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Marktforschung.de: Oliver W. Schwarzmann: "Momentan ist die große St...

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08.12.2008:

Oliver W. Schwarzmann: "Momentan ist die große Stunde der Marktforschung, denn jetzt müssen die Unternehmen auf ihre Märkte hören" Oliver W. Schwarzmann, Vorstand der Bley und Schwarzmann AG, stand marktforschung.de im Rahmen der "Research & Results 2008" am ersten Messetag zum Interview zur Verfügung. Die Fragen für marktforschung.de stellte Sabrina Gollers. Das Interview können Sie hier als Videopodcast abrufen. Sabrina Gollers für marktforschung.de: Jetzt stehe ich hier neben Oliver Schwarzmann, Vorstand der Bley und Schwarzmann AG, die sich auf die Produktion von Vordenkermedien spezialisiert hat. Herr Schwarzmann, herzlich willkommen. Oliver W. Schwarzmann: Hallo, herzlich willkommen! Sabrina Gollers: Was sind denn Vordenkermedien, bzw. was ist ein Vordenker in Ihren Augen? Oliver W. Schwarzmann: Also zur Frage eins: Vordenkermedien sind Publikationen, in denen der Vordenker - in diesem Fall ich - seine Visionen, Thesen, Trends, Erkenntnisse, aufs Blatt Papier bringt sozusagen. Und zur zweiten Frage, was ein Vordenker ist: er sucht das Mögliche, er versucht, das Mögliche zu denken, er versucht, einfach neue Sichtweisen, neue Perspektiven, neue Möglichkeiten speziell im ökonomischen Bereich bei uns zu finden und neue Wege aufzuzeigen. Sabrina Gollers: Wird denn das Vordenken ein immer wichtigerer Erfolgsfaktor im Unternehmen? Oliver W. Schwarzmann: Absolut! Wir sehen ja, dass die Zeit, die Entwicklungen immer schneller gehen, und das heißt, dass wir einfach immer mehr vorausblicken müssen - wohin entwickeln sich die Märkte, um rechtzeitig mit meinem Produkt, mit meiner Strategie auch da zu sein. Die Zeit zwischen dem Auswerten der Marktdaten und ihrer strategischen Umsetzung wird ja immer kürzer, und wir erleben ja, dass die Märkte oft schneller sind als die Unternehmen, deshalb plädiere ich dafür, dass eine Entscheidung immer nur so gut ist wie das Maß an Weitblick, mit der sie getroffen wird. Das heißt: je mehr Weitblick ich habe, je mehr ich Entwicklungen abschätzen kann, desto zielgenauer werde ich mich auf meinem Markt positionieren können. Sabrina Gollers: Die Welt steckt ja gerade in einer sehr großen Finanzkrise. Sie als ehemaliger Banker - Sie beschäftigen sich noch immer mit ökonomischen Zukunftsthemen, wie sehen sie denn die Rolle der Marktforschung vor diesem Hintergrund? Oliver W. Schwarzmann: Krisen sind grundsätzlich Vergrößerungsgläser, wir müssen nun sehen: die Finanzmarktkriese, die Weltrezession, die ja daraus entsteht momentan, das war ein kleiner Immobilienhype in Amerika, die Immobilienkriese in Amerika, die eigentlich nun weltweit die Vermarktungsschwächen unserer Unternehmen offenlegt. Und für die Marktforschungsbranche sehe ich ein ganz deutliches Signal: die Unternehmen haben es in den letzten Jahren versäumt, ihre Kunden und ihre Märkte genau kennenzulernen, sonst hätten sie viel besser auf die Krise reagieren können. Dann wär das mit der Rezession gar nicht gekommen, weil die Vermarktungsfähigkeiten besser gewesen wären. Das heißt: Momentan ist die große Stunde der Marktforschung – warum? Weil: jetzt müssen die Unternehmen auf ihre Märkte hören. Jetzt müssen sie ihre Kunden besser kennenlernen. Jetzt müssen sie ihre Kundenbeziehungen besser gestalten - und dazu brauche ich Information über meinen Kunden, und deshalb glaube ich, das dass zur großen Stunde der Marktforschung werden kann, wenn sie es denn verstehen, diese Situation zu nutzen. Sabrina Gollers: Und mit diesem immer stärker werdenden Kosten- und Konkurrenzdruck: glauben Sie dass die Qualität der Marktforschung in Zukunft darunter leiden wird? Oliver W. Schwarzmann: Nun es ist so: Wir alle müssen unter Kostendruck arbeiten. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Qualität nach unten korrigieren dürfen, sondern wir müssen Wege finden, zu geringeren Kosten bessere Qualität zu produzieren - das ist einfach die Evolution, die am Markt herrscht. Wenn wir aber jetzt mal von den Kosten weg gehen: ich plädiere immer dafür, wenn der Kunde begreift, welche Bedeutung das Produkt, das er kaufen soll, für ihn hat, dann wird er

