WRM-03 Bilanz- und Gewinn- und Verlustrechnung

Page 1

Heinz Leitsmüller, Ruth Naderer

Bilanz- und Gewinn- und ­Verlustrechnung

3

Wirtschaft – Recht – Mitbestimmung


Wirtschaft – Recht – Mitbestimmung 3

Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (UGB) Bilanzlesen leicht gemacht I


Heinz Leitsmüller, Ruth Naderer

Bilanz und Gewinnund Verlustrechnung Bilanzlesen leicht gemacht I

Dieses Skriptum ist für die Verwendung im Rahmen der Bildungsarbeit des Österreichischen G ­ ewerkschaftsbundes, der Gewerkschaften und der Kammern für Arbeiter und Angestellte bestimmt.


Inhaltliche Koordination: Heinz Leitsmüller

Zeichenerklärung

Hinweise Beispiele Zitate

Stand: Februar 2015 Impressum: Layout/Grafik: Walter Schauer, Dietmar Kreutzberger Layoutentwurf/Umschlaggestaltung: Kurt Schmidt Medieninhaber: Verlag des ÖGB GmbH, Wien © 2015 by Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, Wien Herstellung: Verlag des ÖGB GmbH, Wien Verlags- und Herstellungsort: Wien Printed in Austria

4


Inhalt Jahresabschluss und Bilanzierung

6

Die Bilanz

8

Die Aktivseite der Bilanz

10

Anlagevermögen

10

Umlaufvermögen

20

Die Passivseite der Bilanz

26

Eigenkapital

26

Fremdkapital

34

Verbindlichkeiten

38

Die Gewinn- und Verlustrechnung

42

Das Gesamtkostenverfahren

42

Das Umsatzkostenverfahren

50

Grundzüge der Bewertung

52

54

Stille Reserven

Checkliste zur Überprüfung des Jahresabschlusses

56

Eine Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in Englisch

60

Der Anhang

64

Zu den Autoren

67

5


Jahresabschluss und Bilanzierung

1

Das Unternehmensgesetzbuch (UGB) § 222 regelt, dass die gesetzlichen Ver­ treterInnen einer Kapitalgesellschaft (Vorstand, GeschäftsführerInnen) in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahres für das vorangegangene Geschäftsjahr den um den Anhang erweiterten Jahresabschluss sowie einen Lagebericht aufstellen und den Mitgliedern des Aufsichtsrats vorlegen müssen. Jahresabschlüsse werden für eine Vielzahl von Adressaten/Adressatinnen wie AnteilseignerInnen, GläubigerInnen, ArbeitnehmerInnen, Kunden/Kundinnen, Lieferanten/Lieferantinnen, Konkurrenten/Konkurrentinnen oder die Öffentlichkeit erstellt. Die Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt aufgrund der Vorschriften des Unternehmens- und Gesellschaftsrechts. Die wesentlichen gesetzlichen Grundlagen sind somit das UGB, AktG und GmbHG oder das Vereinsrecht. Der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften ist kein Geheimnis, muss gemeinsam mit dem Lagebericht spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag beim zuständigen Firmenbuch eingereicht werden. Das UGB unterscheidet zwischen großen, mittleren und kleinen Kapitalgesellschaften und es bestehen größenabhängig unterschiedliche – nach Bilanzsumme, Umsatzerlösen und Beschäftigten – Verpflichtungen zur Tiefe der Gliederung von Bilanz und GuV, zu den Angabe- und Erläuterungspflichten sowie zu den Publizitäts- und Offenlegungspflichten. Der Jahresabschluss und der Lagebericht von Kapitalgesellschaften1) sind auch durch eine/n AbschlussprüferIn zu prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung wird im Wirtschaftsprüfbericht festgehalten. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat ein Anrecht auf den Bericht des Wirtschaftsprüfers/der -prüferin. Dieser ist allerdings im Gegensatz zum veröffentlichten Jahresabschluss vertraulich zu behandeln. ) Ausnahme kleine GmbH

1

Unter Bilanzierung wird im weiteren Sinne die Aufstellung des Jahresabschlusses verstanden. Der Jahresabschluss besteht aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung. Bei Kapitalgesellschaften kommt zusätzlich noch der Anhang (Erläuterungen) dazu.

6


1 Dieses Skriptum WRM 3 behandelt den Jahresabschluss für Einzelunternehmen nach den Gliederungs- und Bewertungsvorschriften des UGB. Sofern ein Unternehmen Anteile an anderen Unternehmen hat – Tochterunternehmen bzw. verbundene Unternehmen – scheinen diese im Einzelabschluss als Beteiligungen im Finanzanlagevermögen auf. Wenn Tochterunternehmen ihre Gewinne ausschütten, werden diese bei der Mutter als Beteiligungserträge verbucht. Im Einzelabschluss werden Umsätze und Personalaufwendungen von Tochterunternehmen nicht verbucht. Davon zu unterscheiden ist ein konsolidierter Konzernabschluss. Dieser wird unter der Fiktion erstellt, dass alle darin „konsolidierten“ Unternehmen ein einziges Unternehmen sind. Es werden nur die „Außenumsätze“ (Umsätze mit konzernfremden Unternehmen) betrachtet, Umsätze und Verrechnungen zwischen den Konzernunternehmen wie Materiallieferungen, Mieten etc. bleiben unberücksichtigt. Im Gegensatz zum Einzelabschluss sind im Konzernabschluss jedoch die Umsätze und Personalaufwendungen und alle anderen Aufwendungen und Erträge von Tochterunternehmen enthalten. Österreichische börsenotierte Unternehmen müssen ihren Konzernabschluss nach internationalen Bilanzierungsmethoden (IFRS International Financial Reporting Standards) erstellen, andere Unternehmen dürfen für den Konzernabschluss IFRS anwenden. Der Konzernabschluss wird hier jedoch nicht behandelt.

7


2

Die Bilanz (UGB) Bei einer Bilanz handelt es sich um eine rechnerische Gegenüberstellung von Vermögen (Aktiva) und Kapital (Passiva) eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag. Die Bilanz gibt demnach einen Überblick über das im Unternehmen vorhandene Vermögen sowie die Kapitalstruktur des Betriebes. Während die Aktivseite die Verwendung des investierten Kapitals (Mittel­ verwendung) abbildet, weist die Passivseite die Herkunft des investierten Kapitals (Mittelherkunft) und damit die Finanzierungsstruktur des Unter­ ­ nehmens aus. Die Gliederung einer Bilanz ist im Unternehmensgesetzbuch UGB festgelegt.

Bilanz AKTIVA

8

PASSIVA

A. Anlagevermögen   Immaterielles Vermögen   1. Konzessionen, Schutzrechte, Lizenzen   2. Geschäfts-/Firmenwert   3. Anzahlungen  Sachanlagen   1. Grundstücke, Bauten   2. Technische Anlagen, Maschinen   3. Betriebs- u. Geschäftsausstattung   4. Anzahlungen, Anlagen in Bau  Finanzanlagen   1. Anteil an verbundenen Unternehmen   2. Beteiligungen   3. Ausleihungen   4. Wertpapiere B. Umlaufvermögen   1. Vorräte   2. Forderungen   3. Wertpapiere und Anteile   4. Kassa, Schecks, Bankguthaben C. Rechnungsabgrenzungen

A. Eigenkapital   1. Nennkapital (Grund, Stammkapital)   2. Kapitalrücklagen   3. Gewinnrücklagen   4. Bilanzgewinn B. Unversteuerte Rücklagen C. Rückstellungen   1. RSt für Abfertigungen   2. RSt für Pensionen   3. RSt für Steuern   4. Sonstige RSt D. Verbindlichkeiten   1. Anleihen   2. Verbindl. gegenüber Kreditinstituten   3. Erhaltene Anzahlungen   4. Verbindl. aus Lieferungen u. Leistungen   5. Wechselverbindlichkeiten   6. V erbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen   7. Sonstige Verbindlichkeiten E. Rechnungsabgrenzungen

GESAMTVERMÖGEN

GESAMTKAPITAL

Eigenkapital

Fremdkapital


SKRIPTEN ÜBERSICHT SOZIALRECHT

SR-1

Grundbegriffe des Sozialrechts

SR-2

Sozialpolitik im internationalen Vergleich

SR-3

Sozialversicherung – Beitragsrecht

SR-4

Pensionsversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-5

Pensionsversicherung II: Leistungsrecht

SR-6

Pensionsversicherung III: Pensionshöhe

SR-7

Krankenversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-8

Krankenversicherung II: Leistungsrecht

SR-9

Unfallversicherung

SR-10

Arbeitslosenversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-11

Arbeitslosenversicherung II: Leistungsrecht

SR-12

Insolvenz-Entgeltsicherung

SR-13

Finanzierung des Sozialstaates

SR-14

Pflege und Betreuung

SR-15

Bedarfsorientierte Mindestsicherung

Die einzelnen Skripten werden laufend aktualisiert.

ARBEITSRECHT

AR-1 AR-2A AR-2B AR-2C AR-3 AR-4 AR-5 AR-6 AR-7 AR-8A AR-8B AR-9 AR-10 AR-11 AR-12 AR-13 AR-14 AR-15 AR-16 AR-18 AR-19 AR-21 AR-22

Kollektive Rechtsgestaltung Betriebliche Interessenvertretung Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates Rechtstellung des Betriebsrates Arbeitsvertrag Arbeitszeit Urlaubsrecht Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Gleichbehandlung im Arbeitsrecht ArbeitnehmerInnenschutz I: Überbetrieblicher ArbeitnehmerInnenschutz ArbeitnehmerInnenschutz II: Innerbetrieblicher ArbeitnehmerInnenschutz Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitskräfteüberlassung Betriebsvereinbarung Lohn(Gehalts)exekution Berufsausbildung Wichtiges aus dem Angestelltenrecht Betriebspensionsrecht I Betriebspensionsrecht II Abfertigung neu Betriebsrat – Personalvertretung Rechte und Pflichten Atypische Beschäftigung Die Behindertenvertrauenspersonen

GEWERKSCHAFTSKUNDE

GK-1 GK-2 GK-3

Was sind Gewerkschaften? Struktur und Aufbau der österreichischen Gewerkschaftsbewegung Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1945 Die Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung von 1945 bis heute

GK-4

Statuten und Geschäftsordnung des ÖGB

GK-5

Vom 1. bis zum 18. Bundeskongress

GK-7

Die Kammern für Arbeiter und Angestellte

Die VÖGB-Skripten online lesen oder als Gewerkschaftsmitglied gratis bestellen: www.voegb.at/skripten


3

Die Aktivseite der Bilanz Die Aktivseite einer Bilanz – sie wird auch als Vermögensseite bezeichnet – stellt das gesamte Vermögen der Gesellschaft dar. Im Mittelpunkt steht hier die Mittelverwendung. Bilanzierungspflichtige Unternehmen haben die Aktivseite der Bilanz wie folgt zu gliedern:

Aktiva ➔➔ Anlagevermögen –  Immaterielle Vermögensgegenstände – Sachanlagen – Finanzanlagen ➔➔ Umlaufvermögen – Vorräte –  Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände –  Wertpapiere und Anteile –  Kassabestand, Schecks, Guthaben bei Banken ➔➔ Aktive Rechnungsabgrenzung

Anlagevermögen Zum Anlagevermögen gehören jene Aktivposten, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zu dienen. „Dauernd“ bedeutet, dass die Gegenstände des Anlagevermögens über mehrere Produktionsperioden verteilt ihren Wert auf die erzeugten Produkte abgeben. Sie dienen dem Unternehmen daher nicht durch Verbrauch, sondern durch Gebrauch. In der Regel wird sich aus der Art des Vermögensgegenstandes schon die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen ableiten lassen. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, muss die Zugehörigkeit aufgrund dieser Definition geklärt werden (z. B. Grundstücke, die von einem Bauunternehmen

10


Anlagevermögen

3.1

erworben wurden; sind diese zur Bebauung und Weiterveräußerung bestimmt, gehören sie in das Umlaufvermögen des Bauunternehmens).

