PZG-10_Politik_Oekonomie_Recht_und_Gewerkschaften

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Johann Dvořák

Staat und Verfassung

PZG 10

Politik, Ökonomie, Recht und Gewerkschaften

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Politik und Zeitgeschehen


Politik und Zeitgeschehen 10

Politik, Ă–konomie, Recht und Gewerkschaften


Johann Dvorˇák

Politik, Ökonomie, Recht und Gewerkschaften

Dieses Skriptum ist für die Verwendung im Rahmen der Bildungsarbeit des Österreichischen G ­ ewerkschaftsbundes, der Gewerkschaften und der Kammern für Arbeiter und Angestellte bestimmt.


Inhaltliche Koordination: Peter Autengruber

Zeichenerklärung

Hinweise Beispiele Zitate

Stand: Dezember 2014 Impressum: Layout/Grafik: Walter Schauer Layoutentwurf/Umschlaggestaltung: Kurt Schmidt Medieninhaber: Verlag des ÖGB GmbH, Wien © 2013 by Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, Wien Herstellung: Verlag des ÖGB GmbH, Wien Verlags- und Herstellungsort: Wien Printed in Austria

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Inhalt Das politische System Österreichs nach 1945

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Demokratie, Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft und das System der sozialen Sicherheit in Österreich

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Erinnerung an Popkultur, Jugendkultur und Vollbeschäftigung in den hochindustrialisierten Zonen Europas

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Wirtschaftskrisen, die Wiederkehr der Massenarbeitslosigkeit und neo-konservative/neo-liberale/post-moderne Vorstellungen von Politik und Ökonomie, Recht und Gesellschaft

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Neokonservative Politik, politische Parteien und Gewerkschaften in Europa 24 Gewerkschaften, Recht und Politik (auf nationaler und transnationaler Ebene)

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Die Wiederkehr von Rassismus und Nationalismus, ihre gesellschaftliche Funktion und ihre Bedeutung für die organisierte Interessenvertretung der Arbeitenden 32 Gewerkschaftliche Organisation, Bildungsarbeit und die Entwicklung eines krisenunabhängigen Bewusstseins

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Literatur 40 Zum Autor

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Das politische System Österreichs nach 1945 Die politische und gesellschaftliche Lage in Österreich im Jahre 1945 war gekennzeichnet durch die völlige Zerstörung aller organisierten Interessenvertretungen der arbeitenden Klassen durch zwei aufeinander folgende Diktaturen: Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Und: durch ein buchstäbliches Ausgeblutetsein der Arbeiterbewegung, deren maßgebliche FunktionärInnen und AktivistInnen von den Nationalsozialisten systematisch liquidiert worden waren: als Juden/Jüdinnen, als SozialdemokratInnen, als KommunistInnen. Die gesellschaftliche Funktion des Faschismus ist überall in Europa zunächst und vor allem die Zerstörung der Organisationen, der Interessenvertretungen, der arbeitenden Klassen gewesen. Das bedeutete die Zerschlagung der freien Gewerkschaften und der verschiedenen ArbeiterInnenparteien (Sozialdemokraten, Kommunisten ...). Es ging um die Vernichtung der organisatorischen Strukturen wie auch der maßgeblichen Personen. Damit zugleich wurden aber auch die Zukunftsperspektiven, die Erwartungen und Hoffnungen, die viele Menschen in Europa mit den Organisationen der Arbeiterbewegung (mit ihren Zielsetzungen und ihrer eigenständigen politischen Kultur) verbunden hatten, grundlegend zerstört. Die mit dem Faschismus verbundenen rassistischen Ideologien, insbesondere der Antisemitismus, hatten im 19. und 20. Jahrhundert stets die Funktion des Abbaus bzw. der Zerstörung des politischen Bewusstseins der arbeitenden Klassen: „Rassenkampf statt Klassenkampf“ lautete nicht von ungefähr der dazu gehörige Leitspruch von Karl Lueger bis Adolf Hitler. Wird Faschismus der gesellschaftlichen Funktion nach betrachtet, dann ist es natürlich wichtig festzustellen, wer diese Funktion (nämlich die Zerstörung der Der Faschismus hat massenhaft politisches Bewusstsein ausgelöscht und die Erinnerung daran, dass die arbeitenden Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und die Gesellschaft demokratisch gestalten konnten. Österreich war das einzige von zwei (miteinander konkurrierenden und aufeinander folgenden) Faschismen betroffene Land: vom Austrofaschismus 1933 bis 1938 und vom Nationalsozialismus 1938 bis 1945.

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1 organisierten Interessenvertretungen der Arbeiter und Angestellten) ausgeübt hat. Es war der Austrofaschismus gewesen, der die Demokratie und die Arbeiterbewegung in Österreich gründlich zerstört und das Land schließlich kampflos an das nationalsozialistische Deutschland ausgeliefert hatte. Die Nationalsozialisten führten das begonnene Werk mit ihrer Politik der Massenmorde weiter. Der relativ geringe Industrialisierungsgrad, der Österreich bis 1938 charakterisiert hatte, war durch die nationalsozialistische kriegswirtschaftliche Politik deutlich verbessert worden: etwa in der Schwerindustrie im Raum Linz oder auch zum Teil durch den Kraftwerksbau (z. B. Kaprun). Diese Industriezweige und auch das ehemalige deutsche Industriekapital in der Mur-Mürz-Furche wurden verstaatlicht. So entstand in Österreich ein bedeutender staatskapitalistischer Industriesektor. Privatkapitalistisches Unternehmertum war dagegen in Österreich auch nach 1945 eher schwach. Die Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft in Österreich nach 1945 war ein System, das aus der Schwäche sowohl der geschlagenen Arbeiterbewegung als auch aus der Schwäche des so genannten bürgerlichen Lagers heraus entstand. In den diversen Lohn-Preis-Abkommen wurde festgelegt, Lohn- und Preissteigerungsverzichte wechselseitig zu garantieren. Die Interessenverbände der Arbeiter und Angestellten sowie der Industrieunternehmer, Kaufleute und Gewerbetreibenden sollten sich bemühen, jeweils ihre eigenen Mitglieder auf gewisse Lohn- und Einkommensverzichte einzuschwören. Da dies nur schwer gelang, kam es bei den Arbeitern und Angestellten immer wieder zu Streiks und Protestaktionen gegen den Lohnverzicht.

Insgesamt kann gesagt werden, dass der wirtschaftliche Wiederaufbau Österreichs durch einen mehr als anderthalb Jahrzehnte dauernden massenhaften Einkommens- und Konsumverzicht ermöglicht worden ist, den die österreichischen Arbeiter und Angestellten bzw. ihre Familien zu tragen hatten.

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Das politische System Österreichs nach 1945 Es war eine wichtige Funktion der verstaatlichten Industrie im Stahl-Bereich, in Privatbesitz befindlicher Finalindustrie Roh- und Halbfertigprodukte unter den Weltmarktpreisen zu liefern und ihnen so profitable Exporte zu ermöglichen. Als nach Jahrzehnten der Entbehrungen die in der verstaatlichten Industrie Tätigen endlich bessere Löhne und Rahmenbedingungen errangen, kam nach einigen Jahren das Gerede von „Privilegien“ auf, denen durch die Krise und Reform der Verstaatlichten ein Ende bereitet werden sollte. Aus der Perspektive der späten 1960er- und der 1970er-Jahre erschien so manchen „fortschrittlichen“ oder gar „linken“ KritikerInnen der Sozialpartnerschaft dieses „österreichische Modell“ als die Ursache vieler sozialer Übel: Alles, was an Mängeln des politischen Bewusstseins, der demokratischen Kultur, der linken Organisation beobachtet werden konnte, wurde in dämonisierender Weise der Sozialpartnerschaft als eigentlichem Verursacher zugeordnet. Nicht beachtet wurde dabei seitens der diversen KritikerInnen, wie denn die wirklichen Zustände in den ersten zehn bis fünfzehn Jahren der Zweiten Republik waren: xx wie gewerkschaftliche Organisationen und Parteiorganisationen mühselig wieder aufgebaut werden mussten; xx wie gerade in den in der Kriegszeit aufgebauten Industrien zahlreiche Beschäftigte erst in der Nazizeit als IndustriearbeiterInnen sozialisiert worden waren und dementsprechende politische Einstellungen aufwiesen; xx wie die beiden Faschismen für die Masse der Bevölkerung in ungeheurer Weise Lebensperspektiven und Hoffnungen individueller und gesellschaftlicher Art vernichtet hatten. Was immer jemandem an „proletarischer Militanz“ wünschenswert erscheinen mag, für die Arbeiter und Angestellten ist es nicht so wichtig, ob eine Lohnerhöhung, eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen, durch Streiks zu Stande kommt oder durch Verhandlungen am grünen Tisch. Wesentlich ist, dass diese Verbesserungen zu Stande kommen. Das Ergebnis zählt, nicht die Methode. Nach 1945 bedeutete für Österreich das System der Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft und das mit ihr eng verknüpfte System der Großen Koalition (unter der Führung der ÖVP) tatsächlich eine völlig neue Qualität der politi-

