Diirer
Anja-Franziska Eichler
Albrecht
Diirer
KONEMANN
Frontispiz 1 Anbetung der HI. Dreifaltigkeit durch die Civitas Dei (Landauer Altar}
(Detail Abb. 79)
Š 1999 KOnemann Verlagsgesellschaft mbH Bonner Str. 126, D - 50968 KOln Art Director: Peter Feierabend Projekdeitung: Ute Edda H ammer Projektkoord.ination: Jeannette FentroB Lektorat: Karin Osbahr Layout: Barbel Messmann Produktionsleitung: Oeclev Schaper Produktionsassistenz: Nicola Leurs Produkcion: Mark Voges Lithographie: Omniascanners, Mailand Druck und Bindung: Neue Stalling, O ldenburg Printed in Germany
ISBN 3-8290-1634-4 10 9 8 7 6 54 3 2 I
Inh alt Genie Albredu Durer - Malerikone im Wandel der Zeiten 6 Vom Goldschmied zum Maler 10
Exkurs: Weltsradt Nurnberg 20 Begegnung mit Proportion und Perspektive. Die erste Italienreise 22 Exkurs: Erste Zeugn isse zeitgenossischer Reiselust und die Erforschung der Welt 34
Eine Revolutionierung der Druckgraphik und Malerei 36 Exkurs: Im Zeitalter >>technischer Reproduzierbarkeit<<. Zur Geschichre und Funktion der D ruckgraphik 60 Jahre theoretischen und kiinsclerischen Forschens 62
Hauptwerke der Malerei. Die zweite Italienreise 70 Der gefragte Meister in N iirnberg 80 D ie druckgraphischen Arbeiten fur Kaiser Maximilian I. 88
Exkurs: Vom Handwerker zum selbstbestimmten Individuum 100
Der Mensch im Mittelpunkt. Neue Formen der Porrratdarstellung 102 Exkurs: Humanismus und Reformation in Deutschland 110
Resulrate freien Sehens. D ie niederlandische Reise 112
>>Dann warhafftig sreckt die kunst inn der natur<<. Die letzten Lebensjahre 122 >>Durer ist tot-es lebe Durer芦. Durer-Renaissancen vom 16. bis zum 20. Jahrhunderr 130 Zeitrafel 136 Glossae 路 Auswahlbibliographie 路 Bildnachweis 137-140
GENIE ALBREcHT DuRER MALERIKONE IM WANDEL DER ZEITEN
2 S<lbstbildniJ im Prlzrock (Dm;J Abb. 60)
M it Albrecht Durer trat erstmals nordl ich der AI pen ein
Das 1500 emstandene Selbstbildnis Albrechc DUrers
deutscher Kiinscler in Erscheinung, der zu einem ent-
wurde mit seiner a:uBergcwi1hnlichen OameiJung im Chrismsschema zu cinem der lx:ri..ihmc~cen G<:malde der abcndlandischen Kunstgeschichce. Es wurde durch die jahrhundene wiederholc auf untcrschiedliche WeiS( in der Druckgr:a.phik und Malerei rezipiert.
wickelten kunsderischen Selbstverstiindnis nach dem Vorbild der italienischen Renaissance und zu einer hohen Alczeptanz in der Gesellschaft gelangre (Abb. 2). AJs Deutscher empfing er zeit seines Lebens wichrige kunsrlerische Impulse aus den Niederlanden und ltalien. Wiihrend Durer in seiner Fruhzeit starker von der niederlandischen Kunst beeinAuilt war, moglicherweise vermitteh du.rch die frankische Werkstanradition seines Lehrmeisters Michael Wolgemur (1434/371519), verarbeitete er in der Zeit nach seinen ltalienreisen vor aHem Anregungen der icalienischen Renais~ sance, die der Findung neuer Bildschopfungen dienren. Durers vielseitiges Interesse an Natur und Umwelt, seine Auseinandersetzung mit Werken anderer Meisrer sowie seine geniale Fahigkeit, dies auf innovative Weise umzuserz.e:n, f'Uhrte dazu, daB er der nordalpinen und schlielllich der europiiischen Kunst wichtige Impulse zur hisrorischen Enrwicklung gab. So malte er zum Beispiel als erster Kunsder nordlich der Alpen ein Selbsrponriir und schuf mit seinenAquarellen die ersten autonomen LandschaftsdarsteUungen, losgelost vom Konrext der chrisdichen Ikonographie. Als ebenbtirciger Gesprachspartner verkehrre er im Kreise beruhmcer Wissenschaftler und Humanisten und eignere sich selbst humanistisches Wissen a n. Studien der Anrike, vermittelt durch die italienischen Renaissancektinsder, flossen in seine Werke ein. Die Entdeckung der Zenrralperspektive, der menschliche Proportionskanon nach Virruv (geb. um 84 v. Chr.) oder Leonardo da Vincis (1452- 1519) Lehre der idealen Proportion des Pferdes wuflte D urer in seiner Kunst und insbesondere in seiner Druckgraphik in genialer Weise umzusetzen. Bereirs zu Lebz.eiten sorgre er fi.irseinen forcdauernde.n Ruhm, indem er zum Beispiel seine Druckgraphik durch Kommissioniire im Ausland verrreiben lieB. Dieses Vorgehen, als eigenstiindiger Unternehmer neue Wege des Vercriebs zu wahlen, zeugt c:xemplarisch vom neuen Selbstbewu.Btsein eines Kunsders, der sich vom spiitmittelalrerlichen Status eines auftragsabhangigen Handwerkers al lmiihlich lost. Nach seinem Tode blieb D urer durch die Jahrhunderre einer der meistbeachteten Ki.insder Uberhaupt.
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Noch heure steht der Begriff der Durerteit fur die Epoche des Obergangs vom spaten Mittelalcer zur Renaissance in Deutschland. D er Rang und die Vielfalt seiner Werke und Themen in inhalrlicher und formaler Hinsichr sind denn auch ersraunlich. Durers Holzschnitte und Kupferstiche mach ten ihn in ganz Europa berUhmt; noch heure wird er auf dem Gebiec der Druckgraphik als der groBte Meister seiner Zeit angesehen. Von Zeirgenossen wurde eraufgrund seiner Fiihigkeicen a is Graphiker und Maler als zweiter Apelles bezeichnet, nach einem der beruhmrescen Mal ern der Antike, der im vienen vorchrisdichen Jahrhunden lebte. Obwohl seine Gemiilde meist auftragsbezogcn enrsranden - die beiden Schwerpunkce bildeten die Pon riitmalerei und die Herstellung von Altiiren und Andachtsbildern - bereicherte Durer sie durch ungewohnliche Bildlosungen und R.ihne sie neuen Funktionen zu. Seine Aquarelle und Zeichnungen beeindrucken in ihrer themarischen und technischen Vielfalr und zeugen von Dlirers sorgf'ahiger Arbeitsweise bei der Vorbereitung seiner GemaJde sowie von seinem besonderen Interesse an der Natur. Glucklicherweise haben sich, anders als bei anderen Kilnsrlern, vide Werke erhalten, so dail ein umfassendes Bild von seinem Schaffen ensteht. Neben 350 Holzschnicten und Kupferstichen sind 60 Gemalde und etwa !000 Zeichnungen und AquareUe uberliefen. Durer erhielt durch die Jahrhundene den Rang einer Ikone, wie zum Beispiel die Rezeption seines Selbstbildnisses im Pel.zrock oder die denkmalshafte Verehrung im 19. Jahrhundert exemplarisch belegen (Abb. 3, 4). Waren es vom 16. bis zum 19. Jahrhunden in erster Linie Kunstler und Sammler, die die Rezepcion und Verehrung Dlirers und seiner Werke vorantrieben, so begann im 19. Jahrhunden die wissenschaftliche Aufarbeitung seines CEuvres, die sich auf umfangreiches Quellenmaterial stutzen konnte. So umfaBc der schriftliche NachlaB Durers neben aurobiographischen Schriften, rheoretischen Abhandlungen und Tagebuchaufu:ichnungen auch Gedichte und Briefe an Auftraggeber und befreundete Humanisten. DUrer ist der frliheste deutsche Kunsrler, von dem sich in grollerem UmfimgprivaceAuflerungen und Briefeerhalten haben,
3 Georg Vischc:r
Chrisrus und du EJ,bm:h<rin. 1637 01 aufHol7., 70 x 109 em Alre Pina.korhc:k. Bayerischc Sa.augem:tld~mlungen, Mi.indlen
Dieses Gemalde ist das fri.lhesrc: Beispid e.iner lnterpre~ Qtion des &lbstbitdnissa im P~krrxlt (Abb. 60) als Bilclnis Christi. Das- Werk emstand im Au(trag des bayerischen Kurfiirnen Maximilian 1., der ein leidenschafdichcr Ourer~Sammlc:r war. Zentrum der Kompo.sition ist c:ine decailgtrreue Kopie des Gemaldes. VtSCher kopierre noch andere berUhmre Wc:rkc DUren: wie die SeitenfiUge.l des P.zu~trgartnn-·AII4n (Abb. 53) und erg'-im.le sic nach den Vorttdlungen seines Aufnaggebc:rs.
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die auf den Kunstler als Peflion Ruckschliissc crlauben. Zeirgenossen wie der Nurnberger Parrizier Chrisroph Scheurl (1481- 1542) liefenen wei<ereAnhalrspunkre, ebenso wie beruhmce Kunstlerbiographen, beispielsweise der Niederlander Karel van Mander (15481606), der deutsche Kunstler Joachim von Sandran (1606-1688) oder der Kunsder, Archirekt und Architekcunheoretiker Giorgio Vasari (1511-1574). Durch seinen umfussenden NachlaB gelang cs jedoch nkhr nur, vom Charakter und der Person Dtirers ein deurli· cheres Bild zu zeichnen als dies bei anderen Kunstlern seiner Zeit moglich war. Mit seinem schriftlichen Vermachtnis nimmr DUrer in seiner Zeit gleicherma.Be.n eine EinulsteUung ein, wie e.r sich auch von Vorgangern und Nachfolgern unrerscheidec. Durers cheoretische Abhandlungen geben konkret Auskunfc tiber seine Arbeitsweise, seine didaktischen Fiihigkeiten und tiber seine theorerisc.hen und wissenschafdichen Erkenmnisse, die ihn zu diesen befahigrcn. Ein gutes Beispiel
dafur ist Diirers Tral<tat der Malerei, gcnannt •Speis der maier knaben•, in dem er seinen Schulern dieAufgaben und Moglichkciten der Malerei bzw. deren Umserzung erliiutert. In den lenten Jahrzehncen schrirr die Dtirerforschung mit eine.r Flut von Bduagen voran. Schon die anliiBiich des 500. Gebururag Diirers erschienene Bibliographie Matthias Mendes urn Faile mchr als zehnr:ausend Litc:raturverweise. Jede Durer-Renaissance seit dem 16. Jahrhunderr brachre neue Sichrweisen und crkenntnisse. Aullerungen von Kunsclern, Sammlern und Bctrachrern gibr es unziihlige. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Person Albrech t Durer und seiner Werke dauerr mit ungebrochenen Imeresse bis in die Gegenwart an. Obwohl jahrlich zahlreiche Forschungsbeirrage zu diescm Thema erscheinen, stelten seine \'Qerke in ihrer Komplexitar die Forschung immer wieder vor neue Fragen. Durer wird auch in Zukunft ein Phanomen bleiben, das anhaltende Beach tung verdient.
4 Christi.ln Danid Rauch Aibmhr·Dilm•Dmhwi, 1826-1840 Bronto:tarue
Albrcchc-Di.lrtr-l)b.r7, NOmhtrg ludwtg I. von Raycm {1780-18b8) g;ab bc:i d~m lkrliner
Bildhauer Chrisci:an Danid IUuch cin~ lebcmgroRc Bronl.t-~t:uuc: Di.lren in Auftrag. die: ab D~nkmal auf d~m hc:utigc:n Albrecht DUrer Plan in NOrnberg Auh:rdlung
fand. Sic isr cin prom inence$ Beispiel dcr Dilrer-Renais~~ux
un frUhtn I<), j;lhrhundcrc und n:pr:iscnticn die
Vcrchrung diacs KUn<tlcu in uhln:ichcn Oenkmalern dte$('rZ('ic.
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YoM GoLDSCHMIED zuM MALER
Die unmittelb:uen Vorfahren Albrecht DUrers lebcen in Ung:un. Die Herkunft ist durch die in der Forschungsliteratur vielz.itierce, Uber Strecken IUckenhafce Familienchronik, die Albrecht DUrer nach Aufzeichnungen seines Vaters in spaten jahten am 25. Deumber 1523 verfaBte, belegc. Albrecht Diirer der Altere (1427 1502) stammteaus einem kleinen ungarischen Dorf mit Namen »Eyms~ in der Nahe »von einen kleinen st3cdeln,
genannc Ju.la•. Es handelt sich urn das heutigeAjr6sfalva unweit der gren1nah bci Rum3.nien gelegenen ungarisclten Stadt Gyula. Bis heute ist nicht zweifdsfrei gekliirt, ob die DUrer aus Ungarn oder Deutschland srammtcn. MOgllchcrweisc war zumindest ein Teil dcr Familie deurschstammig, da das Schriftdeutsch Albrecht Dllrers de(!; Alteren ausgezcichnet war und auch sein
Sohn sich gelegentlich mit der Beuichnung »Alberrus Durerus Germanicus• von anderc:n Nationalitacen
S AJJianzwap~n tkr Familin1 D1tru-Hol~r, 1490 (RUckansicht von Abb. 9) Olauf Hoh, 47 x 39 em G.dl~ria clcg1i Uffiz.i, flormz. Die gemalte Variance des AJiiaoZWllpperu dcr Familieo DUrer und Halper, ein sogenanmes sprechendes Wappen, ist auch in einem I 523 datierten Hob.schnin i.iberliefert. Es bildet dit- RUc:ksc:ire w Durers erstem Poru:tc seines Vaten von 1490. Das Wappen dc:r Familie zeigr links ein g«tffneces Scheunencor, d.as -vermudich Sinnbild fur den Familiennamen isr. Der Name ist gleichbedeutend mitTUrer, der deutsehen Obersttwng von »Ajto•, dem Herkunfrson Aijtos bei Gyula, der Hauptsadr des Komitacs Becb:;.
6 :NibsrbildnisimAit"wn J3}ahm:,l484 Silbc:rnift aufP.picr, 27.5 x 19,6 on Graphisdle Sammlung Albertina, Wien
lm Alrer von I3 jahrtn schufDilrer cbs fnihestc Sdbscporcritr cines Ktinsdcrs in so jungen Jah.rco. Mit Silbersrift
sind die 7Aige Otiren, wie sie aus spa.cerc:n Selbstpol"tfits Uberlieferc sind, wenngkich hier noch kindlich, in za.rten Srrichen erfaBt. W.e ein spa:cgotischer Engel Marcin Schong"o~ue~ in einer Verki.indigungsda11tdlung wc~t de.r Knabe nach reclus. &ine Linke ist unter dem Armel v~r sreckt und damit ein Hin~is d.u3uf, daB dieses SelbHbUdnis vor dcm Spiegel gemah wurde.
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abgrenzte. Der Familienname stellt eine Oberrragung aus dem ungarischcn )lajtos« dar, zu deutsch »Ttir« und erscheinr in der Schreibweise • Thurer• oder »TUrer•. Das Wappen, auf der RUckseite von DUrers fruhestem Bildnis seines Vaters zeigt ein Tor mit geoffneten FIUgeln (Abb. 5), moglicherweise ein Scheunentor, das auf den Beruf der Vorfahren hinweisr, die Viehziichter waren. Der Grollvater Anton Durer harre das Handwerk des Goldschmieds erlernt, worin ihm sein altester Sohn, DUrers Vater, folgen soll<e. Dieser verlieB jedoch schon in jungen Jahrcn seine Heimar und ging aufWanderschafr. Die drohende Gefahr einer TUrkeninvasion und die Hussitenkriege in Bohmen waren Anlall genug, Ungarn den RUcken zu kehren. Fiirden 8. Mai 1444 ist ein kurzer Aufemhalr AJbreclu DUrers des Alrercn in Niirnberg bcleg<, doch erst 1455 keltrt er in die frankische Sradr zuruck, um als Geselle in der Werksratt des Nurnberger Goldschmieds Hieronymus Holper (gest. 1476) zu arbeiten, nachdem er • lang in den Niedcrland gewest bcj den grollen Kunsclern•, so der Worrlaut. Nach zwolfJahren Gesellentatigkeir heirareteer 1467 die 15jlihrige Tochter seines Lehrmeistc,.., Barbara Holper (1451-1514). Die Heirar mit einer NUrnbergerin crmoglichte es ihm, das BUrgerrecht der Stadt zu erwcrben und I 468, im forrgeschrinenen Alrer von 41 Jahren, noch die Meis~erprUfung abzulegen. Zunachst wohnte das junge Ehepaar im Hinrerhaus der Wohnung
Dr. Johannes Pirckhamers (gest. 1501), eines NUrnberger Parrizicrs. Hier kam Albrecht Dlirer der )Ungcrc am 21. Mai 1471 als drirres Kind zur Weir. Von scinen 18 Geschwistcrn sollren auller ihm nur drci Bruder, Hansder Alrere (geb. 1478), Hansder Jilngere (14901534/35 oder 1538) und Endres (1484-1555), Uberleben. Kindheir und Jugend verbrachre DUrer im vornehmcn, latcinischen Viertel NUrnbergs. Die Familie wohnce im Haus ~unter den Vesten«, das Oiirers Vater im Jahre I 475 fur 200 Gulden erworben harte. Beide GroBvarer Dlirers und sein Yarer waren Goldschmiede. Diese Familienrradirion sollre dcr Sohn forrfuhren. Nachdem er in der Schute •schreiben und lesen gelerner• harte, nahm ihn der Vater als Lehrling zu sich in die Werksratt. Er war ein aufgeweckter SchUler, bckundere jedoch bald grolleres Interesse fUr die Malerei als fur das Goldschmiedehandwerk, so dall laur
Familienchronik seinen Vater »die verlorcne zeit« reute, die sein Sohn •mit goldschmid lehr zugcbracht•. Aus dieser Zeit ist da.s erste Werk Dlirers Uberliefe rr, eine Sil-
berstifrz.eichnung, die sein angeborcnes Zcichenralent manifestiert (Abb. 6).lm Alter von 13 Jahren zeichnece cr vor dem Spiegel das frUhesre erhalrcne seiner zahlreichen Sdbstbildnisse, die seine Gestalt in verschiedenen Lebensabschnitten festhalren sollren. Oilier merkte in der lnschrift an: •Daz hab jch aws eim spiegell nach mir selbs kunterfer im 1484 jar, do ich noch ein kint was.• Die Silberstifrzeichnung erfallr, in noch spargotischer, etwas cck.iger Manier, aber bereits mic sicherem Strich,
die charakterisrischen, kind.lichen Ziige des Kiinsrlers. Spidcnd bewiiltigre der junge DUrer die schwierige Silberstifttechnik, die keine Korrekruren zulallt und ein hohes Mall an Prazision und Stilsicherheit erfordert. Es ist das einzige Uberlieferre autonome Selbstpomat eines KUnsders aus so friihen I..ebensjahren. Ein noch friiher dacienes Selbstbildnis DUrers im Alter von achr Jahren soli sich einer Quellenangabe zufolge im Besitz des bayerischen Kurfursten befunden haben. Es wurde bei
einem Residenzbrand zerslOrt. Vermudich erkannre der Vater die Begabung seines Solmes, denn 1486 gab er schlielllich dessen Wunsch nach und schickte ihn zur Lehre in die Wetksrarr des angeschenen Niirnbtrger Maiers und Unternehmers Michael Wolgemut. Christoph Scheurl, ein Humanist
und personlicher Freund Diirers, berichtete, daB der Kunstler ihm mundlich wie schriftlich mitg<reilt babe, sein Yarer wollre ihn schon mit funfzehn Jahrcn in die Lehre zu dem beruhm ren und als Graphiker inr<rnarional bekanntenMartin Schongauer (urn 1450- 1491) schicken. Schongauer, der ebenfalls Sohn cines Goldschmieds war, produzierre Kupferstiche in hoberen AuAagen, als dies zuvor ublich gewesen war. Hierdurch stieg der Bekanntheitsgrad seiner \XIerke, die sich bald solcher Beliebtheir erfreuten, daB sie auch von anderen Kli nstlern des spaten 15. Jahrhunderrs als Vo rlagen fur Alrare und Tafelgemalde genutzr wurden. Ausgewahlte Meisrerstiche Schongauers lagen zu dieser Zeir in vielen \XIerkstallen vor und wirkren scilbildend. O cr Kunsder und Biograph G iorgio Vasari berichtet in seinen Klinst· lcrviten, daB sogar M ichelangelo (1475 - 1564) einen Kupferstich Schongauers kopierr habe. \XIarum sich D iirers Vater lentlich fur Wolgemur als Lehrmeisrer enrschied, muB offen bleiben. Moglicherwcise konnte sich die Familie DUrer die ceure Reise sowie dje Unterhalrs- und Lehrkosten niche leiscen. Vicllcichr wollte der beruhmre Schongauer aber auch keine weiteren Lehrlinge mehr aufnehmen. Es liegt nahe, daB Dlirerzudieser Zeirschon die Lehre als Goldschmied bei seinem Vater abgeschlossen hau e. Die Zeichenkenntnisse, die er hierbei gesammelc haue, kamen ibm sparer bei der prazisen Vorbereitung der Gemiilde mit Unter- und Vo rzeichnungen zugure. Die Lehrjahre bei M ichael \XIolgemur (Abb. 7), derstilisrisch noch in der spiirmittelalrerl ichen Handwerkstradirion stand, waren fur Durers ktinstlerische Entwicklun g von grofkm Nutzen, scheinen in menschlicher H insicht jedoch niche immcr ganz einfuch gewesen zu sein. So war Durer mit 15 Jahren der al resre Lehrjunge in der \XIerkstall und mullre •viel von seinen [W'o lgemuts] knechcen [.. . ] leiden•, wic er selbst in der Familienchronik schreibt. In der Werkstatt seines Lchrmeisters lernte Durer die fur d ie Ausbildung zum Malergesellen gru ndlegenden D inge. Neben den G tundvoraussetzungen wie Farbmischung, Komposirion, Tuschezeichnung und Anfenigen von Landschaftshintergrunden gehorre hierzu auch das intensive Studium und die Anwendung der Holzschnincchnik. Dies ist urn so bemerkenswerrer, als Michael \XIolgemut damals bereics mi r dem bekannten Verleger Anton Koberger (urn 1440/1445-1513), DUrers Taufpacen, zusammenarbeirete und Formenschneider anstellte, welche die Vorzcichnungen in den Holzstock schninen. Holzschninillustrationen aus der \XIerkstall Michael Wolgemuts gehorren damals technisch zum besten, was auf dem europii.ischen Markt erhiiltlich war. Neue Effekte in der Ausarbeitung, cine feinere Binnenz.eichnung und die Andeutung von Raumlichkeit sreigerren die Nachfrage. Bertihmt wu rden insbesondere die 645 Illustration en zur • Weltchronik• des N urnberger Antes und Humanisren Hartmann Schedel (1440- 1514), gedruckt bei Anton Koberger. Dieses 1493 erschienene Werk umfallte insgesamt 1809 Holzschnine und sollte
mir seinen Illustrationen und Beschreibungen, bezogen auf die sieben Zeitalter, eine Geschichte der Welt und ihrer Volker darstellen. Die Chtonik erlangre inrernarionalen Ruhm, wobei die 123 Stiidrebilder zu ihrer Popularitac wesendich beigerragen haben diirften. D ie formatgrollre Darstellung. eine Ansichr der damaligen Welt- und Handelsmerropole Niirnberg, ist ein gures Beispiel dafur, wie Sradtansichten in allen D etails erfallt wurden (Abb. 13). Es wurde immer wieder versucht, die Beteiligung Dlirers an dicsem Buchprojekt durch den Vergleich mir seinen Holzschnillen zur Apokalypse stilkritisch zu belegen. Seine Mitarbeit ist zwar nicht quellenmallig vecburgt, liegt jedoch nahe, da Durer zur Encsrehungszeit der »Weltchronih als Lehrling in \XIolgcmuts Werksta!l tatig war. Das intensive Studium der H olzschninechnik und der fur diese Zeit aullergewohnlich hohe rech nische Standard in der Wolgemu t- Wcrkstall Stell ten eine wichtige Voraussetzung R.ir Durers geniales Entwicklungs· potential auf diesem Gebiet und fur sein planvolles Vorgehen in spiirerenJahren dar, als er Druckgraphik in breitem M& kommerziell zu nutzen begann. lm Jahre 1490, nach Beendigung seiner Malerlehre in der \XIerkstall M ichael \XIolgemuts, trat Durer als Geselle eine vierjiihrige \Vanderschaft an und malte unmiltelbar vor Antrill der Reise die beiden Bildnisse seiner Eltern (Abb. 8, 9), die urspriinglich in der Form eines Dipcychon verbunden waren und nach 1588 getrennt wurden. \XIiihrend das Bildnis des Vaters in d en Besitz Kaiser Rudolphs II. nach Prag gdangte, verblieb sein Gegensrtick bei der Familie Imhoff in Nurnberg. Diese ersten gemalten Bildnisse Durers zeugen von
seinen in der Wolgemur-Werksratt erworbenen Kennrnjssen und Fahigkeicen. Die Dargestellten erscheinen vor dunklem Hintergrund und nehmen in ihrer Blickrichtung aufeinander Bezug. lhrer Frommigkeit ist durch den Rosenkranz in ihren Hiinden Ausdruck verUehen. In der feinen Ausar· beitung der Gesichcszuge, insbesondere derjenigen des Vaters, zeigt sich ein R.ir die zei rgenossische Portriirma· lerei ungewohnlicher Realism us, deran niederliindische Pomats des friihen 15. Jahrhundercs erinnert. In der Anordnung und Gegentiberstellung der Pendants folgt Durer dem rradirionellen Schema des Ehepaarbildnisses. Die Frau ist auf dcr rangnieclrigeren Scitc r(:chts des Mannes plazierr. Die Gewandfalren zeigen, insbesondere im Bildnis det Muner, noch spiitgorische H arte. Unsicherheiren in der ModelUerung der Gesichtsztige legen nahe, daB die Bildnisse unminelbar nach AbschluB der Lehre Dlirers encstanden sein mussen. Ziel der \XIanderschaft eines werdenden Ktinsders war es, andere Werkstiincn, ArbeitSweisen und Stile ken~ nenzulernen und das eigene Repertoire binsichtlich Technik und Morivik zu erweitern. In Skizzenbuchern wurden kunsderisch interessante Motive fesrgehalren, die nach der Ruckkehr der Reise der eigenen Formfindun g dienten. Auch von Durer haben sich solche Zeichnungen erh alren, die aus einem Skizzenbuch herausgelosr worden sind.
7 Bildnis Michm>IWolg=un (Detail Abb. 106) Alb•·echr DUrer ging vom 30. Novcmbt=r 1486 bis Ende des Jahrcs 1489 in die Lehre des bekannte.n Nurnberger Maiers Michael Wolgemur. Das Portrii( seines Lehrerskein Aufi:ragsponric - ist das ei.111.ige von DUrcrs Hand und zcugt von seiner ausgereiften Bildniskunst in .splireren Jahren. 8 (nachfolgcndc Seiten, links)
Bildnis dtr Barbara Durtr, 1490 0 1:~oufTannenholz. 47 x 38 em Germanisd1es Nationalmuseum, Ni.imberg Kul'".l. vor seiner Abreise als Wandc:rgeseUe 1m.Jte DUrer das Ooppelbildnis dcr E.hcrn, st:ine ersten gemahcn Poru:llfS. 0a.s- Portr:llt der Muner fungicrre als P~danc 'tum Bildnis des Vaters und nimmc in dcr Blidcrichrung und K6rperhalrungdarauf Bezug. Die Bildnisse sind kompositionell eng :~.ufeinander abgestim mt. Di~ Muner crscheint mit der weillen H:~.ube als verh~ir2rete Frau in einem dunk~l· roten Gewand. Wahrend lettteres summarisch erfa Bt istt ist die Physiognomic sorgP.tltig erarbeitet. Die Muner h:ilt a.ls Ausdruck ihrer FrOmmigkeit eincn Rosenkranz. in der Hand und ni.mmt mit diestr Gesre Bczug 'ZW Darstdlung des Vaters.
9 (nachfulgende Seiren, reclm) Bildnis Albncht Diirers des Alu"n• 1490 Ol aufHoh, 47 x 39 an Galleria degli Uffizi, Florent Mit seinen ersten iiberlieferten Gemalden, dem Doppd· portril sdner FJrern, Ubertrifft DUrer alles- bis dahin in der deuuchcn Bildnismalerti dag~nc. Obwohl der Port:ritttypus vor monochromem Hintcrgrund und im Dreivienelprofil noch der spltmiuelaherlichen Werk· nauradition entspricht, gtht der feine Naturalismus, mit dem DUrer das Gesichr ~ines Vaters charakterisiert, tiber Poncitd:ustcllungen seines Lehrers Wolgemut hin· :1.us. Der Rosenkr.uu in seinen H3.ndcn wcist den V:~oter als frommen, gouesflirchtigen Mann :~.us.
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10 &lbstbildnis mit Bhul-t, 1491/92 Fed.eruichnung :aufPapier, Rilckse.ire, 20,4 x 20,8 on Graphis<:he Sammlung der Univcrsitiiabibliothck Erlangen-Nilmberg.
Erl.ngen Vc-rmudich in die erne Zeil der Wanderschaft daciert da.s Selbst路 portrit Ollt Binde, <Us in schndJen Strichen ~in, wobej das Gelicht OUten mit dem forschcnden Blick hervortritt. Der C~rus der Hand erinnen uaditiond.l an Damdlungen ~
Christus im Elend. an Meb.ncholie und Sdtlaf. Zurn Sdbstbildnis in dieser Form paSt am ehesten die Bedeutung dec Schwermut.
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DUrer weist in dcr Familienchronik nur mir cinem lakonischen San auf seine Zeit als Wandergeselle hin: • Und da ich auBgedient hat, schickt mich mein varcer hinwegg und bliebe vier Jahr auBcn, bis daB mich me in Vater wider fordert. Und alB ich im I 490 jar hinwegg rog,nach Osrern, darnach kam ich wicder, alll man zehlr 1494 nach Pfingsten.• Ober Diirers Aufemhalrsorre wahrcnd der ersren heiden Wanderjahre ist dcnn auch nichrs bckannr, obwohl Porrri!a.cichnungen wie das Stlbsrbildnis mit Bintk vermudich aus dieser Zeit datieren (Abb. 10). Die These, Durer habe sich in dieser Zeit in den Niederlanden, in Haarlem, aufgehalcen, wie der Kunsthistoriograph und Kunsder Karel van Mander in seincn 1604 erstmals erschienenen Kiinsrle rvicen • Her Schi1der·Boeck• und Joachim van Sandrarr in seinen Such •Teutschen Academ ie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey- Klinsre• noch berichreten und wie aufgrund der Bez.Uge w Gemalden des H aarlemer Meisrers Geerrgen totSinr)ans (urn 1460-1490) vermuretwurde, isr nicht belegbar. Sie wird zudem durch eine Aussage de.< Nurnberger Humanisten Christoph Scheurls, eines persOnlichen Freundes Durers, in f rage gestellr. In dessen Schrifr •Vira reverendi parris domin i Antoni Kressen Nurnberg« vom 24. Juli 15 15 heiBr es: •Dann, nachdem er hin und her in Deuuchland gereist war> kam er nach Colmar im Jahre 1492 ... •. Neuere Oberlegungen von Jane Campbell Hutchison gehen davon aus, daB Durer in Frankfun, Mainz und ml!glicherweise Koln Station gemacht haben konnre, da er berUhmre Kunsrwerke, die er bei seinem ersten lksuch der drei Stiidre gesehen haben mag, im sonsr so penibel gef'uhrren Tagebuch seiner spaceren Reise in die Niedtrlande nichr erwahm. Die genannren Sradre boten Attraktionen, denen sichein Wandergeselle kaum vcrschlie&n konnre: Mainz war Zenrrwn der Buchd ruckerei und Wohnorrdes niederliindischen Kunsders Erhard Reuwich (tarig 1484 -urn 1500), der Durer mit scinen populi!ren Hol7.schnillillusrrationen zur Schilderung der Pilg.rfahrr des Mainzer Domdekans Bernhard von Breydenbach (gesr. 1497) ins Heilige Land beeindruckrc. Seine Holzsehni11e waren in der Werkstatt Wolgcmucs imitien worden. Reuwich war der crsre Kunsdcr, der ein Such mit vollem unrernehmerischem Risiko im Eigenverlag publizierre. Frankfurt bot fur einen Wa ndcrgesellen viele Amiehungspunkte. Die dorrige Mcsse war in splireren Jahren Durers Haupa.iel, wenn er seine •Waren• zu Markre rrug. Urn 1490 in Frankfurt arbeitete auch der sogenannre •Hausbuchmeister• (tiirig urn 1465/1470 - nach 1505). Dieser nach einer in Schloll Wolfegg befindlichen Pergamenrhandschrifr mit Fcderz.eichnungen benannre Kunsder war neben Marrin Schongauer der erste, der sowohl Gemalde als auch Druckgraphiken schuf (Abb. 36). Seine Kalrnadelradierungcn erschienen, da sich die Druckplatten rasch abnutzren, in niedrigen Auflagen. Fruhe Werke Durers wie die Kupfcrstiche D" SpaziO"gang (Abb. 37) oder jungtr Paarzeigen den Einflull des Hausbuchmeisrers. Moglicherweise hielt sich der Wandergeselle aus Nurnberg einige Zeit in der Werksratt des Meisters aufw1d lernredessen\Verke im Original kcnnen.
Ge nauere Kenntnis uber die lerzren heiden Wanderjahre erhalten wir von Durers Freund Scheurl. Von ihm wissen wir, daB Diirer zum beriihmren Marrin Schongauer nach Colmar woUre. DaB er jerzr nichr als Lehrling, sondern als GeseUe dorthin zog, brachre zugleich den Vorreil mit sich, daB er in der l.age war, seinen l.ebensunterhalr selbsr zu verdienen. Da es zu dieser Zeit in Deutschland noch keine gro&n Kupferstecher g-•b, dUrfte der Aufenthalt in der Werksratt Marrin Schongauers als herausragenden Lehrer dieser Technik eines der Haupttieleder Wanderschaft gewesen sein. 1492 kam Durer in Colmar an. Martin Schongauer war jedoch kurz zuvor gestorben, vermurlich an
11 Dtr Hl Hitronymus, 1492 Holzschnin, 19 x 13,3 em Kupfersrichkabincu , Kunnmu.scum, Basel
Dicses 1itdbild 1W' r.veiren Awg:abe der Bricfe de$ K.irchcnv..uers Hicronym~ bdc:gt, ~laB DUrer s.ich wahrend setncr Gcsclknj.Uuc m Basd aulhiek Der Holz.noclc ist auf der Rilcla<ite von dcr Hand Albrecht Oiliers beschrillcr. •Albrcdu Durer \'On n6rmugk•. Hie.r i5l dargcstdh, wie dcr HI. Hieronymus eincm Uswcn den Dorn aus dcrTaae tiehc und diescr fott10 sein trcucr Weggdahrtc wirJ. l)ic Wohn· und Studicrstube des Kirchcnvatc:rs zicrcn aufgeschbgcnc BUcher und Din~ des v."C:Idichcn und gcistlichc.n All rags, ralisci.Khc Details. die tuvor in 1-foln<:hniuc:n sc:lre:n dargtsccllf wurde:n.
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der Pest. Seine Bruder empflngen den W.mdergesellen und liefkn ibn die Werke des MeiSters sorgfaltig studieren. Die Kupferstiche Schongauers .sind in den ersren Jahren einc der wichcigscen lnspiracionsqudlen Dlirers gewesen und AusgangspunkL seiner gen ialen Weiterenrwicklung der Kupferstichtechnik. Auf Colmar folgte Basel als nachste Reiseetappe. Oiese Stadt der Verlage und Oruckereien harte sich damals bcrcits zu einem Zentrum des Humanismusent· wickdt. Durers Aufenthalc ist belegc durch die Signatur »Albrecht DUrer von nOrmergk« aufder Rtickseireeines Holzscocks mit dem Titdholzschnirc fur eine Ausgabe der Briefe des HI. Hieronymus, gedruck< bei dem Verleger N ikolaus Kessler (t:iitig 1485 - 1509) in Basel (Abb. 11). Durers wabrend det Lehre erworbenen Kennrnisse im Bereich der Holzschninillustration waren hler sehr gefragt, denn nachdem er 1492 besagces "fitelblatt enrworfen hatte, erhielc er in der Folge zahlreiche Auftrage. Er schuf die Holzschnittvorlagcn zur ersten dcurschen Ausgabe des 10Rirrers vom Turn«, ciner Sammlung von Erzahlungen, die im 14. Jahrhunden in Frankreich kompilien und zum Ende des 15. Jahrhunderts z.u einem beliebren und in verschiedene Sprachen ubcrsetzcen Volksbuch geworden war. Ferner entstanden 18 kleine Hol7.schnitte fur e in Andachrsbuch, das allerdings nie gedruckt wurde, sowie Holzstockvotzcichnungen fur 140 lUu.m ationen zur •Komodie des Terenz•. Zur gleichen Zeit arbeitete Durer an den 75 Holzschnitcen zum 1494 ersch ienencn, popularen »Narrenschiff« des Humanisten und Rechrsgelehrten Sebastian Brant ( 1457/58-152 1) in Basel (Abb. 109), einer allegorisch-satirischen und moralisierenden Versdichtung in deutscher Sprache, die das torichte Treiben der Welt aufs Kom nimmc. Brant wurde durch das Buch international bekanm. Zeirgenossen verglichen ibn mit beruhmten Dichtern wie Dante ( 1261-1321) oder Petrarca ( 1304 - 1374). Einen Einblacrd.ruck mit einem von Brant vcrfallten lateinischen Gcdicht zu Ehren seines Namenspatrons, des Hl. Sebastian, illustrierte
Durer eben falls. Die Holzschnittillustrationen zum •Narrenschiff« markieren eine maBgebliche Station auf dem Weg zu einer realistischen Holzschniudarsrellung, wie sie z.uvor in diesem Medium unbekannc gewesen war. Die derailliertere Wiedergabe der Landschaftshinte rgriinde, die feine Binnenzeichnung und die lebensnahe Auffitssung nehmen bereits Durers sparerc Entwicklung der Holzschnittechnik vorweg (Abb. 109). Durers letzte Reiseetappe, Strallburg. ist durch die Nennung des verschollenen Doppelbildnisses eines StraGburger Meisters und seiner Frau in der lnventarliste von Willibald Imhoff (1519 - 1580), dem Enkel von Diirers Freund und Humanisten Willibald Pirckheimer (1470-1530), belegt. D urer arbeitece vermutlich wabrend seines Sttallburger Aufenthalces in der
Werkscatt dieses Meisrers und malre bei dieser Gclegcnhcit die beiden Portrats. Die Bildnisse waren laue Auskunft des lnvc ntars aufPergament gemalc, ein Bildrrager, den DUrer auch fur sein erstes gemalces S~lbJt bildnis mit Eryngium von 1493 (Abb. 12), heuce im Louvre, verwendete. Aufgrund des Materials und des Entscehungsjahres wird vcrmutet, datl es in dcrselben Werkstatt entstand wie die heiden vcrschollenen
Bildnisse. Dieses erste gemalte, auronome Sdbstpomac der abendlru1dischen Kunstgeschichce isc ein Beispiel fur Duters lebenslangen Orang zur Selbsterforschung, die sich mit unrerschiecUicher Intention in zahlreichen Zeichnungen und in d rei Gema1den manifestierc. DUrer verzichtete auf cine Vorzeichnung und liber· rrug das Gemalde vor dem Spiegel direkt auf das Pergamenr. Dies belegr die in spliterer Zeit erg3nzre rechcc H and. Der Dargestellte blickr, vornchm geklcidet und mit einer keck plaz.ien en rotcn Milne auf dem Kopf, dem Bc:nachre r entgcgen. ln Komposition , Halrung und Blickrichtung sowie bezuglich des Aachigen, dunklen Hinrergrundes folgt das Oildnis noch einem tradi tionellen, in Nurnbergwohlbckannten Schema, gleichwohl iSt dje Malwcise gegenuber Ourers ersren Gemalden, dem Doppclbildnis der Elrern vor Beginn der Wanderschaft, bereits aufgelockcner. Das Reimpaar am obercn Rand der SelbstdarsteUung Iauter: •My sach die gatlAis es oben schtat•, ein Vers in allemanischer Mundart, wie er am Oberrhein ublich war. Fedja Anzelewsky sieht den Reimspruch von der Stratlburger Mystikerbewegung im Kloster auf dem GrilnenwOrrh inspiriert. Diese ,;Gouesfreunde« ent-
wickelten sich als Laienvereinigung parallel zur nicderlandischen »Devotio moderna« und waren von der
dominikanischen Myscik beeinAutlt.lhr Streben wares, sich schicksalsergeben dem Willen Gottes zu fugen. Das Eryngium, ein Disrelgewachs, in der Hand des Dargestd1ren kann mehreres bedeucen. Die Distel, auch »Miinnercrew( genannr. ist zum eincn haufig in VeriObnisbildern anzutreffcn. Zugleich verweist sie jedoch auf die religiose Vcrbundenheic mit Christus, da sie in der tradicionellen chrisdichen lkonographie all Symhol der Passion und der Erlosung durch C hristus erscheint. Oadurch erhalt das friihe SelbStbildnis folgende Doppelbedeutung: Mitdem Distelgewachs in der Hand und als hoflscher Liebhaber, in Anlchnung an Werkc des Hausbuchmciste.rs, gddeider. bringr DUrer einerscits seine Gonesfurcht zum Ausdruck unci verweisr andererseirs auf die bevorscehende Heirac mit der N urnbergerin Agnes Frey (1475-1539), die bereics Monace vor seiner Ruckkehr fesrsrand. Die Reiminschrift bekundcc seine Ergebenhcit in das fur ihn bestimmte Schicksal. Es wurde vermucet, datl Durer das Gemaldc seiner Ankunfc in Niirnbe rg vorausschickte. Belege dafiir gibt es allerdings nicht.
12 Stlbnbd4nis mit Eryngium, 1493 0 1auf Pc:rgamem, 'Olufgczogen auf Leinwand
56.5 x 44,5 em Mus« du Louvre, Paris 1493. vermutlich wahrtnd seines Aufcmhalces in ScraS· burg, fenigfe DUrer .sein erstes gemalfes Sdbstporrrlh. Watuend die KOrperhalrung im Drciviercelprofil vor ein· heidich dunklcm Himergrund noch dem tradiriondlc:n Bildnisschcma enupridu, umcr.:cheidet sich die realisti· $Che Wiederg:abe scoffiichcr Dctajl.s und die stlbstbcwuBte, stutterbafte Kleidung und Haltung des D<lrgesrellten von den emcn gernaJren Bildnisscn der Eltern Diirers. ln der Hand hilt Dorer das Eryngiu.m. ein Distdgew.ichs, das sowohl aufdie bcvorstehende Heirat wie auch a.uf di~ Passion Christi hindc:uten bnn. Die: hOftSChe l<Jcidung erinnert an Oarstellungen des Hausbuc.hmeisters, die DUrer wahrschcinl ich wah rend seiner Wanderjahre kennen lerncc:.
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WELTSTADT N 0 RNBERG
13 •Schcdelsd>e Welrchroruk•, 1493 Bl:a.n J00: A111i~·ht tin St.u1r Numbnf Hul-Lkhnitt, h>lio
Baytt&he Scuubibliothek. Milnch~n ScheJc4 An~iJu Jcr SaJc NUtnbcrg erf.lGt J•c Stade .,om Soden her, von wo au.s ckr Burgbcrs guc c:rkennbu Lu. Cl>ecdcm doprdren R;nsdtt Sradrm.au"tthehc <i<;h du Hlwcrm«r. Die b<iden H•updircb<n Sr. S<h.Jd und St. Lorrnz sind tusiialich durch lnschrihen her.oorge· hoben. o~ Bl.m ~~ haufig lopien "'onlen.
•Was fOr ernen herrlichen Anblick bietet diese Stadt! Welcher Glanz. was fUr wunderbare Ansichten. welche SchOnheiten. welche Kultur. was fUr etne bewundernswerte Regterungl ..• was fOr saubere StraBen und elegante Hauser• (Aeneus S•lvius Piccolomtni, 1405-1464) NOrnberg eriebte sert dem 14 Jahrhundert erne wirtschaftl.:he und l.ulturelle Blute, die zur OOrerzeit rhre Hochphase errerchte (Abb. 13). Sert 200 Jahren beretts war d•e Stadt das europilrscne Handelszentrum und rn der Metal!- und Textrlverarbeitung, im lnstrumentenbau, der Pap•ererzeugung und Orucl:ere' fohrend Als heimliche •Hauptstadt des Herltgen ROmischen Rerches deutscher Na~on•. we sre rn der Goldenen Bulle 1356 genannt wurde. zog dte Stadt zahlreiche Gelehrte an und wurde auch zum Zentrum des Humamsmus und der Bildenden KOnste '" Deutschland. Der beruhmte Astronom und MathemaHer Regtomontanus (1436-1476) bezerchnete NOrnbecg als •Mrttelpunkt Europas•. In den wrrtschaftshistonschen Quellen des spllten Mrttelalters rst keine andere Stadt so h~ufig genannt. MaBe und Gewrchte sowre dre Nurnberger MOnze waren Verglerchs- und Bezugspunkte, Angebote auf dern Nurnberger Markt auch tn anderen St~dten Ausgangspunkt fur Prerseberechnungen. Als Umschlagpldtz fOr Export und Import lag Nurnberg auf einer der berden grollen Hauptachsen des europll•sche~ Fernhandels: Von der Ostsee wurden Bernstern. gesalzener Frsch und Pelze geliefert, aus Ungarn und BOhmen Rohstoffe des metallverarbeitenden Handwerk$ wre Gold, Srlber, Kupfer, aus Venedrg wertvolle Serdenstoffe und Luxusartrkel, wahrend aus den Niederlanden teures Tuch hrerher rmportrert wurde. Exportwaren wie Metallgerate und wrssenschafthche lnstrumente gelangten von hier nach Portugal und Polen. Ore Slddt, d1e at~ freie Rerchsstadt drrel t dem Karser unterstellt war, genoB da~ Privtleg, mrt 70 europll•schen Stadum zollfret handeln zu k6nnen. Aufgrund rhrer herausragenden Stellung rm eur~rschen Handel erhrelt Nurnberg eu•e strateg&hen Position. d1e auch fur den Herrscher von Belang war. Per Gesetz muBte Jeder neue Kai,er '><'incn ersten Reichstog in Nurnberg abhalten. Abgesehen davon hielten sich die Herrscher ansonsten nur selten dort auf Oer Stadt rat regierte stellvertretend. 01e besondere Bedeutung der Stadt wurde zu~tzlrch behaftrgt. als cler deutsche K6nig Sigisrnund ihr am 24 Februar 1424 zusammen mit erner Urkunde vorn September 1423 rL<> SO<Jetrannte aHeiltum•. die Reichsinsign•en, Kron1uwelen und dre kaiserliche Reliqurensammlung zurdauerndt'n Aufbewahrung(Abb. 14) Oberbrachte. Oiese heilrgen und hrstorischen Sch<itze wurden einmal im Jahr bei sogPnannten Heiltumswersungenc auf dem Hauptmarkt gezeigt und Obten auf das Publikum erne groBe
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Anziehungskraft aus. Sie wurden von einem •Heillumsstuhl•. einem etwa sieben Meter hohen HolzbalkengerOst, Offentlich pr~ntrert. Vom sogenannten Schopperhaus war dre Galerie des Heiltumsstuhles Obere•nen Steg zuganglich Private HeiltumswetSUngen Ianden rm Heilig-Gerst-Spital statt und waren ranghohen Besuchern vorbehalten. Als m•ttekllterfiches Zentrum der Pergamentherstellung bot dre Stadt Werk~tten, Verlagen und Oruckereien stets Vorrat ar; fernem Paprer. Vor den Toren NOrnbergs entstand 1390 dre erste deutsehe PapiermOhle. 1470 hielt das Druckereigewerbe Einzug und gelangte. bedrngt durch dre ausreichende Paprer- und Meta'lversorgung, bald zu groBer BJOte. Der Verlag Anton ~obergers entwickelte sich schnell zu dem wichtigsten Drucl:ereibetneb. lm Bereich der Metallverarbertung hatte Nurnberg eine Vormachtstellung in Europa inne, waren auf diesern Gebiet hier doch bahnbrechende Neoerungen wie die •Kupfersergerung•, die UmknstallisatK>n des silberhaltigen Rohl:upfers rn Bier und damit dre Herstellung von Garkupfer und Srlber, hervorgebracht worden. Sogenannte Setgerhandelsgesellschaften grOndeten sich, die Faktoren fOr den Einkaufvon Rohkupfer und den Verkauf von Garkupfer und Silber in allen wichtigen Handelsstadten entlang der Hauptachse einsetzten. Bererts rm 14. Jahrhundert war dre Mehrzahl der rn Nurnberg ans:lssigen Handwerker im Metallgewerbe tatrg. Hauptexportwaren bildeten neben allen Sorten an Handwerksgerat und Metallwaren des t~lichen Bedarfs wie Nagel und Nadeln vor allem Waffen und ROstungen. Mrt der herausragenden Stellung eines humanrstischen Zentrums erlangte dre Stadt nach und nach eine Monopolstellung rn der Produklron fernmechanrscher Gerale for den Einsatz rn wrssenschaftlrchen Oisziphnen wie der Geographre, der Astronomre, der Mathematik und der Physrk. Ausgestattet mrt Nurnberger Landl.arten pilgerte man zu den He,trgen St,'ltten und zu den groBen Messestadten. Mrt Hr~e von Nurnberger Me6instrumenten errechnete Regiornontanus den Sternenhtmmel und dre Bewegung der Sterne. Erfrnder w;e der Nurnberger Schlossermerster Peter Henletn brachten Gerate wre erne klerne tragbare Uhr rn Dosenform auf den Markt. dre schlug und vierzig Stunden lief. Sonderanfertigungen wre drese Uhr genossen hohes Ansehen und wurden vom Stadtrat mrt der Zweckbestrmmung kostbarer Geschenke fur hochgestellte Pers6nhchkerten vorbestelit und schltelll;ch ser"'" vorproduzrert. lm Zuge der fortschrertenden Eroberung und Entdeckung der Welt verfor Niirnberg all~hlich dre Monopolstellung als Hauptstadt des euro~rschen Handels, da dre geographische Lage sich zugunsten der '"esteuropllrschen Srehaten verschob. Die Bedeutung der Stadt sank. zumal die Nurnberger Kaufmannschaft sich an lnvestrtronen rn der Neuen Welt nichl beteiligtcn
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14 DicRrichslcroru, urn 1510 Aquatdlicrte Fedeneithnung.. 23.8 x 28.9 em Kupfernichhbineu, Gemunische$ National museum,
N!lrnberg Die Fedeneichnung der Rt:ichskrone gehort 'tU den Vorstudien fur des Kaiserbildnis Karls des Grollen (Abb. 85), dcr im k:aiserlichen Ornar erscbeint und mit den Reiclukleinodien ausgtstanet ist. Die Re.iehsinsignim, die sogenannten Rcgalien, gehtsrren nchen den Rt.ith$reliquien w..m ~nncen â&#x20AC;˘Heil rum~, das jahrlich einmal Cif'feor-
lich xur Schau gesc:dlr wu.rde. DUrer ftrrigte die Ei.o:z.elsrudien nach den Originalen. Die Krone ist gegc:nUber dc:n beid.en an.deren Voruichnungen :wm Rti~wert und R.eidwpfd deuillien :msgcarbeiter, von dc:r Form
und Art de.r Edeb'teine und Juwden bis bin w den bcsduifteten Pliiuchcn mit Heiligengcstalten und Szenen des Aleen und Neucn Tem.n~ts.
