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IELFALT
A MCGILL GERMAN STUDIES STUDENT JOURNAL EINE STUDENTENZEITSCHRIFT DER MCGILL GERMANISTIK REVUE ÉTUDIANTE D’ÉTUDES ALLEMANDES DE MCGILL
VOLUME 5 | 201415
MCGILL UNIVERSITY MONTRÉAL
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IELFALT
A MCGILL GERMAN STUDIES STUDENT JOURNAL EINE STUDENTENZEITSCHRIFT DER MCGILL GERMANISTIK REVUE ÉTUDIANTE D’ÉTUDES ALLEMANDES DE MCGILL
VOLUME 5 | 201415
MCGILL UNIVERSITY UNIVERSITY MCGILL MONTRÉAL MONTRÉAL
FEATURING ART BY:
Jasper Brumter & Jake Vertin, Julie Levy, and Lauren Meeker Cover photo by Kat Sark
COORDINATING EDITORS:
Élora Bussière-Ladouceur, Andrea Garland, and Bastien Winant
EDITORIAL BOARD:
Victoria Aziz, Nathalie Breitschwerdt, Kyle Dolph, Magdalene Klassen, Jon Kristinarson, Genevieve Riccoboni, and Camille Winiarz Devault
CONTRIBUTORS:
Camille Baker, Guillaume Benoit-Martineau, Vanessa Caron, Daphne Idiz, Magdalene Klassen, Theo Rouhette, Jake Vertin, and Michael Zayaan Schuck
SPECIAL THANKS:
We would like to extend our thanks to the Arts Undergraduate Society, the German Students Association, the Department of Languages, Literatures and Cultures at McGill University, especially Professor Jouve-Martín, and to the Goethe-Intitut-Montréal for their generous support. Additional thanks to the The McGill Daily/Le Délit for the use of their facilities.
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EDITOR’S NOTE/VORWORT....1 SIMMEL, RUTTMANN, AND THE DEVELOPMENT OF URBAN MODERNITY.............22
Élora Bussière-Ladouceur, Andrea Garland & Bastien Winant
Jake Vertin
QUEBECS MULTIKULTURELLE SELBSTGERECHTE IRONIE: GESELLSCHAFT: POPÜLARE MEINUNGEN.............................3 DIE VORSTELLUNG DER Vanessa Caron GELIEBTEN IM BUCH DER LIEDER.....................................26 Magdalene Klassen EXEGESIS ON FRIEDRICH SCHLEIERMACHER’S ON FIXING THE US ECONOMIC RELIGION: SPEECHES TO POLICY: A GERMAN ITS CULTURED DESPISERS EXAMPLE................................31 “THE NATURE OF RELIGION”...................................6 Jake Vertin Theo Rouhette
WENN TRAURIGE AUGEN AUF BETONFLÄCHE REASON VS. RELIGION: ABWÄRTSSPIRALEN SCHLEIERMACHER’S “DEFENCE”...............................10 PROJIZIEREN...........................35 Daphne Idiz
“BEING AND JUDGEMENT:” HÖLDERLIN THROUGH KANT AND FICHTE............................13 Camille Baker
EDELWEISS..............................21
Michael Zayaan Schuck
Guillaume Benoit-Martineau
Julie Levy
Editors’ Note
Vorwort
Since its founding five years ago, Vielfalt, the McGill German Studies Student Journal, has been inspired by many subjects. This variety in topics, which inspired the journal’s name, serves to offer a multitude of viewpoints from which to analyze and understand German culture. Vielfalt has selected again this year papers and artwork that together create a mosaic of oeuvres from various disciplines, linking them together while acknowledging and appreciating their wide breadth of incongruities. This year’s edition of Vielflat includes photographs, a poem, and numerous individually addressed topics: these articles range from analyses of Schleiermacher’s On Religion to the economic benefits of the Mittelstand and its implications in modern-day society, to a commentary on the multicultural aspects of Québec, and much more. This year’s journal also marks the 25th anniversary of the fall of the Berlin Wall. The photograph on page 20, entitled “The Wall,” is an artistic representation of divisions and can be interpreted through the lens of the Berlin Wall’s separating characteristics even after its physical presence. It is with great honour that the Editorial Board presents to you the 5th edition of Vielfalt. –Élora Bussière-Ladouceur, Andrea Garland & Bastien Winant
Seit ihrer Gründung ist Vielfalt, die nun fünfjährige Studentenschrift der McGill Germanistik von vielen unterschiedlichen Themen inspiriert worden. Diese Themen bieten eine Vielzahl an Standpunkte an, wovon Germanistik, als auch verschiedene Aspekte der Deutschen Kultur und Denkweise studiert werden. Zusammen mit zahlreichen individuell angewandten Themen sind in dieser Ausgabe auch Werke der Poesie und der Photographie zu finden. Unsere Autoren schrieben über Schleiermachers “On Religion”, analysierten Effekte und Vorteile des Mittelstandes für die heutige Gesellshaft, und kommentierten den internationalen Aspekt Quebecs, unter anderem. Dieses Jahr zelebriert Vielfalt mit der Weltgemeinschaft den 25. Jahrestag des Berliner Mauerfalls. Auf Seite 20 ist das Bild, “The Wall”, zu finden, was Trennung artistisch darstellt, und als Symbol für die Uneinigkeit steht, an der die Mauer heute noch erinnert. Es ist der Redaktion eine große Ehre, ihnen die fünfte Ausgabe Vielfalts vorstellen zu dürfen. –Élora Bussière-Ladouceur, Andrea Garland & Bastien Winant
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QUEBECS MULTIKULTURELLE GESELLSCHAFT: POPULÄRE MEINUNGEN VANESSA CARON Es ist vielleicht eine Ironie, dass Quebecs Kulturhauptstadt, Montreal, auch der Ort ist, wo Multikulturalismus am weitesten verbreitet ist. Ist Multikulturalismus einen integralen Bestandteil der Montrealer Kultur geworden? Es scheint so. Die Zahlen sind bemerkenswert: mehr als ein Viertel der Bevölkerung wurde im Ausland geboren. (Der Anteil der ethnischen Gemeinschaften ist sogar noch höher, wenn man erste und zweite Generation der Einwanderer berücksichtigt.) Aber was tun die „Eingeborenen“ (die Quebecois) darüber? Ist unsere Kultur durch zunehmende Vielfalt erdrückt oder ist sie eher von dieser verbessert? Es ist keine Überraschung, dass die Meinungen unterteilt sind. Aber wieso? Um einen Einblick zu gewinnen, interviewte ich ein paar Leute. Mein Ziel war es letztlich zu verstehen, wie Meinungen je nach Alter und Herkunft verteilt sind. In diesem Aufsatz werde ich die Meinungen der jungen Quebecois, der BabyBoomer- Generation, und der Einwanderer vergleichen. Es scheint, dass die jungen Quebecois insgesamt eine positive Meinung über Multikulturalismus in ihrer Heimatstadt haben. In der Tat unterstützen sie die Vielfalt, mit dem Argument, dass „wenn ein Ort so kulturell vielfältig wie Montreal wird, wird es ein Ort für die moralische und politische Entwicklung der Stadt.“ Tatsächlich glauben sie, dass eine Kultur nicht statisch ist, sondern in ständiger Entwicklung. Darüber hinaus fördert die Koexistenz mehrerer Ethnien mehr Wissen und Akzeptanz anderer Kulturen. Außerdem wies eine Person darauf hin, dass die offene Geister,
und die Toleranz der Quebecois Menschen von der multi-ethnischen historischen Hintergrund Quebecs entstammen. Er erklärt, dass sich „Quebec auf einem Erbe von Multi-Ethnizität entwickelt, als die Französisch, die Englisch und die Ureinwohnern geschichtlich in diesem Land koexistierten.“ Insgesamt glaubt die junge Quebecois Generation an einer multikulturellen Gesellschaft und genießt die Möglichkeiten, die sie erschafft. Im Gegensatz zur jungen Quebecois Generation ist die Baby-Boomer-Generation offenbar nicht so begeistert von Multikulturalismus. Obwohl sie aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen sind, emfinden ältere Quebecois Menschen stark, dass Multikulturalismus auf Kosten der Quebecois Kultur, wie sie es kennen, auftritt. Genauer gesagt sehen sie, dass ihre eigene Kultur sich verändert und angepasst hat, um Einwanderer unterzubringen, obwohl es anders herum sein sollte. Als Beispiel werden die Symbole des Christentums (die vorherrschende Religion in Quebec) nicht mehr in öffentlichen Schulen gefunden, da es offensichtlich gemacht wurde, dass diese einen Anstoß gegen der Minderheiten mit unterschiedlichen Religionen entsprechen. So neigen Baby-Boomer zu denken, dass Einwanderer in Quebecs Gesellschaft sich einfügen sollten, ohne dass Gesetze und Normen geändert werden sollten, um Minderheiten aufzunehmen. Mit anderen Worten, denken sie, dass Assimilation das Ziel unseres Einwanderungsprogramms soll. Insgesamt glaubt die Baby-Boomer-Generation, dass eine multikulturelle Gesellschaft für Konflikte gebunden
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ist, und es kann realistischer Weise nicht nach Harmonie streben. Einwanderer in Quebec haben gemischte Meinungen über Multikulturalismus, die anscheinend von deren individuellen Erfahrung in Quebec abhängen. Ein Freund von mir aus China sagte: „In meiner Wahrnehmung ist Multikulturalismus ein zentraler Wert von Quebec.“ Außerdem ist er der Ansicht, dass Quebec Politiker ‚Interkulturalität‘ favorisiert haben, die im Gegensatz zu Multikulturalismus, wo die Kultur des Gastlandes nicht wichtiger als die der Zuwanderer ist, das gemeinsame Bindeglied zwischen allen Menschen in Quebec, angeborene oder anders, betont: die französische Sprache. Es sieht so aus, als wäre die Sprache den Aspekt des Multikulturalismus, den die Einwanderer in Quebec am meisten betrifft. Dies würde Sinn ergeben: es scheint, als ob die Quebecois bereit sind, fast alles außer den Verlust ihrer Sprache zu akzeptieren. Zwei Kernthemen ergeben sich aus all dem: kulturelle Identität und inter-kulturelle Akzeptanz. Die jungen Quebecois akzeptieren nicht nur kulturelle Unterschiede, sondern sie erleben auch Multikulturalismus als Teil deren eigenen Kultur. Im Gegensatz dazu fürchtet die ältere Generation ihre kulturelle Identität zu verlieren, als eingehende kulturelle Gruppen sie drastisch verändern. Wahrscheinlich ist diese Meinungsverschiedenheit mit der Differenz in der interkulturellen Exposition, dass diese zwei Generationen erlebt haben, verwandt. Es ist erst während Expo67, dass Montreal wirklich multikulturell wurde. Ab dann wurden die jungen Quebecois in einer multi-kulturellen Gesellschaft geboren und haben ‚gelernt‘, wie man mit ihr lebt. Zusammenfassend, obwohl sie am selben Ort leben, unterscheidet sich die kulturelle Identität der jüngeren Quebecois ‘von dem der älteren Generation. Die Jugend integriert anderen Ethnien und ihre Kultur in ihrer kulturellen Identität, während die Baby-Boomer diese Ethnien ausschließen. Das junge und ältere Quebec unterscheidet sich auch in ihrem interkulturellen Akzeptanzniveau. (Auf der Bennett Skala würde die junge Generation auf höchstem Niveau, die Integration der Unterschied
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sein?). Allerdings würde die Baby-Boomer im Hintergrund der Bühne stehen. Mit anderen Worten sind die neuen Generationen mehr ethnorelativ, während Baby-Boomers mehr ethnozentrisch sind. In einer Welt, die rasche Globalisierung erfährt, ist der Multikulturalismus ein unvermeidliches Ergebnis. Es ist unrealistisch und unerwünscht zu versuchen, ‚einen Zaun‘ um eine Kultur zu erregen, um sie von den Einflüssen anderer Kulturen zu schützen. Wir sollten vielmehr Multikulturalismus feiern, und was noch wichtiger ist, Gleichheit und Freiheit unterstützen. Als eine einladende Stadt für unzählige Einwanderer ist Montreal auf diesen Weg. Montréal ist ein Mosaik aus 120 Kulturgemeinschaften, die nicht weniger als 75 Sprachen sprechen. Vom Anblick vom erwachenden Little Italy während der Fußball-Weltmeisterschaft, zu Menschen in der Schlange für frische Bagels am Sonntagmorgen im Mile End, oder für Knödel in Chinatown zu genießen, ist zu verstehen, wieviel Montrealer das reiche kulturelle Hintergrund von ihrer Stadt schätzen.