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1 schen Kultur: Erstmals wurden zwischen den Interessenverbänden und den ihnen nahe stehenden großen politischen Parteien politische und zum Teil auch ökonomische Einflusssphären abgesteckt, wurden auf dem Verhandlungswege immer wieder Interessensausgleiche geschaffen. Was bei der Entstehung der Republik und der Verfassung etwa Hans Kelsen vorschwebte – die Schaffung von zivilisierenden Spielregeln und Institutionen sowie die Überwindung der Kreuzzugsmentalität der habsburgisch-katholischen Politkultur -, wurde in gewisser (wenn auch sicherlich unvollkommener) Weise erreicht. Die öffentliche Verwaltung im Bund und in den meisten Bundesländern, die Handelskammern, die landwirtschaftlichen Genossenschaften und so manche große Versicherungen waren ja nach 1945 wiederum die Machtbasis des (so genannten bürgerlichen) konservativen Lagers gewesen. Es wurden jedoch nunmehr gleichsam geschützte Bereiche geschaffen, in denen auch SozialdemokratInnen Anstellungen finden konnten: in den zur SPÖ zählenden Ministerien und in der verstaatlichten Industrie. Es war vor allem die politische Subkultur der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft, die dem politischen System Österreichs ein wenig demokratische Zivilisation einbrachte; zumindest eine gewisse Verhandlungskultur hinter verschlossenen Türen. Was gerne als politisches Proporzdenken, als ausgepackeltes Vergeben von Wohnungen, Arbeitsplätzen, „Pfründen“ verteufelt worden ist, war in Wirklichkeit auch ein ziemlich rationales und durchschaubares System der politischen Patronanz, des Verteilens von Macht und Einfluss. Dies führte zum Teil auch zur materiellen Verbesserung der Lebenslage der Massen. Es war die Ausformung einer doch ein wenig demokratischen politischen Kultur vor dem Hintergrund jahrhundertelanger Unterdrückung und politischer Unmündigkeit

Die Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft kann daher von gewerkschaftlicher Seite als ein (nicht unbedingt einziges) institutionelles Instrument zur Wahrung und Durchsetzung der eigenen Interessen betrachtet werden und nie als ein Ersatz für die eigene organisatorische Stärke.

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Das politische System Österreichs nach 1945

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1945 Johann Böhm

© Haslinger

SozialministerInnen der Zweiten Republik 1989-1990 Walter Geppert 1990-1995 Josef Hesoun

1956-1966 Anton Proksch

1995-1997 Franz Hums 1997-2000 Eleonora Hostasch

© Tögl

1970-1976 Rudolf Häuser 1976-1980 Gerhard Weißenberg

© ÖGB-Archiv

© Charly

1966-1970 Grete Rehor

© ÖGB-Archiv

© Alfred Krab

© Kammler

© Fayer

1945-1956 Karl Maisel

2007-2008 Erwin Buchinger seit 2008 Rudolf Hundstorfer

1980-1989 Alfred Dallinger

Die meisten SozialministerInnen der Zweiten Republik kamen aus der Gewerkschaft. Ausnahmen bildeten nur die FPÖ/BZÖ-MinisterInnen Elisabeth Sickl, Herbert Haupt und Ursula Haubner.

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1 der Bevölkerung. Das System des politischen Proporzes war auch die Methode, mit der in Österreich das System der parlamentarischen Demokratie in der Bevölkerung verankert wurde. Es kann nun – auch im Rückblick – keineswegs um eine dauerhafte Verklärung der Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft gehen, denn es geht bei ihr durchaus um Machtbeziehungen. Entscheidend für eine dauerhaft erfolgreiche Vertretung von ArbeitnehmerInnen-Interessen ist die organisatorische Fähigkeit zum Streik oder zu sonstigen Aktionen. Gibt es nämlich keine starke gewerkschaftliche Organisation, gibt es auch kein ausgeprägtes politisches und gewerkschaftliches Bewusstsein bei den Arbeitern und Angestellten. Folglich gibt es nur eine mangelnde Bereitschaft zur kollektiven Aktion, aber gerade dann werden Verhandlungen am grünen Tisch allein wenig bewirken können.

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Demokratie, Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft Das System der Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft und der großen Koalition in Österreich zwischen 1945 und 1966 beförderte und bewirkte eigentümliche Neigungen zur „Verrechtlichung“ in vielen Bereichen. Da die österreichische Bundesverfassung für die beiden großen politischen Parteien ÖVP und SPÖ nach 1945 kein Streitgegenstand mehr war, gab es keine besondere Wachsamkeit und zunehmend keine besondere Sensibilität bezüglich des Umgangs mit rechtlichen Regelungen im Verfassungsrang. Die österreichische Bundesverfassung zeichnet sich dadurch aus, dass sie vor allem ein Katalog von politischen Spielregeln ist: der Bundesgesetzgeber (= das Parlament), die Exekutive (Bundespräsident, Bundesregierung, Verwaltung) und die Gerichte haben sich an diese Spielregeln zu halten. Bei Regelverletzungen durch die staatliche Obrigkeit können betroffene BürgerInnen dagegen Beschwerde führen. Eine besondere „Spielregel“ in der österreichischen Bundesverfassung besagt, dass der Nationalrat jede rechtliche Norm, jedes Gesetz und auch Teile eines Gesetzes in Verfassungsrang erheben kann, wenn nur die dafür geltenden formalen Regeln beachtet werden: also Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten. Der Verfassungsgerichtshof kann – auf Antrag – jedes mit einfacher Mehrheit im Nationalrat zu Stande gekommene Gesetz auf seine Übereinstimmung mit der Bundesverfassung überprüfen. Der Verfassungsgerichtshof kann dies aber nicht tun bei Gesetzen und Gesetzesteilen im Verfassungsrang. Daher ist der Nationalrat in der Lage, beliebige Gesetzesbereiche der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes zu entziehen, indem er sie in Verfassungsrang erhebt. Dem Prinzip nach ist diese Möglichkeit durchaus positiv zu sehen, nämlich als konsequente Ausführung des demokratischen Prinzips: xx kein Gerichtshof steht über dem Volke; xx das Parlament als Volksvertretung ist der Souverän, ist allerdings ebenfalls den Spielregeln der demokratischen Verfassung unterworfen; xx der Verfassungsgerichtshof prüft vor allem die Einhaltung der Verfahrens­ regeln.

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2 Wenn allerdings die Parlamentarier selber (in den späten 1940er-, den 1950erund 1960er-Jahren aus verständlichen Gründen der wechselseitigen politischen Absicherung, seit den 1990er-Jahren und heutzutage eher mutwillig) das Instrument des Erhebens von einfachen Gesetzen und Gesetzesteilen in Verfassungsrang bemühen, dann ist dies demokratiepolitisch sehr bedenklich und kann durchaus eine schleichende Aushöhlung der demokratischen Verfassung bedeuten. Die großen Koalitionen 1945–1966 und (soweit sie über die Zweidrittelmehrheit verfügten) nach 1987 haben von der Möglichkeit der Erhebung einfachgesetzlicher Regelungen in den Verfassungsrang gerne Gebrauch gemacht. Dadurch wurden rechtliche Bestimmungen aller Art in den Verfassungsrang erhoben: von zeitlich begrenzten Marktordnungsregelungen bis hin zur Vergabe von Taxikonzessionen. Auffällig ist: Bei arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen herrschte weitgehend die Überzeugung, es bedürfte keiner besonderen Absicherung durch Verfassungsbestimmungen, da ja die Beschlussfassung über die Gesetze auf sozialpartnerschaftlichem Konsens beruhte. Der Zeitraum von den frühen 1950er-Jahren bis etwa Mitte der 1980er-Jahre kann als eine Periode der zunehmend gesicherten und funktionierenden Sozialund Wirtschaftspartnerschaft angesehen werden. Selbst in Zeiten der ÖVP-Alleinregierung (1966–1970) und der SPÖ-Alleinregierungen (1970–1983) sowie während der kleinen SPÖ-FPÖ-Koalition (1983–1986) stand die Konsenspolitik nie in Frage.

In der österreichischen Politikwissenschaft wird die Sozialpartnerschaft gern in Zusammenhang mit der Bezeichnung „Korporatismus“ gebracht. Das deutet indirekt eine Ähnlichkeit mit dem italienischen Faschismus und der ständestaatlichen Formierung durch den Austrofaschismus an. Auch das österreichische System der Kammern wird gelegentlich in die Nähe ständestaatlicher Traditionen gerückt. All das ist höchst problematisch und fragwürdig.

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Demokratie, Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft Es zeigt sich nämlich in der historischen Betrachtung, dass Institutionen der Sozialpartnerschaft jeweils in Zeiten der ökonomischen Rückständigkeit und der relativen Stärke der ArbeiterInnenbewegung ausgeformt werden (in der späten Habsburgermonarchie, in den Anfängen der Ersten und Zweiten Republik). Erst ab etwa Mitte der 1980er-Jahre, nach der Zerschlagung und Privatisierung der verstaatlichten Industrie, sowie im Gefolge der zunehmenden Einsickerung neo-konservativen Gedankenguts und des EU-Beitritts begann eine (nicht sogleich erkennbare) Krise der Sozialpartnerschaft. Eine wesentliche Funktion des Faschismus war dagegen stets die Zerstörung der Arbeiterbewegung und „Korporatismus“ bedeutete in diesem Zusammenhang die Eingliederung ihrer Reste in das faschistische Staats- und Volksganze. In dem Ausmaß allerdings, in dem das System der sozialen Sicherheit im Gefolge offener oder verdeckter neo-konservativer Politik in Österreich stückweise abgebaut wurde und abgebaut wird, erübrigen sich zunehmend die Formen institutionalisierter Verhandlungs- und Konfliktregelungen. Veränderungen in den politischen Machtverhältnissen in Parlament und Regierung haben dazu ebenso entscheidend beigetragen wie die zuvor schon in Gang befindlichen Veränderungen der ökonomischen Strukturen und der strukturellen Schwächung der Kammern und Interessenverbände. Es wird dies vor allem auf eine Schwächung der Gewerkschaften im Gefolge der so genannten Globalisierung des Kapitalismus zurückgeführt. Die strukturelle Schwächung der österreichischen Gewerkschaften erfolgte zwar sehr wohl

Das System der Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft in Österreich, gestützt auf die Säulen staatliche Verwaltung, freie Interessenverbände und Kammern, ist zu einem System der sozialen Sicherheit für alle entwickelt worden. Und zwar nicht unter Ausschaltung der parlamentarischen Demokratie bzw. Beugung und Aushöhlung des rechtsstaatlichen Prinzips, sondern im Rahmen der österreichischen Bundesverfassung und unter Nutzung der Einrichtungen demokratischer Selbstverwaltung (von den Kammern bis hin zu den Sozialversicherungen).