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BEGEGNUNG MIT PROPORTION UND PERSPEKTIVE. DIE ERSTE ITALIENREISE
15 Anna 5<-lbdrin (O.<ail Abb. 108} HI. Anna Von Agnes Di.in-r sind am: jungc:n J;lhren cinige Pon.r.it· skirz.en Uberliefen. Im Gemli.lde hiclt DUrer $ie in spliteren Jahren nur einmal in der Gescalr der HI. Anna fest, der mchrcre Vocslutlien vorausgingcn.
16 •mlin Agnn•. um 1494 fedm.eichnung in Sister auf wei&m Papier, 15,6 x 9,8 em Graphlsche Sammlung AJbenin.a, Wien
Agnes Darer, geborene Frey, W:lt die Tochrer des Niirn· berga Kupferschmied.s Hans Frey und seiner Ehe:frau Anna Rummd. Agnes, die hier noch rn2dchenhaft, f...sr kindlic.h wirkt, sin.t an eiDem TLSCh und S(Qm nachdenkLich den Kopf auf ihn= R.eclue, die Haare :tu einem Grecchenropf "Zusammengebundcn. UngtwOhnlich ist die lmimitit dieser Alhagsskizu, die die Dargcsrellre in einem Moment z.cigr, in dem sie sich offenbar unbeobachrer fuhl«.
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Ende Mai 1494 kehrce DUrer nach NUrnberg zuriick, wo er l-un danach am 7. Juli heirarere. Die Farnilienchronik gibr daruber Auskunft: • Und alB ich wider anheimbe kommen was, handdr Hans Frej mir meinem Vater und gab mir seine Tochrer mit nahmen jungfraw Agnes und gab mit zu ihr 200 fl. und hielr die Hochzeir, die was am momag vor Margarerhen im 1494 jar.« Es war cine Zweckheirac, eine »gute Partie.:, die DUrers Vater aus okonomischen £rwagungen heraus angebahnr harre. Hans Frey (1450 -1532), DUrers Schwiegervarer, war Handwerksmeisrer, ein RoU<:hmied aus einer alten NUrnberger Familie, der sich auf lufrgerriebene Springbrunnen, Auromaren und Bankettafeln spezialisierr harre, zugleich Bauleirer und Hauswirr des Rarhauses war und 1496 in den Grotkn Rat gewahlr wurde. Seine Frau Anna, geborene Rummel (gesr. 1521), srammre aus einer ehemals wohlhabenden und angesehenen Familie. Zu ihren Verwandren ziihlre beispielsweise der reiche, vor allem in lralicn flir den Kaiser, die Kurie und die Medici rarige Finanzier Wilhelm Run1mel. Agnes Frey war zur Zeit ihrer Heirar mit DUrer ecwa 18 oder 19 Jahrealr (Abb. 16). Eine Federreichnung in der Albertina, von Durer eigenhandig mir der Unterschrift ,.mein agnes« versehen, zeigt sie wie in einem unbeobachreren Moment, als kindlich wirkendes Madchen mit Z<lpffrisur. Diese Skiz:ze eno:stand moglicherweise noch vor der Heirar, da Agnes gemaB den Gepflogenheiren unverheirarerer Frauen ohne I Iaube erscheinr. Verschiedenen Briefen DUrers an Willibald Pirckbeimer von der zweiren Iralienreise aus dem Jalue 1506 isr rechr deudich zu emnehmen, dall die Ehe Diirers, die kinderlos blicb, nichr g!Ucklich war. Dies bekraftigen in sparen Jahren auch die mit Akribie gefliluren Aufzeichnungen des Niederlandischen Reiseragebuchs, aus denen hervorgehr, daB DUrer wahrend der dnj3hrigen Reise die Mahlzeiten zumeist mit seinen zahlreichen Freunden oderallein zu sich nahm, wiihrend Frau und Magd oheroben kochen und ellen• mochren. Dennoch hielr er seine Frau, die ihm rrotz aller persOnlichen Differenzen eine tUchcige Geschafrspartnerin war und als Marketenderin mit seinen Druckgraphiken auf die Messen und Markte wg, in zah.lreicben Pomars fest. [n spareren Jahren dien re sie ihm als Modell der
HI. Anna im Gemiilde der Anna Seibdritt (Abb. 108). Verschiedentlich wurde auch gemurmaBr, dall Diirer homosexudl gewesen sei, basierend auf einem Brief des NUrnberger Parriziers Lorenz Behaim (gesr. 1518) an Willibald Pirckheimer vom 7. Man 1507, in dem von •Diirers Jungen• die Rede isr. Dafur gibr es jedoch kcine weirer<:n Belege. Wenige Monare nach der Hochzeir begab sich DUrer auf seine ersre lralienreise. Diese Reise isr einzig durch eine Erwahnung in einem Brief wahrend sdnes zweiren Iralienaufenrhalres 1506107 belegr, in dcm DUrer an Willibald Pirckheimer schrieb: •Und das Ding, das mir vor II Jaluen so wohl hart gefallen, das ge.fallr mir jem nichr mehr.• Gemeint ist hier ~ntweder ein nicht naher identifitierbares Kunscwerk im besonderen oder der iralienische Stil im allgemeinen, der DUrer als jungen Gesellen bei seinem ersren lralienaufenrhalr noch rief beeindruckr baben durfre. Bei seinerzweiren lralienn:ise hane er jedoch schon seinen eigenen Sci! und seine eigenen kUnsderischen Vorsrellungen encwickelr, weshalb er autkren Einfliissen gelassen gegenUbergestanden haben mag. AJs Grund A.ir Durers plorzlichc Abreise nach Jtalien im Jahre 1494 wurde oft der Ausbruch einer Pesrepidemie in NUrnberg gesehen, die zu ihren schlimmsren Zeiren raglich tiber hundert Tore forderce. Bereirs 1483 empfahlen die NUrnberger Sradtarzrein der Nachfolge des Florenriner Arztes und Philosophen Marsilio Ficino (1433 -1499) - in einem vom Sradtrar angefordertcn Gurachren als individuell sichersre Pravemivmallnahme gegen die Seuche die Fluchr aus der Sradr. Angeschene NUrnberger wie der KUnsder Chrisroph Amberger (urn 1500-1561/62) oder DUrers Taufpare An ron Koberger zogen sich aufs Land zurUck, um der Ansreckungsgefahr zu enrgehen. Die in N Urnberg grassierende Seuche diirfte nichr der einz.ige G rund daflir gewesen sein, daB DUrer eine so weire Reise ancrar. Vielf.tch wurde diese als eine Arr erweirerrc Gesellenreise berrachrer, die sparer A.ir Diirers Rolle als Vermitder der iralienischen Renaissance in Deutschland enrscheidend wurde und seine von spatminelalrerlicher Werksrartradirion gepriigten Sehgewohnhciren tugunsren des •Neuenc in der iralieni-
17 (ob<n links) lkr Hoftier thmusligm Burg inlnnsbruc* ohnt W&J.tm, 1494 AquardlaufPapier, 33.5 x 26,7 an
Graphische Sa.mmlung Albertina, Wien Das Aquardl enmand, -wsammcn mit einer weirercn Ansicht cines SchloBhofs in Tirol (Abb. 18), vermudich aufder erslen italieni.schen Rtise OUrers um1494. Die Lokalis.ierung des Schloues isc bis heute u.msr.tin:en. Zwammen mit dem weireren Blatt sind zwei untersc.hiod~ liche Ansichten desse.Jbcn SchloBho& O.berliefert. Urn einen langgestrcckten Hof groppieren sich verschiedene gotischc: SchloBgebliude. Oem erkerarcigen Treppenhaus links .nehc an ckr Stirnseice 00 Tortwm gtgtnUbet, von dem aus die zweire Ansichc des SchloB.hofs enutand.
18 (oben t«hts) D" Hoftkr ehmutligen Burg in lnmbrud mit ~l.WJ. 1494
Aquarell aufPapier, ~3.5 x 26,7 em Gr.~.phi.sche Sammlung Albertina, Wien
Die 02rsrdlung zc:igt cine zweite Variance des SchloBhofs in TLrOI mic Wolken. Von ciner anderen Scire als in der %Wdten An.sicht (Abb. 17) in der Hof<k$ gotischen Gebludes gcz<igt. Durer w>hlce hier den Standpunla des SOllers im Torrurm, wihrcnd im zwticen Blatt ein fo.enSier des gegenUberJi~nden Quenrakts Ausgangspunkt war. Die pcrspektivische Umsea.ung lst hic.r nocb etw.U unsicher. Die Gebaude sind jcdoch in ihrer splitgoli.$chen FormenvidF.tlt deca.illie.rc er&.fk
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schen Kunst, der Ruckbesirumng aufdie Andice:, durchbrechen sollce. Entscheidend flir DUrers Interesse an dieser Icalienfahrc dUrfce der Wunsch gewesen sein, hinsichdich plastischer und raumlicher Erfassung von der antikc:n Kunst und den icalienischen ~naissancekUnstlern da-
&ine ersce lcalienreise bedeucece einen entscheidenden Markscein in DUrecs kiinsderischer Encwicklung. Erscmals lernceer die Kunst des Siidens niche mehr nur durch die Druckgcaphik, wie sie bereits nordlich der AIpen bekannt war, sondecn auch durch die Begegnung
zuz.ulcrnen und das von lc:ttteren erstrebte lneinander-
Die lcaliener beschaftigten sich auf der Basis der Erkenncnisse des anciken Archicekrurrheorecikers Virruvs mit der idealen Proportion des menschlichen Korpers ebenso wie mit der Encwicklung der Zenccalperspektive zugunscen einer wirklichkeicsnahen Raumdarscellung. Ober icalienische Kiinsder wie Jacopo de Barbari (urn 144011450-1515) oder Giovanni (1430- 1516) und Gentile Bellini (1429-1507), die Diirer aufVermitt· lung NUrnberger Kaulleuce in Venedig kennengelernc habendurfte, sollceervon allen diesen Dingen erfahren. Allerdings isc niche belegc, ob er jemals direkt nach Antiken gezeichnec hac oder sein Wissen Uber das amike Formcmpfinden ausschlieBiich uber Nachzeichnungen der Stiche icalienischer Meister erhielc. Die Reiserouce Dilrers ruhrce vermudich zunacbsc tiber Augsburg nach Innsbruck, wo er die beiden Hofansichcen der Innsbrucker Burg im Aquarell fesrhielc (Abb. 17, 18). Es sind dies die ersren beiden einer Reihe von Landschaftsaquarellen, die wiihrend der Reise enr-
greifen von •Menschenbild, Perspektive, Proportion, Antike, Narur, Myrhologie und Philosophic• praktisch und rheoretisch zu begreifen. In diesem Bereich war die deucsche Kunst auf spatmiccelalcerlichem Niveau scehengeblieben. Von den neuen icalienischen Kunscscromungen diirfte DUrer zuersc in Basel erf.iliren haben. Eme Beispiele, die nach Norden gelangcen, waren gr.tphische Blatter und Andachcsbilder. Gezeichnece Kopien nach der Kupferscichserie eines ferraresischen Meiscers aus der Zeit urn 1470 gehoren zu den friihescen Zeugnissen der Auseinanderserzung mit der iralienischen Renaissancdrunsc. Kupferstiche des icalienischen Kii.nsders Andrea Mancegna (1431-1506) kursierten in Deutschland bereits vor Diirers Icalienreise. Diirer pausre sie direkr von den Originalblarrern ab, wobc\ ungewiB isc, ob er dies unmittelbar vor seiner Reise oder wiihrend seines Aufenrhalts in Icalien cat.
vor Ort kennc:n.
standcn. Sic dicmcn als fr<:ics Srudicnmaterial und zur privaren Dokumemao•m ')parer ttos,cn '-= t rf"h n OUrers Druckgr.1p tt1~ lfh• , 1'c _..md.scn.uts•umcr~ grUndc seiner Gcmalde ein. lnsgcsamt 32 Aquace!Je datieren in die Zeit zwischen 1494 und kurz nach 1500, von dcnen die moisten mit DUrcrs Reisen nach !talien zusammenhiingen. Kcincs der Blatter ist signicrt oder daticrr. Aus dicscrn Grund bcsteht bis heutc Uncirugkcit Uber ihrc gcnauc Reihenfolge. Die Aquacelle gehijrcn zu den meiststudienen der abendliindischcn Kun.stgcschichte. Sic bcsitzen den Anspruch dcr Autonomic und dokumcntiercn cin gcwandcltcs Vcrhaltnis zur Landschafrsmalerci, die zuvor als die am wcnigsten geachtete Kunsrgattung ausnahmslos einc dcr Historic dicnende Funktion gchabt harte. Mallgcblich fur die neue Auffassung dcr Landschaft$dacstcllu.ng ist cine individue!Jc Erfassung der Natur sowic ein ncuartiger Umgang mit der Aquarelltcchnik, dcr cs ctmoglicht, durch eincn lasicrenden Schichtenaufbau, ii.hn.lich dcr Technik dec Olmalcrei, feinstc Nuanccn hcrauszuatbcitcn. Wiihrend DUrcrs friihc Aquatellc noch Anklangc an typischc Bcispiclc topographischcr DarsreUungcn in friinkischcr Werkstattradition, ccwa die Ansichten Bam~rgs aus dcr Wcrkstatt Wolfgang Katz-
heimers (tiitig 1478-1508), bcsittcn, wird in den ,p;;,.ren Werkcn rl" komoosirori<ch• f.ubliche und malemche Gcsraltung wc:sendich tr(ocr. Docsc spiitercn Aquarclle wurden in ilirer acmospharischen Landschaftserfossungsogat mit dcncn Paul Ct.tanncs (18391906) verglichcn. DUrers AquarcUelasscn sich in zwei Gruppcn uncerteilcn. Die frohen Beispiele zcigen oft topographischc Srudicn, die als crstc autonomc farbigc Landschafrcn bcscimmtc Ordichkeitcn detailgcnau crfassen. Sic weisen noch pcrspcktivischc Ungenauigkeiren auf. wiczum Beispiel die Darstcllung der Dnzhtzitlnnii!Jie bclcgt (Abb. 19). Hicr stcht das kUnsdcrische Interesse an cincr wirklichkcitsgetreuen Schilderung im Yordecgrund. Dies Aihrt dazu, daB aile Details mit glcichcm Nachdruck additiv erfullt sind und die Farbigkcit wenig aufgelockert ist. Das Wisscn urn den EinfluB von Licht und Luft auf die Erscheinungsweise dec Farbc wird erst in spiitercn Wcrkcn spurbar. Dicse gelangen von einer narurhaften zu einer atmosphiirischen, kosmischen Erfusung der Landschafr, was zum einen in der Gcsamtkomposition, zum andcrcn im lockcrcn Umgang mit dec Farbigkcit dcudich wird. Die detailgenauc Erfusung ist nun der harmonischen Gcsamtwirkung
19 Draht::iJ,miiJJI<. urn 1494 Wasscc- und Ocdcf.arben aufl'opi«. 28,6 x 42,6 em Kupfcrstichbbinet:t. Swdiche Muscen ru BerlinPrwBischer Kuhurbesia, Bertin Von einem erhOhttn Standort aus wan den der Blick Uber dk Gro£... und 1\leinweidemUhlen der $tad, Numbef'S,I die"" den Uf.:m dtr Pegnia 1'!."'"· Linh im Hincergrund ist die Stadt mic Spictlertor. Smdmuutt und Tonurm sidnbar. Obwohl d.u Sian rn.ic seiner detaillien:en Au$gescaltung noeh ckr spi<mittdalcerlichen Werlcm.ctndicion folgc, kilndigen die fcinen Luuren, ausgdllhn mi1 s=k ...dUnnren W....n..ben, oc:hon den freier<n Pinsd· aoic:h <pll<<rer AqiWdle an. lnoo&m is< cbs Blan als
~=::. Durers &i":icLJung dc:r AqtWtllteehnik
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20 (obcn linb) l.mrJs<h4i bd
s.r- im Cnrrbrrlul.
um 150411507
Aquardl, 21 x 31.2 em Ashmolean M = of Art and Alchaeology, Oxli>nl
Dlll<r b<Z<ichnete dieses l.andschafUaquarell, du wlhrend der ~iten ita.lienischen Reise enm:and. als •wd'llsc:h pirg•. Die ropognphdcbe ldcnrirtt.ierung war lange umstriru:n. Am ilbencugcndsten iJf dk Vermurun" c:s handde sich u.m eine Damdlu.ng des Cembrarah bci S<gonzano. Die freie Umseaung. die im Vordergrund lod<cre kichte Pi...t.cbwllnge aufwei$<, ~rend dtr Hinteryund n.acwali.stisch fcin crfa£t ist, IJ& vencthen, dal! Oilrcrs Aquardlteebruk diescr Zcit mit dcrjenip eincs P,ul Cbanne verglichen wunle. 21 (obcn r<dlcs) ~ 1506 W..S.:r- und Oecld2tben auf ""Pier, 22.5 x 28,7 em The British M=.Loll<l<>n Die auBergewoh.nlichc Damd.lu.ng ei.nes Steinbruchs, eines aquardltechni.schen Mei$temiicks, wird allgemein in1)ahr 1506daciert. OO.ru hidt den Abschnin eincr ~IJfotmarion rest, &n ~ untr:al und frf:i :aufdcm Blau pla:Uen. Nidu nur dec BildgegtnsWld an stch in seiner bixamn Encheinung. sondcm audl die Etprobung
aquardltochndcher Ml5gij<hl.eiten aeben bier im VorderS""'d kllnsderischcn lnraaocs. Awgeb<nd YOn p.m..:r Miniuurmakt<i uber den bsierend kM:hten Pinseldukrus bis bin zu brcit hingesuicheoen FUchen .teat DUm virtUOC die pnze recbnische Bondbrciu des Aquardls in diesem Srudicnblaa ein. Die Farbigkcit buim auf8nunt6ncn von un.geheurer Nuancicru.ng, so daB dcr Eindruc:k cnutdu, Dllttt woUtt: an diesem lcleinen Me:iucl'$tilc::k die pnu JOaviarur seines Klsnnens erproben.
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unte~geordnet. Ein einzdnes Motiv, das DUrers Interesse wcckte, etwa ein ~uerstiick, ein Wu=lhaufen im Steinbruch oder ein Gebaudekomplex, bon innerhalb dez ansonsten summarisch, mit wenigen Steichen und Farbflachen zusammengefaBten Darstdlung hervorstechen. In spateren, ausgereiften Aquardlen wie dem urn 1506 datierten Sttinbruch (Abb. 21) ist ein Ausschn.itt frei in die Bildflache plaziert. Diirer erprobt hiez die technischen MC!glichkeiten des AquareUs, indem er in zahlreichen Nuancen und Schattierungen verschiedene Brauntline zur W~rkung kommen la.Bt. Die in ltalien gewonnenen Kenntnisse der Perspektive flossen bereits in Aquarellen wie undschafi bn &gonzano im Cnnlmltal ein, was ihre Datierung erleichcert (Abb. 20). Ober den Brenner und das Eisackcal fiihrte der Weg weiter nach Venedig. Die mogliche Reiseroute erschlidlt sich ceils aus den Aquardlen, teils aus der Kenntnis haufig genuttter Reisewege, iiberliefert dutch die erste, im Ho lz.schnitt gedrucktel.andkarte (Abb. 30) mit Reiserouten und Diswrzang:aben des Mathematikers und Antes Erhard Ett.laub (urn 1460 1532). Albrecht DUrers Weg fli11rte demnach vnn Innsbruck aus auf der Pa&tra& zum Brenner Uber Brixen und Klausen, wo ein Aquarell des Rabensteins vor Weidbruck entstand. Laut der •Bouner Chronikc aus dem Jahre 1494 waren die Scra&n bei Bozen :zum Zeitpunkt von Diirers Reise Oberschwemmt. Deshalb wich der Konstler vermutlich Ober das Cembratal aus, was durch das Aquardl bdegt wird. Wahftnd der Ruckreise, auf der Brennerscra&, enrsrand vermutlich cine heme
verschoUene Ansicht von Klausen im Eisacktal, die im Kupferstich Nmwis oder das grofo G/ii<lt (Abb. 63) verarbe.itet wurde. Diirers Aufenthalt in Venedig war aber vor allem vom Zeichnen nach Originalen und nach dem Leben gepr3gt. Seiner Begeisterung flir die Vidfalt der Fauna und Flora verlieh DUrer im l.aufe seines Lebens in zahlreichen Zeichensrudien Ausdruck. Wahrend seines Aufenthaltes in Venedig enrscanden die grollformatigen Wassersrudien-Biatter mit den Darstdlungen cines Taschmkr.bsn und cines Hummm (Abb. 22) Nachdem anfangs Zweifel an der Authentizitat der Blatter vorherrschten, wies Wmkler nach, daB der Hummer einer Gatrung angehort, die vorwiegend im Adriatischen Meer beheimacet ist. Auch Srudien von U>wen, die an Venedigs Wappentier erinnern, und mythologische Darscdlungen haben sich erhal ten. Den Blattern kam wie den Aq uareUen die Funlttion Freier Srudien zu, die kein konlttetes Werk vorbereiteten. In Venedig kopierte Durer nach Mantegna, Lorenzo di Cruli (145611460-1537) undAntoniodd Pollaiuolo (1430-1498), wobei das Interesse an Aktstudien im Vordergrund stand. Studien wie der Altt nnu stthrndm Frau (Abb. 23) von 1493 bezeugen, dall Diirer die Oarstellung der menschlichen Propordon bereits vor seiner Icalienreise beschaftigt hacte. Ein prominences Beispiel fllr Nachuichnungen nach italienischen Originalen ist die Federzeichnung Tod des Orphnu (Abb. 25) in der Hamburger Kunsthalle, die DUrer wahrscheinlich nach einem Gemalde Mantegnas fertigte. Das Original ist
nur noch durch einen Kupferstich, ebenfalls in der Hamburger Kunsthalle, uberliefen. Das Bildthema entstammt dem elften Kapitel der Metamorphosen Ovids {1-43): D er antike Held und beruhmte Sanger Orpheuswird anlii.Jllich eines thrakischen Bacchusfestes von zwei Frauen getotet, weil er die Knabenliebe in Thrakien eingefiihn hat. Bereits diese fruhe Zcichnung manifestien, was flir spatere graphische Werke Durers signifikant sein wird: Vor dem Interesse an der Schilderung des mythologischen Themas har die Erfussung des mensehlichen Korpers in seintr Bewegung Vorrang. Die ausgreifende Gebarde dtr heiden Thrakerinnen, sowohl in der Vorder-, als auch in der Ruckenansicht, bilden ein Gegengewicht zur Korperbewegung des Orpheus. Das Srudium der menschlichen Proportion und die Suche nach dem ldealm.£ fand auch in zahlreichen weiteren Aktsrudien wie erwa dem Riickenakt einer stehenden Frau (Abb. 24) Widerhall. Durer hidt neue Eindrucke nach dem Leben immer wieder spontan fest. Dies dokumentieren auch die Srud.ien von Venezianerinnen
in der st3.dtischen, weir-
bin als •unzuchtig• gdtenden, tief ausgeschninenen Tracht. In einer Federzeichnung srellt Durer eine Venezianierin einer Niirnbergerin gegenilber (Abb. 26), wobei die freizugige venezianische Kleidung im deutlichen Gegensatz zu der engen und zuchtig geschnilrten deutschen Tracht steht. Panofsky vergleicht Durer hierbei mit einem moder· nen Kunsrhistoriker, der ein spatgotisches Biirgerhaus cincm Renaissancepalazzo in vergleichendcr Betrachrung gegenuberstellt. Trachtenstudien von Veneziane-
rilmen kehren spater in Durers druckgraphischem Werk wieder, erwa in der Zeichnung unddem Holzschnitt des Martyriums der Hi. Katharina (Abb. 27) oder in der Darstdlung der Babyltmischen Hure in der Holzschnittfolge zum Buch der Apokalypse. Es wurde mehrfuch die Frage gestellt, wie Durer diese lralienreise 6nanziert haben mag. Moglicherweise konnte er einen Teil dtr Mitgift investieren, wahrscheinlich hidt er sieh aberauch durch den Verkaufvon Holzschnitten, vieUeicht sogar durch Auftragsarbeiten tiber Wasser. Ober Diirers Tlirigkeit als Maler wah rend der ersten Italienreise gehen die Forschungsmeinungen auseinander, da kein entsprechendes Gemiilde durch Signatur oder Quellen Hir diese Zeit gesichert ist. Das heuce in Ptivatbesitz befindliche Bild Maria mit dem Kind vor einem Mauerbogm (Abb. 29) aus dem Kapuzinerinnenkloster zu Bagnacavallo bei Bologna sieht Anzelewsky als Teil einer Gruppe von vier Bildern an, die moglicherweise wah rend der ersten ltalienreise emstanden sind. Andere Meinungen besagen, daB DUrer das Gemiilde womoglich nach seiner Riickkeh r nach Nurnberg malte und auf seine zweite Icalienreise mitnahm, urn es don zu vcrkaufen. Das Werk wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder· emdeckt. Biszu diesem Zeitpunkt hatte es sich in ltalien befunden. In diesem Bild ist der spiitgotische Stil bereits mit ersten Anklangen an die italienischen Renaissance verknilpft. Vor einem sich nach der Seite bin offnenden Torbogen rhtom Maria mit dem Jesuskind, das sie auf einem Tuch gebettet in ihrem SchoB halt. Die Figuren-
22 Hummn-, 149S Fedeneichnung aufPapier, 24~6 x 42.8 em Kupfeo;tich.bbinett. Swdiche Museen zu BerlinPrctilliseher Ku.Ju.u-bC$ia, Berlin Verschiedene1iersrudien dokumentieren bcn:its wah.rend der ersten Jc:alienrciSc Di.irers Interesse an a.llem Beson~
deren und Au&rgew6hnlichen in der Natw. Ein Beispid dJiir ist die vorliegcndc Fedcneichnung. Dc:r Hummer isr formatfullend ins Blau gesettt. Er kommt von links ins Bild. Sein sa~ Blick u.nd seine groBen Sc.heren lassen ihn als Raub tier des adriatischcn Mcercs ersd:leinen, wo « vorwiegcnd bdu:imaret war. Das Blan geh~rt ut dm SNdien, dit: D~r nichr a.ls konkn:ra, sondcrn als frei gesWretes SrudienmaceriaJ dien~.
27
23 Aktrinc-SJthmdmFrttll, 1493 Federu:ichnung aufPapier, 27,3 x 14,7 an
Mus&: Bonnar, Bayonne Di~
Fcderuichnung uugt davon, da.a Oi.ircr sich schon Rlr die Gcstalcung des menschli~n Korpcn
~hr frUh
imuessicrw. Sic: ist die frUhczte Aktdarstellung nadl cincm lebcndcn ModeU nOrdlicb dt:r A.lpen und weist auf Di.ittrs jahruhntelangc Studien :wr idealen mensch.lichen Proportion voraus. Die Fl'llu, in Fronralansicht ge-a:igt, halt mit verlegenem Lachcln schamhaft ihre Rechte vor den K~rper. Ein:z:elnen Partien wie Schul tern und Hals wei.sen in dcr proportionalen Erf.usung noch Un.sic.her· hciten au£
24 Weiblichn' Akr 110n hintm, 1495 PinsduichnungaufPapler, 32 x 21 em
Cabinet des Dessins, Mustt du Louvre, Paris Diescr weiblichc Ruckenakt dokumentiert DUren lnte~ an dec meruchlidu.•_ n Proportion wahrcnd der ernen Icdienrcise. Die Attribute, Srab und Tuch, ~ nahe, daB dic:s~ f'rei geteichnete Akatudie nach einem Modell enutand. Die fesc skinierten K6rperformen
bilden einen reizvollen Koncrast :tu dem lavierten, frei fomchwingmden Tuch. Kopf und Tuch $ind mit unen Pinsdstrich~n ausgefuhrt und v~rc:kurlichcn ein riumlich planisches Verhlttnis <kr Figut t.um Bildraum.
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25 T.J,U.Orphnu,l494 FedcrLCichnung. 28,9 x 22,5 em Kupf<rscichkabinea, HambUJE<r Kllnsthalle, Hambwg Vermudich g<hr diose Zeichnung auf ein Gemilde Andrea Mantegnas •urUck. nach d = Dmckgraphik DU..r >eid>nere. Zcmrum der ~lung i.st dct mann.liche Akt in de.r 8ewegung. Nach den •Mewnorphosen" des anciken Schriftstetlers Ovid (43 v.Ou.-17118 n.Chr.) lblutOrpheusdie Knabenliebe in Thrakien ein und wird dtshalb wihrend cines Bacchanals von 'Z~i Thrakerin~ erschlagen. Die Figu«ngruppe isr vor c:inen zenaalen Baum put, in dem ein a~es Buch mir Notenwe.nen hlngt. Die Lyra des antiken Singers Jiegt zu scinen FuBen.
26 Numbngmn uruJ Vm<ri.tnnin, 1496197 Federzcichnung aufPapier, 24,1 x 16 em Kupk:rstichkabinm:, Stiddsches Kurutinstirut, Frankfurt Die Federzeichnung ist ein be.mites Beispiel fUr DUrers InteresK an Trachcen, die er hicr vergfeidJc.nd gqenUbersn:llt. Die beid~ Frauen, cine NUmbergWn und cine Vcnezianerin, treten auf. als ob sic gemeinsam in Venedig lu.nwandelren. Die mizOgige. vcrspielre veoc:zianische Tradu komrastien mit ihrem reic:hc:n Schmuck und dcm tiefen Ddrollctl! 1um U.lchtigen, sch..lichten Kleid det Nom~n.
27 DIIIManpilnnlkrHl KAtharinn. um 1497198 Holxschnitt, 38,7 x 28,4 ern Kupf<rscichkabinett, Staat~cbe Kunsthalle, Karhruhe Der Hol.zschnin: belegt die Funktion von Trachteru:tudien als fu:ies Stu.d.ienmarerial, da die Hei1ige h..ier in venezianischer Tracht auftritt. Dit- HI. Katharina, eine aJe:xandriniJcbe PrinttS:Sin. erlitt fUr ihre missiorwische Tatigkeit in den Zeitcn der Chrinenver· rolgung durd> den heidnischen tilmi<cheo Kaiser Ma=cius den M!l.ttyrertod. Als Kadu.rina gerliden werden soUre, zersprang auf Befchl Gones cbs Rad und ein roeuerrcgen ttste.:c uhlreiche Heiden. Diese Begebenheir ist hier mi( der Enthauptung der HI. Katharina •usamrnengc&/lL
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s..diula O.ristuslmabm, 1495 Fedeneichnung. 17,2 x 21,S em Cabinet des Da.si.ns. MusÂŤ du Louv~, Paris
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AJs cine Vorsrudie tu Maria mit dmt Kind wr tintm Mautrbotm (Abb. 29) kl>nnte DUren Federu:ichnung cines Ouisrusknaben nach einem Encwurf des Floreotiner Makn Lorenzo di Credi gediem haben, den dieser in mehren:n Wcrkc.n vera.Jbeitcte. Obwohl We Kiirpcr~ haltung und die Gcstik voneirua.ndcr abweichen, sind We Gesicha<ypen der heiden jeswknaben im Geml!lde und in der Zeichnung verg\eichbar.
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gruppe bilder kompositorisch ein Dreieck. Maria und Jesus nehmen durch ihre Halrung aufeinander Bezug. Die Mutter ergreifi Urtlich die Hand ihres Sohnes und blickr ihn Iiebe- und zugleich rrauervoll an, wissend urn die bevorsrehende Passion. Der Erdbeerzweig in der Hand Mariens, ein Symbol fur Christus und Maria, deuter einerseits auf die Muncrschafi, andererseirs durch seine rore Farbe aufdie Passion Christi hin. ln der monumentalen und wohlproporcionierren AufFassung der Figurengruppe folgr Diirer italienischen Vorbildern, insbesondere den Madonnenbildern Giovanni Bdlinis, wiihrend die riiurnliche Komposition noch dem spargotischcm, von den Niededanden beeinfluBten Stil verpflichtet ist. Die Physiognomie des Jesusknaben erinnert an Diirers Zeichnung cines liegenden Chrisrusknaben nach Lorenzo di Credi (Abb. 28). Diese
Zeichnung diente zwar rticht als konkretes Vorbild, weist jedoch stiliscische Parallelen auÂŁ Die Errungenschafien der italiertischen Renaissancekunsr, verrnittdt durch die Druckgraphik sowie die Werke und Schrifien DiiRrs, brachten in den folgenden Jahrzehnren die Kunsr n6rdlich der Alpen in allen ihren Ganungen einen enrscheidenden Schritt voran. Kiinstler zogen nicht mehr ausschlieBlich in die Niederlande, urn die groBen Kunstwerke cines Jan van Eyck (urn 1390- 1441) oder Rogier van der Weyden (1399/ 1400 -1482) am Original zu srudieren, zu kopieren und nach ihrer Riickkehr weitcrzuverarbeiten, sondern lieBen italienisches Fnrmengut scilbildend in ihr Werk einflieBen. Vide deutsche Kunsder zehrten einzig von dem mittelbaren EinBuB der Druckgraphik und reisten nicht selbst nach ltalicn.
29 MariA. mit Jnn KJnd t10r ~innn MautrbDgm. um 1496 Olâ&#x20AC;˘ufHoh, 47,8 x 36 em SammJung Magnani. Mamiano bei Parma Maria und der im SchoB siaende jesusk.n:t.be e~c:in4;n wc:it in den Vordergrund gerlickt in eincm Raum. der sie-h sdclich :aufeinen a.bgrenz.endc:n Innenhof Offnet. Wahrend die MadonJU. noch dem sp!i.tgotischen deutsehen Typw verpflichet i.st, erinnert das Jesuskind an italienische Vorbilder. H:albflgurenbilder wie dieses fruhe M:adonnenbild w:aren in Italien
und i.n den Niederlanden weitverbrei[ec. Die Raumdam:dlung mit dem .stidichen Durchblick dwch einen Torbogcn erinncrr an niederlandische Vorbilder, die 6gi.irli<.hen Auffusung und monumentale Oreieckskomposition der Figurengruppe verweist jedoch auch aufTWien, inslx:sondere auf die Madonnenbilder Giovanni Bellinis.
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ERSTE ZEUGNISSE ZEITGEN0SSISCHER REISELUST UNO DIE ERFORSCHUNG DER WELT
30 Erbanl Ealaub hmwtt-Kmt., l 500 Koloriemr Holzsdmiu, ~13 x29.4 an &y.rische ScaaubibliO<hd<, MUnchcn
Edwd Ealaubo &mr~Kmt. ist die lllteote oberlicferte W<&dwte fbr Miudeuropa. Sie du:nQ: Pllg<:m allc.europllsch<r Under als Wegw<is<r und war mit Angaben zu den ldlrresrcn W"'l'trcckcn in die HciliseS..dt, rodeo
Distanzen und rur Dauer des Taplichrs v<n<ha>. lm Zenaum cler Kaneliegt die damaJise Welt- und fhnddssudc NUmbers- Die &muor-Am<cndUen in drci Auspben u.nd enchidr ei.n Register, das von Hattm.arul Schedel emdlt worden war.
31 Rhi-1515 Federuichnuns. 27,~ 1: 4i2 an ~.TheBritisbM-London
Am 20. M.; 1515 ~ das eme Rhinouroo als
G<SCbenk des SuiOIJU Mutafat """ Kambodoeha nadl Ponugal, woes der Gouvecneur Ponugi<Wc:h-lndiens, AlronJO Albuquerque, K6nig Manud von Ponupl JChmkte. Das Rhinozerw hic.B Ganda uod swnmtt aus clern in<Wchen K6nig>1'ieh Gujan.~ Nac!. der Skiw: und der Besc!.rtibung eines Briefet des in Lissoboo lcbenden Nllmbe:tgen Valemin Ferdinand an einen be&eundeten Kaufmann fertigre DOr.r, des das T oer jedoch nicht mit eigtnen Augen gac:hen hattt, cine Zcichnu.ng und einen Hob:hnitt an. Ocr Holuchnin diaue rog1ei<:b als Flugblan, das OUrtr auf den Mlrkt<n v<Jbufte. Das Rhinozeros 11eht form:uftlllend im Bildvordetgrund. Sein Pan= und Kine Haut fulsen in ihr<r detaill<ichen Ausgem.lrung clern Wordaut dcr beig<Riarcn INc:hrifr.
lm ausgehenden 15. Jahrtlundert wuchs in der Folge der ersten missionarischen Weltreisen eines Marco Polo (12541324) und derWaltfahrten ins Heilige Land das Interesse an der Erforschung der Welt. Dies betraf sowohl das Reisen in unbekannte Regionen als auch das Entwickeln besonderer MeBinstrumente zwecks naherer Studien und Forschungen im Bereich der Erd- und Hlmmelskunde. Die Stadt NOrnberg mit ihrem biOhenden Metallhandweri( bot ideale MOglichkeiten zur Entwiddung von Prazisionsinstrumenten, astronomischen und geographischen Geraten. Auch Albrecht DOrer beschaftigte sich intensiv mit der Astronomie. Er veri(ehrte im Kreise berOhmter Geographen und Kartographen wie Emard Etztaub (1462-1532), Martin Beha1m (1459-1 507), Johannes Stabius (gest. 1522) oder Georg Hartmann, die sich mit den neuen Wissenschaften zur Erkundung der Welt befa8ten. BerOhmte Humanisten Wle Konrad Peutinger oder Willibald Pirckheimer interessierten sich fOr Reisen, sammelten und verfaBten Reisehteratur. Peutinger schrieb beispielsweise eme •Descnptio ind1aec, die unter anderern das erste Eintreffen etnes Nashorns in Portugal schildert (Abb. 31). Durer selbst hatte sich in serner theorebschen Schrift. der •Unterweisung der Messung•, m1t der Konstruktion von Sonnenuhren beschaft;gt und legte dam1t die erste gedruckte Abhandlung zu d1esem Thema vor. Mit dem Buchdruck entwickelte SICh Anfangdes 15. Jahrhunderts auch die Kartographte. Am SchluB der >Weltdhronik• des NOrnberger Humanisten und Arztes Hartmann
Schedel findet sich die erste 1m Buchdruck erschienene doppelseitige Karte Deutschlands und Mitteleuropas. Der Nurnberger Kosmograph und Arzt Hieronymus Manzer (gest. 1506) hatte sie In Obereinst1mmungen zu der Deutschlandkarte des Nicolas van Cues (geb. um 1439) sowie zum 1492 entstandenen ersten Globus, dern ~ genannten • Erdapfelc des Martin Behaim, entworfen. Behaims Erdkugel korrigierte die Vorstellung, daB die Erde eine Scheibe sei, berOcksichtigte jedoch Amerika und Australien aufgrund mangelnder geographischer Kenntnisse nodh nicht.lm Jahr der Entdeckung Amerikas fertiggestellt, zeigt sie das Erdbild nach dem gnech1schen Naturforscher Claudius Ptolemaus (um 100-160) noch mit dem lndischen Ozean als Binnenmeer, das im SOden von einer lnselgruppe abgegrenzt wird. Die Polarzonen sind m1t Phantasiegebilden gefollt, die SOdhalbkugel mit dern NOrnberger Adler. Unterden Wegekarten des Kartographen Emard Etzlaub, die als Einblattdruck beim NOmberger Formenschneider JOrg Glockendon erschienen, sind neben der Wegekarte NOmbergs mit seiner we1teren Umgebung die 1500 erschienene Romkarte als Reiseh1lfsm1ttel fOr Kaufleute und Diplomaten sowie die LandstraBenkarte durch das Hetlige ROmische Reich als herausragende Zeugnisse in der Geschichte der Kartographie zu nennen (Abb. 30). Diese vielgenutzten Karten hatten eine enorme Breitenwirkung und bestimmten die Nachfolge. Die landstraBenkarte erschien in mehreren Auflagen. Sogar Martin Luther diente sie als Anhaltspunkt fOr seine Reiseroute in die Heilige Stadt Rom.
Mit Kolumbus' Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 und der Ankunft fremder VOlker in Europa wuchs zunehmend auch das ethnographische Interesse, das sich vor allem in druckgraphischen Darstellungen, aber auch in der Malerei n6rdlich und sOdlich der Alpen dokumentieren sollte. So sind beispielsweise auch die zeitgenossischen Darstellungen turkischer Soldaten und Offiziere nicht nur ein historischer Reflex auf das Vordringen der TOrken nach Europa, sondern spiegeln ebenso die Neugierde auf das Fremde wider. Doch fOr die Vorstellungen von ancleren VOikem galt auch, daB etwaige KenntnisiOCken durch Phantasievorstellungen ersetzt wurden. Die im Vorspann zur •Schedelschen Weltchronik• beschriebenen und abgebil· deten ErdvOiker stellen reine Phantasieprodukte dar (Abb. 32). Von KopffOBern bis hin zu Einaugigen ist hier allemand Kurioses zu sehen. Reisebeschreibungen sind bereits aus frOheren Jahr· hunderten Obertiefert, die erste illustrierte Reisechronik stammt jedoch aus clem letzten Drittel des 15. Jahrhun· derts. Der niederlandische KOnstler Erhard Reuwich beg leitete den Mainzer Domclekan Bernhard von Breydenbach auf seine Pilgerreise nach Jerusalem. Er illustrierte mit Holzschnitten nach Vorzeichnungen, die auf der Reise entstanden, Breydenbachs Reisebericht »Peregrinatio ad terram sanctam«. Die Holzschnitte dol:umentieren die Reiseroute in sechs groBen Stadtebildern, die zum Teil von der • Schedelschen Weltchronik• Obernommen wurden. Die 1493 in einer lateinischen und einer deutschen Ausgabe erschienene Chronik behandelt in Text und Bild das Geschehen cler Welt zwischen der Schopfung und dem JOngsten Gericht, gegliedert in sieben Weltzeitalter. Zu den Texten Hartmann Schedels entwarfen Michael Wolgemut und dessen Stiefsohn Wilhelm Pleydenwurff (gest. 1494) die lllustrationen. Mit 1809 Holzschnitten, gedruckt von 645 HolzstOcken, stellte die Chronik das grOBte Buchunternehmen cler DOre12eit dar. Die Stadtansichten wurden nur zum Teil vor Ort abgezeichnet, gehen stattdessen vielfach auf Yorlagen zurOck. Das • Liber chronicarum• oder •buch der• Croniken vnd geschichten mit figuren vnd pildnussen von anbeginn der welt bis auf diese vnnsere Zeit«, wie die Chronik bezeichnet wurde, Obernahm beispielsweise von Erhard Reuwich die Ansichten Heraklions, Kretas, Rhodosund.Jerusalems. Denn urn die 32 Stadtansichten in cler • Schedelschen Welt· chronik• authentisch darstellen zu kOnnen, hatten die Gesellen Michael Wohlgemuts 1500 Kilometer zu FuB, zu Plerd oder mit dem Schiff zuriicklegen mOssen. Unbekannte Stadte wurden wiederholt durch bereits vorhandene Stadtansichten ersetzt. GroBformatige Ansichten wie diejenige NOrnbergs verhalfen der Chronik zu groBem Ruhm und dienten im 16. und 17. Jahrhunclert sogar noch als VorbilderfOrSebastian M0nsters(1488-1552) »COsmographia« oder die Stadtansichten Matthaus Merians (1 593-1650). Aus der Zeit der »Schedelschen Weltchronik• stammen die Vorlaufer des heutigen •Baedekers«, erste gedruck.te RornfOhrer, die praktische Hinweise zur Pilgerreise ent· halten, etwa die Information, wo cler Pilger Ablasse erwerben kann. lm handlichen Format und mit der MOglichkeit des Zubindens konnten diese Bucher bequem auf der Iangen Pilgerreise mitgefOhrt werden.
ocrwerlt
15lnt xu
32 ·Schedelsche Weltchronik•, 1493 Blan 12: Amkrr VOiltr Hofzschnitt, Folio B«yerische Staatsbibl;oo.ek, Mfinchen Die • Weltchronik<~ des Hartmann Schedel in als Geschichte der Welt in sieben Wdtz.eicalter eingeteiiL Das tweice Weh'ZCicdter folgt: den Beschrcibuogen des r6m.ischcn Kirchenva{ers
und Oo:lerugr11ndm Augustin us (354- 430) und des anti ken Sch,ifutellers Pliniu> (23124 - 79) und handel• voo den med<wllnligon Vo!Wn, elk angebtieb in lndien lebt<n.
Oi.e Hob:.schnitte -zeigen nebeo KopfRlBer.n und merkwOtdigen Mischwc:scn vor :atle:m Menschen , dcnen GJjedmalkn fehlen. Kaum ein ptmehnc s~cer wurd.en die skurrilen Yorstellungen der Europaer von den indischen V"l~m durch elk: Emdeckung d<S Seewegs nach lodien widerlegt.
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EINE REVOLUTIONIERUNG DER DRUCKGRAPHIK UNO MALEREI
33 Marcin Schongauer Madomut •ufd<r /14snJb4nX Kupfemi<:h, 12,2 x 8,4 an Kupfcrsrich.kabinett, Staadiche Museen z.u Berlin Prru.llischer Kulrurbes:itt, Berlin Die Madonna situ auf elner Rasenbank vor einem Flcchr· uun, der den Vordergrund von einer weidaufigen Land-
schafr im Hintergrund, einer Weltlandschaf't, abgrenu. Dieser Stich ist ein Beispiel Au die Vorbildfunktion, die die Werke Martin Schonpuer'$ fUr Diliers Enrwicklung der Kupfenticbt.echnik batten. Strichtechnisctl unter.scheiden sich Blluer wie diese durch ihre Einfachheit von den bcreits ausgereifteren Arbeiten DUrers.
