Future Banking Bankberatung der Zukunft

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Februar 2004

Future Banking Die Zukunft der Bankberatung

Vordenker Oliver W. Schwarzmann

Seit über 10 Jahren erstellt und veröffentlicht die renommierte Future Business Group mit ihren 3 Researchinstituten Prognosen für alle Wirtschaftsmärkte. Eines unserer Institute widmet sich dabei ausschließlich den Entwicklungen der lokalen und internationalen Finanzmärkte sowie den Trends im Finanzdienstleistungsmarkt. Die Prognosen basieren auf detaillierten Analysen aktueller Markttrends und spezialisierten Vorhersagen von Absatzpotenzialen, die durch sorgfältige Simulationssysteme und think tanks ermittelt werden. Die Ergebnisse der Future-Business-GroupStudien werden zur konkreten Einschätzung von Marktentwicklungen und Absatzchancen sowie für unternehmerische Strategie- und Entscheidungsprozesse inklusive Frühwarnsysteme erfolgreich in der Praxis eingesetzt. Die Future Business Group hat nun eine Studie über die Bankberatung der Zukunft vorgelegt, hier einige Auszüge:

Die Zukunft der Bankenstruktur In den letzten 10 Jahren ist die Anzahl der Bankenstellen kontinuierlich geschrumpft: In 1992 gab es 7.637 Kreditbanken, 20.295 Sparkassen und 20.790 Kreditgenossenschaften. In 2002 waren es 5.476 Kreditbanken, 16.147 Sparkassen und 15.379 Kreditgenossenschaften. Im Jahr 2010 wird es etwa 4.050 Kreditbanken geben, 15.150 Sparkassen und rund 14.500 Kreditgenossenschaften. Unsere Prognose unterstellt eine Verlangsamung des Filialrückgangs, unter dem Szenario, dass die Bankfiliale der Zukunft keine lokale Abwicklungsstation für standardisierte Bankdienstleistungen mehr sein wird, sondern eine hoch qualifizierte Consulting-location. Im internationalen Vergleich der Filialdichten ist Deutschland eigentlich overbankend, aber es überwiegt der Vorteil des intensiven Kundenkontaktes. Und genau dieses Near-Banking ist ein strategischer Wettbewerbsfaktor im heiß umkämpften Bankenmarkt und prägt die kommende Flächenstrategie.

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Neben der lokalen Strategie setzen Banken weiterhin auf neue Technologien, die sie schon immer genutzt haben, um standardisierte Dienstleistungen bei hoher Kundenfreundlichkeit zu automatisieren. Allerdings zeigten sich dadurch auch Distanzierungseffekte, weshalb es nun im Zeitalter enger Kundenbeziehungen darum gehen wird, lokales und technologisches Banking sinnvoll miteinander zu verschmelzen.

Der Bankenwettbewerb um potenzielle Vermögenskunden spitzt sich weiter zu. Die fortschreitende Vermögens- und Einkommenskonzentration, verursacht durch demografische Effekte und der qualifizierten Spaltung des Arbeitsmarktes, verstärkt die Klientelisierung; andererseits stehen dem Kunden zunehmend mehr Marktoptionen zur Verfügung, was sich durch höhere Kapitalmobilität und sinkende Loyalität bemerkbar macht. Deshalb: Die Sicherheit der Kundenbeziehung liegt in ihrer Individualisierung. Diese in Addition mit der steigenden Komplexität der globalen Investmentmärkte erfordert eine maximale Spezialisierung im Beratungsgeschäft. So wird sich die Bankenlandschaft in den kommenden Jahren drastisch verändern:

Die großen Banken sind vor allem auf das Terrain des internationalen Geschäfts fokussiert; Genossenschaftsbanken, Privatbanken und Sparkassen verdichten ihre Strategie auf die individuelle Kundenbetreuung im Vermögensmanagement inklusive einem qualitativ hochwertigen, überwiegend online organisierten Retailgeschäft. Das Zukunftsszenario der Bankenspezialisierung zeigt folgendes Bild: Das Universalbankentum wird sich in der Breite nicht halten können; einige, wenige Universalbanken werden sich zwar als Massenretailbanken behaupten, ansonsten ist die Spezialisierung in Vertriebs- und Kundenbanken, Servicebanken und Produzentenbanken eine realistische Annahme.

Das gewerbliche Mittelstands-Kreditgeschäft stagniert weiterhin, das Gros der Unternehmen setzt verstärkt auf alternative Finanzierungsformen, in denen auch Banken selbst (spezialisierte Institute) oder mit Spin-Offs involviert sind: Leasing, Factoring, Mezzanine-Kapital; auch Industrieund Firmenbanken steigen verstärkt in das Mittelstandsgeschäft ein.