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2 durch die Zerschlagung und Privatisierung der verstaatlichten Industrie und Banken sowie des weitgehenden Wegfalls des genossenschaftlichen Sektors. Doch die Aushöhlung der politischen Bedeutung der Sozialpartnerschaft in Österreich ist vor allem durch den dramatischen Verlust an Einfluss seitens der organisierten Interessenvertretungen der traditionell kleinen österreichischen Unternehmungen verursacht worden. In Österreich hieß „Globalisierung“ vor allem (nicht zuletzt infolge des EU-Beitritts) das verstärkte und beschleunigte Eindringen deutschen Kapitals. Verbunden mit den allgemeinen Konzentrationsprozessen bedeutete dies eine stetig gesteigerte Schwächung der gewerblichen Wirtschaft und der kleineren Unternehmen bzw. deren Interessenvertretungen in Kammern und Verbänden. Im Bereich der Europäischen Union gibt es weder das System der Kammern noch jenes der Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft, wie es für Österreich bis vor wenigen Jahren charakteristisch war.

Verliert eine der drei Säulen der Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft (Regierung, freie Interessenverbände, Kammern) das Interesse am Funktionieren des Systems und/oder an politischer Macht und an politischem Einfluss, dann kann dieses System durch bloßes Wünschen und den guten Willen der anderen „Partner“ nicht bewahrt werden.

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Erinnerung an Popkultur und Vollbeschäftigung In den 1960er- und frühen 1970er-Jahren existierte in allen hochindustrialisierten Gesellschaften West-, Nord- und Zentraleuropas tatsächlich Vollbeschäftigung, und zwar auch für Jugendliche. Mehr noch: Es gab sogar einen Mangel an Arbeitskräften und es wurden Arbeits­ immigrantInnen aus den industriell wenig entwickelten süd- und südosteuropäischen Ländern massenhaft in die hochentwickelten Industrieländer „eingeführt“. Zum ersten Mal in der Geschichte des Kapitalismus gab es in Friedenszeiten nicht nur Vollbeschäftigung, sondern vor allem die Perspektive einer dauerhaften, lebenslangen Beschäftigung für alle, die nach Lohnarbeit strebten. Dies zog einen ungeheuren Wandel im Bewusstsein der Menschen bzw. eine beträchtliche Steigerung der Familieneinkünfte mit sich. Viele Jugendliche hatten nunmehr ein (wenn auch oft zunächst nur geringes) eigenes und – vor allem – einigermaßen sicheres Einkommen. Es gab darüber hinaus die Möglichkeit, Kredite zu erhalten. Die zahlreichen Kleinkredite der Banken und Sparkassen bedeuteten enorme Erweiterungen der Konsummöglichkeiten gerade der Jugendlichen (von Lederjacken bis zu Mopeds). Eigenes Einkommen, eigenständige, erweiterte Konsummöglichkeiten verringerten bei arbeitenden Jugendlichen die Abhängigkeit von den Eltern und ermöglichten die Ausbildung einer spezifischen Jugendkultur. Diese Kultur war wesentlich eine Subkultur der arbeitenden Klassen und war erstmals von Freude, Konsum und relativer Autonomie geprägt, und nicht von der Bewirtschaftung des Mangels und der dazugehörigen rigiden Moral. Das neue Lebensgefühl erweckte den Hass und Neid der spießerhaften KleinbürgerInnen und das Unverständnis jener älteren ArbeiterInnen und Angestellten, die aus ihrer eigenen lebensgeschichtlichen Erfahrung eher die Dauerhaftigkeit des Elends abzuleiten bereit waren, denn seine Überwindung. Die neue Lebensweise ist nur möglich geworden durch die massive Verbesserung der materiellen Lage und die damit verbundene relative Arbeitsplatzsicherheit der Jugendlichen. Damit wurde auch erstmals einer großen Zahl von jungen Menschen die Perspektive einer längerfristigen Lebensplanung eröffnet und die Furcht davor genommen, schon am nächsten Tag oder in der nächsten Woche wieder arbeitslos zu sein.

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3 Während die Bilder der Kulturindustrie eine Welt der Freiheit, der Gleichheit und des humanen Zusammenlebens der Menschen suggerierten, während die Popkultur (in der Mode, in den Gegenständen des alltäglichen Bedarfs, im Konsum der populären Kunst, aber auch im allgemeinen Konsum) zunehmend egalitäre Verhältnisse signalisierte, blieben die kapitalistischen Verhältnisse bestehen. In der damaligen Popkultur wurde nicht die Aufforderung zum abermaligen Konsumverzicht für die große Zahl der Bevölkerung propagiert, sondern ein schöneres, besseres Leben für alle: Die Begehrlichkeit der Massen war ja ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen Booms. Die massenhafte Produktion von Gütern brachte zahlreiche Arbeitsplätze mit sich, die massenhafte Konsumption der erzeugten Güter half die Arbeitsplätze zu sichern – und sicherte auch die Profite der kapitalistischen Unternehmen. Die Interessen des Kapitals und die Interessen der ihm unterworfenen arbeitenden Klassen schienen weitgehend identisch zu sein. Das war auch das wesentliche Problem für die Interessen des Kapitals. Es schien sich eine Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise anzukündigen: Nicht – wie immer wieder befürchtet – auf der Grundlage der Politik der Arbeiterparteien, sondern – schlimmer noch – auf der Grundlage einer Vielzahl von, durch die neue kapitalistische Lebensweise selbst erzeugten, neuen Bedürfnisse und Interessen. Es entwickelte sich ein verbreitetes Bewusstsein vom ungeheuren Reichtum an von Menschen erzeugten Gütern und an menschlichen Kenntnissen und Fertigkeiten. Es wurde keineswegs so etwas wie gleichförmiges Klassenbewusstsein ausgeformt, jedoch ein weites Bewusstsein davon, dass ein gutes Leben für alle möglich wäre (in der Ersten wie in der Dritten Welt). Die Welt erschien vielen (vor allem den Jüngeren) nicht länger notwendigerweise als eine des natürlichen Mangels, sondern als eine Welt der ungeheuren Reichtümer, die nur richtig verteilt zu werden brauchten. Die Gesellschaft erschien als politisch — demokratisch — gestaltbar; das individuelle und kollektive „Schicksal“ als zum Besseren hin planbar.

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Erinnerung an Popkultur und Vollbeschäftigung Dieses allgemeine Bewusstsein wäre auf Dauer eine Gefahr für das kapitalis­ tische System geworden. Die neue Ahnung von einem möglichen guten Leben für alle mochte sich verdichten zu besseren kollektiven Organisationsformen zur politischen Durchsetzung der Bedürfnisse und Interessen der arbeitenden Klassen, welche die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ausmachten. In den hochindustrialisierten Ländern bedeuteten ja Vollbeschäftigung und Arbeitskräftemangel eine enorme Stärkung der Gewerkschaften. Es zeigte sich immer wieder eine (Re-)Konstituierung von proletarischem Bewusstsein (d. h. dem Bewusstsein, einer eigenen sozialen Klasse der Arbeiter und Angestellten anzugehören). Diverse SozialwissenschaftlerInnen hatten freilich auch damals schon (und zwar seit den späten 1940er- und den 1950er-Jahren) von der Auflösung der alten Klassengefüge, von der „nivellierten Mittelklassengesellschaft“ und vom „Ende des Proletariats“ erzählt. Die oberen sozialen Klassen hatten und haben immer ein Bewusstsein von ihrer gesellschaftlichen Lage und ihren Interessen. Die Angehörigen der unteren sozialen Klassen sollten ihre Interessen nicht wahrnehmen und sich demütig in ihr angestammtes Schicksal fügen. Unter den Bedingungen kapitalistischer Produktionsweise gab es darüber hinaus stets Prozesse und Strategien der Aufspaltung und Zersplitterung der arbeitenden Klassen: durch unterschiedliche Löhne, durch unterschiedliche Ausbildung, durch unterschiedliche politische Berechtigungen, durch Unterscheidungen zwischen Ansässigen und Zuwanderern, und nicht zuletzt durch die Unterscheidung Arbeitende und Arbeitslose. Es ging seitens der oberen Klassen immer darum zu vermeiden, dass ein umfassendes Zusammengehörigkeitsgefühl der Angehörigen der arbeitenden Klassen, sprich ein gemeinsames Klassenbewusstsein, entstehen konnte. Zusammengehörigkeit, Solidarität, Bewusstsein von gemeinsamen Nöten und Interessen, von der Notwendigkeit gemeinsamen, organisierten Handelns und organisierter Interessenvertretung müssen immer wieder von neuem erlernt werden. Sie sind keineswegs durch die ökonomische Situation und soziale Lage automatisch bei den Individuen als Bewusstsein vorhanden.