Jasper Brumter Edited by Jake Vertin
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EXEGESIS ON FRIEDRICH SCHLEIERMACHER’S ON RELIGION: SPEECHES TO ITS CULTURED DESPISERS “THE NATURE OF RELIGION” THEO ROUHETTE From the eighteenth century onwards, the impact of the Enlightenment thinkers on Christianity triggered a major societal shift away from religion toward philosophy and science. Later considered as the father of liberal Protestantism, Friedrich Schleiermacher reasserted its lost significance in this post-Kantian context. The primordial sense of religiosity found in “The Nature of Religion”, the second speech of his work On Religion: Speeches to Its Cultured Despisers, lays aside cultural conditioning to regenerate a state of being before knowing anything about anything. Based on the argument that despisers and dogmatists have masked the true sense of religion through systematic misconceptions, Schleiermacher reestablishes what manifests itself as the original pure subjectivity of faith. The irrational nature of religion is indeed the keystone of his initial claim that there cannot be any theological knowledge from which an objective critique could originate. Moving away from such misunderstandings, Schleiermacher presents an approach to religion based on subjective inner faith rather than objective external beliefs, giving birth to what is defined as a feeling. Subtly, he then suggests pathways to cultivate piety and consequences of a realized religiosity. Thus, the successive analysis of each component of his argument will uncover Schleiermacher’s intuitive and subjective nature of religion. A preliminary study of the relation between logos of theos and logos in Schleiermacher’s argument is critical to later comprehend his articulation of religion in relation to theological and philosophical rationality. The
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underlying focus distinguishes true religion and its objectification. This dichotomy allows Schleiermacher to emphasize its primary point: religion is not a particular form of epistemology. He thus sets it apart from metaphysical and moral knowledge, the former being perceived as a mere causal classification of the universe based on presupposed universal laws, the latter interpreted as the command of action based on unlimited authority. Since religion cannot claim a similar perfected comprehension of the reality of things and then derive the according ways to behave, Schleiermacher deplores the “childish operations of the metaphysicians and moralists in religion”1, since their cold argumentation takes no account of the primordial intuition that animates all religions. Furthermore, he argues that the simple attempt to rationally deconstruct religion results in the annihilation of its original unity, which requires immediate apprehension rather than intellectual comprehension. Thus, to Schleiermacher, no conceptualization is necessary since he “would still maintain that religion has nothing to do with this knowledge, and that, quite apart from it, its nature can be known.”2 This approach to knowledge allows Schleiermacher to confidently differentiate philosophy and religion based on the awareness that both have intrinsically opposed natures. While the first is a legitimate quest for the structure of reality and its universal laws, the second does not require this logical intellectualization of the world; rather it is intuitive. The consequent major distinction concerns their respective purposes: philosophy is a finite pursuit with
a definite aim, whereas religion is proper to individuality and therefore infinite in scope. Thus, as summarized by Gregory Thornbury, Christian Studies instructor at Union University, Tennessee, “Schleiermacher inherited the epistemology of the Enlightenment and offered a subjectivist account of theology to his culture.”3 The resulting inability to communicate the religious sense except rhetorically thus makes it highly anti-intellectual. While this outcome was a cultural killer to Hegel, Schleiermacher will further argue that the despisers’ misconceptions are generated by ignorance of this fact. Indeed, the off-target conflict on religion originates from the misinterpretation of its essence: only by acknowledging the boundary between inner religiosity and its outward forms can one avoid the confusion in which cultural despisers and dogmatist theologians have fallen. Indeed, the war over the definition of religious concepts, such as the proofs for the existence of God or for immortality, belongs to theology; religion, in its original form, recognizes the subjective nature of experience and thus cannot impose particular beliefs. Conflicts arise with the transformation of the initial feeling into an object of study. Whether defended by theologians such as Aquinas or criticized by Kantian philosophy, Schleiermacher reminds us “this is scientific treatment of religion, knowledge about it, and not religion itself.”4 Thus, both philosophical and theological accounts of religion act as a determination of pious emotions as ideas. However, the opposing natures of religious experiences and rational principles render impossible the attempt to comprehend subjectivity through mere objectivity. As pictured by the philosopher A. Huxley, “the perusal of a page from even the most beautifully written cookbook is no substitute for the eating of dinner,”5 in other words, reason may critique a recipe or a concept, but it will never attain the value of the original feeling. Schleiermacher’s critique applies to both sides of the religious community, the external philosophers and the internal dogmatists. Similarly, dogmatism has mistakenly substituted the original feeling of religion for its derivatives expressed in theology. Considering God
and immortality as mere concepts, Schleiermacher recognizes that “as ideas they can have no greater value in religion than ideas generally.”6 Being only opinions, these ideas bare no influence on individual religiosity and cannot be substantiated by ontotheological proofs, as previously suggested in Kant’s Critique of Pure Reason. Schleiermacher further expands this concept, suggesting that the Kantian argument was relevant if applied exclusively to theology: “In opposing religion, do not ascribe to it what does not belong to it.”7 Since the essence of religion isn’t epistemological, both the critiques of cultural despisers and the dogmas of theologians mistakenly focus on its outward derivatives instead of the true religiosity. Thus, Schleiermacher argues that religion is not rationally conceivable as assumed by philosophy of religion and theology. Acknowledging that his critique requires the investigation of the subject in itself, Schleiermacher then illustrates his apprehension of the true nature of religion despite the recognition that this is, in principle, an unconceivable matter. Recurrent in the religious landscape, the tripartite division of human experience serves as a preliminary foundation of the argument. Instead of a hierarchical ascent as argued by Bonaventure, Schleiermacher’s more geometrical configuration, if meaningful, is equivalent to a triangular complementarity. Indeed, religion is here conceived as the indispensable third, “the eternal unity of Reason and Nature”8 expressed respectively in philosophy and science. Moving toward his definition of religion at the individual level, Schleiermacher associates each of the three parts to its corresponding faculty within human experience, namely sensual perception, mental activity and the taste of the Infinite. Here emerges the essential element of his speech: the feeling born from the uniting relation of the individual to the Whole. Consequently, Thornbury concludes, “Schleiermacher deemed feeling ‘a revelation of the inward’.”9 At the root of religious emotions, faith and piety are defined through this sense of Oneness, the former being the intuition of such a feeling and a belief in its existence, while the latter relates to the passive surrender to the higher
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order, the source of the feeling. “By placing the source for religious truth within human experience, Schleiermacher constructed a system whose ‘teleological end’ was discovery of the self.”10 In his account of religion, self-consciousness is realized through the cultivation of the unity of the self with Nature, Humanity, or the Infinite, offering an interesting parallel to Eastern mysticism with this sense of ego transcendence. Necessarily, this conception relies on pure subjectivity, considering the unlimited multiplicity of inner contemplation, so that “each seer is a new priest.”11 Schleiermacher’s feeling thus interiorizes Christian doctrine and associates self-consciousness to consciousness of God. To reassert the importance religion to his critical post-Enlightenment despisers, his approach turns towards a Christian form of pantheism characterized by an immanent God related to our individuality through the previously described feeling. Schleiermacher explains how this can be realized, the first step being the recognition of the constant act of cognitive filtering which causes a judgmental particularization between the subject and the object. The feeling comes before this separation and is thus pre-objective and above the
rule of conceptuality. Schleiermacher reintroduces the inconceivable, the unknowable, as the initial condition of the self before the cognitive dissolution of its essence, so that “only the faintest trace of the original unity could then be shown.”12 He avoids the existential problematic of the subject and object duality through the argument that neither the deepest self nor religion, “which you always experience yet never experience,”13 could ever be apprehended. Going back to the depth of the soul thus requires the transcendence of the source of cognition, the ego, to reach the One, the Infinite through unity of the self and the World, the past Oneness of subject and object. Comparable not to the Western but to Buddhist’s Enlightenment, such accomplishment makes everything holy and self-sufficient, as expressed by mediators, artists, poets and orators. Schleiermacher does not mention any individuals, which allows him to finally expose his essence of religiosity in a simple principle: to “become conscious of the call of your deepest nature and follow it.”14 The feeling ends up being the individual’s tool to make his own melody resonate with the whole orchestra, his link between the finitude of his individuality and the Infinite
Jasper Brumter Edited by Jake Vertin
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Oneness. Intuitive revelation and cultural inspiration, the components of daily operations of grace connecting us to Nature, Humanity and the Infinite, are derived from this reciprocal connection. With “The Nature of Religion” Schleiermacher was able to synthesize Christian piety and Enlightenment’s scepticism through the exposition of a radically different approach of religiosity centered on self-consciousness. Claiming that religion cannot be compared and is misunderstood as a mere epistemological discipline given its subjective nature, he could then provide a defence of religion to its despisers pointing out their fundamental amalgam between religion and philosophy of religion., The true religious essence is to be found in each being’s feeling of the original unity of his individuality and the Infinite by transcendence of the ego, so that “whosoever has learned to be more than himself, knows that he loses little when he loses himself.”15 Let’s then simply bless the poet’s liberty “To see a World in a Grain of Sand And a Heaven in a Wild Flower, Hold Infinity in the palm of your hand And Eternity in an hour […]”16
NOTES 1. Friedrich Schleiermacher, On Religion: Speeches to Its Cultured Despisers, John Oman, B.D. (London: Christian Classics Ethereal Library, 1893), 72. 2. Ibid., 31. 3. Gregory Thornbury, “A Revelation of the Inward: Schleiermacher’s Theology and the Hermeneutics of Interiority,” Southern Baptist Journal of Theology 3, no. 1 (January 19, 1999), 5. 4. Schleiermacher, On Religion, 40. 5. Aldous Huxley, “Drugs That Shape Men’s Minds,” Saturday Evening Post, 18 October 1958. 6. Schleiermacher, On Religion, 76. 7. Ibid., 57. 8. Ibid., 34. 9.Thornbury, “A revelation,” 20. 10. Ibid., 17. 11. Schleiermacher, On Religion, 48. 12. Ibid., 37. 13. Ibid., 38. 14. Ibid., 76. 15. Ibid., 83. 16.William Blake, “Auguries of Innocence,” verse 1, lines 1-4.
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REASON VS. RELIGION: SCHLEIERMACHER’S “DEFENCE” DAPHNE IDIZ Friedrich Schleiermacher, German philosopher of religion turned theologian, wrote On Religion: Speeches to its Cultured Despisers at the turn of the 18th century. Despite inheriting the influential Kantian and Hegelian critiques of religion, Schleiermacher aspired to reconcile philosophy with Protestantism. The book is divided into five speeches, the first of which is called “Defence” and lays the foundation for his conception of religion. Schleiermacher is in fact considered the founder of modern Protestantism for his synthesis of Kantian critique and religion. In “Defence”, Schleiermacher must first and foremost apologize and justify his work considering the philosophical climate of 18th century Kantian intellect, then explain the obstacles and shortcomings of popular beliefs on religion before finally presenting his own personal view on religion and religious experience. For Schleiermacher, the age of Enlightenment poses an obstacle to popular understandings of religion as theology (i.e. institutionalized religious beliefs), but not to his conception of spiritual feeling as fundamental to religious experience. The age of Enlightenment spanned from the 16th to the 19th century and brought a “new morality of knowledge in which appeals to authority are no longer sufficient to validate claims to truth.”1 Two developments contributed to the differentiation between modernity and the pre-modern medieval age: “first, the emancipation of philosophy from its subservient role as theology’s ‘handmaid’ and, second, the empirical method of natural science.”2 The latter development meant that by the turn of
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the 18th century, religion was no longer equated with the truth. The former development, especially with Kantian and Hegelian philosophy of religion, meant that Schleiermacher had to address the concept and nature of religion before considering the self-understanding of a specific religious community (e.g. Christianity). Facing the influence of the Enlightenment, Schleiermacher’s work On Religion: Speeches to Its Cultured Despisers addresses those who think themselves above religion and know better than to believe in religion’s validity. “Defence” qualifies cultured despisers as those whose minds have been overcome by “suavity and sociability, art and science,”3 have no interest in “the eternal and holy Being that lies beyond the world,”4 and feel philosophy has sufficiently discussed religion.5 Schleiermacher attempts to rationalize the age of Enlightenment’s apathy towards religion through philosophical emancipation, telling the cultured despisers that “having made a universe for [themselves], [they] are above the need of thinking of the Universe that made [them].”6 However, he also brings up the paradox that in an era characterized by an insatiable appetite for knowledge, “in matters of religion alone, [everything is held] the more dubious,”7 encouraging his audience to be more open minded and self-reflective. After apologizing and justifying his need to write about religion, Schleiermacher addresses the problem of the audience. He begins by disavowing religious figures of authority, saying priests should not be listened to or trusted.8 Schleiermacher suggests that priests lack
the authority to speak on religion since they can only discuss what is already animated and are unable to shed new light on the topic. For Schleiermacher, higher priesthood comes from a true understanding of “the inner meaning of all spiritual secrets, and speaks from the kingdom of God,”9 which is found in poets, artists, and orators. This hints at Schleiermacher’s conception of religion itself since a spiritual experience seems to be the prerequisite for religious understanding and authority. Schleiermacher also explains that “the Deity, by an immutable law, has compelled Himself to divide His great work even to infinity [so e]ach definite thing can only be made up by melting together two opposite activities.”10 This means that each individual is based on two opposing drives: appropriation and expulsion.11 Depending on which impulse is stronger, people can be: melancholic, turned in, animated, aggressive, or equal.12 Among these types of people, some have more of a propensity for religious understanding than others. On a global level, Schleiermacher sees people of different nationalities as also having differing levels of potential for true religious experience. The British “Islanders”13 are incapable of religion while the French are by nature incapable of “holy awe or a true
adoration”14 (Schleiermacher’s conception of religious experience). Germans are presented as Schleiermacher’s last hope whom he pleads with in spite of “the coarse barbarism and the cold worldly mind of the age”15 to rise to “the highest ground of human powers and actions”16 in thought, with an open mind and willingness to learn something new about religion. For Schleiermacher, philosophy is one of the biggest obstacles to religion since the modernity of the age of Enlightenment meant that the unseen became the realm of science, history, and education rather than of God. In this age, critique and eradication of traditional concepts appear to take precedence over construction and religious conviction. Schleiermacher’s novel belief is that philosophy of religion has caused the loss of religion by making the original error of conceptualizing philosophy theologically thereby allowing philosophy to rise above theology. For Schleiermacher, both theological and anti-theological thoughts are outgrowths of religion, but fail to touch upon it. In Schleiermacher’s view, philosophy and religion must have different relationships with ratio; “it is all the more necessary, as religion is as far removed, by its whole nature, from all that is systematic as philosophy is nat-
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urally disposed to it.”17 Schleiermacher seeks to separate religion from theology and distance it from existing prejudices of religion. Schleiermacher critiques religious institutions, claiming that “the most cultured religious system is no better than the rudest.”18 Ergo religion cannot be found in scripture and creeds, since the divine is not the cause of the existing image of religion as metaphysics or theology.19 This false link in the conception of religion was unmasked by Kantian critique and the Enlightenment, but for Schleiermacher it is irrelevant to the actual essence of religion. Rather than institutions as a consequence of God, Schleiermacher sees dogmas as a mere reflection of the initial charge which comes from inside. While “Defence” is a preliminary piece of writing, Schleiermacher’s conception of religion is present throughout it. From the very beginning, he explains his need to write as coming from “a divine call”20 and “the innermost springs of [his] being.”21 Schleiermacher brings up his father’s Moravian theology that left his adolescent doubts unsatisfied, stating that “when the God and the immortality of [his] childhood vanished from [his] doubting eyes [piety] remained to [him].”22 This piety, Schleiermacher explains, comes from “youthful enthusiasm” rather than reason, hope, or fear. For Schleiermacher, religion springs from a deeply personal inner feeling and necessity rather than thought. People are either capable of understanding religion through religious experience, or they are not. A counterargument is therefore almost impossible as someone disagreeing with Schleiermacher would simply be categorized as one of “those who do not understand how to unbind [spiritual matter]”23 and are incapable of religious experience. The age of reason has brought skepticism along with knowledge; Kantian and Hegelian influences have delegitimized theology. For these reasons, before addressing his conception of religion, Schleiermacher begins his work by apologizing for and justifying discussing religion at all. Schleiermacher sees obstacles in accepted figures of religious authority (priests), as well as the historical connection between religion and theology, which has contributed to the decline of the two in favor of philosophi-
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cal and rational thought. In Schleiermacher’s view, religion needs to be highly personalized and not reliant on any preconceived notions of it. Schleiermacher’s conception of religion is founded on the “distinction between faith, which is a matter of the heart, and theology, which reflects the mind’s effort to understand the religious affections of a pious heart.”24 A truly god-inspired and pious person for Schleiermacher is therefore one subject to spiritual feelings and experience.