Private Banking und Retailgeschäfte Die Zukunft der Bankberatung liegt zweifellos in der Spezialisierung des beratungsintensiven Private Banking, gleichwohl das Retailgeschäft eine Renaissance erlebt. Das Massengeschäft ist ein guter Pool zur Kundengewinnung für das differenzierte Vermögensbanking, und eine hohe Qualität im Retailgeschäft wirkt sich generell und vor allem beim Service orientierten Kunden auf

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den Erfolg im Private Banking aus. Die Zukunft des Retailbusiness findet allerdings im Internet statt: Standardisierte Bankdienstleistungen werden via Online-Banking abgewickelt, das ohnehin ein großes Potenzial auf sich vereint: Derzeit nutzen den virtuellen Bankenservice etwa 16 Millionen, in 2008 werden es rund 30 Millionen sein. Die Vision der virtuell beratenden Cyberbank indes wird sich vorerst nicht realisieren, im anspruchsvollen Private Banking ist der lokale, persönliche und hochindividualisierte point-of-consult entscheidend.

Future Banking: Individuelle Beratung im internationale Kontext Durch die globale Vernetzung der Wirtschaft-, Finanz- und Unternehmenssysteme steht das Vermögensmanagement unter wachsendem Einfluss internationaler Faktoren. Die globale Dynamik und parallele Nischenentwicklung der Finanzmärkte führen nicht nur in eine steigende Umschichtungshäufigkeit der Portfolios, sie erfordern von der Bankberatung sowohl diversifizierte und internationale Marktkompetenzen als auch differenziertes Spezial-Know-how. Ein Anspruch, der durch bankinterne Spezialistenpools beantwortet wird, deren Research und strategische Empfehlungen auf einen kundenspezialisierten Bankberater verdichtet werden, denn, so zeigt unsere Studie, mit mehr Beratern will der Kunde nicht umgehen.

Neben der fest verankerten Massenindividualisierung, auf die Unternehmen und Banken mit Spezialisierung und Near Banking reagieren, zeigt sich ein Effekt, der sich als Massenökonomisierung etabliert. Das Kernelement dieses Trends besteht darin, dass private Lebensaspekte zunehmend nach ökonomischen Prinzipien ausgerichtet werden. Der moderne Kunde setzt seine persönliche Ressourcen - Zeit, Kapital, Kognition – sehr bewusst, äußerst gezielt und strategisch ein. Der persönliche Nutzen steht jeweilig im Vordergrund und dominiert Verhalten und Anspruch. Damit vollzieht sich der Wechsel in der Beratungskultur vom traditionellen Produktfokus zum „Strategie-Advising“ (Schwarzmann 2003).

Senior Banking: Die neue Gruppe der Power Ager Das demografische Wachstum der Senioren verändert das Marktgeschehen: Senioren dominieren in wenigen Jahren die Consumermärkte, sie verfügen über ein Kaufkraftpotenzial von rund 150 Mrd. Euro pro Jahr, und, folgt man verschiedenen Szenarien, stammt in 2006 jeder zweite AnlegerEuro aus der 55plus-Generation. Mit der Überalterung entsteht ein neues Altersbewusstsein, das wir Soft-Aging nennen, parallel wandelt sich das Zielgruppenprofil gewaltig: Aus den einstigen Senioren gehen die Power-Ager (Schwarzmann 2001) hervor, eine agile Generation mit hohen Zeit- und Kapitalressourcen, starker Konsum-Souveränität, geprägt vom gewachsenen Qualitäts-

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und Servicebewusstsein, bildungs-gesundheits- und wellnessorientiert mit steigender Affinität zu neuen Medien und äußerst hedonistisch in ihrer Lebenshaltung. Die Gruppe der Power Seller setzt hohe Ansprüche an die Beziehungskultur, ist allerdings extrem Markenloyal und interessiert sich für finanzstrategische Themen, die vor allem im Kontext von Sicherheit, Vermögensverteilung, Erbschaft und Lebensqualität stehen, aber auch von dem Gefühl internationaler Integration und Faszination geleitet sind. Die erfolgreiche Beratungsstrategie wird daher die persönliche Beziehung forcieren, auf intensive und vor allem transparente Kommunikation setzen, hohe Sicherheitsansprüche mit dem Flair internationaler Finanzmärkte verbinden. Der Aspekt der Transparenz, der Einfachheit und Überschaubarkeit der Beratungsinhalte gilt im übrigen für alle Zielgruppen. Das Komplizierte hat keine Zukunft.

