Richtung Zukunft by Bley und Schwarzmann AG

Die Richtung der Zukunft oder: In Perspektiven denken Interview mit Vordenker Oliver W. Schwarzmann

Was tut ein Vordenker genau? Schwarzmann: Nun, als Vordenker interpretiere ich Erkenntnisse der Trend- und Zukunftsforschung, entwickle und formuliere daraus neue Ideen, innovative Szenarien, kreative Impulse, Modelle, Strategien und schätze deren Chancen und Potenziale ein.

Worauf basiert Ihre Form des Vordenkens? Schwarzmann: Auf einer Fülle von Analysen, Auswertungen, Beobachtungen. Ich kann hierfür auf das Research der Gesellschaft für ökonomische Zukunfts- und Vertriebsforschung sowie auf das internationale Trendscout-Netzwerk Future Business Group zugreifen.

Muss sich das Vordenken von der Informationsflut lösen? Schwarzmann: Ja, die Zeit zwischen Analyse und strategischer Umsetzung ist in einer dynamischen Wirtschaft mittlerweile nicht mehr vorhanden. Das heißt, statistisches Wissen hilft uns bei strategischen Entscheidungen immer weniger. Je komplexer sich die Umwelt entwickelt, desto größer ist die Nachfrage nach Orientierung, also der Ruf nach neuen Wegen. Es geht also vielmehr um den Entwurf von Perspektiven, von Leitideen, von Richtungen. Da muss man aus einer anderen Sichtweise agieren.

Wie wichtig ist das Vordenken in einer schnelllebigen Zeit? Schwarzmann: Erst wenn man über den Tellerrand hinausblickt, weiß man, an welchem Tisch man sitzt. Je schneller sich Rahmenbedingungen verändern und je vielschichtiger sie werden, desto übergreifender müssen wir denken, um neue Zusammenhänge erkennen und verstehen zu können. Zudem brauchen wir ein hohes Maß an Kreativität, um die sich ergebenden Möglichkeiten sinnvoll weiterentwickeln zu können.

Kreativität führt uns zur Bedeutung der Innovation… Schwarzmann: Genau, doch Innovation ist heute nicht mehr ausschließlich technologischer Fortschritt, sondern steht für die Schaffung von Exklusivität. In gesättigten Märkten ist Exklusivität, im Sinne von Attraktivität, Mehrwert und Privilegien, das Password zum Erfolg. Exklusivität erzeugt Aufmerksamkeit, Anreiz und Zugehörigkeit. Innovation dreht sich um die außergewöhnliche und besondere Gestaltung unserer Lebenswelten. Doch nicht nur Produkte müssen innovativ sein, das gilt auch für ihre Vermarktung. Generell gilt: Im Einzigartigen, in der Differenzierung durch das Außergewöhnliche liegen die Schlüssel des kommenden Wirtschaftswachstums.

Der technologische Fortschritt ist also nicht mehr der Treiber für Wirtschaftswachstum? Schwarzmann: Nicht mehr ausschließlich. In Zukunft wird es auf die Fusion von kreativen und mentalen Fähigkeiten des Menschen mit dem Potenzial künstlicher Produktivität ankommen. Mensch und Maschine verschmelzen. Wir kommen in das techno-humane Zeitalter.

Können Sie das ausführen? Schwarzmann: Früher folgte der Markt bzw. der Kunde dem technologischen Fortschritt, heute ist es nahezu umgekehrt. Technologische Welten verschmelzen zwar zunehmend mit unseren Alltagswelten, doch der Kunde ist dabei in seinem Akzeptanz-, Einkaufs- und Nutzungsverhalten äußerst wählerisch und formt so den psychologischen Rahmen für den Markt. Deshalb wechselt die Technologie immer stärker in die Rolle des integrierten Assistenzsystems, sie wird zur Dienstleistung. Generell kann man auch sagen: Bisher stand in der Ökonomie immer das „Wie“, also der Prozess, im Vordergrund, heute und vielmehr in Zukunft stellt der Kunde die Frage nach dem „Warum“. Es geht daher immer stärker um Motive, also um den Sinn von Produktivität. Unternehmen werden nicht mehr nur Produkte herstellen und vertreiben, sondern zudem Antworten auf gesellschaftliche und kulturelle Zukunftsfragen geben.

Was für Antworten werden das sein? Schwarzmann: In der Ökonomie geht es nicht mehr nur um Wachstum und Rendite, sondern um die generelle Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Die Liberalisierung der Märkte fordert Loyalität und Verantwortung, plötzlich rückt auch die Unternehmenskultur, ihre Philosophie und Botschaft, in das Blickfeld des Marktes. Ethische, zwischenmenschliche und ökologische Mehrwerte sind im Kommen.

Und der Preis? Schwarzmann: Entfaltung und nachhaltiges Wachstum im Preiswettbewerb sind nicht mehr möglich, es sei denn auf Kosten aller Beteiligter. Leider ist durch das Rabattverhalten die Preiskultur in Deutschland zerstört. Wir denken doch, es geht immer noch billiger. Das ist eine Spirale nach unten. Ich glaube an eine Gegenbewegung: Wir müssen Wertschöpfung neu definieren, es geht um die Bedeutung der unternehmerischen Leistung, nicht nur um ihre Kosten. Freilich, wer vergleichbar ist, wird sich weiter dem Preiskampf stellen müssen.

Sie haben das Schwarzmann-Prinzip entwickelt. Um was geht es dabei? Schwarzmann: Aus den Auswertungen der Trendanalysen habe ich Grundsätze entwickelt, auf die sich Trends, Entwicklungen und Zukunftseffekte zurückführen lassen. Das Schwarzmann-Prinzip formuliert diese Gesetzmäßigkeiten als Leitsätze zur Steigerung der Zukunftsfähigkeit.

Ersetzt das Neue dann das Alte? Schwarzmann: Nein, die Zukunft ist nicht immer das Neue, jedoch immer das Andere. Es stehen also Eigenschaften wie Offenheit, das Denken in Zusammenhängen, Beweglichkeit, Ideenreichtum und nicht zuletzt Veränderungsfähigkeit im Mittelpunkt gefragter Zukunftskompetenzen.

Vordenken ist also ein Erfolgsfaktor? Schwarzmann: Eindeutig. Wir leben, wie gesagt, in schnellen und hoch spezialisierten Zeiten. Die Welt nimmt an Komplexität zu, Märkte sind gesättigt, der Verdrängungswettbewerb ist immens und die Kunden haben laufend veränderte Ansprüche. Wer da die Nase vorne haben will, muss seinem Markt und seinen Konkurrenten einfach einen Schritt voraus sein. Wer die besseren Perspektiven bietet, gewinnt. Denn: Die Qualität unserer Zukunft liegt in ihrer exklusiven Konstruktion.

Wo kann man Ihre Thesen nachlesen? Schwarzmann: Seit 2006 bin ich Autor des Magazins „Der Vordenker“. Weitere Informationen zu Vordenker-Publikationen finden Sie im Internet unter www.vordenker-online.de.