NOTES 1. Paul E. Capetz, “What Every Beginning Student Needs to Know about NineteenthCentury Protestant Theology.” Religion Compass 6, no. 2 (November 2008): 961. 2. Ibid. 3. Schleiermacher, Friedrich, “First Speech: Defence,” in On Religion: Speeches to Its Cultured Despisers, John Oman, B.D. (London: Christian Classics Ethereal Library, 1893), 9. 4. Ibid. 5. Ibid. 6. Ibid. 7. Ibid. 8. Ibid. 9. Ibid., 13. 10. Ibid., 10-11. 11. Ibid., 11. 12. Garth Green, Introduction to the Philosophy of Religion, Mcgill University, (Montreal: 2014). 13. Schleiermacher, On Religion, 15. 14. Ibid., 16. 15. Ibid. 16. Ibid., 17. 17. Ibid., 20. 18. Ibid., 18. 19. Green, Philosophy of Religion. 20. Schleiermacher, On Religion, 10. 21. Ibid., 10. 22. Ibid., 14. 23. Ibid., 19. 24. Capetz, “Nineteenth-Century Protestant Theology,” 965.
“BEING AND JUDGEMENT:” HÖLDERLIN THROUGH KANT AND FICHTE CAMILLE BAKER In 1930, a handwritten fragment of text torn from the flyleaf of a book was discovered at an auction in Liepmannssohn.1 Scholars believe the piece, titled “Judgement and Being” by scholar Friedrich Beißner, was written by German thinker Friedrich Hölderlin in the early months of 1795.2 The dating of this fragment has been a prevailing focus in Hölderlin studies because scholars believe it represents an astonishingly early critique of Johann Gottlieb Fichte’s work, and as such that it is the earliest identifiable account of absolute idealism.a,3 The following essay will examine Hölderlin’s “Judgement and Being” with respect to the Kantian and Fichtean accounts of subjectivity outlined in the preceding sections. As Hölderlin’s importance to poetry as well as philosophy cannot be ignored, I will also examine briefly the relevance of his poetry in this context.
BIOGRAPHYb
Discussions of Hölderlin are often prefaced by the important fact of his 1788 enrolment at a Lutheran theological seminary in Tübingen, where he studied alongside and eventually roomed with Hegel and Schelling. He was born on March 20, 1770 in Swabia, Germany, and suffered the deaths of his father and new stepfather as a young child; this was an emotional burden that seemed only to grow more severe over the years. In 1789, Hölderlin met news of the French Revolution with enthusiasm. At this time he was enrolled at the Tübingen Stift, an institution whose Chancellor stated that the wills of his pupils “should
be broken whilst… young.” The philosophical revolution initiated by Kant was equally revolutionary period at the Stift, and in August 1970 Hölderlin wrote to his mother that the “continuous study” of philosophy had become a necessity for him. Hölderlin also devoted himself to writing poetry while a student and planned for what would become his major novel, Hyperion, before graduating with Hegel in 1793. Hölderlin became a private tutor following his graduation, and at his post in Franconia encountered the first instalment of Fichte’s Wissenschaftslehre. He travelled often to Jena to attend Fichte’s lectures. After leaving the tutorial position, Hölderlin lived in Jena for five months, a period which Förster describes as “intellectually the richest period in Hölderlin’s life.” During this time, he exchanged ideas with the likes of Fichte, Schiller, Niethammer, Novalis, Goethe, and Sinclair, and in early 1975 likely wrote the “Judgement and Being” fragment (herein JB). In 1796, while living in Frankfurt, Hölderlin was involved in a romantic affair with Susette Gontard, the wife of his employer; she inspired Diotima, a character Hölderlin would develop in his poems and novel Hyperion. Eventually they were forced to break off the relationship, and in the following years, stricken with a worsening depression, Hölderlin was forced to move frequently as he became increasingly unable to support himself as a writer. In September 1806, the thirty-six-year-old Hölderlin was committed to a mental institution and deemed incurably mad with three years to live. He lived his re-
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maining thirty-six years of life in Tübingen at the home of a fervent admirer of his Hyperion, largely ignored by friends and family.
BEFORE JUDGEMENT AND BEING: THEOLOGY, KANT AND FICHTE
Many attempts have been made to explain the sudden and major intellectual achievements of the Tübingen trio (Hölderlin, Hegel, and Schelling). It is clear these shifts in thinking cannot be explained solely as the product of the confluence of great minds. Nor can they be attributed only to the excellence of the Stift curriculum. Rather, it seems the need to negotiate Kant’s philosophical developments with the views of their dogmatic theology teacher set the stage for an intellectual exchange between Hölderlin, Hegel, and Schelling.4 Their conversation continued by post even after Hölderlin and Hegel graduated. Gottlob Christian Storr, this widely respected and admired Tübingen theology teacher and important scholar of the New Testament and church dogma, had a great influence on many students. In 1793, Storr published a work on dogma that became the required textbook for Tübingen pupils, and in the same year he released his attack on Kant’s philosophical theory of religion.5 Storr urged that the theological innovations of the preceding generation (which had reduced the proper content of Church teaching by distinguishing between valid and obsolete church doctrines on the basis of advancement in historical inquiry) be renounced.6 He called instead for the reestablishment of the Protestant principle of scriptural authority, claiming that scriptures should be interpreted wholly and literally. The Preface to his “Dogmatics” concludes: “Let us fulfill this so important vocation with loyalty and conscientiousness toward God, toward the church and toward those who come after us; let us investigate the truth, evaluate it, assert it, and pass it on unfalsified to our heirs.”7 Hegel wrote to Schelling in 1794 that Storr’s efforts “propagated… the old system more faithfully than anywhere else.”8 Among the difficulties of Storr’s teaching was that it became associated with “supernaturalism,” which he set against theological “naturalism.”9
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Theological naturalists believed the elements of Christian doctrine to be true only insofar as they could be comprehended by reason without revelation. Those who refused to accept Storr’s teachings he dismissed as “heterodox.” Problematically for Storr, some of the most evident articles of Christian doctrine could lead easily into heterodoxy — the doctrines of the Trinity, of the divinity of Jesus, or of original sin, for example — and by the second half of the eighteenth century such heterodoxies were widespread.10 Because forms of theological naturalism must be built on the basis of rational concepts, Storr’s theological problematic became entangled with Kant’s critique of rational theology, talk of which had circulated widely in the Stift.11 With the 1781 publication of the Critique of Pure Reason, Kant embarked on a philosophical mission to defend science, morality, and the rationality of religion in the face of Enlightenment thinking.12 It was a time of great scientific breakthroughs but also of overenthusiasm which threatened to wreak metaphysical havoc.13 Kant’s Critiques respond in large measure to the charges of radical empiricist David Hume, who had raised potentially devastating questions about the existence of causality and morality.14 Hume’s theory of perception developed from an empirical school of philosophy which postulated a difference between ideas and their impressions in the world. Hume’s radical extension of this claim was the belief that human experience is a rapid series of disconnected perceptions which appear causally related but are in fact not.15 As a devout Lutheran and, likewise, a follower of Isaac Newton, Kant found Hume’s propositions untenable. With an intuitive understanding of the world as governed by moral and causal principles, Kant set out to determine how an a priori synthetic judgment could be true: how could he know two events to be related without being able to prove it? At the heart of Kant’s answer is represented a dramatic shift in Western thinking. Kant concluded that the human mind is not a receptacle for information, but functions by imposing order on nature in a way that is fixed and immutable in everyone.16 In this reversal,
Kant voided the notion that minds derive ideas from objects, claiming instead that objects conform to cognition. He posited the existence of twelve universal and necessary “categories” which mediate the mind’s understanding of the world, are shared by all minds, and are produced by an only vaguely described unknowable “transcendental unity of apperception.”17 These categories of experience were grounded in human a priori intuitions of space and time. Thus, the causal nature of the world, put on shaky ground following Hume, had been reestablished. The effect of Kant’s system, which conceived of the world as subjectively constituted by universal categories of subjective experience, was to isolate humanity from knowledge of true reality.18 The world occasioned by the categories, which Kant called the “phenomenal world,” was not identical with the world initself, or, the “noumenal world.” It is possible, Kant claims, to use “pure reason” to obtain true knowledge of the phenomenal world, but the noumenal world, beyond and independent from the categories, is definitionally unknowable. The modern division between science and religion can be traced back to Kant’s distinction between phenomenal and noumenal distinction, which placed religion in the noumenal world safely out of reach of Deists who professed to establish God rationally, leaving no room for faith.19 Kant had divided philosophy into pure theoretical reason, that of the phenomenal world, and pure practical reason, associated with the noumenal realm including religion and morality, where reason still applied but was considered subjective and speculative.c Later in the Critiques, Kant famously attacks the traditional proofs for God’s existence, though this was not done because of atheist sentiments.20 Instead, Kant claims that the existence of God is a necessary condition of human existence. Because we are sure to be living in a moral world, we must also believe in the existence of ultimate justice wherein the good are rewarded and the evil, punished.21 But because it is clear that in some cases the good are punished and the evil rewarded, there necessarily must exist an afterlife in which this jus-
tice is finally performed.22 It is thus that Kant arrives at a rationally grounded belief in God and religion. Kant’s principle of the autonomy of reason was, to put it lightly, a significant challenge to Storr’s (among many others) insistence on divine authority. Kant’s redefinition of the boundaries of possible knowledge represented a major break with a theological tradition that had sought and found knowledge of God since the time of Augustine. The tension of this conflict found its way into theological discussion in the decade following the publication of the critiques, fuelling the thought of Hölderlin and his contemporaries. Kant’s work would also set the stage for Hölderlin’s work on subjectivity following Fichte. In the decades following, Fichte and others attempted to ground Kant’s philosophy in a first principle. A popular criticism of Kant’s project was that he had failed to explain adequately the connection between an abstract, theoretical subject and the actual experience of the self.23 For Fichte, the turn to the subject had resulted in a duality that drove a problematic wedge between subjective experience and reality, rendering the truth of reality inaccessible and violating what seemed like the organic unity of experience. Thus Fichte attempted to collapse noumenal reality into phenomenal reality with his claim that consciousness is not grounded in anything outside itself. Fichte wrote that reality is united by (what he would eventually call) an “absolute ego” that is prior to knowledge and thus prior to subject-object distinctions. In other words, because experience is constitutive of reality (rather than our experience existing at a remove of the truth of things-in-themselves), Fichte chose subjective experience as the self-evident starting point of his philosophy.24 His philosophy aimed to explain our experience of objects in terms of the necessary operations of the intellect without having to appeal to Kant’s notion of things-inthemselves.25 Among the first claims of Fichte’s doctrine of science was the idea that consciousness presupposes self-consciousness.26 This original unity of self-consciousness is understood as a unity that is presupposed and contained with-
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in every fact and act of empirical consciousness.27 Hölderlin would call directly on Fichte’s formulation of consciousness in JB.
JUDGEMENT AND BEINGd
Given that JB is likely to have been written in early 1795, it seems that Hölderlin wrote one of his most innovative systematic philosophical tracts early in his career and without the help of friends, who were otherwise occupied.28 It would not be long before Hölderlin would also begin writing the poems that made him a prominent literary player in the transition from German Classicism to Romanticism.29 These parallel achievements are not only evidence of Hölderlin’s considerable talent but the manifestations of his continued work on the themes of self-consciousness he had inherited from Kant and Fichte.30 The following paragraphs will include a close reading of JB which I will use to demonstrate how Hölderlin mounted his influential challenge to Kant’s grounding of philosophy in the unity of consciousness of the I as the subject of thought.31 I will also attempt to make clear how Hölderlin’s poetry attempts a synthesis of subject and object; the varying forms of expression he employs reflect his greater project of connecting Idealist theories of self-consciousness to the material world.32 The fragment, of course, deals in two sections with the relationship between the subject-object division and being.33 In the section some theorists believe was written second, Hölderlin addresses the former: (2) Judgement. is in the highest and strictest sense the original sundering of Subject and Object most intimately united in intellectual intuition, the very sundering which first makes Object and Subject possible, the arche-separation [Ur-Theilung].34 The analysis of urtheil (judgement) Hölderlin puts forth in this passage associates judgement with an “original division,” or ur-theil, between subject and object.35 The effect of this is to set Kantian and Fichtean ideas of self-consciousness against each other.36 The
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Kantian conception of judgement presupposes a subject has a precognitive moment of sensory awareness, whereas Fichte’s self-positing subject requires an act of judgement that separates “I” from “not-I” to bring itself into existence.37 Hölderlin continues: In the concept of division (Theilung) there lies already the concept of the reciprocal relation (Beziehung) of Object and Subject to one another, and the necessary presupposition of a whole of which Object and Subject are the parts… in practical Urtheilung [judgement], it (the ego) posits itself as opposed to the Non-ego, not to itself.38 This is the essence of Hölderlin’s critique. By definition, Fichte’s “absolute I,” his postKantian attempt to unite human experience and reality, must contain all reality.39 Problematically, however, Fichte says himself that any consciousness presupposes an object. Therefore, an absolute ego necessarily defines itself against an absolute non-ego, and the absolute ego cannot possibly contain all of reality. In the preceding section, Hölderlin speaks of that which he considers more fundamental than judgement: [1] Being [Seyn]—expresses the joining [Verbindung] of Subject and Object. Where Subject and Object are absolutely, not just partially united [vereiniget], and hence so united that no division can be undertaken, without destroying the essence [Wesen] of the thing that is to be sundered [getrennt], there and not otherwise can we talk of an absolute Being, as is the case in intellectual intuition.40 Hölderlin shows that being precedes consciousness altogether. He reiterates his critique of Fichte in the remainder of this section: But this Being must not be equated [verwechselt] with Identity… on the contrary the Ego is only possible through this sundering of Ego from Ego. How
can [i] say ‘I’ without self-consciousness? But how is self-consciousness possible? Precisely because I oppose myself to myself; I sunder myself from myself, but in spite of this sundering I recognize myself as the same in the opposites…41 And later: So identity is not a uniting of Subject and Object that takes place absolutely, and so Identity is not equal to absolute Being.42 Henrich writes that “For Hölderlin… one must conceive, prior to the distinction between subject and object that constitutes all consciousness, a whole that always remains unknowable.”43 Hölderlin’s being, as the very presupposition of consciousness, is not unlike Kant’s noumenal realm.44 Perhaps it would have been unsurprising for Hölderlin to have aligned himself with Kant in this regard, but he instead attempted to connect the abstract with the concrete in the concept of being.45 Hölderlin’s reference to “opposing myself with myself ” from this section refers not only to creating self-consciousness by means of opposition with a non-self, but refers also to positing the elements of that very opposition.46 Hölderlin distinguishes between the practical “i” that performs the actions of the subject and the theoretical “I” that is the object of philosophical inquiry.47 He asks, “How can [i] say ‘I’ without self-consciousness? But how is selfconsciousness possible?”48 Yet, Donelan observes, “Fichte’s ‘I am I’ remains untenably theoretical because… Hölderlin’s practical subject cannot say ‘I am I’ with a pre-existing practical discourse in which to do the saying.”e, 49 Therefore, the irreconcilability of selfconsciousness and being is discursive, not a matter of logic, which Donelan feels may be one of the reasons Hölderlin turned to poetry.50 Whereas a philosophical text cannot posit itself, a poem may enact the theoretical and practical versions of “I am I.”51 Heidegger wrote of Hölderlin’s use of poetry as a means of resolving this problem of being: “‘The poet himself stands between the former—the Gods, and the latter—the people. But also and first
in this Between it is decided, who the human being should be, and where he should settle his being… Hölderlin has consecrated this in-between realm with his poetic word.’”52 De Mann makes clear the implication of Heidegger’s commentary, which is that poetry is a unique mode of expression because it is directed toward self-awareness rather than empirical insight.53 When Fichte’s statement “I am I” is accomplished poetically, it posits its theoretical and practical existence because poetic language has dual theoretical and practical results, resulting in the synthesis of subject and object Hölderlin sought.f,54
CONCLUSION
This has been a very approximate and superficial treatment of Hölderlin’s, Kant’s, Fichte’s, and Storr’s ideas, and many important names are not at all mentioned in this essay. I hope I have at least been able to adequately contextualize and render accessible Hölderlin’s Judgement and Being. It is clear that no matter when Hölderlin scribbled this mysterious fragment onto the flyleaf of another thinker’s book, his insights on the theme of self-consciousness manifested in unique and important ways that represented a significant challenge to philosophical grounding in self-consciousness and knowledge in favour of being.