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Kunde begreift, welche Bedeutung das Produkt, das er kaufen soll, für ihn hat, dann wird er nicht den Preis, sondern den Wert für das Produkt bezahlen. Das heißt, wir brauchen ein Wertbewusstsein für unsere Dienstleistungen. Und wenn es der Marktforschung gelingt, ein Wertbewusstsein für ihre Dienstleistungen und die Wichtigkeit ihrer Dienstleistungen herauszustellen, dann werden sie auch ihre Preise durchsetzen können ungeachtet der Kostenreduzierungsspirale, die wir ohnehin schon haben. Sabrina Gollers: Stichpunkt Werte: welche Werte werden denn in Zukunft an Bedeutung gewinnen? Oliver W. Schwarzmann: Also wir werden in Zukunft ganz deutlich das Thema Vertrauen wieder ganz groß schreiben müssen, das zeigt ja die Krise. Wir werden das Thema Gemeinschaft ganz groß schreiben müssen. Das heißt: der Wettbewerb der Zukunft ist ein Kampf um Gemeinschaften. Wenn es mir heute gelingt, die Loyalität meiner Mitarbeiter und die Loyalität meiner Kunden zu sichern, dann habe ich schon das größte Wertepotential in meinem Unternehmen selbst. Auf der anderen Seite sehe ich einen großen Wandel in der Unternehmenskultur. Die Unternehmen müssen wieder transparent und offen sein, so dass man sie erkennen kann, dass man sehen kann, was tun sie, was haben sie für eine Philosophie, was haben sie für eine Ethik, was haben sie für eine Einstellung zum Thema Ökologie zum Thema Gesellschaft, auch zum Thema Zukunft. Ich glaube, dass die Unternehmen in Zukunft keine ökonomischen Positionen am Markt einnehmen werden, sondern gesellschaftliche Positionen. Das heißt, sie müssen auf die großen Fragen der Menschheit ihre spezifische Antwort liefern, und das ist der große Wertekanon, den wir auch in Zukunft an den Märkten haben werden. Sabrina Gollers: Inwieweit müssen denn auch die Marktforschungsinstitute ihrer sozialen Verantwortung nachkommen? Oliver W. Schwarzmann: Die Marktforscher müssen sich als intermediär verstehen. Also: sie nehmen ja die Meinungen, die Gefühle, die Trends am Markt und bereiten sie auf für die Unternehmen. Und darin steckt ja ein ganz großes soziales Thema. Das heißt, die Emotionen am Markt, die Befindlichkeit am Markt, die Psychologie am Markt, die ja heute die Märkte auch in ihrer Entwicklung formt, das müssen die Marktforscher transportieren. Und genau diese Befindlichkeit, die am Markt herrscht, also nicht die Märkte und den Kunden auf Statistik, auf Zahlen zu reduzieren, sondern die große soziale Verantwortung der Marktforschung liegt darin, die befragten Kunden als Menschen darzustellen. Mit Gefühlen, auch mit paradoxen Aussagen, mit irrationalem Handeln - all das, was in diesem Bereich dazugehört. Und wenn es der Marktforschung gelingt, ihre Ergebnisse, die sie am Markt eruiert, den Unternehmen auf diese Art und Weise weiterzugeben und zu sagen: hört zu, wir haben am Markt einen Wertewandel, hört zu, wir haben soziale Trends an den Märkten, hört zu, die Kunden wollen Gemeinschaft haben, die Kunden wollen deine Unternehmensphilosophie sehen. Wenn das die Marktforschung begreift, dass sie dort eine unglaubliche Funktion als sozialer Intermediär haben kann, dann hat sie gewonnen, dann kann sie genau diesen Bereich, den sie angesprochen haben, perfekt übernehmen. Sabrina Gollers: