Der Abschied von der Masseninformation von Vordenker Oliver W. Schwarzmann
Die Wirtschaftswelt hat sich auf den Kopf gestellt: Aus Verkäufermärkten sind Käufermärkte geworden. Der individualistische Kunde ist die absolute Instanz am Markt, entscheidet über Absatz und Preis. Gleichzeitig werden die weltweit vernetzten und immer transparenter wirkenden Märkte von zunehmend mehr globalen Einflussfaktoren und zunehmend schnelleren Trends verändert. Die Entwicklung des Kunden steht in einem wachsenden, internationalen Kontext, der neue Ansprüche an Qualität und Service hervor bringt.
Der Kunde von heute und morgen nutzt seine individuellen Ressourcen - Kapital, Zeit und Kognition strategisch, um seine persönlichen Lebensqualitäten zu steigern. Denn heute und in Zukunft geht es ausschließlich um die individuelle Lebenskunst. Um die Erzielung möglichst vieler, möglichst persönlicher und intensiv erlebbarer (Lebens-)Qualitäten. Darauf werden sich die Unternehmen ausrichten, es entsteht bereits ein neues Verkaufsbewusstsein, das auf absolute Kundennähe setzt. Denn der Verkäufer heute ist nicht mehr der Verkäufer, sondern der Kunde. Der Trend zum „selfcustomizing“ (Schwarzmann 2003) nimmt immer deutlichere Züge an und wirkt in allen Facetten der Märkte: Der Kunde will sich nichts mehr verkaufen lassen, sondern selbst wählen. Dabei lässt sich der Kunde nicht mehr durch Verkaufsbotschaften leiten, sondern verfolgt seine individuellen (Lebens-) Strategien.
Für Marketing und Verkauf hat dieser Wandel tiefgreifende Auswirkungen, denn der Marketing- und Verkaufsprozess kehrt sich um. Statt den Kunden zu überzeugen, wird es zukünftig darum gehen, seine persönliche Lebensstrategie heraus zu finden und sie aktiv zu unterstützen.
Informationen und Kommunikation spielen im Marketingprozess eine wichtige Rolle, denn bisher galt es, die Unternehmensbotschaft in die Köpfe der Kunden zu transportieren. Heute und in Zukunft wandelt sich auch dieser Prozess: Es geht um die Botschaft des Kunden und wie Unternehmen mit ihr
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produktiv umgehen, damit daraus gutes Business entstehen kann. Das wird die zentralste aller Aufgaben für das Marketing der Zukunft sein.
Die Trend zum self-customizing und die Eigenwilligkeit der Individualisierung wandeln die ohnehin schon dominierenden Käufermärkte zu einer Art „großem Selbstverwirklichungsfeld, in dem der Kunde seine eigenen Ideen und Strategien auslebt“ (Schwarzmann 2004). Dabei sind die Anbieter zunehmend darauf angewiesen, dass der Kunde sie zunächst überhaupt wahrnimmt und wenn ja, dass er in irgendeiner Form (inter-)aktiv wird. Denn reine Verkaufsbotschaften oder Masseninformationen verlieren zunehmend an Wirkung, selbst, wenn sie mit aggressiven Preisnachlässen werben. Befragungen der Future Business Group belegen, dass es zunehmend weniger um Preisnachlässe geht; langsam, aber sicher setzen sich Mehrwerte wie individueller Service und persönlicher Qualitätsnutzen wieder durch. Ein Trend, der im Premiumsektor der B-2-C-Märkte schon länger anhält. Und nun die Masse erreicht: Der Kunde sucht das nachhaltig Unterscheidbare, das Besondere, das heißt Leistungen, die faszinieren und inspirieren, sprich: privilegiert sind.
Auf die Consumerzurückhaltung reagierte der deutsche Handel mit einer rigorosen und aggressiven Rabattschlacht, die zu Beginn tatsächlich außergewöhnlich war. Mittlerweile sind günstige Preise bzw. hohe Rabatte kein Alleinstellungsmerkmal mehr, sondern haben die Preisglaubwürdigkeit nachhaltig zerstört. Um aus dieser Situation wieder herauszukommen, müssen die Anbieter vieles leisten: Zurückgewinnung der Preis-Leistungs-Glaubwürdigkeit, Unterscheidbarkeit und Spaß am Einkauf. „Es geht um die Rückeroberung eines Mehrwerts“ (Schwarzmann 2004).
Mit dem veränderten Kundenbewusstsein hat sich auch der Umgang mit Verkaufsinformation gewandelt. Die Einflusswirkung von Werbebotschaften lässt seit Jahren nach, weil der Kunde (respektive der Botschaftsempfänger) dazu übergeht, Informationen zunehmend bewusster auszuwählen und zu bewerten. So werden Verkaufsbotschaften kritisch bewertet, während ProduktRatings von unabhängigen Institutionen mit hoher Glaubwürdigkeit goutiert werden. Dabei stehen die Glaubwürdigkeit und die Individualisierung der Verkaufsbotschaft im Mittelpunkt der Kommunikation. Denn in individualisierten Käufermärkten, wie sie zur Zeit und in vielmehr in Zukunft herrschen, zählt ausschließlich absolute Kundennähe.
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