34 HL FamiliemirdrrHeuschmke,um 1495 Kupfemich, 23,6 x 18 em Kupfel'S(ichkabinect, Sr.aadiche KunsthaUe, Karlsruhe
Auf einer Rasenbank im Vorde.rgrund des Bildes sim Maria mh dem Jesuskind. Seidich lehnt schlafend Joseph, wah rend Gocmrer mit derTaubc des Hc:iligen Geistc:s stgnend im Himmel encheint. Die Heuschrc:cke auch als Gottesanbecerin gedeutet. steht ab solche fhr die ewi.gwlhrende Verehrung Gottc:s. Oa:s Blatt Steht in der unmittelbaren Nachfolgc: Martin Schongauers.
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•Doch DUrer, obgleich bewundernswert auch in anderen Hinsichten-was bringt er nichtzurn Ausdruck irn Einfarbigen, das heiBt, in schwarzen Linien? Licht, Schatten, Glanz, Echabenheiten, Tiefen; und es bietet sich, obwohl von dec Srdlung eines einzelnen Gegenstandes ausgegangen ist, dem Auge des Betrachters rnehr als ein Aspekt ... < (Erasmus von Rotterdam, in: »de recra Latini Graeciquesermonis pronuntiarione«, 1528) 1495 kehrte DUrer nach N lirnberg zurlick und setzte das wahrcnd seiner funfjiihrigen Wande.rschaft erworbene Wissen und seine Ideen zunachsr in Druckgraphik, wenige Jahre sparer auch in Malerci urn. Die Zeit nach der Wanderschaft ist als ersre Hochphase im Schaffen Diirers zu bezeichnen, wahrend der er in klirzester Zeit seine Fahigkeiten perfekcionierte und die Druckgraphik und Malerei in ihrer Funktion, ihren Darstellungsweisen, Thernen und technischen Mechoden revolucioniene wie kein anderer Ki.inscler seiner Zeit. Zwischen 1495 und 1500 enrsranden erwa ein Durzend Gerniilde und tiber sechzig druckgraphische Blatter. Letztere umfassen au&r naha.u der gesamren Folge der Grojfm Passion und der Apokaiypse sieben groBformatige Einblartholzschnitce und 25 Stiche, die er in seiner noch 1495 gegriindecen NUrnberger Werkstatt auf der eigenen Druckprcssedruckte und dieseinen inrernationalen Ruhm begriinden sollten. Zudem fand DUrer als erscer deurscher KUnstler neue Moglichkeicen dec Produktion und des Vertriebs. Die rechnische Reproduzierbarkeic, die Moglichkeir, den bearbeiteten Holzstock oder die Kupfecplatte als Druckvorlage wieden:uverwenden und in hohen Auflagen zu drucken, nurzte er in zuvoc unbekanncern Ma&. Als erster fu.hrre er die Produktion von Druckgraphik im Eigenverlag gleichwertig dem Betrieb einer Malerwerkstatt ein. Anders als noch sein Lehrer Michael Wolgemut scd lte DUrer seine Druckgraphik auf Vorrat und nichr aufttagsbezogen her. Dies machce ihn im Bereich dieses Mediums unabhangig von der rraditionellen Ikonographie und von Vorgaben, wie sie ein Aufcraggeber als zahlender Kunde bei dec Bestellung von Wecken in der Regel srdlce. Der Kiinstler wurde zu jenec Zeit noch als Handwerker gesehen, der als ausfuhrendes Organ den AnsprUchen der Aufuaggeber zu entsprechen hatte. Die
neuartige Nurzung des Mediums Druckgraphik durch DUrer trug wesentlich dazu bei, daB sich in Deutschland das kUnsclerische Selbsrverstandnis anderte und sich die gesellschaftliche Akzepcanz erhohce. So emanzipierte sich der Kiinscler vom einfachen Handwerker zum selbscbestimmten •Schopfer• neuer Themen beziehungsweise neuer kUnstlerischer Urnserzungen alrbekanncecThemen. Ein Zeichen fur diese zunchmende Selbstbestirnrnung, unabhiingigvom rraditionellen gesellschaftlichen Verstiindnis des KUnsclers, isc das Vorgehen, die Druckgraphik zu signieren und zu datieren. D ie Tatsache, dall Diirc:rs Urheberrechc schmiihlich rniBachret wurde, laBt die Signatur als einen Versuch erscheinen, sich vor MiBbrauch zu schiiczen. Briefe, die DUrer 1507 an Jacob Heller (urn 1460-1522) schrieb, vecdeudichen sein Besrreben, seine Ideen und Kenntnisse unabhiingigvon Aufcraggebern urnzuserzen. Darin liegt vermudich auch der Grund, dall sein Arbeirsschwerpunkt in den ersten funf Jahren seit der WerkstattgcUndung im Bereich der Druckgraph.ik lag. In d.ieser Zeit vervollkornmnece er seine Scichtechnik und gelangte zu einem eigenen, technisch bis heure u nUbertroffenen Stil. Die dabei gewonnenen Erfaluungen Ubemug DUrer auch auf den Holzschnitt, den er von seinen spargotischen Stilformen befreite. Beiden Techniken, die er in seiner Arbeit gleichwertig behandelte, verhalf er zu neue.n bahnbrechenden Ausdrucksmoglichkeiren. Neben den klinsderischen dUrften auch die kommerziellen Moglichkeiten des neuen Mediums encscheidend gewesen sein. Bereirs 1497 stellte DUrer scinen ersten Kunsrhandler ein, Conrad Swyrzer, der die Drucke •von einem Orr zu dem anderen und von einer stat zu der andern• zu hochscmoglichen Preisen- auch dies w:u: verrraglich verankert- feilbieten soUte. Niirnberg warder ideale Orr, urn D ruckgraphik zu produzieren und zu verkaufen. Zwn einen war die Stadt seit dem Micrdalter Zentrum der Pergament- und sparer der Papierherstdlung, zum anderen war auch das Kupferhandwerk dort weir verbreitet, so daB der Bedarf der Werkstatten an Kupferdruckplatten problemlos gedeckt werden konnte. Die zahlreichen NUrnberger Scadrfeste, Schlirzenfeste, Jahrmarkte sowie das jiihrliche Heilrumsfesr bocen eine hervorragende Absarzmoglichkeir.
35 em Gro.:htiltigt, urn 1494 Kupfersri<:h, ll,4x 10,2cm Kupfer.;cichkabinett, Sca:uliche Kunsth:ille, Karlsruhe
Auf einer Rasenbank, u ntral im Bild, GberfaJh ein wilder Waldschrat cine jungc Frau, die sich zornig wehrc. Wahrcnd der hagtre, knochigc Mann auch an Dar· stdlungen des Todes erinnert, ve~innbiJdlidn dcr abgestorbene Baum links dcr R.2senbank lasfer und schicksalhaftes Verh:Hlgnis. Urspriinglich vorgesehcn war ein Kommentar, wie die leere lnschriftenkatrusche oberhalb der Darscellung bezcugt. Am naheliegends[c:n ist die IRurung Panofslcys, der in der kkine:n Genn:®mdlung eine AJJc:goriedesTodes vermmece.
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Der Zeit unmi11elbar nach der er>ren ltalienreise entsrammen die fruhesren monogrammierren Kupferstiche Dtirers, die sich, insbesondere in der figurlichen Erfassung, noch von Marrin Schongaucr beeinflullt zeigen. Et:wa 30 Stiche aus dieser Phase sind uberticferr. Sie weisen noch keine Jahreszahl auf. wie sie Durer ab 1503 in seine Bla11er zu seczen begann. Anhand einer Abfolge von erwa 13 Stichen lallr sich Durers kunstlerische Enrwicldungstinie dieser Technik nachvollziehen. Feststellbar ist cine allmahlichere Verfeinerung der Scrichtechnik, die kominuierlich malerischer und freier wird. DieHL Familir mit dn- Heuschrtcke (Abb. 34), Durers erster monogrammierter und allgemein gegen 1494/95 datierrer Kupferstich ist cines der wenigen friihen Beispiele dieser Technik. Das Werk, das auf eine fruhe Zeichnung Durers zurtickgreift, lallt in der spiirgotischen Bildung der Gewandf.tlren und in der Figurenauffassung den EinfluE Martin Schongauers (Abb. 33) erkennen. Das ineinandergewobene Monogramm isr hier noch in seiner fruhesren Form mit dem spiitgorischen Minuskel des Nachnamens innerhalb der Majuskel des Vomamens zu sehen. Die Figurengruppe erinnerr in einigen Derails wie dem zu beiden Seiten sreif herabfallenden und in den Diagonalen betonten Mantel an Schongauers Altargemii.lde Maria im Rosmhag in Colmar. Die sich eiuem geometrischen Grundschema einpassende Gesamrkomposirion und die Naturauffassung der Hintergrundlandschafr verweisen auf Erfahrungen von Otirers erste.r Iralienrei.se. Die Heuschrecke wurde als Libelle oder als Gottesanbeterin gedeutet und symbolisiert als solche die ewigwiihrende Verehrung Go11es. Zusarnmen mit anderen Kupferstichen, die unmittelbar nach Durers Ruckkehr oach Niirnberg entsranden, ist die HL Famili< mit d~r Hm.rchrtcke noch der friihen Phase von Diirers Enrwicldung der Kupferstichtechnik zuzurechnen. Durer arbeitete hier die plasrischen Werre, 1iefen, Nuancierungen und zahlreichen Zwischentone mi11els Kreuzschraffen noch nichr so klar heraus. Auch die Mogtichkeiten der • raille•, der an- und abschwellenden Linie des Grabstichels, nuttte er im Gegensarz zu spiiteren Bliittern noch nichr. In diesen ersten Stich en verband Durer noch Stil und Motivik des H ausbuchmeiste!S und Martin Schongauers miteinander. Dere.n EinAufi muRre er tiber~ winden, urn wenig sparer, nach inrensiver Produkrion zu einem eigenen Stil und einer eigenen Technik zu gelangen. Im Vergleich zu spiiteren Arbeiten noch erwas ungelenk wirkt auch das auf 1495 datierre Blarr Der GrUJalttiitig• (Abb. 35). Das Format und die Sttichrechnik erinnern in ihrer nervosen Kleimeiligkeit an Werke des Hausbuchmeisters, dessenArbeiten eben falls die Vergiinglichkeir irdischen Begehrens themarisieren (Abb. 36). So steht auch der zwischen 1496 und 1498 zu datierende und in der strichtechnischen Ausarbeirung fteiere Kupferstich D" Spaziergang (Abb. 37) in derTradition der den Betrachrer mahnenden und moralisierenden Darstellungen. Eine verheiratete Frau, als solche ausgewiesen durch ihre Haube, ist mit ihrem Liebhaber umerwegs. lhre Tracht bestehr aus einer
Mischung von nlirnbergisdten und venezianischen
Elementen. Die Strau&nfeder am Hut ihres Galans ist Kennzeichen !UrseinenJungesellcm-rarus. Dem im Vordergrund lusrwandelnden Paar blickt von hinten, kaum wahrnehmbar hinter einem Baumsramm, der Tod mit einem Srundenglas in der erhobenen Hand hinrerher. Liebe und Sinneslusrwerden hierwie in zahlreichen Darstellungen dieser Zeit als Vanirasmetapher geschen und mit d em Sinnbild der verrinnenden Zeir konirontiert. Die Themen waren vom Papierformar abhiingig. Auf den Bogen wurden jeweiJs mehrere Darstellungen gedruckt. So zeigen kleine Formate vorwiegend Szenen weltlicher und allegorischer Themarik, die kompositorisch und motivisch eher trad irionell sind. Grollere Formate n urzte Durer zu gleichen Tcilen fUr religiose und prolimc DarsreUungen. Bla11er aus den Jahren 1496 bis 1498 wie D" verlorme Sohn, Hn-lmks am Scheilkwtgtoder Die Madonna mitdn-Mt.,.katu manifestieren die fortschreitende michtechnische und stilistische Befreiung von den in der Frtihzeic noch dominanten Vorbildern. D" vrrlormr Sohn (Abb. 38), gegen J496 datiert, ist schon zu Dtirers Zeiten ein prominences
Blatt gewesen und zeigt seinen innovativen Umgang mit Themen. Dieser von Durer neuenrdeckte Bildgegenscand fand bald grolle Verbreitung und wurde von itatienischen Stechern des 16. Jahrhundert, Fayencemalern und sogar von einem persischen Miniaturmaler kopierr. Das Lukasevangelium berichter von einem Sohn, der sich sein viiterliches Erbe auszahlen lallr, dieses in GeseUschaft von Dirnen verprallt und schlielllich als Bankrotreur sogar den Schweinen das Furter im Trog neidet, bevor er als reuiger Sunder zum Vater zurtickkehrc und Gnade finder (Luk. 15,11-32). Friihere Holzschni<tillustrationen s<ellen den verlorenen Sohn zumeist rrauernd auf f<eiem Feld dar, wiihrend ein Helfer Eicheln fur die Schweine vorn Baum schliigt. Die Wiedergabe desAugenblicks der Reue warzuvor unbekannt. In Durers Darstellunggewinntdas Reuebekenntnis einc neue emotionale Q uiliriir, deren lntensiriit beeindruckte. Der verlorene Sohn erniedrigr sich im Kniefall auf die Ebene der Schweine und betet verzweifelt himmelwiirts blickend urn Vergebung. Mit der Lokalisierung der Szene in den Innenhof eines biiuerlichen Anwesens wich Durer von der Vorlage des Bibelrextes ab. Er verserzre das Geschehen in das zeitgenossische Hier und Jerzt, wodurch es fur den Betrachter greifbar wurde. Die realistische Schilderung der alltiiglichen Umgebung-dargestellr ist der sogenannte H impfelshof westlich von Niirnberg-stehr im G egensatzzur innigen Gebetshaltung des Protagonisten. Diediagonalen Kompositionslinien der urntiegenden Dacher weisen auf die Gestalt des verlorenen Sohnes im Vordergrund und dam it auf den glucktichen Ausgang des Geschehens: die Gnade, die dem reuigen Sunder am viiterlichen Hof zureil werden wird. Durer behanddce Texrvorlagen freier, wenn dies, wie hier, der Gesamtaussage .lcr DarM srellung dienlich war. Die innige und ehrliche Reue des verlorenen Sohnes als Vorausserzung fur die Wiederaufnahme durch den Yarer ist ein Gleichnis fur Gottes Gnade und das Hauptmotiv des Kupferstichs, das den zeirgenossischen Berrachter unrni11elbar faszinierre. Die
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H.unbuch~mc:t
SttiNIIIIn I ubnfJJr. um l -4RO Z.t::ichnung, 19.~ X n.'S em Kupfc:michbbintu, Sta:ulichc: Musctn tu BerlinPrc:uRischcr 1\:uhurba.iu.. Bctlin Ein jah=hnt friih<r als Durer< Sf=nr,4"! (Abb, 37) eno:tand d~ Zci<;hnung dQ togtnanmcn Hau~uch utc::nlcn. Sokhe gabmen Gcnrcsuncn \ind in groBcr ZID.I \·on M"incr Hand u~~ic~rt. Ourtr l:nnnrc ~tc w.thrmd ~inc:r Wandc:rj.:ahrt im Original geschen htlben und von ihnen unmircdhJ.r bccinfluRt worden ~in. 37 D"Spar.mgnng, mn 1496/97 Kupfcr~ti~.:h. 19,() x 12. l ~,;m Kupfcrsrichk:lbinw, Sl;t"tlichc K~mnhAIIe, K:lrb n• hc Zu den Gcnrctlar.~cllu ngen, die D Urer 10 der Trad ition do 1-lalbbudunmters (Abb. .36} und Mil rein Schongaucrs schuf. gchbrr dcr 1\upfcrn ich mit ci ncm lu.scwandelnden Pa,u . W;ahrcnd dcr CJian seine lkgleiterin vcrl iebt : msicht, weist er nJch ..·orne auf den Weg. A4 Zci<:hcn seines Junggcscllcn.stJ.tU) tr:igt c:r cmc Su autk.lfa.lc:r ~m Hut. In dcr phantutischC'n Tracht dcr Frau vcrbintkn sich Dcmencc dcr nUrnhcrgischc:n und dcr vcncz.ianischcn Mode. Hi nrc:r dcm S:~um hlh. unbcrmrkt vom ltt"bes· paar. ckr Tod das Srundc:nglas hoch. Die Da.rtu:·llung Uc als morali\ic:rcndc Met.;ap~ file die Vcrtt;&nglichl.tu von l.idx= und Smnahut lU wncchen.
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39 Di~viLrHr.rm, 1497 Kupfersrich, 19 x 13,1 em Gt rmaoisches Nationalmuseum, Nurnberg
Dicscr Kupferstich ist ein Beispid fUr die inhaldiche Viddtutigkcit von Werken DUrers, die Heidnisch~Antikes mir dem Gedankengut der Renaissanu: verbindc:n. In einem eng umgrenzten Raum stehen vier F~uenakte konspirativ zusammen. Der Boden unter ihrm FU&n wcisr vcrschi edene Stuftnebenen auf. Li nks Offner sich die Wand, und der Teufel in der Gestalt eines gehOrnten Ungeheuers blickr hervor. Die Ti.irOffnung reclus isr durdt den am Boden liegc::nden Schadel und den Knochen als Tor des Todes ausgewiesen. Die Frauengruppe. die formal auf eine antike Marmorgruppe der drei Craz.ien zurilckgeht, wurde unrerschiedlich imerpr-etierr, unre.r anderem als die drei G<:hrinnen des ParisuiteiJs mit der GlStcin der Zwie· tracht odcr a1s die vier Hexen. Oje Buchstaben der Deckenkugel ·ODM.. wurden mit •Odium Gencris Human i..: (Abscheu des Mcnschengcschlcchrs) erg2n2t. Eine mOgliche Deurung kOnnte die Mahnung sein, da£ Uneinigkeit, Streit und Zank unweigerlich zum Tod fWuen.
38 (gegeniiberliegende Scire) DtrwrWrttuSohn, um 14%/97 Kupfcrsrich, 26,1 x 20,2 em
Kupfersrichkabinett, Staatliche Kunstbal!e, Karlsruht: In dcr Kupferstichdarstcllung Dtr txr!ormm Sohn ent~ fernte sich Dilrer entschiedt:n von frilheren Darste!lungen des Themas. Hier ist die Szene inmitten eines frankischen Bauernhofs plaziert und z.eigt den verlorene Sohn im Augenblick seiner Reue, wie er betend inmitten der Schweineherde auf cinem Misrhauftn im Vordergrund knict. Oc::r Narurali~ml1S des Bildes wurde sehr bewundert und trug zur BerUhmcheit des Kupferstichs bei,
Trennung der figUrlichen und der topographischenDarstellung in Vordergrund und Hintergrund fiihrt zu einer kompositorischen Klarung, die ebenfalls sehr bewundertwurde. Nicht nur die Reformierung von Darsrdlungstradirionen, sondern auch die NeuschOpfung eigener Bildthemen, die vom Nurnberger Humanisrenkreis und der mythologisch-allegorischen Literatur der Zeit angeregt waren, sind fUr OUrers graphische Werke signifikam. Die Deutung von Slattern wie Die vier Htxm (Abb. 39), Der Traum des Doktorr oder Das M"rwunder bereitete der Kunstgeschichtsforschung einige Schwierigkeitcn und fuhrte zu widerspriichlichen Auslegungen, da Diller haufig verschiedene Schriftquellen zusammenfiihrte. Die komplexen Bildthemen waren fur einen gebildeten humanistischen Auftraggeberkre.is bestimmt, dem der KUnsder zugleich Anregungen fur seine Bildinhalre verdankr haben diirfte . Die eigensrandige Umformulierung tradi rioneller Bildrypen verweist jedoch auch auf Oiirers eigene umfassende Kennrnis humanistische r A11egorik und antlker Mythologie. Seir 1496lids Durer seine Studien zur menschlichen Proportion in druckgraphische Werke einflieJSen. Holzschnirre wie Das Miinnerbad und jener Kupferstich, den
Joachim von Sandrart wegen des am linken Bildrand erscheinenden Teufels mit Die vier Hexen benannre, verweisen darauf, daB DUrer die menschliche Proportion nach virruvianischer Auffassung, vermuclich ausschlieBlich nach Abbildungen antiker Skulpruren, srudiert harre. So wurde im H inblick auf die Gesamrkomposition des Kupferstichs auf die antike Orei-Grazien-Gruppe verwiesen, die 1460 in Rom ausgegraben worden war, wobei DUrer der Dreiergruppe noch einen vierren, im Hintergrund stehenden weiblichenAkr hinzufligte (Abb. 39). Harre Oilier die Technik des Kupferstichs in den ersren Jahren nach seiner Ruckkehr aus Iralien wesemlich verfeineit, wandte er sich in einem niichsren Schritt versriirkr dem Hohschnin zu und revolutionierte d iesen formal, inhaldich und rechnisch. Auffallend isr zuniichst die Bearbeirung grofler Formate und die Aufnahme feiner Linienziige und Schraffurtechniken, wie sie zuvor im Holzschnitt nichr Uhlich waren. Da:ducch erreichre Durer in der Binnenmodellierung und stoffiichen Erfassung eine beeindruckende Skala an ZwischcntOnen von tiefstem Schwarz zu freisrehendem WeiK Die H olzschnitte der spaten neunziger Jahren waren in ihrer Art und im Vergleich mit frliheren Werken so herausragend, dafl ihnen auf beiden Seiten
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des Rheins und der Alpen sofort groller Erfolg beschieden war. GroBe Einblartholzschnitre DUrers aus den Jahren 1496 bis 1498 grifl'en sowohl profane als auch sakrale Themen auf. Darstellungen wie Dm Miinnerbad zeigen ebenso die zunehroend roeisrerhafre Beherrschung der Technik wie DieHL Familie mit dm drei Hmen und Die Marter dtr uhntausend ChriJttn. Der gegen 1497 datierre Einblattholzschnitt DieHL Familie mit den drti Hmen (Abb. 40) isr einer von vier religiosen Einblattholzschnirren, die vor 1500 und gleichzeirig mit den Illustrationen zum Buch der Apokalypse enrstanden. Das Thema der Heiligen Familie im •horrus conclusus• -zugleich ein Abbild des wdrabgeschiedenen himmlischen Paradieses gegenUber der • Welrlandschafr• als Symbol 1\ir die irdische Welt- ist mit unrerschiedlichen Themen verkniipfr. So verbinder sich hier die Marienkronung mir dem Typus der Madonna aufder Rasenbank, urngeben von zahlreichen Pflanzen, die symbolisch auf Christus und Maria bewgen sind. Die drei Hasen srehen zugleich 1\ir die Trinirat und fur die Fruchrbarkeir. Die Vielfalr thematischer BezUge erkliirr sich durch die Funkrion des Blarres: Der Holzschnitt konnte - und dies war im Bereich der Druckgraphik neu- als Andachrsbild oder als rd igioser Wandschrnuck genuttt werden. Wiihrend das Thema und die komposirorische Auffassung traditionell erscheinen, besitzt die Jincarc
Umsettung Eigenschafren, die zuvor der Kupferscichtechnik vorbehalren waren: Dazu ziih.len das feine Linicnspiel, die flachenbczogene ornamenrale Bildstrukrur und die sorgf2Jcige Anordnung von Licht- und Schattcnparcien. Neu ist, daB die Linienfiihrung, wie beim Kupferstich, frei und deskriptiv erscheint und durch K.reuzschraffuren Nuancierungcn geschafl'en werden, dere.n Zusimmenspid Plastizitat vermittdt.
Das Nebeneinander schwarzer Linien vor weiBem Grund und weiller Linien vor schwanem Grund isr ebenfalls ein wohlkalkulierres bildnerisches Mittel. Der innovative Umgang mit der Holzschnittechnik legt es nahe, daB Durer keine Formensehneider beschiiftigte, sondern die Holzsrocke selbsr bearbeirete. Die mediale Funkrion von Druckgraphik, erwa durch ihre Nuttung in Form von Flugbliirrern, griffDiirer 1\ir sich auf, wenn das Thema ihn bewegte. Der Kupferstich Miflgeburt tier Sau von Landm (Abb. 41) stehr im Z usarnmenhang mit der Wiedergabe von Millgeburren und Naturkatasrrophen vor der Jahrhunderrwende, wie sic in der zeirgenossischen Druckgraphik und in anderen Qudlen sich zahlreich finden und wie auch DUrer sie verschiedendich fesrhielr. Die Kunde von solchen Vorfallen durch gedruckre Flugbliitter, wie erwa die heiden von DUrer zum Vorbild genommenen Holzschnitte Sebastian Branrs mit der DarsreUung der sauischen Millgeburr, wurden in der Bevolkerung mit Angst aufgenommen und als Zeichen fur den bevorstehenden Weltuntergang und ein mogliches kommendes Srrafgericht Gorres gedeutet. lm Zusammenhang mit der End.z.cicerwartung um
1500 mull auch Durers beriilunte funli.ehnreilige Holzschnitrfolge 'l.urn Buch der Apokalypse gesehen werden.
Das lcttte Buch des Neuen Testaments kiinder von der Apokalypse oder der Geheimen Offenbarung des Johannes. Dieser schreibr im Exil auf der Insel Parmos seine Visionen nieder, die von der Apokalypse, der tiber die Welt hereinbrechende Endzeit bis hin zum JUngsren Gerichr handeln. Der symbolrriichrige, schwer deutbare Text gibr das Geschehcn chronologisch wieder. Diirer schuf dazu eigenwillige, in ihrer Ausdruckskrafr uniiberuoffene Holzscbnirrillusrrarionen von eindringlicher Dramaturgic, die einen HOhepunkt in seinem
Werk darsrdlen. Die Holzschnirre nehmen auffriihere Graphik dcr gleichen Themarik Bezug, sind jedoch formal bewegter und derailreicheralsdiese. Dlirerpublizienc im Eigenverlag eine Ausgabe der Apokalypse, wobei der Text auf der linken Scire durchlaufr und sich nuran zwei Srdlen im Buch aufdierechrsangeordneten, groBformarigen Holzschnitte beziehr. Fiir die Drucke wiihlre Diirer einen hal ben Bogen im Hochformar. Mit dem Aufbau des Buches emanzipierre er die Illustration als gleichwerriges erziihlerisches Medium neben dem Text und ubertraf formal und inhalrlich seinen Vorgiinger Erhard Reuwich, dem einzigen Kiinsder vor Durer, der ein Buch herausgebrachr hatte. Mir der Publikation der Apokalypse schuf Dilrer einen neuen Buchryp, der ihn auf einem Schlag weithin berilhmr machre. Der Band erschien 1498 in Nilrnberg gleichzcitigin einer deurschen und einer lareinischenAusgabe. Wie hoch die ersre Auflage war, isr nicht bekannt, doch kam es schon 1511 'l.u einer Neuauflage der lateinischen Fassung, und bis in die Jahre 1515/16 war die Ersrauflage bereits dreimal kopierr worden. Der Text der lareinischen Fassung mir dem lite! •Apokalypsis cum figuris• folgr der darnals bekanntesren Bibdiiberserzung, der Vulgara. Sie isr, wie die lareinische Ausgabe der •Wdrchronik« des Hartmann Schedel, mir den Typen der Werksratt Anton Kobergers gedruckt. Als formale Vorbilder dienren die Holzschnitte der 1478 in Koln in einer niederliindisch-rheinischcn und niedersiichsischen Ausgabe erschicnenen sogenannren •Kolner Bibel•, die Koberger als Vorlage flir seine deursche Bibel von 1483 verwender harre. Bei der Auswahl der zu illusrrierenden TexrsreUen folgte Diirer weitgehend dieser Vorlage, bereicherre das Programm jedoch urn die Szenen johamm erhiiLt die W<>isung gen Himmel und Lobgesang tier Awerwiihltm. Szenen hingegen, die in vorherigen Illusrrarionen in einer Simulrandarsrellung vereinr waren,losre DUrer in Einzdbilder auf. Die hohe kiinsderische Qualitiir der Holzschnitte, die den Berrachrer in ihrer Dynarnik und lntensiriir direkt ansprechen muBre, traf zusammen mit dem Glauben der Menschen an diespiiresrens urn 1500erwartereApokalypse. Urn dem Geschehcn noch mehr Aktualitiit zu verleihen,
lid~
DUrer seine Figuren in z.eicgenOssi·
schcrTracht aufrretcn. Es enrsranden Darsrellungen von mirreiBender Dramatik, gegen die die Vorgiingerillustrarionen der Blockbiichcr, die aus Einzelblarrhol7r schnirren zusammengesenc waren, und gedruckten
Bibeln des friihen 15. Jahrhunderrs trocken und formdhafr erschienen. Szenen wie Du vier apokalyptiJchen &ittr oder jo!Jannes verschlingt das Buch (Abb. 42, 44) iibten auf den zeirgen6ssiscben Betrachter eine auf-
40 Dit Hl F'l1milic mit den drri Hasm, 1497 Hob.schnirr, 39,5 x 28,5 em Kupferstichkabinett, Scaadich.e Kunstha.lle, Karlsruhe
Der groBformonigc Holzsdtnitt verbindct die: Damdlung der Heili~n Familie mit der Sttne der M:trienkrOnung. Jm •hortus condusus•, eincm G:uten, den eine Ma.uer von der weidltufigen Landschaft uc.nnt, sicu Maria auf der IWenbank, wahrend der HI. Joseph ehrerbietig zur ihr hinblickt. Oas jauskind trigt c:inen Rosenkn.nz um den H:a.ls und ist im Bcgriff. die Heilige Schrift, nach dem duistHcheo Lcitspruch ~>Jesus ist das Wortc, au&uschlagen. Wlth"'nd ob<rhalb Maricns 'lWei Engd mit der pricluigen Himmelskrone schwcbc:n, symbolisiert:n die drei Hasen Fruchtbarkeit und Trinitac. Von fruheren Darsrdlungnt unterscheider sich der fn::ie, .sdtr nuanccnreiche Linienstil.
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4 1 Miflt<b.rtbr!i.tuwn~, um 1496
Kupfemich, 12,1 x 12,6 em Kupf'<nrichlabinett, Staadichc l<un$lhalle, K>rbruhc:
Auf der Anh6he einer F1uRb.ndsc:hah stdtt ein miB.gestaft~ef Schwein. Der IQsrper teih $ich rudt hinten. Aus dem Rilcke:n ragt je ein Vord:erllufempor. Oer KupferstichdarsteUung war ein flugblatt &bastian 8ranrs voraus~gen, das von der Gcburt e!nes zweileibigen, achdUBigcn, vierobrigen und t.wcizUngigen Schweins in landscr bcrichcete. Dcrlci MiS.gcbuncn wurden in der Bevblkerung als ~ttliche Zcichen gedcu.tct, die Hinweis auf den um 1500erwuteten Welrunccrganggtben.lm Zugt ckr drobcnden TOtkcninvasion wurden Augblau und Kupfemich auch als Kunde von der baldigen Oberbemdu.ft der Heiden Obtr d~ Christtn oder aUgcmcioer, der lkmch•Jr des Antichri,.en, pleuter.
rlihrende Wirkung aus. Der eschatologische Endpunkt, dasJtingste Gericht, fehlt in der Folge. Startdessen driickt Dtir<:r mit dem Iemen Blatt, Dtr Eng~/ mit d4m Schlu.t~l tum Abgnmd (Abb. 43), zugleich auch die Hoffnung und den Glauben auf die Erl05ung dec Welt aus. DieApolralypu Diirers ist sowohl im Ganzen als auch im Eiru.elnen zyklisch aufgebaut und rekurrierr, wie die neuesten Forschungen Peter Kriigers belegen, auf die Erzahlweise humanistischer L.iteratur. Die Komposition der einzelnen Darsrellungen gibt dem Betrachter die inhaltlicbe Ahfolge vor, wodurch der ganze Zykl us in seiner Erzahlform mit den eingebauten Rtickgriffen und Vorausdeurungen in Analogie w Aristoteles (384- 322 v. Chr.) Regelwerk zur Dichtkunst, der •Poecikc, steht. DieantikeTheorie dec Dichrung lernte Dti.,r im humanisrischen Kreis vermudich wahrend seines ersten ltalienaufenthalrs kennen. Wie eingehende Bildanalysen bewiesen haben, kommt allen Figuren eine bescimmte Funktion im zeidich-riiumlich.en Ablauf der Enahlung zu. Kil nstlerische Vorbilder fur d ie Bedeutung des Verhaltnisses von Figur und ihrem Plan im Bild fand Durer zum einen in den Freskenzyklen Gio11os und zum ande.,n im Pathos der Gebardensprache bei Donatello ( 1386-1466) und Mantegna.
Einige der bekanntesten Holzschn itte wurden bis ins 20. Jabrhundert rezipiert. Di~ vier apokalyptischm &iter (Abb. 42) spielten beispielsweise in einem Film von Andrej Tarkowskijs (1932 - 1986) •lwans Kindheit• von 1963 eine Schltisselrolle, in dem die apokalyptischen Reiter als Symbol fur die in RuBiand wtitenden deutschen Soldaten etscheinen. Besagter Holzschniu nimmt innerhalb der Folge eine Schltisselfunkcion ein, da er sehilderr, wie hier tum ersten von vier Malen das Strafgcricht mit Pest, Krieg, Hunger und Tod tiber die Menschheit hereinbricht. Enahlt wird d ie dritte Vision der Offenbaru ng des Johannes (Offenb. 6,1-8). Nach der Offnung von vier der sieben Siegel wird je einer von vier Reitern, die als Staf!i!l Ieicht ve~ttt nach hinten chronologisch einhergaloppieren, in die Welt geschickt: Der ers<e reitet mit gespanmen Bogen einher, als zweires kommt einer mit erhobenem Schwert, der drirte mit einer Waage und als vierces schlielllicb der Tod mit Gestalten der Umerwelt im Gefolge. Die l.eserichrung fiihrt aus dem Bild heraus, so daB der Eindruck entsteht, das Geschehen werde vom Bildrand nicbt mehr begrenzt. Die Hufe der Pferde bertihren den Boden nicht, und dennoch purzeln die am Boden liegenden Gestalten wie Kegel, tiberwal-
42 DuOiin•,.ka/ypturhmRntn-,1497198
Holzschnin, 39~9 x 28,6 an Kupfenrichkabinert, Staadiche Kun$lhallc, Karbruhc:
Die Pia ·~!.JyjHIJdJm lkiur i.u die bekannceste und am hliuflgron raipiene Sxene der AfokAIJP". Nach der Ofrnung der crsten vier Siegel (OfTcnb. 6.1-8) kommen die Reiter Ubcr die Wch und bringcn den Menschcn Pen, Krieg. Hunger und Tod. Die Rcircrsraffd donnerr, begleilct von eincm Engc.l, iiher die Mcnschheic hinweg und scheint den Soden niche tu berohren. Ein HUIIc:ntier w &itcn der vier Reicer vellChlingt wlcru: mic scincm gewalrigen Rachcn allcs, was dcr Tod als lctttcr A.ejter pas:sicn:hac.
H lHr/iJrg<lmirJnn5<h/;JJM/r.MmAbfrttNI, 1•97/98
Holzschniu, 39,8 x 28,6 em Kupfm<ichlcabinert, S...didle Kum<hall<. Korlsruhe In dies<m Iemen Blart der ~/ypf< oind ..,..; EreignWe 'l.U$a1Tlmcngt&Br. die F.inkerktrung des Satans im Vord<rgrund (OfTenb. 20,1 - 3) und die Weisung der Heiligen Stadt im Himergrund (Offcnb. 21,9-10). Wah rend Sat:1.n von einem Engel in cin E.rdloch gezwungen win.l, tlas fur immer vcrschiOQCn wc:rden win:l, weU:t in c:iner Su:ne w.him~ ein Engel dem HI. Johannes den Wtg. Er soli die verlassenc, halb urfillene und von Engdn bcwachte Su.dt - im Zusammenhang mit der allgemeinen Endzeiu:rw:anung urn 1m als ein Sinnbild des Heiligen R.omischen Reidu z.u verstthen - wieder au~Mucn. Die im ScunAug hcrabkommcnde Vogdsdw verwcisr auf die Tcxts:celle, in der Engel den V6geln bekhlen, sieh wm LeichenfraB tu verwnmeln (0/l'enb. 19,17).
44 }Dhllnna"""""nt'k 8.&, um 1497/98 Hol:z.Khniu, 39,8 x 28,9 em Kupf'emichkabinen, S...didle Kunsdwle. Karlsruhe Oas uhnle K.opi•d der ~/ypf< (Offenb. I0,1-9) bach rei be, wK Johannes - au(Picmos- ei.n Sonoenwc:sen encheinr, das ihm bcflehlt, ein von Go«: Gbcrmiudtes Budl w verschlingcn. Wlh~ dicsc St.ene: im Vorder· grund pig! iSt, bcten in dcr Himmdnonc Putten One:n Alar an, drt von dnem Rqe:nbogen umgd>cn i.K. DUrer filhnc Kine Holz.sc:hnif't'e tur ApoUJypst in e.inem dcskripciY<n l.inicnscil aus. ckr von den Zeitgcnossen schr hc:wundert wurde und stch bewndcrs deuthch im Oetoilz<igt.
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cigt von dieser iiberirdischen Vision, durcheinander. Dem letzten Reiter, widersprilchlich als Tod oder auch als Assistenzfigur der »himmlischen Gerechtigkeit•, des mittleren Reiters, gedeutet, folgt der Hollenrachen, der nach und nach aile letzten Sunder verschlingc. Mit der Figur des • Baucrn• am rcchten unreren Bildrand wird das Ausm:ill der Katastrophe deud ich. Er wu rde als eine ldentifikacions- oder Appellfigur fur den Betrachter gesehcn, die das Geschehen nach rechts Uber den BiJdrand h inaus weiterleitet und dennoch als komposirorisches Gegengevvicht zu verstehen isc. Noch im Srurz - ausgedrtickt durch die seltsam verdrehte Korperhaltung - halt er schtitzend die Hand vor das Gesichc, wahrend ihrn die Reiter en tgegendonnern und dabei Steine hochschleudern. Der Engel im Himmel begleitet segnend das Geschehen und weist mit der Hand gleichzeitig auf die nachste Sune, die Einkleidung der Ma.rtyrer und den Sternenf.U.I. Mit dem abschlieBenden Bild, D.r Engel mit tUm Schlwstl zum Abgrund (Abb. 43), bewies Durer ein wei teres Mal, daB er den Text der Apokalypse auf seine Weise interprederte. In dieser Darstellung finder das Geschehen auf der Ebene des Berrachcers scatt. In diesem Bild sind zwei Johannesvisionen vereint: die Weisung der Stadt im H intergrund und die Einkerkerung des Sacans im Vordergrund . Wah rend ein gro&r, den linken Bildvordergrund beherrschender Engel den Satan an der Kette mit Uberirdischer Kraft in das Loch im Erdboden zwingt, urn dann sogleich mit dem Schliissel den Dcckel zu verriegeln (Offenb. 20, 1-3), weisc ein anderer Engel Johannes auf die verwaiste Stadt im Hintergrund hin, vor deren Toren weicere Engel postiert sind. Die Vogelschar im Sturzllug crinnert an die Won e der Apokalypse, in denen ein Engel die Vogd zum Lcichenschmaus auffordert (0/fenb. 19,17). Die kleine, vom Text abweichende ZwischenS<:cne stellr den Zus:unmhang h er. Perrig. der die ganze Folge von der anciklerikalen Hahung Dilrers am Abend der Vorreformacion geprligt siehc, deuretc die Figurengruppe auf dem Hugel dahingehend, daB der Engel mit dem weisenden Gestus Johannes auffordert, die Stadt, die er als das verwilstere Heilige Romische Reich deutscher Nadon sieht, wieder aufzubauen. Johannes schreckr vor dieser groBen Aufgabe zurilck, doch die Vers<ihnung von Himmel und Erde als beste Vorausseczung fur den angewiesenen Weg driickr sich darin aus, daB der Engel im Vordergrund tiber den Satan und damit der Christ tiber den Antichristen, der Himmel tiber die Holle t riumphierr. Oarnit ist zum Prolog mit dem Anfangsbild Das Martyrium des HL ]ohanni!S (Abb. 45), als Gegenpol ein Epilog gesenr. Wahrend Durer in der Druckgraphik zu neuen lnhalcen und Formen gelangte, setzte er in der Malerei dieser Zeit andere Schwerpunkte. In seiner Vorrede zu seinem unvollendeten »Lchrbuch der Malerei• sch reibt er: »Dan die gemell wetden gepraucht jm dinst der kyrchen vnd dadurch angetzeigt das leyden Chtysti, behelt awch die gestalt der Menschen nach jrem absterben.• Damit definierte er die beiden grollen Themenkreise seiner Malerei: die Bildniskunst und die religiose Malerei
zur privacen und offentlichcn Andacht, die er, soweit im Rah men der Vorgabe des Auftraggebers mi:iglich, thematisch, vor all em jedoch formal unter dem Einflull der in ltalien gemachten Erfahrungen erweiterte. Die Uit nach der ersten Italienreise ist in dec Malerei vor allem gepragr von Hohepurrkten der Bildniskunst. So enrsranden gemalte Portrats, die die Pers<inlichkeit der Porrratierten mit groBem psychologische Einfilhlungsvermogcn erfassen. Aufrrage erhielt DUrer vor allem aus dem Kreis der N Umberger Kaufleute und Patrizier. Einer der ersren war Kurfursr Friedrich der Weise von Sachsen (1463-1525) (Abb. 46). Er kam 1496 fur vier Tage nach Nilrnberg und s:ill Durer fur sein Portriit, wahrenddessen er vermutlich auch den Altar der Si,bm Schmtrzen Marilu (Abb. 51, 52) bestellte. Das Bildnis des Kurfurs ten war das ersre Porrrat, das Durer aufLcinwand malre. Mi r dem traditionellen Bildnistypus, den Portracierten vor einem monochromen Hintergrund darzustellen, reihr sich dieses Werk in eine Gruppe von Bildern ein, zu der auch das zweite Portriit des V.Zterr von 1497 und das Bildnis eintr Frau mitoffinnnHaar, 1496-1498 (Abb. 49) gehoren. [m Jahr 1497 entsranden die ersten Bilder, in denen DUrer seine Modelle in einen deutlich dreidimensionalen Raum setzt. Ein Fenster gjbr den Blick auf eine Landschaft im Hintergrund &ei. Die Verbindung von Portrat und Landschaftsdarstellung war eine Form, die aus den Niederlanden stammte, die Umsetzun g hingegen zeugt von italienischem EinfluB. Dilrers zweites gemaltes Se/bstbildnis von 1498 ist diesern neuen Portriitsril zuzureclmen (Abb. 47). Er erscheint dar in als junger Edelmann im Alter von 26 Jahren in vornehmer, venezianischer M ode gekleider. In der Korperhaltung und in der Blickrichrung folgt das Gemalde dem traditionellen Bildnisschema. Die Person wird durch das Fenster im Hintergrund und die verrikalen und horizontalen Kompositionslinien des Innenraums hervorgehoben, eine Form, die auch in der italienischen beziehungsweise florentinischen Portratkunst beliebt war. Die feine Wiedergabe der von der Forschung unterschiedlich lokalisierten Alpenlandschaft verweist in ihrer Farbigkeit in Ocker, Rostbraun, Grtin und Blau auf die Aquarellsrudien seiner ersten !talienreise. Die nahezu extravagance Eleganz Dilrers, des •haarig parter maier«, wie er sich nannte, ist Ausdruck eines gehobenen kiinsderischen StandesbcwuBtseins des nach neuester venezianischer Mode gekleideten vornehmen
Mannes, eines »gentiluomo4(. Dies Ia.Bt daran denken, daR DUrer zu dieser Zeit bereitsgroBer Erfulg micseinen Illusrrationen zur Apokalypse beschieden war. Die lnschrifr der Fensterrahmung betont die Intention, den Menschen nach seiner Gestalt in einem bescimmten Lebensabschnitt fesczuhalten: • 1498/Das mal t lch nach meiner gesralr/lch war sex und zwanzig Jor air/Albrecht DUrer.«
Das auf Lcinwand gcmalre Bildnis tintr Frau mit auf gtsteckrem Haar isr ebenfalls der Bildnisgruppe dieser Jahre zuzuordnen (Abb. 50) und bildete zusammen mit einem zweiten Frauenportrat ein Diptychon (Abb. 49). Die Dargestellten gehorten vermudich der Nurnberger Patrizierfamilie Filrleger an, da auf spateren Kopien
45 DasManJriumdnHLjolmmn. um 1497/98 Holzschnin, 39,5 x 28.2 em Kupferstichlubinett, Scaadiche Kunsthalle, Karlsruhe
Das Manyrium d~ Johannes i.sc Di.i«rs erscc lllwcracion wr Apokalypse, obwohl die OFrenbarung nichr davon
berichtet. Eine Schilderung findet sic.h aber in der •legenda au.rt2- . D:.l,n;K:h wcigert sich johannes, den hcidnischcn Ganern z.u opfern und wird desh:llb vom r6mischen Kaiser Oomirian 7.Um Martyrcrtod durch d:ts Bad in siedendem 01 verurreih. Der Evangelise Obersreht das ihm wgedachte Martyrium unbcschadet. Die Visionen, die c:r wahrend seiner Marter hat, schreibt Johannes w;i.hrend dcr Verbannung auf der lnsd P:umos nieder. Diller verscnte d:u GC$Chc:hen in seine Zeit und schildenedas Matyrium ;ehr naruralistisch. Oomitian und seine Schergen trecen als cUrkische HeKkn in prich· tigen Gewandern auf, wahrend sich AngehOrigt verschiedener S~nde und Nationeo umer da.s nachdenkliche Publikum mischc:n.
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46 Bildniuks Kuif/mtm Fri<dri<htkt Wdsm V<lnSarhrm. um 14% Tempcno •ufLeinwand, 76 x 57 em Gemllld<plerie, s...dkhe Museen w BtrlinP~<t~B;,d,er Kuhutbesia, S..lin
47 S./Jmbildnis, 1498 OlaufHolz, 52 x 41 em Mwco del Prodo, Modrid
0.. Bildnis des Kurfl;men enrsand wahrxhein1i<.h wihm>d sei.oesAufenthalu in NUmberg in dcr Zeit :zwi.schen dcm 14. und 18. April 14%. Zum omen M.J...,..dete OOrtr hie< Lein..-.nd all Bildtrlger und Wassc.rfa.rben, die nur dutch cinen Zusan an~ ~ W>rtn. Dieoe aodtncten ochnell und wirbcn g<dlmpft. Der DargertdJcc ist im Hochfonnat vor eincn moncx.hromen gnlnen Grund gu=r und btiekt den S..racluer enrgegen. Vor dem dezcnten Hintcrgrund hebt sieh das Bildnis ab: Das mark.antc Ges:icht und die groGcn Aup des Kurfllrsrc:n ~ind btsonders hervofFhobtn. Obwohl der Bildnistypus mdicioncll ist. wirken Hahung und Ausdruck des Porutcicnen sehr lcbcndig und unmittelbar.
crstdltc, nulte sich Durer •I~ vornchmen und elepntcn Herrn, mit kururlic:h gelocktcm Hur und nach vc:nczianischer Mode gckkidct,
lm glcichcn Jahr. in dcm tr em lllustrarionen I:Ur Apokalypse
in anderen Bildntsse dies« Zeit sim auch Oi.i.m vor cinc:r Bro.stung. v.ihrtnd m;hq. durch cin Fenster cine AJpenla.ndschaft sidn:ba.r ist, dtc: mit ckr feiMn Kolorie:rung: dit wihtC"nd dc:r IWten· n:Uc c:ntstand~n l..and.scha(r,.quardle wiederaufnimmt. ~ kompos.irorischc Aufbau derTa.fe:l ~rwei.sc in de:r Dominant. von Horizontalen und Vertikalen auf die Rorentinisc.he Bildnismalerci Wi~!
48 Bildnistln O.wr>lt Krr/, 1499 Olauf lindcnholz. 49.6 x 39 em Alte Pinakochek. BoyeriocheS...rsgcmildesommlunll"', Milnchcn
Oswolr K.-.1 (um 1475-1534) weilr.ds Rtchnung:slllh"'' der .CroGm R.avensburger Ha.ndelsgesellsch.aft• :rur EncndlWlgsuit des Bildnissa: in Nomberg. Er war ali strcitbate u.nd impuWvc: Pc:rt~Sn~ ltdtkcic bc:kannt. DU~r c:han.kccrisicrt ihn ah solchc:n mit energi.sc:hcm CC$ic:htsausdruck und gcballter Faun. Den Eindruck verstiirkr die k.rtftige rote Farbigkeic des Wandvorhan~ und die Komposition im enggtfa.Bren Hochformat. Die Landschaft lmks erinnen in .seiner koloriscischen Fci_nheit und nuJerischen Leidnia~ kcic an di.e wihrt.W dercf'$(C.'n ltalierucisc cntscmdcnc:n Aquartll~
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49 Hildms ~infT Frau mit offinrm lft~nr. 1496 98
01 auf Leinwand % x 43 em Sradel<;ehes 1\:unstin.sriru[, r:rankfurr Oas Bildni~ einer $ch0nc:" jun~n Frau mit oflt!ncr Haar~ pr.~cht, die: mlr zUchciggcsc-nkrcm Blick ins Gdxt venidl iH, gehOrre na tinc:m Diprychon, d;u 1830 in den Kunsr handel gdaugte und gcuenm wurde (Abb. 50). Bei dcr
Pom:.tucrren handeJte es sich Vt:nnudich, :lusgcwi~en Jur~h cbs nfrene H..ar unc.l die inniu Gebet.:>lulcung, um eine Per;on. die sich fUr das Ordcn~le~n enrschieden hat. Aus diesem GruuJ lunn die Oargestelhe · ' idn mu der Frau derzwc:itcn Tafel idemi$c.h scin, wa..s in der l·orsc.hung lang,: diskuuen wnrde.