Resultiert Ihrer Meinung nach auch daraus, dass qualitative Marktforschung eine größere Zukunft hat als quantitative Umfragen? Oliver W. Schwarzmann: Absolut. Die Märkte sind keine Massenmärkte mehr, wir haben uns schon lange vom Massenmarkt verabschiedet, wir haben Nischenmärkte, wir haben eine Differenzierung der Ökonomie, wir haben eine Spezialisierung der Unternehmen, wir haben eine Fragmentierung des Kundenverhaltens. Das heißt: ich brauche hier eine qualitative Marktforschung, um diese Differenzierung, diese Fragmentierung, die in den Märkten da ist, abbilden zu können. Massenbefragungen sind heute für den unternehmerischen Umsatz - und das lässt sich in den Bilanzen der Unternehmen locker nachweisen - gar nicht mehr relevant. Sabrina Gollers: Und neben der Nische Vertrauen und Gemeinschaft: Was sind denn weitere Megatrends unserer Gesellschaft? Oliver W. Schwarzmann: Gut - wir haben natürlich das Thema Ökologie immer auf dem Tisch. Das ist ein großes Thema. Wenn ich heute ein Produkt habe, das ich nicht ökologisch korrekt verkaufe - siehe Automobilindustrie -, dann wird das nicht funktionieren. Ich habe einen zweiten großen strukturellen Trend, das ist der Trend der Demographie. Wir alle werden immer älter, und das verändert natürlich auch die Marktstruktur. In zehn, fünfzehn Jahren werden Senioren zum Beispiel die Konsumstrukturen beherrschen. Senioren haben andere Bedürfnisse als es vielleicht für junge Menschen der Fall ist. Wenn sie sich heute anschauen, wenn sie in Werbeagenturen reingehen und deren Zielgruppe sehen, dann ist das die junge Familie, die es eigentlich gar nicht gibt, oder die junge dynamische Frau, der junge dynamische Mann, die es in zehn, fünfzehn Jahren gar nicht mehr geben wird, weil sie demographisch nicht mehr produziert sind. Das heißt, wir müssen heute auf diesen demographischen Wandel enorm Rücksicht nehmen. Dann wird auch die die Globalisierung weiter gehen, aber in einer ganz anderen Form. Was

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Dann wird auch die die Globalisierung weiter gehen, aber in einer ganz anderen Form. Was wir in der Globalisierung derzeit erleben, ist eine Re-regionalisierung. Wenn sie sich die Märkte anschauen, stellen sie fest, alles was regional ist, ist erfolgreich. Warum ist das so? Die Globalisierung ist anonym, die Menschen haben Angst vor Globalisierung. Deshalb ziehen sie sich zurück in ihre Regionen, durch die Regionen werden sie international vernetzen, deshalb haben wir einen Interregionalisierungstrend. Und aus diesem Trend entsteht ein neuer Anspruch, ein neuer Trend - das ist der Trend nach Sicherheit, die Suche nach Sicherheit. Da sind wir wieder beim Stichwort Vertrauen. Das wird in den nächsten Jahren ein enorm wichtiger Unternehmenstrend sein. Das Unternehmen muss dem Kunden gegenüber ein hohes Maß an Sicherheitsgefühl produzieren können, damit sich der Kunde dem Unternehmen auch öffnet. Das sind so die Haupttrends, die ich sehe für die nächsten Jahre. Und denen werden wir uns stellen müssen. Sabrina Gollers: Sie haben den demographischen Wandel angesprochen. Wie sehen denn die Bestager der Zukunft aus? Oliver W. Schwarzmann: Das Marketing stilisiert die Senioren immer als die neuen Hedonisten, das ist nicht so. Das wird die Marktforschung in ein paar Jahren - schätze ich auch beweisen. Die Senioren treten sehr stark als Transfersparer und als Transferinvestoren auf, das heißt, sie vererben, sie verschenken ihr Geld. Natürlich fließt mehr Geld in ihre Lebensqualität, aber ich denke, dass das Meiste, was die Senioren an Vermögen angespart haben, zum Teil in Ihre Absicherung, in Ihre Pflegeabsicherung des Alters gehen wird, denn wir haben ja nicht mehr in Zukunft ein Alter, das über fünf, sieben oder acht Jahre geht, sondern wir haben ein