Boomtrend: Zukunftsqualität statt Private Altersvorsorge Die steigenden Lebenserwartungsperspektiven werden zum Finanzdesaster der Sozialsicherungssysteme. Die Rentenbezugsdauer verlängert sich seit den 60er Jahren kontinuierlich, sie liegt heute durchschnittlich bei über 16 Jahren. Zudem fehlt der zahlende Nachwuchs, die Geburtenquote von 1,3 Kindern pro gebärfähiger Frau ist zu gering, um die demografische und finanzielle Minusentwicklung aufzuhalten. Die private Altersvorsorge ist der wirkliche Schlüssel zur Reform der Sozialsicherungssysteme und wird zur wichtigsten Säule der Zukunftsexistenz, denn ein wachsender Zeitraum in einem sich schnell verändernden Umfeld muss finanziell abgesichert werden. Allein die zukünftigen Privatausgaben für Gesundheit, Pflege, Wohnen und Bildung werden sich in den kommenden 25 Jahren nahezu verdreifachen.

Die Überalterung in den Industrienationen führt zu einem wachsenden Wettbewerb zwischen internationaler Dynamik und nationaler Trägheit. Zudem nährt der demografische Verlauf die Vermögenskonzentration durch Verengung des Erbschaftstrichters: Immer weniger Kinder erben immer mehr Geld. Im Kontext der Altersvorsorge zeigt die Studie zudem ein weiteres, überraschendes Ergebnis: Die Umfragen belegen deutlich, dass der Begriff „Private Altersvorsorge“ mehrheitlich zur negativ besetzten Floskel degeneriert. Vielmehr geht es Kunden um eine strategische Sicherung und Steigerung ihrer individuellen Zukunftsqualität. Eine entscheidende Marketingerkenntnis, die sich tiefgreifend auf die Kommunikationskultur auswirken wird. Der Altersbegriff muss mit neuen, aktiven und positiven Themen belegt werden. Ferner hat diese Umfrage ergeben, dass Kunden zunehmend ihre persönliche, ganzheitlich angelegte Lebensstrategie mit ihren Investmentzielen verbinden. Daraus entsteht der Anspruch an eine neue, sowohl individuell als auch interdisziplinär angelegte Finanzqualität, die ich „asset wellness“ nenne.

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Die pauschale Marketingbotschaft der finanziellen Unabhängigkeit und des sorgenfreien Alters wird sich in eine individualistische Themen- und Qualitätenkultur wandeln: Es geht um die strategische Finanz- und Lebenskunst.

Bankenmarketing: Gestärktes Image durch Umwälzungen in der Finanzdienstleistung Die Kundenbindung der Zukunft basiert auf vielen Facetten. Der Mix aus spezialisierten und internationalen Kompetenzen sowie intensiver Kundennähe, gekoppelt an ein neues Beratungsund Verkaufsbewusstsein, das auf Transparenz, Strategie und Empfehlung beruht, wird sich durchsetzen. Hinzu kommen freie Spezialvertriebe, die mit Banken kooperieren und Networkpools bilden sowie ein virtuelles, hoch standardisiertes und dennoch anspruchsvolles Retailgeschäft, das den Trend zum Customer Self Service bedient. E-Financing wird überwiegend e-discounting sein. Ein weiteres Kundenbindungsinstrument bilden die Kreditkarten, derzeit sind etwa 21 Millionen Stück im Umlauf, in 2008 werden insgesamt über 28 Millionen emittiert sein. Die Karten werden nach Basic- und Premium-Standards kategorisiert, und jeweils mit unterschiedlichen Servicefunktionen belegt.

Das Bankenmarketing fokussiert die Kundenberatung und setzt daher auf Beratungsbotschaften und Beratungsmarkenzeichen. Auch die Veränderungen am freien Finanzdienstleistungsmarkt bieten große Chancen für Banken. Denn die steigenden Beraterhaftungen inklusive wachsender Qualifizierungsstandards und die EU-weite Harmonisierung des Marktes mittels Richtlinien (derzeit aktuell: Wertpapierdienstleistungsrichtline ISD) inklusive der Forderung zum Nachweis einer Institutslizenz sorgen für einen massiven Auslese- und Konzentrationsprozess unter den freien Vermögensberatern. Ich prognostiziere, dass sich die Zahl der freien Finanzberater bis in 3 Jahren halbiert hat. Die Banken können daraus gestärkt hervorgehen, wenn sie ihre Kundenressourcen in Beratungspotenziale wandeln. Die FBG-Studie „Future Banking“ wird Banken dabei aktiv unterstützen.

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