Immaterielle Vermögensgegenstände Zu dieser Gruppe gehören jene Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die man nicht „angreifen“ kann. Zu nennen sind hier insbesondere sämtliche Rechte wie Lizenzen, Patente, Konzessionen etc. Aktiviert werden dürfen diese Rechte jedoch nur dann, wenn sie käuflich erworben wurden. Selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände – wie z. B. EDV-Software – dürfen daher nicht in das Vermögen aufgenommen werden. Der Anschaffungswert – vermindert um etwaige Abschreibungen – wird als Wert in der Bilanz angesetzt. Die immateriellen Vermögensgegenstände sind wie folgt aufzugliedern:

Immaterielles Vermögen ➔➔ Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Vorteile sowie daraus abgeleitete Lizenzen ➔➔ Geschäfts(Firmen)wert ➔➔ geleistete Anzahlungen xx Geschäftswert/Firmenwert Bei einem Kauf eines Unternehmens wird in der Regel mehr bezahlt, als das bilanzmäßig ausgewiesene Eigenkapital beträgt. Die Differenz nennt man ­ ­Geschäfts- bzw. Firmenwert. Dieser Geschäftswert kann etwa auf hohen „Stillen Reserven“ im Anlagevermögen oder aber auch auf einer besonders bekannten Produktmarke mit hohen zukünftigen Gewinnerwartungen beruhen. Der Firmen­ wert wird in den nachfolgenden Geschäftsjahren abgeschrieben. xx Lizenz Eine Lizenz ist im Allgemeinen eine Genehmigung bzw. Erlaubnis etwa zur Nutzung eines Patentes.

11


3

Die Aktivseite der Bilanz xx Konzession Bei einer Konzession handelt es sich um eine behördliche Genehmigung zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes. xx Patent Ein Patent ist ein von einer Behörde (Patentamt) verliehenes Recht zur alleinigen Nutzung und gewerblichen Verwertung einer Erfindung.

Sachanlagevermögen Im Gegensatz zu den immateriellen Vermögensgegenständen handelt es sich beim Sachanlagevermögen um materielle Vermögensgegenstände. In dieser Gruppe wird jenes langfristig in Verwendung genommene Vermögen ausgewiesen, welches mehr oder minder unmittelbar zur betrieblichen Leistungserstellung „gebraucht“ wird. Mit Ausnahme der Grundstücke wird das Sachanlagevermögen durch den Gebrauch im Rahmen des Produktionsprozesses wertgemindert. Diese Wertminderung wird Abschreibung genannt. Das Sachanlagevermögen kann auch mit dem Begriff „Betriebsmittel“ umschrieben werden. In der Bilanz gibt es für das Sachanlagevermögen folgende Gliederungsvorschrift:

Sachanlagen ➔➔ Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, einschließlich Bauten auf fremdem Grund ➔➔ technische Anlagen und Maschinen, andere Anlagen ➔➔ Betriebs- und Geschäftsausstattung ➔➔ geleistete Anzahlungen und Anlagen in Bau

Finanzanlagevermögen Während immaterielles Anlagevermögen und Sachanlagen unmittelbar dem Geschäftsbetrieb des eigenen Unternehmens dienen und damit den „betrieblichen Erfolg“ (EBIT) erwirtschaften, umfassen Finanzanlagen Investitionen in

12


Anlagevermögen

3.1

fremde bzw. Tochterunternehmen, die in das Finanzergebnis des Unternehmens einfließen. Ein bedeutendes Abgrenzungsmerkmal des Anlagevermögens ist, dass die Finanz­ anlagen langfristigen „dauerhaften“ Charakter haben und nicht bloß Speku­ lationszwecken dienen. Kurzfristige Veranlagungen sind dagegen im Umlauf­ vermögen auszuweisen. Das Finanzanlagevermögen hat wie folgt dargestellt zu werden:

Finanzanlagen ➔➔ Anteile an verbundenen Unternehmen ➔➔ Beteiligungen ➔➔ Ausleihungen verbundene Unternehmen ➔➔ Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht ➔➔ Wertpapiere des Anlagevermögens xx Beteiligungen Beteiligungen sind Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch eine dauernde Verbindung zu diesen Unternehmen zu dienen. Als Beteiligung gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft in der Höhe von mindestens 20 %. Die Beteiligung als persönlich haftende/r GesellschafterIn an einer Personen­ gesellschaft gilt stets als Beteiligung. Beteiligungen an verbundenen Unternehmen müssen gesondert ausgewiesen werden. xx Verbundene Unternehmen Verbundene Unternehmen sind solche, die in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens einzubeziehen sind (in der Regel über 50%ige Beteiligung). xx Ausleihungen Ausleihungen sind Forderungen mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren.

13


3

Die Aktivseite der Bilanz xx Wertpapiere Bei der Zuordnung von Wertpapieren zum Anlagevermögen ist auf die Definition des Anlagevermögens zu achten („dauernd“). In diese Position werden auch jene Gesellschafteranteile verbucht, die nicht mehr unter den Beteiligungsbegriff fallen, aber auch nicht in Wertpapieren verbrieft sind (z. B. GmbH-Anteile mit einer geringen Anteilsquote).

Der Anlagespiegel Neben der geforderten Mindestgliederung der Vermögensseite ist zusätzlich der „Anlagespiegel“ darzustellen. Man versteht darunter die Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens zwischen zwei Bilanzstichtagen. Der Anlagespiegel kann wahlweise in der Bilanz oder im Anhang abgebildet werden und besteht in der Regel aus folgenden Spalten: Anschaffungswert zum 1. 1.

Zugänge

Abgänge

Umbuchungen

kumulierte Buchwert Abschreizum bungen 31. 12.

jährliche Abschreibung

xx Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zum 1. 1. In dieser Spalte werden die Vermögensgegenstände, die zum 1. 1. im Unternehmen vorhanden waren, zu unverminderten Anschaffungs- bzw. Herstellkosten dargestellt (im Unterschied zum „Buchwert“, bei dem von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten die Wertminderungen abgesetzt werden). Damit kommt der gesamte im Anlagevermögen ursprünglich investierte Betrag zum Ausdruck. xx Zugänge Als Zugänge werden die Investitionen des Geschäftsjahres verbucht. xx Abgänge Hier werden die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten aller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens erfasst, die im entsprechenden Geschäftsjahr aus dem Vermögen ausscheiden (etwa durch Verkauf, Vernichtung).

14


Anlagevermögen

3.1

xx Umbuchungen Bei Umbuchungen handelt es sich um Umgliederungen von Wirtschaftsgütern innerhalb der Bilanz. Beispiel: In Bau befindliche Anlagen werden fertiggestellt. Der Wert dieser Anlagen wird aus der Position „Im Bau befindlich“ herausgenommen (minus) und in die zutreffende Position (z. B. Gebäude, Maschinen) eingeordnet (plus). Positive und negative Beträge stehen einander gegenüber, die Summe ist stets null. xx Abschreibungen Die Abschreibung stellt die Wertminderung des Anlagevermögens dar. Im Anlagespiegel müssen sowohl die Abschreibungen des jeweiligen Geschäftsjahres als auch die Summe der bisherigen Abschreibungen („kumulierte Abschreibungen“) dargestellt werden (siehe Kapitel „Abschreibungen“).

Abschreibungen Planmäßige Abschreibungen Grundlage für den Wertansatz von Gütern des Anlagevermögens sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Allerdings dürfen diese Ausgaben nicht zur Gänze in einem Jahr gewinnmindernd geltend gemacht werden, sondern sind auf die Anzahl der Jahre aufzuteilen, für die das betreffende Wirtschaftsgut zur Verwendung bestimmt ist. Diese jährlichen Teilbeträge, die gewinnmindernd geltend gemacht werden, nennt man planmäßige Abschreibungen. Berechnung der planmäßigen Abschreibung: Wert der Anschaffung oder Herstellung betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für einzelne Nutzungsgegenstände hat sich als Handelsbrauch entwickelt und ist letztlich auch durch die Anerkennung

15


3

Die Aktivseite der Bilanz der Finanzbehörden bestimmt. Sie ist nicht gesetzlich fixiert. Sie kann daher die tatsächliche Lebensdauer beträchtlich unter- bzw. überschreiten. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird unter anderen durch folgende Faktoren bestimmt: xx verbrauchsbedingte und technische Abnutzung, z. B. durch gefahrene Kilometer eines Lkw xx natürlicher Verschleiß durch äußere und klimatische Einflüsse (z. B. Rost bei Autos) xx Substanzverringerung in Gewinnungsbetrieben (Bergbau, Steinbruch etc.) xx Ablauf der vertraglich oder gesetzlich festgesetzten Nutzungszeit z. B. bei Miet- oder Pachtverhältnissen, bei Patenten und Konzessionen Kauf einer Maschine: Anschaffungswert

1.500 €

Nutzungsdauer

5 Jahre

Abschreibung

Anschaffungswert Nutzungsdauer 1.500 / 5 = 300 €

Bei diesen 300 € handelt es sich um die jährliche Abschreibung. Nehmen wir nun an, die Maschine befindet sich bereits zwei Jahre in betrieblicher Verwendung: 1. Jahr

2. Jahr

16

Anschaffungswert

1.500

jährliche Abschreibung

–  300

Buchwert 31. 12. JAHR 1

=  1.200

Buchwert 1. 1. JAHR 1

1.200

jährliche Abschreibung

–  300

Buchwert 31. 12. JAHR 2

=  900


Anlagevermögen

3.1

Der Buchwert zum Ende des zweiten Geschäftsjahres kann auch wie folgt berechnet werden: Anschaffungswert

1.500

kumulierte Abschreibung

–  600

Buchwert zum 31. 12. JAHR 2

=  900

Die kumulierte Abschreibung entsteht durch Addition aller bisherigen jährlichen Abschreibungen. Eine Investition als solche ist ein erfolgsneutraler Vorgang (im Beispiel die 1.500 € Anschaffungswert). Dies bedeutet, dass die Investition keine Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung hat. Erfolgswirksam wirkt nur die jährliche Abschreibung (hier 300 €), indem sie als Aufwand gewinnmindernd geltend gemacht wird. Außerordentliche Abschreibungen Sachanlagevermögen Neben der eben beschriebenen planmäßigen Abschreibungen (der steuerrechtliche Begriff ist „Absetzung für Abnutzung“ – AfA) sind auch außerordentliche Abschreibungen möglich. Außerordentliche Abschreibungen müssen berücksichtigt werden, wenn die Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände durch außergewöhnliche Umstände verkürzt wird. Dies kann bei vorzeitigem Altern durch technischen Fortschritt, bei Nachfrageverschiebungen, Fehlinvestitionen, Katastrophen (Brand, Explosion) und bei einem Sinken der Wiederbeschaffungskosten der Fall sein. Finanzanlagevermögen Im Gegensatz zum Sachanlagevermögen können Finanzanlagen nicht planmäßig abgeschrieben werden, da sie grundsätzlich nicht abnutzbar sind. Finanzanlagen müssen jedoch dann außerordentlich abgeschrieben werden, wenn ihr Wert am Bilanzstichtag unter dem des Anschaffungswertes liegt. Dies kann bei Beteiligungen auf Verluste der Tochtergesellschaft, bei Wertpapieren auf sinkende Kurse und bei Ausleihungen auf deren Uneinbringlichkeit zurückzuführen sein.

17


3

Die Aktivseite der Bilanz Geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 13 EStG) Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungswert im Einzelnen 400 € nicht übersteigt, können im Jahr der Anschaffung, unabhängig von der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, sofort abgeschrieben werden. Die Abschreibungen dieser Vermögensgegenstände werden daher komplett in das Jahr der Anschaffung vorgezogen. In der Praxis wird diese Sonderabschreibung unter anderem bei folgenden Vermögensgegenständen in Anspruch genommen: Rechenmaschinen, Bürosessel, Lampen etc. Die Darstellung der Abschreibungen in der Bilanz xx planmäßige Abschreibungen xx außerordentliche Abschreibungen xx Abschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter Diese Abschreibungen werden vom Anlagevermögen direkt abgesetzt.

Beispiel: Maschine

18

Anschaffungswert

1.500 €

Nutzungsdauer

5 Jahre

Anschaffungswert zum 1. 1.

Zugänge

kumulierte Buchwert jährliche Abschreibung zum 31. 12. Abschreibung

1. Jahr

0

1.500

300

1.200

300

2. Jahr

1.500

0

600

900

300

3. Jahr

1.500

0

900

600

300

4. Jahr

1.500

0

1.200

300

300

5. Jahr

1.500

0

1.500

0

300


Anlagevermögen

3.1

Die Abschreibung wird auf der Aktivseite direkt vom Wert des Vermögensgegenstandes abgezogen. Der Buchwert zum 31. 12. ergibt sich dabei wie folgt: Anschaffungswert + Zugänge – Abgänge – kumulierte Abschreibungen =

Buchwert zum 31. 12.