Alterspanne, die über zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre reicht - ein zweiter großer Lebensabschnitt, der da finanziert werden muss. Das heißt: es wird so viel Geld gar nicht übrigbleiben, und sie werden ihr Geld in Transferleistungen für die jüngere Generation, die sie unterstützt, reinstecken müssen. Ich denke, die Senioren der Zukunft sind sehr qualitative Konsumenten, wenn wir sie mal vom Sinne des Konsums sehen wollen. Qualitative, anspruchsvolle Konsumenten mit hohem Kommunikationsbedürfnis, mit einem hohen Informationsbedürfnis und vor allem mit einem hohen gemeinschaftlichen Bedürfnis. Wenn jemand - das können die Marktforscher den Unternehmen sagen als Botschaft - wenn sie mit Senioren Geschäfte machen wollen, dann müssen sie Begegnungen schaffen, dann müssen sie Gemeinschaften erzeugen, dann können sie auch mit dem Senior als Konsument sehr, sehr gute Geschäfte machen. Aber ich wehre mich gegen dieses Bild dieses jungen Alten, der die Jugendlichkeit um jeden Preis nach vorne stellt. Ich denke, die neuen Senioren sind so clever und haben ihrem Alter gegenüber so ein hohes Bewusstsein, das sie diese Jugendlichkeit, diese Antiaging-Bewegung gar nicht nötig haben. Sabrina Gollers: Jetzt haben wir viel über wirklich langfristige Trends gesprochen - was ist den Ihrer Meinung nach ein Hype? Oliver W. Schwarzmann: Ein Hype - ja, wir haben momentan sicherlich einen Sicherheitshype im Finanzmarkt. Also die Banken, eigentlich alle Finanzdienstleister, werden kämpfen müssen um die Gunst ihrer Kunden. Denn schauen Sie, als ich noch Banker war, hat man für den Banker den roten Teppich ausgelegt. Das war der Gewinn, wenn man in der Schule sagen konnte, man eine Bankerausbildung angefangen. Man konnte jedes Mädchen im Dorf bekommen, heute ist man Attentatsgefährdet, wenn man sagt, man ist Banker. Das heißt, dieser Nimbus, dieser Anspruch des Bankers ist passé. Und das war die Basis des Geschäfts der Banken. Das heißt: wir müssen hier wahnsinnig viel Vertrauen wieder zurückgewinnen. Also: die Nachfrage nach Sicherheit wird ein großer Hype sein. Ein zweiter Hype, den ich sehe ist die Forderung nach Nachhaltigkeit. Jeder spricht momentan von Nachhaltigkeit, obwohl keiner so recht weiß, was es überhaupt ist. Was ist Nachhaltigkeit? Ich habe gefragt, was sagen die Leute, was ist Nachhaltigkeit, da sagen die alle: das ist Langfristigkeit. Nein. Langfristigkeit hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun. Nachhaltigkeit bedeutet Verbesserung, Nachhaltigkeit bedeutet Kultivierung, Nachhaltigkeit bedeutet, eine höhere Qualität zu erzeugen. Das heißt: wenn ich heute nachhaltige Investitionen tätige, dann sind das Investitionen, die zur Verbesserung, zur Kultivierung, zur Erzielung einer höheren Qualität eines Unternehmens oder eines Marktes induziert sind. Und da ist die Zeitkomponente gar nicht so wichtig, denn wir leben mittlerweile in komplexen Märkten, die solche starken Wechselwirkungen haben, dass der Erfolg einer Investition, einer Strategie immer die Frage der Korrelation ist, der situativen Korrelation. Das hat aber nichts mit kurzfristigem Denken zu tun, ich glaube wir müssen aus diesem Zeitdenken aussteigen, wir müssen einfach unmittelbar kreativ mehr improvisieren, ohne zu versuchen diesem Nachhaltigkeitstrend, diesen Hype den wir jetzt erleben werden - alle schreien nach nachhaltigen Produkten, nach nachhaltigen Strategien -, den müssen wir umsetzen in das Thema Verbesserung und Kultivierung. Ich glaube, dann haben wir viel aus der Krise gelernt. Sabrina Gollers: Die Marktforschungsbranche hat ja momentan das Problem, dass die Bevölkerung immer weniger bereit ist, bei Umfragen mitzumachen. Sie haben eben den großen Wert Vertrauen angesprochen. Hat dies vielleicht etwas miteinander zu tun?