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3 Auf die Zeit der 1960er- und frühen 1970er-Jahre bezogen lässt sich (vor allem was die Jungen betrifft) feststellen: Die „neue Klassenlosigkeit“ der Arbeitenden bedeutete für die Herrschenden nichts Gutes. Denn es war dies kein Sich-Abfinden mit den bestehenden Verhältnissen, sondern eine Vorstellung von durchaus egalitären gesellschaftlichen Zuständen – davon, dass es allen in gleicher Weise gut gehen könnte. Derartige „neue Klassenlosigkeit“ im Bewusstsein junger arbeitender Menschen war nicht die Übernahme der von oben propagierten Ideologien, sondern die ansatzweise Vorwegnahme künftiger gesellschaftlicher Verhältnisse. Die Rolling Stones haben einiges von dem damaligen Lebensgefühl in einem ihrer Songs im Jahre 1969 so ausgedrückt: „You can‘t always get what you want, You can‘t always get what you want, You can‘t always get what you want, But if you try sometimes, You might find you get what you need!“

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Wirtschaftskrisen und Wiederkehr der Massenarbeitslosigkeit Ab etwa 1973 begannen sich die Verhältnisse in den hochindustrialisierten ­Ländern grundsätzlich zu wandeln: eine große, weltweite Wirtschaftskrise setzte ein oder besser: eine Abfolge von Krisen. Der Kapitalismus ist allerdings welthistorisch jenes Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das – als System insgesamt – aus Krisen gestärkt, und nicht geschwächt, hervorgeht: Mögen einzelne Unternehmen untergehen, mögen einzelne UnternehmerInnen – wie es so schön heißt – den „bürgerlichen Tod“ erleiden, mögen zahlreiche Menschen arbeitslos werden und in Not und Elend dahinvegetieren: Der Kapitalismus insgesamt wird dadurch nicht gefährdet, sondern vielmehr gesichert und gestärkt. Seit etwa Mitte der 1970er-Jahre wird wieder die Vorstellung von der Beschränktheit der Ressourcen, von der Unmöglichkeit der bewussten planvollen Lebens- und Weltgestaltung propagiert: „Not lehrt beten“. Mangel und Elend zerstören jegliches Bewusstsein vom möglichen guten Leben für alle Menschen (und auch die Erinnerung daran, dass es einst jene Hoffnung gegeben hat). Die ständige Unsicherheit des Arbeitsplatzes verhindert die Entwicklung längerfristiger Lebensperspektiven und macht untertänig und gefügig. Für Millionen von jungen Menschen in Europa (von den USA und der Dritten Welt ganz zu schweigen) hat das künftige Leben vor allem die Aussicht auf Arbeitslosigkeit und Not zu bieten. In der Hoffnungslosigkeit bieten Drogen und Surrogate wiederum Orientierung: von religiösen und säkularen Fundamentalismen über die Propagierung von rassistischen und nationalistischen Lehren, über die Feuilletons, die gegenwärtige Popmusik ... bis hin zu den chemischen Substanzen. Die Erinnerung an das Zerstörte und an die Ursachen und Gründe für die Zerstörung der Ansätze eines relativen Wohlstandes und erweiterter Lebensperspektiven der Massen soll keineswegs der weiteren Förderung der Resignation und dessen, was nunmehr als postmoderner Zeitgeist gilt, dienen.

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4 Die Erinnerung an die Popkultur der 1960er- und frühen 1970er-Jahre dient dem Hinweis darauf, was alles an ansatzweiser Entfaltung von Egalität, von bewusster Multikulturalität, von Perspektiven einer die Barbarei des Kapitalismus überwindenden Gesellschaftsordnung (ohne die Errungenschaften, d. h. den enormen materiellen Reichtum des Kapitalismus preiszugeben) vorhanden gewesen ist. (Erinnerung birgt stets die Möglichkeit der abermaligen Aktualisierung in sich, darum ist der Kampf um die richtige Auffassung von historischen Geschehnissen immer von Bedeutung.) Als wesentliche Aufgabe des modernen Staates ist herkömmlich die Sicherung des Eigentums bzw. die Ermöglichung weiterer Anhäufungen von Reichtum angesehen worden. Zunehmend erschien der Staat aber – darüber hinausgehend – auch als ein Instrument, das (mit der Ausdehnung des Wahlrechtes und der Ausbreitung demokratischer Republiken oder der Existenz stark parlamentarisch fundierter konstitutioneller Monarchien) auch die Besitzlosen zur Durchsetzung ihrer Interessen in Anspruch zu nehmen vermochten. Nun ist das allgemeine Wahlrecht noch immer verbreitet; selbst im Gefolge der wiederkehrenden Massenarbeitslosigkeit und der schrittweisen Verelendung in Europa und den USA gibt es keine Wiedereinführung eines an Besitzqualifikation gebundenen Wahlrechts. Jedoch wurde — und wird — die große Zahl der Bevölkerung in die politische Resignation getrieben. Wenn durch die Ausübung des politischen Stimmrechts die materiellen Lebensbedingungen nicht verbessert werden, dann steigt die Neigung, auf dieses Recht überhaupt zu verzichten. Die seit den 1980er-Jahren (von England und den USA ausgehenden) verbreiteten neo-konservativen Vorstellungen von Politik – und vor allem die politische Praxis des Neo-Konservativismus – trachteten ohnehin nach einer neuen Rolle des Staates, nach einer anderen Art von Politik: xx Es geht um eine Zurückdrängung des Staates („Mehr privat, weniger Staat!“). xx Zugleich geht es um eine „Gesundung“ der Staatsfinanzen, um einen Abbau der Staatsverschuldung. Dabei ist immer wieder bemerkenswert, dass nie nach der Sinnhaftigkeit und nach der Struktur der Staatsschulden gefragt wird; nach den jeweiligen Ursa-

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Wirtschaftskrisen und Wiederkehr der Massenarbeitslosigkeit chen konkreter Kreditaufnahmen, nach der tatsächlichen Verwendung der Kreditmittel; kurz: nach der jeweiligen konkreten Sinnhaftigkeit (oder eventuell auch Sinnlosigkeit) der Staatsverschuldung. Es gibt für die breite Öffentlichkeit – außer diversen globalen Horrormeldungen – keinerlei detaillierte Informationen über Kreditsummen, Kreditkonditionen, Laufzeiten etc. sowie über den Einsatz der geliehenen Geldmittel. Der öffentliche Haushalt wird einem privaten Haushalt gleichgesetzt und zugleich die „schreckliche Schuldenlast“ betont: die Staatsverschuldung erscheint so wie die Verschuldung eines Individuums. Demgegenüber wäre an die alte ökonomische Weisheit zu erinnern, dass Private sich nach der Maßgabe ihrer Einkünfte verhalten müssten, während der Staat seine Einnahmen an den für notwendig erachteten Ausgaben orientieren (also Steuern erhöhen) könnte. xx Der Staat soll „gesundgeschrumpft“ werden. Das Gesundschrumpfen soll sowohl das Personal des Staatsapparates betreffen (also die BeamtInnen) als auch die Staatsausgaben, die zur Verfügung stehenden Budgetmittel bzw. die Staatstätigkeit insgesamt. Schmackhaft gemacht wird dies oft durch „Steuerreformen“ (oder auch nur deren Ankündigung), durch angebliche steuerliche Entlastungen aller BürgerInnen in gleicher Weise (tatsächlich jedoch oft nicht einmal zu Gunsten der BezieherInnen mittlerer Einkommen, sondern vor allem der wirklich Reichen). Es werden vor allem jene – zivilen – Staatstätigkeiten abgebaut, die der großen Zahl der Bevölkerung zugute gekommen sind oder zugute kommen könnten: öffentliche Dienstleistungen von Kindergärten, Schulen, Universitäten, medizinischen Versorgungseinrichtungen bis zu Verkehr und Wohnungswesen. Einkommensschwache und auch zahlreiche BezieherInnen mittlerer und höherer Einkommen können die entfallenden oder verschlechterten staatlichen Dienst­ leis­tungen nicht einfach durch individuelle Vorsorge wettmachen. Doch dies ist Auffällig ist hierbei immer wieder, welche Staatstätigkeiten eingeschränkt werden, wer von welcher steuerlichen Belastung besonders entlastet wird, wer von alldem besonders profitiert bzw. darunter besonders leidet.