Leasinggeschäfte Unter dem Schlagwort Leasing werden Verträge bezeichnet, die vom gewöhnlichen Mietvertrag bis zu verdeckten Ratenkaufverträgen reichen. In vielen Fällen handelt es sich jedoch um keine gewöhnliche Miete bzw. Pacht, sondern um eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung, die im Regelfall einen ansonsten abgewickelten Kauf ersetzt. Zivilrechtlicher Eigentümer bleibt in allen Fällen der Leasinggeber. Für die Bilanzierung ist jedoch das wirtschaftliche Eigentum relevant. Unternehmenrechtlich fehlen dazu jedoch eindeutige Regelungen, weshalb gerne die Einkommenssteuerrichtlinien herangezogen werden. Das Operating-Leasing kann am ehesten mit normalen Miet- oder Pachtverträgen verglichen werden. Es ist durch eine kurze Grundmietzeit und eine kurze Kündigungsfrist gekennzeichnet und das Investitionsrisiko verbleibt beim Leasinggeber. Für Pflege, Wartung und Instandhaltung ist ebenfalls der Leasinggeber verantwortlich. Das Leasinggut wird beim Leasinggeber bilanziert und der Leasingnehmer zahlt lediglich Leasingraten. Der Leasinggeber kann alle Investitionsbegünstigungen geltend machen. Finanzierungs-Leasing zeichnet sich durch eine längere Vertragsbindung und fehlende Kündigungsmöglichkeiten aus. Pflege, Wartung und Instandhaltung liegen idR beim Leasingnehmer. Hier wird das Leasinggut normalerweise beim Leasingnehmer bilanziert, da er das wirtschaftliche Eigentum hat. Ebenso stehen dem Leasingnehmer alle Investitionsbegünstigungen zu.

19


3

Die Aktivseite der Bilanz Umlaufvermögen Das Umlaufvermögen wird von jenen Vermögensgütern gebildet, die gewöhnlich innerhalb einer kürzeren Zeitspanne umgeformt bzw. umgesetzt werden (z. B. Vorräte, Zahlungsmittel).

Umlaufvermögen ➔➔ Vorräte ➔➔ Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände ➔➔ Wertpapiere und Anteile ➔➔ Kassenbestand, Schecks, Guthaben bei Banken ➔➔ Rechnungsabgrenzungsposten

Vorräte Als Vorratsvermögen werden die auf Lager befindlichen Waren und Stoffe bezeichnet, die für den Produktionsprozess oder den Absatz bestimmt sind. Dabei sind in der Bilanz folgende Positionen getrennt anzugeben: xx Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe xx unfertige Erzeugnisse xx fertige Erzeugnisse, Waren xx noch nicht abrechenbare Leistungen xx geleistete Anzahlungen xx Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Diese Gruppe der Vorräte stellt üblicherweise das Ausgangsmaterial der Pro­ duktion dar. Rohstoffe (z. B. das Holz bei einer Tischlerei) und Hilfsstoffe (Leim, Nägel) gehen in das Produkt ein, Betriebsstoffe (Schleifpapier) dagegen nicht. xx Unfertige Erzeugnisse Hier werden die vom Unternehmen selbst erstellten, jedoch noch in Arbeit befindlichen Erzeugnisse dargestellt (z. B. Tischplatte, Sessellehne).

20


Umlaufvermögen

3.2

xx Fertigerzeugnisse In dieser Position werden die vom Unternehmen bereits fertiggestellten Erzeugnisse abgebildet (z. B. fertiger Tisch). xx Waren Unter Waren werden jene Produkte verstanden, die vom Unternehmen erwor­ben wurden und ohne weitere Bearbeitung bzw. Verarbeitung verkauft werden sollen. Verschiedene Manipulationen, wie z. B. Sortimentsgestaltung, Sortiervorgänge und Verpackungsmaßnahmen zählen nicht zur Be- und Verarbeitung. xx Noch nicht abrechenbare Leistungen Hierbei handelt es sich vor allem um Auftragsleistungen der Bauwirtschaft, im Anlagenbau und um Dienstleistungen, wie etwa die Bearbeitung beigestellten Materials, noch nicht vollendete Werbe-, Architekturleistungen etc. Forderungen Im Geschäftsverkehr ist es üblich, dass Kunden/Kundinnen ein sogenanntes Kunden­ziel eingeräumt wird. Meistens erstreckt sich dieses Kundenziel über mehrere Wochen. Die Höhe der Forderungen – insbesondere der Kundenforderungen – ist einerseits von der Umsatzhöhe, andererseits auch von vereinbarten Zahlungsmodalitäten sowie der Bonität der Kunden/Kundinnen abhängig. In der Bilanz sind die Forderungen wie folgt aufzugliedern: xx Forderungen aus Lieferungen und Leistungen xx Forderungen gegen verbundene Unternehmen xx Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht xx sonstige Forderungen und Vermögensgegenstände Eine Forderung entsteht in der Regel dann, wenn eine Unternehmung die vereinbarte Leistung (Produktion, Dienstleistung) ihrerseits bereits erbracht hat, die Gegenleistung – zumeist die Bezahlung – aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

21


3

Die Aktivseite der Bilanz Beispiele für „sonstige Forderungen“: Forderungen gegenüber Finanzamt, Stadtkasse, Sozialversicherung, Forderungen aus an DienstnehmerInnen gewährten Darlehen. Die Forderungen sind hinsichtlich ihrer Fristigkeit aufzugliedern, Forderungen mit einer Restlaufzeit von länger als einem Jahr sind dabei gesondert anzugeben. Diese Aufgliederung kann entweder in der Bilanz oder im Anhang erfolgen. Die Fristigkeit der Forderungen ist insbesondere bei der Bilanzanalyse von besonderer Bedeutung!

Wertpapiere und Anteile Hier sind jene Wertpapiere und Anteile zu verbuchen, die nicht bestimmt sind, dauernd dem Betrieb zu dienen. Diese Wertpapiere weisen daher hinsichtlich ihrer Gebundenheit eine Nähe zu den liquiden Mitteln auf. Folgende Positionen sind getrennt anzugeben: xx Anteile an verbundenen Unternehmen und xx sonstige Wertpapiere und Anteile

Liquide Mittel Als liquide Mittel werden jene Vermögensgegenstände verstanden, die in einer gewissen Weise einen „geldähnlichen“ Charakter aufweisen. Der Begriff „liquide“ bedeutet „flüssig“. In der Bilanz ist diese Position nicht näher aufzugliedern. Sie setzen sich zusammen aus: xx Kassa xx Schecks xx Guthaben bei Banken

22


Umlaufvermögen

3.2

Aktive Rechnungsabgrenzung Rechnungsabgrenzungen dienen zur periodengerechten Abgrenzung von Vorgängen, die über den Abschlussstichtag hinaus wirken.

Beispiel: Am 1. 10. wird die Miete (24.000 €) für ein Jahr vorausbezahlt. Die Kassa wird durch diesen Geschäftsfall mit 24.000 € belastet. Okt.

Nov.

Dez.

Jän.

Feb.

März

April

6.000 €

Mai

Juni

Juli

Aug.

Sept.

18.000 €

Bis Ende Dezember beträgt der Mietaufwand allerdings nur 6.000 €. Der Miet­ aufwand wäre in der Gewinn- und Verlustrechnung zu hoch (um 18.000 €), wenn die gesamte Jahresmiete im laufenden Geschäftsjahr als Aufwand geltend gemacht wird.

Zur periodengerechten Abgrenzung wird in der Bilanz eine aktive Rechnungs­ abgrenzung gebildet: BILANZ AKTIVA

PASSIVA

1. 10.

Kassa

– 24.000

EK

– 6.000

31. 12.

ARA

+ 18.000

Als Mietaufwand werden nur 6.000 €, die tatsächlich dem laufenden Geschäftsjahr zugeordnet werden müssen, verbucht. Auf der Aktivseite wird gleichzeitig eine Rechnungsabgrenzung gebildet. Im neuen Jahr wird die Rechnungsabgrenzung gegen das Aufwandskonto auf­ gelöst. Die restlichen 18.000 € werden nun erfolgswirksam.

23


3

Die Aktivseite der Bilanz Wertberichtigungen zum Umlaufvermögen Wertberichtigung zu Vorräten Bei Vorräten kann der Fall eintreten, dass der Tagespreis zum Bilanzstichtag unter dem Anschaffungswert liegt. In diesem Fall muss eine Abschreibung (bzw. „Wertberichtigung) auf den niedrigeren Wert vorgenommen werden. Häufig tritt der Fall ein, dass der Tagespreis der auf Lager befindlichen Vorräte nicht exakt feststellbar ist, z. B. bei Ladenhütern oder veralteten Produkten. Eine unter Umständen zu geringe Abschreibung dieser Lagerbestände führt dazu, dass sich der Kaufmann buchhalterisch „reicher“ macht, als er/sie tatsächlich ist. Umgekehrt ist natürlich auch eine zu hohe Abschreibung denkbar, was die Bildung von stillen Reserven zur Folge hat.

Anlagevermögen – Umlaufvermögen Kriterium

Anlagevermögen

Umlaufvermögen

Gebrauch

Verbrauch

Grundstück, Gebäude, Maschinen

Vorräte, Kassa

langfristig

kurzfristig

Kosten

Versicherung, Instandhaltung, Abschreibung

Lagerkosten

Branchen

Industrie (Metall, Papier)

Handel

Zweck Beispiele

Gebundenheit Flexibilität

24


UmlaufvermĂśgen

3.2

Wertberichtigung zu Forderungen Grundlage fĂźr die Bewertung der Forderungen ist deren Einbringlichkeit. Voll einbringliche Forderungen werden in der Bilanz mit ihrem vollen Wert angesetzt. Ergibt sich jedoch hinsichtlich der Einbringlichkeit ein Zweifel, so muss diesem in der Bilanz Rechnung getragen werden. Die Forderung wird in diesem Fall nur mit dem einbringlichen Teil angesetzt. Der uneinbringliche Teil wird als Aufwand verbucht.

25


4

Die Passivseite der Bilanz Die Passivseite der Bilanz stellt dar, aus welchen Quellen bzw. in welcher rechtlichen Form der Unternehmung Kapital zur Verfügung steht. Mit anderen Worten: „Die rechte Seite der Bilanz bzw. Passivseite zeigt, wie die linke Seite bzw. Vermögensseite finanziert wurde.“ Die Positionen der Passivseite sind laut UGB folgendermaßen zu gliedern:

Passiva ➔➔ Eigenkapital ➔➔ Unversteuerte Rücklagen ➔➔ Rückstellungen ➔➔ Verbindlichkeiten ➔➔ Rechnungsabgrenzungsposten

Eigenkapital Zum Eigenkapital gehören alle Mittel, die dem Unternehmen von den Eigen­ tümerInnen (AktionärInnen bzw. GesellschafterInnen) zur Verfügung gestellt werden, sowie die im Unternehmen erwirtschafteten und nicht an die Eigen­ tümerInnen ausgeschütteten Gewinne (Rücklagen). Das Eigenkapital dient vorrangig als Risikopolster für mögliche Verluste sowie als Haftungsbasis für Schulden. Jeder Verlust mindert das Eigenkapital. ­Gewinne, die nicht ausgeschüttet werden, sowie Kapitalzuführungen erhöhen hingegen das Eigenkapital. Zum Eigenkapital zählen einerseits die laut UGB ausdrücklich dem Eigenkapital zugerechneten Positionen. Da auch die unversteuerten Rücklagen aus dem ­Gewinn gebildet werden, sind diese ebenfalls wirtschaftlich dem Eigenkapital zuzuordnen.

26


Eigenkapital

4.1

Eigenkapital ➔➔ Eigenkapital laut Bilanz Nennkapital (Grund-, Stammkapital) Kapitalrücklagen Gewinnrücklagen Bilanzgewinn (Bilanzverlust)

➔➔ Unversteuerte Rücklagen

Nennkapital (Grund- bzw. Stammkapital) Das Grundkapital einer AG ist in Aktien, das Stammkapital einer GmbH in Stammeinlagen zerlegt. Mindestsumme Aktiengesellschaft

70.000 €

GmbH

35.000 €

Die Aktie Aktien dürfen nicht für einen geringeren Betrag als den Nennbetrag (oder den auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals) ausgegeben werden. Für einen höheren Betrag ist die Ausgabe zulässig, die Differenz nennt man „Agio“ oder Aufgeld. Ein erzieltes Agio ist bei einer Aktienausgabe verpflichtend in die gebundene Kapitalrücklage einzustellen. Der Kurswert ist hingegen der Markt- bzw. Börsewert einer Aktie.