APPENDIX
“Judgement and Being,” translated by H.S. Harris, from Hegel’s Development: Toward the Sunlight 1770-1801, page 515: Hölderlin: [Über Urteil und Seyn] (Jena, April ? 1795) [1] Being [Seyn]—expresses the joining [Verbindung] of Subject and Object. Where Subject and Object are absolutely, not just partially united [vereiniget], and hence so united that no division can be undertaken, without destroying the essence [Wesen] of the thing that is to be sundered [getrennt], there and not otherwise can we talk of an absolute Be-
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ing, as is the case in intellectual intuition. But this Being must not be equated [verwechselt] with Identity. When I saw: I am I, the Subject (Ego) and the Object (Ego) are not so united that absolutely no sundering can be undertaken, without destroying the essence of the thing that is to be sundered; on the contrary the Ego is only possible through this sundering of Ego from Ego. How can I say ‘I’ without self-consciousness? But how is selfconsciousness possible? Precisely because I oppose myself to myself; I sunder myself from myself, but in spite of this sundering I recognize myself as the same in the opposites. But how far as the same? I can raise this question and I must; for in another respect [Ruksicht] it <i.e. the Ego> is opposed to itself. So identity is not a uniting of Subject and Object that takes place absolutely, and so Identity is not equal to absolute Being. [2] Judgement. is in the highest and strictest sense the original sundering of Subject and Object most intimately united in intellectual intuition, the very sundering which first makes Object and Subject possible, the Ur-Theilung. In the concept of division [Theilung] there lies already the concept of the reciprocal relation [Beziehung] of Object and Subject to one another, and the necessary presupposition of a whole of which Object and Subject are the parts. ‘I am I’ is the most appropriate example for this concept of Urtheilung in its theoretical form, but in practical Urtheilung, it [the ego] posits itself as opposed to the Non-ego, not to itself. Actuality and possibility are to be distinguished, as mediate and intermediate consciousness. When I think of an object [Gegenstand] as possible, I merely duplicate the previous consciousness in virtue of which it is actual. There is for us not thinkable possibility, which was not an actuality. For this reason the concept of possibility has absolutely no valid application to the objects of Reason, since they come into consciousness as nothing but what
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they ought to be, but only the concept of necessity <applies to them>. The concept of possibility has valid application to the objects of the understanding, that of actually to the objects of perception and intuition.
NOTES a. Hölderlin studies were not always properly contextualized, which is a topic for another essay. See Henrich’s discussion of the origins of Idealism: “The standard assessment of Hölderlin’s place in philosophy has changed three times… His later essays on poetology have received the attention they deserve only in the last few years… Since readers have become aware of the unique value of his late hymns, these poems, and with them the late period of his career, have taken center stage in Hölderlin studies—and for good reason, as far as Hölderlin the poet is concerned, but to the detriment of all questions having to do with the common philosophical development of [Schelling, Hegel, and Hölderlin] in Tübingen.” (“Hölderlin on Judgement and Being” 74) b. I am utterly indebted to Eckart Förster for the text of this biography. To save me from making a distracting number of citations, please assume I continually draw directly from Förster’s “Foreword” (pages 1-10) to Henrich’s “The Course of Remembrance.” c. This two-world view is essential to Kant’s re-establishment of morality (Solomon 37). Having established the validity of a priori synthetic judgments, Kant inverted the grounding of morality on freedom to conclude that because there is morality, there must also be freedom (37). He believed the nature of morality to be the free use of reason. d. See appendix for H.S. Harris’s translation in full. e. See pages 9-10 of Warminski for further explanation. f. Donelan writes that Hölderlin’s essay ti-
tled “Wechsel der Töne” is an excellent example. See Donelan’s pages 135-140. _______________ 1. Dieter Henrich and Eckart Förster, The Course of Remembrance and Other Essays on Hölderlin (Stanford, CA: Stanford University Press, 1997), 74. 2. Ibid., 74. 3. Ibid., 75. 4. Ibid., 33. 5. Ibid., 34. 6. Ibid., 35. 7. Ibid., 36. 8. Ibid., 36. 9. Ibid., 37. 10. Ibid., 37. 11. Ibid., 37. 12. Robert C. Solomon, “Kant and the German Enlightenment.” Continental Philosophy Since 1750: The Rise and Fall of the Self 63, no. 245 (1988): 25-43, 5671. doi:10.1017/S0031819100043692, 25. 13. Ibid., 26. 14. Ibid., 26. 15. Jim Kanaris, “Honours Seminar.” Lecture, McGill University, Montreal, January 15, 20, 22, 27, 2014. 16. Solomon, “Kant and the German Enlightenment,” 27. 17. Ibid., 30. 18. Kanaris, “Honours Seminar.” 19. Kanaris, “Honours Seminar.” 20. Solomon, “Kant and the German Enlightenment,” 35. 21. Ibid., 42. 22. Ibid., 42. 23. James H. Donelan, “Holderlin’s Music of Poetic Self-Consciousness.” Philosophy and Literature 26, no. 1 (2002): 125-42. doi:10.1353/phl.2002.0007, 126. 24. Dan Breazeale, “Johann Gottlieb Fichte,” Stanford University. August 30, 2001. http://plato.stanford.edu/archives/ spr2014/entries/johann-fichte/. 25. Ibid. 26. Ibid. 27. Ibid. 28. Henrich and Förster, Course of Remem-
brance, 75. 29. Donelan, “Holderlin’s Music,” 125. 30. Ibid., 125. 31. Henrich and Förster, Course of Remembrance, 121. 32. Donelan, “Holderlin’s Music,” 126-7. 33. Ibid., 128. 34. Friedrich Hölderlin, “Hölderlin: Über Urtheil Und Seyn,” translated by H. S. Harris, in Hegel’s Development: Toward the Sunlight, 1770-1801 (Oxford: Clarendon, 1972), 515-16, 515. 35. Henrich and Förster, Course of Remembrance, 75. 36. Donelan, “Holderlin’s Music,” 129. 37. Ibid., 129. 38. Hölderlin, “Hölderlin: Über Urtheil Und Seyn,” 515. 39. Andrzej Warminski, “Endpapers: Hölderlin’s Textual History,” in Readings in Interpretation: Hölderlin, Hegel, Heidegger 3-22 (Minneapolis: University of Minnesota Press, 1987), 5. 40. Hölderlin, “Hölderlin: Über Urtheil Und Seyn,” 516. 41. Ibid., 516. 42. Ibid., 516. 43. Henrich and Förster, Course of Remembrance, 86. 44. Donelan, “Holderlin’s Music,” 130. 45. Ibid., 130. 46. Ibid., 130. 47. Ibid., 130-1. 48. Hölderlin, “Hölderlin: Über Urtheil Und Seyn,” 515-16, 516. 49. Donelan, “Holderlin’s Music,” 131. 50. Ibid., 131. 51. Ibid., 131. 52. Ibid., 134. 53. Ibid., 135. 54. Ibid., 135.
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THE WALL Lauren Meeker
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EDELWEISS MICHAEL ZAYAAN SCHUCK
Eiskönig, Strumpf aus Mohair, mit nackten Fingern. tanzend wie ein gezücktes Schwert, Im alpinen Nebel, jubelnd. Krone aus kanariengelben Kugeln, in frisch vergossene Schneedecke gewunden, Mantel aus Federwolken. Aufs Tal herabsehend zur Steinbruch und Bach okkludiert, Schläfrig und immergrün. Der zurückziehende Gletscher setzte dich an den Abgrund, innerhalb der verdeckten Falten der Schlucht und Splitter versteckt, eine teutonische Perle. Blinzelnd, Du grubst deine Finger, zitternd, ins Grundgestein, umklammerst den pulsierenden Leib und kriechst nach oben. Schneemädchen, du steigst wie ein bedeckter Sterne auf, du schaffst es mühelos zum Gipfel, das windgestreifte, schneeverwehte Plateau ist dein Thron.
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SIMMEL, RUTTMANN, AND THE DEVELOPMENT OF URBAN MODERNITY JAKE VERTIN Walter Ruttmann’s Berlin: Symphony of a Great City (1927) is a brilliant specimen of experimental cinema produced during the Weimar Republic.1 It offers a general portrayal of life in the modern metropolis, capturing the essence of the city while simultaneously aestheticizing the everyday experiences of the life in Berlin. The film can be seen in light of the work of social theorist Georg Simmel, who examined the nature of the relationship between the individual and the modern metropolis in his essay, “The Metropolis and Mental Life.” Both Simmel’s and Ruttmann’s works suggest that the city holds infinite possibilities for the individual, and both works include and express the Janusian nature of the metropolis by portraying the alienation and “blasé attitude” unique to metropolitan cities, born out of the individual’s incapacity to react to new stimuli and sensations.2 Reserve, indifference, and apathy become forms of psychological protection that in turn become integral to the metropolitan lifestyle. Because of the levelling of differences over the course of this constant onslaught of sensory experience, this levelling of differences is pushed back against an over-exaggerated specificity, which leads to the paradox of infinite possibilities that define individualism. In addition, there are some socialist tendencies present in the film and mirrored in Simmel’s essay, though both Ruttmann and Simmel insist on maintaining a politically neutral stance and refraining from passing judgment. On the whole, the works are not so much politically motivated as they are attempts to examine and
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understand the development of urban modernity and the Berlin metropolis. Ruttmann’s film begins at dawn. No people are seen during the first five minutes of the film. All the attention is on the ordered events of a new day; the image of the rising sun is followed by a train running from the countryside into the city. Images of empty factories, which will soon be filled by the frenzy of the business day, are shown alongside scenes of store windows lined with mannequins and advertisement posters, a subtle exploration of the way that money – and capitalism – order the experiences of life in the metropolis. In his essay, Simmel argues that people in the metropolis are always under the clock, and even a one hour delay in the day would prove very problematic. In this sense, Simmel sees the citizens of the capitalist metropolis as slaves of time: The relationships and affairs of the typical metropolitan usually are so varied and complex that without the strictest punctuality in promises and services the whole structure would break down into an inextricable chaos... If all clocks and watches in Berlin would suddenly go wrong in different ways, even if only by one hour, all economic life and communication of the city would be disrupted for a long time... Punctuality, calculability, exactness are forced upon life by the complexity and extension of metropolitan existence and are not only most
intimately connected with its money economy and intellectualist character.3
Clocks and time organize the day in Berlin. Everything in the city is measurable – qualitative value is replaced by quantitative – which has resulted from a society in which human relations are only measured via the external objective values of money and time. Efficiency is at the heart of this new temporal space. Simmel asserts that with a heavy importance on time and money, the modern mind becomes a more calculating one, “reduc[ing] all quality and individuality to a purely quantitative level.”4 This sentiment is captured by Ruttmann in the recurring shots of the increasingly automated and mechanized work life of the citizens. Specifically, the identity of the train commuters is only distinguished through images of their legs, suggesting a lack of individuality between them. The workers and inhabitants of the city remain anonymous throughout the entirety of the film. There are many more examples of automatization: for instance, the movements of dancers’ arms and legs echo rhythms of machinery. The entertainment available to the city dwellers are just as automated and synchronized as the machines they handled earlier in the day. Through use of Eisenstein’s “intellectual montage,” Ruttmann attempts a cross-section of the modern city, and all forms of city life. Through a chain of associations, routine, rhythm, and repetition are shown as features of modernity. His montage relies on the technique of shock, each image reverberating with intensity. In the first two acts, office workers, oblivious to the camera, seamlessly filter through train stations and locomotive cars, only to enter a building fitted with modern elevators. A fast paced tempo is inherent in most of the sequences. The effect of the montage in his film is to connect the repetitive forms of office work with modern machinery. By intercutting different images of work, contexts are muddled, yet the nature of the shots stays the same: this fast and overwhelming style is an integral part of life in the metropolis. Through his extensive use of montage, most notably in the scenes of machinery and mechanization,
Ruttman captures the extreme industrialization of the city, a byproduct of the individuals’ enhanced skill specificity instilled by capitalism. As the result of the increasingly rapid and rhythmic intercutting of images, the film incorporates Simmel’s theory of the “blasé attitude” as center of the metropolis and vital to its function. Ruttmann puts forth so many contrasting images of the routine work and daily activities, to show – in light of Simmel’s account – how sounds and images, being divorced from any original context, are difficult to perceive at once when merged together. In order to deal with these disruptions and complexities of the modern city, the metropolitan citizen reacts in a rational and impersonal way. In the film, this is most notable twenty-three minutes towards the end of Act II, when the images of telephone operators are overlapped in increasing intensity with other images of factory work, as well as the few stray images of two dogs fighting. Later in the film, different images of swirling typewriters keys develop into a vortex, and these disparate images are only connected by movement of rotation. Even the suicide is depersonalized; it is just another image of rotation and a symbol of the ultimate lack of individualism. Whether exploring the tensions of city life or its entertainments, these images become merely another aspect of visual texture the city offers and can even fuse together. Ruttmann in his film presents a generalized experience of the city. He presents no coherent plot; even the ebb and flow of traffic on the city streets is given more importance than any sense of narrative. Ruttmann presents the crowd as a collective “hero” or protagonist, showing all facts of public life of the masses and collective lifestyle of the street. In doing this, all notions of self end up left behind by the viewer; the viewer must simply sit back and watch the city unfold before their eyes in the same style they would “people watch.” Ruttmann focuses not on the individual but on the complexities that the individual is incapable of dealing with in the city. Through Ruttmann’s use of rhythmical and repetitious montage, the viewer adopts this same blasé attitude; in a
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sense, the camera itself takes on the characteristics of a metropolis as formulated by Simmel. Indeed, the camera can be understood as the eye that films life as it happens in the modern city. In this way, the viewer becomes an member of the collective city dwellers, constantly bombarded with new sights, sounds and smells of the metropolis. The aspect of modernity Ruttman’s film explores is not the characterization of the individuals in the metropolis but of the impact that their environment has on them. The streets are the focus of most of the images in his film. Humans are portrayed in an animallike fashion as they interact on the street, and the city becomes an asphalt jungle, turning into a spectacle, while the flow of traffic is depicted as mechanical and inhuman. Workers are excluded from creating their environment, yet remain spectators of commercial capitalism: the metropolis as the capitalist appropriation of human environments. Though Simmel for the most part refrains from passing judgment, Ruttmann’s film adopts the vocabulary of industrial capitalism. Through his use of montage, he presents the capitalist city of commerce in a more critical light. In the final sequence at night, Ruttman presents a bright and neon display of consumerism and consumption, turning the city into a spectacle of commercial capitalism. This commercialization, appearing hand in hand with the ever-increasing industrialization, explains why labour would be replaced by machines, allowing citizens to partake in new activities associated with the individualism of capitalism. Even sex, as part of the metropolitan lifestyle, is carried out in a sportsmanlike manner. It is as if the city has been seduced by capitalism, and glories in the spectacle of modernity and the theoretically free lifestyle it promises. Through montage, Ruttmann establishes how living in the metropolis is fundamentally different and unique. In his rhythmic and repetitive portrayal of the city, he explores the metropolis’ environmental impact on human existence. The modern city is depicted as a chaotic combination of images that, when ordered and in sequence, instil in the viewer the blasé attitudes that permeate the dwellers of
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the metropolitan city. This attitude is brought upon by the distortion of isolated shots to express the fragmentary nature of the modern experience, much in the same way Simmel characterizes the city as a “tremendous intensification of nervous stimulation,” as he seeks to study the psychological conditions which the metropolis creates.5 In light of Simmel’s essay, it becomes clear that Ruttmann is attempting to demonstrate how the city appears to speed up because of its constantly changing images and attacking stimuli. Recurring motifs like the swirling spiral and the blurring of activities distort any notion of self within the city. Moreover, this bombardment of images stands in close relationship to the capitalist “money economy,” as money becomes the common denominator within the chaotic environment. A never-ending source of stimulation, the film captures the idea that the city holds infinite possibilities for the individual. At the same time, however, the many sequences that concentrate on the lack of individualism and facelessness of the modern city capture the binary nature that is established in Simmel’s critique of the metropolis. At the heart of both works is the desire “not to complain or condone but only to understand” the ongoing development of the modern metropolis.6
NOTES 1. Berlin: Symphony of a City, directed by Walther Ruttman. 1927; Berlin: Fox-Europa. 2. Simmel, Georg “The Metropolis and Mental Life” in The Sociology of Georg Simmel. New York: Free Press, 1976. 1. 3. Ibid., 13. 4. Ibid., 12. 5. Ibid. 6. Ibid., 19.