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4 keineswegs Gegenstand der öffentlichen Debatte im Rahmen ­neo-konservativer Politik. Dafür werden gerne die Ausgaben für „Sicherheit“ enorm erhöht: Militär, Polizei, Strafjustiz und Zwangsverwaltung im Sozialbereich können (in etwa dieser Reihenfolge abgestuft) mit zusätzlichen Budgetmitteln rechnen. Wesentlich für neo-konservative Politik ist die Schaffung eines permanenten Krisenbewusstseins. Die Welt ist voller ungeheurer – und zugleich diffuser – Gefahren: von der Kernkraft über das Ozonloch, aussterbende Tierarten, sterbende Wälder bis hin zu Drogenbaronen, zur Ostmafia, zur völkischen Überfremdung, zu Triebverbrechern ... das Böse ist immer und überall ... Und gegen dieses diffuse und nicht recht fassbare Böse soll ebenso militärisch wie moralisch aufgerüstet werden. Und damit wird dann auch die Umverteilung innerhalb der Staatsfinanzen begründet. „Krise“ ist aber für die Neokonservativen keine gesellschaftliche und keine ökonomische, sondern vor allem eine kulturelle Kategorie: Wenn nur die angestammten Werte, die einst – angeblich – vorhandene Kultur der individualistischen Leistung, wenn Sitte und Anstand etc. wiederhergestellt werden könnten, dann werden alle Probleme gelöst sein. Nach dieser Logik muss der Staat aufhören, die Schwachen und Schlechten zu fördern und die Starken und Tüchtigen zu schwächen. Er muss alle kollektivistischen Elemente (also die öffentliche Vorsorge vor den Auswirkungen des Kapitalismus, welche die Individuen erleiden und gegen die sie sich nicht allein schützen können) beseitigen. Damit kann das „freie Spiel der Kräfte“ im Rahmen der „freien Marktwirtschaft“ wieder ermöglicht werden. An die Stelle von politischen und sozialen Rechten in der Demokratie tritt wiederum die „natürliche“ Ökonomie, der naturwüchsige Kapitalismus. Dieses freie Spiel der Kräfte kann für einige der Armen und Leidenden ergänzt werden durch Maßnahmen privater Mildtätigkeit: Für die Reichen war gesellige Organisierung von Wohltätigkeit stets ein recht angenehmer Ausgleichssport, der zugleich die beruhigende Gewissheit um das eigene Wohlergehen und ein gutes Gewissen (infolge der guten Taten) verschaffte.

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Neokonservative Politik und Gewerkschaften Die seit den 1980er-Jahren weit verbreitete neo-konservative Vorstellung von Politik trachtete nach einer neuen Rolle des Staates, nach einer anderen Art von Politik. Es schien um eine Zurückdrängung des Staates zu gehen („Mehr privat, weniger Staat!“) und zugleich um eine „Gesundung der Staatsfinanzen“, um einen Abbau der Staatsverschuldung. Es wurden vor allem jene Staatstätigkeiten abgebaut, die der großen Zahl der Bevölkerung zugute gekommen sind oder zugute kommen könnten: öffentliche Dienstleistungen, von Kindergärten, Schulen, Universitäten, medizinischen Versorgungseinrichtungen bis zum Verkehr und zum Wohnungswesen. Einkommensschwache, und auch zahlreiche BezieherInnen mittlerer und höherer Einkommen, können die entfallenden oder verschlechterten staatlichen Dienstleistungen nicht einfach durch individuelle Vorsorge wettmachen; sie alle wären eigentlich eher an — unter Umständen besseren — öffentlichen Dienstleis­ tungen, bei allfälliger Steuererhöhung interessiert. (Doch dies ist keineswegs Gegenstand der öffentlichen Debatte im Rahmen neo-konservativer Politik.) Überall dort in Europa, wo sozialdemokratische Parteien aufgehört haben, die hauptsächlichen politischen Interessenvertretungen der arbeitenden Klassen zu sein, wo sie Elemente neo-konservativen und neo-liberalen Denkens aufgenommen haben, wo sie in zeitweilige oder dauerhafte Gegensätze zu den gewerkschaftlichen Interessenvertretungen gerieten, haben sie alsbald Wahlen verloren, haben schrittweise Wählereinbußen erlitten, sind schließlich aus der Regierungsführung oder Regierungsbeteiligung ausgeschieden. Wer aufhört, weiterreichende politische Zielsetzungen zu haben, wer einmal daran glaubt, dass es keinen Sinn mehr hat, sich mit anderen zusammenzutun und für die gemeinsamen Interessen einzutreten, weil es diese gemeinsamen Interessen — angeblich — überhaupt nicht mehr gibt, ist den scheinbar naturwüchsigen Geschehnissen des Kapitalismus hilflos ausgeliefert.

Auffällig ist, dass die so genannte Entideologisierung sich ausschließlich auf die politische Linke bezogen hat und bezieht, während die Rechte sich parallel dazu in rabiater Weise re-ideologisiert und re-politisiert hat.

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5 Margaret Thatcher ist ein treffendes Beispiel dafür, dass die politischen FührerInnen des Neo-Konservativismus auch keineswegs bloß der eigenen Persönlichkeit und ihrer telegenen Wirkung vertraut haben, sondern vielmehr in eifriger Weise und oft mit großer Sorgfalt auf Ideologie, auf politische Programmatik, auf politische Organisation und Propaganda, auf die Kontrolle und den effizienten Einsatz von politischen Apparaten gesetzt haben, die bei der Linken durch die notwendige Anpassung an den ‚Zeitgeist‘ abgebaut und überwunden werden sollten. Konservative Parteien in Europa haben die Ziele der Schwächung der Gewerkschaften meist in direkter Weise verfochten; sozialdemokratische Parteien haben dies oft auf indirekten Wegen angestrebt oder die Schwächung der Gewerkschaften billigend in Kauf genommen. Bei den sozialdemokratischen Parteien hing und hängt dies zusammen mit einem merkwürdigen Drang zur „Modernisierung“ (nicht im Sinne von wirklich neu, sondern im Sinne von modisch sein), zu einer kosmetischen Verjüngung, was das Image anbelangt. Dazu gehört die Annahme einer Gesellschaft von „modernen“, d.h. völlig vereinzelten Individuen. Diese „modernen“ Individuen wiederum wollen angeblich nichts mit so altmodischen Dingen wie Gewerkschaften zu tun haben (allenfalls mit „modernen“, schicken politischen Parteien und deren telegenen FührerInnen). In der schönen, neuen Welt des Kapitalismus ist ebenso wie in der schönen neuen Welt der dazugehörigen Politik kein Platz für so altmodische Vorgänge und Zustände wie: Löhne drücken, Arbeitsbedingungen verschlechtern, Arbeitslosigkeit oder gar Armut. Das passiert zwar alles in der Wirklichkeit, aber in den Massenmedien wird der Schein einer anderen Wirklichkeit vorgegaukelt: so erfahren wir täglich mehrmals, wie die Aktienkurse gerade beschaffen sind, und so entsteht der Eindruck, dass wir alle AktionärInnen und BörsenspekulantInnen sind und daher sorgfältig und ängstlich stets die Börsenkurse im Auge behalten müssen. Die Welt des Luxus und der Moden wird in der veröffentlichten Meinung dargestellt als die wahre Wirklichkeit, an der die Tüchtigen und Fleißigen jedenfalls Anteil haben können. Und wer nicht Anteil an dieser Welt des Luxus und der Moden hat, hat eben individuell versagt, hat die Chancen nicht ausreichend genützt, gehört zu jenen

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SKRIPTEN ÜBERSICHT SOZIALRECHT

SR-1

Grundbegriffe des Sozialrechts

SR-2

Sozialpolitik im internationalen Vergleich

SR-3

Sozialversicherung – Beitragsrecht

SR-4

Pensionsversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-5

Pensionsversicherung II: Leistungsrecht

SR-6

Pensionsversicherung III: Pensionshöhe

SR-7

Krankenversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-8

Krankenversicherung II: Leistungsrecht

SR-9

Unfallversicherung

SR-10

Arbeitslosenversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-11

Arbeitslosenversicherung II: Leistungsrecht

SR-12

Insolvenz-Entgeltsicherung

SR-13

Finanzierung des Sozialstaates

SR-14

Pflege und Betreuung

SR-15

Bedarfsorientierte Mindestsicherung

Die einzelnen Skripten werden laufend aktualisiert.

ARBEITSRECHT

AR-1 AR-2A AR-2B AR-2C AR-3 AR-4 AR-5 AR-6 AR-7 AR-8A AR-8B AR-9 AR-10 AR-11 AR-12 AR-13 AR-14 AR-15 AR-16 AR-18 AR-19 AR-21 AR-22

Kollektive Rechtsgestaltung Betriebliche Interessenvertretung Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates Rechtstellung des Betriebsrates Arbeitsvertrag Arbeitszeit Urlaubsrecht Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Gleichbehandlung im Arbeitsrecht ArbeitnehmerInnenschutz I: Überbetrieblicher ArbeitnehmerInnenschutz ArbeitnehmerInnenschutz II: Innerbetrieblicher ArbeitnehmerInnenschutz Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitskräfteüberlassung Betriebsvereinbarung Lohn(Gehalts)exekution Berufsausbildung Wichtiges aus dem Angestelltenrecht Betriebspensionsrecht I Betriebspensionsrecht II Abfertigung neu Betriebsrat – Personalvertretung Rechte und Pflichten Atypische Beschäftigung Die Behindertenvertrauenspersonen

GEWERKSCHAFTSKUNDE

GK-1 GK-2 GK-3

Was sind Gewerkschaften? Struktur und Aufbau der österreichischen Gewerkschaftsbewegung Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1945 Die Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung von 1945 bis heute