27


4

Die Passivseite der Bilanz Bilanzgewinn/-verlust Der Bilanzgewinn wird aus der Gewinn- und Verlustrechnung übernommen. Der Bilanzgewinn stellt nicht den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn der Gesell­schaft dar. Seine Höhe ist im Interesse der Ausschüttungspolitik „frei“ gestaltbar. Der Bilanzgewinn stellt jenen Betrag dar, der maximal für die Ausschüttung an die EigentümerInnen zur Verfügung steht. Jener Teil des Bilanzgewinnes, der letztendlich nicht ausgeschüttet wird, wird im Folgejahr als ­Gewinnvortrag ausgewiesen. Soll den GesellschafterInnen eine hohe Dividende ausgeschüttet werden, so muss ein hoher Bilanzgewinn gebildet werden, unter Umständen auch mit Hilfe von Rücklagenauflösungen. Soll die Dividende gering sein, werden höhere Rücklagenzuweisungen vorgenommen, wodurch der Bilanzgewinn verringert wird.

Gewinnverwendung Jahresüberschuss im Unternehmen einbehalten – Thesaurierung Dotierung von Gewinnrücklagen xx Eigenkapitalstärkung, Reserven für Krisenzeiten, Investitionen xx Wenn keine Dividende: –  Alternativveranlagungen werden attraktiver –  Kurs gerät unter Druck –  Gefahr von (feindlichen) Übernahmen steigt

28

Dividende ausschütten Bilanzgewinn

xx Dividende stellt neben Kurssteigerungen Einkommen für EigentümerInnen dar xx Höhe sollte abhängig von wirtschaftlicher Lage sein xx Kapital wird abgezogen, Platz für Verluste wird kleiner xx Bestandsgefährdung


Eigenkapital

4.1

Rücklagen Alle Rücklagen, auch die unversteuerten, sind Eigenkapitalbestandteile! Sie entstehen durch: xx Nichtausschüttung von Gewinnen (erwirtschaftete Gewinne verbleiben im Unternehmen) xx Zuführung von außen (Kapitalrücklagen) durch die EigentümerInnen Es wird zwischen Kapital- und Gewinnrücklagen unterschieden; bei den Gewinnrücklagen ferner zwischen versteuerten und unversteuerten. Der getrennte Ausweis von Rücklagen nach der Art ihrer Entstehung dient vor allem dem besseren Einblick in die Unternehmensfinanzierung. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, zwischen Innen- und Außenfinanzierung zu unterscheiden. Kapitalrücklagen Kapitalrücklagen sind Rücklagen, die nicht aus dem Jahresüberschuss gebildet werden, sondern durch Kapitaleinzahlung (Bareinlagen, Sacheinlagen) entstanden sind. Sie werden der Gesellschaft von außen zugeführt und gehören daher zur Außenfinanzierung. Bei Kapitalrücklagen ist zwischen gebundenen und nicht gebundenen zu unterscheiden. Die Verwendung der gebundenen Kapitalrücklage (= Auflösung!) ist gesetzlich vorgeschrieben: Sie darf nur zur Abdeckung eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes aufgelöst werden. Als gebundene Kapitalrücklage sind u. a. auszuweisen: xx das Agio (die Differenz zwischen Nennwert und Kurswert) bei Aktienausgaben xx Zuzahlungen von GesellschafterInnen gegen Gewährung eines Vorzuges In die nicht gebundene Kapitalrücklage werden sonstige Zuzahlungen von GesellschafterInnen eingestellt. Gewinnrücklagen Als Gewinnrücklagen dürfen nur Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Jahresüberschuss gebildet worden sind. Durch die Trennung von Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen soll die Ertragskraft des Unternehmens besser dargestellt werden.

29


4

Die Passivseite der Bilanz xx Gesetzliche Rücklage Die gesetzliche Rücklage ist vorgeschrieben für Aktiengesellschaften und GmbHs, für die nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bestellt werden muss. Sie muss mit mindestens 5 % des Jahresüberschusses (vermindert um einen etwaigen Verlustvortrag) so lange gebildet werden, bis die gebundenen Rücklagen (gesetzliche Rücklage + Kapitalrücklage) insgesamt mindestens 10 % des Nennkapitals erreicht haben. Die Verwendung der gesetzlichen Rücklage (= Auflösung!) ist gesetzlich vorgeschrieben: Sie darf nur zur Abdeckung eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes aufgelöst werden. xx Satzungsmäßige Rücklage Per Satzung kann die Bildung von Rücklagen vorgesehen sein. xx Freie Rücklage Hier werden jene einbehaltenen Gewinne eingestellt, die nicht einer unversteuerten Rücklage zugeführt werden können. Da die Bildung dieser Rücklage keine steuerliche Relevanz hat, ist deren Höhe frei bestimmbar.

Bildung von Gewinnrücklagen und unversteuerten Rücklagen Die Bildung einer Gewinnrücklage erfolgt aus dem Jahresüberschuss. Auch die unversteuerten Rücklagen sind Gewinnrücklagen, da diese ebenfalls aus dem Jahresüberschuss gebildet werden. Folgendes gilt demnach auch für die unversteuerten Rücklagen. Der Jahresüberschuss wird durch eine Rücklagenzuführung oder -auflösung nicht verändert. Es erfolgt lediglich eine Verschiebung innerhalb des Eigenkapitals. Der Bilanzgewinn wird kleiner, die Rücklagen erhöhen sich dagegen bzw. vice versa.

30


Eigenkapital

4.1

Beispiel: Vor der Rücklagenbildung weisen der Jahresüberschuss und das Eigenkapital folgende Werte auf: GuV Jahresüberschuss = Bilanzgewinn

800.000 800.000

Passivseite der Bilanz Nennkapital

500.000

Bilanzgewinn Rücklagen

800.000 200.000

Eigenkapital

1.500.000

Nach der Rücklagendotierung in der Höhe von 200.000 € ergibt sich: GuV Jahresüberschuss – Dotierung Rücklagen = Bilanzgewinn

800.000 – 200.000 600.000

Passivseite der Bilanz Nennkapital

500.000

Bilanzgewinn Rücklagen

600.000 400.000

Eigenkapital

1.500.000

Durch die Rücklagendotierung (-zuführung) bleibt das Eigenkapital in Summe unverändert. Ebenso bleibt der Jahresüberschuss unverändert. Lediglich der Bilanzgewinn wird kleiner und die Rücklagen größer. Es erfolgt somit auf der Passivseite der Bilanz eine Verschiebung zwischen den Positionen Bilanzgewinn und Rücklagen. Eine Rücklagenauflösung wirkt sich genau umgekehrt aus. Der Bilanzgewinn wird vergrößert, die Rücklagen werden verringert. Auch dieser Vorgang hat keine Auswirkungen auf Jahresüberschuss und Eigenkapital. Durch eine Rücklagenauflösung besteht somit die Möglichkeit, den Bilanzgewinn höher auszuweisen und somit mehr auszuschütten. Durch die Auflösung von Rücklagen kann somit trotz eines Jahresfehlbetrages ein positiver Bilanzgewinn ausgewiesen werden. Dadurch kann das Unternehmen, selbst wenn Verluste gemacht wurden, eine Dividendenausschüttung vornehmen.

31


4

Die Passivseite der Bilanz Unversteuerte Rücklagen Unversteuerte Rücklagen sind Eigenkapitalbestandteile und stellen ebenfalls Gewinnrücklagen dar. Dabei darf unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Investitionstätigkeit) ein Teil des Jahresüberschusses steuerfrei gestellt werden. Dieser muss jedoch einer unversteuerten Rücklage zugeführt werden. Die Zuführung dieser Beträge zu einer Rücklage soll einerseits die Ausschüttung dieser Mittel für eine gewisse Zeit verhindern. Andererseits soll die steuerfreie Bildung von Rücklagen bestimmte Anreize schaffen, etwa zur Investitionstätigkeit. Die Art und Höhe der Rücklagenbildung ist vom Vorhandensein konkreter Geschäftsfälle abhängig, wurde jedoch in den letzten Jahren stark eingeschränkt. Der Investitionsfreibetrag IFB wurde z. B. abgeschafft.

Beispiel: xx Übertragung stiller Reserven, Übertragungsrücklage (§ 12 EStG) Werden Teile des Anlagevermögens veräußert, so können natürliche Personen (gilt nicht für Kapitalgesellschaften) die dabei aufgedeckten stillen Reserven (=Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös) ebenfalls den unversteuerten Rücklagen zugeführt werden, wenn innerhalb einer bestimmten Frist (z. B. 15 Jahre für Grundstücke und ­Gebäude) ein ähnliches Vermögensgut angeschafft wird. Dadurch ist die Steuerbelastung niedriger. Was ist eine stille Reserve? Verkauf einer Maschine Verkaufserlös: 30.000  € Buchwert der Maschine: 10.000 €

32

Ermittlung der stillen Reserve: Verkaufserlös – Buchwert

30.000 – 10.000

= Stille Reserve

20.000


Eigenkapital

4.1

Durch den Verkauf werden stille Reserven in der Höhe von 20.000 € aufgelöst. Wird dieser Ertrag aus dem Anlagenverkauf im gleichen Geschäftsjahr wieder investiert, bleibt er unter Anwendung des § 12 EStG steuerfrei.

Der Eigenkapitalbegriff In der Bilanz werden nur das Nennkapital, die Kapital- und Gewinnrücklagen sowie der Bilanzgewinn ausdrücklich als Eigenkapital bezeichnet. Da aber auch die unversteuerten Rücklagen – wie in den vorhergehenden Beispielen gezeigt wurde – aus dem Jahresüberschuss gebildet werden, sind sie im betriebswirtschaftlichen Sinn ebenfalls Eigenkapital und müssen daher auch in den Eigenkapitalbegriff hineingenommen werden. In der Bilanzanalyse wird daher der Begriff Eigenkapital für das gesamte Eigen­kapital verwendet.

Eigenkapital (im betriebswirtschaftlichen Sinn) A. Eigenkapital I. Nennkapital II. Kapitalrücklagen III. Gewinnrücklagen IV. Bilanzgewinn

B. unversteuerte Rücklagen

33


4

Die Passivseite der Bilanz Rückstellungen Rückstellungen sind Schulden des Unternehmens, deren Höhe und/oder Zeitpunkt der Fälligkeit nicht genau bekannt sind. Gleichzeitig sind Rückstellungen immer mit einem Aufwand verbunden. Rückstellungen sind Fremdkapital. Beispiel: Ein Prozess wurde verloren, die Gerichtskosten sind daher von der Gesellschaft zu bezahlen. Da am Bilanzstichtag noch keine Rechnung ausgestellt wurde, muss die Gesellschaft eine Rückstellung für den zu erwartenden Aufwand bilden. Die Höhe dieser Rückstellung wird sich nach den „Erwartungen“ der Gesellschaft richten. Nehmen wir nun an, es wird eine Rückstellung von 100.000 € gebildet. Der Jahresüberschuss vermindert sich um diesen Betrag. Im nächsten Jahr trifft die Rechnung ein, der Betrag lautet auf 60.000 €. Dies bedeutet, dass die Rück­stellung um 40.000 € zu hoch gebildet wurde, dieser Betrag ist daher aufzu­lösen. Der Jahresüberschuss (des nächsten Jahres) erhöht sich in der Folge um 40.000 €. Der tatsächliche Rechnungsbetrag, also 60.000 €, stellt dagegen ­einen Verbrauch der Rückstellung dar, was in der Erfolgsrechnung keine Auswir­kung hat. Folgende Rückstellungen müssen in der Bilanz unterschieden werden: xx Rückstellungen für Abfertigungen xx Rückstellungen für Pensionen xx Steuerrückstellungen xx sonstige Rückstellungen Unter die sonstigen Rückstellungen fallen z. B.: – Garantien u. Gewährleistung – Prozesskosten – nicht konsumierte Urlaube – Jubiläumsgelder – Verluste aus „schwebenden Geschäften“ – Produkthaftung

34


Fremdkapital

4.2

Rückstellungen spielen bei der Analyse einer Bilanz eine große Rolle. Durch die Unsicherheit hinsichtlich ihrer voraussichtlichen Höhe entsteht ein Schätzungsspielraum, der für das Ergebnis (Jahresüberschuss) bedeutsam sein kann. Es ist durchaus möglich, dass in den Rückstellungen „Eigenkapital“ versteckt ist, da sie zu hoch gebildet wurden. Deutlich erkennbar ist dies bei Rückstel­ lungen für nicht konsumierte Urlaube. Grundlage dafür ist die Annahme, dass sämtliche offene Urlaube in Geld abgefertigt werden. Dieser Fall tritt jedoch in der Realität nicht ein, die Rückstellung muss trotzdem „fiktiv“ gebildet werden.