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großen Wert Vertrauen angesprochen. Hat dies vielleicht etwas miteinander zu tun? Oliver W. Schwarzmann: Absolut! Die Menschen sind immer bereit, ihre persönlichen Daten, ihre persönliche Befindlichkeit Dritten gegenüber zu äußern. Weil sie ja genau wissen, das diese Informationen dazu dienen, in Unternehmen als Statistik einzugehen. Ja, der Mensch will sich nicht als Statist reduzieren lassen, ein Kunde schon gar nicht. Und man hat ja auch mittlerweile eine Aversion gegen Callcenteranrufe und genau da denke ich, sollte sich die Marktforschung differenzieren. Ich sehe eine große Chance für die Marktforschung, wenn sie eigene Kreise aufbaut, eigene Gemeinschaften aufbaut, wo eigenes Relationship, also eine eigene Vertrauensbildung herrscht. Damit sind die Daten ja auch viel ehrlicher die die Marktforschung erhebt, und dafür für die Unternehmen viel wertvoller. Denn jemand, der von einem Anruf genervt ist, der sagt eben ja, nein und kreuzt das an, was ihm gerade einfällt, und ob die Daten immer dann so relevant sind und den Markt so wiederspiegeln, wage ich zu bezweifeln. Habe ich aber als Marktforscher quasi eine eigene Befragungsgruppe, zu der ich regelmäßig Kontakt pflege, die eine Gemeinschaft von mir ist, dann kriege ich ja ganz andere Aussagen. Das heißt, ich kann auch in die Tiefe gehen, ich kriege also vertrauenswürdige Aussagen, und die sind viel, viel wertvoller zur Abschätzung für Unternehmensstrategien. Und da glaube ich: Wenn die Marktforschung clever ist, baut die sich ganz eigene Communities auf, mit der sie arbeitet und ruft nicht einmal im Jahr an und sagt: "Hallo, ich stelle ihnen jetzt fünf Fragen, und in drei Sekunden müssen sie mir die beantworten". Die Zeit ist einfach vorbei. Der Kunde will sich nicht ausfragen lassen - da müssen wir aufpassen, der Kunde will sich beteiligen lassen. Seine Meinung ist wichtig, aber das kommt in diesen Befragungen nicht wirklich raus. Und wenn der Marktforscher dem Befragten das Gefühl geben kann, er ist wichtig, seine Meinung ist wichtig und sie geht auch nicht unter, dann wird diese Frustration und dieses Misstrauen gegenüber diesen Marktforschungsbefragungen auch weniger werden. Sabrina Gollers: Mit welchen Methoden betreiben Sie denn Ihre Zukunftsforschung? Oliver W. Schwarzmann: Als ich von der Bank wegging - ich war ja Investmentbanker, das darf man heute ja auch nicht mehr so laut sagen - habe ich mir auf der Welt, auf der ich unterwegs war, ein Wissensnetzwerk installiert von Korrespondenten, von Beobachtern, von Trendscouts, von Leuten, die einfach die Märkte ohnehin beobachten. Dieses Netzwerk habe ich über Jahre hinweg aufgebaut und gepflegt. Das ist ein Thinktank, der mir Informationen liefert. Auf der anderen Seite habe ich ein Kreativteam - das heißt, wir setzen uns zusammen und schauen uns die Informationen, die uns unsere Beobachtungsstationen hereingeben, an und versuchen, sie zu interpretieren - kreativ zu interpretiern, weil ich ja als Vordenker gefordert bin, neue Wege, neue Perspektiven aufzuzeigen. Die Zukunft lässt sich nicht erforschen, weil sie ja noch nicht da ist. Das heißt: wir spekulieren natürlich, wir