Julie Levy
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SELBSTGERECHTE IRONIE: DIE VORSTELLUNG DER GELIEBTEN IM BUCH DER LIEDER MAGDALENE KLASSEN Heine ist für seine bittere Ironie und verletzte Einsicht bekannt. Konfrontiert mit der alltäglichen Bekundung der Hegelschen Idee der ‘Prosa der Welt,’ wirkt diese Ironie oft als Ausdruck seiner Enttäuschung über diese frustrierenden Zustände. Mehrere Gedichte aus seinem Buch der Lieder sind die Klagelieder eines abgewiesenen Geliebten, der um eine verlorene Liebe trauert. Diese Gedichte bestehen aber nicht nur aus zarter Trauer; er wurde verletzt, und wird höhnisch. Die Position, von der er diese Frauen verachtet, ist als Gedicht selbstverständlich poetisch, und hierdurch stellt er die Frauen die ihn verlassen haben, in prosaischer Gegensätzlichkeit zu sich selber. Dieser Gegensatz wird sehr bestimmt in seinen frühen Gedichten erkannt, woraus Buch der Lieder besteht. Die Problematik seiner ironischen Liebesrethorik wird, nach Untersuchung einigen Gedichten aus seiner Sammlung, deutlich; es ist seine Verteidigung gegen der Prosa der Welt, zu Lasten von seinen weiblichen Subjekten. Oft wird das prosaische in den Gedichten des Buches sowohl als Stilmittel, wie als Thema behandelt. Als Stilmittel kommt es hauptsächlich in Form der unpoetischen Wörter und Reime vor, als Thema ist es der gesellschaftliche Zustand, woran sein romantisches Streben nach der Unendlichkeit sich immer stößt. In der Hegelischen Darstellung der Ästhetik ist diese ‘Prosa der Welt’ sehr negativ gehalten, denn “die Grenzgebiete der Welt des Schönen sind … die Prosa der Endlichkeit und des gewöhnlichen Bewußtseins.”1 Diese unvermeidliche Endlichkeit markiert die Schwier-
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igkeit der Versuche, die Weltanschauung der Romantik in die Praxis umzusetzen. Um seine Affinität für das Romantische, und diese sehr unromantische Realität zu versöhnen, nahm Heine einen poetischen Stil an, in dem die “desillusionierende Funktion der Ironie” betont wurde.2 Seine Ironie ist deswegen von der Romantik getrennt, denn er “woll[te] seine Ironie freihalten von ästhetisch-philosophischen Reflexionen, wie sie für die Bestimmung der romantischen Ironie konstitutiv ist.”3 Dazu ist seine Ironie manchmal außergewöhnlich: anstatt etwas zu sagen, um etwas anderes zu meinen, sagt er was er meint, doch wird es klar, dass ihn diese Meinung nicht gefällt. Das ist eine anklagende Ironie, anstatt eine lächerlichmachende. Im Buch der Lieder findet Heine seine eigene und ertragreiche Variante der prosaischen Ironie als die Geliebte den Dichter weist. Vielleicht das in der ironischen Aussprache schärfste von diesen Gedichten ist eines, das eigentlich sehr fein anfängt: “Die Linde blühte, die Nachtigall sang.”4 Diese erste Strophe geht auch so herrlich weiter; er erinnert sich an der Art nach dem die Geliebte ihm damals an ihre “schwellende Brust” presste.5 Doch das Gedicht endet als dieselbe Geliebte sich von ihm verabschiedet, und er schreibt: “da knickstest du höflich den höflichsten Knicks.”6 Hier ist ein sehr harter Unterschied zwischen den beiden Strophen zu erkennen, und als er ihre Höflichkeit erwähnt, ist das keine Empfehlung. Diese Höflichkeit soll ein Zeichen der prosaischen Welt der Äußerlichkeit sein, in dem Gefühl dem äußerliches Anstand un-
tergeordnet wird; in Heine’s Texte kann “in die positivste Aussageform die vernichtendste Kritik verkleidet sein.”7 Der Dichter preist die Fähigkeit der Geliebten, auf Höflichkeiten zu achten, mit bitterster - und ebenso höflicher – Vergeltung. Als sie die Intimität zwischen den beiden zurückzieht, “zieht sich das Mädchen hinter die Formalitäten der guten Gesellschaft zurück;” hinter den Lack der Konvention.8 Aber in der Kodierung Heines bezieht sich das nicht nur auf den Schluss der Beziehung, sondern es ist eine umfassende Äußerung ihrer Gesamtheit. Er behauptet, dass sie aus nichts weiteres als dieser Konvention besteht; das ist kein Lack, eher ist es ihr Kern. In seinen “sneering praise of the beloved” setzt er ihr mit der Gesellschaft, die er verachtet, gleich.9 Obwohl seine Tendenz, diese weibliche Subjekte als Mittel zu verwenden, um sich selbst zu betrachten, wahrscheinlich nicht die “most interesting or compelling” Wahrheit ist, sind diese Gedichte immer noch Teil der “literarischen Selbstbehauptung der Ironikers,” und von einem Selbst der von dieser prosaischen Welt der Konvention abgelehnt wird.10 Diese Liebesgedichten sind zum Teil “reactions towards the society of which she [die Geliebte] is both a representative and a pawn,” und diesen Unterschied betrachtet er nicht. Immer wieder wird die Geliebte sehr metonymisch formuliert, und wird zu bruchlosem Zeichen der Gesellschaft.11 Durch seine Ironie etabliert Heine sich selber als nicht Teil dieser Welt der Konvention, während er seine ehemalige Geliebte dazu opfert. Diese Gedichte sind sehr zart; Heine hatte diese Frauen wirklich geliebt, und sein Elend als sie ihn verlassen, scheint genauso wahr zu sein.12 Nicht nur werden seine geliebte Subjekte als oberflachlich abgetan, sondern Heine bietet sie nicht Mal einer legitimen Subjektivität an. Sie werden als Automaten dargestellt (nach der Weise der E. T. A. Hoffmann, der scheinbar zwangsläufiger Vergleich), und ihre Haltung ist kühl und anständig, in einen Knicks zusammengefasst.13 Heine weist in diesen Gedichten darauf hin, dass diese Frauen entweder gar keine Gefühle haben, oder dass er ihre Gefühle besser versteht, als sie sich selber verstehen. Das Gedicht XVIII des Lyrisches In-
termezzo fängt mit einem vergeblichen Spruch an; der Dichter schreibt: “ich grolle nicht.”14 Doch als das Gedicht weitergeht, wird es klar, dass der Dichter schon etwas bitter ist. Hier ist ein Beispiel seiner ungewöhnlichen Ironie, in dem die Wahrheit immer noch durch seinen Gegensatz deutlich gemacht wird, halt eine bittere Wahrheit: er grollt, aber will es verbergen, weil sie ihm für einen anderen, reicheren Mann verlassen hat. Dieser anderer schenkt ihr Diamanten (vermutlich als Hochzeitsgeschenk): ein Motiv, dass im Buch der Lieder mehrmals wiederholt wird. Diese Diamanten werden auch auf eine Weise ironisiert; ihre Schönheit und Besonderheit werden zu Defekte umgekehrt, und stehen für eine Bedeutungslosigkeit, das durch ihren absurden, zu großen Wert entsteht. Es ist klar, dass er glaubt, dass die Seelen dieser Frauen genauso durchsichtig sind, als die Steine, die sie tragen. Der Dichter behauptet, als liebender “access … to a consciousness denied to others” zu haben, sogar im Bereich der Bewusstsein von seinen Geliebten. Sie können ihre eigenes Elend nicht aussprechen, nur er hat das Vergnügen zu sehen “wie sehr [sie] elend [sind].”15 Er erlaubt den Geliebten keinen Zugang zu ihren eigenen Gefühlen, und beschreibt sie eher als Objekte, statt mit ihnen als menschlichen Subjekten umzugehen. Und wenn in die Herzen dieser Frauen “kein Strahl” fällt, warum interessiert sich Heine für sie?16 Zum großen Teil, weil sie so schön sind. Im Gedicht XXX preist der Dichter die blumenhafte Schönheit, die Äugelein, Wängelein, und Händchen der Geliebte, doch endet das Gedicht diesmal sehr kritisch: obwohl diese Teile ihrer Schönheit “blühen und blühen noch immer fort … das Herzchen ist verdorrt.”17 Heine schrieb mehrere solche Gedichten, in dem er Blumen und Körperteile auflistet und verbindet; die Frau wird zersplittert und bloß als Sammlung einzelnen Körperteilen behandelt, anstatt als vollständiger Mensch.18 Das sind auch immer wieder die gleichen dichterischen Blumen; Veilchen sind ihre Augen, Rosen ihre Wangen, und ihre Hände sind Lilien-weiß.19 Sogar er, der romantischer Poet, schätzt diese Frauen für ihre Holdheit, Schönheit, und Reinheit, ebenso
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wie die Gesellschaft, deren Werte er sonst so stark zurückweist.20 In alle diesen Gedichten, “the beloved is as usual wholly generalised.”21 Diese Verallgemeinerung ist eine stilistische Wahl, das Unendliche als (oder durch) die Allgemeinheit darzustellen; die Schönheit aller Frauen preist er in diesen Gedichten, also werden die Einzigartigkeiten jeder Frau durch die Aneignung der allgemeinen Merkmale ihrer Schönheit verloren. Wenn nicht mal ihre Körper (und deren Darstellung) selbst beherrschen dürfen, haben sie kein Teil “der Selbständigkeit und Freiheit, welche für die echte Schönheit erforderlich ist.”22 Nach der Meinung Heines, haben diese Frauen keine solche “echte Schönheit.” Hierdurch werden die Frauen unterdrückt und werden in einer Weise definiert, dass “eventually becomes stylized and defies actual identification of the object of desire.”23 Nur als sie ihn abweisen, merkt der Dichter ihre Eintönigkeit. Die Ironie dieser Gedichte ist unbewusst: er stellt sich selber im Gegensatz zur prosaischen Welt, doch erwartet er genau die gleichen Eigenschaften, dass die Gesellschaft von diesen Frauen verlangt. Dass er vielleicht auch einige prosaischer Neigungen
hat, zumindest in seiner Erwartungen seiner Geliebte, wird nicht überlegt. Heine behauptet mehrmals, dass er die Seelen und die Gefühle dieser Frauen sogar besser verstehen kann als sie es selbst können, doch sagt er nichts über ihre Gedanken. Er will sogar ihre Worte nicht hören – der einfachste Mittel, Gedanken mitzuteilen – denn er “glaub[t] kein Weiberschwur!”24 Für ihn, “only woman’s touch can be trusted, not her words.”25 Es gibt in diese Gedichten wenig Mitgefühl für die weibliche Subjekte, weil sie nicht als denkende Wesen betrachtet werden. Als er seine Geliebte in einem Gedicht fragt “mein Liebchen, was willst du mehr?” ist das nicht harmlos gemeint.26 Mit dieser rhetorischen Frage gesteht er, dass er sie eigentlich gar nicht fragen muss, denn er weiß schon, wie oberflächlich und hohl sie ist. Sie hat “Diamanten und Perlen,” und er behauptet in seinen poetischen Verständnis ihres kleinen bürgerlichen Lebens, dass sie sich nichts weiteres wünschen kann.27 Er verhöhnt sie für ihre Wertvorstellungen, und bleibt dabei auf das Milieu, das sie an diese Vorstellungen beschränkt, völlig unaufmerksam. Die Ironie Heines ist in dem
Julie Levy
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Fall eher egoistisch als umstürzlerisch; als er sich gegenüber diese Frauen vorsetzt, tröstet er sich. Als diese Frage rhetorisch und nicht im Ernst gefragt wird, lässt er der Geliebten keine Möglichkeit ihre wirklichen Wünsche und Gedanken mit ihm zu teilen. Sie konnte sich sogar tatsächlich Schmuck wünschen; doch in seinen Gedichten bietet Heine außer seiner eigenen, leidenden Perspectiv dafür keinen weiteren Beweis. Er betrachtet diese Frauen nur als Körper und er ironisiert sogar die Vorstellung, dass sie überhaupt für sich sich denken können. Obwohl diese Frauen vermutlich wenig Chancen haben, für sich selber zu denken, als Menschen auch freie Subjekte. Obwohl er nicht immer einen Grund vorbringt, warum er von diesen Frauen verlassen wird, erwähnt Heine nur eine Möglichkeit: die Geliebte hat einen anderen Geliebten gefunden, den sie jetzt heiraten wird. Die Gleichgültigkeit gegenüber den Gedanken seiner Geliebten bedeutet, dass er nur diesen offensichtlichten Grund sehen kann, und in seiner “sense of his poetic exploitation of the love experience” hat er kein Verständnis der Erfahrung der Geliebten; er versteht alle ihre Entscheidungen als wären sie von der Konvention bestimmt.28 Seine Ironisierung dieser Erfahrungen besteht aus der “use of Fremdwort, civilised society’s language of unfeeling:” als er sich an einer lang-verlorenen Liebe erinnert, sagt er, dass er ihr gern noch einmal ansprechen würde, mit “Madame, ich liebe Sie!”29 Das ist nicht romantisch, sondern lächerlich; die Förmlichkeit des Spruchs eliminiert jegliche Empfindung. Hier wird die klassische Ironie benutzt, nicht nur um die Lächerlichkeit der Konvention aufzudecken; er will es auch “preisgeben, um es dadurch in seiner Machtposition zu erschüttern.”30 Doch als er die Macht der Förmlichkeit erschüttert, prangert er die ehemalige Geliebte noch weiter an: wenn sie sich für einen anderen Mann entscheidet, wird gleich sie zu einer “Törin,” ohne jeglichen Versuch, die Gründe ihrer Entscheidung zu verstehen.31 In seiner “searing, telling critique” verurteilt Heine die Frauen die ihn verlassen haben, und nicht die Männer, die diese Frauen auf eine solche niedrige Position reduzieren.32 Die Unendlichkeit, so wie es von der
Romantik gestaltet wird, war im Leben der Frauen dieser Zeit fast unmöglich einzusetzen, ohne Furcht vor Marginalisierung. Sie hatten sehr wenige Möglichkeiten sich selber zu finanzieren (besonders nicht als bürgerliche Damen), und hatten auch wenige Rechte unter dem Gesetz. Eine unerfolgreiche Sozialisierung als sogennante Automaten hieß nur, dass sie mit ihren Umständen unzufrieden war, ohne darüber etwas tun zu können. Heine hat damit recht; Diamanten sind nicht alles, was man im Leben suchen soll. Doch der Dichter ist ständig mit seiner Geliebten unzufrieden, zum Teil weil er als Liebender diese Frauen nichts mehr anbietet, als dieselbe Behandlung, dass sie von der Gesellschaft erleben. Was er ihnen anbietet ist immer noch ein Leben, in dem sie als Objekt behandelt werden; ihnen werden halt Gedichte statt Diamanten geschenkt. Unter solchen Umständen können Frauen das prosaische nicht überwinden, müssen deswegen praktisch sein. Wie Marilyn Monroe (als “Lorelei”) es singt, “men grow cold as girls grow old… but square-cut or pear-shaped, these rocks don’t lose their shape:” wenn sie nur als Körpern und nicht als wirkende Wesen betrachtet werden, müssen sie durch anderen Methoden überleben.33 Um im poetischen Bereich zu wirken, muss man zumindest theoretisch im materiellen auch selbständig und frei sein können. Heine verachtet diese Frauen für ihre Oberflächlichkeit, für ihre Begeisterung an das Prosaische, und die Diamanten, die damit hergehen. In seinen einschlägigen Gedichte macht er es sehr klar, dass wie sie sich für dieser Vorgehen entscheiden, sie von allem reinen, poetischen, und schönen im Leben ferngehalten werden. Doch Untersuchung dieser Gedichten mit Hinblick auf was Heine diesen Frauen als Alternative zu der Prosa anbietet, zeigt, dass es eigentlich keine Alternative gibt, sondern die gleiche Subalternität und Unterwerfung, aber ohne Diamanten.