Sozialkapital Für „Rückstellungen für Abfertigungen und Pensionen“ wird oft auch der Begriff „Sozialkapital“ verwendet. Eine Zuordnung dieser Positionen zu Eigen- oder Fremdkapital ist umstritten. Rein von der Definition her ist das Sozialkapital eine Schuld gegenüber den ­ArbeitnehmerInnen, wobei allerdings deren Eintreffen, Höhe und Fälligkeit nicht genau feststehen. Damit wäre das Sozialkapital dem Fremdkapital zuzuordnen. Betrachtet man die Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen jedoch von ihrer Finanzierungsfunktion, so sprechen einige Argumente für den Eigenkapital­ charakter des Sozialkapitals: xx Langfristigkeit (nahezu „unbegrenzt“) xx Zinsenlosigkeit xx freie Disposition des Unternehmers/der Unternehmerin Abfertigungsrückstellungen Bezüglich der Verbuchung von Abfertigungen muss zwischen dem Abfertigungssystem „alt“ und der Abfertigung „neu“ unterschieden werden. Während beim neuen Abfertigungssystem (jedenfalls neue Dienstverhältnisse ab 2003) 1,53 % der Bruttolohnsumme vom/von der UnternehmerIn an eine rechtlich selbständige Mitarbeitervorsorgekasse überwiesen werden und dadurch der/die ArbeitgeberIn von einer Abfertigungsleistung entbunden ist, muss beim alten System das Unternehmen selbst Vorsorge treffen, um einer eventuellen Abfertigungszahlung nachkommen zu können.

35


4

Die Passivseite der Bilanz Für jene MitarbeiterInnen, die noch dem „alten“ Abfertigungssystem zugeteilt sind, sieht das österreichische Arbeitsrecht (§ 2 Abs 1 ArbAbfG für Arbeiter bzw. § 23 AngG für Angestellte) vor, dass ArbeitnehmerInnen, die gekündigt werden oder deren Arbeitsverhältnis einvernehmlich gelöst wird, ein Recht auf eine Abfertigung haben. Die Höhe des Abfertigungsanspruches ist dabei abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit und beträgt immer ein Vielfaches des Monatsentgeltes. Über kollektivvertragliche Bestimmungen oder Dienstverträge kann sich eine abweichende Regelung ergeben, die jedoch auf keinen Fall schlechter sein darf. Für das Unternehmen besteht durch die gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung, für die MitarbeiterInnen eine Abfertigung zu zahlen, grundsätzlich bereits ab Beginn eines Dienstverhältnisses eine ungewisse Verbindlichkeit. Ungewiss ist einerseits, ob der/die MitarbeiterIn später überhaupt Anspruch auf eine ­Abfertigung haben wird (z. B. nicht bei Selbstkündigung) und wie hoch letzt­ endlich die Abfertigungszahlung sein wird. Die Abfertigungsrückstellung zählt jedenfalls gemäß § 198 Abs 8 Z 4 UGB zu der Gruppe der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und muss daher im Rahmen des UGB-Jahresabschlusses gebildet werden. Die betragsmäßige Höhe der Abfertigungsrückstellung muss nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (Fluktuation, Frauen – Männer, Sterberate etc.) berechnet werden. Auch finanzmathematische Berechnungsverfahren sind zulässig und werden häufig verwendet. Dabei sind laufende Erhöhungen des Entgelts (Kollektivvertrag, Biennal­sprünge) und qualifikationsbezogene Entgeltsteigerungen (z. B. Beförderung) zu berücksichtigen. Neben der versicherungs- bzw. finanzmathematischen Methode darf vereinfachend auch ein bestimmter Prozentsatz der fiktiven Ansprüche als Rückstellungsbetrag angesetzt werden, wenn dagegen keine erheblichen Bedenken bestehen. Die Unternehmen müssen dann jedoch durch regelmäßige Kontrollrechnungen belegen, dass der Differenzbetrag nicht höher als 5 % ist. Seit 2007 besteht keine Wertpapierdeckung für die Abfertigungsrückstellung mehr.

36


Fremdkapital

4.2

Exkurs: Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen seit dem Jahr 2005 ihre ­Konzernabschlüsse verpflichtend nach den internationalen Rechnungs­ legungsstandards (IAS/IFRS) erstellen. Die Bilanzierung und Bewertung von sämtlichen Leistungen an ArbeitnehmerInnen, darunter fallen auch Abferti­ gungen und Pensionen, werden in IAS 19 geregelt. IAS 19 sieht die Berücksichtigung von inflationsbedingten und qualifikationsbezogenen Gehaltssteigerungen zwingend vor, wodurch der Wertansatz nach IAS/IFRS bei den meisten Unternehmen über dem UGB-Ansatz liegen dürfte. Unternehmen, die im Konzernabschluss Pensions- und Abfertigungsrückstellungen nach IAS 19 ermitteln, können diese Ansätze auch für den Einzelabschluss ­verwenden, weil das österreichische Fachgutachten KFS/RL 2 und 3 den „IAS-19-Standard“ als UGB-konform definiert.

Das „neue“ Abfertigungssystem ist auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwen­den, die nach dem 31.12.2002 beginnen. ArbeitnehmerInnen, deren Arbeits­ verhältnis schon vor dem 01.01.2003 bestanden hat, bleiben grundsätzlich im alten Abfertigungssystem, können jedoch bei Einigung mit ihrem/ihrer ­ArbeitgeberIn für einen Übertritt in das neue System optieren (Teilübertritt, Vollübertritt). Die rechtliche Grundlage der „Abfertigung neu“ bildet das BMSVG (Betriebliches Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorgegesetz). Vom Arbeitgeber bzw. der ­Arbeitgeberin werden monatlich 1,53 % der Lohn- und Gehaltssumme an eine Abfertigungskasse bezahlt. Der Abfertigungsanspruch besteht somit nicht mehr wie beim alten System gegenüber dem/der ArbeitgeberIn, sondern gegenüber der BV-Kasse. Es ist somit keine Rückstellungsbildung mehr notwendig, sondern nur mehr eine laufende Aufwandsbuchung im Rahmen der Überweisung an die BV-Kasse. Der Abfertigungsanspruch geht im neuen System auf keinen Fall verloren. Eine bare Auszahlung ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar nur unter

37


4

Die Passivseite der Bilanz gewissen Umständen möglich. Ansonsten wird der erworbene Anspruch zum/ zur nächsten DienstgeberIn (Rucksack) mitgenommen. Pensionsrückstellungen Speziell um Führungskräfte stärker an das Unternehmen zu binden, können neben den laufenden Gehaltszahlungen zusätzlich Pensionszahlungen zugesagt werden. Es gibt Pensionszusagen im Sinne des Pensionskassengesetzes. Dabei wird das Unternehmen mit der Einzahlung an die Pensionskassa (ähnlich wie beim neuen Abfertigungssystem) von ihrer Verpflichtung entbunden und die PensionsempfängerInnen haben in weiterer Folge einen Anspruch gegenüber der Versicherungs- bzw. Pensionskassengesellschaft. Die laufende Beitragszahlung an die Pensionskasse, Versicherungs- oder Fondsgesellschaft wird als laufender Aufwand verbucht. Davon zu unterscheiden sind Betriebspensionen im engeren Sinn, die direkt vom Unternehmen geleistet werden. Der Anspruch der ArbeitnehmerInnen besteht direkt gegenüber dem/der ArbeitgeberIn. Unternehmensrechtlich besteht gemäß § 211 Abs 8 Z 4b UGB für UnternehmerInnen eine Verpflichtung zur Rückstellungsbildung für unwiderruflich zugesagte Pensionsleistungen. Die Berechnung muss dabei nach versicherungsmathematischen Grundsätzen erfolgen. 50 % der steuerlichen Pensionsrückstellungen, nicht hingegen Abfertigungsrückstellungen, sind durch Wertpapiere zu decken.

Verbindlichkeiten Zum Unterschied von Rückstellungen sind Höhe und Fälligkeit bei den Verbindlichkeiten bekannt. Verbindlichkeiten sind Schulden der Gesellschaft.

38


Verbindlichkeiten

4.3

Die Verbindlichkeiten sind in der Bilanz wie folgt zu gliedern:

Verbindlichkeiten ➔➔ Anleihen ➔➔ Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten ➔➔ erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen ➔➔ Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ➔➔ Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel ➔➔ Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen ➔➔ Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht ➔➔ sonstige Verbindlichkeiten xx Anleihen Dabei handelt es sich um Fremdkapital, das große Unternehmen durch die Inanspruchnahme des öffentlichen Kapitalmarktes aufbringen. Anleihen sind langfristiges Fremdkapital. xx Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten In den Bankverbindlichkeiten sind sowohl Kontokorrentkredite als auch langfristige Investitionskredite enthalten. xx Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen Anzahlungen werden vor allem im Großanlagenbau vom/von der AuftraggeberIn geleistet. Bei der Betrachtung der Bilanz sollte man die Höhe dieser Position mit den halbfertigen und fertigen Erzeugnissen (im Umlaufvermögen) vergleichen. Wenn die Anzahlungen vom Kunden höher sind, so kann damit gerechnet werden, dass sich die Liquidität im kommenden Jahr verschlechtern wird. Leistungen, für die die Bezahlung schon erhalten wurde, müssen noch erstellt werden. Anzahlungen stellen einen unverzinsten Kredit dar.

39


4

Die Passivseite der Bilanz xx Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Sie entstehen, weil gelieferte Waren in den seltensten Fällen sofort bezahlt werden. In der Regel wird dieser Kredit („Lieferantenkredit“) mit bestimmten Konditionen gewährt, z. B.: „Bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen kann ein Skonto von 3 % abgezogen werden, das Zahlungsziel beträgt 60 Tage.“ Der Beobachtung der Außenstände ist große Bedeutung zuzumessen, zumal eine optimale Ausnützung der Skonti eine wesentliche Verbesserung der finanziellen Situation mit sich bringen kann. xx Wechselverbindlichkeiten Hier werden Verbindlichkeiten, die wechselmäßig verbrieft wurden, abgebildet. xx Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht In diesen Positionen können sowohl Lieferantenkredite (etwa von der Konzernmutter) als auch langfristige Investitionskredite verrechnet werden. xx Sonstige Verbindlichkeiten Dieser Sammelposten soll all jene Verbindlichkeiten aufnehmen, deren gesonderter Ausweis nicht verlangt wird (z. B. Steuerschulden, Schulden gegenüber der Krankenkasse, Telefon und Porto, Versicherungen). Die Verbindlichkeiten sind in der Bilanz oder im Anhang hinsichtlich ihrer Fris­ tig­keit (kleiner als 1 Jahr, größer als 5 Jahre) aufzuteilen.

40


Verbindlichkeiten

4.3

Eigenkapital – Fremdkapital Kriterium

Eigenkapital

Fremdkapital

EigentümerInnen (AktionärInnen, GesellschafterInnen)

Gläubiger (Banken, LieferantInnen)

keine

ja

Fristigkeit

langfristig

langfristig / kurzfristig

Kosten

Dividende – variabel

Zinsen – in der Regel fix

... umso mehr Reserven – Bestandssicherheit

... umso besser ist die Rentabilität

Herkunft

Tilgung / Rückzahlung

Je höher ...

41


5

Die Gewinnund Verlustrechnung (UGB) Die Gewinn- und Verlustrechnung gibt über die Art und Höhe der Aufwendungen und Erträge Auskunft. Sie ist in Staffelform aufzustellen, wodurch es möglich wird, die Ertragsrechnung der Gesellschaft durch die Bildung von Zwischensummen nach Ergebnisquellen zu gliedern. Prinzipiell steht es dem/der Bilanzierenden frei, zwischen dem „Gesamtkostenverfahren“ und dem „Umsatzkostenverfahren“ zu wählen. In der Praxis hat das Gesamtkostenverfahren eine größere Bedeutung. Im folgenden Abschnitt sollen die einzelnen Posten der GuV im Rahmen des Gesamtkostenverfahrens erläutert werden. Im Anschluss daran werden die wesentlichen Unterschiede zum Umsatzkostenverfahren angeführt.