50 BildnU rirrn- Frau mit aufg<ft<cl!lnn Haar, 14%-98 01 aufLeinW2nd. 56,) x 42.5 on Gemttldegalt:rie, St:.t.adic.he Museen z.u UcrlinPreu.Gisch<:, l.:ufturbcsin, Berlin
Das Bildnis einer jungen Frau von 18 j:.thn:n, dcrt:n Alter in der lru.c.:.hrift oberfnlb der Da.rgcs{el\ren fesrgchalten i~t. bi ldcte, w;e An7.clew:d~)' nachwies, unpriingl ich mi einem zwcitcn Madchcnbildnis {Abb. 49) ein DipcydHm. Es i.st dcr Bildnisgruppc- au.s der Zeit von DUren zwcitetn Sclb.~rporrrift ZULurechncn. na.~ E.tyngium, cin Oiuel~chs. auch •Minncrrreu· genanm, vcrweis( in Verf>in dung milder Prophetenfigm im Hinccrgrund auf den
Brauutand dcr Dargcscdlten. Die Buchsrabenfolgen am Hemdsaum sind bis heutt: nidu enrschlOssdc !:iofc:m ~ie niche nnr ornamem31.:: funktion h:1ben, sind :oie als Ahkunungen von Wahl- odcr Sinnsprilchcn l.U vcrl>lt·hcn,
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51 DitFiuchtMChAgyptm,um 1496 OL aufNadelholz, 63 x 45.5 em Staadic:he Kunsu:ammlungen, Dresden Die Aucht Mch Agypren ist eine von sieben Sunen aus dem Leben Ouisti, die die go8e Mind..kl der Schm<l' unmtutm" (Abb. 52) ursprilnglieh umgaben. 1m Matthausevangdium (Matth. 2, 13 -14) ist die Begebenheit ku~ in den ~tApokryphen• a.usA.lhrlich gesch.ild.e:rt. K6nig Herode$ befieh.lt. aile neugeborenen Knabeo z.u t6r~, a.ls c:r c:mhrr. <b£ in Judaa e:in kunftigtt" K6nig z.u Welc gd<ommen sei. Ein Engel oberbringt joseph Gones Botschafi:., dieStadtzu verlasst:n. So fl ic:ht die Heilige FamiJie nach Agypten. Die Figurengruppe der reicenden Maria mjc dem Jesuskind und Joseph, der den Esd f'tihrt, Ut bildpar:lllel in den Vordergrund gerii.ckr, eine Anordnung. die auch in dem spareren Holzschnitt rum Mltritnkbnl wiederkehn. ~r Weg im Vordergrund in steinig. wah rend im Hintc:rgrund eine Fd.slandschaft zu sehen ist. Der Fels bez.eichnet den Jicheren ZuAuchr.son, ist jedoch auch :Us mariologisches und christologischts Sinnbild :.u verstc:hen: »Er iscderwahrt Ft:ls, den die Bauleuce ..uworkn haben und der zum f.ckstein geworden ist.• (March. 21,42). Sowohl Komposition und Malwc:isc sind noch der splunittdaltaijdten Werkstatttadition verpflichtet.
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der IJ<,idon Gemalde die F:unitienwappen erschc:inen. Wah rend das Bildnis •inn- Frau mit aufg<>ucltum Haar eine jungc Frau uigt, die sich im Brautstand IJ<,findet, stdlt das Bildnis •inn-Frau mit offm<m Haareine Person dar, rue sich f'u r das Ordensle~J<,n emschieden bat. Seide tiel! man im Jahre 1497 malen, bevor sie in einen neuen Lebcnsabschnitt eincraten, wobei sich rue Wahl cines gegensatzlichen Bildtypus mit dem jeweiligen Srarus dec Dargesrdlren verbindec. Um 1499 entsrand das Bildnis tks OJIIJ(JU Krtl (gesr. I 534). Erwarvon 1495 bis 1503als Fakcorder•GroBen Ravensburger Handelsgesellschafr• in Ntirnberg riirig (Abb. 48). Das Pomiir bdegt exemplarisch, daB Dorer als ersrer KUnsrler neiJ<,n Leonardo da Vinci - versuchce, in seinen Porrr~tS den Charakter der Dargesrellren wiederwge~J<,n. Oswolt Krd, ein Alrersgenosse Dilrers, war eine impulsive und srreirbare Persontichkeit. Er bane, unbeschader soiner gesdlschaftlichen Srellung, zur Entsrehungsuit des Portriits einen kurun Aufenthalr im Gefangnis hinter sich, nachdem er einen BUrger der Stadr in oinom Fastnachtsspiel vorspott<t hane. Die kantigon Formen seines GesichtS, der enorgische Gesiclmausdruck und der scharfe Stick untersrreichen den cemperamenrvollen Wesenszug. Die Gesamtkomposirion, der steilo Bildausschnitt und rue agressive rote FariJ<, des Vorhangs hinter der Person uncenrUtun den kraftvollen Gesamteindruck. Auch hitr liil!t der priiz.is erfa8te, stimmungsvolle Landschafisausbtick an DUrers Aquarelle denken. Durch rue Baumkronen, rue verrikal aufragenden Baume, rue rue Gesamtkompo.sicion unterstreichen, scheint atmosphiirisch das AIJ<,nd- oder Morgenrot. Zwei Tiifelchen mit wilden M~nern, die rue Farnilienwappen des Dargestdlten und seiner Frau, Agathe von Esendorf hal ten, dienten vermudich als Schuttdeckd f'ur das Gemalde. In rue letzten Jahre des 15. Jahrhunderts fallen rue ersten grotlen Auftrage religi&er Themacik. Noch ganz der sparmittelalterliehen Tradition verpflichtet sind Dk Si•bm Sc!Jmtrun Mariat: SieiJ<,n Passionsszenen ordnen sich urn das groRe Mittelbild einer monumentalen und von einem Schwen bed~gren Marienfigur, der Sc!Jmn-urumu"tr, an (Abb. 51, 52). Die Passionsszenen stehen Rir rue Schmerun Mariens, die sie durch das Leiden ihres Sohnes errragon muflte. Die Zusammengchorigkeit der Mirtdtafel und der Passionsszenen, rue heute getrennt sind, konnte durch konservatorische Untersuchungen der Rander und Rilckseiten IJ<,legt werden. Die im craditionellen Stil gemalten Einzeltafeln wan:n kompositorisch auf das Mittelbild abgestimmt. Die ursprilngliche Funktion ist aufgrund der dtirftigen Quellenlage bis heute nicht gekliirt. Am wahrscheinlichsten ist die GogcniiiJ<,rstellung mit einem Alrar der sieiJ<,n Freuden Mariae mit iihnlichem Aufbau. Diese Vermurung wird durch Nachuichnungen IJ<,Jegt, die fUnf der Freuden Mariae thcmatisieren. Dit sitbtn Sc!Jmt=n Marianiihlcen zu den Devotionsbildem, die auf den Rosenkranzkult zurUckgehen. NeiJ<,n den Wundm:tlen Christi wurden seit dem 14. Jahrhunderr auch die Schmerun Mariae verehrt. Zuvor unbekanm war die Verbindung eines groRen Miudbildes mit einc:m srehenden Heiligen, um das ldeinere narradve
Sunen angeordnet wurden. Oieso Alrarform diirfte DUrer erstmals in ltalien kennengelernt haben, wo sie seit dem 13. jahrhunden in der Toskana iiiJ<,rliefert war. Dieser Altar enrsrand vennutlich nach der ersten ltalienreise im Aufrrag Friedrichs des Weisen Rir rue Schlo&und Universir:irskirche seiner Residem in Wittenberg. Seine Tiirigkeit Rir Kurfurst Friedrich den Weisen brachten dem jungen DUrer Aufttiige von angeschene NurniJ<,rger Farnilien wie die Paumgartner und der Hailer Rir weitere Altare ein. Oer Paumgartnn--Altar (Abb. 53- 57) entStand anlaBiich einer Pilgerreise Stephan Paumgarmers (1462-1525) urn 1498 nach Jerusalem vermuclich als Gediichtnissciftung Rir seine Eltcrn, den Parrizier Martin Paumgarrner(l462-1525) und seiner Frau Barbara. Er stand bis 161 3 als Nebenalrar an der Osrwand des siicllichen Seicenscbiffes der NilmiJ<,rger Oominikanerinnenkircheder HI. Katharina. Lukas und Stephan Paumgarrner lieRen sich als Stifter in den Gestalten der Heiligcn Eustachius und Georg verbilcllichen (Abb. 54, 55). Die Ieicht unterleiJ<,nsgrolk, portriithafte Wiederga~J<, eroffnete neue Moglichkeicen in der Oarstellungstehender Heiligenfiguren. Als Triigcr von Bannern, die rue Amibuce ihrer Logende wgen, konnten sie Turnierspielen ihrer Zeit entsprungen sein. Durch ihre Srellung im Bild und ihre Btickrichrung nchmen sie Baug auf das Mirtdbild, eine Gtburt C!Jristi (Abb. 53, 57). DieMirtdtafd wird wogcn ihrer foreschrirtlichen Kompo.sicion, die sich dem Gesett der Zenttalperspektive unterordnet, und aufgrund der •lnnenierung• der Heiligen Szene auf einer Raumbilhne nach 1500, spiiter als rue Aul!enflugel, darien. Die kastenartige, gemalce Begrenzung der Szene c:rlnnert an einen Schrein, ein Hc:iJigrum, das von den Seitenfiguren IJ<,wacht wird. lnsofern ist die dominante WiedergaiJ<, der IJ<,iden Stifterfiguren als Heilige nicht als blasphemisch zu IJ<,uachcen, sondern im Sinne ihrer Funktion als Wachter des Andachtsbildes, als tugendhafte Ritter ChriSti in den unruhigen Zeiten der steten Bedrohung durch das Vordringen der Tiirken. Die Mitteltafel ruhrr die Einteilung in verschiedene Realitiitsebenen fort. So erscheim die Madonna g<gcniiiJ<,r dem knienden Joseph, bedingt durch rue architektonische Rahmung, sdtsarn wie ein •Bild im Bild• entriickc, wie Doris Kutschbach ausfllhrlich erliiuterte. Der Gestalr des Jo>Cph kommt mir der Rilckenstellung zum Betrachrer und in der Form eines •Repoussoirmocivs«, das scb.rag ins Bild hinemfuhrt, appellative Funktion zu. Durch siewird der Betrachrer>.ur Andacht aufgefordert. Die kleinen Stifterfiguren nehmen zum heiligen Geschehen propordonal das Verhalmis von Zuschauern vor einer riesigen Leinwand ein, als ftomme und chrerbietige AuReniJ<,trachter. Mit dem skulprutal erfa8ten Schmerunsmurterbild inmitren der sieiJ<,n Passionszenen verbindet dieser Alrar vor allem rue Zusarnmenschau sratuarisch-skulpmtaler und narrativ-suniscber Elemenre. In einem wenige Jahre spiiter entstandenen Kupferstich griff DUrer diese Komposition noch einmal auf und IJ<,handelte sie noch unkonvemioncller, indem die winzig kleine figUrliche Szene von der grolkn, zencralperspektivisch aufgefa8ten Raumbuhnc dominiert wird (Abb. 67).
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Di~ Sitl.mt Sthm,..-m Marillt: Sch,.trunmtUJit1 um 1496 OiaufNaddhoJ.I09,2 x 43.3 em Alee Pinakochdc, Baycrische Scoa"!!"m.aidttammlung<n. Mllnchcn
Die dwch ~n St.urean~cu im Jahre 1988 xhwcr ~ sc:h.Jd.igte und in zehnjahriger Arbei' res:aurien:e Tafel zcjgt in eincr monumentalen Darntllung Maria als Sehmerzc:n.smuner. Sit ist du MiudbikJ w ckn ''eben Passionsa:cnc:n, die stch in der~ie Dresden befinden. Das Weft: wurde vermutlich von KurfUrsc Friedrich dem Weistn Ri.r die Winenbttgtr Uni~idrs kirct.. in Auftrag g<g<ben. Maru htt die Arme g<lu<uu und bliokc lcicknd nach oben, wihrend ein Schwcn, das d.. Hcngcscnd bm:ots bcdrohlo<h nah<l;ommc, Sinnbild Rlr ihrt quaiY'OIItn Schmc:rKn i.n, verursachc durch dJt Leiden Chri.sti, die :u btiden Sciten in den Passionssunen geschildert wmfen. Maria t~ tum Zeichen ihrt:r jung.friulich.keic ein weiB.cs Tuch und ein schwtres blaua Cewand, das in Riner f.lrbe aufihren Smn11 als Himmc:lsiWnigin v.:rwc.l$1:.
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S3 P4Umtllrtna~A.II4r, urn 1498 OlaufLmdenholz, ~~~•126,1 em Aile Pinakorhek, Bay<ris<;hc S...ugem.l.ldaanunlungcn, MUnchcn
Der Augcblar wurdc anlli!IKh dcr Pi~ S.cphan Pawnpttnc:n: inJ Heiligc land als Gcdlchmisstiftung fbr $Cine Elcem, <k:n NUrnberger &triz.ier Manin Paumpnner (gcst. 1•78) und seine mu Barban, &<b. Volchmcc (pt. 149-4) in Auftng &<g<bcn. Otr AJw wei.st die traditioodlc f-orm des Wa.nddala.rs auf. Die: AuBcnseitc, die Werktagsseilc, z.eigr ab Werkmtarbei( cine YerkUndigung an Maria und auf den ScircnROgdn <hcrnals Srandfiguren der Hdligen Kacharina und Barbara. Sci gc6ffnctem Zun.tnd i.n in prlii.chrigen Farben die Ceburt Christi tu schen, die von den Hciligcn Georg und Euscu::hius gcrahm1 wird.
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51. ~5 Paumgartn...,.Aitar(DctainAbb. 53) Die Heili~n Georg und Eusrachius
Die ScircnAUgd m:llcn links den HI. Georg und ro:hrs den Hl. EustadUw: m.ic ihren durch die •l..egcnda auaac iibedic:fcncn Anribucc:n dar, die: auf dm Bannem crscheinen. Ocr HI. Grorg war K.reuzr1ttc:r und h2rrc die libytehe Sra<h Silena vom Drac:hcn hefrdt, ...ru...d dcm HI. &urochius im w.ld dcr Gckmnigt< im Gcw<ih cines Hirschcs erschienen war under aufdiae Wciscuun Christen~ tum bc:kdm wurde. Die Stifter crschcinen sdNt als die heitil,"tO Personm, die "«~glelch ihre Schunpatronesind. Links in Stephan l)aumg~nner als HI. Georg dcr Minchaftl 'Z.ugewartdt, rtchts Luk.:u: Paumganner als HI. Eusrachius. Seide uagcn prilchti~ RitttlrUnungen. Sie sind cbrisdichc Ritter, Torwachtcr und Beschoa.er des hciligen Schreins. der Geburr Chrisci auf der Mittcltafd, in der sic in dcr Gruppc der Slifier&miltt nochmals erscheinen.
56 P••"'l•"""'Aiur (Detail Abb. 53) Hinen Von b.i.nten srtigc:n cin alter und cin junger Hirte, ins Gesptich vuti<ft, z.u det H<ilig<n Sune etnpot. Wahn:nd der alre Hine im rherorischen ~die Hand aus.stn:ckr, wcndct sich ihm dc:r andere t.u. Die vcrkD.rttc Fronalstdlung des jungm Hinen ..,.,;,, aufitalienische Vorbilder M< Andn:a Mantcgna und ande.-cr, d<n:n Wcdoo Dilrca auf der en«n ltalienrei>e ~ war. 57 P4U"'fltTt1m'Aiur(D<WI Abb. 53) G<bwt Christi
lo einer unmlpcrspektivisch konmui«ten Architckwr, die sich nach hinten auf einc weirc l..andschaft 6Anc:t. knien im Vordergrund Maria und )OI<ph nd>o< det v~igc:n, klcinfigurigcn Stifb::rfamilte vor dem ncugtbo~cn }esuskind. Von hinten .sc:eigcn, in perspckcivi.schcr Vcrki:in.ung. zwei Hinen wr Gebunssdirtc Oristi hoch, w5.hrtnd links zwei weitcre das Geschchen verfolgen. Zem.rum du Komposition sind Maria und du Jc::su.$kind, die xU$luJic.h durch cine ~dachina.rt ige Ob<n!..:hung h<rvorgehobeo sind. Wlhrend der Stern von Bethlehem am Himmel prangt, kondet im Hinrergrund ein Engel den Hinen von du Geburt des HeiLlnds.
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IM ZEITALTER »TECHNISCHER REPRODUZIERBARKEIT«. ZUR GESCHICHTE UNO FUNKTION DER DRUCKGRAPHIK
58 Anonym Dit Kmu:trag~mg, um 1400
E;nblattholuchn;tt, 26,9 x 39,9 em Graphischt SammJung AJbertina, Wten Urn 1400 entstanden die frfihesu:n Einblaccholzsch.nitce, die unabhlng.ig von Buch- und Tc:rcdrucken hergesteUt wu.rden. Die KrttJZtntgWlg Christi lst ein Beispiel fur die cinf:ache Linienrubrung. den Verzidu aufBinnenmoddlierung und die Bc:sdtrinkung auf reine LinieJUOge. Das Blan wei« jedoch eine klace, auf die ttntrale Gesralt Christi ausgc:richtete Komposirion auf.
Die Geschichte der Druckgraphik reichte noch nicht weit zuruck, als Albrecht DOrer geboren wurde. lm emen Drittel des 15. Jahrhundert entwickelte sich aus den Gravuren und der Ornamentik der Goldschmiedekunst vor dem Holzschnitt der Kupferstich, der noch in relativ niedrigen Auflagen vervielfaltigt wurde. Die Druckgraphik entstand vermutfich aus dem Wunsch heraus, bildliche Gedanken an einen weiteren Betrachter- und Nutzerkreis heranzutragen. Die gesteigerte Nachfrage nach religiOsen Bildem zur privaten Andacht und als segenbringender Hausschmuck war eine Ursache, eine andere die in der zweiten Jahrhunderthalfte zunehmende profane Funktion. Spielkarten, Kalender, Prodigienblatter und Alphabete dienten der Unterhaltung und Erbauung. Die Herkunft des Kupferstichs zeigt sich bei fruhen Darstellungen in der Wiedergabe von Punzen, wie sie aus der Goldschmiedekunst Oberliefert sind. Zunachst ging die Entwicklung von Konstanz und StraBburg als den deutschen Zentren aus.
Die frOhesten Meister sind nicht namentlich Oberliefert und werden nach ihren Hauptwerken benannt. Fruhe Blatter zeigen noch eine recht einfache Technik. Die FOhrung des Grabstichels weist kurze Punkte und Stichelschraffurenen auf, die sich im laufe der Zeit auswachsen und auf Binnenmodellierung und plastische Wirkung weitgehend verzichten. Erst nach der Mitte des Jahrhunderts greift erstmals nachweislich ein Maier, der Goldschmiedsohn Martin Schongauer, zum Grabstichel. Er bearbeitetdie Kupferplatten selbst und erschlieBt durch eine Ausweitung der technischen MOglichkeiten wesentliche, zuvor unbekannte Ausdrucksbereiche. Die Gravur tiefer Graben in die Kupferplatte machte es hier bereits mbglich, mittels der linienzuge und Schraffuren zu einer differenzierten, stofflichen Wiedergabe und der Darstellung von Licht und Schatten zu gelangen. Schongauers Kupferstiche zeichnen sich zunehmend durch eine raumliche und plastische Klarheit aus und wurden in ihrer malerischen Wirkung von zeitgenossischen KOnstlern bewundert und nachgeahmt. Unter ihrem EinfluB und dem Vorbild der Kaltnadelarbeiten des Hausbuchmeisters perfektionierte auch Albrecht DOrer die Kupfemichtechnik, die er schlieBiich durch die Anwendung der »Ciair-Obscur-Technik« und den dramaturgischen Einsatz extremer lichtfOhrung bereicherte. Die Druckgraphik ermOglichte dank ihrer leichten Transportmoglichkeit und einer relativ hohen Auflage einen Aus-
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tausch zwischen Nord und SOd, so daB der EinfluB des »neuen« italienischen Stils nordlich der AIpen Einzug halten konnte. Sowohl der Kupferstich alsauch der Holzschnitt erhielten durch Durer eine enorme Breitenwirkung und zeichneten sich durch neue, vielfaltige Funktionen aus. Durch hOhere Auflagen und ein eigenes Vertriebssystem, das den Verkauf, die Schenkung und den Tausch beinhaltete, konnte der eigene Name auch in anderen Regionen bekannt werden. Der kommerzielle Vorteil, den Druckgraphik nun bot, war fOr zeitgenossische KOnstler nicht zu Obersehen. Kupferstiche entwickelten sich zu beliebten Sammelobjekten gebildeter Kreise, die sie wie Kostbarkeiten behandelten, verzieren, vergolden, nachstechen oder in Elfenbeinreliefs nachschnitzen lieBen. Entscheidend fOr die sich wandelnden Funktionen von Druckgraphik war vor allem die Entwicklung des Holzschnitts. Anfangs in erster linie Mittel der Buchillustration, emanzipierte er sich einerseits, etwa alsgroBformatiges Einzelblatt, zum autonomen Kunstwerk (Abb. 58). Ausgehend von der Mbglichkeit der technischen Reproduzierbarkeit, erlangte der Holzschnitt andererseits Bedeutung als politisches und gesellschaftliches lnformationsmedium. Neben die religiasen Funktion- groBformatige Blatter dienten nun sogarzur privaten Andacht- trat der propagandistische und meinungsbildende Wert. Die reformatorische Bildpropaganda manifestierte sich in neuen Erscheinungsformen wie dem Einblattdruck, dem Flugblatt und der Flugschrift, die Bild und Text miteinanderverbanden. Die Bildpresse trug zu einem GroBteil dazu bei, daB Martin luther und der Reformationsgedanke popular wurden. Aber auch fOrstlichen Reprasentationsanspruchen im Sinne antiker lmperatorenherrschaft konnte das neue Medium dienen. So ist zu erklaren, daB Kaiser Maximilian I. Holzschnitte wie das Triumph tor, an dem eine ganze KOnstlerschar beteiligt war, in hohen Auflagen drucken lieB und neuen »profan-liturgischen« Bestimmungen zufOhrte. So konnten beispielsweise im ganzen Reich unter der nahezu zehn Meter hohen Holzschnittfolge, der Ehrenpforte, Zeremonien zur Huldigung des Kaisers abgehalten werden. Geistliche und fOrstliche WQrdentrager wie Kardinal Albrecht von Brandenburg oder KurfOrst Friedrich derWeise bestellten hohe Auflagen und setzten ihre Kupferstichportrats zu propagandistischen Zwecken eigenen Druckschriften als Titelschnitt voran.
jAHRE THEORETISCHEN UND KUNSTLERISCHEN FoRSCHENS
59 S<llmbildnis im Pt~ (vgJ. Abb. 60) Digitale lnfn.roudkkcographic Doerner lnsticu<, Bayrische S...ugcm!lld=mmlung.
MUnchen Woe: so~rig Darer das Selb<d>ildnis <Orbem«<e, I<ig< die gc:nauc Unreneichnun~t die bei derdigiakn (nfn· rotrdkktogn.phie:'lum Vonchein b.m. Mic u.m:n Panlldund Kreu1$Chraffurcn ist die Binnc:nmoddlic:n.mg des Gcs;.h<cs berdu vollsdndi& angeleg<; di< endgiil<ige makrisehe AwfpWNnl wcis< Ieicht< Vednderung<n auf.
60 S<lbsrbi/Jnis im Pdzn<k, 1500 OlaufLindenho!., 67,1 x 48,7 an AI« Pinaloxhdc. Bayerische S...ugcmlldcsammlungen, Milnckn
Diesel Sdbstblldnis in Oorers berllhmcestes und zugkich das kate dc:r dtei ge.malrc:n Selbstponnics. Zum ersten und rum k:ttc:en Mal in dcr abend!Jndischen Kurutgeschic:htt nelh sich hic:r tin KOnsder im Chr~tu55c.hc:ma d:ar. In der Kkalisic:n:cn Ertcheinung- dte ~ ist, wic die Unttn.eidinung be.legc, UllprOnglic.h unrtgdma.Biger angdegt- trin uns Di.\rer in der ..Jmicatio Christi•, der Nachfolge Christi, enrgtgtn. lm tiuschenden Jllusio. nismw:, mit dem das Bild gemalt ist, verwtUt er jcdoch auch •uf die an<ikc Konsderlcscnde d" Apclleo. mit dem u von uicgen&siicltcn Humani.sten vcrglichen wurde.
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Die Jahrhundenwende markiert einen grundlegenden Wandd in DUrers Sri I und Wdwuchauung. Er scudierce, incensiver denn je, die Kunsrtheorie der Renaissance, vor allem die Theorie von der Er&.ssung der ldealproponioo des menschlichen Ktsrpers sowie der Zcncralperspekcive. Die Ausdnanderseaung mit diesen Themen dokwnenrieren zahlreiche Werke. Die Druckgraphik eroffnete hier, losgd&t von auft.ragsbezogenen Vorgaben, ungeahnte Mi:lglichkeicen des Experimentierens. Das Jahr 1500, in dem der Welcunrergang erwartet wurde, beg;um fur Durer mit der Vorbereicung seines &lbstbildnissa im Ptkroclt (Abb. 59, 60), heuce in der Aleen Pinakothek in MUnchen, seines learen und beriihmcescen Selbstportrats. Er rog darin die Summe kiinstlerischer und humaniscischer Oberlegungen und leiretezugleich einen neuen Schaffensabschnitt ein. Da er sein Alter in der lnschrift mit 28 jahren an gibe, muB das Gemiilde noch vor dem 2 1. Mai, dem Geb urtstag DUrers, enrstanden sein. Karel van Mander berichret, er habe das Bild 1577 in Nurnberg gesehen und in der Hand gehalten. Das Selbstporrriir befond sich zu Lebzeicen Diirers in seinem Besia, gelangte aber nach seinem Tod in die ..,bere Regimentsstube. des Nurnberger Rathauses, die als eine Art Kunstkammer dieme. 1805 wurde es schlieBiich fur die koniglichen Sammlungen in Miinchen erworben. Ohne das Wissen urn den humanisrischen Gebalt der Tafel konnre man aus heuriger Sicht annehmen, daB das Sdbstporcrac Durers damals provokariv wirkce, srellte sich hier doch zum ersten und zum leacen Mal in der abendl~ndischen Kunstgeschichre ein Kiinstler in Komposition und Typus ehriscusgleich dar. Srrenge Frontalitlit war bis dahin Christusdarstdlungen vorbeM!ten, Bildnisse folgten traditionell dem Schema des H alb- oder Dreiviertdprofils. DUrer wendet auf sein Selbscbildnis das geomettische Proportionsschema an, das seit der byzantinischen Kunst den Darstdlungen Christi zugrunde lag und ihm vorbehalten war. Durch dieses Schema erscheinen Christus-Bilder als •vera icon•, alswahrhafte Pomats des Heilands. In diesem Sinne wurde das Selbstporrrat formal ein Jahrhundert spacer auch in Georg Vischers Gemiilde Christw und die Ehebrecherin, das er fur den bayerischen Kurfursten Maximilian I. schuf, wieder aufgegriffen (Abb. 3).
Obwohl D urer seine physiognomischen Besonderheicen, die grolle Nase und die unterschiedlich grollen Augen, nacurgetreu wiedergegeben hat, erhiilt das Selbstbildnis durch die feine, illusionistische Malweise idealisierenden Schmelz. DUrer greift mit der Hand, deren Hal tung an den Segensgcscus Christi erinnerc, in seinen vomehmen Pdzrock (Abb. 60). Dem Auge als neben der Hand zweicem • Werkzeug• des Maiers kommt besondere Bedeutung zu. So spiegelt sich in der Iris des Dargestellten ein Fensterchen, das nichcals naruralistische Obertngung des Werkscattfensters, sondern als Ausdruck fur den antiken Topos •oculi fenestra animae•, dem Auge als Fenster der Seele, zu verscehen ist, der DUrer vermutlich durch Konrad Celtis (14591508) vermittdt wurde. Der dunkle Hinte rgrund umersriitZt die Konzentcacion auf die Gestalt des Kiinstlers. Die Inschrift •Aiberrus Durems Noricus ipsum me propriis sic effingebarn coloribus aecacis an no xxviii• (Ich, Albrecht D Urer von NUrn berg, malre mich so mit unverganglichen Farben im Alter von achrundzwanzigJahren) bckraftigt die Intention, ein Bildnis fur die Ewigkeit zu schaffen. In dieselbe Zeit darieren funfEpigrarnme des NUrnberger H urnanisten Konrad Celtis zum Lobe Durers, die dieselbe Antiquaschrift aufweisen wie die lnschrift auf dem Selbstbildnis und auch einen ahnlichen Wordaut besitten. Celtis hebt darin Diirer1 Schtspferkraft hervor und vergleicht ihn mit Apelles und Pbidias (5. Jh. v. Chr.), zwei der beriihrntesten antiken Kiinstler. Auch den Vergleich mit dem mittelalterlichen Philosophen Albenus Magnus(um 1206-1280) scheuter niche und betont, daB Gott beiden iihnliche schtspferische Krafte verlichen habe. Diese Quellen beweisen, daB DUrer irn Selbstportrlit die gotcverliehene • natUrliche• Christusahn~chkeit des Kiinstlers in seiner Eigenschaft als Schopfer zum Ausdruck brachte. Die Zweckbestirnmung des Portriits ist niche zweifelsfrei gek!itt. Die Tmache, daB das Gernalde sich zeitlebens im Besitt DUrers befand, legt eine didaktische Funktion als Dernonsrrationsbeispid fur seine SchUler und als Voneigeobjekt fiir seine Aufrraggeber nahe. Die von antiken Sch riftsrellern wie Cicero (I 06-43 v. Chr.), Lukian (120-180 n.Chr.) und Vicruv beronre Bedeutung der Einheit von •Harmonia• und •Symmecria•
61 O.Skkind'fmi, 1505 Kup!Cnrich. 16,4x 10.9 em
Kupfersrichkabincu, Sw.diche Kunsdtalle, Karlsruhe In dem 1505 entstandenen Kupfcrstich besc:h~ftigtt sich OUrtr glcichcrmaBen mit dcr ,.,_um.Licllen Zencralper~ s-pektiYc und dcr ldea.lproportion cinq: Pferdes. In cinem ronncngcw6Jbren R.aum sdw-rt wicht.rnd cin klcincs, mu.skul6x$ Pferd ncrv6s mit dcm Vordetbu£ Ein laut
rufender Pftrddtnechr in pha.ntaSri.schcr Kosti.imim.Jng bcgleirec du Toer. FIUgdhelm uod -schuhe dam:n auf einc Damdlung Me:rkun. Die figurengruppe ersc.heint im unm.lpenpekliYisch :aufgd2£tcn Ccmaucr wic cin· gcschJossc.n. Oit: brtnncn<k v~ i.m Hinrcrgrund wOs1 a1s Mgcs Feuer auf die mcnxhlichc Vcmunft, so daB sich die Dcurung durchgesetu hat, die unbezlhm~ L:-Kkn· och>ft- in dcr Gestalt des Pfetd"-wt:tde kraft mensch· Lieber Vcrtlunfc- vcrsinnbildlicht durch Mcrkur und das ewige Feuer- gttUgeJr. 62 Das rro/< Pftrd, 1505 Kupl<nrkb. 16.S. 12cm Kupkntichbbin<tt, Suadicbe KunstlWie. Kvlsruhe
wird in di=m Bilc!nis deutlich rez.ipiert. Auch erinnen der srreng fronrale Blick daran, daB Dlirer unter den Rinf Sinnen das Schen am hOchsren bewenete, wie aus dec Vorrede zu seinern geplanten •Lehrbuch dec Malerei• 1512 hervorgehr. Die auf Braun- und GrautOne beschriinkre Forbpalette koMte mOglicherweise auf die Oberlieferung des antiken SchriftsreUers Plinius (23/24 -79 n. Cht.) anspiden, dec berichrete, daB Apelles eine Vier-FarbenPalette benutzt und durch den meisterhaften Umgang seinen Gemiilden einen besonderen G lanz verliehen habe. lnsofern erscheint Dlirer hier als der neue chrisrliche Apelles, dec sich als Schopfer im Dienstc Gones siehr und als solcher eine zukunftsweisende Rolle einnimmt. Eine friihere Deurung verband die Christusahnlichkeit des Bildes mit dem Willen zur Nachfolge, zur •lmitatio Christi• nach dem gleichna.nUgen und im Spatmittdalter weir verbreiteten Buch des religiosen Mystikers Tho mas a Kernpis (1379/1380- 147 1). Das Stlbstbildnis im Pelzrock von 1500 bilder gleichu irig den Hohe- und den SchluBpunkt dec d rei gemalren Sdbstporuats Dilrers. Wie dieses an einer Schaffenswende srehende Werk humanistische Oberlegungen miteinbez.iehr, so versuchte Dlirer seine anderen Werke dieser Zeit im Sinne einer Rcformierung der Kunst in der Nachfolge antiker Kilnsrler auf eine neue G rund lage zu srdlen. Wahtend dec vier folgenden Jahren entsranden zahlreiche Srudien zu den menschlichen Proportionen, angeregr d urch die Begegnung mit de m iralienischen Kilnstler Jacopo de Barbari (urn 1440- um 1515), denerimJahre 1500in Nilrnberg traf und dec ihm den lmpuls zum Srudium
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des idealen Proportionskanons nach Vitruv gab. Dieses Thema sollte DUrer sein Leben lang beschiili:igen und schlieBlich in den posrburn verOffentlich<en •Vier Buchan zur menschlichen Proportion• seinen AbschluB finden. In diesern Zusamm enhang isr auch die Suche nach dec Darsrellungder idealen Proportion eines Pferdeszu sehen, diesich in verschiedenen Zeichn ungen und Kupferstichen wie Das grofo Pferd und Das kkine Pftrd(Abb. 6 1, 62) manifestierc und in Dlirers Meisterstich Rimr, Tod und Teufol (Abb. 94) z ur Vollendung gelangre. Virruvs beruhm <e Schrifi: •de architecrura• behanddt im dri tten Kapi rd die Lehre von der menschlichen Proportion und von der Zenrralperspektive. Diese und die Wiederenrdeckung einer antiken Apollostarue in Rom sowie Jacopo de Barbaris Kupferstich Apo/1 und Diana zeigen groBen EinfluB auf die sogenan nteApollgrupp< und weireren Srudien zu mannlichen und weiblichen Proportion in der Antikennachfolge, die abschlieBend in dern berilhmren M eisterstich Adam 11nd Eva (Abb. 64) einen H ohepunkt erreichten. Die antiken Kilnstler glaubre DUrer im Besirz des Geheimnisses gewesen zu sein, dern er sein Leben lang • mit Zirkel und Richtscheit• auf dec Spur war. Profane wie sakrale Thernen dienren ihm als Vorwand, urn die idealeAkrdarstellunginder D ruckgraphik festzuhal ten. Ein Beispiel 1\ir seine Proportionssrudien des weiblichen Karpen ist der urn 1501 oder 1502 entsrandcne Kupferstich Nmuris otkr das grofo Gluck (Abb. 63). Technisch vcrfcinerte Durer den Kupfersrich, der ein un gewohnlich groBes Format aufweist, nochmals. Die groBeren Linien sind zwei- bis dreimal u nterreilt und di< Anwendung dec Doppdkreuzschraffuren ist weiter
losselbejahr wic o.s·!JeW Pfm/d.rien O.Srro/< Pfml, das cbcnfalls im Zusammenhang mit Duren: Proponiontstudien w sche.n &st. Mit monu.mentalcn K6rpervolumen, der geschloutncn Sduinnc:Uung und dcm ruhigc:n Awdruck uiu uns cin ausgegiichenes Tcmpcramem en~. Die: starlet Vc:rkilnung des Pkrdc:korpers, die HacheArc.hicekturkulissc: im Himergrund und die Boden· erhtbung, auf der das lier mjc den Hinterhufc:n src:hr. verstiirken den Eindruck der Monumc:nu.Htar. Wlihrend das Pferd ruhig Wld fest auf dc:m Boden scc:ht, i.st dec bc:gleitende Krieger wic:der in enecgisc.mr Schritacdluog gezeigt. Eine Zt:idmun& in ckr Handsc.hriftenabteilung de. Scodtbiblia<hek Nnrnberg dane< da,.ufhin. daR dcm
groBcn Pktd ein Proponionsochana wgo:unddiegt.
63 NnnniJ«kr.USrrof<G/110:, urn 1501-03 Kupkntich. 33.2 x 23.2 em Kupft:m:ichkabi.nc:u, Suatliche KUJU"ttulJe, IUrlsruhe
Zwischen 150 I und 1503 ems!2nd dieser Kupf<rstich .W eincr dcr gro8tornucige:n Haupcstic:bc: Darns. Die Wt:iblichc F"!pf' Jdlr auf die Vendichcung •Mantoc des iblienis<hen Oidttet1 und. Humanistcn Polirian zurikk. die OUrtr vttmudicb bei x:intn Srudien in dtt Bibliothdc ~nes Humanistenfrtundes Willibald Pirckhc:imer kennenlc:mcc:. Das Gedicht vere:int die beidc:n G6ninnen der Vergc:lcung und des Schicksah. Ober den Wolken sch.wc:br auf einc:r Kugd und mit Adlcrschwingen die Frauc:ngestalt c:in hc:r, die in der Rc:duc:n c:inc:n Pokal und du Zaumuug in der Linlo:n hilt. Sie zeigt du Ery,<bnis von DUrcrs ProponK>nssrudien nach Viuuv.
65 Na<hn M•nn mit Gilll •rul Xhl."ft, sogenannter: Nh.ktp, urn 1500 F<deruic:hnung. grUn gocwchc 32.S x 20.S an Kupferscichkabineu, Suadichc Museen w BerlinPrcuBiKhcr Kulcwbesitt, Berlin
Zu den frUhcsccn Proporrionss-rudien OU~rs gc.h6rte ilicx Fcden.eichnung des socenann«n Ashl.p, des antiken Goucs dcr Mediz.in. Die Konstrukrionsskiu.e bclegc, daB djc Figur ursprOnglich als Proportion.Qcudic angdcgt war. Die Ktsrperaufrusung ihnelt in ihrer mwkuiOStn Durdlbildung der des Ad.anu im Kupfentich von 1504.
64 (&cg<nllbtrliqend< Sci«) AJ.m •"" Ewt, 150oi
Kuplmcich, 25,1 x 19,4 em Kupfc<>cichkabin<n, Sw.diche Kumchalle, Karls<Uhe Oer Kupfm<icb zlhlc xu den berllhmresten S.:ich<n OUrtrt. El Udu die Summc aus dem viujlhrigen
S.:uilium der ldealpcoponion des menschlicben Kllrpen. Ocr Oamdlung von Adam und Eva als tdeale weiblid1e und m!lnnliche AkrfJgUr<n in der Nachfolg< anciket SkuJpturcn isr das lntel't$St an der biblischcn SchiJdc:rung untcrgeord.nec:. Die 1iere Elch, Hasoe, Katte und Och.sc: vcrsinnbildlichen die vterTemp«amentc, in die sich die mcnsd:tlichc Setlc nach dem SUndcnfaJJ au&pahece. Katt' und Mau1 al.s Gegensat29ur ver~rpcrn du Spannungsvcrh.11tni.s der Geschlcchtc:r, wlhrtnd dcr Papagei fUr Maria a1s :wcitc: Eva und derSreinbock im Hintergrund fllr die Ungl~ubig<n scehen.
66 AJ.m .rul Ewt, 150ol Aquarellierte Fedenciehnung. 24,2 x 20,1 an
The Pierponc Morgan Libruy, New York D<n Meisceta<ich AJ.m •"" £.,. (,A.bb. 64) bec-"ctte
DUrer dwch z.ahlreichc Einz.clstudicn vor. Diac Feder· t.eichnuog emsrand unmictdbar vor dem KupfcrsOch und konwurierc •ieh gam a.£ d;e Wo<dergabe und pWtiache Ausgcnaltung des minnlichcn und ~bltchcn Aklcs. Die Kllrpc:rha.lrung beider Figurtn in bier befe'ia bis ins Derail mit dcr Kupfemichdarsrdlung idcmisch.
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vcrbesscrt, wodurch das Blatt cine hohe stoffliche Dichre erlangt. Das dargestellte Thema geht auf ein lateinisches Gedicht des florentinischen Humanisten und Neuplatonikers Polizian (1454 - 1494), veroffentLicht in seinem 1499 erschicncncn Buch »Manto«, zuruck, das Durer in der Bibliothek seines Freundes Willibald Pirckheimer kennengelernt haben diirfte. Das Gedicht vereint die Schicksalsgottin Fortuna mit der Gouin der Vergdtung, Nemesis, zu ciner Person. In Diirers Darstellung schwebt eine geflugelte Frauengesta!t auf einer Kugel hoch uber den Wolken. Die darunter sichcbare Landschaft isc durch ein verschollenes Aquarell Diirers als das Scadtchen Klausen im Eisackcal in Sudrirol belegt. In ihren Handen halt die Figur einen Pokal und Zugel, Sinnbilder fur das gluckliche und das harte Schicksal. Sic scheint stillzustehen, nur das flatternde Tuch und das unsichere Standmotiv verraten Bewegung. Panofsky formulierce treffend: •Die miichtige Figur ist in einem geometrischen Seirenaufri« dargestellc, wie ein Diagramm in einem Traktat i.iber Anthropometrie~.
In der Figur wandte DUrer zum ersten Mal Vitruvs
Proporrionskanon an, in dem die einzelnen Korperceile in einem bcstimmten Ma.Bverhaltnis zur KO~rgrOfk 67 Geburt Christi, 1504 Kupfm:tich, 18,3 x 12 em Germanisches Nacionalmuseum, NUrnbe~
srehen. Proportionsstudien belegen, daB Durer seinen
Oer Stich folgtc: derwc:nigc: Jahre wvor c:ntstandene Mitteltafel des Paumgartnn'-Aitan (Abb. 57). Er daciert ins sdbe Jahr wie der Meisterstich Adam und Eva und
auch in dicsem Fall, konstruiert.
manifesciert OUrers Inrerts$e an der t.iumlichen Zentra1perspdttive, die hier vor der Wied.c:rg.abe der figiirlichen
Szc:ne, der Geburt Christi, Vorrang hat. Auf der Veranda eines halb zerfallenen Fachwerkhauses kn.iet betend die Munergottes vor dem Jesuskind. Hinten ist die Gestalt cines betenden Hirten zu sehen, wahrend Joseph, scheinbar unberiihn von dem hc:iligen Geschehen, am Brunnen Wa5S(:r holt. Waluend die Ruine R.ir den alten Bund scehc, verweisen die aufkeimenden Pflanzen und das neu-
geborcne Jesuskind auf den Neuen Bund. Ziehbrunnen und Krug deuu:n auf die Jungfflulichkeic Marien+ und das Saknmem der Taufe.
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GrurJt P.wion:
Christw vor /Vziphas, 1S04
Federzeichnung auf griln g:rundienem Papier, 28,3 x 17,8 em
Graphische Sammlung Albertina, Wien Die Griin~ Passion, benannt nadt dcm grUn grundierten Papier, besteht aus zwi5lfBI2uern, deren VerNendungszweck nicht bekannt ist. Es wurde vermutet, d:ill5ie als Vont.ichnW"Igtn fUr Gla.smalerei d.ienten. Wit die anderen DarsceUungen :zeichnet sich das Blare Christw vor- KAiphas durch fcine WeiBhohung aus, die im ZusammenkJang mit dem gri.inen Grundton der Szene eine magisdle Pbsrizirlr und dr::un.anugische LichtfWuung erh.ilr, wie sie in der •Cia.ir-Obscur-Technik~ ilblich war. Christus und Pilatus sind aLs die heiden Ane:agonisten im Vorder~ grund des Bildes gegeni.ibergescelh und durch die LichrfU.hrung sowie die Architelc.tur hervorgehoben.
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Figuren zunachst ein MaBschema inskribierre, das den
Korper in allen Details erfaBre. Das Ergebnis wirkr, wie Als Endpunkt seiner Proporrionssrudien mull der 1504 entstandene MeisrerstichAdam undEva (Abb. 64) gesehen werden. In diesem beriihmten Stich verbinden sich die Bemiihungen urn da.s klassische Schonheitsideal der Antike mit der alttestamentarischen, christlichen Thematik. Dem Kupferstich gingen vorbereirende Studien voraus (Abb. 65). Adam und Eva wirken wie zwei voneinander unabhangige ideale Proportionsstu-
dien von Mann und Frau. Die klassische Pose beruht auf Oiirers Kennrnis antiker Skulprur. Die Figur des Adam verweist auf fruher datierce Zeichnungen des Apoll, Askulap und Sol, Eva auf ebensolche der \!,;nus M.dici. Das ersre Menschenpaar stehr voreinem dunklen Wald. Die Korper werden durch das von links einfallende Ucht beleuchtet. Derzentral geset?:te Baum trennt kompositoriscb da.s einander zugewandte Paar. Die umgebende Pflanzen- und Tierwelt untersrreicht symbolisch den typologischen Bezug des Alten auf das Neue Testament. Die Bergesche, dec Lebensbaum, vor dem Adam posierc, steht dem Baum der Erkenntnis gegenuber, der, besem mit der reuflischen Schlange, Eva zugeordnet ist. Der Papagei erscheint als Mariensymbol und Sinnbild fur die Obcrwindung der Sunde durch Maria, der zweiten Eva. Die Ticre im Vordergrund vcrwcisen
nach der scholastischen Lehre auf die Verbindung des Siindenfalls mit den vier Temperamenten. Demnach
befanden sich die Konstitution und die Sede des Menschen vor dem Stindenfall in absolutcr Harmonic,
danach zogen jedoch Krankheit, Tod und Laster in sein Leben ein. Die Seele spaltete sich in die vier Temperamente auf. verkorpett durch die vier dargescellcen Tieren.
Der Elch steht fur das melancholische, die Kat1:e fiir das cholerische, der Ochse fur da.s phlegmarische und der Hase flir das sanguinische Temperament. Kat1:' und Maus versinnbildlichen das Spannungsverhaltnis zwischen den Geschlechtern, wiihrend der Steinbock auf dem Felsgipfel im Hintergrund als Sinnbild der Ungliiubigkeit darauf verweist, dafl das erste Menschenpaar das gottliche G ebot verletzte und dadurch siindigte. Selbsrbewuflc signierte Durer mlc der lareinischen Inschrift •Aibercus Durerus Noricus faciebat 1504• (dies schuf Albrecht Durer aus Nurnberg im Jahre 1504) auf einem sogenannten •cartellino•, ein bier am Baum hiingendes Tafelchen. Diese Art der Signacur ist bereits ebenso bei dem italienischen Kiinstler Antonio Pollaiuolo vorgepriigt wie die Anordnung verschiedener Aktstudien vor halbschattigem Hintergrund.' Als Neuformulierung des kurze Zeit zuvor entstandenen Paumgartner-Altares und als Ergebnis von Durers Beschiifrigung rnir der z.entralperspekcivischen Raumerfassung nach icalienischem Vorbild ist der kleine Kupferstich mit der Gtburt Christi (Abb. 67) zu sehen, der ebenfalls 1504 entstand. In einem alren Fachwerkhaus, das als Ruine denA! ten Bund versinnbildlichc, kniet Maria betend vor dem Kind, das als Symbol des Neuen Bundes den Aleen ab!Osen wird. Joseph holt, entfernt von dieser Sz.ene, Wasser am Brunnen. E< scheint das heilige Geschehen im Gegensatzzu dem knienden Hirren im Hinrcrgrund
niche zu bemerken. Dort in der Landschaft sieht man, miniaturhaft klein, die Verkiindigung an die Hirten. In diesem Blatt hat •die Biihne fast mehr Bedeutung als die Akceure•, wie Panofsky es formuliette und das Geschehen ist dem Ringen urn komposirorische Einheit im Sinne der Fluchtperspektive, de r sich jedes Detail ein-
fiigr, untergeordner. Zur gleichen Zeit encsranden die zwolf Zeichnungen dcr beriihmten Griinen Passion in der Albertina in
Wien (Abb. 68), benannc nach dem olivgriin grundierten Papieruiiger. Erstmals wender Durer Hohungen in weifler Farbe an, wodurch dramatische Lichcdfekte entstehen. Der Einsatz schwaner Tusche srcigert die
Wirkung. Die Blatter nehmen bereics Durers wenige Jahre spacer datierte Kupfmtichpasswn voraus (Abb. 84) . Die Zeichnungen fungierten vermutlich als Risse fur zwolf Tafeln in der SchloB- und Universitatskirche in Wittenberg, beauftragt von Kurfurst Friedrich dem Weisen.