erzeugen fiktive Marktszenarien. Und dazu gehört ein großes Maß an Informationen, die fundiert sind, aber auch ein hohes Maß an Kreativität und Gespür für die Märkte. Und das alles werfe ich in einen Topf mit sehr, sehr viel Leuten. Ich habe eigenes Institut in unserer AG und viele intelligente Leute um mich herum, und das alles werfen wir in einen Topf. Und aus dem hole ich mir die Interpretationen heraus, die ich dann als Frontman der Bley und Schwarzmann AG draußen verkünde. Sabrina Gollers: Herr Schwarzmann, Sie haben jetzt ja schon alles Mögliche erforscht, gibt es denn für Sie trotzdem noch so ein Traumprojekt, vielleicht auch zu einem ungewöhnlichen Thema? Oliver W. Schwarzmann: Ja, ich interessiere mich dafür, wie der Mensch in ein, fünf oder zehn Millionen Jahren aussieht. Sie wissen ja, dass die Evolution Fähigkeiten ausbildet in der Selektion auf Umweltbedingungen. Da sich ja unsere Umweltbedingungen in der menschlichen Gesellschaft, in der Zivilisation permanent verändern - wir haben ja völlig andere Anforderungen, wir haben ja eine völlig neue Welt, allein die Generation nach uns, die Generation meines Sohnes, die Generation meiner Enkel wird ja mit virtuellen Erlebnissen aufwachsen. In wieweit wird diese Welt, die in Zukunft da ist, auf unsere Evolution Auswirkungen haben? Wie wird der Mensch, wie werden Sie, wie werde ich, wie werden wir alle in ein, fünf oder zehn Millionen Jahren aussehen? Da würde ich gerne Evolutionsbiologen, Humangenetiker, alle dazu einladen zu einer großen Evolutionsparty und da gerne darüber diskutieren. Vielleicht können Sie es ja möglich machen, das wäre super - wie werden wir in ein paar Millionen Jahren aussehen? Ich gehe davon aus, das ist vielleicht eine wichtige Botschaft des Vordenkers, ich glaube, dass der Mensch überleben wird. Sabrina Gollers: Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Internet weiterentwickeln? Oliver W. Schwarzmann: Das Internet ist ja kein Informationsmedium mehr, sondern ein Beziehungsmedium. Heute werden im Internet nicht mehr Informationen ausgetauscht, sondern Meinungen und Beziehungen geknüpft. Und ich glaube, das ist die ganz große Chance für uns alle, dass wir im Internet, in der

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Und ich glaube, das ist die ganz große Chance für uns alle, dass wir im Internet, in der Virtualität, in der virtuellen Welt des Internets die Idealform unserer Welt produzieren. Und diese ideale Version dieser virtuellen Welt übertragen wir auf unsere reale Welt und deshalb glaube ich, dass die virtuellen Utopien, virtuellen Visionen des Internets zum Vorbild der Gestaltung unserer realen Welt werden. Und somit haben wir dort eigentlich die Erschaffung des virtuellen Paradieses, das uns hilft, unseren eigenen Planeten zu retten. Sabrina Gollers: Herr Schwarzmann, die virtuelle Welt wird den Planeten retten, der Mensch wird überleben und wenn wir es richtig anpacken, wird dies die große Stunde der Marktforschung - was will man mehr, vielen, vielen Dank für das spannende Interview und noch viel Spaß auf der Messe. Oliver W. Schwarzmann: Ich habe zu danken, tschüss miteinander.

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