wirkung von

Farben, Formen und Materialien im Vordergrund. Mit ihrer kräftigen Farbigkeit entrückt Lothar Degen seine Bilder von gefrorenen, gewachsten und versteinerten Pflanzen, Blättern und Zweigen ihrer Natürlichkeit und gibt ihnen in ihrer artifiziellen Erscheinung ein Eigenleben auf der Schnittstelle von Realität und Imagination.

Der Mensch im Spannungsfeld von Authentizität und In szenierung ist ein weiterer Themenschwerpunkt der Aus stellung. Bei den Fotocollagen von Trudi Ryff-Malucha können sich die Betrachter*innen kaum dem intensiven Blick der portraitierten Menschen entziehen. Gesichtsaus drücke der gleichen Person in verschiedenen Momenten fügen sich in den montierten Ausschnitten des Antlitzes zu einem vielschichtigen Bild der Person zusammen. Auch für Ninette Niemeyer ist es wichtig, keine klischeebehaf tete eindeutige Sicht auf ihre transsexuelle Protagonistin zu werfen. Authentizität findet sie gerade dort, wo die Person die Inszenierung der eigenen Identität perfektio niert. In der Ausstellungsinstallation werden Alltäglichkeit und Idealisierung komplex miteinander verknüpft. In einer Zwischenwelt scheinen sich die Schaufensterpuppen von Barbara Wünsche zu bewegen. Mit extremer Unschärfe

und monochromer Farbigkeit wirken sie herausgerissen aus ihrer Funktionalität und entwickeln ein mysteriöses Eigenleben. Der Anmut des Körpers beim Ballett ist für Karin Wiedenhöfer die Triebfeder für ihre fotografischen Studien von Tänzerinnen in ihren unterschiedlichen Cho reografien. Die Bühne für die fotografische Inszenierung „Girls just wanna have fun“ von Marta Zimon als Ausdruck purer Lebensfreude ist dagegen wieder in der realen Welt einer Tiefgarage angesiedelt.

Das urbane Leben spielt eine wichtige Rolle in einigen der vorgestellten Bilderwelten. In der unmittelbaren Be gegnung mit Menschen in der Straße eindringliche Do kumente des Alltagslebens schaffen zu können, ist für Steffi Sonntag das besondere Faszinosum des Mediums Fotografie. Ohne idealisierende Beschönigung aber im mer mit Empathie widmet sie sich einem Theater des realen Lebens. In der Schichtung von schillernden Wer bewelten und der Tristesse von spärlich belebten Stadt räumen werden die Fotografien des Einkaufszentrum „City C“ in Leverkusen von Olaf Matthey zu Sinnbildern unserer Konsumgesellschaft. Hochformatige, fragmen tarische Sichten auf das Urbane von Jürgen Neumann

lassen die mit Zeichen und Bildern überfüllte Stadt wie ei nen faszinierenden und zugleich vielfältig verflochtenen Organismus erscheinen. In eine Bonbonwelt entführt uns Uwe Pöschke mit seinen farbenfrohen Fotografien von Kirmeswelten. Mit einer sehr ungewöhnlichen Verwen dung von Schärfe und Unschärfe bekommen die Men schen in den Fahrgeschäften eine ganz eigene Präsenz. Einen noch stärkeren künstlerischen Eingriff in städtische Szenerien praktiziert Nina Jansen mit ihren Lichtmalerei en aus der Serie „Nachtschicht“. Sie wirken wie leuchten de Skulpturen, die im Dialog mit dem architektonischen Umfeld ihren besonderen Reiz erzielen.

Die Architektur selbst zwischen Inszenierung, Geschichte, Abriss und Wiederaufbau stellt das Thema von einer wei teren Gruppe von Arbeiten dar. Das Mercedes Benz Mu seum wird in den High Key Fotografien von Uwe Wölki mit ihrer strahlenden Helligkeit und absoluten Cleanheit zu einem Ort, der jeglichem Irdischen entrückt scheint, während die dokumentarisch klassischen S/W-Fotografi en von Rainer Meding aus Venedig Geschichte spürbar machen. Die von Rekha Pinto in minimalistischer Form ins Bild gesetzten Hauswände werden zu Bühnen, in de

nen alltägliche Objekte subtil in Szene gesetzt werden. Völlig entgegengesetzt zu dieser kontemplativen Ruhe scheint man in den Fotografien von Norbert Hildebrand den Baustellenlärm von Abriss und Aufbau zu hören. In den vielschichtigen Kompositionen der Bilder wirkt das Chaos der dargestellten Szenerien wie eine Chance für Er neuerung, während der Rost in Volker Hadas Fotografien von Industrieanlagen eher als Symbol für Vergänglichkeit verstanden werden kann.