HAUPTWERKE DER MALEREI. DIE ZWEITE ITALIENREISE
69 Brwtbild tintrjungtn Vtnnillntn'n, J505 01 auf Rtisn:rnho17., 32.5 x 24, 5 em Kunsthistorisches Museum, Wi~ OaJ Bildnis einer jungen Frau in venetianischer Tracht isc niche ganz. vollcndet, wie an der Schlcife auf der rccluen Sehulcu gur z.u crkcnncn i.st. Vor dem dunklen Hintcrgrund hebe sich in warmcn Rott~M:n, die 1ich im Hur und G<wand <kr Dargutdlten wied<rhokn, d ie G&:alr dc:r Pomiciertcn ab, die bis: hcute nicbr identifiliert is«. Mit unen Weiflh6hungen moddliertc: Durer das Hur und das Gesichr und V<rlich der Dargutellten cbdurch lebendigen Awdruck.
•daz ding, dat mir vor eilff ioren so woll hat gefallen, daz gefelt mit jcz nut mer.• (Durer an Pirckheimer in einem Brief vom 7. Februar 1506) Im Gegensan zur ersten !talienreise, die sich nur durch die oben zitierte Aullerung von 1506 belegen Ia«t, ist der zweite Aufeno:halt Durers in ltalien in zehn Briefen an seinen Freund Willibald Pirckheimer, der die Reise auch finanzidl ermOglich<e, dokumentiert. Acht dieser Briefe wurden 1748 anla«lich einer Renovierung aus einer hohlen Wand der Familienkapelle im Haus von Pirckheimers Schwager Hans Imhoff (1488 -1526) gebo~en. Ihnen kommt als den ersten uberlief<rten pers6n1ichen Privatbriefen eines Kunsders an seinen Freund in der deutschen Kunstgeschichte ein herausragender Stellenwert zu. Andere, nicht mehr erhaltene Briefe, die Diirer an Frau und Mutter schrieb, werden in dieser Korrespondenz erwahnt. Griinde flir Durers erneuten Aufbruch nach Venedig vermutet man zum einen in der Fluclu vor einer erneuren Pesrepidemie in Niirnberg, z.um anderen in
urheberrechdichen Angelegenheiten, denn Giorgio Vasari berichtet in seinen Kilnstlerviten, Durer sei nach Venedig aufgebrochen, urn gcgcn den KUnstler Marcantonio Raimondi (1480-1530) einen Prou:B anzumengen. Marcanronio habe Graphik von Durer auf dem Markusplan in Venedig feilgeboten gesehen und sich aullerordentlich daflir begeistert. Daraufhin habe er Holzschnitte Diirers in Kupfer nachgestochen und mic seinem eigenen Monogramm versehen. Es war der erste ProzeB in dec deutschen Kunstgeschich<e, bei dcm es urn die Wahrung des •Copyrights• ging. Durer erreichte, daB die Signoria, die Sradrvcrwalrung Venedigs, Marcanronio untersagte, sein Monogramm auf die Nachstiche zu seaen. Diese Fii.lschungcn beweisen aber auch, welches Ansehen Durer w dieser Zeic bereits international genoB. In lralien wurden DUrers Werke bereits vor der Jahrhunderrwende von Malern, Kupferstechern und Keramikern in groBem Stile imitiert. insbesondere wegen ihrer gelungenen Komposition und der fein ausgeflihrten, •naturlichen• Hinrergrundlandschaften wurden Kupferstiche wie Der verlortnt Sohn (Abb. 38) und die Madonna mit tkr Mmlwu oftmals als Vorlage verwendec.
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Iralienische Kunsder akzeptiercen DUrer vor allem als Graphiker, weniger als Maler. Man kritisiene, da!l er zu wenig nach der Antike arbeitete. Ein knappes Jahrspater aber berichtece Durer scolz in einem Brief an Willibald Pirckheimer, er habe diejenigcn, die ihn nicht als guten Maler betrachreten, durch sein gro!les Auftragswerk flir die deutsche Handelsbruderschaft von San Bartolommeo, Das RoJtnltranzfost (Abb. 70), zum Schweigen gebracht: •jch hab awch dy moler all gschilt, dy do sagren, jm stechen wer ich gut, aber jm molen west ich nit mit farben vm zw gen.• Ooch auchsein eigcnes kunsderisches Urteil wanddce sich: Dinge, die ihn beim ersten lralienaufenthalt begeisterr hatten, beeindruckten ihn nun niche mehr.
Ebenso anderten sich seine Meinungen uber KoUegen. Der ehemals so vcrehrte Jacopo de Barbari hielt nun der Kritik nicht mehr stand. Anders hingegen lautete das Uneil uber den greisen Giovanni Bellini, den er ebenfalls in seinen Briefen an Pirckheimererwahnre. Der alre Meister und er erwiesen sich gegenseitig ihre Ehrerbietung und lob ten den jeweils anderen Bffentlich. Aile in diesen Jahren entstandenen Gemii.lde offenbaren Durers Bestreben, italienisches Farb- und Komposirionsempfinden mit den eigcnen Bildvorsrellungen zu verbinden und zu einem pers6nlichen Stil zu gelangen. Das Brustbild riner jungm Vmn:iantrin (Abb. 69) in der stadttypischcn Tracht isc das crS<e Gemii.lde, das Durer kun nach seiner Ankunft in Venedig im Jahn: 1505 malce. Yom dunklen Hintergrund hebt sich die Gesralc der jungen Frau ab. Auf dern r6tlichen Haar rragr sie eine golddurchwirkre Haube. Glanzlichrer umspiden sanfr ihr Gesichr und Haar. Nicht auf die idealisierre Oarscellung von SchBnheit, sondern auf die Wiedergabe von lndividualitat isr hier Wert gelegt. Die vollen, unregelma!ligcn Lippen, die groBe Nase und die hohe Stirn unterstreichen den Eindruck pers6nlicher Nahe. Die summarischcAusf'uhrung des Kleides dcutet daraufhin, daB Diirer das Po mat nicht vollendctc. Der Bildnistypus der naeh rechts ausbliekenden Dargesrellcen vor dunklem Hintergrund ist flir Portriits dieser Zeit charakteristisch. In Diirers Hauprwerk dieser Jahre, dem 1506 entstandenen, seit dem 19. Jahrhundert so benannten
71 Jokob Spreogcr /Wsmlmw:frn, 1476 Ho1uchnitt, 16,h 11,9crn Swmbibliothek, Bamberg 1476 enchien Jakob Sp"'nger> Schrift Uber die •Erneure Rooen· krant-BrudersdWic mit einem Hol:uchnitt, der im wtite:rtn Sinne ols Vorllufer <kr Kompo>icion DU"'rs (Abb. 70) gtlten kann. Der Madonna :aufihrem Thron bringen hicr jedoch die geistlichen und wdclichen G~ubigen Rosenktime dar, ann.att sie z.u emp&ngen.
70 (links) o.u IIMmhom:frst. 1506 OlaufPapp<lholz. 162 • 19-f,S em Narionalpkrie, Png Mvia olJ Himmdslc6nigin auf ihmn 'Jluon, das )<ouskind und der Hl Dom.lniku.s rcchrs d:avon VCftCiJcn wsammfl\ mit tinct Plmensdw Rooenkrime an die gci.dichen und wddichen Sdn<k. Die Gcisdichkc:it wird links vom P:ap$( angcfbhn, wsbrcnd die Laienschafi m:hts Kaiser Maximilian 1., unm.iudbar z.u Fo8en der Madonna, folgt. [n der Schar der Gl:tubigen vc.reince DOrer reale. durch Srudien vorbcrt:itete, mit hluivcn Bildn.issen. Mit dem Roscnkra.ntfest schuf DUrer den crsrcn Eimafdala.r, der jedoch in stincr kompo.sitorischcn Cliederung wie ein Tripcychon aufgebaut UL Rt:chu im Hintergrund, vor c.intr weicllufigen Alpenlanddtaft, blickt der Kunstler dem Bcuachter cnt~n. Er
in a1s vornehmer Herr gddeidcc und hllt ~nen Bogen Papier mit der Signatur und eincr b reinisc:hen Tnsc:h.rift in der Hand.
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Rosmkranzftst (Abb. 70), zog Durer in der Komposition und Farbigkeit die Summe seiner Erfahrungen mit der italienischen Kunst der Renaissance. Die groBe Gemeinde deutseher Kaufleute, die im •Fondaco dei Tedescbi•, dem Lagerhaus der Deutschen am Rialto lebten, beaufttagten ihn mit dieser Tafel. I n seinem Brief vom 6. Januar 1506 bericbtete DUrer Willibald Pirckheimer, &g er von den »T ewC2Schen• beauhragr worden sei, fur ihre Kirche San Bartolommeo ein Altarbild zu malen. Die Frage, wer genau d ie Stifter und Auhraggeber des Altargemaldes waren, ist nicbt zweifelsfrei gekliirt. Vermudicb beaufttagten die Mitglieder der Gemeinde der deutscben Kaufleute den KUnsder, die der 1504 in Venedig gegrundeten deutscben Rosenkran:z.bruder.;cbaft von San Bartolommeo angehonen, einer Kirche, in der auf deutseh gepredigt wurde. FUr die Fertigstellung der •Tewczsche thaffel«. wie DUrerdas Bild stets nannte, wurdeein H onorar in Hobe von 110 rheiniscben Gulden vereinbarc. Der Termin stand fest: Die Tafel sollte • ein monect nach ostern awff dem altar stehen•. Das Bild bereirete DUrer in einer groBen Anzahl von Zeicbenstudicn, insgesarnt 22 an dec Zahl, genauestens vor (Abb. 72). Jede dieser Studien stel!t ein fur sicb stehendes Kunstwerk von hohem Rang dar. D Urers Alrarbild ist ein brillantes Konglomerat deutseh-n iederliindiscber und italieniscber Stilmerk· male. Die Form d es flugellosen Altarbildes geht auf venezianiscbe Bildtypen und Formate zunUck. Solehen folgt aucb die Kompositionsweise-zu denken ist an den Typus der •Sacra Conversazionc• - sowie die Einbindung der zentralen Figurengruppe in ein Dreieck. Der EinfluB von Bdlinis reicber un d leucbtender Farbigkcit ist bier in der symmetrischen Komposition evident; als konktetes VorbiJd ist das Votivbild des DogenAgostino Barbarigo (gest. 1571) zu nennen. Die praziS(: stoffiiche Erfassu.ng erinnerc an Werke von niederliindisehen KUnstlern wie Jan van Eyck, die Figu· renansammlung an die deutsche Tradition figurenreicber Altiire wie etwa d ie cines Stefan Locbner (141 0 - 1451). Das dargestellteThemaHiflt jedoch auch daran denkcn, daB bereits Diirers Lehrer Micbad Wolgemut einen Altar fur die Rosenkranzbruderscbafr in der NUrnberger Dominikanerkircbe St. Marien geschaffen hatte, den DUrer sicherlicb kannte. Das Thema stel1t in der deutschen Bildtradition der Rosen kranzbruderschaften: Maria, von Engeln bekront, der Jesusknabe und der HI. Dominikus verceilen Rosenkranze an die von Papst und Kaiser gefuhrte Menschheit. Die Huldigung galt bier zum einen der Marienverehrung und dem Rosenkranzgebet, zum anderen der weltlichen und geistlicben Obrigkeit der Deutscben. Die symmerriscbe Komposition untersrUtzen rahmende Baume am rechren und am linken Bildrand. Maria, zemral unter einem von Engdn gehalrenen Baldachin thronend w1d gekleidet in venezianische Tracht, bekronr zu ihrer Linken Kaiser Maximilian als Anfiihrer der weltlichen Srande. Das Jesuskind auf ihrem Arm ist im Begriff, dem Papsr als Oberhaupt der geisdichen Stande einen Rosenkranz auhusetzen. Das
Gescbehen begleicet ein Engel zu FliBen der Madonna musikaliseh mit l..autenkliingen. Die Kronung der beiden obersren Vertrerer von Staat und !Grebe fmdet ihre Entsprechung in der Marienkrtlnung. Unter den rechts und links des Throns versammelten Personen verteilen einherfliegende Putten Rosenkriinze. In Vorgiingerillusrrationen, beispielsweise einem Holzscbnitt zur Schrift Uber die Rosenkranzbruderscbaft des Dornin ikaners Jakob Sprenger (tatig urn 1468 -um 1494/ 1498) (Abb. 71), waren es die Glaubigen, die der Madonna Rosenkranze darbrachten. Hinter dem Papsr steht d er in Ordenstraeht gekleidete H I. Dominil..-us mit einer weiBen Lilie, dem Symbol fur die Reinheir Mariens, in der Hand. Die sroffiiche Ausarbeitung von D erails wie der fur Maria bestimmten Krone, des Brokarpluviales des Papsres und anderer Gewiinder und aucb die l..andschafrsdarsrdlung sind von solcber Erlesenheir, &g der Eindr uck entsteht, DUrer babe es regdrechr darauf angdegr, seine Kritiker resdos zu Uberu:ugen. Die zahlreicben Porrrars im Gefolge der Mictd· gruppe dokumentieren die Absicht des Auftraggebers, ein kUnsdecisches Zeugnis der deutschen Chrisrengemeinde in !talien scbaffen zu lassen. Einige der Bildnisse, wahrscheinlicb M itglieder der deutscben Kolonie in Venedig, lassen sieh mit GewiBheit identifizieren. Aber auch cine Anzahl frei erfundener Kopftypen miscbtsicb darunter. Die Darstellungdes Papstes, deren Originalfassung durch eine Zeicbenstudie liberliefert ist, laBr sich allerdings nicbr mit Bestimmtheit als Pomar Julius II. identifizieren. Papst und Kaiser sind traditionell im Sinne der Zwei-Gewalren-Lehre als Haupter der •Civitas Dei•, der Christlicben Gemein· sehaft, dargesrellc. Dabei nimmt die Kronung des Kaisers, dessen Portrii.niige Oi.in:r zuvor nur von einer Zeichnung des Augsburger Meisters Hans Burgkmair (1473-1531) kanme, einen zentralen Srellenwerc ein. Obwohl Maximilian I. zur Entstehungszeit des Bildes noeh nicht Kaiser war, witd er hier bereits als soleher dargesrellt. Wie Doris Kutsehbach zuletzt Uberzeugend darlegte, kann dies als politiscbe Intention gedeutet wetden, alsAppell der deutsehen Kaufleute an die Stadt Venedig, der Kaiserkronung nicbt im Wege zu stehen. Denn Widerstand kam von den Franzosen und Venezianern, die sicb gegen Maximilians Plane, sieh in Rom vom Papst zum deutscben Kaiser ktonen zu lassen, wehrten, indem sie ihm die Durcbreise durcb ihre Lander untersagten. Hinter Papsl und Kaiser scblieBen sich neben den verschiedenen Vertrerern der geistlichen Stiinde, Katdinal und Bischof, Priester und Monch, die der weldichen Stande, Ritter, Kaufmann, KUnsder und Handwerker, an.
Rechts im Bild vor einem Baum stellr sich der KUnsder mit einem SchriftstUck in der Hand selbst dar (Abb. 70). Er blickt den Betrachter direkt an. Gekleidet in cine vornehme Pelzschaube und hinrerfangen von einer alpinen l..andscbaft gibe er sicb sdbstbewuBt als • her• zu erkennen, als weleher er in Venedig gesehen und behandelc wurde. Das auffallig prasentierte Blatt in seinen Handen triigt die lnschrift •Exegit quinque/ mestri spatio AlbertuS/Durer Germanus / .M. D.VI.•
72 K•pfrints Engtls, Yor>tudie tum IIMn•lmm<fot, 1506 Pinsdzeichnung 2ufblauem venezianischem P.apier, 27 x 20.8 em Gr.aphische~mlungAJbcni na,
W.en
Mic insgesa.mt 22 Vorstudien, derm jede ein:tc:lne :tis autonomes Kunnwerk geJten k.ann , bereitete Oilier cbs: &smlrran::;fm (Abb. 70) vor. Ein Meisrerwerk der ZciC::benkunst ist der Kopf des lautespielendc:n £ngds zu FUR.en der Madonna. Die Tc:chnik der weiRgehOhtcn Pinseb..cicbnung auf bbuem Papier lemre DUrer in Venedig kennen. Aus dem Zusammenspid weiBer und dunkler Puallel~ und Kreuzschraffen, die sanft den Rw1dungen des Gcsichts (olgen. ergibr sich die plastisc.he Wirkung der Licht- und Sc.harrenwene.
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73 JmaunurdmSchrifig<khrun,1506 OiaufHolz, 65 x 80 an
Sammlung Thyssen-Bomemi=, Cas"SDola Zeitgl.eich :zum &ntnhllnzftst 2rbeitete: Oi.iru an dem
Gcmalde jtsuJ unur tim Schrifigtlthrun. Das Th~a iSt dem Lulwevangelium endehnt (Luk. 41- 52). )esw
SCUld wahrend des P~res im Vorhof des Tempels den Schriftgeldmen Rtde und Ancwon. Die SdtGnheit des zwOiijahrigen JaU$ kontrastiert m.it der H~ichkeit
rue
dtt Sduihgdehrten, ihn umringen. Die O.mtdlung konu:ntriert s.i<:h. auf die Klspfe, BUcher und Gesten dtt Hinde. Vennudicb kannte Dnr.r zu dieser Zeit be-
reics die Karikarure:n leonardo da Vincis, dasen •Traktac der Malerei• unter anderem von der GegtnGberstdlung absoluter Sc::h.Gnheit und Ha&ic:hkeit h.anddte.
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(Albrecht Durer, ein Deutscher, hat es in einem Zeitraum von fiinf Monaten zustande gebrachc. 1506). Neben Diirer, abseits vom Geschehen, steht ein Mann, desscn Identifikation aufgrund fehlender Vorzeichnungen bis heure Schwierigkeiten bereitet. Es wurde vermutet, daB es sich urn den Humanisten und kaiserlichen Bernter Konrad Peucinger (1465-1547) handelc, da dieser auch zwischen dem Kaiser und Kunsclern vermittelte. Vie! von der urspriinglichen Wirkung der transparenten Farben und iUusionistischen stoffiichen Erfassung diirfte heute verloren sein, hat das Bild durch seine Oherfuhrung aus Venedig doch starken Schaden genommen und wurde an vielen SteUen Ubermalt. Das Gemiilde nahm auch fiir DUrer einen herausragenden SteUenwert ein, schaffte er es doch, die
Meinungen seiner Gegner tiber seine Leistungen in der Malerei zu widerlegen. Sdbst der Doge Leonardo Loredano (1431- 1521) und Antonius von Surianus, der Patriarch von Vcncdig (gescorben 1508), kamen eigens, um das Bild zu besichcigen. Besonders der sorgfalcige Farbauftrag und die Wahl und Harmonie der Farbwerre beeindruckren die Betrachter. War das Rosmkranr{tst ein Auftragswerk, so entwickelte Diirer in den folgenden Jabren seine Bildideen auch unabhangig von Auftraggebern io seinen Arbeiten fort. So berichtet er in einern Brief vom 23. Sepr<mber 1506 an Willibald Pirckheimer, daB zeitgleich •awch ein ander quar, des gleichen jch noch nie gemacht babe fertig geworden sei. Diese Textstelle stdlr die Verbindung zu einem anderen zeitgleich entstandenen Hauptwerk her, dem
74 D<r K.pftla ~ j - . urn 1506 PUudr.;chnunaaufblaucm, vcn<zianidl<n Pap;.., 27.5 x21,1 an G"J'hlscb< SammJunaAibertina. W= Die Kopfscudie des >w!llljlhrip:n Jaus wu ucsp<Un&lich mic des Voneichnuna des lautespieknden Engels im ll#s.nlmrnrfm (Abb. 72) auf c:in<m â&#x20AC;˘plter geteilten Blan awp:lhhrc. Dies bdcs< die :r.eitgleichc Entstehung der beiden Bilder. GegenUber der Vorzeichnung tum !IIJsmlmrnrfm hielt sich Dll= im Gcsnllde }tn~.~ unrn- tim Xhriftttkhrtm stirker an die Vorsrud.ie, die nur in Dcuili wie der Wiederpbc der Hoare abw<ichL
Tl
75 M41i<JnnA mit dnn z:mig, 1506 Ol auf POpp.ihoh, 91 x76 em
Gemald.egalerie, Staadiche Musec:n ~u Berlin PreuRischer Kulturbcait~ Bedin
z., selben Z.ir wie das lloJm!mznifrst (Abb. 70) emstand die M11donru~ mil Jnn zmit, die swk von icalienischcn Vorbikkm, insbesondere den Madonnenbildem Ciov.nni Bdlinis beei..o..8uBr in. Wcit in den Vordergrund gc1lckt thront Maria mit dem Jesusk.ind, bek.ranc von zwei Punen. W~rend Jesus einen Zeisig, Symbol der ErlOsung dwch Chrisrus, auf dem Arm triigt, h.al.t Maria ein Such, Symbol des •sedes $-apientiaec. cbs hei& der Munergones ~ Sia cwiger Weisbeir. Der kleine johannes der nufer. begleitet von eincm Engel und ausgestattet: mit seinen typischen Actributen, Fdlnwuel und Kreuzessrab, bringt Maria rwei MaigiOck.cben - Marieruymbole- dar. Durch die leuchtende harmon ische Fa.rbigkeit und in den mensclillchen Zugcn dcr Gonesmuuer srrahh das Bild emction::~.le W:Umc und Unmittelbarktit aUJ, was~ seiner Popularit.ir beigetragen haben dume.
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Gemalde ]<sus unter dm Schriftg<lehrtm (Abb. 73). Das Thema ist dem Lukasevangeliwn entlehnt (Luk. 41-52). Als Christus im Alter von zwolfJahren seine Eltern zum Passahfest begleitet, trenm er sich von ihn en und nimmt im Vorhof des Tempels am Gesetzesunterricht teil. Durch seine Fragen un d Antworten erregt er bald dasAufseben der Schriftgelehrten. D Urer ruckt vor einem dunklen Hintergrund die Figurengruppe, die das ganze Bildformat fii.llt, wdt nach vorne, so daiS sie fur den Betrachter urunirtelbar priisent iSt. 1m Zenrrurn stebr der jugendliche C hristus mit blondgelocktem Haar, der nachdenklich, m it einer rhetoriscben Geste, die Griinde fur seine Argumentation auhahlt. Jesus umdriingen in karikaturhafter Oberzeichnung, iihnlich den ha.lllichen Schergen im Gefolge einer Kreuztragung, sechs alte Manner, die Bucher hal ten oder aufschlagen. D ie D amellung konzenrriert sich ganz auf das Zusammenspiel der Charakterkopfe, der Gebiirden und der in den Hiinden gehaltenen Bucher, die zur zarten Gestalt Christi kontrastieren. In diesem Bild verarbeitete Durer dne Vielzahl von Anregungen. Neu ist die Gebiirdensp rache der Hande, die den Disputzwischen Chrisros und dem d.irekt neben ihm stehenden bosen Schriftgelehrten verdeutlichen, eine Darstellung, d ie in italienischen Bildern m it debattierenden Gelehrten haufiger anzurreffen ist. Dieses Spiel der Hande konme durch Giovanni Bellinis Gemalde Klagt um dm t<Jtm Christus inspiriett worden sein. D ie Schriftgelehrten scheinen jedoch an ChristuS genauso vorbeizusehen und vorbeizureden wie sie auch unrerdnander keinen Blickkonrakt aufnehmen. Jede der Figuren zeigt eine andere Kopfhaltung, wodurch sich dn rhythmiscbes Gesamtbild ergibr. Ha.lllichkeit wurde seit dem Mirtelalter zudem mit Boshaftigkeit gleichgeserzt. Die uben.eicbnete Darscellung erinnert daran, dill Durer zu dieser Zeit vielleicht schon die Karikaturen des beri.ihmren italienischen Kiinstlers, Baumeisters und Narurforschers Leonardo da V"mci in Florenz kennengelemt hatte. Dessen Malereittaktat, •Tranato della Pittura«, enthalt eioe Regel, d ie die Gegenuberscellung absoluter Schonheit und extremcr Ha.lllichkeit empfiehlr. In der Wiedergabe rherorischer Gestik und in der Figurenanordnung zeigt das Bild EinAusse oberitalienischer Halbfigurenbilder cines Andrea Mantegna oder eines venezianischen Kompositionschemas, das Christus im Bildzemrum zeigt, umgeben von einer Halbfigurengruppe. Durers Signatur erscheint auf einem Lesezeichen, das aus einem aufgeschlagenen Buch herausragr, mit dem Zusarz ><>pus quinque dierurn•, ein Hinweis darauf, daiS das Werk in der bemerkenswert kurzen Zeit
von funfTagen emsrand. Anzelewsky sieht in dem heute nicht mehr urspriinglich erhalrenen Schriftzug der Signatur•I506/A. D./F.ROMAE/opus quinque dierum• einen Beweis fUr D ii rers Aufenthalt in Rom, fiir den es allerdings keine weiteren Quellen gibt. Ein fein ausgearbeitetes und spacer in der Mitte geteiltes Zeichenblatt in GroBfolio verband die belden Vorstudien f"tir die Ki:ipfe des laucespielcnden Engels im Rosmkranzfost und des zwolfjahrigen Jesus (Abb. 74) . Diese weill gehohten Pinsdzeichnungen fl.ihrte Durer auf blauem venezianischen Papier m it weiflen und schwarzen Wasserf.uben aus, wodurch die H dl-DunkeiEffekte besonders zur Wirkung kommen. Die Technik hatte er in ltalien kennengelemt und fl.ihne sie zu einer Perfektion, d ie ihre Erfinder fast iibertraf. D ie Madonna mit tkm aisig (Abb. 75) malte Durer zur selben Zeit wie Das Rosmkranzftst (Abb. 70) und ChristusunttrdmSchriftg<khmii(Abb. 73).Sieerlangte wegen des hoheitsvollen Kompositionscypus und der leuchcenden Farbigkeit, die in Wechselbez.iehung mit den menscblich- natiirlichen und emotional en Werten treten, grofle Popularirat. Das Madonnenbild steht in der Nachfolge der monwnentalcn Darstellungen Giovanni Bellin is und ist stilistisch in unmittdbarem Zusammenhang mit dem Rosmftnznzfost zu sehen. Maria, in venezianischer Tracht und von Putten bekranzt, thront vor einem roten Vorhang. der seitlich den Blick auf eine Alpenlandschaft freigibt. Im Gegensatt zu friihen Madonnendarstell ungen schongauerscher Pragung ist die Figurengruppe nah an den Bildvordergrund herangeriickt. Der kldne Johannes der Taufer, assistiert von einem Engd mit dem Kreuzesstab als Symbol der Passion Christi, bringt Maria ein Maiglockchen dar, Sinnbild ihrer Jungfriiulichkeit. Jesus, in der Rechten einen Schnullet halcend, balanciert spiderisch den Zeisig, Symbol der sii.ndigen und d urch Christus erlosten Seden, auf seinem Ellenbogen. Das Buch, auf das Maria sich stiitzt, ist H inweis der M uttergottes als •sedes sapientiae•, als Sit7. der ewigen Weisheir. Dazu p:illt inhaltlich die Eichenlaubkrone iiber i11rem Haupt. Der auf dem Tisch liegende Zettel triigt nebcn dem Monogramm die Inschrift: •Alben(us) durer germanus/faciebat post virginis/panurn 1506• (Der Deutsche Albrecht Diirer hat dies gemacht nach der Niederkunft der Jungfrau [Christi Geburt]1506).
Das Rosmkranzftst, Christus unt<r dm Schriftgekhrten und Die Madonna mit dtm Z<isigweisen stiliscisch und farb lich ihre zeirgleiche Enrstehung aus. Sie dokumentieren das Vermogen Durers, italienische Vorbilder mit eigenen Bildvorsrellungen z.u verbinden.
D ER GEF R AGTE MEisTE R IN Nu RN BERG
76 Dw.n Haw in der ehemaligen Zisselguse, Numbers Pboto vor dem rwcitcn Wdtkrieg
Dartt ttW>Sb I S09, oacb dct Rlldd<dlr von Kiner .-iccn Iralieruciac:, cbs Wohnhaw det NOmberser Kaulinanns Bemhard Walthc, Ru r75 Goldgulden aw dessen Nachla.S. Noch im .dben Jahr, wcnige Monat~. nadldem det Kaufvenng am 14. Juni abgachl.,.,., worden war, lOire DUrer die Hypothek von 75 Gulden cin. Urn sei.ncn anronomiiCben Srudien besser naehgeben %U k6011<n, hane Walther im Daehpcholl des Hawes in der ehenuligen ZWdguse beim T...pnner TOJ" eine oll<ne Laube bouen lasr<n.
n DUMmurtkruhnwusm4Christm, IS08 01, """ Holz auf l.einwand Obenr.lgen. 99 x 87 an Kunsthistofisd,q MU$Cum, Wicn Dieses Bild war fur die Heilcumsbmmer der Wittenberser besrimm( uod cnuund vor dem Hinter·
Schlo&k.i~c
grund der Rdiquicn¥0n:hrung der sachsiscben Kwfllmcn Friedrich der Weiaen. In mch= bomonrucn Badr.Jdern wird, panlld V<n<a<, g<$Childcrt. wie naeh der •Lcgenda awea• die chtisdichc Soldatenkompani< des B&scho6 Achacius, dle durch ein Wundtt tum christlichen Glauben bc:kehrt worden i.n, am Berge Ar2rar h.ingcrichtcr wlrd. Die riSmisdu:n Hcmcher Hadrian und Antoninus beauftrq;ccn sieben oriencalische FUrnen mit der Hinriduung. die hier durch ihrt mJdnigcn Twbane und ilu< Gewandung bet>()m<d>en.
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Anfang des Jahres 1507 durfte Oilier wieder nach Numberg zurilckgekchrt ~in. Fmanziell war er nach seiner erfolgreichen Zeit in Venedig gut gescellt, konnte seine Schulden an Pirekheimec zurilckzahlen und ecwarb von den Erben desA.uronomen Bernhard Walter (urn 1430-1504) das heute als Durerhaus bekannte Gebaude am 1ierganner Tor (Abb. 76). Das Fehlen theoretischer Abhandlungen tiber das Wesen dec Maletei veranlaEre DUrer dazu, sich ab 1508 einem diesbezilglicben Lehrbuch dec Malerei z.uz.u. wenden, das zeirweilig den 1itd •speis dec Maler· knaben• tragen soUte, dessen Planung jedoch nur in ze~treuten Notizen Uberlieferr ist. Es war als Lehrbuch fur seine Gesdlen und Lehrjungen gedacht und behanddteneben Dilrerseigenecn WJSSen urn Geometrie, Perspektive und Fatbe auch Ratschliige zur Hygiene, Moral und menschlichen Problemen. Dan Rosmltranzftst, Oiirers emem malerischecn H auprwerk, folgren in den kommenden Jahren weitere Meisterwerke. Kurz nach sein<r Rilckkcbr aus ltalien erhidr OUter den Auftrag. fur ~inen Gonner Kurflirst Friedrich den WeisendieMarterderuhntausmdChristmimGecnlilde darzusteUen (Abb. 77). Das Werk war fur die Heilrumskammer der Winenberger SchloBkirche bestimmr, die cine gro!k Rdiquiensammlung barg. darunter auch solche der 10.000 chrisdichen Miirtyrer. DUrer behanddre das T hema zuvor bereirs in einem Holzschnitt, der auf densdben Vomudien basierr wie das Gecnalde. In der Enrwurfneichnung plante DUrer das Bild noch als Bteitformat. Durch die Wahl eines Hochformats, das vecmudich dutch den A.uftraggeber vorgegeben wurde, orientierr sich die Komposition und Figurenverreilung lettd ich wieder am Holzschnitt. Wie im Gemlilde des Srammdternpaares fllgte DUrer seinem Namenszug noch den Zusatt •alecnanus• hinzu: Albrecht OUter, der Deutsche. In mitten einer schroffen Fdslandschaft sind zahlteiche grausame Szenen des Manyriums der I 0.000 chrisdichen Krieger und ihres AnRlhre~ Achatius am Berge Ararat zu scben. Die Handlung enrwiekdt sich horizontal in gestaffdten Bildstreifen. In der Fatbigkeit herrschen neben kriiftigem Blau im wesenrlichen Braun-, Rot- und Grilnrone vor. lm Bildzentrurn steUt sich der Kilnsder, der zum Berracbter hinausblickr,
sdbst dar (Abb. 77). Er ist mit dem Humanisren Konrad Celtis, den der Kurfll.rst gleichermafkn schatzte, ins Gesprach vertieft. Im Sinne einer plaronischen Freundschafr nach Vorgabe des italienischen Humanisten Marsilio Ficinos (I 433 - 1499) beschaftigen sie sich intensiv mit den Leiden der Martyrer. Durch ihre dunkle Kleidung sind sie von dem Ubrigen, in leuchtenden Fatben dargesteUten Ge.schehen abgesettr. Wahrend in der Kleidung Durers ein Trauergewand zu Ehren des Ve~rorbenen gesehen wurde, deutete man die Gewandung seines Begleiters als die des Professo~ fur Poetik an der Wiener Universitlit. Die kleine Szene wird im Zusammenhang mit einec Empfehlung des Vecstorbenen an die 10.000 Martyrer ge~hen. Die Tafel erflillre zwei Funktionen. Sie diente einerseits als Andachtsbild, das auf den Rdiquienbesitt des Kurt\irsten verwies, andererteits als Gedenkbild fur den verstorbenen Humanisten. Beziehungen zwischen decn Aufrraggeber, decn Maler und decn Hurnanisten bestanden schon ~i t einigen Jahren, so daB dem Kurfllrsren die Doppelbedeucung des Bildes bekannt gewesen sein muB. Friedrich der Weise und ~in Ndfe und Nachfolgec Johann Friedrich von Sa~n (1503I 554) schatzten das Gemlildesehr. Letzterer soUes sogar wliluend ~iner Gefangenschafr in Briissel angeforderr haben. Zeitgleich zur Mamr der :uhntausmd Chrotm arbeitete Durer an einem umfangreichen Altar: Der wohlhabende Frankfurter Tuchhandler Jacob HeUer (urn 1460-1522) war ein weiterec wichtiger A.uftraggeber, dec von Oure,. herausragendec Leisrung des Rosm· lmznzfostes in Venedig gcborr harte. Er beauftragte ihn mit einem dreiteiligen Fliigdalrar fur die Dominikanerkirche in Frankfurt am Main, der dem HI. Thomas von Aquin gewidmet werden soUte. Das schwierige Ver· hliltnis zwischen Auftraggeber und Kiinsder dokurnen· tieren neun erhaltene Briekn. Das Altarmittdbild soUte in einer neuen ikonographischen Bildform die Marienkronung mit der Himrndfahrt Mariens verbinden, wiihrend die Seitenflugd Marryrersunen, Stifrerbildnisse und stcbende Heilige zeigten. Die Mineltafel war 1509 voUendet. Zwei zusatzliche auJlere Scandllilgel bemalte Mathis GrUnewald (urn 1460/1480- 1528) in Grisaille mit stehenden Heiligen. Wie Kopien der
78 Snulio:"dnt HlndmnnnApomlt(lktmtk Hiind<} (Vorstudie zum Htlln--Altar), urn 1508 Pinsdzeichnung auf blau grundiertem Papier 29 )C 19.7 em Graphisc:M SammlungAJbertina, Wien Filt den ze~t6tten Alw des Fra.nldUrter Kaufmaons und
R=hcnen Jakob Heller haben sich mehr<re Einzdstu<lien crhalten. Die sogcnanmen Becenden Hinde dieruen als Vornudie fur e:inen Apostd. Sie wurde, Josgei<Ssr von ihrcr ursprOng.lichen Funktion, aLs auronomes Kunstwe"rk beu:a.chlet und crlangte ungehewc Popularitat. Insbesondere im 19. und 20. Jahthunden zierten die &tmdm Hiinlk
als fnbegriff und Symbol deucscher FrOmmigkeit in uhlreichen Reproduktioncn die Winde bUrgerlicher Wohnstubcn.
Mittdtafd und Fliigdbilder aus der Werkstatt Diirers bdegen, handdte es sich bei dem Helkr-Altar neben dem Paumgarmtr-Altar ehemals urn Diiters umfangreichstesAltarwerk. 1729 wurde die Mitteltafd, von der nur noch eine Kopie von 1614 einen schwachen Abglanz vermittelt, bei einem Brand in der Miinchner Residenz zerstort. 18 Vorstudien, Pinselzeichnungen auf griin-, blau- oder graugrundiercem Papier, die Diirer fur dieses von italienischen Vorbildern bee.influB<e Werk anferrigre, blieben erhalten und vermitteln einen Eindruck dieses wohl prachtvollen Gemaldes {Abb. 78). Vermutlich im Jahre 1508 erhidt DUrer vom Niirnberger Metallhandler Matthaus Landauer (gest. 1515) den Auftrag zu einem anderen Altargemalde, der Anbttut~g dtr Hl Dreifaltigkeit durth dit Civitas Dti {Abb. 79). Das Bild war flir die Allerheiligenkapelle des von Landauer gestifteten Heims fur alee, unverschulder verarm<e Handwerker besrimmt und wurde 1511 vollendet. Diirer entwarfBild und Rahmen als kiinstlerische und ikonographische Einheit. Nach italienischem Vorbild wah.l<e er eine Einzeltafel, die sich auch im rdativ kleinen Format von grollen Altarwerken unterscheidet. Auf Wunsch des Auftraggebers war die Ausfiihrung besonders kostbar: Die goldenen Parrien sind mit Pinsdgold ausgefiihrt. Ein geschnitzter Rahmen mit Christus als Welten richter undden Berenden Maria und Johannes gibe itn Sinne eines escharologischen Praludiums den Blick auf eine himmlische Vision frei, die Versarnmlung aller Heiligen urn die gortliche Trinitiit in Form eines Gnadensruhls. Diese Vision verheillt, was nach dern }Ungsten Gericht in der Stadt Cortes auf den Einze.lnen warte[. ln der irdischen Zone, einer weitlau-
figen, niche zweifdsfrei lokalisierren FluBiandschaft,
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zugleich einem Sinnbild der realen Welt, srellt sich Diirer mir kiinstleriscbem SelbstbewuBtsein sdbsr dar. Er halt eine Tafel in den Handen mit der 1nschrift: â&#x20AC;˘ALBERTUS DVRER. NORICUS. FACIEBAT. ANNO A. VlRGINlS. PARTY. 1511â&#x20AC;˘ {Albrecht DUrer aus Niirnberg hat dies gemacht im Jahr 1511 nach der Niederkunft der Jungfrau [Christi Geburr]). Alle drei zu gleicher Zeit entstandenen Alrarwerke zeugen, ausgehend von Diiters zweiter l talienreise, vom innovarivem UmgangmitderTradirion undmitden italieniscben Einf!Ussen. Waluend der Htllrr-Aitar zwei verschiedene ikonographische Typen miteinander verschrnolz, erhielt die Marttr tkr zehntausmd Christm in der Doppelfun1."tion als Andachrs- und Gedenkhild eine au&rgewohnliche Bestimmung. Der Larular~tr-Altar schlieBiich unterschied sich sowohl durch die Wahl des Einrafelbildes als auch in seinem Format und in der Komposition von traditionellen Altarformen. DUrer hatte die Beschaftigung mit der idealen menschlichen Proportion auch wah rend seiner zweiten ltalienreise nie ganz aufgegeben, wie verschiedene Zeichnungen bdegen, und so fliellen diese Bemiihungen nun in das 1507 entstandene Bilderpaar Adam und Eva ein {Abb. 80 und 81). Die beiden selbsrandigen und doch aufeinander bezogenen Darsrellungen greifen auf vorbereirende Studien und auf einen Kupferstich von 1504 zuriick. Das symbolische Beiwerk ist auf ein Minimum reduzien, wlihrend die Erf..ssung der Aktfigur und die Modellierungdcr Korper im Vordcrgrund steht. In der Form gerrennrer Tafeln schuf DUrer einen neuen Bildtypus fur diescs Thema, der zahlreiche Nachahmer f.>.nd. Diirer orientiene sich bei seiner Darstcllung des ersren Menschcnpaares vermurlich an
79 Anbttung d<r Hl Drtifo/ligktir duTCh (LAnbu'TAlmr), 1511
au Civiw Dti
01 auf Lindenholt. 135 x 123.4 em Kunsthisrori.sches Museum, Wien Als himmlische VtSion, die mit dem Bildr.lhmen cine ikonographische Einheic bildec. gesalcete DUrer den Ein<ali:lal<ac mit der Anbttung der Hl D"ifoltitJtir durrh dit Ciuitas !hi rur ckn rtichen Kaufmann Macchaus Landauer. Die HI. Dreifalrigkeir srchr in Form cines Gnadenstuhls, der von Engdn herbelgetragcn wird., im Mittelpunkt der himmlisdten Heiligenversammlung. Die Schar der Mlnyrerinnen links wird von Maria angefiihn, die der alnestarnentarischen Prophcten und IQSnigc rcclns von Johannes dem Taufer. Gci.stliche und Laien, die den Oberhauptern von Scut und Kirche nachfolgen, bilden die unrerstc: horizontale Himmelsz.onc. In Form cines Assistenzporults steUte sich dcr Kunstler sclbst in der irdischen Zone dar. In der Gruppe der Kleriker links ist :Us ein.z.iger Laic der Auftnggc:ber portritierr, den ein Kard.i nal in die himmlische Gemeinschaft aufnimmt. 0~ Derail bereirctc: DUrer durch eine Pol'tl'lacudie vor. Man:haus Landauer war durch den Handel mit Enen zu Rckhrum gelangr und harte 150 l ein Alrershdm fur zwOlf in Not ger:uene Handwerker gestiftet, dero die Allerheiligenkapelle angegliedert war. AuBer dem Bildnis des Sdfr:ers in ein zweites Portrir, das seines Schwiegersohns Wilhdm Haller. in die Dars:ceUung aufgenommm.
80 AdAm, 1507 Olauf Kief<mholz, 209 x 81 em MUS<O del P01do, Madr;d Nac:h seiner KupferscichdarsccUung aus dcm Jahre 1$04 se:czte Darer das Thema des ersten Menschenpaares drei Jahre s~ter noch c:inmal in einem GenU.Ide um. Die beidc:n Bilder mit Adam und Eva (Abb. 81) sind aJs unabhangige Pendants gem.alt, die in der Komposition und in der figUdichen K6rperbcwcgung aufeinander ber.ugnehmen. Adam, der einen Zweig vom Baum der Etkennmis vor sich halt, wendet sich sdun2.Chtend Eva auf der :mdcren Tafel ~u. Wic Eva ist er in de..- Bewegung. in Schrirntdlung und mit wehendem Haar. wiedc:rgegebcn.
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81 Ew.1m 01auf IGdttnboh. 209 • 81 an Musco del Pndo. M.drid Wic die Damd..lung Adams ist audl diejenige J::.vu im Zusammenhang mit den Srud.ien dc:r Idcalproporuon des menschlichc:n Korpas zu schen, die Dorer «ir seiner emen ltaHen..UC ;m jah.. 1496 beoe~Wtigt<n.lm Cemaldc sind die plastisch<n Wert< gqenober der Kupfer<tichd>mdlung abgemilden, die Binnenmodemcrung z:ancr. Eva blickt vcctubn:risd1 z.u Adam hinlibcr. wahrcnd sic: links von der Sdlbn&c den Ap(d enrgesennimmr, hilr sie recht:J einc.n An des lbum5 der Erltenncnis. von dem cin »eartcllillO'I, ein Jnschriftenclftlchen mit der Signarur und der Auf.schrift •Albemu DUrer aleman us F.lciebu post virginis panum 1507, (Der Deutsche Albrecht DUree har dia gcmacht nach der Niederkunft der jungftau [Chrisri Geburr) 1507) herabhangt.
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83 Marimkbtn.- Todd.r Mari4, 1510 Holzschnirc, 29,3 x 20,6 em Kupfem:ichkabincu, Smadiche Kunsthalle, Karlsruh~ [n einem (onnen~lbren Raum sreh[ uncral das
BaJ<hchinbett, in dem die Munergones soeben verstorbe:n ist. Die Junger sind damit beschiifcigt, die mindalrcrlichen Sterhcriten aunuRihren. Perrus. als Bischof gekleidec, .schwenkt das Aspcrgill um, den Wc:ihw:asserwedcl, w;thrend Johannes der Munergones die Sterbc:kerzt in die Hand drUc.kr. Zwei der JUnger lesen Ste~bec:e, andere sind ins Gebcr vertiefr, wlhrend im Vocdergrund zwei Figuren ein Weihrauchfa8 und ein ScerbckrNZ. hal ten, dutch d:u de:r Versrorbene AblaS erlu.hen konme. Oct- Holzschnin folgt der Tr2dirion dcr mittdalrerlichen •Als moriendi•-Darstdlungen , und hac im gleichnamigen Kupferstich Martin Schongauers ein Vorbild. Der Holz.schn irt isc Besra.ndceil von t 9 Bliuem des Mtrrintkhms, die I 511 als Buch hmusgegebcn wuoden.
84 KMpfonrichpassion.- Chrisrus am 0/br.-g, 1508 Kupl<ncich, 11,8 x 7,6 em Kupf<rsrkhkabinen, S=diche Kunsthalle, Karlsruhe
Das er.ae Bbu der Kupferscichpassion isr die Sune Christus am 0/krg. cine von vier Naduszenen des Zyklw. Die Kompo&tionslinicn A.ihre.n zur Gestalt Christi hin, de:r vor der Erscheinung dC$ Engds in einem Aufschrei die Arme hochreifk Aufgcwnhhe Emcxioo sreht der Ruhe und der schla.fenden Unschuld der d.rei
JUnger gegenUber. Diese Gegensaac wcrd~ dutch den geridten Ein.sarz der Lichtdramacurgie und dcr Hell· Dunkd-Effekte aufs h&:h.s-re gesteigert.
einem Wandbild Masolinos am Eingang der BrancacciKapelle der KircheSanta Maria del Carmine in Florenz, mit dem die Bilder Motive wie den an den rechten Bildrand geriickten Baum der Erkenntnis gemein haben. In der Gestalt des Adam verarbeitete DUrer die Kenntnisse venezianischer Piascik. Die beiden Tafeln gelangten nach ihrer FertigsteUung in den Besitz. des Bischofi> Johann V. von Breslau. lm Jahre I 511 wandte sich DUrer auch wieder verstarktder Druckgraphikzu. Wechselwirkungen zwischen Malerei und Graphik dieser Zeit sowie Diirers Erfithrungen seiner zweitcn ltalienrcise zeigen sich in grogforrnatigen Holzschnitten wie Dit HL Dreifo/tigkeitund Slattern zum Maritnltbm (Abb. 83). Signifikant ist die Hinwendung zu Holzschnittfolgen wie der Kkintn Passion und der Grofon Passion (Abb. 82), dem Marim!tbtn, die Diirer 1511 in Buchforrn mit Versen des Benediktiners Benedicrus C helidonius herausgab, und einer Neuauflage der Apokalypse. Insgesamt cntstanden nahezu 90 zum Tell sehr groflformatige Ho1zschni!!e, die eine starke Wirkung ausgeiibt haben miissen und dem Kilnsder kiinftig cine gewisse finanzieUe Unabhiingigkeit sicherten. Diirers Holzschnitte lagen zu dieser Zeit bereits iiberaU als Vorbildmaterial in den Werkstiitten aus. So ist es gewifl kein Zufall, daB auch Albrecht Altdorfer (urn 1480-1558) in dieser Zeit anfing, seine Zeichnungen in Holz zu schneiden. Die Druckgraphik Durers nach derzweiten Italienreise zeichnet sich durch einen neuanigen Einsatz. der •Clair-Obscur-Technikc aus, wie sie bereits in Zeichnungen wie den Blii!!ern der G..Untn Passion (Abb. 68) angelegt war. In der .Kltinm
Passion und der Kupfmtichpassion gelangte DUrer durch d.iesen fiir die Druckgraphik neuanigen Einsarz von Heli-Dunkei-Effekten zu einer ungeahmen dramatischen Wirkung. Die Kupfmtichpassion (Abb. 84) war fur cine andere Zielgruppe konzipiert als die volksciimlichere .Kltint Passion. Sie entsrand 30 Jahre nach der Kupf=tichpassion Martin Schongauers in den Jahren 1507-1513. lm Gegensarz zur gleichzeitig datierren Kkintn Passion war die Folge nicht als Erbauungsbuch fiir breitere Bevolkerungskreise gedacht, sondern als Liebhaberobjekt fiir den gebildeten Sammler. Die Stiche erfreuten sich groller Bdiebtheit und wurden im !6. Jahrhunderc sogar als Miniaturen behanddt, mit Farben illuminiert, mit Silber und Blattgold gehoht und auf Pcrgarnentbla!!er gdegt, deren Rander nach spatmi!!elalterlicher Tradition ornamencien waren. Bcriihmte Zeitgenossen wie Erasmus von Rotterdam (1469 - 1536) besaflen ein Exemplar. Anders als die Holzschni!!e der Grojftn Passion (Abb. 82), des Marimltbttzs (Abb. 83) und der Apoka/ypst (Abb. 42- 45) erschienen die Stiche, die auch in der Modellierung und Textur wesendich feiner ausgearbeitet waren, ohne Text. Der Bildausschnitt ist meist eng gewiihlr; die gedriingten Figurengruppen, weit in den Vordergrund geriid:t, agieren ofcmals in Innenraumen oder urn eine Biihne. Darstellungen wie Christus am Olbtrg (Abb. 84) gehoren zu den ersten vier nachd ichen Szenen, die durch eine spezielle Lichtdramaturgie vor dunklem Hintergrund den theatralischen, bedriickend emotionalen Charakter untersrreichen.