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NOTES 1. G. W. F. Hegel, Werke (Bd. 15) (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1970), 234. 2. Ursula Lehmann, Popularisierung und Ironie im Werk Heinrich Heines (Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1976), 89. 3. Ibid. 4. Heinrich Heine, Buch der Lieder (XXV) (Hamburg–Berlin: Hoffman und Campe, 1922), 97. 5. Ibid. 6. Ibid. 7. Lehmann, Popularisierung, 105. 8. Gertrud Waseem, Das kontrollierte Herz (Bonn: Bouvier, 1976), 118. 9. Michael Perraudin, Heinrich Heine Poetry in Context (Exeter: Short Run Press, 1989), 171. 10. Paul Peters, “A Walk on the Wild Side: Heine’s Eroticism” in A Companion to the Works of Heine, ed. Roger F. Cook (Rochester: Camden House, 2002), 57; Lehmann, Popularisierung, 93. 11. Diana Justis, The Feminine in Heine’s Life and Oeuvre (New York: Peter Lang, 1997), 51. 12. Peters, “Heine’s Eroticism,” 57. Obwohl diese Liebe vermutlich einseitige Fantasien waren, muss die Liebe nicht körperlich sein, um körperlich ausgedruckt zu sein. 13. Sehe Justis, Lehmann, Peters. 14. Heine, Buch der Lieder (XVIII), 91. 15. Perraudin, Poetry, 133; Heine, Buch der Lieder (XVIII), 92. 16. Heine, Buch der Lieder (XVIII), 91. 17. Heine, Buch der Lieder (XXX), 99. 18. Dies ist zwar ein altes Motiv der Liebesdichtung, doch Heine benutzt sie oft in neuen Weisen. 19. Heine, Buch der Lieder, 79, Prolog; (III), 83; (XXIX), 98; (XXX), 99; (XXXI), 166. 20. Heine, Buch der Lieder (XLVIII),180. 21. Perraudin, Poetry, 75. 22. Hegel, Werke, 199. 23. Justis, Feminine, 43. 24. Heine, Buch der Lieder (XIII) 89. 25. Justis, Feminine, 53 26. Heine, Buch der Lieder (LXI), 191. 27. Heine, Buch der Lieder (LXI), 191. 28. Perraudin, Poetry, 130.
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29. Perraudin, Poetry, 171; Heine, Buch der Lieder (XXVIII), 161. 30. Lehmann, Popularisierung, 104 31. Heine, Buch der Lieder (XVII), 91. 32. Peters, “Heine’s Eroticism,” 56. 33. Jule Stein und Leo Robin. (1949) “Diamonds are a Girl’s Best Friend” [aufgenommen von Marilyn Monroe und Marni Nixon], in Gentlemen Prefer Blondes [Film]. (1953) Hundert Jahre später kämpften Frauen immer noch mit dieselben Probleme. Danke auch Prof. Peters für die Anmerkung dieser Verbindung zwischen die Loreleien im Werk Heines und Monroe.
FIXING THE US ECONOMIC POLICY: A GERMAN EXAMPLE JAKE VERTIN In June of 2011, as the United States and the rest of the world began to recover from “The Great Recession,” German Chancellor Angela Merkel arrived in Washington representing a country that boasted what President Barack Obama and the United States desperately sought: a record-low unemployment level, strong manufacturing and export totals, and an economy that returned to pre-recessionary levels. In 60 years, Germany emerged from devastation and destruction to peace and prosperity. The miracle of German prosperity is, of course, an American achievement as much as it is a German one. From West Germany’s ascension to NATO, to its reunification with the East, American diplomacy has directly influenced Germany’s return to global power. Now, with global power centers beginning to shift, and its own economy at its most distressed state in eighty years, some US economists and policymakers looked toward German policies, which have safeguarded that country from similar economic peril, as a model to resolve the ongoing crisis. Germany’s economy and infrastructure was largely repaired after the Second World War by the American foreign aid program known as the Marshall Plan. For the United States, a strong German economy would act as a symbol of prosperity and a democratic example of Western values to the USSR and the rest of the world. By 1950, West Germany’s economic productivity levels exceeded those of Britain and other European countries. Funded by the United States, West Germany was quickly able to modernize business proce-
dures, and by the end of the 1950s, the country’s GDP had improved by two thirds.1 Soon, the nation would be both the major producer and consumer in Western Europe. Now, more than a half century later, Germany is the largest individual economy in the EU with a GDP of roughly three trillion US Dollars. The American economy, on the other hand, has been burdened by debt since the end of the war. The tremendous growth and prosperity that the country has experienced in the past several decades has been financed by massive loans that the U.S. has yet to pay for. This problem is exacerbated by the influence of the idea that the government should not interfere in the economy upon American fiscal policy. Specifically, for the government to interfere in the affairs of corporations during large-scale economic downturns is an unfeasible prospect for most politicians. President Obama and other US policy makers have instead relied on an $800 billion stimulus package as the integral part of a plan to revitalize the economy. However, many members of Congress insist that cuts to the federal budget are the real solution to the debt crisis. They argue that cuts in government spending will be negated by equal increases in spending by the private sector. Opponents meanwhile argue that because the recession has caused a huge drop in the private sector’s demand for loans, the government should keep spending, or else no one will. This has caused a divide between opponents of large-scale stimulus packages and opponents of deep budget cuts, President Obama being one of the latter. Conservatives would also like
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to make deep cuts in social welfare programs akin to those that have helped Germany withstand the recession without any sort of domestic stimulus package. In this debate, both sides have habitually blamed the other for policies and practices that have destroyed the economy, with neither willing to make compromises or collaborate in the greater interest. The most obvious diďŹ&#x20AC;erence in German and American economic policies is the role of government, which has been previously mentioned. Germany has been far more willing to utilize government intervention to help spurn its economy. Intervention of this sort starts with regulation. As the housing bubble inflated, American regulators changed nothing, while banks in Germany began to require a down payment of up to 40%. Furthermore, German regulators have prevented the decimation of labour unions, which has in part resulted in a strong middle class and a more equal distribution of wealth. This is represented by the fact that the top 1 percent of German households earns about 11% of all income, while in the US, the top 1 percent accounts for 20% of all income. Germany also collects the highest taxes out of any country in the Western world, 50.9%. This can be starkly contrasted to the Americaâ&#x20AC;&#x2122;s 29.4%, one of the lowest in the world.2 High
taxes, heavy regulation, powerful unions and a large welfare state are cornerstones of the German economy, but most Americans disparage such institutions. These policies mean that German business and labour leaders are required to work together in pursuit of their common stake, the national economy. Essentially, the German model of labour cooperation with management has produced a more robust, rational and moralistic economy than that of the US, in which labour has much less bargaining power and management receive sizable bonuses. Exports have driven the German economy in large part in recent years. German sales abroad rank second highest in the world, behind only China, which has a population 16 times that of Germany, and ahead of the US, which has a population four times greater. Unlike America, Germany still manufactures the majority of its own goods, leading to a large trade surplus. In 2009, at the height of the recession Germany had a trade surplus of over $200 billion, as compared to the US, which had a deficit of nearly $500 billion.3 Highquality manufactured cars such as Porsche and BMW make the German automobile industry very successful, especially in the Asian market.4 The consensus in Germany is that manufacturing is a key element to economic success, in
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part due to the fact that such jobs pay aboveaverage wages. Export revenues have created secure jobs in Germany that have in turn fueled domestic demand for consumer products. It would seem, then, that the United States should adopt a more clearly defined economic policy that uses parts of Germany’s economy as a model. Germany has proven that a developed nation can stay competitive even as new economic giants such as China and India rise. Much of Germany’s success is derived from its focus on specialized manufacturing and renowned brands. Superior products with significant brand recognition alone can compensate for the vastly lowered labour costs in the developing world. If US companies were willing to pay higher labour costs to American workers and invest in better technical training programs instead of outsourcing jobs to factories overseas, the national unemployment level would drop, albeit at the expense of some lost profits for companies. These jobs would help diversify the American economy away from its current emphasis on consumption, making it less responsive to economic downturns. The companies that make most of Germany’s high quality goods are often small to medium sized, family run companies that focus on creating sophisticated goods that are hard to replicate. These companies are all part of the Mittelstand, which can be translated to mean “middle class,” and employ 70% of the German workforce. The Mittelstand is heavily dominated by companies that produce high-quality tools and machines that emerging markets rely on as they develop their own manufacturing sector. It in turn relies heavily on the continued flow of qualified workers that emerge from the apprentice system. These companies take on 83% of all apprenticeships in Germany.5 Companies in the Mittelstand demonstrate that smaller companies can also export and serve as a model that would be well suited to many American corporations.
In 2009, the German government saved half a million jobs, including many in the Mittelstand, using the Kurzarbeit program. In this program companies agreed that instead of laying off workers, they would instead cut back their hours, with the government making up the difference in pay. Germany replaced the lost income for at least 1.4 million workers, who took training classes with their now unoccupied time.6 The result of the program was that as the global economy began to regain speed, German companies were well positioned to take advantage of the four percent growth that occurred the following year. The US, however, with its economy mostly driven by consumption, and its workers more unemployed than underemployed, was much slower to take advantage of the upturn. The German example shows that a combination of a strong middle class and social-democratic public policy can encourage economic growth. While the United States is traditionally not inclined to adopt left-leaning policies of these sorts, it should pursue a sensible combination of budget stimulus and government cuts; higher taxes to reduce deficits and maintain welfare benefits; and state investment in jobs and future competitiveness. Furthermore, the US will need to increase cooperation between government, industry and labour unions if it is to revitalize its middle class. Without such reforms, the US economy will surely find itself facing similar challenges in the future.
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NOTES 1. Roger Cohen, “Remembering Germany,” The New York Times, February 5th, 2009, accessed 2011, http://www.nytimes.com/2009/01/25/opinion/25ihtedcohen.1.19653707.html?_r=0. 2. Leslie H. Gelb, “What Germany’s Economy Can Teach Obama,” The Daily Beast, June 6th, 2011, accessed 2011, http://www.thedailybeast.com/articles/2011/06/05/obama-can-learn-fromgermany-s-economy-high-taxes-exportswelfare-jobs.html. 3. Ibid. 4. Steven Rattner, “The Secrets of Germany’s Success.” Foreign Affairs 90, no. 4 (2011): 1-4. 5. Ibid. 6. Sara Yin, “Germany A Rare Model of Recovery in a Global Recession,” The Huffington Post, August 24th, 2010, accessed 2011, http://www.huffingtonpost. com/2010/08/24/germany-economicrecovery-recession-lessons_n_692534.html.