Gewinn- und Verlustrechnung Umsatzerlöse +/- Bestandsveränderung + Aktivierte Eigenleistungen von fertigen und unfertigen Erzeugnissen + sonstige betriebl. Erträge + Erträge aus Anlagenverkäufen + Erträge aus Rückstellungsauflösungen + sonstige Erträge – Materialaufwand u. Aufwand für bezogene Leistungen – Personalaufwand – Abschreibungen – Sonstige betriebliche Aufwendungen Gewinn = Betriebserfolg (EBIT Earnings before interest and tax)* entstehung + Erträge aus Beteiligungen + Erträge aus Wertpapieren + Sonstige Zinserträge + Erträge aus Finanzanlagenverkäufen – Aufwand aus Finanzanlagen – Zinsaufwand = Finanzerfolg = EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) +/- außerordentliches Ergebnis – Ertragssteuern = Jahresüberschuss – Dotierung Rücklagen Gewinn + Auflösung Rücklagen +/- Gewinnvortrag/Verlustvortrag verwendung = Bilanzgewinn

42

*) Anmerkung: Diese Zwischensumme stellt zwar den Betriebserfolg dar, laut Gesetz muss sie jedoch nicht als solcher bezeichnet werden. In vielen Gewinn- und Verlustrechnungen wird in dieser Zeile daher nur „Zwischen­summe von ... bis ...“ stehen.

Das Gesamtkostenverfahren


Das Gesamtkostenverfahren

5.1

Umsatzerlöse Hier werden alle Umsätze aus Lieferung oder Leistung erfasst. Darunter fallen Erlöse, die die eigentliche Betriebsleistung der Gesellschaft betreffen. Die Umsatzerlöse werden abzüglich der Erlösschmälerungen (= Preisnachlässe, Rabatte, Skonti) ausgewiesen. Es handelt sich daher um die Nettoumsätze. Die Umsatzerlöse sind im Anhang in Inlands- und Auslandsumsätze sowie nach Tätigkeitsbereichen näher aufzuschlüsseln. Bestandsveränderungen (Veränderungen des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie an noch nicht abrechenbaren Leistungen) Diese stellen die Veränderung der auf Lager befindlichen Halb- u. Fertigerzeugnisse dar. Die Bestandsveränderungen können positiv (Lageraufbau) oder negativ (Lagerabbau) sein. Hier werden jedoch auch Veränderungen des Wertansatzes berücksichtigt. Aktivierte Eigenleistungen Darunter versteht man selbsterstelltes Anlagevermögen, aber auch Großreparaturen und Leistungen für das Ingangsetzen, Erweitern und Umstellen eines Betriebes. Den anfallenden Aufwendungen (z. B. Löhne, Material) wird dabei diese Ertragsposition gegenübergestellt (Erfolgsneutralität der Investition!). Sonstige betriebliche Erträge Hier werden jene Erträge verbucht, die nicht direkt aus der betrieblichen Leis­ tung anfallen. Zu beachten ist, dass in dieser Position sowohl ordentliche als auch „außerordentliche“ Erträge ausgewiesen werden. Außerordentliche Erträge sind Erträge, die nichts mit der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu tun haben (z. B. Anlagenverkäufe) oder aus einem anderen Geschäftsjahr stammen, also periodenfremd sind. Sie werden jedoch nicht ausdrücklich als solche bezeichnet. xx Erträge aus dem Abgang vom und der Zuschreibungen zum Anlagevermögen mit Ausnahme der Finanzanlagen Erträge aus dem Abgang vom Anlagevermögen ergeben sich aus der Gegen­ über­stellung des Veräußerungserlöses mit dem Buchwert der abgegangenen Anlagen. Sie sind jedenfalls außerordentlich. xx Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen

43


5

Die Gewinnund Verlustrechnung Wurden Rückstellungen im Vorjahr zu hoch gebildet, müssen sie im Folgejahr erfolgswirksam aufgelöst werden. Sie sind ebenfalls außerordentlich. xx übrige sonstige betriebliche Erträge Hier werden alle Erträge erfasst, die aus der nicht unmittelbar für das Unternehmen typischen Geschäftstätigkeit (z. B. Kostenerstattungen, Mieterlöse, Kantinen- und Küchenerlöse, Erträge aus Werkswohnungen) resultieren. Es sollte geprüft werden, ob diese Position im Anhang näher aufgeschlüsselt wird, da sie auch außerordentliche Posten (z. B. Erträge aus Kursdifferenzen, Vergütung Schadensfälle, einmalige Erträge) enthalten kann. Materialaufwand und Aufwendungen für bezogene Leistungen Dieser Posten betrifft alle Materialaufwendungen, die in den Leistungsbereich des Unternehmens einfließen. Hier werden der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffverbrauch, der Energieverbrauch im Fertigungsbereich (z. B. Strom, Gas), Reparaturmaterial, Reinigungsmaterial und der Handelswareneinsatz verrechnet. Bezogene Leistungen sind insoweit unter dieser Position zu erfassen, als sie dem Materialaufwand gleichzusetzen sind (z. B. Materialbearbeitung bzw. -veredelung durch Dritte und Leihpersonal, soweit es in der Fertigung eingesetzt ist). Materialaufwand und bezogene Leistungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung getrennt voneinander auszuweisen.

44


Das Gesamtkostenverfahren

5.1

Personalaufwand Das Gesetz sieht folgende Mindestgliederung des Personalaufwandes vor:

Personalaufwand ➔➔ Löhne ➔➔ Gehälter ➔➔ Aufwendungen für Abfertigungen und Leistungen an betriebliche Vorsorgekassen ➔➔ Aufwendungen für Altersversorgung ➔➔ Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Sozialabgaben sowie vom Entgelt abhängige Abgaben und Pflichtbeiträge ➔➔ sonstige Sozialaufwendungen xx Löhne und Gehälter Hier werden die Bruttobezüge erfasst, einschließlich Sonderzahlungen, Prämien und Überstunden. In den Gehältern sind auch die Vorstands- bzw. GeschäftsführerInnenbezüge enthalten. Häufig werden auch die Zuführungen zu Personalrückstellungen (Jubiläumsgeld, noch nicht konsumierte Urlaube etc.) in dieser Position verrechnet. Diese können aber auch in den sonstigen sozialen Aufwendungen gefunden werden. Die Höhe der Vorstands- und GeschäftsführerInnenbezüge muss ab drei Personen im Anhang angegeben werden. xx Aufwendungen für Abfertigungen und Pensionen In diesen Positionen werden sowohl tatsächliche Abfertigungs- bzw. Pensionszahlungen des Geschäftsjahres verrechnet als auch Zuführungen zur Abfertigungs- und Pensionsrückstellung. Die Höhe der Rückstellungszuführungen kann mittels eines Bilanzvergleiches ermittelt werden. Auch Beitragszahlungen an betriebliche Vorsorgekassen sowie Pensionskassen werden hier verbucht.

45


5

Die Gewinnund Verlustrechnung xx Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Sozialabgaben Diese umfassen den gesetzlichen ArbeitgeberInnenanteil zur Sozialversicherung (Kranken-, Pensions-, Unfallversicherung etc.) sowie die lohn- und gehaltsabhängigen Abgaben (DienstgeberInnenbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds, Lohnsummensteuer, U-Bahnsteuer etc.). xx Sonstige soziale Aufwendungen Hier werden diverse freiwillige Personalaufwendungen, unter Umständen aber auch die Zuführungen zu den Personalrückstellungen verrechnet. Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen In dieser Position werden die planmäßigen Abschreibungen, die Abschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter (wenn nicht wesentlich) sowie die außerordentlichen Abschreibungen erfasst (siehe Kapitel „Abschreibungen“). Sonstige betriebliche Aufwendungen xx Steuern Hier werden alle Steuern erfasst, die nicht zu den Steuern von Einkommen und Ertrag und zu den personalabhängigen Steuern gehören (z. B. Grundsteuer, Verkehrssteuern, Abgaben). xx Übrige betriebliche Aufwendungen Dieser Posten bildet das Sammelbecken für alle nicht gesondert ausweispflichtigen Aufwendungen. Generell stellen diese Aufwendungen, neben den Materialaufwendungen, die Vorleistungsseite der Wertschöpfung dar. Insbesondere sind folgende Aufwendungen zu diesem Posten zu rechnen: –  Verwaltungsaufwand: Post, Telefon, Rechts-, Prüfungs- und Beratungskosten, Forderungsausfälle, Bankspesen, Beiträge an gesetzliche und freiwillige Berufsvertretungen, Versicherungen etc. –  Vertriebsaufwand: Werbeaufwand, Inserate, Provisionen etc. –  Betriebsaufwand: Kraftfahrzeugkosten, Fremdreinigung, Instandhaltung etc.

46


Das Gesamtkostenverfahren

5.1

In den übrigen betrieblichen Aufwendungen sind auch sämtliche Rückstellungsdotierungen (ausgenommen Personal- und Steuerrückstellungen) enthalten. Ferner ist zu beachten, dass in dieser Position auch außerordentliche Aufwendungen (z. B. Verluste aus Anlagenabgängen, Forderungsausfälle) verrechnet werden. Erträge aus Beteiligungen Dazu gehören Gewinnanteile aus Beteiligungen an Personengesellschaften, Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Gewinn­ über­rechnungen von Organgesellschaften. Im Anhang sind die hier enthaltenen Erträge aus Gewinngemeinschaften und aus sonstigen verbundenen Unternehmen anzugeben. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens Unter dieser Position werden Zinserträge aus festverzinslichen Wertpapieren des Anlagevermögens und aus Ausleihungen erfasst. Ebenfalls werden hier Erträge aus Dividendenpapieren verrechnet, soweit diese nicht als Beteiligungserträge zu erfassen sind. Sonstige Zinsen Hier werden z. B. die Zinserträge aus Bankguthaben und aus Wertpapieren des Umlaufvermögens erfasst. Erträge aus dem Abgang von und der Zuschreibung zu Finanzanlagen Erträge aus dem Abgang von Finanzanlagen ergeben sich aus der Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses mit dem Buchwert der abgegangenen Anlagen. Sie sind jedenfalls außerordentlich. Aufwendungen aus Finanzanlagen und aus Wertpapieren des Umlaufvermögens xx Abschreibungen xx Aufwendungen aus verbundenen Unternehmen Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere sind prinzipiell außerordentlich, da diese normalerweise keiner Wertminderung aufgrund ihrer Nutzung unterliegen. Die Abschreibungen können u.a. folgende Ursachen haben:

47


5

Die Gewinnund Verlustrechnung xx Wertminderung einer Beteiligung wegen auftretender Verluste xx Sinken des Kurses bei Wertpapieren Zinsen und ähnliche Aufwendungen Hier werden die Zinsaufwendungen des Unternehmens für sämtliche Verbindlichkeiten verbucht. Außerordentliche Erträge und Aufwendungen Der Begriff „außerordentlich“ wird im Rechnungslegungsgesetz sehr restriktiv ausgelegt. In den definitiv als „außerordentlich“ bezeichneten Positionen werden daher lediglich Aufwendungen, die aus einer Änderung des laufenden Betriebes resultieren, sowie Erträge und Aufwendungen verbucht, die nicht unmittelbar mit der eigentlichen Unternehmenstätigkeit verbunden sind: xx Aufwendungen durch Betriebsstilllegung xx Gewinne aus „sale & lease back“ xx außerplanmäßige Abschreibungen, die wegen außergewöhnlicher Ereignisse wie Katastrophen, Enteignung usw. anfallen xx außergewöhnliche Schadensfälle aufgrund betrügerischer Machenschaften xx einmalige Zuschüsse der öffentlichen Hand Aperiodische Aufwendungen und Erträge werden daher nicht bei den außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen verrechnet, ebensowenig Erträge aus Anlagenverkäufen und aus Rückstellungsauflösungen. Auch wenn diese Aufwendungen bzw. Erträge nicht ausdrücklich als „außerordentlich“ ausgewiesen werden, sondern in anderen Positionen „versteckt“ sind, sind sie dennoch nicht wiederholbar bzw. diesem Geschäftsjahr zurechenbar. Bei einer Bilanzanalyse sollten daher zusätzlich z. B. folgende Aufwendungen und Erträge in das außerordentliche Ergebnis gerechnet werden: xx Forderungsausfälle xx Materialschwund, Maschinenbruch xx Kursdifferenzen xx Periodenfremde Aufwendungen und Erträge (getrennte Ausweispflicht!) xx Rückstellungsauflösungen