82 (gegenUberliegende Seite) Groj{< Pasrum.- Aufon~lnmg Christi, 1510 Hol.sdlnitt, 39.1 x 27,7 em Kupfernichkabinett. Kuruu:ammlungen der VC$tC: Coburg, Coburg
Der Halzschnitt ist der spaceste von zwOlf Blauem der Groj{m Pm:sion, beua.nnt nach dem Fonnar der Folge. 1511 g;ab OUrtr den Zyklus same e.inem Tttdbla« und einer Dichrung des benedi ktinischen Theologcn und Freund Willibald Pirckheime rs BenedictuS 01didoniw (gc:sr. 1521) als Such heraus. Die Darsrellungen zc:ichnen sich durch starke Emotional itar. Nacuralismus und cine men$dllich nahe: Schilderung aus, die sich dadurch von spicgotischen Passionsdarscdlungen entfemt. In <kr Gestalt des Au~andenen verarbeittte DUrer wieder antikc Vorhilder und seine Kennmisse, die er durch Studien :zu menschlichen JdeaJproportion gewonnen harte.
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DIE DRUCKGRAPHISCHEN ARBEITEN FUR KAISER MAXIMILIAN
SS (gegenilberliegende Seite, links) !Vzis" Km1 dn G'ofo, um 1512 Olauf Ho!.. 190x 89 em Gc:nnanisc:hes Nacionalmuseum, NUmberg
Das Jdealbildnis Kaiser K.rls des Groflen wu zmamrnen mit dem Portr.it Kaiser Sigismunds von Polen (Abb. 86) Rir die Heilrumsk:ammer im Schopperschen Haus a:m Markt bcstimmt. Dort Wlmlen die Kronungsinsignien und Reliquien aufbew.ahrt, die ein mal im Jahr bei sogenann ren Heilrumsweisungen gezc:igt wurden. Die Physiognomic Karls des GroRen im pr.idnigen originale:n Kronungsornat erinnert a:n Dam:dlungen Gottv:Uet'$. Krone, Schwe:rt und Reichs:apfel bereirete Oiker in Zeich nunge:n vor. Obcrhalb prange:n das dcutsche: Rei~swappen und das franrosische Lilien~n. 86 (gq:<nUberliesende Sei<e, reclus) IVziur Sigismund, um I 512 O lauf Hoi<, 189 x 90 em Germanisches National museum, Ntimberg
Urspriinglich als klappbares Diptychon hat« DUrer die beiden K.iserbildnissc Karls des Grolkn (Abb. 85) und Sigismund geplant. Die heiden Portrats sollten sich, vermudich nach Vorgabe des Nurnberger Smdcnus, dem Auftraggeber, a:n den Ge:ma.Jden oriemieren, die zuvor die Heiltumska.mmer des Schopperschen Hawes am Markt schmtickten, in der aUjli.hrlich fur kuru: Zdr die ReichskJeinodien aufbewahrt wucden. Kaiser Sigismund i.sc Kat! dem Grolkn zugewandt. Da.s gegenUber anderen Ponriitdarstellungen hOizem wirke.nde Bildnis orienrierre sich vermutlich an einer Mini:arurkopie im Portratbuch des Hieronimus Beck von Leopoldsdorf im Kunsrhistorist;;hen Museum, Wieo. Oberhalb etseheineo die Wappen des Deuuch.en Reichs, 1\ijhme:n.s, Alt~Ungarns, Neu~Unguns und Luxemburgs.
• Wenn ein Mensch sdrbr, so volge !me niches nach dann sein werckh. Wer !me in seinem Ieben kein gedachrnis macht, der hat nach seinem todr kein gedachtnus und dessdben Menschen wirdt mit dem glockendon vergessen.• (Maximilian 1.) Die Jahre zwischen 1512 und 1517 waren gepragt von Aufrragen Kaiser Maximilians I. (1459-1519) und Durers druckgraphiscber Tiitigkeit. Den AnsroB zu meh.rercn kaiserlichen Aufrragen gaben die Portriics der deutschen Kaiser, Karls des Grolkn und Sigismunds (Abb.85, 86), deren Darsrellungen im Grenzbereich zwischen religioser und profaner lkonograph.ie liegen. Der NUrnberger Sradrrat harte Durer den Auftrag zu diesen tiberlebensgroBen Idealportracs eneilr, die fur die Heiltumskammer im Schopperschen Haus am Markt bestimmr waren und vermudich als Ttiren d., Wandschrankesdienren, in dem die •Regalien« aufbewahrrwurden. Karl der GroJle (724- 814) warder ersre Kaiser des Heiligen Romischen Reichs. Er war bereirs im Jahre 1165 heiliggesprochen worden. Kaiser Sigismund (1361-1437) hingegen harte die Reichsinsignien vor den H ussicen von der Burg Karlstcin in
Bohmen i.iber Ungarn nach Numberg gebracht und spielre daher eine wichtige Rolle in der Geschichte der Stadt. Wahrend das Bildnis Karls d., GroBen der Phanrasie endehnt isr, in seiner Darstellung jedoch einem im 15. Jahrhundert gelaufigen Typus folgt, lag dem Pomiir Sigismunds eine Vorlage zugrunde. Die Bildrusse wirken im Vergleich mit anderen Portriirs Dilrers holzern. Doch reprasentieren sie mit den abgebilderen Reichskleinodien und dem kaiserlichen Schmuck, Gegenstiinden aus der Heilcuonskammer, in der sie angebracht waren, ein ideales, wenn auch kiinstliches Bild herrschafdicher Pracht. Aufgrund der Fremdartigkeit der beiden Tafeln im Werk Dilrers wurde vermucec, daB sie sie sich an die beiden alceren Tafeln der Heilcumskammer anle.hnen. So kOnnten zum
Beispiel die Hiinde Kaiser Sigismunds, die blockhafce Geschlossenheic der Gescalr sowie die gebeugce Halrung auf die Tafel eines N iirnberger Meiscers a us der Zeit um 1430 zuriickgehen. Mit Einkehr der Reformation in Ni.irnberg im Jahre 1526 verloren die Tafeln ihre Bedeutung als Heiligtilmer und wurden infolge eines
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I.
Racserlasses vom 6. Oktober von der Heilcumskammer in das Rathaus uberHihrr. In einem Brief des Nurnberger Stadrschreibers Lazarus Spengler (1479-1534) vom 30. November 1513 ist von der Bewunderung Maximilians I. insbesondere flir das Portrar Karls des Grolkn zu lesen, der mit seinem Bart an Darscellungen Gocrvarers erinnere, und davon, daB der Kaiser beabsichtigte, verschiedenc Werke bei Dilrer in Auftrag zu geben. Der Kaiser hacce die Moglichkeicen der Druckgraphikals propagandistisches Mittel erkannc. Er screbte in den nachfolgenden Jahren an, sich mit Druck- und Kunscwerken unvergangliche Denkmale zu seczen. Geplanc waren unter anderem 33 Bucher, von deneo sieben tatsachlich ausgdlihrc wurden. Den licerarischen Ruhm, den der Kaiser dadurch erringen wollte, sollcen die Ausschmuckungen des von ihm beaufrragren Kiinsderstabs beflugdn. AuJler Durer, der federflihrend an der Holz.. schnirrfolge fu.r den Triumph des Kaisers micwirkre, waren zahlreiche Kiinsder, unter anderem auch die beiden Di.irerschiiler Hans Schaufelin (urn 1480/ 1485- 1538/1540) und Hans BurgkmairsowieAlbrechc Alcdorfer und Maximilians I. Hofmaler Jorg Kolderer (gesr. 1540) an den Projekten beceiligc. Die Zahlungsmoral des Kaisers lie& jedoch zu wtinschen i.ibrig. In einem Brief vom Juli 1515 an den kaiserlichen Gesandcen in Niirnberg, C hristoph Kress (1484- 1535). klagc Durer, daJl er dem Kaiser drei Jahre lang unencgelclich zu Diensren gewesen sei und er •Pit dorawff k{aisecliche] M[ajestii]t dorum mit den hi.indert gulden zu belonen•. Kaiser Maximilian bewilligce in einem Anrworrschreiben vom 6. September eine jahrliche Renee, die jedoch vom Sradcrat selten ausgezahlt wurde. Neben seiner Micarbeic an der Ehrenpforu (Abb. 87) und am Triumphzug lieferce Durer dem Kaiser in di.,en Jahren auch zwei gemalre Bildnisse, Encwtirfe fur einen silbernen Harnisch und 56 Randzeichnungen fur ein Gebecbuch, die als Vorzeichnungen fur den Holzschnicr diencen. Die uberlebensgroBe Bronzesracue Albrecht von Habsburgs (urn 1298- 1358) fur Maximilians sepulkralen Skulpcurenzyklus in lnnsbruck, die von dem Landshucer Bildhauer Hans Leinberger (urn 1480/ 1485 - nach 1530) ausgefiihrr wurde, gehc ebenfalls auf eine Enrwurfszeichung Di.irers zurtick.
Bei der Planung seiner triumphalen und apotheotischen Drucl..-werke lid~ sich dec Kaiser von einem Stab an Hofliteraten und -historikern beraren. Die Gesamtkonzeprion der sogenannren Ehrmpforu (Abb. 87}, cines wichrigen Besrandteils der ruhmreichen Druckwerke, entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Holliteraren und Astronomen Johannes Srabius (gesr. 1522). Dieses gedruckre Triumphtor d ieme formal der Vcrherrlichung des Lebens und derTaten des Kaisers wie seiner Ahnen und geht als Typus auf amike Triumphbogen und auf die narrative szenische Sebilderung umlaufender Reliefs wie der Trajanssiiule in Rom zuriick. Es verbindet amike Gedanken mit zeitgenossischen f'Ormen und erinnert in Aufbau und Architektur an priichtige Renaissancepaliiste. An dem monumentalen, 1515 vollendeten Wer k wi rkten auBer Durer Wolf Traut (1480-1520), Hans Springinklee (urn 14951540?}, Peter Flotner (1490/ 1495-1546) und Jorg Kolderer mir. Durer oblag der Enrwurfund die Gesarnrleitung des P rojektes. Er bereicherre die von Jorg Kolderer vorgegebene Archirektur urn den figUrlichen Schmuck. Die 190 Holzschnitte der Ehrmpfortt, gefertigt vom Formschneider Hieronymus Andreae und anschlieBend zusammengeklebt, ergabcn eine Gesamtlliiche von nahezu zehn Quadrarmctern. Unter einer solchen monumemalen Darstellung konmen Ehrenzeremonien abgehalren werden. Eine hohe Auflage von 700 Exemplaren sollre gewahrleisren, daB Uber dieses Riesenholzschnirtwerk der Ruhm des Kaisers bis weir hinaus ins Reich gelangte. D" Triumphzug, eine Folge von 130 kommentierten Holzschnircen, die auf das Vorbild antiker, romischimperialer Triumphzuge zurilckgingen, ergiinzte d ie Ehrmpforte. Seide zusam men bilderen den Triumph, mit dem sich der Kaiser ein Denkmal setzen wollre. Als Maximilian 1519 srarb, waren vide der Holzschnirte und dec begleitenden lnschrifren und Spruchbiinder noch niche vollendet. Erst 1526 gab Erzhenog Ferdinand (1503 -1564), ein Enkel Maximilians !., das Werk posthum heraus. Fur den Triumphzug enrwarf Durer die acht Blatter des Grofm Triumphruagm (Abb. 88-91), der den glorreichen AbschluB des Zugs bilden sollte. Dem Holzschnirtwerk ging ein farbiger Encwurf voraus, den der Kaiser 1518 wahrscheinlich noch sdbst gesehen hatte. 1522 veroffendichte Diirer den Groftn Triumphwagen, der in den kommenden Jahrzehmen in insgesamt sieben deutschen und lateinischen Aullagen erschien. Den kaiserlichen Prunl..-wagen zieht ein Zwolfspiinner, den zu beiden Seiten glorienkranzschwenkende, inschrifdich benannte Tugendpersonifikationen begleiten. Der »Erfah'rung• (Experiential und der • TUchtigkeit• (Solertia) folgen •Kiihnheit• (Avdatia), •GroBmut• (Magnanimiras}, ~Tarkraft, (Acrimonia) und •mannliche Starke« (Viriliras). Hinter diesen schreiten ·Schnelligkeir• (Vdociras) und •Festigkeit• (Firmirvdo) einher, denen »Heicerkeit« (Alacritas) und •Zweckmii.Bigkeit« folgen (Oporru nitas). Das erste Gespann wird mit • Voraussicht• (Providentia) und »Bescheidenheit• (Moderatio) gefiihrt. Der Kaiser thront in Kronungsornat auf dem Wagen, wiihrend die vier
Kardinaltugenden »MaJ!igkeit• (Temperantia), •Gerechrigkeit• Ousticia), •Tapferkeit• (Fortitudo) und •Kiugbeit• (Prvdentia) im Reigen sowie der »Sieg« (Victoria} Glorienkranze Uber ihm halren. Die • Vernunft• (Ratio) lenkt mit »Add. (Nobiliras) und »H errschermacht• (Potentia) den Wagen, dec mit seinem Schmuck, erwa die den Radern inskribierten Reichsadlern Sinnbild des Heiligen Romischen Reichs ist. Die Wagemader bewegen sich als Symbole der Reichshistorie zugleich mit .Erbabenheit• (Magnillcentia), »WUrde« (Dignitas), »Ruhm• (Gloria) und •Ehre« (Honor) voran. Ober dem Baldachin steht geschrieben: • Was die Sonne am Himmel, ist der Kaiser auf Erden• (Quod in eaelis sol hoc in terra caesar est); und darunrer auf einer Tafel: »Das Herz des Herrschers ist in Gottes Hand• (Regis est in Manu Dei). •GroBe• (Gravitas), •Standhaftigkeit« (Perseverantia), • Vertrauen• (Fidentia) und •Siche<heit• (Secvritas) sind stere Weggef.ihrtinnen. Die Jahre 1513 bis 1514 sind als Hohepunkr in Diirers druckgraphischem Schaffen zu bezeichnen. In diesen Jahren entstanden drei Kupferstiche Ritter, Tod und Teufel, Melencolia I und der HL Hieronymus im Gehiius (Abb. 94, 95, 96). Sie zeichnen sich durch gleiches Format aus und werden aufgrund ihrer technischen Vollendung als die Meisterstiche im graphischen Schaffen Durers bezeichnet. Es wird vermucet, daB die Stiche HL Hieronymus im Grhiius und M&ncolia I als antithetische Pendanrs entstanden, da Durer sie auf seiner niederliindischen Reise paarweise vergab. Den inhaltlichen Zusarnmenhang der drei Blatter sah man trotz fehlender Hinweise DUrers in dec thematischen Trias der moralischen, theologischen und intellektuellen Tugenden nach der scholastischen Lehre. So versinnbildlichen Ritter, Tod und Teufel die christlich-moralische Standhaftigkeir, dec HI. Hieronymus im Gthiius die religiose Kontemplation und Mtkncolia I die intellekruelle Durchdringung der gottlichen Ordnung. Ritter, Tod rmd uufel erschien als erst« Stich im jahre 1513 (Abb. 94). In aufrechrer Halrung, die Hellebarde geschultert, reitet in einem Hohlweg ein geharnischter Ritter einher, unerschrocken vor dem Tod mit dem Stundenglas, der auf einem abgezehrren Klepper reitet und dem bockshornigen Teufel, der ihm folgc. Der treue Hund, Sinnbild der Glaubenstreue, folgt seinem Herro. Die Eidechse ist Sinnbild fUr den Goueseifer. Die Burg im Hintergrund konnte als Sinnbild der Glaubensfeste Ziel des Ritts sein. Der •Reuter•, wie Durer den Stich in seinem Tagebuch der niederliindischen Reise anliiBlich seiner Vergabe nannte, erfuhr widersprUchliche Deurungen, vom Raubcitter bis hin zum ehrbaren chrisdichen Ritter. Letzteres liege aufgrund der literarischen Bezuge nahe, insbesondere zur Schrift »Enchiridion militis christiani« des Humanisten Erasmus von Rotterdam aus dem Jahr 1502. Erasmus vetttitt darin die Oberzeugung, jeder C hrist habe als Soldat im Dienste Gottes seinen schweren Weg zu gehen. Gleichzeitig ist der Kupferstich vermutlich in der Reihe d~r groBen Anzahl von Ritterdarstellungen zu sehen, die zwischen 1508 und 1510 entstanden und mit Kaiser Maximilian !., dec auch als •letzter christlicher Ritter• bezeichnet wurde, verbunden waren. Die
87 Di<£hm~pfortt,l515 Hob.schnin, 341 x 292cm
Germa.nisches Nationalmusc:um, Nilmberg Kaiser Maxim ilian I. beauftragte DUrer 1512 mjc den Holz.schninc:n zur Elmnpfortt zu seincm Gedachrni.s. In der Oarstellung vcrbandtn sich die Vorbi.kkr rOmischcr Triumphbogen mit deoen gocischcr Wappenwandc. Troa dcr Gro&e von nahezu zehn Mcrern solltc die Ehren· pfortc niche als g.anzC$, sondern einzcln in ihren vielcciligcn Hoi1.$Chnincn betnchrcr wcrdcn. Wabrcnd Albrecht A1tdorfer die Sunen aus dem Leben des Kaisc~ auf den EckrUnnen cnrwarf, war DUrer ftlr die archircktonischc Aufreilung und die Entwi.irfe dec Einzelfigurcn zust:indig. lm ~mrum i.sc lWischen den Wappenbordi.iren die Gcncal~, dcr edk Stammlnum zu sehen, ausgehend vom obc:n thronend~ Kaiser, dargdegt und cncworfc.n von Hans Springinklee.
88 - 91 {nachfolgende Seicen) Du grofo Tri1~mpbwagtn, JS22 Holz.schn.irt, jeweils dQppelr montiert: 1/2:47.7 x 62,4 em; 314., 41,3 x 53.5 em; 5/6,41,2 x 56,5 em; 71& 41,3 x 62,6 em Kupferstichkabinen, Staadkhe Kunsthalle, Karlsruhe
Drr grofo Triumphwagrn, von DUrer emworfcn, war Best::t.ndtcil und zuglcich Abschlu.& des Triumphzugn, der dcr Verhen:lichung der Ruhmestaten Ka.i$Cr Marimil~ns I. diente. Der prichtigc Triumphwagcn des Kaisers wird von einem ZwOifSpanner gezogen, den Tugendpersoni· fikarionen begleiren. Auch der Wagen, den die • Vernunft~ lenkt. ist von uhlreichen Allegorien bcgleirer, die du.rch Schriftt.Uge bc:nanm sind und dem Kaiser z.u Ruhm und Ehre gereiehen. Dtr groj!e Triumphwagm crschien bi.~ ins Jahr 1600 in sieben lareini.sehen und deutscluen AU5gaben.
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92 Rittnzu Pfrrdt, urn 1512 Zeichnung. 23,9 x 17,3 em Bibl.iotec:a-Pinacotcc:a A.mbrosi.ana. Mailand
Eine btidsc:icig bearbtitett Voru.ichnung 'WITl Meisterstich Ritttr. T.J •nd TnJftJ (,'.bb. 9<1) konunuien sich auf die Gruppe von Pferd und R.ia:r. Am eingczeichnea:n Proportionsochana is< abtulacn. daB Diln:r den l(llp&ntich im S.nne cler Scudien mr ldealproponion des Pkn:b pau vorbetettetc. Wihn:nd er den Reiter unvttlnden in den Kupfetsrich Ubemahm, wanddce er Drecail& des Prc:rd mehrmaJs um, korrigicrtc bcispielsw<isc den rechten Hlnterlauf sowobl aur du Von..eidmung aU auc:h auf der Platte. 93 Hl &sra<hius, urn 1500-1502 i(llpmich, 37,5 X 27,3 em Kupf<ntichbbincn, Saatlicbe l(llnsthalle, Karlsruhe
B<:nennung •lettter christlicher Ritter• verwies auf Mnimilians Tumiersiege und seiner Verehrung fUr den HI. Go>rg. Hans Burgkmair (1475-1531) hatte den Kaiser bereits im Jahre 1508 in einem •Ciair-ObscurHolzschnittc als Ritter im Harnisch festgehalten. OUrers Reiter vecwc:ist in seine[ denkmalhaften
Halcung und in der Sch.ritcsceUung des Pferdes aufReicerstandbilde r wie Andrea Verrochios (1436-1488) Colkoni-Dmlmud in Venedig oder Donatellos Gattamelata in Padua, die er gcwi& kanntc. Ocr Pferde-
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darstellung gingen seit 1500 zahheiche Scudien zur idea len Proportion des Pferdes und die bcriihmten Kupferstiche Das lrkine Pfml (Abb. 6l)und Das f.T'Jfo Pfml (Abb. 62) voraus. Lconardos Traktat Gber die Anacomie des Pferdes, das spatcr bei der PIGnderung Mailands durch die Franzosen verlorenging, war D!lrer vielleichr bekannt. Lconardos Sforza-Monumenc und das von ihm entwickdte Proportionsschema hatte Durer- vermudich auf Anregung Willibald Pirckheimers, der Leonardo am Mailandcr Hof des Hcrzogs Ludovico
Der Kupr.nticl. ist oa..,. gr6S.es Einzdblan. Die l..ofpJde du HI. Eumchiw in dun:b die •leg<nda nberucfttt unci in Dutu~ Oam:dlung frO umgeo<tU. Ocr ri!mo.che OfiW<r Pbcidus wwde dun:b die Vasion eincs Hirachcs, der mi( der Stimmc: Orisri spricbc und ein Kru.Uftx im Ccwcih ulgt. zum Orisrc:nrum bc:kdlrt und hitS fon:an Eusbc:IUus. Die Szcne spidt sich hier inmicten eincr WaJdlandschaft an eine:m Weiher ab. Die sc:uuengleiche Pfcrdedan:tdlung und die in runf vellChicdenen K6rpc:rhalcungen gczcigr.c.n Windhundc lassen DOrcrs Interesse an der Wicd~bc dcr Proportion starkt:1· trsdu:inen a1s an einer deullgenauen Schi1duung der chrisdichen Legend<. autea•
94 1/;ttn; 7i>d unduuft4 ISI3 Kul>fcrstich. 24,5 x 18,8 an Kupferstich~binen, Sraadiche Kunschltlle, ~rbruhc Oiese:r Kupfcrstich ist der ersrc in der Gruppc der drei Meiscerniche. Unbeirn vom Tod, der sich mit einem Stundengl.u vor ihn stelll, noch vom Teufel !tinter ihm, reitet ein geharnisduer Ritter in einc:m Hohlweg voran, beglei1ct von scincm ueuen Hund. Er stehr flir den fcstc:n \Xfeg de! Glaubigen durch allc Unhill des U:bens ~w
Con, wofur auch die Burg im Himetgrund Sinnbild ist. Ocr Hund symbolisien Glaubenmeue. die Eidcc.hsc: Glaubenseifer. Pferd und Reiter sehc:n wle andere Vor· stud.ien OUrcrs auf den bei Uonardo da Vinci vorgcprigrcn J>roporrionskanon zuriick.
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Sfon.a (1452- 1508) perwnlich kennengelerm hauein jedem Fall studierc und es seinen Pferdedarstellungen zugrundegelegt (Abb. 92). Der grotlformatige Kupferstich des HI. Emtachius ist in diesem Zusammenhang eincs von vielen Beispielen dafli.r, wie ein religiOses Thema dem Interesse an der Proportion untergeordnet werden kann (Abb. 93). Der zweire und berlihmteste Kupfersrich, d ie Meknco!U. I (Abb. 96), im lodesjahr der Mutter Diirers entstanden, bot aufgrund seiner widerspri.ichlichen Darsrellungund inhalrlichen VielschichrigkeicA.nlaB zu unzahligen lnrerpretationsversuchen. Eine gellugelte Frauengestalt hockt dUster sinnend auf einer Aachen Sreinsrufe. lm cradirioneUen Gesn1s der Melancholie stlirzt sic den bekranzten Kopf auf ihre Linke. ln ihrer Rechrcn halt sic einen Zirkel. An ihrem Gilrrel cragt sie eincn Schliissdbund und einen Celdbeutel. Die M elancholic sitzt vor cinem Bauwerk, an dem Glocke, Sanduhr, MaBwaage und magisches Quadrat angebracht sind. Die drei lerzrgenannren Objekre emsprechen den Grundlagcn der Wissenschaft: Mall, 7.ahl und Gewicht. Die Summe der senkrechren und waagerechten Srreifen sowic dcr Diagonalen ergibc die 7..ahl 34. Urn die Frauengestalt der Melancholie sind versch iedene Gegenstande wie Leiter, Rbomboeder, Werkzeuge des Metal I-. Holz- und Bauhandwerks, Schreibzeug u nd eine Kugel angeordnet. Die Pcrsonifikation begleiten ein auf einem Miihlrad sitzender, zeichnender Puno sowie ein schlafender Windhund. Die Hintergrundlandschaft links zeigr einen Kometen und cinen Regenbogen am nachdichen Himmel. Einc kreischende Fledermaus tragt ein Schriftband mit der Bcuichnung des Kupferstichs: •MELENCOLIA !.. Die Komposirion ist wohldurchdachr: Die h inrere Gcbaudekante markierc die Mittellinie des Bildes, wah rend der Komer und die ReiBsch iene diagonal auf die Gestalt det Mdancholie verweisen. D ie Scoffiichkeir der unrer~ schiedlichen Materialien isr fein differenziert. Die nahc~ liegendsre der konrroversen Deurungen des Blarrcs verbindet den Kupfersrich mit den andcrcn Mcistcrstichen zu einer Tugendtrias. Die Darsrcllung vcr· sinnbilcllicht den inrellekruellen Weg des Menschen zum Heil. Panofsky h ingegen vcrwies als erster darauf, datl die Figur nach der scholascischen Lehrc cines dc:r vier Temperamente verkorperr, die Melancholie, die durch den Safe der schwarzen Galle hervorgerufen wird, der als schadlich fur den menschlichen Geist gilt. So wurde die Figur sowohl negativ als auch posiriv gedeurec. lhre Mehrdeurigkeit fuhne zu der Erkenntnis, datl Durer bier mehrere Bildtypen in einem ?.usammenfuhrce, einerscics die craditioneiJe Personifikation der »Acedia«, det Tragheit und andererseits den •Typus Geometriae«, der auf die Darstdlungen der sieben freien Klinste zu rlickgeht und fur den die umliegenden Geratschaften und Gegenstande stehen. Der Neuplaro niker Marsilio Ficino und der anrike Philosoph Aiisto1eles hatten beronr, datl aile herausragenden Menschen an Melan-
cholie Iitten. Die neuplatonischc Philosophie, welche die Mdancholie nach Plaros Thcorie mit •gotrlichem \'Q'ahnsinn« verbindet, wac DUrer mOglichcrweise tiber seinen humanistischen Freund Willibald Pirckheimcr bekannt. Regenbogen und Komer srchcn fur den Planecen Saturn, dem Adepten dcr Melancholic. Auch die Fledermaus als Nach ttier und der Hund wcrdcn dcr salUrnischen Melancholic zugeordner. Dessen ncga~ tiven EinfluB gleichen als Heilmittel das Zahlcnquadtat und der Kranz von Wasserpflanzcn auf dem Haupt des Genius aus. Nach dem Scholasriker, Theologcn, Philosophen und Ant Agrippa von Nettesheim (14861535) bedeuret die Zahll die Begrenztheit der menschLichen Erkcnntnisfahigkeit, der »imaginatioei, gegcnUber der gonlichen Ord.nung. Jiingere Forschungcn Peter-Klaus Schusters im plizieren, daB der Stich die Summe von Oi.irers humanistischem Denken darstcllt, dem Verweis auf MaBigkeit, WUrde und Frommigkcit des Mensch en sowie seine SteUung zu Gott. Als antitherisches Gegenstiick zur Melencolia 1 wurdc der Kupfemich HI. Hi<ronymru im GthiitiJ gesehen (A.bb. 95). Der gelelure Kirchenvater Hieronymus (347- 4 19) war den zeitgenossischen Humanisren ein Vorbild. Willibald Pirckheimer und Erasmus von Rotterdam sahen in ihm das ldealbild des christlichen Gelehrren. Seine Obersetzung der Vulgata aus dem Griechischen und H.ebr'.iisd1en ins Lareinische wurde vielerorrs in Gelehrcenkreisen diskutierr. In ciner alrdeU£schen Studierstube mit Butu:n~ scheiben, durch d ie das Licht- Sinnbild der gottlichen Erkenntnis - hereinAillt, ist der HI. Hiesonymus an seinem Schreibpult in die geistige Aibeic vertiefr. Er ist umgebcn von Gegensranden, die attribmiv auf seinr: Legende und <>ein \Verk venveisen. D ie Flucht~ und Komposirionslinien des Raumes mUnden reclus von der Gestalt des Heiligen, den zusarzlich ein Strahlennimbus als »crleuchrettc kennzeichnet, im Raum. Der Lowe irn Vordergrund, da< Kruzifix aufdem Schreibtisch und der an der Wand hangende Kardinalshut sind als unmittelbare Attriburc des Kirchenvaters Symbole11 der Verganglichkeit wie dem Totenschadel und der Sanduhr gegenilbergesrcllt. Der Flascbenklirbis an der Deeke verweist auf den in Humanisrenkreisen bekanmen Dberserzungsstreit, nach dem H ieronymus das Wort des Propheten Jonas »Ki.irbislaubel• mit »Efeulaube« i.ibcrsctzt harte. Von einer Schwelle aus ist die gesamre Raumtiefc der Studietsrube erfaBr und zeugt von der meisterhaften Handhabung der an italienischen Vorbildern gcschultcn z.enrralperspekrivischcn Kenncnisse Durers. Wegen der ausgefcilren Raumkomposition, der difkrenzierten sroffiichen Charakterisierung und der atmosphiirischen Wiedergabe von Licht un d Schatten, die keinc Stelle des Blattes ungebrochen weiB stehen latlt, ist dieser lerzre der drei Meisterstiche als der vollendetste anzusehen. Durer hat den Heiligen insgesamt siebenmal auf sehr unrerschiedliche Weise in seiner Druckgraphik und in Gemalden wiedergegeben.
95 HI. Himmymus im C~hiiw, 1$14 Kupferstich. 2S,9 x 20,1 em Kupf~:michbbineu, Sfa:;ulidu: Kunsrh:~llc, Karlsruhe
lm lenten der dn:i Meisterstichc lcgtc DUrer boonders viel Wen auf die slOmiche Differenzierung der Gegen· silinde und die zcnrralpcrspekrivische Raumd.arstdlung, Jeren Fluchdinicn rcxhu von der Cesr.tlt des Heiligcn im Raum mUnden. Hieronymus als Vorbild der Humanistcn erSChcim als Obersen.c.r der Hciligen Schrift. Ocr Kardinalshur an der Wand und dcr LOwe im Vordergrund verweisen :tls Amibme auf seine lcgcnde. Ocr MeiS1ernich war vermudich als beispidhafte Darstdlung dcr »Vita co•nempl;uiva~. des gei.scigen Lcbens, GcgenstUck zum Kupfeutich Riu~r. Tod rmd Ttufil (Abb. 94) al.) Beispiel der • Vira act iva.. , des ak.riven l.ebens.
96 Mf'lmcolia I, I 514 Kupfc:rscich, 31.8 x 26 em Kupfersrichkabinen. Staadiche Kunsdla.lle, Karlsruhe Die Melancholic sinr ats gefliigeher Genius mit 7.irkd und Buch inminen venchiedenen Geriits und Figwen. Das Werkzeug ent.Stammr dcm Bereich des Messcn und Bauem, der Archicekrur, wahrend Poly~er und Kugel f'Ur die Gcomeuie. der Wi.ssenschafc von MaG und Zahl und Grundlagc a.ller KGnste stehen. Hund und Fledermaus sind dcm mclanchoiOChen Temper:unenr wgeordne1. Der Melancholic wurden wwohl negative als auch positive Geisreskr:lfte zugeordnet, rc-priscntierc d urch d ie fledennaus und dem schrcibenden Puuo. Die •I• in dcr lnS<:hrift vcrw(ist d.ar.tuf. wem die Melancholic hier zuz.uordncn isr: KUn$der vcrkbrperrc:n nach :ccitgenOssischer Auffas:.ung die ,~icdrigne Stufe des melam.:holisclu:n Tempcrame:mes.
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V OM HANDWERKER Z UM S E'LB STBE STIMMTEN INDIVI DUU M
97 Meisoer der Heiligen Sippe SippnuJ-. um 1500-1504 01 aufEichenholz, Miuehafd 141 x 186 an, Flugd je 141 x 85 em
Wallraf-Ridum.-Mweum, Koln Ein Bcispid dalbr, daR UJr Diireneit an andc:ren Orten
noch nad. guter a1tc:r Handwcrk:suadition gearbcitct bi=< der Alcu der Meistm der Heilip Sipp<. der in <lie)ahrnwischen 1500 unci 1504 daoien wird. In der FtgUJ"Cnaui&.ssung und Komposirion ist c:r gant. den ru.derllnd;,d,en Voobildem em.. Roper YlUl d<r W<yden oder Haru Memling (urn 1433-1494) verpflichtec (Abb. 98). Zur gleichen Zeit IIatte ISich Durer in NUmberg bcrcia: llinpt aus dicser Tradition gc:l&t.
word<,
98 Hana Ma>~ing Thrrmnuk MationnA mil Kind. flmrlngt wn t.tUr Hrihtm Vmtl4hlrmt tkr H£ Kilrhmr111), urn 1479 MittdrJd des Trip«ydtoN mir Johannes dcm Tlufc:r Ulld Johannes dem Ev:lngtli.sten OiaufHolz, 173.6 x 173.7 em (ohne Rahmen); 193.5 x 194.7 em (mio Rahmen)
(IN
..,,tUcJ,
Memling Museum, Sim Jano Hospital, Brilgge lm Vergleieh mio d<m Mindbild der Alws der Meis<en der Hl Sipp< (Abb. l'.eip .sidJ in der symsmrrischen Komposition, der figUrlichc.n Anordnung innc:rha.lb
m
der priichdgcn Thronarchitdc.rur, sowie in der prachtvollen scoffikhen Aw:pWtung dc:r G~r und des Schmucks P...tlelen, die ca:mplariseh den Voobildchankter vcrdeudicben, den nlederllndi.sche Mei.scer.verke im g;>1U-<Il
100
15. Jahrllundc:n Air den...:he Werks<iuen t..uen.
In Deutschland wurden doe Malerei und die Bildhauerei jahrhundertelang als Handweo1: angesehen, das sich. zunftgebunden, nach Werl:statten und regionalen Stilstromungen differenzierte. KOnstler traten nicht namentlich mit ihrer Signatur in Erscheinung, und Meister sind von Gesellen oftmals nur quahtativ innerhalb emes Altarwerlls zu unterseheiden Die Stilkopte nach gro6en Vorbildern war far die Arbeitsweose in den Werl:statten maBgebhch. Waren zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch EinfiOsse des von Frankreich gepragten internationalen Stils fur Maier- und Btldhauerwerl:statten vorbildhaft, stud1erte man in den kommenden Jahrzehnten vor allem Werke niede~andischer Meister Gemalde von Jan van Eyck. Rogoer van der Weyden oder Hugo van der Goes wulcten stilbildend (Abb. 97). Der Bragger Meister Hans Memling zum Be•spiel war geburtiger Deutscher, beherrschte als mutmaBiicher Rogier SchOler dessen Stil jedoch so perfekt, daB seine Werke in Deutschland vorbildhaft wirkten (Abb. 97, 98). Der einzelne Geselle ordnete als M•tghed der Gemeonschaft, die den Zunftregeln folgte, seine kOnstlerischen Eigenheiten dem Stil def Werkstatt unter. Noch im Jahre 1506 schrieb Albrecht DOrer aus Venedig an Wollibald Pirckheimer, um den Unterschied der Stellung des KOnstlers in der deutschen und in der italienischen Gesellschaft zu verdeutlichen: •hie bin ich ein her, doheim ein Schmarotzer•.
Mit den neuen GeistesstrOmungen, doe von ltahen ausgingen, veranderte sich allmahlich auch on Deutschland das kOnstlerische Selbstverstandnis. Insbesondere durch die Kenntnisse der italienischen Renaissancekunst, die enge Wechselbeziehung zwischen dem Geistesleben, den Wissenschaften und der Bildenden Kunst wandelte Slch die Auffassung und das SelbstverstAndnis des Konstlers. Die Entwicklung der Drudcgraphik und das Zusammenwachsen der europaischen Kunst ermOglichte es den KOnstlern, nicht mehr rein auftragsbezogen tatig zu sem und im Austausch mit Humanisten und Wissenschaftlern neue Bildideen zu verwirl:lichen. Die veranderte Bedeutung des KOnstlers in der italienischen Gesetlschaft spiegelt sich seit M1tte des 15. Jahrhunderts in ersten schriftlichen Zeugnissen zeitgenossischer KCmstler Ober ihre Kollegen wider. Diese Au6erungen mOn· deten im 16. Jahrhundert in die umfassenden Boographien Vasaris •Lebensbeschreibungen der berOhmtesten Maier, Bildhauer und Baumeister«, die noch lange maBgeblich blieben und auch heute noch als Quellentext befragt werden. In Deutschland gab der KOnstfer und Biograph Joachim von Sandrarterst om 17. Jahrhundert lebensbeschreibungen von KOnstlern nach dem Vorbild Vasaris heraus. Erstmals sond es auch italienische RenaissancekOnstler, die Ober ihre Arbeit und ihr Denken berichten und den Willen zu erkennen geben, sich durch Studium und Gelehrsamkeit Ober den Handwerkerstand zu erheben. 1437 rat der Maler Cennino Cennini (tatig 1398) zeitgenOSSischen KOnstlern on seonem Buch Ober die Kunst •Euer Leben sollt lhr stets so IOhren, als ob lhr Theolog1e, Philosophie oder andere Wtssenschaften studieret ... •- Dies ist die erste Ermahnung eines KOnstlers an seine Kollegen, esdem maBund wOrdevollen Verhalten der Gelehrten gleochzutun. Wenige Zeit spater stellte Lorenzo Ghiberti (1378--1455) sein Kunsttraktat zusammen. das auch die erste Obertieferte Autobiographie e•nes Konstlers enthalt. Kntische Selbstbetrachtung. intellektueller Anspruch und Das-Sich-SelbstBewuSt-Werden der eigenen schOpferischen Krafte linden hier bereits ihren ersten Ausdruck und weisen auf einen neuen Kunstlertypus voraus. Der italienische Architekturtheoretoker, Architekt und KOnstler Leone Battosta Alberti, der die Malerei als die hOchste alter KOnste ansah, hielt beisptels-weise in seinem 1436 erschienenen Traktat •Ober die Malerei• fest, daB ein KOnstler Komposilion. Geometlie, Optik und Perspektive gleichermaBen beherrschen und die Bewegungen der KOrper kennen sollte. Die Vertrauthett mit •Dichtern, Rednern und anderen ahnlichen gelehrten und verstl!ndigen Personenc sei Voraussetzung tor seone B11dfindungen. lnsgesamt genOgte der Status eones Handwerl:srneisters den Anspriichen der gebildeten Gesellschaft an einen Kunstler nun nicht mehr. Ein neues Bildungsideal und das Zlel von Auftraggebem und KOnstlern. Malerei, Architektur und Bildhauere• in den Reigen der Sieben freien KOnste aufzunehmen, waren Ausdruck dafOr.
DER MENSCH IM MITTELPUNKT. NEUE FoRMEN DER PoRTRATDARSTELLUNG
•Awch behelt daz gemell dy gestalt der mensch en nach jtem stetben.• (D Urer, in: •speis der malerknaben•)
99 Bildnis Kaiur Maximj/i4ns I., 1519 Kolori.ertct Holzschnict, 42,6 x 32,1 em Staa[Sbibliothek, Bamberg
Na<h c;ner Zei<hnung, die DUrer ISIS wllluend des Augsburger Reichsr:ap :anfcrtigtc, entstand posthwn diexs Hol.z.schninpon~c Kai.ser Muimiliansl. Der Kaiser ist in ein kostb:ares Brok:ugewand gekkidet: und tligt die Keue des Rinerordens zum Goldenen Vlies urn den Hals. Der Zusacz. ~vu.s« in der Inschrift deutet danufhin, daB der Hoi2.schnitt kun nach dem Tod des Kaisers im Jahre 1519 herausgegeben wurde. Die Drucke wtuden durch Goldaufdnack und Kolorierung vereddr und erhiehen damir dte Wirkung eines Gemaldes.. I 00 BildniJ Kais<r Maximi/iam 1., 1519 01 aufHolz. 74 x 6l,S em Kunschiscorischc:s Museum, Wien
Von erlesencr Malerei und scoffiicher Feinhdt ist das Ka.ise:rbildnis MaximiJi:ans I. in Wien, das- auf eine Vor· u ichnung von 1518 zurOckgeht. Der Kaiser ttagt Uber
der du.nkelroten Seidenschaube einen pr.lchtigtn Peb:. Er hlh als Uichen dcr ReiWherrschaft den Gr:mac.a.pfcl in der rechten H:a.nd. Links obc:rhalb des Dargcstdlten erschtint das Reichswappen mit dem Habsburger Bindenschild aJs Henschild, umgeben von der KoUane des Ordens vom Goldenen Vlies unter der Krone. Die lnsc:hrifi: obed1alb ncnnt Titd und Lebensdaren des ~Uiser$.
102
Die Jahre 1507 bis 1514 batten nahew ausschlieBiich im Zeichen druckgraphischer Meisterwerke religioser und profaner Thematik gescanden, die Durer inhalclich und formal zu einem Hohepunkt fiihrce. Bereics zur Zeit seines zweiten ltalienaufenthaltes erlangce DUrer durch seine Portrii.tdarstellungen im Rosenkranz/tst (Abb. 70) gtoBe Bekanncheit als Bildnismaler. Doch hatte er seinen Bildnisstil z.ehn Jahre nach der Italienreise noclunals gewandelt und gelangre nun auch in der Druckgraphik, die Porrriitdarsrdlungen vor DUrer nicht gekannt harte, zu neuen Bildnistypen. In den Jahren 1518 und 1519 encstanden zahlreiche gemalte und druckgraphische Auftragsportriics. Die meisten offizidlen Bildnisse dieser Zeit gehen auf seine Teilnahme am Augsburger Reichstag 1518 zurUck. DUrer war 1509 in den GroBen Rat der Stadt NUrnberg gewiihlt worden. Zusammen mit dem NUrnberger Sradtrat Kaspar NUtzel (1471 - 1529) und dem Stadtschreiber Lazarus Spengler reiste er als Vercrecer der Stadt Niirnberg an. In seinem Gemach in der Bischofspfalz lieB sich auch Kaiser Maximilian I. von DUrer zeichnen. Diese Portriicskizze diente als Grundlage fiir zwei gemalte Bildnisse und einen groBformarigen Holzschnitt {Abb. 99, 100), die sich zwar in der Technik, jedoch nicht wesendicb in der Darstellungsart unterscheiden. Der Holzschnitt wurde mehrfach kolorierr beziehungsweise mit Gold gehoht und war, auf diese Weise verfeinerr, fiir Mitglieder der hoheren Gesellschaftsschichten bcscimmt. Die prunl:volle Kleidung in Brokatschaube und die Kerce des burgundischen Ritt<rordens vom Goldenen VlieB, dem Maximilian I. seit seiner Heirat mit Maria von Burgund {1457 -1482) als Groflmeister angehorte, weisen den Kaiser als reichen Gelehrten aus. Die inschriftliche Bezeichnung •clivus«, der Gottliche, deutec darauf hin, daB der Holzschnitt unmittelbar nach dem Tod des Kaisers im Jahre 1519 encstand, da dieser 1itel den romischen Caesaren, in deren Nachfolge sich Maximilian sah, erst postltum verliehen wurde. Ausgehend vom Holzschnitt, der Maximilian zeigt und die Porrratdarscellung mit einer sinnfilligen
Jnschrift verbindet, gelangte DUrer zu neuen Bildnisrypen in der Druckgraphik. Aufbauend auf den druckgraphischen Porrracs, die anlalllich des Augsburger Reichscags entscanden und die durch Zeichnungen sorgfhltigvorbereitet worden waren, schufDlirer in den kommenden Jahren zahlreiche Bildnisse geistlicher und weltlicher FUrsten sowie zeitgenossischer Humanisten. Der Druckgraphik gingen zumeist unmittelbar Kohleoder Silberstiftzeichnungen voraus. Die Darstellungsform, die eine lnschrifttafel nach antikem Vorbild miteioschlieBr, ist von spatromischen Grabepiraphien angeregt. Der Dargesrellte wird im Biistenausschnitt tiber einer Schrifttafel wiedergegeben und erscheint dadurch bereits zu Lebzeiten denkmalshaft entriickt. Die Bildunterschriften verbinden antikes mit christlichem Gedankengut und bczieben sicb sinnf.illig auf die clargestellte Person, wie das Kupferstichportrat WJ/ibaldPirckh•imm bclegt (Abb. 102). Die durch DUrer gepragte Form des gestochenen Bildnisses behielten seine SchUler bei. Aus demJahr 1519 clatiert das Bildnis des Kardinals Albrecht von Brandenburg (1490-1545). Dem nach dem Format benanm en Kupfersrich Kl•iner Kardinal {Abb. 101) ging eine Zeichnung voraus, die DUrer wahrend seines Aufenthaltes beim Augsburger Reichstag schuf. Der Kardinal hatte damals gerade seinen Kardinalshur empfangen. Er ziihlte zu den miichrigsten kirchlichen Repriisentanten des romisch-katholischen Reichs. Mit seiner Wahl zum Erzbischof von Mainz ergab sich 1514 die Moglichkeit fur die romische Kurie, im Reich den AblaB zu verkiinden. Als Albrecht von Brandenburg sich l517 urn die Kardinalswlirde bewarb, muBte er eine Pallieruteuer von 50.000 fl. an die romische Kurie ableisten und nahm dazu einen Kredit beim Bankhaus Fugger auf. Die entstandenen Scbulden durften nach Genehmigung der papstlichen Kurie zur Halfte durch die Einklinfte aus der Predigr des PeterAblasses beglichen werden. Die Genehmigung und Forderung des AblaBhandels und die damit verbundenen Praktiken ein:zelner Prediger fiihrten schlieBlich zu Martin Luthers Thesenanschlag. so daE man sagen konnre, der Kardinal habe indirekt die Reformation m(!verursacht. Abgesehen von seiner religionsgeschichdichen Bedeutung zahlte Albrecht von
I 01 !Gnri.inal Albrtrht wn Brandmhurg (KkinnKarrlinal), 1519
Kupferstich, 16x II em Kupfemichkabinetr, Staadiche Kunslhalle, Karlsruhe Dieser Stich in cines von sechs Kupferstichbildnissen des Kardinals Albrecht von 81'2.1ldenburg, cine; dcr einflu£... rt:ichstc.n Reprasentanten des Reichs. Ocr Portratiene ist vor cine Spannwand ges:tellt. Seine aufrcdue HaJtung, seine Blickrichtung schrag aus dcm Sild sowie das Wappcn und die heiden lnschriftcn betonen den offnicUen Port.ritcharaktcr.