GK-4

Statuten und Geschäftsordnung des ÖGB

GK-5

Vom 1. bis zum 18. Bundeskongress

GK-7

Die Kammern für Arbeiter und Angestellte

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5 VersagerInnen, mit denen eine „moderne“ politische Partei besser nichts zu tun hat, denen man allenfalls ein wenig (möglichst wenig, um ihren Leistungswillen nicht weiter zu mindern!) Sozialpolitik und Charity zukommen lässt. In dieser „modernen“ Gesellschaft der atomisierten Individuen, in dieser Risikound Freizeitgesellschaft, ist das Leben eine Abfolge von Chancen und Risken (die eben individuell genützt, vermieden, versäumt werden), eine Abfolge von Lotterie­spielen. Die „moderne“ Politik vermag da wenig einzugreifen, allenfalls kann sie (so die Maximen der neuen sozialdemokratischen Parteien, New Labour) für ein wenig Chancengerechtigkeit (nicht mehr Chancengleichheit), für ein wenig Fairness (sprich: Beachtung der Regeln der Lebenslotterie) zu sorgen. Mehr zu tun entspricht angeblich weder dem Zeitgeist noch den „ewigen“ Gesetzen der Ökonomie und des Marktes — und erinnerte überhaupt zu sehr an ,Old Labour‘, an die 1960er- und frühen 1970er-Jahre, an die Zeit der Vollbeschäftigung u.s.w. All das entspricht im Grunde einer völlig unpolitischen und eigentlich auch antidemokratischen Einstellung! Wenn Politik nichts mehr für die Masse der Bevölkerung zu leisten vermag, dann entbehrt sie für diese eines jeglichen Sinnes; und so wird auch das System der Demokratie in Frage gestellt. Das damit verbundene Schrumpfen der Wählerbasis, der dramatische Anstieg der Zahl der NichtwählerInnen, wurde nur im Zusammenhang mit den Stimmengewinnen für rechtsextremistische Parteien als Problem angesehen. Insgesamt konnte so durchaus der Eindruck entstehen, Politik bestehe wesentlich in einer allgemeinen Verschlechterung der materiellen Lebensbedingungen der Bevölkerung bei gleichzeitiger Wahrung der Ämter der politischen MandatarInnen.

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Gewerkschaften, Recht und Politik Gibt es ein „politisches Mandat“ der Gewerkschaften? Dürfen Gewerkschaften aus allgemeinen politischen Gründen Protest- und Kampfmaßnahmen setzen? Darf es in Österreich „politische“ Streiks geben? Grundsätzlich dürfen sich Gewerkschaften, so sie die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und vertreten wollen, nicht auf den Bereich der bloßen Lohnforderung oder gar nur der einzelbetrieblichen Lohn- und Arbeitsgestaltung einschränken lassen. Gerade die Dynamik des Kapitalismus und seiner ständigen Umwälzungen erfordert es, das gewerkschaftliche Handeln in vielfältiger Weise zu gestalten. Dabei ist überbetriebliches, auf die Gesamtgesellschaft bezogenes, politisches Handeln immer wichtiger geworden. Das System der Sozialpartnerschaft in Österreich nach 1945 hat bedeutet, dass die Gewerkschaften (so wie auch die VertreterInnen der gewerblichen Wirtschaft, der Industrie, der Landwirtschaft) über viele Fragen der allgemeinen Politik, der politischen Gestaltung der Gesellschaft mitbestimmten. Die österreichische Bundesverfassung kannte und kennt keine Einschränkung des politischen Handelns der StaatsbürgerInnen und daher auch keine ihrer organisierten Interessenvertretungen (es sei denn, es ginge um Wiederbetätigung). Die österreichische Bundesverfassung schützt nicht – wie zum Beispiel die deutsche Verfassung – den Staat vor dem Volke, sondern die StaatsbürgerInnen vor Regelverletzungen und Willkürakten seitens der staatlichen Obrigkeit. Im Übrigen gilt im österreichischen Rechtssystem das Prinzip: Was nicht ausdrücklich verboten ist, das ist erlaubt. Mit der Verfassung der neuen demokratischen Republik wurde nach 1918 in Österreich ein Rahmen für zivilisiertes politisches Handeln geschaffen. Zugleich aber wurden Entwicklungsmöglichkeiten der Demokratie mit angelegt. Die österreichische Bundesverfassung ist im Geiste eines Vertrauens in die Demokratie und in die sie tragende Masse der Bevölkerung geschaffen worden. Sie setzt damit aber auch voraus, dass das Staatsvolk auch ein politisch bewusstes, sich politisch bildendes und politisch handelndes Volk ist.

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6 Jede weitere Demokratisierung der Gesellschaft, jede Politisierung des Volkes ist von dieser Verfassung nicht nur ermöglicht, sondern vielmehr stillschweigend vorausgesetzt. Zum gestaltenden Handeln in der Gesellschaft und zur Sicherung der bestehenden Verfassung bedarf es demokratisch denkender und dementsprechend politisch handelnder Menschen. Betrachten wir die Vorgänge in Europa seit den in den 1970er-Jahren einsetzenden Wirtschaftskrisen, dann können wir beobachten, dass die Gewerkschaften schwere Niederlagen und beträchtliche Bedeutungs- und Einflussverluste hinnehmen mussten. In Ländern wie Deutschland oder Österreich hat der relativ (und absolut) hohe Mitgliederstand, die hohe Organisationsdichte, dazu beigetragen, die Niederlagen der Gewerkschaften im übrigen Europa nicht adäquat wahrzunehmen. Die Gewerkschaften sind geschwächt worden durch gewerkschaftsfeindliche staatliche Politik, durch gewerkschaftsfeindliche Agitation in der veröffentlich­ ten Meinung, durch radikale Veränderungen der Arbeitsorganisation, durch Arbeitslosigkeit. Ganze Branchen wurden vernichtet durch die Einführung neuer Technologien, wie z. B. die Druckereibranche. Die Veränderungen in den Betrieben und die allgemeinen gesellschaftlichen Veränderungen haben insgesamt einen Abbau von vorhandenen demokratischen Strukturen, Denkweisen und Handlungsansätzen mit sich gebracht. Es kann nicht mehr, wie noch vor ein oder zwei Generationen, davon ausgegangen werden, dass in den Betrieben, dass am Arbeitsplatz selbst die Notwendigkeit der kollektiven Organisation und Interessenvertretung gelernt wird. Gewerkschaftliche Bildungsarbeit ist daher unverzichtbar und wesentlich für die Stärkung gewerkschaftlicher Organisation, wie auch für die Rekrutierung von Mitgliedern (siehe letzter Abschnitt). Die Notwendigkeit des Kampfes um rechtliche Regelungen auf einzelstaatlicher und supranationaler Ebene ergibt sich auf Grund der umfassenden Angriffe auf die rechtlichen Errungenschaften der arbeitenden Menschen. Derzeit ist eher davon auszugehen, dass rechtliche Regelungen die Gewerkschaften in ihrer Organisationsfähigkeit schwächen sollen und die Arbeitsbedingungen der ArbeitnehmerInnen verschlechtern helfen. Gerade die großen Umwälzungen bei Post,

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Gewerkschaften, Recht und Politik Bahn, Telekommunikation treffen ja Bereiche mit traditionell hohem gewerkschaftlichem Organisationsgrad und Bewusstseinsstand. „Notwendig ist also nach wie vor die juristische Aktion ... Aber da das Recht immer auch Ausdruck der Machtverhältnisse ist, werden solche juristischen Abwehrkämpfe bei weitem nicht hinreichend sein. Die Gewerkschaften sind konfrontiert mit einer neuen geschichtlichen Herausforderung, für deren Beantwortung das Nachdenken über Erfolge und Niederlagen der Vergangenheit ebenso wichtig ist wie über Sinn und Ziel der zukünftigen Gewerkschaftsarbeit.“ Oskar Negt: Wozu noch Gewerkschaften? (Göttingen: Steidl 2005) S. 16 Welchen Herausforderungen stehen die europäischen Gewerkschaften nun konkret gegenüber? xx Eine wachsende Anzahl an Mitgliedern ist nicht mehr ohne weiteres über den Betrieb zu erreichen: Teilzeitbeschäftigte, atypisch Beschäftigte; dazu kommen PensionistInnen und Arbeitslose. xx Die klassischen Normalarbeitsverhältnisse, Vollzeitbeschäftigungen, sind im stetigen Sinken begriffen. Die traditionelle Basis der Gewerkschaften wird kleiner und es ist bis dato noch nicht ausreichend gelungen, innerhalb der neuen sozialen Schichten Fuß zu fassen. xx Es ist schwieriger geworden, allgemeine Klasseninteressen zu formulieren; xx viele lohnabhängig Beschäftigte identifizieren sich eher mit ihren Unternehmen als mit der „Arbeiterklasse“. Das „Proletariat“ ist nicht verschwunden, aber noch stärker differenziert als früher. xx Es gibt einen Trend in Richtung Individualisierung von Arbeitsbeziehungen. xx Gewerkschaften werden für den Abbau sozialstaatlicher Maßnahmen politisch vereinnahmt.

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6 xx Richtlinien der Institutionen der Europäischen Union tragen bei zum Abbau mühselig erkämpfter sozialrechtlicher Errungenschaften (das hervorragende Beispiel dafür: Nachtarbeitsverbot für Frauen). Im Rahmen des gleichsam natürlichen Ganges der kapitalistischen Verhältnisse ist diesen vielfältigen Problemen nicht zu begegnen. Es bedarf einer kontinuierlichen und systematischen Beschäftigung mit Theorien der Gesellschaft und der Gewerkschaftsarbeit; und es bedarf in engem Zusammenhang damit der Bildungsarbeit nach innen und nach außen hin sowie der dazu gehörigen gewerkschaftlichen Praxis.