48


Das Gesamtkostenverfahren

5.1

xx Gewinne aus Anlagenverkäufen xx außerordentliche Abschreibungen Steuern vom Einkommen und Ertrag Hier sind nur die Steuern von Einkommen und Ertrag zu erfassen. Verbucht wird hier vor allem die Körperschaftsteuer. In dieser Position werden auch die Auflösung von zu hoch gebildeten Ertragssteuerrückstellungen sowie Gutschriften für Ertragssteuern ausgewiesen. Der KÖST-Satz beträgt 25 %. Jahresüberschuss/-fehlbetrag Der Jahresüberschuss stellt den Erfolg bzw. Gewinn einer Wirtschaftsperiode dar und kann direkt aus der Gewinn- und Verlustrechnung abgelesen werden. Er ist jener Betrag, der das Eigenkapital in einer Wirtschaftsperiode erhöht bzw. vermindert (Jahresfehlbetrag) – abgesehen von Kapitalzuführungen und Dividendenausschüttungen. Zu beachten ist allerdings, dass im Jahresüberschuss auch Erfolge enthalten sind, die nicht unmittelbar im eigenen Unternehmen erwirtschaftet worden sind. Gemeint sind hier Erträge, die von Beteiligungsunternehmen übernommen worden sind (Beteiligungserträge) und Aufwendungen, die aus Abschreibungen oder Verlustübernahmen solcher Unternehmen stammen (Beteiligungsaufwendungen). Auch außerordentliche und aperiodische Erträge bzw. Aufwendungen beeinflussen den Jahresüberschuss. Ferner sollte ein/e externe/r BilanzleserIn bedenken, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, den Jahresüberschuss durch Bilanzpolitik bewusst zu gestalten. Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten gibt es vor allem bei den Rückstellungen und im Bereich der Bewertung (z. B. Höhe der planmäßigen Abschreibungen). Etwaige Verzerrungen, die sich dadurch ergeben, sind für externe BilanzleserInnen jedoch schwer nachvollziehbar. Auflösung und Zuweisung zu unversteuerten und versteuerten Rücklagen Da die Auflösung und Zuweisung sämtlicher Rücklagen eine Gewinnverwendung darstellen, werden sie aus dem Bereich der Ergebnisbildung herausgenommen und nach dem Jahresüberschuss ausgewiesen.

49


5

Die Gewinnund Verlustrechnung Jahresüberschuss +/– Rücklagenveränderungen +/– Gewinn-/Verlustvortrag

= Bilanzgewinn/-verlust

Bilanzgewinn/-verlust Der Bilanzgewinn/-verlust hat nichts mit dem „echten“ Gewinn einer Gesellschaft zu tun, er ergibt sich aus der Korrektur des Jahresüberschusses um die Rücklagenveränderungen plus dem Gewinn-/Verlustvortrag aus dem Vorjahr. Der Bilanzgewinn stellt den höchstmöglichen Ausschüttungsbetrag für das laufende Geschäftsjahr dar. Die Hauptversammlung bzw. Generalversammlung, die die Höhe der Ausschüttung zu beschließen hat, kann somit maximal auf den Bilanzgewinn zugreifen.

Das Umsatzkostenverfahren Das Umsatzkostenverfahren unterscheidet sich vom Gesamtkostenverfahren nur im ersten Teil der Gliederung, im Bereich des „Betriebserfolges“. Dieses Erfolgsrechnungsverfahren hat folgende Grundstruktur: Umsatzerlöse

50

Herstellungskosten

=

Bruttoergebnis vom Umsatz

+

sonstige betriebliche Erträge

Vertriebskosten

Verwaltungskosten

sonstige betriebliche Aufwendungen

=

Betriebserfolg


Das Umsatzkostenverfahren

5.2

Ab der Zwischensumme „Betriebserfolg“ entspricht die Gliederung des Umsatzkostenverfahrens jener des Gesamtkostenverfahrens. Von den Umsatzerlösen werden lediglich die zu ihrer Erzielung angefallenen Aufwendungen und nicht die Gesamtaufwendungen abgezogen. Dadurch entfallen die Korrekturposten „Bestandsveränderungen“ und „Aktivierte Eigenleistungen“. Weiters werden die betrieblichen Aufwendungen nach Funktionsbereichen zusammengefasst und vom Bruttoergebnis vom Umsatz in Abzug gebracht. Personalaufwendungen etwa sind daher nicht aus der GuV ersichtlich. Diese müssen jedoch im Anhang extra angeführt werden.

51


6

Grundzüge der Bewertung gemäß UGB Als Bewertung wird verstanden, Vermögen bzw. Schulden in Geld auszudrücken. Allgemeine Grundsätze der Bewertung nach dem UGB: xx Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewendeten Bewertungsmethoden sind prinzipiell beizubehalten. Ein Abweichen ist nur unter besonderen Umständen zulässig und muss im Anhang begründet werden. xx Bei der Bewertung ist von der Fortführung des Unternehmens auszugehen. xx Grundsatz der Vorsicht: Es dürfen nur die am Bilanzstichtag verwirklichten Gewinne ausgewiesen werden. Erkennbare Risiken und drohende Verluste müssen berücksichtigt werden.

Bewertung Bewertung nach UGB Grundstücke 5.000 Wertpapiere Beteiligungen Vorräte 1.000 Anschaffungswert = Obergrenze Gebäude Betriebsausstattung Maschinen Fuhrpark

„sale & lease back“ 4.000 = Gewinn, stille Reserve

MUSS

KANN (Zuschreibung)

Wertpapiere Beteiligungen Vorräte UGB: Vorsichtsprinzip, Gläubigerschutz, Niederstwertprinzip

52


6 xx Bewertung des Anlagevermögens Gegenstände des Anlagevermögens sind mit den Anschaffungskosten, vermindert um die planmäßigen Abschreibungen, anzusetzen. Außerplanmäßige Abschreibungen müssen vorgenommen werden, wenn solche Wertminderungen voraussichtlich von Dauer sind. Bei der Vermögensbewertung darf somit höchs­ tens der Anschaffungswert herangezogen werden. Bei Vermögensgegenständen, die im Laufe der Zeit allerdings mehr wert werden, darf nicht über den Anschaffungswert hinaus bewertet werden. Beispiel: Kauf eines Grundstückes im Jahr 1960 um 1 Mio. €. Heute hat dieses Grundstück einen Verkaufswert von 5 Mio. €. In der Bilanz darf dieses Grundstück trotzdem nur mit den Anschaffungskosten aktiviert werden. tatsächlicher Wert – Buchwert = Stille Reserve

5.000.000 –1.000.000 4.000.000

Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert (Tageswert, Verkehrswert) und dem Buchwert nennt man stille Reserve. Diese stille Reserve ist in der Bilanz nicht sichtbar. Sichtbar wird eine stille Reserve beim Verkauf, da dann der realisierte Verkaufspreis als Ertrag verbucht werden muss. xx Bewertung des Umlaufvermögens Das Umlaufvermögen ist prinzipiell mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Sinkt der Wert am Bilanzstichtag unter den Anschaffungswert (niedrigerer Börsenkurs oder Marktpreis), so sind Abschreibungen vorzunehmen. Auch das Umlaufvermögen darf maximal mit dem Anschaffungswert bilanziert werden. xx Imparitätisches Realisationsprinzip Noch nicht eingetretene Verluste, deren Ursachen schon am Bilanzstichtag bestanden haben, müssen in der Bilanz berücksichtigt werden (etwa unter den

53


6

Grundzüge der Bewertung Rückstellungen). Künftig zu erwartende Gewinne dürfen dagegen nicht berücksichtigt werden. Diese Bewertungsprinzipien führen dazu, dass sich der Kaufmann ärmer darstellt, als er in Wirklichkeit ist. Dahinter steht keine absichtliche Bilanzverzerrung, vielmehr sollte es jedem Kaufmann ermöglicht werden, Reserven zu bilden, damit er seine Verbindlichkeiten immer bezahlen kann. Die Bewertungsprinzipien beruhen primär auf dem Gedanken des Gläubigerschutzes.

Stille Reserven Stille Reserven sind nicht aus der Bilanz ersichtlich und entstehen durch Unterbewertung von Vermögen und/oder Überbewertung von Schulden. Sie können durch verpflichtend anzuwendende Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden entstehen. Ein Beispiel ist das Niederstwertprinzip für Vermögen. Ein Vermögensgegenstand – z. B. ein Grundstück – kann in der Bilanz höchstens zu Anschaffungskosten bilanziert werden, wodurch sich in der Höhe der Differenz zwischen Buchwert und aktuellem Verkehrswert eine stille Reserve ergibt. Stille Reserven entstehen auch durch Wahlrechte bei der Bilanzierung und Bewertung und durch Ungewissheiten bei Schätzungen (Herstellkosten von fertigen und unfertigen Erzeugnissen zum Mindestansatz; wertberichtigte Forderungen). Stille Reserven entstehen weiters, wenn zu hohe Rückstellungen gebildet werden oder zu hohe Abschreibungen von Vermögensgegenständen vorgenommen werden.

54


Stille Reserven

6.1

Stille Reserven Anlagevermögen Stille Reserven Umlaufvermögen

Eigenkapital Rückstellung Stille Reserven Verbindlichkeiten

xx Hauptsächlich in Grundstücken, Wertpapieren, Rückstellungen xx Aufdecken von stillen Reserven durch Verkauf xx Ausweis in der Gewinn-und Verlustrechnung unter „sonstige betriebliche Erträge“, in der Bilanzanalyse „außerordentlicher Ertrag“ xx Tatsächlicher Verkaufspreis (Marktwert, Tageswert, fair value) – Anschaffungswert bzw. Buchwert = Stille Reserve

55


7

Checkliste zur Überprüfung des Jahresabschlusses Folgende Fragen und Anregungen sollen vor allem Aufsichtsrätinnen und -räte bei der Überprüfung des Jahresabschlusses unterstützen. Die Checkliste dient als Überblick und Anhaltspunkt für eine sorgfältige Überwachungstätigkeit und Plausibilitätsprüfung. Beanstandungen im Vorfeld der Prüfung xx Hat der/die WirtschaftsprüferIn im Rahmen seiner/ihrer Prüfung Mängel im Rechnungswesen aufgedeckt? xx Gab es einen „Managementletter“ an den Vorstand, in dem dieser auf­ gefordert wird, bestimmte Mängel zu beheben? Wurde der Management­ letter dem Aufsichtsrat vorgelegt? Sind im Managementletter Hinweise auf strukturelle Probleme im Rechnungswesen oder Controlling ent­ halten? Übermittlung des Prüfberichts xx Wurde der Prüfbericht rechtzeitig vor der Aufsichtsratssitzung zugesandt (tunlichst eine Woche vorher)? Veröffentlichung xx Wurden die Veröffentlichungsvorschriften des Jahresabschlusses im ver­ gangenen Geschäftsjahr eingehalten (Wiener Zeitung, Firmenbuch, neun Monate nach Bilanzstichtag)? Umfang des Prüfberichts xx Sind die Positionen ausreichend tief gegliedert (z. B. übrige Erträge, übrige Aufwendungen etc.)? Bestätigungsvermerk xx Ist der Bestätigungsvermerk eingeschränkt? Gibt es eine Ergänzung des Prüfers/der Prüferin? Redepflicht gem. § 273 UGB xx Hat der/die PrüferIn Sachverhalte angeführt, die den Bestand des Unternehmens gefährden könnten?