102 WiUibn/J Pirrlthtimtr, 1524
Kupferstich, 19,2 x 12,7 em Kupfemichkabineu, Studiche KunsthaiJe, Karlsruhe
Das Kupfelltichportrii.t des bc:rtihmten Humanisrcn W.Uibald Pirckhcimer (1440 - 1530), Ollr<rs eng>t<m
Ven:rautc:n, isc ein Beispiel fur die neue Poruardar~ st:etlung in der Dmckgraphik. Das Silstenponat crbcbt sich denkmalshaft Uber einer epitaphartigen Inschrifc. Diese nimmt Ekzug auf die Verd.ienstc und die Pen<Sn· lichkeit und l:lutct in der deutschen Oberstaung: ·Bildnis do> Willibald Pirckheimer im 53. Jahr seines l..cbe.ns. Der ,schopferische Geist wird Ieben, das Ubrige wird dem Tod anheimfallen. 1524. AD ..:
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Brandenburg neben Kaiser Maximilian I. und Kurfi.irst Friedrich dem Weisen zu den bedeutendsten fursdichen Miizenen in Deucschland. Sein Kunsrsinn und Repriisentarionsbedu rfnis manifesrieren sich in einem 1525 entsrandenen Kupferstich von Lukas C ranach (1472-1553), der ihn als HI. H ieronym us im Gehause darstellt, dem Kupferstich Durers von 1514 folgend (Abb. 95). Das von DUrer verfertigte Kupferstichportrar verwandte der !Cardinal als Frontispiz fur sein Hallesches Heiltumsbuch von 1520. Dies belegr, welchen propagandistischen Stellenwert solche Graphikportrats, die in hoher Aunage bestellt wurden, einnehmen konnten. Auf dem Srich blickt der Kardinal ernsr und wUrdevoll aus d em Bild. Ein dunkler Wandschirm hinterfangt wirkungsvoll seine Gesralr. Das Wappen unrer dem Kardinalshut zeigt die drei Hirrenstabe der ihm untersteltten BisrUmer Mainz, Magdeburg und Halbersradr. Die Inschrift bezeichnet den Status: •ALBERTVS. MI (sericordia). D(e)l.SA(cro). SANC{tae)/ROMANAE. ECCL(esi)AE. ZI(tuli) SAN(cti)./ C HRYSOGON!. P(res) B(ite) R.CARDINA(lis)./ MAGVN(rinensis). AC. MAGDE(burgensis). ARCHI =/EP(iscopu) S. ELECfOR. IMPE(rii). PRIMAS I ADMINI(strator). HALBER(sradensis).MARCHI(o)./BRANDENBVRGENSIS• (Albrecht, durch Gorres Barmhertigkeit Kardinal-Priester der Heiligen Romischen Kirche mit der Tirelkirche des HI. Chrysogonus, Enb ischof von Maim und Magdeburg. Kurftirst, Primas des Reiches, Administrator des (Bistums) Halbersradt, Markgraf von Brandenburg). Die Bildunterschrift besagr, daB der D argestellte im Encsrehungsjahr 29 Jahre alt war und betonr den offizieUen, religionspol.itischen Sratus der Person. 1520 ubersandte Durer dem Kardinal 200 Abdr ucke und die originale Kupferdruckplarre. Von einem ander<n, 1522 datierten Portrar des !Cardinals, dem eine Silbersriftzeichnungvorausgegangen war, Ubersandte Durerseinem Auftraggeber 500 Abzuge und die Originalplarre. DUrer war ein gro&r Anhanger der Reformation, die 15 17 mit Luthers Thesenanschlag in Wirrenberg begann. Von 1520 datiert ein Brief. in dem Durer seine Sympathie zu Martin Luther offen bekundet. Obwohl beide am Augsburger Reichstag teilnahmen, sind sich der Kunscler und dcr Reformator nichr begegnet. Durer druckt inseinem Brief an GeorgSpalatirr(l484 -1545), dem Hofkaplan und Sekretiir des protestantischen Fiirsten Friedrichs des Weisen, seine Hoffnung auf ein Zusammenrreffen mit Lu<her aus, den erebenf.tlls gerne pomariert harre: • vnd hilft mir got, das ich zw doctor Martinus Luther kum , so will ich jn mit fleis kunrerferren vnd jn kupfer stechen zw einer Iangen gcdechtnus des krisclichen mans, der mir aws grossen engsren gchollfen. Und jch pit e [wer] w[irden], wo doctor Marri nus etcwas news macht, das tewczsch [deutsch] ist,
Kohlezeichnung, das Bildnis tkr Mutttr (Abb. I 05). Aus der Inschrift gehr hervor, d£ Diirer die alte Frau zwei Monatevor ihrem Tod imAltervon63 Jahrenzeichnet<: •1514 an oculy Dz istalbrechtdiirers/murterdywasalr 63 Jo« und nach ihrem Tod fugre er m it Tinte hinzu, d£ sie am Dienstag der Kreuzwoche urn zwei Uhr in der Nachr verschieden sei: •vnd isr verschiden/im 15 14 Jor - am erchtag vor der crewrzwochen/um rNey genach t«. Uber ihre lange Krankheit und ihren Tod, der
DUrer erschUrrerte, beric.htetc er ausfti.hrlich in seinem Gedenkbuch, in dem er zwolf}ahre zuvor auch den Tod des Vaters dokumenrierte. Der Vergleich mic Durers erstem gemalten Bildnis der Mutter von 1490 (Abb. 8) macht die dazwischenliegende Zeitspanne sowohl im Leben der Dargestellren als auch in der kunsclerischen Encwicklung d eutlich. fn der Kohlezeichnung hielt Durer die Zuge mit Akribie fest und legte so vie! menschliche Ausdrucksstarke und innere Anteil nahme hinein, wie dies in der Portriitkun.st zuvor unbekanJlt war. Das Gesicht einer verhiirmten und vom Leben gezeichneten alten Frau, von deren 18 Kindern nur drei Uberlebr harten und die •grosse armut gdirten, verspot-
tung, verachtung, hOnische wore, schrecken vnd grosse widerwertigkeit« erlebr harre, ist hier erstmals nicht im Sinn e der traditionellcn Gleichstellung des HaBiichen mir dem Bosen oder dem Tod in der Kun.st gezeigt. . Obwohl Durer die Zeichnung zur privaten Dokumentation anfertigte, wirkte das Bild in Arbeitcn seiner Schuler bei DarsteUungen alter, haBlicher Frauen we iter. Die in verschiedenen Lebensabsclu>irren gezeichneren und gema lten Selbstpomacs und die zahlreichen Bildnisse aus dcm engsten Familien- und Freundeskreis verweisen auf cine Textstelle in Darers geplanrem •Lchrbuch der Malkunst•, in dem er der Bildniskunst tine bedeurende Aufgabe zuweist: •Awch behclt daz gemell dy gestalt der menschen nach jrem sterben .« Fraglich isr, ob der Tod der Murrer, den Durer in seinem Gedenkbuch aufriihrend beschreibr, zu den graphischen Mar iendarstdlungen fiihrte, die sich an die Holzschnittfolge des Marimkbens anschlidkn und die d ie Murte rgorres zwar nach ikonographischer Tradition als Appellfigur im Sinne der •Compassio«, des M it- . leidens mit Chriscus, prasentieren, jedoch menschlicher, natiirlicher und emotionaler als zuvor auffasson. Der 1520 en c;tandene Kupferstich Maria mit dtm Wicktlkind (Abb. I 04) ist ein gutes Beispiel fur eine fast genrehafte Annaherung an das Thema. Die Korperstdlung des schlafenden Jesuskindes erinnerr jedoch
auch daran, daB h.ier auf die Passion Christi verwiesen werdensoll. Das 1516 darierte Bildnis seines zu dieser Zeit 82jahrigcn Leh rmeisters Michael Wolgem ut (Abb. I 06) dokumemiert, wie Durer in seinen Portriits, uhn Jahre
nach sdner zweiten Ical.ienreise, immer mehr zu innerer
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Tiefe und unvergleichlicher psychologischer Erfassung der Personlichkeit vordri ngt. Auch dieses Werk schufer
Offiziellen, repriisenrativenAuftragsbildnissen stehen die aus privarem Interesse entstandenen Portrihs gegenuber..Letztere zeichnen sich durch eine spurbare emotionale Nahe und einen schonungslosen Natura· lismus aus, wie die urn 1514 entstandene beruhmte
aus der Inschrift hervorgeht: •Das hat albrecht durer abconterfet noch seine Lermeister m ichel wolgemut jn (Jar) 1516 .• Drei Jahre sparer srarb M ichael Wolgemut und Durer hielt dies wie im Bildnis der Murter
nicht im Aufrrag, sondern aus privarem lnreresse, wie
1 ":"
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11
路 iv 路路 1D\
I 03 Maria mit dnn /Gnd auftintl' SÂŤinbmrk. 1520 Fcdem:ichnung. 135 x 87 ern
Pushkin Museum der bildenden Kunsce, Moskau (deru:itiger Standort) Eine Vorsrudie der Figurengruppe (Abb. l 04) isr diese Federzeichnung. die die Madonna zwa.r mit gelOstern Haar u:igt, das Wickdkind und die Gewandfahen jedoch bereits ganz 1ih.nlich vorgibt. Die im Kupferstich gaeigte Hinlergcundlandschaft ist hier noch au.'>gtspa:rt.
104 Maria miulnn W"ockelkind, 1520 Kupfemich, 14,4 x 9,7 em Kupferstic.hkabineu, Sr.aacliche Kunsthalle, Karlsruhe f:lsr genn:h:Ur wirlcr diese sp!fce l>.lmellung der Mari4 mit dtm Wu:kelltind. Einz.ig der Heiligcn.sehein wein die Figurengruppe als erha.lxn aus. In der liebevoUen Zuwendung dtr Mutter zum Kind drtickr sich eine menschliche Halrung aus, die di e christlichen Heilsstoffe dem Beuachter crnorional im Sinne der "CompassiOÂŤ, des Mideidens mir Cluisrus, nlherbringen soUen. 105 BildnistkrMutrn-, 1514 Kohlczeichnung auf Papier, 42,1 x 30.3 em Kupferstichkabinett, Scaadiche Mwcen -zu Serlin - PreuBischer Kufrurbcsia. Berlin Zwci Monatc vor dc:m 'lf.xl dcr Mun-c::r hide DUrer ibrc ZUgc in dieser beriihmten Zeichnung fest. Du Bildnis verwei.st mic .stin~ dras(ischen Naturallimus auf das bane Leben der DargesreUren, die unm- verschiedenen Krankhein:n z.u lcidcn hanc und 18 Kinder zur Wdt brachte, von denen nur drei Uberlebccn. Wurdc im Mindalccr die HaBiichkeit ausschlieBiidt mit dcm &ssen oder mit dem Tod glc:ichgc:sc:tzt, so i.$t $ic hicr vor aHem Ausdruck ckr privaten Dokumentation.
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107 Heiligt Anna (Agnn Dii,.,), 1519 Pinsd :~ouf grau grundiercem Papier, 39.5 x 29.2 em Graphische Sammlung Albertina; Wien
AJs Vol"$rudic: 10m Gemilde (Abb. I08) dieme diese Porn2actchnuog der Agnes DUrer, die: sic berti(S in c:k:t$e.lben Halrung und Mimik :u:igr wic im Gc:milde. Wahrend die Kopfparric dctailliert hcrausgearbeitet lst, ist dcr untere Teil der Zcichnung frei bdassc:n. I06 Bildnis Mirhae/ Wo/gmiUts, 15 16 Olauf Holz, 29 x 27 <m
Gcrmanischt'$ Nujontimuseum, NUmberg Die feinc: Pon:ricwiederga.be und psychologische Cha.rakccrisierung des 82jahrigc:n Michael Wolgemua, &s :a.lten Lc:hrmeistell Albrecht D~n:, ueht hicr im Zemrum kUnstlerixhen lntcresse.1. Trocr der schonungslosen Schilderung des Alters, der Wiedergabe zahlreichec Fli.hchcn und Adcrchcn 1 criu uns in de:m kbrtn und stcchenden BHck cin cnergiocher und geisrig vicaler alter M2nn enrgegen, cks:sen Physiognomic von einem arbeiurekhcn l..cben -z.eugt.
nachtriiglich mit genauem Datum inschriftlich fest: •Vnderwas82 Jorvnd hatgelebt pisdas man/t.e!et 1519 Jor do ist er ferschide(n)/ an sane endres dag frv eedy sun/ awlf gyng.• Yom monochromem grtinen Hintergrund hebe sich das fein ausgearbeitete BU.Srenporrrat des Dargestellten wirkungsvoll ab. Der alee Meister rragt die werksrarrubliche schwarze Kappe. die vor Farbspritzern schiltzen soiL Der vornehme Pelz isc Ausdruck porcrarrypischen Repriisentationsbediirfnisses. Wesendich ist jedoch die genaue physiognomische Erfu.ssung. die Wiedergabe der Altersspuren, des f..ltigen Halses und des von vielen Fiiltchen durchzogene knochigen Gesich tS, das von einem harcen, arbeitSreichen Leben zeugt. lm Gegensatz zu repriisentaciven Aufi:ragsbildnissen filr die groBbilrgerliche und ariscokratische Gesellschaft.sschichc, die mehr offiziellen C harakter hanen, nutzte Durer Bildnissedes engsten Farnilienkreises auch zu anderen Zwecken. So saB seine Frau Agnes Modell
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filr das Gemalde Anna Selbdritt (Abb. 108). Zusammen mir Maria und dem Jesuskind beschreibt sie cine spitzwinklige Dreieckskomposition. Eine deraillierte Einzelstudie der HI. Anna ging dern Gemalde voraus (Abb. 107). Anna, als reife M atrone, wirkc in sich gekehrc, wissend urn die Passion C hristi. Sic lcgr Maria, die das schlafende Jesuskind anbetet, rrostend ihre Hand auf die Schulter. Christus ist, in Vorausdeutung auf seine Passion, auf dem rechten Ende von Annas Kopftuch gebettet. Seine Korperhaltung und das unter dem Korper hervorquellende Tuch erinnern niche nur zufallig an Pietadarstcllungen. Oer Bildausschnirc ist eng gewahlt w1d die Figurengruppe weir in den Vordergrund gerilckt, so daB der Betrachter unmittelbar und appellativ dazu aufgefordert wird, in der Andacht seinem Mitleiden mit Christus Ausdruck zu verleihen. Die mcnschlich-emotionale und natilrliche Erfu.ssung der einzclnen Figuren, die in zeitgenossischer Kleidung auftrc[en. v~rstarkc:n diese !mention.
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Anna~l.bdrin,
1519
01, von Holt auf Leinwand i.ilx:magen, 60 x 49,9 em The Metropolitan Museum of Art, Altman Colleccion, New York Mehre:re Vorsrudien gingen <km Gcmalde der Anna .&lhdritt V01'2U$. <las der NUrnberger Patri:tier Leonhard Tuchcr als AndadllSbild bei OUrcr bestdlte. 035 Bild wurde seh.r berilhmt und in spateren J:a.hrhundencn insgesamr sicbcn Mal kopicrt. ln der HI. Anna, <kr monumenta.!en Hauptf.gur, ist ein Portr3t der Agnes DUrer z.u sehen. Diese bilder mit Maria - in NUrnberger BUrgerinnentradn- und dem schl:tfcnden Jesuskind ei.n spittwinkliges Drei«k. Der in sich gekehnc Blick der HI. Anna und die Gcsc.a.lc des schlafc:ndcn Knaben verweisen ~uf die Passion Christi.
HUMANISMUS UNO REFORMATION IN DEUTSCHLAND
I 09 Kapitd 48, Ein G<,,I/.,JJ<biff Holuchnitt,ca..16,3x 10,4cm
Germanisches Nationalmusewn Nurnberg
•Oa.s Narrenschiff• des Wilhmten Hum.anisteo Sebutian Brant (1471-1521) l<t eine allegoriscbsatirische Dichrung, die dem Leser in 113 Kapiteln in Analogie z.um Totentanz in einer Narrenp4rade mensc:hliche Torheiteo und Laster sowie deren Folgen vor Au8"' fuhn. o., Werk wurde 1494 bei johann Btrgmann von Olpc. in &sd. go:lruckt und erlat~gte, vor aUern nach .seiner Obersenung ins l.ateinische und wcgen seiner Illustru..ionen als Volbbuch imtrnationaleo Ruhm. Dec litelholzschnitt z.um 48. Kapitd, in dem die Mills12nck Un Betufssttnd det Handwerkss=~Jen btk.lagt werdcn, gehOrt aufgrund des ganzscitigt:n Fornuu ru c:k:n Hohschninen, bei deoeo die sonst abtiehen MottO\=< und der Tire! fehlen. In deo verschiedenen Booten und Schiffm siaen die Gesellen w:nchlcdenu Handwerk<, etkennbar an ilu<n Attributcn.
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In NOrnberg, dem Zentrum des deutschen Humanismus, lebten zur DOrerzeit bedeutende Humanisten, Wissenschaftler und Geistesgr6Ben, die untereinander in Verbindung standen. Der deutsche Humanismus hatte seinen Ursprung in ltalien. Auf der Basis des Studiums der antiken Schriftsteller, Philosophen und KOnstler strebte man nach einer Erneuerung, einer geistigen Wiedergeburt, die zu einer gesellschaftlichen Harmonie in Frieden und Freiheit fOh ren sollte. In der ROckkehr zur Antike sah man ideell die MOglichkeit zu einem neuen Gesellschafts- und Kultunnodell. Die deutschen Humanisten hatten fast aile an italienischen Universitaten studiert und standen mit italienischen Humanistenkreisen, Gelehrten wie Angelo Poliziano (1454-1494), Marsilio Ficino (1433-1499) und Pica della Mirandola (1463- 1494) in regem Kontakt. Willi bald Pirckheimer (Abb. 111 ), der als einer der bedeutendsten unter allen deutschen Humanisten gilt, studierte in Padua und Pavia sieben Jahre Musik, klassische Philologie und Jurisprudenz und war nach seiner ROckkehr nach NOrnberg ein enger Berater der beiden Kaiser Maximilian I. und Karl V. Humanisten wie er beeinfluBten durch ihne profunden Kenntnisse der klassischen Sprachen, der antiken Schriftsteller, Dichter und Philosophen die gelehrten Themen der Bildenden Kunst. FOr ihn wie fOr andere deutsche Humanisten ist charakteristisch, daB die Antike und die Theologie die beiden Grundpfeiler des gelehrten lnteresses bildeten. So Obersetzte Pirckheimer nicht nur griechische Texte, sondern Obertrug auch die Schriften der Kirchenvater aus dem Hebraischen ins Lateinische. Wie der Augsburger Humanist Konrad Peutinger war auch er Diplomat und fOrderte die humanistische Bewegung, indem er allen lnteressierten, so auch Albrecht DOrer, Zutritt zu seiner umfangneichen Bibliothek gewahrte. DOrer nahm, obwohl nicht studiert, gleichberechtigt an den gelehrten Diskussionen desNOrnberger Humanistenzirkels teil. ln ihm dokumentiert sich der EinfluB der humanistischen GeistesstrOmung auf die neuen Themen der zeitgenOssischen Kunst. Die Verbreitung des Buchdrucks fOhrten dazu, daB die neuesten humanistischen Schriften sOdlich und nordlich der Alpen ausgetauscht wenden konnten. Die mit dem Studium der alten Sprachen verbundene humanistische Gelehrsamkeit brachte in allen Bereichen der Gesellschaft Neuerungen hervor. So organisierte beispielsweise der beruhmte reformatorische Theologe und Humanist Philipp Melanchthon (1497-1 560) das Latein- und Hochschulwesen neu und initiierte Schulgrundungen, was ihm den Ehrentitel •Praeceptor Germaniae•-Lehrer Deutschlands, einbrachte (Abb. 11 0). Der Umfang seiner wissenschaftlichen Tatigkeit
ist ein Beispiel fOr die enonne Leistung eines humanistischen Gelehrten, der theologische und universelle Gelehrsamkeit in sich veneinigte. Neben Standardwerken Ober griechische und lateinische Grammatik, Rhetorik, griechische und lateinische Klassiker, Physik, Geographie und Psychologie erschienen aus seiner Feder bibelkundige Kommentane, theologische Spezialforschungen und Katechismen, Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen. Humanismus und Reformation gingen insofern Hand in Hand, als sie sich gegenseitig befruchteten. Die gelehrte Bildung bereitete der religi6sen Erneuerung den Boden. Diese Verbindung des religiosen Erneuerungsgedankens mit humanistischem Gedankengut land im Weltgeistlichen Ja<obWimpheling(1450-1528)einetypischeAuspragung. Nach ihm war • das Studium der heidnischen Autoren an sich dem christlichen Glauben nicht abtraglich; Schaden kann nur dadurch entstehen, daB wir sie mOglicherweise falsch verstehen und falschen Gebrauch von ihnen machen.« Seine berOhmte Abhandlung »Defensio theologiae• erkannten die deutschen christlichen Humanisten als ihre Programmschrift an. Schriftsteller wie der Rechtsgelehrte Sebastian Brant aus StraSburg (1 4 57-1521) Obten mit ihrer moralisierenden, gesellschaftskritischen Versdichtung Kritik vor allem am Verhalten des geistlichen Standes (Abb. 109). Jeder dieser gelehrten Humanisten war zugleich ein >uomo universale•, ein univer.;ell gebildeter und interessierter Mensch. Als Erasmus von Rotterdam dem Schweizer Reformator Ulrich Zwingli (1484-1 531 ) auf die Frage, ob er das BOrgerrecht ZOrichs erwerben wolle, antwortete, er ziehe die WeltbOrgerschaft vor, kennzeichnet dies exemplarisch die Weltoffenheit der Humanisten in theologischen, gesellschaftlichen und geistigen Fragen. Erasmus von Rotterdam gab 1516 die erste textkritisc~ griechisch-lateinische Ausgabe des Neuen Testaments des •Novum lnstrumentum« heraus, dievon der gelehrten Welt sehr bewundert wurde. Durch die Herausgabe des Neuen Testaments galt er bald als lnbegriff fOr humanistische und theologische Gelehrsamkeit im besten wissenschafttichen Sinne. Luther schOpfte aus der zweiten Ausgabe des Werkes von 1519 Anregungen tor seine BibeiOber.;etzung ins Deutsche. Sympathien fOr Martin Luther und die Reformation waren in Humanistenkreisen weit verbreitet. Mit ihren Schriften nahmen sie an der reformatorischen Diskussion lebhaft Anteil und EinfluB. Der Augsburger Gelehrte Konrad Peutinger begeisterte sich vor allem fOr die frO hen Schriften Luthers und empfing ihn 1518 in seinem Haus. Auch Willibald Pirckheimer war einige Jahre Anhanger Luthers gewesen, wendete sich jedoch vor seinem Tad im Jahr 1520 wieder dem alten Glauben zu.
l 501 •
110 Pili/ill M&.ndJ"-. ISZ6 Kupkmid>,l7,5xl3cm Kup(usUcbbbinett, S...tlid>e KwuchaiJe. Karlstuht
Philipp Mdancluhon zlhltc tu den pS... Humanisttn S<incr Zdt. Et wu Anh1ng« dcr RdOmwion und cin <DSt:r Fmmd Martin Luthm. Nach dem Sa.lium in Heiddbag und Tobinp lchrte <t als ;n Witcenbag. Seine Fonchunpchwcrpunkte warcn Theologie. Phllosoph;e und Rh<tOrik. Melanduhon ist im markancen Dr<ivi<rrdprofil nach r<dus pandL Die <picaphanige lateiniscl>e lnschrifi bezid>t sich auf die von Mdanchmon snseftlhne humani>risch. OiskW$ion ober die Darndlborlteit dcr menxlilich<n P<n6nlichkcic •1526. Viventis poruit Dvteris Ora Philippi Merua:n non Poruit Pinp Oocca Man""' (1526. Dnrer loonntc die Z0g< des Philipp nach dem L<b<n S<ichn<n, doch die bmdi&< Hand niche S<ineo GWt. AD).
Pror...or
I ll WJhba/J Pi~. 1503 Koblc:achnuns, 28,1 x 20,8 an !Wp&michbbinet~ S...tlid>e M..,... tu Berlin- PreuBiochtt Kulnubesia, Berlin
In der Pomtacid>nuns da Willibold Pit<khdmcr, im Pro6l nach linb blickend, oricnuercc &icb DUrer an einer Silbemifu.eichnung und tveredelte die ZOge seines Freundes, ohne ibm tu schmei~ chdn•, w~ Pano&ky es formuliene. Ocr berohmtc Humanist war DOren <ng>ter Fr<und und Vermu<er. MOglicberwtise wurde Oil= durch anrike Kaiscrm!lruen w dicsem Profilbild.W ""S<rcgt• mOglid> ist jedoch aucll, daB die Zeichnuns als Vodase Air cin<O Medaill<ruc:bne dicme.
Ill
RESULTATE FREIEN SEHENS. DIE NIEDERLAND IS CHE REISE
11 2 Der MRkr Lu<IIJ wn Uydtn, 1521 Silbernifa.cichnungauf Papkr, 24.4 x 17,1 em M~e dca:
Beaux A.ru, Litle
Von dtr Begegoung OGre,: mit dem berOhmren holllndischen Maler Lucas van Leyden ~n:nd der niederti.odischcn Reise uugt tin Silbernihponrar, in dem dcr NtederiJ.nder mit fc:mcn Sc:richen festgdWten is<. Der ~dlte, m;, dcm Dun:• bald f'mmdsduft· lich verbundc:n war, blickt mit wachem Blick aus dem Bild. Die Z..chnung dK:nt< t5n als SQch,.,rbgo ru, das Ponrit des Lucas van I..eyckn in Hieronymus Cocks Portraitscrie •Pictorum a.liquot cdebrium Germaniae inkrioris e:ffipes•, womit die ldenriflt.ierung des ~clltcn bcl<i' is<.
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•Und do ich zu tisch gdllhret ward, do Stund das volck auf beeden seuten, als fi.ihret man einen grosen herren ... • (D urer im Tagebuch der niederlandischen Reise) Der au&re AnlaB fur Dure~ niederlandische Reise war profaner Natur. Am I 2. Januar 1519 starb Kaiser Maximilian 1., der Durer eine jahrliche vom Nlirnberger Stadtrat auszu· zahlende Rente in Hohe von I 00 G ulden zugesicherc harte. Die Forcserz.ung dieses Anspruchs muBce sich Durer durch den wm deutschen Konig gewahlten Enkd Maximilians 1., Hecz.og Karl von Burgund (15001558), bestiitigen lassen und reiste w diesem Zweck, diesmal begleicet von seiner Ehefrau Agnes und seiner Magd Susanna in die Niederlande. Mit einem Freibrief und einern Empfehlungsschreiben des Bamberger Bischofs Georg Ill. Schenk ?.U Limburg (1 502- 1522) ausgesrarret, karn Durer iiberall problemlos durch die Zollstationen. Den Frei brief harte DUrer mit einem heute verschollenen Madonnenbild und zwei seiner graBen Holzschnirrbiicher bezahlt. Nachdem er an einer Wall.fithrr nach Vierzehnheiligen in Franken tcilgenommen hatte, reisre er mit dem Schiff tiber Bamberg. Frankfurt und Koln nach Anrwerpcn, wo er fur ein Jahr bei dem Wirt Jobsr Planckfeldt (gcst. 1531) Quattier bezog. Von dort aus bereiste er Brilgge, Gent, Mecheln, Briissel, Aachen und Ktlln. Wahrend des ein· jahrigen Aufenchalrs in Anrwerpen wurde Durer, der bereirs ein weltberiihmter Kilnsrler war, Uberatl wie ein Herr empfangen, eingeladen und beschenkr. Er hielt sich mehrfacb in Mecheln bei der kaiserlichen Start· halrerin der Niederlande, Margarere von Osrerreich (1480 -1530), auf. 1520 wohme er der Kaiserkronung Karls V. (1500-1558) in Aachen bei, den er auch in Mecheln traf. Er porttatiertc, nachdem er zuvor eine Kohlczeichnungangefertigt harte, dendanischen Ko nig Christian II. (148 1-1559), der ihn flil"lirlich enclohnte und desscn Schonheir und Mannlichkeir Durer bewun· derre. Er trafviele grolle Geister der Zeit, lernte ersrmals Erasmus von Rotterdam kennen, zcichnete Sebastian Brant (Abb. I I 3) und trat mit wichtigen ausl:indischen Regierungsvertretern w1d Kauflcucen zwamrnen. Er machre Bekannrschaft mit den wichtigsren Kiinsclern
seiner Zeir wie Jan Gossaerr (urn 1478-153311536), dem Mcchelner Hofmaler Barend van Orley (1492?1541} und dern Anrwerpcner Glasmaler Dirck Vcllerr (1511 - 1544), in dessen Kunst sogleich der EinfluB von Diirers Druckgraphik sichtbar wurde. D urer befreun· dete sich mit Lucas van Leyden (1494-1533), dem •kleine mannlein•, der forcan im Srile Dlire~ arbeitete (Abb. 112). Erwar zur Hochzcit des angesehenen Land· schafrsmalers Joachim Patinir (um 1480- 1524), des •gur landschaffi: mahler•, eingdaden und der bekannte Maler Jan Provost (urn 1465-1529) reiste eigens aus Briigge an, um ibm zu begegnen. Aber nicht nur mit den bekannresren lebenden, sondern auch mir den beriihmtcsten Klinsdern der Vcrgangenheir serz.te sich Dlirerauscinander: Er besichtigre Michelangelos Brugger Madonna, das >alabascr Marienbild, das Michelangelo von Rohm gemacht• und begeisterte sich fur die alr· niederlandische Malerei eines Jan van Eyck und eines Rogier van der Weyden, deren Bildniskunsr seinen Spiitstil in diesem Genre priigte. Sein Gastgeber Jan Provost zcigte ihm die beriihmtcsten Cemalde der Stadt, den Marientod von Hugo van dcr Goes (urn 1430/ 1440 - 1482} und Jan van BjcksMtulonna d~ Kanoni!tus van der Ruk. Bci der Statthalrerin der Niederlande, Margarete von Osterreidl, lernte er Jan van Eycks Die Hoc!JuitdnArnolfinikcnnen. In der Genter Katbedrale St. Bavo bcwundene er Jan und Hubert van Eycks GenterAlt<tr, >cin ilber kos dich, hocb versrandiggemlil.• In Koln besichtigre er die Tafel des • meister steffan•(?), die von der friiheren Fo~ung mit Stefan Lochne~ H auptalcar im Kolner Dom in Verbindung gebracht wurde. Hier erhidr er auch die Best:itigung seiner jahrlichen Rente durch den Kaiser. Durer harte zahlreiche druckgraphische Blatter im Gepiick, die er ve~cl1enkte oder feilbot. Die Reisewahrte nur ein Jahr und dennoch zeugen zahlreiche Zcichnungen und mchrere Gemalde von seiner inrensiven Tcitigkeic in dieser U.it. Yom Originalmanuskript des Reiseragebuchs hat sich nur ei ne Scice erhalren: eine Schneide~k.iue fur niederliin· dische Frauenmanrd. Zwei Ieicht voneinander abwei· chen de Abschrifren aus dem spa ten 16. odcr fruhen 17. Jahrhundert iiberliefern den Text. Durer hielt in diesem Tagebuch geschaftliche Einnahmen und Ausgaben detaillierr fest. Koscen fUr
113 S.bMtian Brt~nt(?), um 1520 SiJbet$(ift aufPapier, 19,4 x 14,7 em Kupfernicbk.abinett, Staadiche Mween z.u Berlin-
p.,..Bische.- Kuhurbesitt. Bedin Die Silbt:m.ifa.eichnung ttigt vcrmudkh ein Pomt.c des &seler Rechc:sgdehnen und Humanisten Sebastian Brant, das wlhrend der niederl~dischen ~n entnand. Br:rnt, der DUrert ~nner \Uld Auftn.ggelx:r ~od seiDC$ Auknthalts in Basel gewcscn war~ hielr s.ich zur sdbt:n Zeir wie t:kr Knnsder in den Niederiandcn auf. urn dje Stach SuaBburg am Hofe Kaiser Karls V. zu venmen. Jm Dreiviendprofil nach reclus trite er uns als kritischer, !Ocerer Herr en~n. Wahrend Arme und H5nde nur skizzcnhaft anged.eutct .md, ist bcsondtrs der naruf2listischen Wtedergabe des Gesichts Komenuation gcwidmet. Urn 1520, als das Ponrit entStOnden sein muR, hatte Brant bercits durch seine mora.lisch~tirische Vusdichtung »Das Narrensc.hii:Tc internationale
SerUhnu:heit erlangt.
114 Die Mobrin /Gtth4rim,J521 SilbemiftzeichnungaufPapicr, 20x 14 em
Gabineno dd Disegni e ddJe Stampe:, Galleria degli Uffizi, Florenz
1m Alter von •20 jar<, so die handsdu-iftlich< No<iz, uichnere Dlim' die Olenerin de~ portutitsischen Faktors ~o Bttndios in Anrwerpen, die Mohrin Katharina. Die Bildniszeichnung geht>n z.u einer Gruppe von Werken, die aw einem pemsnlichen Interesse enmanden. Die Da.rpcdlce blic:kt den Bec:radner d.irekc an. M.ic feinen Strichen und Kmmduaffcn sind die Rundungen ihres Gehclues moddlittL
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Verpflegung und Unterkunft sind dort ebenso vermerkt wieTauschwerte, etwa wenn DUrer Graphiken fur einen Kunstgegenstand, der ihn besonders interessierte, hergab. Auch die Vergabe von Geschenken is< mit buchhalterischer Genauigkeit fescgehalten. Neben dieser primiiren Funkdon der Buchftihrung offenbart das Tagebuch jedoch auch Dilrers Aufinerksamkeit fiir Menschen, denen er auf der Reise begegnece sowie flir kuriose und selcene Gegenstiinde oder Narurerscheinungen, die er in zahlreichen Zcichnungen und Ski=n feschielt. Von den im Briisseler Schlo£ ausgesceUcen, mexikanischen Schatzen ist hier ebeoso zu lesen wie vom plot:z.lichen Sturm und der Seenoc, die D Urer auf Seeland erlebce. lnnerhalb des gesamcen nUchcemen Rechenschaftsberichtes wird der Tenor nur einmal emotional, als er von Luthers plot:zlichem Tod erfuhr und hierilber in Klage ausbricbt. Diese Tagebuchscelle liillt Diirers positive Einstellung zur Reformation und Verehrung fur Martin Luther nochmals deutlich werden. Hatte sich DUrer bereits in den Jahren vor der niederlandischen Reise aufdie Bildnismalerei konzentriert, so entfalcec er wahrend der Reise in diesem Genre die ganze Bandbreice seines Konnens. FUr nahezu jedenTag vermerkc D Urer in seinem Tagebuch Ponratzeichnungen. Von den auf diese Weise 150 archivalisch Uberlieferten haben sich heuce noch etwa 40 erhalcen. Neben mitgefiilmer Druckgraphik, die DUrer verkaufte, sollten diese Bildniszeichnungen als eine der H aupteinnahmequeUen zur Finanzierung der Reise dienen. Zumeisr jedoch diirfte DUrer die Blatter verschenkc haben, belegc durch die oftmals personliche Inschrift. Auch zeichnete er, unabhangig von finanzieller Notwendigkeic, Pe.ronlichkeicen und Menschen, die ihn besonders imeressiercen, wie zum Beispiel die Dienerin des koniglichen Fakco"' von Ponugal, Joao Brandao (1514-1521), d ie Mohrin .Kathari11a (Abb. 114). Sogilt auch ftirdie Bildniszeichnungendie Unterscheidung zwischen aufuagsbezogenen und aus freien Stiicken entscandenen Pomiits. Auftraggeber lie£en sich gerne als Bruscbild im Dreiviertelprofil in einem knapp gewablcen Bildausschnict darstellen, der die selbscbestimmce und selbstsichere Aura der Personen verstiirkt. Der in d ie Ferne gerichcece Blick und die repriisentative modische Kleidung betonen den offiziellen Charakter. PrachtvolleA=ssoires wie ausladende, modische Sarene uncerscreichen vorteilhaft die charaktervoll dargestellcen Physiognomien. Die mic Kohleund Silberstifc ausgeftihrcen Porcratzeichnungen in schwungvollem $erich weisen eine reicbe Nuancierung in der Wiedergabe von Lichc und Schanen auf. Dennoch gilc auch hier, daB die Kleidung als cepriisentative R.ahmung zur Hervorhebung eines Charakterkopfs in der Ausfubrung zurilckcrecen k.ann wie im Bi/dnis rina jungmManner, der bis heuce niche mic Sicherheic identifiz.iert werden konnce (Abb. 115). Niche aile Bildni= sind von derselben malerischen und psychologischen Dichte, was oft mic Dilrers uncerschiedlicher personlicher Einscellung zu den dargescellten Personen erkliirc wurde. Neben den Zcichnungen erwiihnc D Urer in seinem Tagebuch der niederlandischen Reise 19 Olbil-
der, die wahrscheinlich nur einen Teil dessen bildecen, was an Gemalden in dieser Zcic entscand. Die drc:i Olgemalde, der HL Hieronymus sowie die Bildnisse Rodrigo F.rniltukr. de Almadas, des erscen Sekretiirs des portugiesischen Konsuls, und des Danziger Kaufmanns Btrnhard von Reesen (1491 -1521) folgcen in kurzer Zeit aufeinander. Der HL Hieronymus (Abb. 118) isc das einzige religiose Bild, das von der Reise Uberliefert is<. DUrer schuf dieses •memenco mori• in freier Komposition im Aufuag Rodrigo Fernandez de Almadas. Durer bereitete das Bild in mehreren gcoBformatigen Pinselstudien sorgfliltig vor, die er dann im Gemalde zusammensettce. In einem eng gewablcen Bildausschnin blickt der H eilige in Halbfigur nachdenklich dem Becrachcer entgegen. Seine Linke weisc auf den To<enschadel, wiihrend rechts hincer ihm das KruziHx an der Wand hangt. Vor ihm liege, aufgesch lagen auf einem I..esepult, uncer dem sich BUcher scapeln, die Heilige Schrift, die Hieronymus aus dem Hebraischen ube,.enc harte. In einer Diagonale, die tiber den Heiligen fuhrt, ist der Totenschadel, Sinnbild der irdischen Verganglichkeic, mic dem Gekreuzigcen vecbunden, der fur d ie Heilserwartung der glaubigen Chris<en scehc. In der Einheic von intensivem Realismus und eindrilcklicher Ausdeucung des Themas erregce das Bild gcolles Aufsehen und galt als ein in die Zukunft weisendes Werk, das so haufig kopiert wurde wie kein anderes. Als Modell fUr den H I. H ieronymus dieme ein 93jiihriger Greis, den Durer in Antwerpen getroffen hatte. Das Tagebuch gibe tiber das Honorar in Hohe von drei StUber Auskunft. D ie Kopfstudien des alten Mannes erscheinen in Halcung und Mimik wesendich natilrlicher als im Gemiilde (Abb. 117). Die Pinselzeichnung in der Albertina, die den Aleen im Augenblick geistiger Konzen<ration wiedergibt, ist in ibrer scbwungvollen Linienfuhrung und den plastischen Modellierungen ein Hohepunkt charaktervoller physiognomischer Erfassung. Wollllin sah in der Pinselzeichnung sogar den Beginn einer neuen Stilphase Dilrers. Das Bildnis des Danziger Kaufmanns Btrnhard von Rmm (Abb. 116) isc eines der wenigen gemal<en Bildnisse, die sich von der Reise erhalten haben und die vom Einflu£ niederlandischer Bildniskunsc auf Durer zeugen. H ier isc der Bildausschnin etwas grolkr gewablc als bei den Pottratzeichn ungen und d ie Hande sind im Bild zu sehen. DUrer folgte mit dieser Bildnisform zeitgenossischen niederlandischen Kiinstlem wie Jan Gossaerc oder Quentin Massys (1465/66- 1530). Auller zahlreichen Ponrats zeugen 1ierdarSfellungen, Trachtenstudien und Veduten von DUrers anhalcendem Inceresse fur alles Aulkrgewobnliche. Auch sammelce er •Naturalia• und •Artificialia«, also Nacur- und Kunsterzeugnisse: einen Papagei, einen Fischpanzer, Horner und Klauen, einen Schildkrocenpanzer, ehinesisches Porzellan, <eure Stoffe und Pelze. Seine Gasrgeber bestarkren ihn mic kosrbaren Geschenken in seiner Sammelleidenschaft. So schenkte ihm sein Wire Jobs< Planckfelceine •indianische nus• und der porcugiesische Gesandce Jolio Brandao ubergab ihm •calcucisch cilcher [ ... ], ein kriin krug mic mirabulon, .. . , und ein asc von ein cederbaum«.
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115 Bi/Jni.uinnjungmMannn,I521 Kohlezeichnung auf Papier, 37,8 x 21,1 em The British Museum, London
Zu den schwungvoll mit Kohle gezeichneten Portdrs, die wihtend der niederlindischen Reise enmanden, getMsrt das Bildnis ein., jungen Mannes. d=n ld<nti<llt bis heute nid1t gddin ;,.. De< Bildausschnitt is< eng gewlhlt, der Da.rpdlte in Biistenfonn wc:it in den Vordugrund g<rilckt, wobei das ausladen<k 8at<tt von den Bildrindem Ubc:rschnitten wird. Die modisdle Kopfbedeckung umerstreichr vorteilhaft den O,.araktc:rkopf mit den breiten Wangenknochen und den sinolichen Lippen, die mit groBer Priizision und Fe.inheit ausgefUhtt sind. 116 BmlhardwnRmm,l521 Olauf.Eichenholz, 45,5 x 31,5 em Saadiche Kunsrsammlungen, Dresden
Die Fenigstellung de> Portriits des Danziger K.aufinanns Bernhard von Reesen, der noch im Entstehun&$jahr des Gemildes an der Pest ,carb, nocierce DUrer in seinem niederlindischen Rcisetagcbuch. Der Dargatellte i.st in cinen scb.ma1en Bildausschnirt gr:settt und im Drb.;endprofil dalgeotdk Seine dunkle uod vomehme Kleidung koncrastiert wirlrungwoll rum leuchtend roten Hintergrund, auf dem sich wie auf einer Wand der Scharten abt.eichnet. Da.s Bild ist von der niederlandischen Pomtckunst beeinlluB.c, was sich duin niedersdtl~gt, daR die Hinde des OargesteUten, die einen. Brief mit den An~orten 路dem pernh .. .芦 baleen, mit aufgenommen sind. Die Lichdbhrung beront die chan.k~ ,cns,ischcn Gcsic:hcsz.Ugc des Portriicicnen, indcm die linke Gesichahalftc von den hervortrctenden Wangenlmoc.hen herab vers:chanet in.
116
117 X.pfinulinut<htinmr93jdhrigmMann, 1521 Pinsc.lzeichnung auf grauviolett grundic:rtc:m Papicr 41S x 28,2 ern Graphische Sammlung Albertina. Wien
In mebmen Zeichen.studien bereitete DUrer das G.rMlde <ks Hl Himmpnw (Ahb. 11 8) vo,. Als Modell dien(e ein 93jahti~r Greis .aw Antwtrptn. Jn dieser narur.ilisti.scheo Pinse:luichnWlg ersch~nc der Alre bereic:s mit aufgmotte:e.m Kopf, jcdoch, auders als im C~de.
konuncrien in seine Studien venieft. In einer
handsdlriftlichc.n Nocit. obcdWb der Darstellung ~e DUrer: •Oer man wu alt 93 jor und noch gesunc und verm.ugJich zw amorff.• 118 Hl Hiormymus, 1521
0 1•uf Eicbenhoh, 59.5 x 48S em Mu!e\1 Nacional deAne Ancig>, Lissabon De, Hl HUrr>nymUI ist <bs eiru.ige celigi&e Bild, <bs DUrer in den Ntedtrl:mdm malte. Ocr HI. HiuonymU$ ist als Grtis in der Kardinalskuctc: in cinem eng gefaBteo Bildausschniu wei[ in den Vorckrgrund geri.ickt. Er hat den Kopf melancboliscb aufgestiittt und blida: dem lkuaduer entgegen. Die diagonak Kompositiondinie ftihrt Obt:r den Toten.sc:Mdd , auf den der Heilj~ weiu, hin z.um Kruzi6x, so daB die irdisch.e Verginglichkeit m.ir der Erl&ung d urcb Onisrus konfrontierc in. Da.s aulj;=hbgene Bucb und de, 8Ucherst2pd un<ec dem Lesepult sind einerseits a1s Vaniwsymbole zu verscehcn, verweix:n im Zumnmenhang mit dem Sducibgnlit andcrc:rst:its auf dit: Gddm:amkei( und BibtJfibersettung
des Heiligen.
118
119 (oben ~nks) &lb.tbildniJa/sSchmmmmumn, 1522
Zeichnung mit Bleitinngriffel aufblaugrlin grundiettem Papier, 40,8 x 29 em Kupferstichkabinett, Kunsthalle, Bremen (Kriegsverlust)
lm SchmerumtTIJlnn wird allgemein ein Sdbstportriit Oi.ire~ waluend der nied.erlandischen Reise geseheu. Als Halbakt mit e:inpunkencr Brwt und M:hmenlich geOffneten Lippen blickt der Mann sehr natura.listisch aw de.m Bild. Die gekreu:uen Acme und Manerwerkzeuge wie GeiBel und RutenbOndel erinne.rn an die lc:idcn da Passion. 120 (oben rwm) &lbstbildniJ, 1521
Kolorierte F«<erzeichnung. 12,7 x 11,7 em Kupfemichkabinett, KunnhaUe, Bremen Wah~nd seiner Reise nach Seeland erkrankte Oiiret an einer Malaria.infekcion, von der er sich niche mehc erholen sollcc:. In diesem Zusammenhang em~aand vermutlich die kleine Zeichnung. ein Sdbstbildnis, in dem der Kilrutler auf cine schmetthafte Srdle wrist. Dcr inschrifdiche Zusarz .Do der gelb Reck ist und mit dem finger drawff dewt do isc rnir we.. 11Gt vermuten, daB die Sk.izu vermudich 2.ur Diagnose fUr einen a~gen Anr bc:srimmt war.
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Durers besonderes Interesse an Landesuachten dokumenti~ren m~hrere
in NGrnberg und Venedig ent-
standene Zeichnungen. Wah rend der niederlandischen Reise schuf et fiu:bige Studien kurioser livliindischer Frauentrachten, die neben dem historischen und dem kiinstlerischen auch das volkerkundliche Interesse DUrers bezeugen. lm Briisseler Rathaus bewunderte DUrer sehr das Gold, das Hernando Cortes (1485 1547) vom indianischen Herrscher Montezuma II. (urn 1466-1520) in Mexico erpreBt harte. Er berichtet - entgegen dem ansonsten trockenen Tagebuchsril begeisren von einer goldenen Sonne und einem siJbemen Mond sowie von zwei Kammern voU Rlistungen und sdrsamer Dinge: » •.• ich hab aber all mein
lebrag nichts gesehen, das mein hercz also erfreuet hat als diese ding.• Bei einer Reise nach Sedand wollte DUrer in Mittelburg »den grosen Iisch gesehen haben, da hett ihn die Fortuna wieder weg gefuhrt•. DUrer harte vor, einen gestrandeten Wal zu besichtigen, der jedoch von der Brandung wieder ins Mecr zurtickgespult worden war. Ein in der Niederlandischen See gefangenes Walrojf
(Abb. 121) hat Diirer in einer Zeichnung ebenso festgehalten und ausfiihrlkh kommenrierr wie ~wei Lowen> Tiere, die ihn bereits bei seinem erstcn Venedigaufenthalt fasziniert batten. Bei allem personlichen Interesse, das Diirer fur diesc Naturerscheinungcn hegre, dienten ihm diese jedoch zugleich alsfreies Studienmaterial. Die Vorzeichnung zu einem nicht ausgefiihrten Marienbild belegt, daB auch die Zeichnung des Walrojfals Vorsrudie fur ein Gemiilde dienen solltc. Auf seiner Reise nach Seeland zog sich Diirer eine selrsames Fieber zu, das ihm zum Verhangnis werden sollre. Das Tagebuch berichtet mehrfach von Medikamcnten, die dcr Ktinsder kaufte oder sich geben lieJl. In einem S.!bstbildnis (Abb. 120) aus dieser Zeit deutet DUrer auf eine schmeriliafte Stelle im seitlichen Umerleib. Da.s Blatt schickte er zum Zweck der Diagnose vermuclich an einen auswirtigen Arzt. Aufgrund der kleinen Zeichnung und der geschilderten Symptom< diagnostiziene man Malaria, die cine schmcrzhaftc Schwdlung der Milz bewirkt. Ein Selbstbildnis als Schmerzmsmann von 1522 (Abb. 119) zeugtvon Durers Qualen, die er durch die Krankheit erleiden muilte.
Am 17. Mai 1521 erfuhr DUrer von der Verhaftung Lmhers. Die Falschmeldung wurde verbreitet, urn davon ab1ulenken, daB der protestantisch gesinnte Kurfllrst Friedrich der Weise Luther zu seinem eigenen Schutt auf die Warrburg hacre bringen la.sen. Der Worrbut des Tagebuchs der niederlandischen Reise ist tiber weite Strecken eher trocken und sachlich und wird emotional, als Durer von dem vermeindichen Anschlag auf Luthers Freiheit berichtet. Diese Zeilen geben einmal meht tiber Durers positive E.instellung zu Luther und zur Reformation Auskunft. Durers Tagebuchtext ist zugleich ein verzweifeltes Gebet, in dem er urn Luthers Freilassung und Anerkennung des Reformgedankens llcht und zugleich seiner Verehrung filr Luther Ausdruck verlciht. E.r kanmc aile Schriften Luthers, stand auch in enger Verbindung mit dem Sradcrat Lazarus Spengler, dec spacer in Nurnberg die Reformation cinllihrre und craf mehrmals Erasmus von Rotterdam, den cr allerdings dahinhingehend kritisierre, da(l er sich in reformacorischen l'ragen so wenig mutig und durchseczungswillig verhielc.