Wie ein Blick in eine verflossene Zeit wirken die Innenrau maufnahmen aus einem verlassenen Kloster von Klaus Küpper. Es sind nur noch die Spuren von abgehängten Kreuzen und Bildern auf den leeren Wänden zu sehen. Ähnlich puristisch, aber wesentlich diesseitiger ist der Blick von Bernd Franzen auf „Unerkannte Örtchen“. Täglich be nutzen wir Toiletten, aber in streng formalen Kompositio nen bekommen sie eine ganz eigene Aura. Bei Wolfgang Heeps Fotografien lösen sich die Räume eines Jazzclubs in fast abstrakte Konstellationen von Farbflächen auf. Es geht nicht um eine konkrete Verortung, sondern um die Imagination von Musik. Mit dem Klavierspielen sind für Ellen Dhein intensive Erinnerungen verknüpft. Eine Bild

sequenz aus Detailansichten auf Tasten, Pedale, Hände, Noten und einer gerahmten Portraitfotografie auf dem Klavier verleiht diesen „Memories“ ihren Ausdruck.

Die Eindrücke einer gemeinsamen Reise mit der Mut ter in die Masuren, dem Ort ihrer Kindheit, fasst Michael Irmscher in einer essayistischen Bilderzählung zusam men. Situative Momente aus dem Alltagsleben werden dabei kombiniert mit fragmentarischen Sichten auf kul turelle und religiöse Zeichen und Symbole. Im Rahmen eines Cap Anamur Hilfsprojektes war Marc Pützstück in Uganda und hat dort im Stil einer sozialdokumenta rischen S/W-Fotografie Portraits von Menschen in ihrem Lebensraum geschaffen.

In sehr unterschiedlicher Weise reflektieren Arbeiten der Ausstellung das Bild der Natur. Tommy Pützstück hat die vielfältige Erscheinung verschiedenster Wolkenhimmel fotografiert und sie zu einem 20-teiligen Tableau zusam mengefügt. In der visuellen Verdichtung entsteht dabei ein Bildmuster, das die Abbildungen von einem falschen Anspruch auf Natürlichkeit in der Darstellung befreit. „So mething Artificial“ ist die Serie von Rolf Uthemann betitelt, in der er Eingriffe des Menschen in die Natur anhand von

deplatziert wirkenden Objekten in der Landschaft sicht bar macht. Auch die Stillleben von Ursula Neugebauer thematisieren das Verhältnis von Mensch und Natur. Bilder von verwelkenden Pflanzen werden dabei unterschiedli chen Modellen von Behausungen gegenübergestellt. In einer seriellen Reihung fügt Susanne Paffrath grafisch streng gestaltete S/W-Fotografien von Wegen im Stadt raum und an einem Strand so konsequent zusammen, dass sie wie „Lebenslinien“ gesehen werden können. „Freude am Leben“ lautet der Schriftzug auf dem Kranich haus in Zingst, den Willy Borgfeldt in seinen Fotografien festgehalten hat und überlässt es den Betrachter*innen, ob sie diese in den meist menschenleeren Kulissen des touristischen Ortes am Meer entdecken können.

Die Welt der Pflanzen zwischen Züchtung, Wildwuchs und Meditation ist das zentrale Motiv der nächsten The mengruppe. Mit präzisem subjektivem Blick auf ein Ge wächshaus lässt Renate Gurrey die Spuren der Zeit sicht bar werden und verleiht der Nutzbarmachung der Natur durch den Menschen einen Ausdruck. Majestätisch wirken dagegen die freistehenden Bäume, deren Formenvielfalt Sylvia Döring mit S/W-Fotografien in feinsten Grautö

nen zur Geltung bringt. Weniger straight fotografiert sind dagegen die Buschwindröschen in den Aufnahmen von Holger Dörnhoff. Eingetaucht in theatralisch wirkendes Licht und in unscharfe Farbflächen erscheinen die Pflan zen jeglicher Natürlichkeit entrückt. „Meditative Momen te“ sind es dagegen, die Peter Karad in seinen subtilen Naturstudien einfängt. Die geduldige Beobachtung spielt auch in der Tierfoto grafie eine wichtige Rolle. Reinhold Rieder hat lange das Verhalten von Wildvögeln in Aktion studiert und seine Untersuchungen in Bildsequenzen zusammengefasst. In Bildpaaren kombiniert Martin Franke dagegen Nahauf nahmen von Vögeln mit weiteren Sichten in deren Le bensraum. Demgegenüber bekommen wir mit den Ma kroaufnahmen von Karl-Josef Gramann einen Einblick in eine Welt, die uns sonst verschlossen bliebe, in den Schlupf der Libellen. Ein solch dokumentierender Ansatz der Fotografie liegt aber nicht im Interesse von Silvia Schiemann. Bilder von unzähligen Spatzen fügt sie zu ei ner solch dichten Collage zusammen, dass man aus den Kehlen ein ohrenbetäubendes Konzert zu hören scheint.