56


7 xx Wie fallen die URG-Kennzahlen (Eigenkapitalquote und Verschuldungs­ dauer) aus? Ergibt sich daraus ein Reorganisationsbedarf? Gewinnverwendungsvorschlag xx Wird dem Aufsichtsrat ein Gewinnverwendungsvorschlag vorgelegt? Wie soll der Gewinn verwendet werden? Bewertung xx Wurden im Vergleich zum letzten Bilanzjahr Änderungen der Bewertungsgrundsätze vorgenommen? → Hinweis auf bilanzpolitische Maßnahmen xx Mit welchen Sätzen (Abschreibungsdauer) wurde das Anlagevermögen abgeschrieben? → Hinweis auf bilanzpolitische Maßnahmen xx Welche Abschreibungen wurden im Finanzanlagevermögen – Wertpapiere, Beteiligungen – vorgenommen? Wurden die erforderlichen Wertberich­ tigungen von Finanzanlagen durchgeführt, z. B. Kursverfall bei Wert­pa­ pieren? xx Nach welchen Kriterien wurden Wertberichtigungen von Vorräten und Forderungen gebildet? Unberücksichtigte oder zu hohe Wertberichtigungen führen zu einer Verzerrung des Jahresüberschusses. Rückstellungen xx Rückstellungbildungen und -auflösungen können die Höhe des Jahresüberschusses stark beeinflussen. Schenken Sie diesen daher große Beachtung und hinterfragen Sie große Bewegungen. xx Gibt es Risiken und zukünftige Aufwendungen, für die keine Rückstellungen gebildet wurden? xx Welche Rückstellungen wurden verbraucht, aufgelöst, neu dotiert? Wenn jährlich bestimmte Rückstellungen in hohem Umfang aufgelöst werden, ist dies ein Hinweis auf bilanzkosmetische Maßnahmen. Haftungen xx Welche Haftungen (Bürgschaften etc.) bestehen? Sind sie angemessen im Jahresabschluss abgebildet?

57


7

Checkliste zur Überprüfung des Jahresabschlusses Konzernbeziehungen xx Mit welchen Gesellschaften bestehen Konzernbeziehungen? xx Achten Sie auf die Leistungsströme zwischen den Konzernunternehmen (Material, Komponenten, Mieten, Verwaltungsumlagen, Zinsen, Personal­ kosten). Verrechnungspreise und Bewertungen von Leistungsströmen, die nicht dem „Marktwert“ entsprechen, haben einen Gewinntransfer innerhalb des Konzerns zur Folge. xx Welche Forderungen an Konzerngesellschaften gibt es, wie steht es mit der Einbringlichkeit? xx Welche Umsätze macht der Konzern nach außen, welche finden innerhalb des Konzerns statt? Durch „Aufblasen“ der Innenumsätze kann ein besseres Bild der Ertragslage vorgespiegelt werden, worauf einige Bilanzskandale der Vergangenheit zurückzuführen sind. xx Schenken Sie der wirtschaftlichen Lage der Konzerngesellschaften (Eigenkapital, Jahresüberschuss) Beachtung. Gibt es gefährdete Unternehmen? Welche Auswirkungen auf die Muttergesellschaft sind zu befürchten? Wurden diese Risken in der Bilanz berücksichtigt? Gewinn- und Verlustrechnung xx Wie wurden Instandhaltungen und Investitionen voneinander abgegrenzt? Falsch aktivierte Instandhaltungen führen zu einem künstlich höheren Jahresüberschuss. xx Welche außerordentlichen bzw. einmaligen Erträge und Aufwendungen gab es? xx Welche Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung wurden durch Rückstellungsdotierungen stark beeinflusst? Wirtschaftliche Lage xx Was sind die Ursachen von auffälligen Veränderungen einzelner Positionen in der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. in der Bilanz? Sind diese Veränderungen ausreichend im Geschäftsbericht bzw. Prüfbericht er­ läutert?

58


7 xx Wie haben sich Betriebserfolg, Finanzerfolg und Jahres端berschuss entwickelt, welche Ursachen stecken dahinter? xx Wie haben sich der Cashflow sowie die damit zu finanzierenden Investitionen bzw. Schuldentilgungen entwickelt? xx Welche Dividende ist geplant? Wie soll diese finanziert werden? Steht die Dividende im Einklang mit der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens?

59


8

60

Bilanz und Gewinn- und ­Verlustrechnung in Englisch Gewinn- und Verlustrechnung

Profit and Loss Account

Umsatzerlöse

Sales

Veränderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie an noch nicht abrechenbaren Leistungen

Changes in stocks of finished goods and work in progress

Aktivierte Eigenleistungen

Own work capitalized

Sonstige betriebliche Erträge

Other operating income

Betriebsleistung

Sales plus changes in inventories

Materialaufwand und Aufwendungen für bezogene Leistungen

Cost of materials and services

Personalaufwand

Personnel expenses

Abschreibungen

Amortization of intangible assets and depreciation of fixed assets

Sonstige betriebliche Aufwendungen

Other operating expenses

Betriebserfolg

Earnings before interest and tax (EBIT)

Beteiligungsergebnis

Investments income / expense

Zinsergebnis

Interest income / expense

Sonstiges Finanzergebnis

Other financial income / expense

Finanzergebnis

Financial results

Ergebnis vor Steuern

Earnings before tax (EBT)

Steuern vom Einkommen und Ertrag

Taxes on income

Ergebnisanteil Minderheitsbeteiligter

Minority interests

Jahresüberschuss

Profit for the period (P/P)

Gewinn je Aktie (in Euro)

Earnings per share


8 Bilanz AKTIVA Immaterielle Vermögensgegenstände Patente, Lizenzen und ähnliche Rechte Geschäfts- und Firmenwert

Balance Sheet ASSETS Intangible assets Patents, licences and similar rights Goodwill

Sachanlagen Grundstücke, grundstücksgleiche ­Rechte und Bauten, einschließlich der Bauten auf fremdem Grund Technische Anlagen und Maschinen Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung Geleistete Anzahlungen und Anlagen in Bau

Property, plant and equipment Land, rights to land and buildings, including buildings on land not owned

Finanzanlagen Anteile an verbundenen Unternehmen Sonstige Beteiligungen Wertpapiere Ausleihungen Sonstige Finanzanlagen

Investments Investments in subsidiaries Other investments Securities Loans granted Other financial assets

Anlagevermögen Vorräte Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Sonstige Forderungen Wertpapiere des Umlaufvermögens Aktive Rechnungsabgrenzungsposten Zahlungsmittel

Fixed and financial assets Inventories Accounts receivable – trade Other accounts receivable Marketable securities Accruals Cash and cash equivalents

Umlaufvermögen Latente Steuern

Current assets Deferred tax

Aktiva

Total Assets

Technical equipment and machinery Other equipment, plant and office equipment Prepayments and assets under construction

61


8

62

Bilanz und Gewinn- und ­Verlustrechnung in Englisch PASSIVA

EQUITY AND LIABILITIES

Grundkapital

Share capital

Kapitalrücklage

Capital reserves

Gewinnrücklagen

Retained earnings

Eigenkapital

Equity

Rückstellungen für Abfertigungen

Provisions for severance payments

Rückstellungen für Pensionen

Provisions for pensions

Latente Steuerrückstellungen

Provisions for deferred taxes

Laufende Steuerrückstellungen

Provisions for current taxes

Sonstige Rückstellungen

Other provisions

Rückstellungen

Provisions

Bankverbindlichkeiten

Bank loans and overdrafts

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

Accounts payable – trade

Sonstige Verbindlichkeiten

Other liabilities

Verbindlichkeiten

Liabilities

Rechnungsabgrenzungsposten

Deferred income

Passiva

Total Equity and Liabilities


SKRIPTEN ÜBERSICHT WIRTSCHAFT

POLITIK UND ZEITGESCHICHTE

WI-1

Einführung in die Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftswissenschaften

PZG-1A Sozialdemokratie und andere politische Strömungen der ArbeiterInnenbewegung bis 1945

WI-2

Konjunktur

WI-3

Wachstum

WI-4

Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

WI-5

Beschäftigung und Arbeitsmarkt

PZG-3 Die Unabhängigen im ÖGB

WI-6

Lohnpolitik und Einkommensverteilung

PZG-4 Liberalismus/Neoliberalismus

WI-7

Der öffentliche Sektor (Teil 1) – in Vorbereitung

PZG-6 Rechtsextremismus

WI-8

Der öffentliche Sektor (Teil 2) – in Vorbereitung

WI-9

Investition

WI-10

Internationaler Handel und Handelspolitik

WI-12

Steuerpolitik

WI-13

Bilanzanalyse

WI-14

Der Jahresabschluss

WI-16

Standort-, Technologie- und Industriepolitik

PZG-1B Sozialdemokratie seit 1945 (in Vorbereitung) PZG-2 Christliche Soziallehre

PZG-7 Faschismus PZG-8 Staat und Verfassung PZG-10 Politik, Ökonomie, Recht und Gewerkschaften PZG-11 Gesellschaft, Staat und Verfassung im neuzeitlichen Europa, insbesondere am Beispiel Englands

Die einzelnen Skripten werden laufend aktualisiert.

SOZIALE KOMPETENZ

SK-1

Sprechen – frei sprechen

SK-5

Moderation

SK-2

Teamarbeit

SK-6

Kommunizieren und Werben mit System

SK-3

NLP

SK-8

Führen im Betriebsrat

SK-4

Konfliktmanagement

Die VÖGB-Skripten online lesen oder als Gewerkschaftsmitglied gratis bestellen: www.voegb.at/skripten


9

Der Anhang Alle Kapitalgesellschaften sind verpflichtet, einen „erweiterten“ Jahresabschluss aufzustellen, der folgende Bestandteile umfasst: xx Bilanz xx Gewinn- und Verlustrechnung xx Anhang Der Anhang kann im weiteren Sinn als Erläuterung der Bilanz sowie der Gewinnund Verlustrechnung verstanden werden. Generell soll mit Hilfe des Anhanges ein möglichst „getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens“ vermittelt werden. Gleichzeitig gibt es ein Wahlrecht, bestimmte Angaben entweder in der Bilanz bzw. GuV oder im Anhang zu machen, sodass eine relativ enge Verzahnung zwischen diesen besteht. Umso größer ist daher die Bedeutung des Anhanges, zumal darin, vor allem für die Bilanzanalyse, wichtige Informationen enthalten sind. Der Anhang einer Aktiengesellschaft und einer großen GmbH ist im Wesentlichen identisch. Für kleine GmbH gibt es bei der Erstellung des Anhanges zahlreiche Aus­nahmeregelungen bzw. Erleichterungen. Folgende Angaben muss der Anhang enthalten (Ausnahme Klein-GmbHs): xx Aufgliederung der Forderungen hinsichtlich ihrer Fristigkeit (mehr als 1 Jahr Restlaufzeit, sonstige) xx Aufgliederung der Verbindlichkeiten hinsichtlich ihrer Fristigkeiten (weniger als 1 Jahr und mehr als 5 Jahre Restlaufzeit) xx Erläuterung der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge, wenn diese ­wesentlich sind xx Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden xx wesentliche Verluste aus dem Abgang von Anlagevermögen xx Aufgliederung der Rückstellungen bei wesentlichem Umfang xx Anlagespiegel xx Aufgliederung der Umsätze nach –  Inland – Ausland, – Tätigkeitsbereichen

64


9 xx Angaben 端ber Beteiligungsunternehmen, Beziehungen zu verbundenen Unternehmen xx Durchschnittliche Zahl der ArbeitnehmerInnen xx Bez端ge Vorstand und Aufsichtsrat (ab je 3 Personen) xx Abfertigungen und Pensionen von Vorst辰nden und leitenden Angestellten (ab je 3 Personen) xx Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates xx Angabe des Fehlbetrages bei der Pensionsr端ckstellung

65


Notizen

66


Zu den Autoren Heinz Leitsmüller ist Leiter der betriebswirtschaftlichen Abteilung der Arbeiterkammer Wien. Die Abteilung BW berät BetriebsrätInnen und AufsichtsrätInnen in wirtschaftlichen Angelegenheiten und unterstützt die Gewerkschaften bei KV-Verhandlungen durch die regelmäßige Erstellung von Branchenanalysen. Gemeinsam mit dem ÖGB und der sozialpolitischen Abteilung der AK-Wien ist die Abteilung BW auch für die inhaltliche Koordination der IFAM-Seminarreihe für Aufsichtsräte verantwortlich. Ruth Naderer ist Expertin der betriebswirtschaftlichen Abteilung der Arbeiterkammer Wien. Sie berät und unterstützt Betriebsräte/Betriebsrätinnen und Aufsichtsräte/Aufsichtsrätinnen in wirtschaftlichen und strategischen Fragen und ist seit vielen Jahren in der Schulung und Ausbildung für diese Zielgruppe tätig. Sie erstellt Bilanzanalysen und Branchenstudien für die Fachgewerkschaften zur Vorbereitung von Kollektivvertragsverhandlungen.

67



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.