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Die Wiederkehr von Rassismus und Nationalismus Zu Ende des 20. Jahrhunderts wird – wie gegen Ende des 19. Jahrhunderts – mobil gemacht: gegen „Fremde“, gegen alles die angeblich wahren und echten Werte Zersetzende. Für die eigene Art, Nation, für die weiße Rasse. Jener Typus des Nationalismus, der den Deutschen eigen gewesen ist, nämlich der an Volkstum und Rasse, an der Vergötzung von Staat und Obrigkeit, am Untertanentum und an der Unterwerfung anderer Völker orientierte (der stets gelten sollte, „soweit die deutsche Zunge reicht“), ersteht in Osteuropa wieder und überlagert stellenweise die demokratischen Nationalismen West- und Südeuropas. Um die Unterschiede zwischen den revolutionären Nationalismen des Wes­ tens und auch Südens und dem Typus des „Deutsch-Nationalismus“ noch einmal kurz herauszuarbeiten, sei daran erinnert: xx Der Deutsch-Nationalismus war stets gegen die Errungenschaften der westlichen Revolutionen des späten 16., des 17. und 18. Jahrhunderts gerichtet; gegen Verfassungen, Parlamentarismus, Demokratie, Aufklärung und Freiheit und später auch gegen die Arbeiterbewegung. xx Der Deutsch-Nationalismus diente – ökonomisch gesehen – einem Aufholungsprozess deutschen Kapitals gegenüber dem Westen mit Hilfe außer­ ökonomischer Mittel: durch zwei Weltkriege, Massenmorde und vor allem durch die ungeheure forcierte Ausbeutung und Kapital-Akkumulation mittels massenhafter Zwangsarbeit während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. xx Der Deutsch-Nationalismus war im Sonderfall der Habsburger-Monarchie noch verbunden mit der gewaltsamen Gegenreformation und der Zerstörung der ökonomischen Errungenschaften der Länder der böhmischen Krone und anderer überwiegend protestantischer Territorien (Steiermark, Ober­ österreich). Der Katholizismus war durchaus dem Blut-, Rasse- und Vernichtungsdenken der spanischen Inquisition verhaftet. (In der spanischen Inquisition kam das Konzept von der „Reinheit des Blutes“ erstmals auf!) xx Im Westen (in den Niederlanden, England und Frankreich) entstand das Konzept der „Nation“ im Zusammenhang mit nationalen Befreiungskämpfen (z. B. der Niederlande gegen die Habsburger), politischen und – teilweise –

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sozialen Revolutionen. Es war eng verbunden mit Parlamentarismus, Demokratie, Aufklärung, dem Gedanken der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen, mit der Entfaltung rechtsstaatlicher Ordnungen und mit der Durchsetzung und Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaftsweise. In Italien erfolgte die Herstellung der nationalen Einheit in einer Verbindung demokratischer Bestrebungen von unten und eines nationalen Befreiungskampfes. Bürger der französischen Nation wurde man durch einen Akt freien Willens, durch Wohnsitz und ökonomischen Beitrag. Zum Angehörigen der deutschen Nation wurde man durch Volkstum, Blut, Abstammung („Rasse“). Ebenso ist man nunmehr Angehörige/r der kroatischen, ungarischen, slowakischen, lettischen, litauischen ... Nation.

Die nationalistischen Konzepte vom Typus des Deutsch-Nationalismus lassen sich vorzüglich kombinieren mit Elementen „fundamentalistischer“ Religiosität (sei es christlicher oder mohammedanischer Art), mit säkularem Neo-Konservativismus und mit diversen speziellen Rassismen. Die diversen Blut- und Boden-Nationalismen oder – Patriotismen haben immer schon dazu gedient, die organisierten Interessen der LohnarbeiterInnen zu verhindern, zu schwächen, zu zerstören. Sie sollten dafür sorgen, dass die LohnarbeiterInnen in den sie ausbeutenden UnternehmerInnen die „VolksgenossInnen“, die – „im gleichen Boot“ sitzenden – Angehörigen der eigenen Nation erblickten. In den ArbeiterInnen aus anderen Ländern hingegen nicht die Angehörigen der gleichen sozialen Klasse (die von den UnternehmerInnen überall auf der Welt ausgebeuteten KlassengenossInnen), sondern „volksfremde“ feindliche Elemente. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts grassieren zahlreiche Bestandteile jener Lehren, die schon gegen Ende des vergangenen und zu Beginn dieses Jahrhunderts die Grundlagen für Massenmorde und Kriege mit geschaffen haben. Zugleich wird in der Politik, ebenso wie im Rahmen der veröffentlichten Meinung und der Wissenschaft der Anschein erweckt, als ob es sich bei den diversen rassistischen und nationalistischen Ideologien um das Auftreten einer Art von „Naturgewalten“ handelte, gegen die „vernünftige“, „human gesonnene“, „aufgeklärte“

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Die Wiederkehr von Rassismus und Nationalismus Menschen zwar etwas tun sollten, jedoch nicht gut könnten. Denn sie sind (auch als Regierende) eher ohnmächtige Minderheiten, getrieben von der Hetze „populistischer“ PolitikerInnen und vom Unmut der WählerInnen. Nicht die RassistInnen werden bekämpft, sondern ihre Opfer. Dadurch – so wird behauptet – könnte Schlimmeres verhütet werden. Keine Rede davon, dass Arbeitsimmigration zu den geradezu selbstverständlichen Erscheinungen im Kapitalismus gehört. Dass die Spaltung in – noch – Arbeitende und schon („sozialschmarotzerische“) Arbeitslose durchaus der in Inund AusländerInnen entspricht und die Wahrnehmung, geschweige denn wirkungsvolle Vertretung der Interessen der Angehörigen der arbeitenden Klassen beeinträchtigen und verhindern soll. Regierungshandeln beschränkt sich im besten Fall auf Hilflosigkeit gegenüber rassistischen Denkmustern bzw. deren verständnisvolle Hinnahme. Im schlimmeren Fall aber werden rassistische Denkmuster übernommen und wird staatliche Gewalt zum vorgeblichen Schutze der eingeborenen Bevölkerung vor den drohenden Fremden eingesetzt. Politisches Versagen wird versuchsweise „wissenschaftlich“ legitimiert und die „Fremden“ werden ersatzweise für die dramatische Wohnungssituation verantwortlich gemacht. Nicht, weil entgegen allem Wissen um den strukturellen Wohnungsmangel, um die zahlreichen Substandard-Wohnungen (die durch keinerlei Umbauten und Zusammenlegungen zu „guten“ Wohnungen umgestaltet werden können) seit Jahrzehnt und Tag die Wohnraumbeschaffung dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen blieb, sondern weil es Fremde wieder einmal gewagt haben, in der Wiener Stadt dauerhaft Aufenthalt nehmen zu wollen, gibt es einen drastischen Wohnungsmangel und – auch für relativ Wohlhabende – unerschwingliche Wohnungen. An dieser Stelle sei auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen den Prozessen der Aufklärung im Westen und den (eher bescheidenen) Ansätzen zur Aufklärung etwa in deutschen Landen verwiesen: Im Westen hat sich Aufklärung stets an das allgemeine Publikum, an das Volk gerichtet. In Zentraleuropa, in deutschen Landen und in der Habsburgermonarchie hingegen an die aufgeklärt sein sollenden Herrscher. Viele Angehörige der schreibenden Intelligenz haben es daher schon in ihren Hoffnungen kaum je

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7 weiter gebracht, denn als Einflüsterer für die Mächtigen dienen zu können. Diese selbstgeschaffene Ohnmacht und Niedrigkeit lässt immer wieder nur wenige Angehörige dieser Intelligenz ebenso gescheit wie mutig agieren. Das Wiederaufleben rassistischer und nationalistischer Ideologien wird heutzutage immer wieder als Bestätigung für deren Dauerhaftigkeit angesehen, für die „Lebenskraft“ dieser Ideologien, die nunmehr geradezu als „Natur-Konstanten“ des menschlichen Daseins dargestellt werden. Kaum wird die Frage nach ihrer gesellschaftlichen Funktion und nach den tatsächlichen Ursachen für die Wiederbelebung von Rassismen und Nationalismen gestellt. Denn sie sind nicht einfach da, sondern sie sind herbeigeredet, herbeigeschrieben, sind systematisch und über einige Zeit kontinuierlich propagiert worden. Wenn – wie in den Ländern des vormaligen so genannten realen Sozialismus – politische und soziale Umwälzungen der Masse der Bevölkerung keine Anhebung des Lebensstandards bringen, sondern nur weitere Verelendung, dann bedarf es sowohl der Erklärung des Ausbleibens der erhofften Verbesserungen wie auch eines Ersatzes für die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse. Zurückgegriffen wird auf traditionelle – eventuell fundamentalistisch rekreierte – Religion, auf nationalistische und rassistische Ideologien, insbesondere auf den Antisemitismus. Die Wiedererweckung – oder überhaupt erst Erweckung – diverser Nationalstaaten war wohl nicht zufällig immer wieder mit der historischen Leugnung und Abschwächung der faschistischen Untaten und mit dem massiven Bedauern über ihre Bestrafung verbunden. Nationalismus und Antisemitismus oder andere Rassismen, der Kampf für den rechten Glauben und die „weiße Rasse“, lassen sich auch recht gut verknüpfen Aber auch in den Ländern des – einstigen – „freien Westens“ dienen Rassismus und Fremdenhass dazu, von der mangelhaften Befriedigung der materiellen Bedürfnisse der Masse der Bevölkerung abzulenken. So wie die Spaltung zwischen jenen, die noch einen Arbeitsplatz haben und den schon Arbeitslosen, unter den Aspekten der Hatz auf „Sozialparasiten“ vertieft wird, wird auch die Spaltung zwischen in- und ausländischen Arbeitskräften betrieben.