Das spannungsvolle Verhältnis von Mensch, Tier und Natur wird in dem letzten Kapitel dieses Ausstellungsprojektes behandelt. Die allgegenwärtige Kontrolle des Menschen über die Natur drückt sich in der Serie „Naturkataster“ von Heribert Hölzer mit Bildern von Nummerierungen von Baumstämmen, Tieren, Fleisch und Eiern aus. Mit Fisch fang befassen sich zwei fotografische Serien in sehr un terschiedlicher Weise. Während bei Wilfried Kaschube Fische sowohl für Buckelwale, Schwarzbären und Eisvö gel wie für Menschen als Beute dienen, ist es in der Serie „Wilder Fisch“ von Roman Fischer der Mensch, der die ein same Auseinandersetzung mit dem Tier führt. Die Spuren davon sind in den Gesichtszügen des Fischers zu sehen und dabei werden Erinnerungen an Hemingways Roman „Der alte Mann und das Meer“ geweckt. Bei Markus Jung sind dagegen Hände die Hauptdarsteller in seinen Foto grafien über körperliche Arbeit in einer Glasmanufaktur. „Altitude“ betitelt Marion Draude ihre vielschichtige Er zählung über eine Bergwanderung. In der Kombination von S/W- und Farbfotografien und mit unterschiedlichen Bildformaten kreiert sie eine Ausstellungsinstallation, die das Überwältigende der Bergwelt in Szene setzt und

zugleich die Menschen im Ringen mit der Natur zeigt. Schließlich nimmt uns Christiane Bohaboj mit auf eine Expeditionsfahrt, aber wohin die Reise auf dem Schiff geht und was zu erkunden ist, erfahren wir in den Bil dern nicht. Letztlich ist es gerade diese Unbestimmt heit, die den besonderen Reiz der Serie ausmacht und die Fantasie der Betrachter*innen beflügelt. Als einziger Mensch in der Bildstrecke richtet eine Person ihr Handy auf die offene See. Welch ein Symbol für die Erkundung neuer Bilderwelten.

BILDER WELTEN

Fotografien . 70 Jahre VFkB
JOACHIM SCHULTZ Salonbilder CHRISTIANE HARRISON Spiegel-Sichten OLAF MATTHEY City C
HARDY SCHWERGER Mangelware
NINETTE NIEMEYER Rosa Blume WILKO
VAN OOSTRUM AgfaChrome R100S
ERICH SCHREINER Fassaden TOMMY Farbenspiele am Himmel
PÜTZSTÜCK
ULI POHL Schmeckt uns das?
HERIBERT HÖLZER Naturkataster BERND FRANZEN Gekacheltes KARIN WIEDENHÖFER La beauté du ballet BARBARA WÜNSCHE Living Dolls
UWE PÖSCHKE Bonbon-Welt
TRUDI RYFF-MALUCHA FACEtten

JÜRGEN NEUMANN Spotted

In a white room

UWE WÖLKI
STEFFI SONNTAG Knallhart REKHA PINTO Wände am Fluss

KLAUS KÜPPER Abgehängt

NORBERT HILDEBRAND Abriss und Aufbau RAINER MEDING Stille Wasser MICHAEL IRMSCHER Mazury Motherland MARC PÜTZSTÜCK Welcome back ROLF UTHEMANN artificial
Something
SUSANNE PAFFRATH Lebenslinien URSULA NEUGEBAUER Alles ist im Wandel MARTIN FRANKE Vogel-Foto-Natur
HOLGER DÖRNHOFF Lichtsüchtig
LOTHAR DEGEN Natur Art REINHOLD RIEDER Action SILVIA SCHIEMANN Spatzen

SYLVIA DÖRING Solitäre

UWE FLÖCK Müll
RENATE GURREY Zauber MARION DRAUDE Altitude WILFRIED KASCHUBE Heute gibt’s Fisch WILLY BORGFELDT
Zingst
ROMAN FISCHER Wilder Fisch CHRISTIANE
BOHABOJ Auf Expeditionsfahrt
MARKUS JUNG Mittel und Wege PETER KARAD Meditative Momente KARL-JOSEF GRAMANN Libellenschlupf VOLKER HADAS Rost ANJA THOME Mischung WOLFGANG HEEP Jazz inside NINA JANSEN Nachtschicht MARTA ZIMON Girls just wanna have fun

Herausgeber

Verein zur Förderung künstlerischer Bildmedien Bayer e.V. Leverkusen Düsseldorfer Straße 29 51379 Leverkusen-Opladen www.vfkb-lev.de

Gestaltung & Satz

Michael Irmscher

Wolfgang Zurborn Fotos

Copyright bei den Fotografen

Mit freundlicher Unterstützung

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