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WENN TRAURIGE AUGEN AUF BETONFLÄCHEN ABWÄRTSSPIRALEN PROJIZIEREN GUILLAUME BENOITMARTINEAU Im Allgemeinen wird die 1977 aufgrund von Suizid durch Erhängen verstorbene Gründerin der Roten Armee Fraktion und Terroristin Gudrun Ensslin von der Öffentlichkeit als eine selbstsichere, von der linksextremen Ideologie der Gruppe völlig überzeugte und kompromisslose Frau angesehen. Auch das Porträt, das die Schriftstellerin Christine Brückner in ihrer Kurzgeschichte „Kein Denkmal für Gudrun Ensslin“ entwirft, scheint auf den ersten Blick dieser weitverbreitete Beschreibung zu entsprechen. Wenn man den Text aber unter die Lupe nimmt, wirkt die Gefangene als ob sie nicht mehr im Vollbesitz ihrer Kräfte sei. Tatsächlich wird Ensslins Verinnerlichung der Strategie der Staatsbehörden in der Erzählung dargestellt. Im Hinterkopf zu behalten ist, dass die unpräzis benannten „Scheißer“ seinerzeit versuchten, die festgenommenen RAFMitglieder mittels der Isolation unfähig zu machen, die neomarxistische Revolution durch zu führen und zu verbreiten.1 In Wirklichkeit ist die dem Anschein nach psychologisch starke Figur dann gebrochen, einsam und verzweifelt, derart, dass sie sich zum Tode verurteilt. Dieser Zustand ist in der Beziehung der Verbrecherin zum Reden, zur Sprache und zu Wörtern, in ihren literarischen Bezügen, in ihrer Identifikation mit den anderen Stammheimer terroristischen Häftlingen und in ihrer Puerilität zu sehen. Im Folgenden werden zuerst die möglichen Anzeichen der Selbstverurteilung gedeutet und die potenziellen Gründe dafür kurz erklärt und dann wird eine Liste ungelöster Fragen folgen, wobei es um Themen geht, die zu komplex sind, um in diesem Aufsatz erfolgreich abgehandelt werden zu können. Man kann vermuten, dass Ensslin die
Wirkungen der sogenannten Neutralisierungstechniken vor dem Anbeginn der Kurzgeschichte schon internalisiert hat, was die logischen Widersprüche, die in ihren Äußerungen zu finden sind, deutlich macht. Tatsächlich lautet der Untertitel des Textes wie folgt: „Rede gegen die Wände der Stammheimer Zelle“. Der Leser weiß schon, dass Ensslin gegen Wände redet, bevor er erfährt, dass sie es einfach so will, da es aus ihrer Sicht keinen Unterschied mehr macht, weil „Alle […] immer nur gegen Wände [reden].“2 Man muss sich daran erinnern, dass die RAF eine Medienorganisation war: die Zellen mussten die Massen mit ihren Ansagen, Aufnahmen und Filmen erreichen, die Abteilungen und Gefangenen mussten miteinander kommunizieren usw. Wenn man behauptet, dass man gegen die Wände redet, bedeutet das, dass die Angesprochenen entweder unfähig oder widerwillig sind, der Nachricht Aufmerksamkeit zu schenken, weil sie die Botschaft nicht verstehen oder für etwas Dummes halten. Wenn die Inhaftierte glaubt, dass alle Menschen ihre Ohren vor ihren Worten verschließen, glaubt sie, dass sie linguistisch isoliert ist, als wäre sie allein auf einer Insel. Es ist dann komisch, dass sie die Sprache als Waffe betrachtet, da sie sagt: „Wie eine Katze schleiche ich mich an, und dann mache ich einen Satz. […] Ich mache einen Satz!“3 Die polysemantische Natur des Wortes „Satz“ vermischt das Sprechen mit dem Losspringen eines Tieres, dessen Krallen schon entfernt wurden. Auch wenn die ensslinische Katze auf den Wänden kratzen könnte, sind sie ohnehin gleichgültig und unverletzbar. Jemanden sprachlich anzugreifen, wenn man sich a priori gewiss ist, dass die Mitteilung we-
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gen einer gespielten und selektiven Taubheit nicht erhalten wird, scheint vergeblich und absurd. Was die „Säue“ betrifft, sind Ensslins ungehorsame Schreie wirkungslos.4 Der Untertitel und die Erzählform dieser Geschichte, die aus einem inneren Monolog (verschlossenen Bewusstseinsstrom) besteht, und in der eine einzige Figur reden „[will], wenn ich reden will, und nicht wenn ihr wollt“5, könnten besonders wegen Ensslins Sprachüberfälle widersprüchlich erscheinen, aber man erfährt bald, dass „Ich rede mit keinem mehr. Die Zellenwände sind immer noch besser als eure Ohren.“6 Da sie wie ein Raubtier brüllt, wirkt die monologisierende Gefangene zwar energisch und kämpferisch, aber sie hat eigentlich aufgegeben. Ensslin ist ihr eigenes Publikum und kann deswegen niemanden mehr ansprechen. Anscheinend will sie es auch nicht mehr. Wie kann man eine Revolution führen, wenn man mit niemandem ins Gespräch kommen will? Wie kann man Leute überzeugen, die einem nicht zuhören? Die Isolation hat so gut gewirkt, dass die RAF-Gefangene selbstzentriert und autistisch geworden ist, einen Eindruck, der durch die Form der Erzählung verstärkt wird. Kurz gesagt hat die Hauptfigur das Kommunizieren aufgegeben. Als Symbol für die RAF zeigt sie dann, wie die Gruppe sich zu sich selbst hinwendet. Diese Bezugnahme auf sich selbst bedeutet, dass bald alles vorbei sein wird. Wie die Gruppe ist Ensslin als revolutionäres Mitglied einer Medienorganisation, das keine Absicht mehr hat, eine Botschaft zu vermitteln, zum Tode verurteilt worden. Das ist nur nicht metaphorisch gemeint. Warum spräche sie sonst von der Ordnung ihrer Gedanken und „letzte[n] Worte[n?]“7 In der westlichen Welt sind letzte Worte eine Institution.8 Sie werden seit Jahrhunderten in Wörterbücher und Anthologien aufbewahrt9; von den Medien ganz gleich, ob man berühmt ist oder nicht, zitiert10; im Film11 thematisiert und in der Literatur12 behandelt usw. Indem sie diesen Ausdruck gebraucht, ruft die Gefangene sowohl diese Einrichtung als auch die jahrhundertalte Konvention13 wach, kraft deren auch die letzten Worte von Kriminellen und Hingerichteten14 gesammelt werden.
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Finality commands attention; last words, unlike all others, cannot be taken back. “The most trivial sentence becomes significant when nothing in the world or in oneself is strong enough any longer for another one to follow. Everybody agrees that he who has not said all has said nothing,” says a French anthologist of last words.15 Die vorangehende Behauptung, dass Ensslin das Kommunizieren aufgeben habe, muss korrigiert werden. Das, was vorbei ist, ist ihr politisches Engagement. Sie sagt: „Ich glaube an die Revolution – irgendwas muss man doch als letztes sagen.“16 Sie behauptet, dass sie immer noch an die Revolution glaubt, aber dieses „irgendwas“ klingt gleichgültig. Die Inhaftierte ist der Meinung, dass jemand von ihr erwartet, dass sie etwas als letztes sagt, und sie weiß, dass solche Aussagen Aufmerksamkeit erregen, aber wenn letzte Worte ihr Leben fertigstellen, als Anerkennung dessen gelten und das Wahre über ihre Existenz kristallisieren sollen, hat sie gar keine Ahnung, wo sie anfangen sollte.17 Sie hätte doch etwas Anderes sagen können. Dieses Zögern zeigt, wie ihre politischen Anschauungen nicht mehr befriedigend sind. „[The] last word is the enduring legacy–life transcending itself into artifact, time transcending itself into timelessness.“18 Als immaterielles Monument, das ihr Leben gedenkt, passt Ensslin ihre zaudernde Unterstützung der Revolution nicht, aber genau diese Revolution gilt als Zusammenfassung ihres Wesens, denn sie hat nicht nur „mein Kind einer großen Idee geopfert[,]“19 sondern ihre ganze Vergangenheit und eine andere Identität als die der Umstürzlerin deshalb geleugnet: „Ich bin nicht mehr die Pfarrerstochter aus Cannstatt, ich bin nicht mehr die Schwester meiner Geschwister, ich war nie mit dem hochbegabten Schriftsteller Bernward Vesper verheiratet, ich bin keine Lehrerin und ich bin nicht die Mutter eines Kindes!“20 Jetzt wird sie durch den bewaffneten Kampf gegen den Staat ontologisch definiert. Sie ist nichts anders. Tatsächlich hat sie akzeptiert, dass sie nicht nach ihrer unsicheren Selbstwahrnehmung, sondern nach dem medialen und öffen-
Jasper Brumter Edited by Jake Vertin tlichen orthodoxen Verständnis ihrer Aktionen beschreiben wird, weil sie zugibt: „Beruf der Mutter: Terroristin, Mörderin, Brandstifterin, z. Zt. Stammheim.“21 Im Laufe des Monologs benutzt Ensslin das Wort Widerstandskämpferin nie. Indem sie darauf verzichtet, stimmt sie der Sichtweise der Regierung zu, was heißt, dass sie nicht mehr fähig ist, ihre eigene Selbstdefinition zu schwenken oder ihre Willenskräfte aufzubringen, um ihre Identität zu beweisen. Wenn sowohl die Revolution als auch ihre Eigenwahrnehmung ihr wertlos scheinen, gibt es keinen Grund mehr, im Knast zu überleben. Ihr Testament hat sie sozusagen schon im Kopf. Die Überzeugung ist dann völlig verschwunden, genauso wie der Wille und die Begeisterung. Wie der letzte Absatz es andeutet, ist die Terroristin erschöpft. Ihr erster literarischer Bezug, ihre klare Erwähnung des Gedichts „Der Panther“ von Rainer Maria Rilke beweist das. Sie vermeidet, die zweiten Zeile zu zitieren, aber das ist nur Teil des Spiels: man sollte glauben, sie könne immer
noch um sich schlagen, wenn sie aber meint, sie fühlt sich wie die Raubkatze: „Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe / so müd geworden, dass er nichts mehr hält.“22 Das wilde Tier kann die Zuschauer wegen seiner Verwirrung kaum erschrecken. Ensslins Situation sieht ähnlich aus, auch wenn ihre Wörter manchmal klingen, als ob sie sich immer noch für eine einflussreiche Frau hält. Das Einzige, was bleibt, ist zu sterben, aber sie verspricht sich nochmal: „Wenn ich tot bin, wenn ich tot sein werde – benutze die Zeitworte richtig, Gudrun!“23 Dieser Fehler im Sprechen weist nochmal darauf hin, dass sie sich nach dem Tod sehnt. Der Bezug auf Rilke ist auch interessant, weil er es ermöglicht, die Quelle von Ensslins angeblicher Kraft durch einen Vergleich zu finden. Am Beginn der Kurzgeschichte benutzt die terroristische Erzählerin die Metapher der Katze, um seine Entscheidung zu rechtfertigen, auf Socken zu laufen. Es sei ihr wichtig, ihre eigenen Schritte nicht mehr hören zu können, weil es ihr erlaube, sich heimlich zu bewegen,
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als wäre sie ein behaartes Katzenninja. Dass sie in Isolationshaft niemanden angreifen kann, ist nicht wichtig. Was man bemerken sollte, ist, dass die imaginäre Verwandlung als Verbindung zu den anderen RAF-Gefangenen dient. Das Raubtier Ensslin ist viel gewalttätiger als ihr katzenartiges Pendant. Den „Scheißern“ kann sie sich nur rudelweise widersetzen. Allein ist die Terroristin überhaupt nicht bedrohend. Die Gruppe ist auch eine Art kollektiver Schutzstaffel, wann man dieses Wort in einem anderen Kontext verwenden darf. Das Individuum ist von den anderen Genossen abhängig, wenn es die Gefangenschaft ertragen will. Deswegen sagt sie: „Gebt doch zu, dass ihr Angst vor uns habt!“ [meine Betonung], wenn sie der Autorität der Stirn bietet.24 Als einzige Person ist sie unbedeutend. Sie muss sich mit den anderen Terroristen versammeln können, um die Gewaltherrschaft zu bekämpfen und unter dem Gewicht der kapitalistischen Tyrannei nicht zusammenzubrechen. Wegen dem Leben am Rande bedarf sie der Präsenz der anderen Häftlinge ständig. Die Tatsache, dass sie insistiert, dass „[man] uns in ein gemeinsames Grab legen [soll]! Hört ihr? […] Werft uns zusammen in die Grube!“ ; dies verstärkt den Eindruck, dass sie ihre Individualität nicht schätzen kann.25 Ein anderer literarischer Bezug zeigt, wie einsam Ensslin sich fühlt, wenn sie allein ist. Man könnte fast behaupten, dass sie affektiv abhängig sei, da sie Winnie erwähnt. Die Hauptfigur Becketts „Glückliche Tage“ gibt über den psychologischen Zustand der fiktiv dargestellten Inhaftierten Aufschluss, weil sie viel gemeinsam haben. Winnie sieht so aus: „La cinquantaine, de beaux restes, blonde de préférence, grassouillette, bras et épaules nus, corsage très décolleté, poitrine plantureuse, collier de perles.“26 Sie ist nicht so jung wie Ensslin, aber sollte genauso blond wie sie sein. Man vermutet auch, dass die jüngere Winnie eine Femme Fatale war, was die medienwirksame Karikatur Gudrun Ensslins als gefährliche Verführerin zum Teil entspricht. In geeigneter Weise ist das Licht in Becketts Stück „aveuglante,”27 wohingegen Ensslins „Augen […] vom Neonlicht [brennen].“28 Die Beiden haben sonst Schwierigkeiten, sich an Gedichte
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und literarische Werke zu erinnern. Winnie hat zwar Mühe, ihr schlechtes Gedächtnis niederzuringen und Victor Hugos Gedicht „Napoléon II“ erkennbar zu machen: Tout…tra-la-la…tout s’oublie…la vague…non…délie… tout tra-la-la tout se délie…la vague…non…flot…oui… le flot sur le flot s’oublie…replie…oui… le flot sur le flot se replie…et le flot… non…vague…oui…et la vague qui passe oublie…oublie… (Un temps. Avec un soupir.) On perd ses classisques.29 Es fällt Ensslin leichter, Rilke aufzusagen, aber sie täuscht sich auch: „>Der weiche Gang geschmeidig langer Schritte< – >langer< ist falsch, Gudrun, konzentrier dich!“30 Sonst verwechselt sie Winnie und Millie, auf die Winnie sich erinnert. Kurz gesagt sind die zwei Figuren in einem vergleichbaren geistigen Zustand. Diese physischen und mentalen Ähnlichkeiten sind nicht zufällig. Die Vorstellungskräfte der Terroristin lassen den Leser denken, dass sie sich mit der in einem Erdhügel senkrecht halb beerdigten Fünfzigjährigen identifiziert. Deswegen ist es wahrscheinlich, dass Winnies Gefühle der Schlüssel zu Ensslins tiefsten Gedanken sind. Es wurde vorher festgestellt, dass die RAFGründerin die Gruppe brauchte, um ihre gegenwärtige Situation ertragen zu können. Da sie in ihrer Zelle isoliert worden ist, fühlt sie sich dann nicht wohl. Die Gefangene drückt es so aus: „Illusionshaft ist Mord! Illusion – Isolation, I-so-la-tion[.]“31 Warum ist Isolationshaft denn Mord? Eigentlich weil Ensslin sich selbst nicht mehr ertragen kann, wenn sie allein ist. Wie bei Winnie muss jemand bei Ensslin da sein. Winnies einzigen Begleiter ist ihr Ehemann Willie, der sein Loch kaum verlässt und Winnies Flehen genauso selten beantwortet. Ohne Willie ist Winnie ihrer Meinung nach verloren. Der folgende Ausschnitt ist ziemlich lang, aber das Ganze ist lesenswert und aufschlussreich: Ah oui, si seulement je pouvais supporter d’être seule, je veux dire d’y aller de mon babil sans âme qui vive qui entende.