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Die Wiederkehr von Rassismus und Nationalismus mit dem Kampf gegen die Demokratie im eigenen Land, für die politische Entrechtung von beträchtlichen Teilen der Bevölkerung, für die Etablierung von Präsidialdiktaturen sowie von Militärregimes . So mag für so manche Regierende in Europa „ein bisschen“ Rassismus und Fremdenhass bzw. Rechtsextremismus nützlich sein zur Ablenkung von den wahren Problemen und deren wahren Ursachen. Dies würde auch erklären, warum auf verbale und physische Gewalt gar nicht oder mit viel Verständnis und „Augenmaß“ reagiert wird. Gegen den in Europa grassierenden Rassismus und Fremdenhass könnten wirksam werden: xx eine Politik, die orientiert ist an der Befriedigung der materiellen Bedürfnisse (Arbeit, Wohnen, Bildung, Gesundheit ...) der Masse der Bevölkerung; xx eine Bildungsarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die über die historischen Wurzeln und Funktionen des Rassismus aufklärt und zugleich die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse analysiert; die Einschätzung sozialer Interessenlagen, der Artikulation, Organisation und politischen Durchsetzung dieser Interessen; xx eine Politik der Demokratisierung aller Lebensbereiche. Keiner der angeführten Faktoren vermag für sich allein von entscheidender Bedeutung sein. Zusammen allerdings bedeuteten sie die Wiedergewinnung einer demokratischen und (im mehrfachen Sinn des Wortes) sozialen Dimension in der europäischen Politik. Unter den gegenwärtigen politischen und ökonomischen Bedingungen gibt es wenig Aussichten auf „Erfolg“, wenn gegen RechtsextremistInnen, RassistInnen und ähnliche „unvernünftige“ Leute agitiert wird, ohne dass gleichzeitig Perspektiven der Verbesserung der Lebenslage vermittelt würden. Gerade nach der Verabschiedung – möglichst jeglicher – staatlicher Sozialpolitik im Gefolge der neo-konservativen Trendwenden der 1980er-Jahre („Mehr privat – weniger Staat“) und der damit verbundenen Propagierung des „freien Spiels der Kräfte“ ist für viele – und gerade junge – Menschen die Gesellschaft unübersichtlich, ungestaltbar geworden, und das eigene Leben vor allem mit düsteren Aussichten der Arbeitslosigkeit und des Elends verbunden.

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7 In dieser Situation feiern „einfache“ Welterklärungen ihre Wiederkehr: fundamentalistische Religion und ihre säkularen Parallelerscheinungen wie neo-konservative Moral, Nationalismus und Rassismus. Es ist wichtig zu sehen, dass die rassistischen Ideologien des 19. und 20. Jahrhunderts nicht Arten von volkstümlichem Aberglauben sind oder bodenständige Weltanschauungen der Massen (die dann von Gelehrten, die „dem Volk aufs Maul schauten“, aufgenommen, gesammelt, zusammengefasst und theoretisch überhöht wurden). Diese rassistischen (und nationalistischen) Ideologien sind bewusst und planvoll erzeugt und verbreitet worden von Angehörigen der schreibenden Intelligenz, von WissenschaftlerInnen innerhalb und außerhalb der Universität, von JournalistInnen.

Eine Bekämpfung all dessen ist zwar unbedingt auf der „ideologischen“ Ebene notwendig und möglich, aber ein dauerhafter Erfolg nur bei der Rekonstruktion starker Interessenvertretungen der Arbeiter und Angestellten auf nationaler wie internationaler Ebene. Denn historisch, ebenso wie jetzt, ist es im Zusammenhang mit rassistischen und nationalistischen Ideologien stets um die Schwächung und Zerstörung der organisierten Interessen der arbeitenden Klassen gegangen.

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Gewerkschaftliche Organisa­ tion und Bildungsarbeit Ideologien [= falsche Auffassungen von gesellschaftlichen Vorgängen und ihren Ursachen], die unter den lohnabhängig Arbeitenden verbreitet werden, dienen der Desorientierung der Individuen, der Verminderung ihrer Organisationsfähigkeit, dem Abbau von Solidarität sowie insgesamt der Förderung der Unfähigkeit, die je eigenen Interessen adäquat wahrzunehmen und zu vertreten. Oft geht es dabei um ein Verlernen bereits vorhanden gewesenen Wissens und bereits vorhanden gewesener Fertigkeiten. Daher ist es notwendig, dieses Wissen und diese Fertigkeiten (die Befähigung zur Organisierung der eigenen Person und zur Organisierung von gemeinsamen Interessen mit anderen Individuen) immer wieder neu zu erlernen. Dies erfordert einiges an Gesellschaftstheorie, an Theorie der gewerkschaftlichen Organisation und der gewerkschaftlichen Interessenvertretung; und: an gewerkschaftlicher Bildungsarbeit. Gewerkschaftliche Bildungsarbeit darf sich nicht länger auf die Schulung von Funktionären und Funktionärinnen beschränken (obwohl die Funktionärsschulung unbedingt notwendig ist). Es geht vielmehr um Mitgliederbildung und um die Rekrutierung von Mitgliedern über Formen offener Bildungsarbeit. Bei all dieser gewerkschaftlichen Bildungsarbeit mit Erwachsenen (nach innen und nach außen) ginge es immer wieder darum, so etwas wie „krisenunabhängiges Bewusstsein“ zu vermitteln. Was heißt das? In allen (individual-psychischen und sozialen) Krisen wird schon bestanden habendes Bewusstsein (Wissen um die Verhältnisse und Vorgänge, um ihre Ursachen und Zusammenhänge) gefährdet, beeinträchtigt oder zerstört; auch Niederlagen in Auseinandersetzungen leisten dies. Daher ist es wichtig, Denkweisen einzuüben, die Individuen dazu verhelfen, auch in Krisen Denkarbeit zu leisten, über Ursachen allfälliger Niederlagen nachzudenken und nicht zu resignieren.

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8 Darüber hinaus müssen Gewerkschaften über die Interessenvertretung im engsten Sinn (was schon schwer genug ist) hinaus allgemein politisch aktiv sein: xx allgemeine politische Aufklärung xx Beeinflussung der Öffentlichkeit xx Beeinflussung der politischen Parteien Es wäre von großer Bedeutung, wenn Wissen um Gewerkschaften in den Curricula von Schulen, Universitäten und (berufs- und allgemeinbildenden) Erwachsenenbildungseinrichtungen verankert und in den Lehrangeboten auch tatsächlich vermittelt würde. „Gewerkschaftliches Handeln, das historisch einsetzt mit der kollektiven Verteidigung der Selbsterhaltung und der Würde lebendiger Arbeit gegen die Anmaßungen der toten Arbeit des Kapitals, der Maschinerie, verliert ohne Erweiterung des kulturellen und politischen Mandats langfristig jede historische Legitimation. Die Verantwortungsbereitschaft für das Ganze der Gesellschaft ist daher nicht eine Marotte, auf die man notfalls auch verzichten könnte, sondern ist unabdingbares Element des Kampfes um Anerkennung und würdige Lebensbedingungen. Will man das kulturelle und politische Mandat der Gewerkschaften ausweiten, geht es einerseits um eine erweiterte Mitbestimmung im innerbetrieblichen Produktionszusammenhang und andererseits muss gleichzeitig das Organisationsfeld außerbetrieblicher Lebensverhältnisse ... intensiviert werden.“ Oskar Negt: Wozu noch Gewerkschaften? (Göttingen: Steidl 2005) 171 f.

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Literatur Johann Dvorˇák: Politik und die Kultur der Moderne in der späten HabsburgerMonarchie (Innsbruck: Studienverlag 1997). Einige Kapitel über die gesellschaftliche Funktion von Deutsch-Nationalismus und Rassismus in Wien um 1900.

Johann Dvorˇák (Hrsg.): Aufklärung, Demokratie und die Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse: Texte über Literatur und Politik in Erinnerung an ­Walter Grab (Frankfurt/M.: Peter Lang 2011). Aufsätze über Ansätze des demokratischen Denkens in Österreich im späten 18. Jahrhundert und um 1848; über Joseph von Sonnenfels und die Wiedereinführung der Literarität in der Habsburger-Monarchie.

Emmerich Tálos: Vom Siegeszug zum Rückzug. Sozialstaat Österreich 1945–2005 (Innsbruck: Studienverlag 2005) Oskar Negt: Wozu noch Gewerkschaften? Eine Streitschrift (Göttingen: Steidl 2005)

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Zum Autor Univ.-Doz. Dr. Johann Dvorˇák, geb. 1946, Studium der Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien, Dr. phil (1976), Mitarbeiter und Leiter der Abteilung Erwachsenenbildung im Bundesministerium für Unterricht (1977–1997), wissenschaftlicher Beamter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien (1997–2011), Habilitation an der Universität Klagenfurt (1999). Arbeitsschwerpunkte: Entwicklung des modernen Staates; Geschichte, Ökonomie und Soziologie von Wissenschaft und Bildung; Kultur der Moderne; politische Bildung.

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Notizen

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