[…] tu n’entends pas grand’chose, Willie. Des jours peut-être où tu n’entends rien. […] Mais d’autres [andere Tage] où tu réponds. […] De sorte que je peux me dire à chaque moment, […] Winnie, il est des moments où tu te fais entendre, tu ne parles pas toute seule […] dans le désert, chose que je n’ai jamais pu supporter – à la longue. […] C’est ce qui me permet de continuer, de continuer à parler s’entend. Tandis que si tu venais à mourir […] ou à t’en aller en m’abandonnant, qu’est-ce que je ferais alors, […] toute la journée[?]32 Darüber drückt sich die Inhaftierte nicht so offen aus, aber es wäre wegen der deutlichen Beziehung zwischen Ensslin und Winnie nicht falsch, daraus zu schlussfolgern, dass die Terroristin die Sprache als schallende Schutzwand gegen die Stille der Zelle anwendet. Der Lärm, der sie macht ist eine selbsttragende Krachkette, die es ihr erlaubt, die herrschende Grabenruhe zu vergessen. Auch wenn Ensslin etwas zu sagen hat, spricht sie nicht, so dass die Welt es erfährt, sondern um eine beklemmende Schallleere zu erfüllen. Da niemand dabei ist, spricht das RAF-Kadermitglied gegen die Wände, die als Leinwände funktionieren, auf den alles Mögliche vorgeführt wird. Man könnte daraus schließen, dass Ensslins Fantasie die Rolle eines Rettungsankers spielt, aber es ist nicht der Fall. Hier differenziert sie sich von ihrem theatralischen Alter Ego, weil Régine Bruneau-Suhas über „Oh les beaux jours“ schreibt: „Souvenons-nous que la terre n’ira pas plus bas que le plancher de la scène théâtrale. Le franchissement de ce seuil donne l‘appui nécessaire pour remonter à la surface et faire la passe à l’imaginaire, seul apte à maîtriser le vide mortel qui fait vaciller l’horizon.“33 Die Vorstellungskräfte der Gefangenen überwältigen keine tödliche Leere, sondern werfen sie in ihr Gesicht. Wegen ihrer assoziativen Denkweise wird die RAF-Gründerin immer wieder an die Sinnlosigkeit des Lebens erinnert. Winnie ist ein perfektes Beispiel davon: sie stöbert in ihre Tasche herum, ohne dass es ihr zwei Sekunden später einfällt, was sie gerade genommen hat; ihre Worte sind zusammenhangslos; sie wartet auf die Klingel; und
sie spricht und spricht und spricht, um die Zeit totzuschlagen. Jeden Tag wiederholt es sich und sie wird langsam lebendig begraben, da sie beinahe ausgestorben wirkt. Da Winnie und Ensslin einander ähneln, ist dieser literarische Bezug ein andauerndes Wecken der Nichtigkeit der Existenz. Weil Winnie in Becketts Stück mit Willie verbunden ist, macht die Terroristin einen Gedankensprung, weshalb sie sich an ihre Vergangenheit erinnert, aber die Konklusion Michel Collots gilt für sie genauso wie für ihr halb begrabenes Alter Ego: „Le souvenir est évanescent comme l’horizon; il n’offre qu’un fragile simulacre de présence[.]“34 Weder Bernward Vesper noch Ensslins Eltern sind anwesend, aber sie kann es nicht umhin, sich mit ihren gespenstischen Geistern zu streiten. Die Monologierende wirkt tatsächlich wie ein Kind im Trotzalter, das bis zum Einschlafen schreit, auch wenn es undeutlich erkennt, dass die Eltern recht haben. Diese Puerilität, diese kindische Rebellion ist schon im ersten Satz zu erkennen, aber der Text ist voller solchen Momente, die daran erinnern. „Die totale Verweigerung. Ich wollte mir alles verkneifen und bekam Blasenkrämpfe. >Geh zur Toilette, Gudrun, bevor du das Haus verlässt!<“35 Wegen des Einbruches der Vergangenheit denkt man, dass die totale Verweigerung und der imperative Satz verbunden sind, als versuchte Ensslin, sich nach 30 Jahren dem Befehl zu widersetzen. Ensslin ist in die Falle der Vergangenheit geraten. Deswegen kann sie die „blöden Sätze“36 Vespers nicht vergessen, sich „Vater Sprüche aus dem Kopf reißen wir Unkrautbüschel[.]“37 Sie zieht die Bilanz aus ihrem Leben, wendet sich dem vorher Geschehenen zu, erklärt, wie sie das, was sie war, also diese gute Gudrun, die bürgerliche Lehrerin wegen ihres revolutionären Idealismus auf der Tafel gelöscht hat usw. und gibt endlich klardenkend zu: „Werft uns zusammen in die Grube! Wir kommen hier nicht mehr raus. Dies ist die letzte Falle. Jetzt habt ihr uns. Bravo! […] Kein Denkmal für Gudrun Ensslin. Keine Zeile im Geschichtsbuch. Auszug aus der Geschichte, der kleine Ploetz.“38 Diese Ergebung, diese Erkenntnis, dass sie vergessen wird, bedeutet, dass sie jetzt denkt, dass sie nichts Wertvolles
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gemacht hat. Die Vergangenheit, womit sie mit dem Aussetzen ihres Kindes gebrochen hat, findet sie zwar ekelhaft, aber sie hat nichts vor: Früher wusste ich doch mal, wie ich mir richtiges Leben vorstelle, und jetzt stelle ich mir eine Wohnung vor, die kein Unterschlupf ist, und denke an monatliche Gehaltsüberweisungen und nicht an Bankeneinbruch. [Ich] ziehe Felix an und koche für ihn […] Wie sparen für ein Häuschen im Grünen. […] Mir ist schlecht! Es kotzt mich an, ich kotze euch an!39 Sie könnte nicht mehr so leben wie früher, wie vor dem Bruch. Das ehemalige, richtige Leben, die sie sich vorstellte, existiert nicht mehr, ist unmöglich und unerträglich geworden. Wenn die Terroristin daran denkt, will sie erbrechen. Dennoch bemerkt man, dass sie keine Ahnung vom richtigen Leben mehr hat. Im Untergrund zu tauchen, das scheint auch nicht mehr richtig, da sie darauf nicht hinweist. Stattdessen stellt sie sich das alte gewünschte Leben vor. Gespenster der Vergangenheit zu hassen, das bringt nichts Konkretes und erzeugt kein anwesendes Individuum, mit dem man etwas aufbauen kann. Das neue Leben ist unfassbar. Das, was zum Greifen nahe ist, ist eine Fantasie. In den Traum einzutauchen, in dem sie ein unschuldiges, in einer romantischen, pastoralen Landschaft laufendes Mädchen ist, sich nach dieser klischeehaften Darstellung des Paradieses zu sehnen, das ist das Einzige, das sich am Horizont abzeichnet. Die Figur gibt sich der Verzweiflung hin. Ensslin ist hoffnungslos, deswegen muss das Leben vorbei sein. Der Wunsch, etwas zu spüren, hat nichts mit der Veränderung der Welt zu tun: er ist der Wunsch einer Frau, die sich selbst zum Tode verurteilt hat. Vielleicht hat die schon erwähnte Kindlichkeit damit zu tun: es sei eine Vorbereitung auf einer fatalen Abfahrt. Kabelhaft segelt die Musik um einen erstickenden Hals herum, weil eine blondhaarige Mörderin sich umbringen wollte. Verzeihung für diese lächerliche Ästhe-
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tisierung des Selbstmordes. Solche scheinpoetischen Euphemismen gelten nicht. Man sollte erklären, warum diese fiktive Ensslin sich selbst zum Tode verurteilt hat. Symptomatisch scheint die Tatsache, dass ihre Gedanken einen Todeswirbel bilden, dem sie nicht entkommen kann. Genauso wie Winnie ist Ensslin eine Sterbende, die redet. Indem sie an die lebendig in der Bergkuppe begrabene Frau denkt, illustriert ihre Imagination, dass die Verbrecherin denselben Lauf nimmt. Auch bedeutend ist die Tatsache, dass die Gefangene sich unausstehlich findet. Sonst existiert sich als Individuum nicht mehr, weil sie sich zur terroristischen Gruppe vollständig vereinigt hat. Die RAF als Kollektivität zählt, nicht Ensslins Identität, die sie auch geopfert hat. Da die Kadermietglieder, denen Reihen seit Meinhofs Tod eine Person fehlt, isoliert hinter Gitter sitzen, gibt es keinen aktiven Menschen unter ihnen. Diese Passivität wirkt Ensslin wie der Tod. Ihre Existenz als unfreiwillige Nichtstuerin ergibt keinen Sinn. Sie kann nicht aktiv sein und ihr Glaube an der Revolution wurde so erschüttert, dass man konnte vermuten, dass sie ebenfalls nicht aktiv sein wurde. Ganz einfach hat sie sich psychologisch schon vernichtet. Natürlich hat die Isolationshaft dazu beigetragen, aber dies hat nur nachgeholfen, wenn man es zynisch ausdrücken darf. Ein zerstörtes Leben, das man weder wiederhaben will noch mit einem neuen ersetzen kann, geht auch nicht. Das heißt nicht, dass eine sich unbedingt umbringen muss, aber niemand sollte überrascht sein, wenn sie Selbstmord begeht. Das, worüber einer sich wundern sollte, ist der Präsenz der Religion im Monolog. Wenn man darüber noch einmal nachdenkt, ist es nicht wirklich erstaunend, aber man sollte trotzdem diesen Aspekt Beachtung schenken. Die ständigen Wiedersprüche der RAF-Gründerin bezüglich der Mutterschaft sind auch berücksichtigenswert. Schade ist es, dass dieser Aufsatz sich die Institution der letzen Worte so oberflächig auseinandersetzt. Man Ensslins Haltung betreffs dieses Subjekts zur christlichen Doktrin der ars moriendi wegen des Bezugs auf Getrud von le Forts Novelle doch vergleichen. Wo man damit beginnen sollte, sagen es Fragen nie.
NOTES 1. Brückner, Christine: Kein Denkmal für Gudrun Ensslin, in: Wenn du geredet hättest, Desdemona: Ungehaltene Reden, ungehaltener Frauen, Hamburg: Hoffmann und Campe. 1983, S. 109 2. Ebenda. 3. Ebenda 4. Ebenda, S. 110 5. Ebenda, S. 109 6. Ebenda, S. 110 7. Ebenda, S. 110 8. Guthke, Karl Siegfried: Last Words: Variations on a Theme in Cultural History, Princeton, N.J.: Princeton University Press. 1992, S. 18 9. Vgl. ebenda, S. 17 10. Vgl. ebenda, S. 11; 14 11. Vgl. ebenda, S. 15 12. Vgl. ebenda, S. 29 13. Vgl. ebenda, S. 13 14. Vgl. ebenda, S. 20 15. Vgl. ebenda, S. 11 16. Brückner, Christine: ebenda, S. 110 17. Vgl. Guthke, Karl Siegfried: ebenda, S. 50 18. Guthke, Karl Siegfried: ebenda, S. 54 19. Brückner, Christine: ebenda, S. 114 20. Ebenda, S. 111 21. Ebenda, S. 112 22. Rilke, Rainer Maria: Der Panther, in: http:// rainer-maria-rilke.de/080027panther.html, Zugriff am 31. 3. 2014, Z. 1 f. 23. Brückner, Christine: ebenda, S. 112 24. Ebenda, S. 120 25. Ebenda, S. 121 26. Beckett, Samuel: Oh les beaux jours, in: Oh les beaux jours suivi de Pas moi, Paris: les Éditions de Minuit, 1963/74, S. 11 f. 27. Ebenda, S. 11 28. Brückner, Christine: ebenda, S. 110 29. Beckett, Samuel: ebenda, S. 69 30. Brückner, Christine: ebenda 31. Ebenda 32. Beckett, Samuel: ebenda, S. 26 f. 33. Bruneau-Suhas, Régine: Une mise au tombeau : la terre beckettienne dans Oh les beaux jours, in Minako Okamuro: Borderless Beckett/Beckett sans frontières: Tokyo 2006, Amsterdem [usw.]: Rodopi, 2008, S. 449
34. Collot, Michel, zitiert nach: BruneauSuhas, Régine: Une mise au tombeau : la terre beckettienne dans Oh les beaux jours, in Minako Okamuro: Borderless Beckett/ Beckett sans frontières: Tokyo 2006, Amsterdem [usw.]: Rodopi, 2008, S. 448 35. Brückner, Christine: ebenda, S. 110 36. Ebenda 37. Ebenda, S. 112 38. Brückner, Christine: ebenda, S. 121 39. Ebenda
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CONTRIBUTORS CAMILLE BAKER studies Asian religions, Islam and English literature at McGill. Originally from the United States, she has lived in Montreal for six years. Her academic interests include religious conflict, media representations of religion, poststructuralism, postcolonialism and feminism. C’est cool! Super! McGill’s brutalist buildings assaulted GUILLAUME BENOIT-MARTINEAU in 2011. He might go study joblessness in Germany after completing his therapy, which involved reading English poems printed on cereal boxes & singing the national anthem of the GDR to pigeons. VANESSA CARON graduated last Fall (‘14) and holds a BA&Sc in Sustainability. Born and raised in Montreal, she now lives in Munich, Germany, where she studies German and explores career opportunities. Her goal is to make sustainability become part of the cultural mindset. DAPHNE IDIZ is a Cypriot-American who grew up in The Netherlands. She is in her fourth and final year at McGill as a History major, with a double minor in World Cinemas and World Religions. Interested in writing and photography, she hopes to find creative internships where she can combine her different areas of study.
MAGDALENE KLASSEN is a U1 student studying German Literature, Anthropology, and History. As often as possible, she likes to study all three disciplines at once. Enrolled at McGill University for his second year, THEO ROUHETTE is currently completing in the Faculty of Science a Major in Environment, coupled with a Minor in Religion. Nourished by the interactions between science, philosophy and religion, his interests include the duality of the subjective experience and objective world; ultimately looking for a pragmatic and epistemologically sound definition of truth. JAKE VERTIN is a U2 arts student from the San Francisco bay area with a major concentration in North American Studies and a minor concentration in German Literature and Culture in Translation. His mother is from the northwest city of Dortmund, Germany. Jake is a passionate supporter of the club Borussia Dortmund. MICHAEL ZAYAAN SCHUCK is a U3 German Language and Literature major. He is the son of an Austro-Canadian mother and a Jamaican father and is a poet, writing in both English and German.
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