Der Ktinsder zog am Ende der Reise in wirtschaftlicher Hinsicht eine negative Bilam, er schreibc: •fiir den mehren thai I meiner arbeit ist mir nichts worden [ ... ] lch hab in allen meinen machen, zehrungen, verkaufen und andrer handlung nachrhail gehabt jm Niederland.• Sein eogemltches Ziel jedoch, die Bescatigung seiner jiihrlichen Rente, hatte er erreicht. Zudem sammelte er tiefe Eindrucke in allen Lebensbereichen und war nun nkhr mehr nur cin Lernender, sondern in noch groBerem MaBe ein Gebender, indern er als gefeiercer und bewunderrer Kunscler imsmnde war, in den direkten Auscausch mit Kunsclerkollegen zu trecen. Von den niederlandischen Kiinsclern wurde DUrer wie ein Malerfiirst gefeierr. Auller ihnen bemiihten sich Diplomaten, FU~cen und Gelehrre urn ihn. Ocr Magistral Anrwerpen< harte ihm sogar das 1\imliche Angebot unrerbreicet in der Stadt zu bleiben. Nachdem er 1521 (?)in BrUssel KllnigChrisrian von Diinemarkporrratiert ha<te, trat DUrer ein Jahr nach seinem Aufhruch von NUrnberg, zusammen mit Frau und Magd die Heimrcisc tiber Lllwen, Ji.i.lich, Aachen und Kllln an. Die Tagebuchaufzeichnungen enden hier.
121 W.lrojf.1521 Aquuell~rtt ~ru:ichnung.
20,6 x 31 :> em
The Bti(ish MtLSCUm, London Scin L.cben bng intcressierun Durer Kuriosit.itc:n dcr Nuur. Das Walro8 .d>iebt oeinc vordere Korpe<M!fte ins Bild und blickt dern Betradu~r mil sdCS2m glasigc.n Blick ~mgegcn. so daB cbe Vcrmmung puBcn wunk. Oiirer babe die S1udic n~d' anc:m abgduckrc:n Walrofl.. kopf odcr c:inc:m au!popf'tcn lic:r aus einc:r Wunder· kammcr angcfcrtigr und den Rest frti erganzt. Die Studic sollte al.s Detail in du Aharbild einer thronenden Maria mic Kind, ache Heiligtn und musiziercnden Engcln ei.ngehcn, da.s nic tur AlUfbluung kam. Links oben c:rgin2tt Oiln:T inschrifdich: •Oas dosig c.hyr van dcm ith do cbs h.awbt conterfcn t.:.b, itt gcF..ntF worckn in ckr niderlendud.en scc und wu XII dlen b ..w.ncfuch mit
Rlr Rlssen.•
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» DANN WARHAFFTIG STECKT DIE KUNST INN DER NATUR « . DIE LETZTEN LEBENSJA HR E
122 HL Ape/Ionia, 1521 Kreideuiehnung auf griln grundiertem Papier ~1.h28,8cm
Kupfersc:ichkabinen. Staadiche Musccn :w Berlin Pm&.cher Kultwbe<ia. Berlin Oit Kreidczeichnung d.iente als: Eintt:Lstudie :w einem gepbmen monumentalen Martenbild mit viden H~ das in scdu Vorzcichnungen Ubc:rliefcn ist. Die Gcsmlt cLer HI. A.pollonia ersc:h.cint 1ufTWCien dic:scr Eotwiirfe. Die Zeichnung gib< cinen ,.rinncrliducn Augenblidt wicd<r. Die HI. Apollonia ist jungc Frou dargestdlt, die von innerer Konuncration beseelt w sein tchei.nt. Sie ill 10 individudl chankte:Nie:rt, cb.8 bls haue wnsuiaeo iJt. ob Dart:r ein Modell bcnuatc odcr cine ldealftgur aus clcr Vomdlung ochuf.
w
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•Dann warhalftigsteckt die kunst inn der narur/wer sie heraull kann reyssen dr hat sie• (DUrer im asthetischen hl"lliS der Proportionslehre) Anfang August 1521 kehrten DUrer, seine Frau und seine Magd wieder nach Niirnberg zurUck. Die in den folgenden lettten Jahren geschaffenen Werke miissen mit der wahrend der niederland.ischen Reise entstandenen zu einer Werkgruppe zusammengef.lllt werden. Von der Reise brachte DUrer einige Zeichnungen mit, die als Vorsrudien fur religiOse Gemalde gesehen werden. Srudien ru einer Grollen Kreuzigung sind ebenso darunter wie Hir ein Marienbild mir einer Heiligenschar, ein monurnenmles Altargemalde, das nach Wim.inger •verrnudich sogar das Rosenkranzfest in den Scharten gesrdlt haben wiirde.• Letztgenanntes Gerniilde kam jedoch nie zur Ausflihrung. Eine Einzdsrudie dafiir hat sich in der Hl ~lloniiZ ethalten (Abb. 122). Sie erscheint in anderen Vorzeichnungen mit ihren Anributen, einer Zange und einem Zahn. Im Sparsomrner, am 11. August 1521, beschloll der NUrnberger Rat, DUrer mit Entwiirfen z u einern Freskenprogramm mythologisch-aUegorischen l nhaltes flir den Rathaussaal zu beauftragen. Ausflihrende Kunsder waren die DUrerschiiler Georg Pencz (urn 1500-1550) und Hans Springinklee. Neben der VfflLumdung tkJ Aptlks war dott auch der Dtr grojft Triumphwagm Kaiser Maximilians I. (Abb. 88 -9 1) vom Holzschnitt auf die Wand iibenragen worden. Die Originalausstatrung wurde irn Zweiren Weltkrieg zersc:ijrr. In den folgenden Jahren arbeirete DUrer wieder an einer Reihe von Portratstichen und fand auch h.ier zu neuen Bildformen. lm Groflnr Karrlin41 von 1526 beispidsweise, einem weiteren Kupfersrichportrit Kardinal Albrechts von Brandenburgs, erscheint der DargesteUte im Profil, wobei die Schulrern in Ieichter Schragstellung wiedergegeben sind, urn die Darstellung plastischer erscheinen zu lassen. Auch in den gemalten Portrats, die aus dieser Schaffensperiode in reicher Zahl Ubcrliefert sind, fand DUrer noch einmal zu eincr ncuen Form. Die in den Niederlanden ausgcpragte Manier, die Handc des Dargestellten im Bild erscheinen zu lassen, wird zugunsten des rcinen Biistenponrats aufgcgeben. Bildnisse wic die dcr beiden NUrnberger Pacrizicr
Hinrmymus Holzsclmhtr {1469 - 1529) oder Jakob Muffil (1471-1526) (Abb. 124, 123) sind Beispide fUr d iesen Portrattypus, flit den auch die illusionist.ische Wiedergabe stoffiicber Details charakteristisch ist. Eine TatsreUe in Diirers •Proponionslehre«, in der er die Notweodigkeit genauester Ausarbeitung aUer Details im Porttat forden, wirl.:t wie ein Kommemar dazu: •das die aUer ldeinsten dinglein wohlgeschickt vnnd auffdas best gemacbt werden vnnd diese ding soUen auch in werck auff das aUer reynest unnd fleysigst auS gemacht werde{n) vn(d) enlein (Aderchen) nit auSgelassen ...•. Trott des ldeinen Formats wirken beide dargesreUten Personen durch ibre SteUung im Bild monurnenml. Der Rumpf und die Scbulterparcie dienen als Sockd fur die Charaktorkopfe. Das Jahr 1526 war fur DUrer.; Schalfen noch einmal von boher Bedeutung. daneben den theoretisch-schriftsteUerischen Atbeiten und den Pottratstichen eines der spaten Hauptwerkeentstand. DitvitrApos~I(Abb. 125, 126) sind in ihrer Eigenschaft als reformatorische Bekenntnisbilder eine bildnerische Neuschopfung. DUrer war ein sehr glaubiger Mensch, der Uber seine Religiositat immer wieder reAektierre. Als glUhender Verehrer Luthers geseUte er sich der sogenannten •Soldatitas Staupitziana• ru, d ie sich urn den Auguscinermonch Johann von Smupirz (urn 1428 - 1524) scharte. Scmpitz gehorre dernselben Orden wie Luther an und war in Wittenberg der Seelsorger des groflcn Reformaror.; wie auch dessen Vocganger im theologischen Lehrsruhl der Wittenberger Universitat gewesen. Ober das fanatische und sektiererische Verhalten einiger Gruppen. die sich der Reformation angeschlossen harten, waren DUrer, Pirckheimer und andere reformatorisch Gesinme entsetzt. Unrer diesen Vorzeichen entstanden die beiden Tafeln mit Apostelfiguren, die zusammen mit begleitenden Bibeltexten die Auswiichse dcr Reformation, die auch von Luther kritisiert wurden, anprangerten. Beispicle daflir waren 1524 die Bauernunruhen und 1525 der Prozell gegen die drei •gotdosen Maler•, der DiirerschUler Georg Pencz, die Btiider Barthel (1502 - 1540) und Hans Sebald Beham (15001550). 1525 schloB sich auch d ie Stadt NUrnberg der Reformation an: Die Formen des Gonesdiensces wurden geandert, die AbschafFung der Jahrtage fUr Ver-
123 Bildnud.,jak.bMuffi/,1526 Ci, von Holz auf Lcinwand Ubertragen, 48 x 36 em
Gemlildegalerie, Staatliche Museen zu Berlin-
PreuBischer Kuhurbesirz.. Berlin Wie Hi.eronymus Holz.schuher gehOne auch Jakob Muffel (1471 - 1526) zu den Honoradoren der Stadt Ntirnberg und war mit AJbredlt Oi.irtr und WtlJjbaJd
Pirckheimer befreundet. Er war seit 1502 Ratsherr, 1514 Alter BUrgermeister und Septemvir der Stadt. Auch in diesem Bildni.s kommt es nicht auf e:inc Ideilisierung, sondern auf ein Chankterportrit an, da3: mit
hi:khstm3glichem NaturalismU$ gtmalt wurde. fXtails wie die feinen Stimfilren, c:Lu rosige Inkamat und die stoffiiche Differenzierung der Gcwandung zcugen von hodlster Malkultur. 124 Bildnis de, Hieronymus Howcbuh.r, 1526 01 aufLindonhoh, 48 I 36 em Gcmaldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin -
Praill.ischer Kulrurbes.ia, Berlin Hieronymus Holz.schuher (1469-1529) war seit 1499 R.arshar in Niirnberg. 1509 und 1520 Alter Biirgenneister. 1m Gegcnsatz z.u den nied.erlandisch beeinfluBren Pon~tstil (vgl . Abb. 116) isr bei den spliten Poru1hs die Biisrenform gewahlt und die Hande sind
wiedcr aw dem BiJd gcnommcn. Oer Oargestelltc gewinnr durch seinen inrensiven Blick und die form.arHillendc Position im Bild eindringliche Prisent.. In feinen
Pirut:Lstrichen ist die Pers6nlic.hkeit erfaBt, wobei sich Details wie die silbrig schimmemden Haare und der die
Schulcem nhmende Pelzkragcn der psychologischen Gesamrwirkung der Person unrerordncn.
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125,126 Di<vi<rApcstd.1526 OJ auflindenholz, 2 Tafdn, je 215 x 76 em Alte Pinakothek. Bayerische Stutsgemiildesammlungen, Miinchen Vier Heilige stehen sich in zwei Tafdn jeweils paarweise gegenubc:r. Drei der Minner sind durch ihre Aruibute und die Bild.inschriften :z.u ihren FUBen k1ar als die Apostel Johannes, in seinem Evangdium lcsend, Perrus mit dem SchlUssd, und spiegelsymmerrisch auf der an<kren Tafd links vome Paulus, mit Schwen und Buch, ausgewiesen. Markw, hinter ihm, ist als ein.C'r der vier Eva.ngelisten nicht den ~If Aposteln ~:uzurechnen. Die Hciligcn ve:r~rpem in ihrer Darsrellung z.ugiekh verschiedene Lebensalter und die vier Temperamcnte. Die Inschciften bclegen die Funkcion
der Tafdn als Bekennrnis z.uc Reformation und Mahnung an den NUrnberger Rat, nicht von der von Luther verkilrukten Lehre
abzuweicben. Die lnschriften sind nicht direkt den Dargestdlten zugeordnet, sondem erscheinen in der Abfo~ jh.rer Autore.n verschriinkt zu den Flguren. Als erstes ist nicht Johannes', sondem Petrus' Evangdientext :r.u lesen. Damit unterstreichen dte lndtrifren die Figurenanordnung auf rechtockigem Grund.ri.B und die Glcichwerrigkeit der dargdrdlten Pr:rsonen, Die Terre der
Heiligen Schrift schrieh der Kiinstlerbiograph Johann NeudOdfer (1497-1563). 1m Jaht 1627, als die Originahafeln vom prot<Stantischen Nilmberg in das Jau:holische Munchen in den Besirz des
bayerische.n Ku.rfhrsten Maximilian I. uberfuhn wurden, wurden die â&#x20AC;˘ansti:iBigenâ&#x20AC;˘ pron:focmarorischcn lmchriften ab~gt und an Kopien angefllgr, <lie nach NUmb..-g gelangten. Erst im Jah"' 1921 fugc:e man die ursprilnglichen Inschriftc::n wieder den
Origirullg<malden an.
127
I{ =:.;. --~.AI h £.!"~
t 27 • Vier BUcher z.ur menschlichen Proponion", aus Buch l; RikltmAnsicht des wriblickn 7-Kqpfiypus St.at>b;bliorhck, Bambug ~m abgtbilderen wtiblichen RUckA:nakt licgt als Grund malt dcr Kopf zugrunde, der hier in si~n Langen das GesamtmaB des Korpers ergibt. In seinen bitdlic:hen und theoretisch-<lidaktischen Darlegungtn variiertt
OUTer vc:~hiedcnc Grundtypen, um diesetlleichrer individue:Ue Merkmale verteiheo zu kOnnen. Urn Unklarheicen 'ZU vermeiden, isc hier dcr Iinke Arm vor den
KOrper genom men.
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storbene geforderc und die Kloster aufgel6st. In diesem Zusammenhang bot Durer dem Ratder Stadt Nurnberg in einem Briefvom 6. Oktober 1526 zwei'Jafeln mitje zwei scehenden Heiligenfigure.n z.um Geschenk an, die in der oberen Regimcntsstube des Nurnberger Rathauses angebracht wurden. Als •Ehrengabe• erhi<lt Durer hunderr, seine Frau zusattlich zwolfGuJden. Die Taf<ln stehen in der fur die lnnenausstattung von Rathausern bekannren Tradition der stadtischen Machtaustibung und Gerich!Sbarkeir, gehen jcdoch in ihrcm reformacorischen Anspruch und Dtirers individueller Intention als Mahnmal dariiber hinaus. Die Benennung Dit vin' Aposttl ist nicht ganz korrekt, da der Evangelist Markus nicht den vi<r Aposteln zuzurechnen ist. Die vier stehenden Heiligen zeigen in ihrer monumentalen Auffassung und Farbigkeit Einfliisse der Altargemalde Giovanni Bellinis. In zwei Tafeln, ahnlich hochformatigen Altarflugeln, srehen sie sich paarweise gegenuber und sind allein anhand des ikonographischerTradition folgenden Apostelrypus und an ihren Attribute idencifizierbar. Links blieken Johannes det Evangelist und Petrus mit dem SchlUssel konzenrriert in cin Buch, wahrend auf der rechten Tafel Paulus mit Buch und Schwen sowie Markus mit der SduiftroUe Bliekkontakt zu.m Betrachreraufnchmen. Die vier Mannerstehen fest auf der Erde, was aufihre Standhaftigkeit als Lehrer des Neuen Testaments verweist. D ie schweren Mantel untersttirzen die Monumentalitat der Figuren. Die Sandalen an ihren Fulkn verweisen auf cine Texrstelle im Markusevangelium (Mark. 6, 7-9), nach der Chriscus dieApostel in Zweiergruppen aussandte, um w=ubere Geister zu bekiimpfen. Zu dieser Aufgabe sollten sie Schuhe tragen. Die Wahl der Heiligen im Sinne eines reformawrischen Bekenntnisses wac niche zuF.illig: Johannes war der von Luther besonders geschattte Evangelist und Junger Christi, wahrend sich seine Theologie aus den Schriften des Paulus entwickelte. Am vorderen Bildrand laufen Schriftbander endang (Abb. 126), die als Mahnungen an den Betrad1rer zu verstehen sind. Die Wone richten sich gegen Christusleugner, falsche Propheren und Sekten, die den reformatorischen Glauben koncaminieren. Die biblischen 'Iexte verfaBte der Nurnberger Schreibmeister und Ktinsderbiograph Johann Neudorffer (1497- 1553). Sie entsprechen der Obersettung Luchers aus dem Jahre 1522 und ordnen je einem dec Apostel e ine inhaldich passende Textstelle zu. So wetcert Petrus gegen falsche Propheten (2. Petrus 2,1-3),Johannes gegen die Lcugnung der Menschwerdung Christi (1. Johannesbrief 4,1- 3), Paulus, der mahnend zum Betrachter hinblickt, gegen hochmuciges und ungeisdiches Wesen (2. Paulusbrief an Tunotheus 3,1-7}, Markus schlieBiich gegen die Schriftgelehrten (Mark. 12, 38-40). Die Inschrifcen, die zugleich Unterschriften sind, bekraftigen die Bedeucung des Werkes als Zeugnis reformatorischer Gesinnung und srdlten zugleich eine Mahnung an den Rat der Stadt Ntirnberg dar, die in Glaubensfragen bisher verfolgre Linie unabhangig von Sektierern, Fanatikern oder falschen Propheten weiterzufuhren. Ihr ordnet sich die Verbindung der vier Glaubensboten .mit den vier mcnschlichenTempe.ramenten unter, wieJohann
Neudorffer 1546 in seinen •Nachrichten von Kunsdern und Kunstsachen• berichtete. Diese Zuordnung gehr auf die mittelalterliche Temperamentdehre zuruck, nach der man in Johannes den Sanguiniker, in Markus den Choleriker, in Paulus den Melancholiker und in Petrus den Phlegmatiker sah. Die A.nspielung auf die vi<r Tcmperamenre verweist jedoch auch darauf. daB die Harmonie der Seele durch das Hervortreten cines bestimmtenTernpetam<n!S gesrorr werden kann, so dag die Darstellung auch zur •1emperanria«, zur Zugelung des eigenen TemperamentS im Zusammenhang mit der bildlichen Intention, aufforderc. Verbunden mit den vier Temperamenten waren auch d ie Lebensalter und
Jahreszeiten. So stchr Petrus als Greis fUr den Wimer, Markus im besren Mannesalter fur den Sommer, Johannes, der in Diirers Bild alter erscheint, als Jiingling fur den Fruhling und Paulus fur den Herbst. Den Tafeln gingen Zeichenscudicn voraus, die als mogliche Porcrli!Srudien in der Forschung teilweise unrerschiedlich eingeordnetwcrden. Du Vin'Aposulsrellren im Zusammenhang mit der rdigios-politischen Bedeutung des Weeks so etwas wie die vier neuen Kirchenvacer dar, wobei Petrus und Markus als fruheste Glaubenszeugen und Mitglieder der Urgemeinde Johannes und Petrus als den Verktindern des Evangdiums folgen und im iibertragenen Sinne hinter ihnen stehen.
v;.,.
Sowohl Dit Apom4 die Zeichnung zu einem Gemalde mit Maria und Heiligen, als auch ein< in Grisaille ausgefuhrte Krro.ztragung deutcn darauf hin, daB Durer in dec religiosen Malerei an der Schwelle zu einer neuen Stilsrufe stand, die schlichte Formen mit inhalrlicher Ausdrucksstarke verbindcn so Ute. lnsgesamt en!Standen in den letzten sieben Jahren seines Lebens verhalrnisma.Big wenig Werke, die sich jedoch durch eine auBergewohnliche Darstdlung und innovative Kraft auszeichnen. Die Wciterfuhrung des neuen Ansatzes vereitelte Durers Tod am 6. April 1528, wahrscheinlich info)ge der bereits in den Niederlanden zugezogenen Erktankung. In seinen letzten Jahren bemuhte sich Durer, die Praxis durch d ie Theorie z.u untermauern. Bereits vor
der uiederlandischen Reise harte er die ersten heiden Bande seiner Proportionslehre vorbereitet, deren Ausarbeitung er nach seiner Ruckkehr fortsettte (Abb. 127, 128). Aufgrund der zahlreichen geomerrischen Zeichnungen und lllustracionen, die zu didaktischen Zweeken dienen sollten, und des nocwendigen anciken Quellenscudiums wg sich die Ferrigsrellung der Proportionslehre hin. Durer hatte sich seit dem ersten Venedigaufenthalt .mit dem Problem der idealen menschlichen Proportion beschafrigt. Die Darstellung proporcional unterschiedlicher Korpenypen verband Durer mit der Lchre von den vier Temperamenren und wies so als erster auf den Zusammenhang von Korperbau und Charakter hin. Dec erste Band der Proporrionslchre behandelte g•omerrische Grundbegriffe wie Punkt und Linie, der zweite befagt sich mit Flachen und Korpern, wahrend Band drei und vier neben der idealen Erfassung von Korpern der Konsrruktion von Saulen, Buchsraben und Sonnenuhren gewidmet sind. Im Anhang finder der Leser, Ktinsder und Kunsthandwerker, eine kurze Per-
128 •Vter BUchert.ur men.schlichen Proportion•, aus Buch 1: &itm- und Vort.kransirht da wtibliclnn
7-K.pftypus Soaatsbibliothek, &mberg Die Erkenntnisse, die DUrtr aw $Cinen lebensl~ng,c:n Studien rur Idealproponion des menschlichcn K~rpcn nach MaBen und Zahlen '7.0&· (aBce er in den •Vier BUchern zur mensc:IJiichen Proponion• rusammen, die erst posthum vc:r6ffendichr wurden. Der Kopfbildcce dabc:i ck:n VergleichsmaBsr2b ftlr die Messung der Ubrip KOrpcneile.
spektivlohre und Anwoisungon zur Benunung von Uichcnappararon. Die Proporrionslehre wurdc posrhum von WiUibald Pirckheimer und Diirers Frau Agnes hcrausgcgobon. 1527 publizierte Durcr noch seine Befestigungslehre, die er dem Bruder Karls V. Konig ~rdinand (1503 1564) widmete, derals Konig von BOhmen und Ungaro gegen die Ttirken kampfte. Oieses Lehrbuch behandelr in scchs Kapiteln untersch.ietUiche Fortifikarionen, Formen der Befestigung von G ebauden , Stadten oder Planen auf freiem Feld. Durers Theorie des Festungsbaus verweist auf italienische Baumeister und -traktate wie die der Architcktunheoretiker und Architektcn Alberti (1404-1472), Filarete (um 1400 -1469), Bramante (1444-15 14) und Leonardoda Vmci (1452-
1519). Doch ist nicht gokliirt, welche dieser Schriften Durer kannte. Diirers rheoretische Schriften w:~rcn die ers<en V<roffendichungen zu don genannten Thcmen in deu tscher Sprache und d ien tcn nachfolgcnden Gonerat.ionen als L::hrbticher und Studicngrundlagen. lm •aesrhetiscl1en Exkurs• der Proportionslehre schrieb DUrer seinen vielzitierten Satz, mit dem er die Norwendigkcit einer Erfassung der Gesenmailigkeiten der Natur durch Reduktion auf m arhcmarische und gcometrische G rundprin zipien deutlich machte: • Dann warhafftig steckt die kunst inn der natur/wer sic herauB kann rcyssen der hat sie/ vberkumbstu sie/so wirdet sic dir vii fcls nehmen in deinem werk vnd durch die Geometria magstu dcins wercks vii beweysscn.•
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» DuRER 1sT T oT
Es LEBE DuRER « .
DuRER-RENAissANcEN voM
16.
129 DOlUS Haarlocke Kuplmtichbbinct! det Abdemic der Bildendcn Kllnstc, Wicn Nahc::w a1s Rdiquic wu.rdc Duren Haarloc:ke. die sein SchUler Hans Baldung Grien am zweiten Tag nach seinem Tod ab&chnitt, Uber dje Jahrhundene vc:rehrt. 0... Hcrkunft i.st llkkcnlco belegt. Sic bc&nd sich zunkhst im S..ia des DOIUSchOkn Hans Baldung Gricn, gclangtc uber den Konsdcr Nikolaus Kl<met, dcr den NachlaB Baldungs 1545 vcrw>ltetc, im 17. Johr· hunden in den Besia. des Kunstsammlcn Balthasar Klinas<. Heinrich Scbosrian HOsgcn (17~5-IMn, dcr cin • ...,.. Vcruichn~ dcr Druclcgnphik DiltuS hcrawobnchtc, Obe...Jun die •R.cliqui.., die r<hlic6lich, nach .,.;,...., Zwi$chcnstationcn im 19. )ohrhunden, des .,...rcniJcbe M>k< Eduan! S<cink (1810 -1886) <rhld<. Di- oberpb Jic det Sammlung det Akadcrnic det Bildenc:kn Ko.nste in Wien, i.hrem hcurigm
Aulbewahnmport. 130 Giulio Cami"'W'nla S,.S.~ "-"" Vlfli""· um
1506 (DcrJil) furui< DiltuS
m.ko Scunla dd Carmine. Padua Giulio Campagnobs (1482- 1515) Dorcrbildnis in cin Bc:ispid daftlr, cb.8 Diln:r na l..ebzeiten berciu aucb in Icalien bcrtlhmt war. In der Sz.ene dcr Marienhochu:it bcfindet sich der KUnnler inm.itte.o der Zuac:hauench.ar und blick< dcm Bttrach<er enrgcgcn. Er i>t als vomchmcr Herr in einen Iangen Manttl gddeidet und trl.gt ein B=t<. Das Bildnis lli.Br an die Texmdlc in Duren Brief an Willibald Pirckhcimcr vom Oktobcr 1506 denken, in der es hci6t: •0 wie wird mk:h nach dei sunnen friertn. Hier bin ich ein Herr, dobeim ein Schmarotzcr, t"-•
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BIS INS 20. }AHRHUNDERT
Es gibt wohl keinen Kiinst.ler in der deutschen Kunst· geschichte, derdutch dieJahrhundene bis in die Gegenwart so gefeien und verehrt wurde wie Albrecht Diin:r. Schon mit 30 Jahn:n wurde DUrer vom Niirnberger Theologeo und Rechtsgdehrten Jacob Wunpheling (1450-1528) in seiner 1505 erschienenen Schrift •Epithoma rerum Germanicarwn«als zweiter •Apd.les• bezeichnet und in seiner Kunst •Parrhasiosc gleichgesteUt, zwei beriihmten anciken Kllrutlem des vienen Jahrhunderts vor Christus. Wahn:nd Parrhasios flir seincn Umgang mit der Proportion und die tauschende Naturiilinlichkeit seiner Bilder bebnnt war, erlangte Appelles als hoftscher Bildnismaler Alexanders des Gro&n (336-323 v. Chr.) Ruhm. Der lllusionismus in der Malweise DilreJ$ verweist jedoch auch aufdie dutch den antiken Schriftsteller Plinius Uberliefenen Wett· streit zwischen Parrhasios und dem berUhrnten Maler uuxis (ratig urn 424- 421): uuxis malte Weintrauben, an denen Vogel:w naschen versuchten, Parrhasios einen illusionistischen Bildvorhang, den sein Kollege wegzmiehen versuchte. DUrer Rlhrte dicse Spielen:ien fOrt. Durch den Hurnanisten Christoph Scheutl ist iiberliefert, daJl Dilrers Hund seinen Herrn im &!bstbildnis im P.!zroclt, das nach dem MalprozeB zum Trock.oen aufgestdlt war, freudig begril&n woUte. Der Vergleich mit den anciken Kiinsrlern ist Gradmesser dafiir, daJl nicht out Diin:rs Druckgr2phik, sondern auch seine Malerei kun nach 1500 sehr geschaat war. Auch bei seiner zweiten Italienreise, die ihn nach Venedig und Bologna f\l.hne, wird DUrer als neuer Apelles begriiBt und gefeiert. Ein Zalgnis uitgtnOssischer We.rtschatzungist Giulio Campagnolas (1482- 1515) Dilrerpor· ttlit im Fresko der Marienhochuit in der Scuola del Carmine in Padua (Abb. 130). Es zeigt DUrer in der Zuschauermenge als vornehm gekleideten Herro. Marcantonio JU.imondi lernte die Druckgraphik Albrecht Dilrers zum ersten Mal auf dem Markusplaa in Venedig kennen und war so begeistert, <laB er eigene Nachstiche mit DilreJ$ Monogeamm versah, was zurn emen urheberrechrlichen ProzeB der abendlandischen Kunsrgeschichte Rlhrte. Um sich vor Falschungen zu schiitun, steUte Diirer seinen Btichern des Marimkbms und der Apoltalypst cine eindriickliche Warnung an die Rauber und Diebe frernder Arbeit voran, die in der
Folge mit entsprechenden Sanktionen zu rechnen batten. Bereits vor 1500 imitierten Maler, Kupfersrccher und Ker.uniker Diirer-Stiche aufgrund ihrer Komposition und der fein ausgefUhnen ~natilrlichen« Hinter·
grundlandschaften. Zu Beginn des 16. Jahrhundercs BoB Diirer-Graphik in grollem Um&ng in die franrosische Buchmalen:i ein, vor allem Pariser lllusrraroren verarbeiteo Szenen des Marienlebens und der Passion. Kurz vor 1600 war die Nachfrage nach DUrers Graphik so groB, daJl eine Aut von Nachscichen und Kopien den Ma.tkt iiberschwemmre. Die Wiederholun· gen wunle bis ins 18. Jahrhunderr nahc:zu ununrerbrochen fortgesear. Die Platten wanderten durch viele Hande, die Nachsciche und Kopien dienten luufig zur Illustration von Gehet- und An<lachtsbiichern. Kun nach Diirers Tod enrbrannte ein wahrer Per· sonenkult. Nach zwei Tagen wurde die beriihmte Haarlocke ahgenornmen und von Kilnsrlern und Sammlern-von Hans BaldungGrien (1484/85-1515) iiberGoethes Freund Heinrich Hiisgen (1745- 1847), der 1778 ein erstes Verzeichnis von Diirers Druckgra· phik publizierre bis bin :wm N:wuener Eduard Steinle (1810-1886) - wie cine verc:hrungswiird.ige Reliquie behanddt, bevor sie 1873 in einem silbernen •Rdiquiar« in die Wiener Akademie gdangte (Abb. 129). Dn:i Tage nach dem Begriibnis oBnere man sein Grab, urn Gesicht und Hande in Gips abzuformen. Die Totenmaske be&nd sich bis ins 17. Jahrhundert im Besitz des niederlandischen Malers Frederik van Valckenborch (1570-1623), der DUrer sammdte und gltibend verehrte. Sie wunle 1729 vermurlich beim Brand der Milnchner Residenz zersrort, wo sic der Sammlung des bayerischen Kurfiimen Maximilian I. angehorte. Die Nachahmung von Graphik und Malen:i Dii.rers seate sich in den folgenden Jahrhunderren IOrt. Ben:its im spaten 15. Jahrhundert hatte sich, ausgehend von der Erfindung und Verbreirung von Druckgr2phik ein privarer Kreis von Sammlem und Liebhabern der noch jungen Dilrer-Kunst gebildet. Mit der funkcionellen Veriinderungen der Graphik und den bohen Auflagen, die durch Diin:reingdhhrtwurden, wuchs das Inreresse der Sammler noch mehr. Druckgr2phik wurde runehmend als eine der Malen:i ebenbiirtige Kunstgat· rung angesehen. So bestand gro& Nachfrage, die auch
131 Ein jung" Ft/Jiwr, 1502
Wasser路 und Oeckfarbcn aufPapier, 25,1 x 22,6 em Graphische Sammlung Albenina. Wicn Vermudic:h nach cinem lebcnden ModeJI enatand das berUhmre AquardJ cines Feldhasen, das cine bn:ite Rez.eption erfuhr und ncbcn den &tmdm H/Jnden {Abb. 78) und dem Winemttitk im zwanrigsccn Jahrhunderr masse.nhaft reproduziert wurd.e. Wes.entlich und neu an dieser Studie ist die kbendige Darstdlung des
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Tiers. Das Hasenfell isc in z.arren Abnufungen und Schattierungen mit verschiedcnen Pinselmichen wiedcrgegeben. lm glan.z.enden Augc spicgdt sich cin Fenscerkreu1;- zu dcuten als Spiegel der Seelc. Das VcrmOgcn, cinem 'Iierbildn~ individuellen Ausdruc:k zu v~Jeihen, trug vtnnutlich xu der groBtn Nad1folge des Bb.nes bti.
132 Hans Hofmann HilS<, 1528 Aqu.21rdl und Decltf:uben auf Perg;a.ment, 32,5 x 25.6 em Kupferstichbbinett, St:utlichc Museen zu Sc:rlin- PrtuBi.scher
133 funs Hofinann Eichhiirn<INn, I 578 Aqua.rdl und Deckfarbc::n aufPc.rgameut, 25,1 x 17,7 em National Gallery of An, WashingtOn
Kulturbesit'Z, Berlin
Hofmanns an einer Hasdnull knabbemdes Eichh~rnchen gehr nac:h ~ung verschiedener Forscher vermudich auf eine veriorcne A.rbtit von DUrer Uli'Udc, in dcm ein zwt;ites 1ier im verlort:nen Profi1 das vordere ergim.te. M6g.licherwe.isc S2h der Ktinscler die Ortginals(Udi e durch Vcrminlung der NUrnberger Familie Imhoff, die zahlreiche Werke von OUter besaB und sie ihm Rlr seine Studien bereitwillig awlieh. lm ~nsatz. w 5einer Hasensrudie nach Dilrer (Abb. 132) wies Hofma.l\11 das Blatt durdt. sein eigenes Monognmm und die Jahrettahl aus. Oje ttthnische Perfektion und die Natu.meue, mit der die Sruclie ausgefiihrt ist, kennz.cichnet den manieristischen S{il. Tn der Wiedcrgabe des Fells bezog sich Hofmann auf Kopien nach Dorcrs LIJwtn.
Zu den bdtanmesten Nachahmern insbeoondere der lier'$tudicn OUrers Uhlt der NUrnberger KUnstler Hans Hofmann. Ab 1582 II., der cin groatr Verchrer und Sarnmler Albrecht OUrers war. Die Darstellung eines Mommelmanns von oben, nach einem verlorenen Original, ist mit Di.irers Signarur versehen . Die Datierung in DUrers Todesjahr lcgt jedoch die Vamuru.ng nahc:. cbÂŁ dieR:5 Bl:m niche aurhentisc:h ist. Die fonndhaflen Piruclz.Uge im HasenfeU sowie d~ gepunkteren Strichc an den Ohrcn sind fur die Malwcise Hofmanns charakterisrisch. w:u er Hofmaler lUiser Rudolphs
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I34 Hans Hofmann FlO~/ ~inn- Bkzurackt Aquarell und Deckfarben auf Pergamenc, auf Papier :auf'ge7..ogen, 19 x 20,9 em
Mus« Bonnar, Bayon~ Obwohl mit Diir«s Monognmm verscheo, wurde in dicscm Blart eine Kopie Hans Hofmans nxh Durer guchen. Die Farbigj«it ist maro:r, die Farbubergang< weniger orgmisch und die FedCtSrdlung weniger spannungsreich a1s in DUren Blau.
135 Fluf!l -'ncr 8/aunu:/u, 1512 AquareU und Dcckfarbc:n aufPerpment, 19,7 x 20,1 em GraphischeSammlungAibenina, Woen
Unter den Vogd.nudicn find Dorm o..,<dlung eina Blaund<enBugds die mei$ten Nachah.,.... Nad> dan Vod>ild Leonardo da Vmcis fertigre Dfin:, Srudicn zahlreicher Tiere aus untcrschiedlichen Perspekriven an, die ab freies Srudienmuerial dienten. Die Blauracke war ~ur DUreru:it in FJ<lnkcn anzutrefrcn. f-arbenprachtig p"-sentiert sich die Obc:11tite der lin ken Schwingc::. o~ Gef'ieder isr in seinen unterschiedlichen Blau, Griin· und Br2unc6nen pl.astisch erf.illt. Das leuduende Rot am unteren Teil und obco Jinb deucet auf die blmende AusriB.stelle. Dio;c Schwinge diente OiJrtt im weiteren Sinne a1s Vo.bild ffu Eng<bflugel. Die frine, kkinr<ilige Linienfllhrung verweist auf DOters Strichtechnik in der Oruckgraphik. Die SlUdie steht mit ihrer Malcechnik ~wi.schen Tafdmalerei und Zeichnung.
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das Kopieren und Nachahmen von Dilrergraphik siidlich und nordlich der Alpen unmittelbar nach ihrer Veroffentlichungerklan. Fiir je<len Bereich der Graphik und der Malerei Diirers bilderen sicb Nachahmer, KDpisten und Fiilscher heraus. Diirers umfangreiche Tier- und Pflanzenstudien bcispidsweise Ianden im 16. und 17. Jahrhundert eine breite Nachfolge. Insbesondere zwei Kiinstler am Hofe Rudolphs II., Hans Hofman und Georg Hoefnagel (1542-1600) zeichnen sich in ihren :zahlreichen Naturstutlien, mitunter nach demselben Werk, durch • lmit2tio• Durers aus und f'.i.lschten sogar sein Monogramm, wie die Studien nach Diirers Hasen oder dem Flugel tinrr Blatmtclte exemplarisch beweisen (Abb 132 - 134). Die steigende Nachfrage nach Werken von Durer fuhrte gegen Ende des 16. und im 17. jahrhundert sogar zur plastischen Umsetzung :zahlreicher seiner ptofanen und religifuen Werke (Abb. 136). Anonyme Kiiruder verarbeiteten seine Kupferscichponrats Mine des 17. Jahrhunderts in Bildnismedaillons, Stiche wie Dtr t~trlortnt Sohn oder Einzelblaner der Kupfmtirhpassion wurden in Materialien wie Elfenbein oder Holz im Relief imitiert. Die inflationare Nachahmung Ourers gegen Endedes 16. und zu Bcginn des 17. Jahrhunderts stehr aucb im
Zusammenhang mir der fanarischen Diirer-Begeisrerungetwa Kaiser Rudolphsdes II. (1552- 1612),dessen sammlerisches Bcsrreben der Anh.aufung von Heiltiimern und Reliquien glich. Der Kaiser feiene Durer in fast religiosem Sinne, was in der prou:ssionsarrigen Oberflihrung des Rostnkranzfistts von Vene<lig nach Prag einen Hohepunkt erreichte. Jede angesehene Kunstkammer und hofische Sammlung besall Graphik von DUrer. Um 1600 flihne die hofische Sammelwut zu umfangreichen und hochwertigen Best2nden, deren herausragendsre die des bayerischen Kurflirsten Maximilian I. und Kaiser Rudolfs II. waren. Anfang des 19. Jahrhunderts hoben als ersre die Nazarener, die die Kunsr des Mirrelalrers und der Renaissance roman tisch verklanen, regelmallige Durer~iern aus der Taufe. Die ~ier zum 300. Todesrag zog im Jahre 1828 Tausende von Besuchem an. Es war die Zeitder Diirer-Oenkmiiler. Diirerals berilhmter Malerfurse und •deurschesrer alter deutschen Kunsrler• wurde von Bildhauern wie Christian Daniel Rauch (Abb. 4), Franz Xaver Reich (1815-1881) und vielen anderen idealisierend im Denkmal verewigt und hielr auf diese Weise Einzug in die frilhesten deutschen Museen.
137 PauJKiee,willim<P"";.",aucft,fMmMUI#T,1~ 178 (R 18), Fettlu<ode, M..U Zulu, ouf simili-japon, M:uU Bambou Japon Lcyss<, m;r Lamrupfen aufKarton, RandlcUte auf dem Karton unten mitTuue, 29.S x 21 em Paul-Klee-Srihung. Kunnmwturn, Bern
136 Anonym Dtr wrlortnt S4hn D<ucschland,17.jahmundert Rdief. Buchsbaum, 11,2 x 13,9 an Kunuhistorisches Museum, Wien Ein B<i>piel flU die bmn: R=ption des Kupf<midu >nl.mr• S.lm (Abb. 38) is! dieoes Budubownld;ef
em
'"' dem 17. jahmunden. Wlih=d ,;m die u:mrale Szt:ne des verlorenen Sohncs inm.iucn der Sc:hwcine noch eng an cbs Vorl>Ud anlchnr, ist der lan<bchafrliehe Hinre:rgrond ftti umgcm.ltet. D~ Wtederg;a.bc im Rditf verlien FgenUbet dem Kupfcrsdch an Lebendigkeir und wirkt sogar insgesam1 Racher.
138 Kbw Saoed<. z.,. K.•.Jirnwio•. 1970 S;.bdnock m,...; Farbcn, 73 x so em
Oiirm BiJdninc:idmung der Murter dience Klee ak VorbiJd fb.r .cine bmlhmtc S<r;chWd>nung, dH: a4 allgcmcingllltiges Symbol fUr Alter,lc;d und VerF.a.ll steht und sich d.ami.t von dcr persOnlichen Dimension det OUrer-Zeichnung entfemt.
Eine Anrwort auf d;e V«Bbchende, dcucschrllm<lndc und vtrlduchcndc lnr<rprecation, d;e dH: &tmdm Hiituk (Abb. 78) durch die Massenreprodllk.rionen und ihre Nuttung als Waoddckor bOtgcrlkhcr Wohnsrubcn erfuhren, war Klaus Sraecb Plabt :wt Konfirmation, ln dc:m cr auf dje •Oaumensduauben«, c:bs heiSt die Gewalt, die: Oiire:t dam it anpn wird, hinwies und die betenden H~nde mit %Wei Schraulnwingen symbollsch fcstfhgte.
DUrers Werk und seine Person wurden jedoch auch zur ideologischen Interpretation vereinnahmt, so seit der Romantik und DUrer-Renaissance als lnbegriff des deut>ehen Ktinsdets und als solcher aucb Ubetspitzt in den dreHliger Jahren unseres Jahrhunderts. Seine Drucke wurden in den sogenannten Reichsdrucken mittds eincs fotographischen Verhhrens, das auf Kupfcrplatten projiziert wurde, wicder aufgelegt. Dit bttmdm Hiindt (Abb. 78), tine Vorsrudie zum HtlkrAitar, hidren ebenso in zahlrcichcn Reproduktionen Einzug in deutsche Wohnzimmerwie derfungt Ftldhast (Abb. 131) oder das grollc: WitstmtUt:k, und fiden, her· ausgdosr aus ibrem Bcdeurung;konrext, einer deut>ehtUmelndcn Verlcitschung anhcirn. Aucb dies fand in der Kunst des 20. Jahrhunderts scinen Widerlull, als bcispielsweisc Klaus Sracck in scincm 1970 entstandenen Siebdruck Zur Konfirm41Um (Abb.l38) mit verschraubtcn bctcndcn Hiinden dicsc Form dct ideologischcn Durenezcption in Frage stdlte. Sdbsr die klassische Moderne von Corinth bi, Klee schuf zahlreiche Variationcn zu Werken DUrers. Paul Klee (1879-1940) war von der KohlczeichnungBi/dnis dtr Mutttrso faszinien, d:ill er sie mit in ciner Zeichnung verarbcirete (Abb. 137). Auch der Schweizer Bildhauer Alberto
Giacornetti (1901-1966) oder der Surrealist Andre Masson (1896-1986) rczipienen Dilrers Graphik und semen sie in eigene Zeichnungen um. Die Namen bekannter und weniger bekannrer KUnsderdes 20. Jahr· hundcrts, die sicb mit Albrecht DUrer auf ibrc Weise auseinandcrgesetzt haben, sind zahlrcich. 1m DUrerJahr 1971 bezogen Kilnsder wie Alfred Hrdlicka (geb. 1928) und Vicror Vasarely (1908-1997) Stdlung ,;u ihrem per50nlichen Verhilltnis ,;u DUrer. Abet auch in den achcr.iger Jahrcn sctzten sich Kunsder mit Dilret· Werken auseinander: So bilden atht Sthkifrnbildtr Sigmar Polkcs (geb. 1941), die 1986 im Rahmen seiner Gesamtgcsraltung des deutschen PavWons der XLIII. Biennale in Vencdig entstanden, einen Rdlex auf DUrets Grofo• Triumphwagm. 1m Ensemble von acht Bildern, analog zu den acht Blinern des Holzscbnjtts, reduzierte Polkc die Tugendpersonifikationen auf die Scblcifen ibrer Spruchbander, die, im DUrcr-Holzschnitt reincr Dckor, hier zentrale Bedeutung erlangen. Der Bildhauer }Urgcn Gnera (geb. 1939) verarbeitete nnch in den spaten achcr.iger Jahren die •lkonena DUrers und verballhornte Dit btttndtn Hiinrk, das WitstnstUt:k und den f•mgtn Ftldhasm auf humoristische Weise.
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ZEITTAFEL
1471 21. Mai: Albrecht Diirers wird a1s drines von aehczehn Kindern des Goldsehmieds Albreeht Diirer (urn 1427- 1502) und Barbara Holper (urn 1451-1514) geboren. 1484 Erste erhalcene Arbeir: &lbstportrait im Aiur von 13 jahrm. naeh 1485 Lehre als Goldschmied in der Werkstatt des Vaters. 1486 30. November: DUrer beginnt als Lehrling in der Werkscacc des Malers und Unternehmers Michael Wolgemut in Niirnberg. 1489 Gegen Ende des )ahres beendec er die Lehre. 1490 Am I I. April (kurz nach Oscern) tritt DUrer die Wanderschaft an. Sra<ionen der ersten zwei Wanderjahre unbekannc. 1491/1492 Besueh bei den Brtidern Marcin Schongauers in Colmar. Weiterreise naeh Basel, don tiitigals Zeiehner fur den Holzschnitt. 1492/1493 Aufenthalc in StraBburg. 1494 Im Friihjahr Geselle in Stra.Bburg. Am 18. Mai (kurz naeh Pfingsten) Riickkehr nach Niirnberg und Heirac mit Agnes Frey. lm Herbst Reise tiber Innsbruck naeh Venedig. 1495 Im Spatfriihjahr RUckkehr nach Nilrnberg tiber Trient, den Gardasee und den Brennerpall. urn 1495 Beginn der Tatigkeit als Kupferscecher. 1498 Veroffentlichung der Apokalypst, einiger Blatter zur Grojfm Passion und anderer Einzelblaner. 1500 20. April: Begegnung mit Jacopo de Barbari in NUrnberg. Er gibt den lmpuls zu Diirers Proportionsstudien. 150311504 Ersre Holzschnitte der Folge zum Marien Ieben. Ab 1503 datierr DUrer die Kupfersriche.
1507 Wieder in Venedig. Ruckreisenaeh Niirnberg tiber Augsburg. 1508/1509 Arbeit am Htlkr-Altarund Fertigscdlung des Gemaldes Dit Marttr dtr ilhntausmd Christm. 1509 Kauf des Hauses am Tiergarcner Tor. Vollendung des Htlkr-Altal'$. 1511 Erscheinen der Buchausgaben der Crojfm und Kleinm Passion, des Marimlebms sowie der zweiten Ausgabe der Apokalypst. Arbeic am Allerhtiligmbild. 1512 Aufenthalt Kaiser Maximilians I. in Ntirnberg. Beginn der Ehrtnpfortt. 1513/1514 Meistersciche Ritter, Tod und Ttuftl (1513), Himmymus im Cthiius, Mtlancholit(l 514) 1515 6. September: Wahrend eines Aufenrhaltes inNUrnberggewahrt Kaiser Maximilian I. DUrer eine jahrliehe Zahlung von I 00 Gulden. 1517 Reise nach Bamberg. Besueh bei Bisehof Georg III. von Limberg. 1518 AnwesenheicaufdemAugsburger Reiehstag als Mitglied der Deligation der Stadt Nlirnberg. 1519 12. Juli: Tod Kaiser Maximilians I. in Wels. Der Nurnberger Rat weigert sieh, ohne schrifcliche Bestii<igung Kaiser Karls V. Durers Jahresgehalt wei<erzuzahlen. 1520/1521 Reise in die Niederlande. DUrer fiihrcdas Tagebuch der niederlandisehen Reise. 1522 Die Stadt NUrnberg zahlt Durer ein Honorar von I 00 Gulden fur seine Enrwurfe von Wandmalereien im gro&n Rathaussaal 1525 Erseheinen der Perspekcivlehre •Unterweisung der Messung mit dern Zirkel und Riehrseheit•. 1526 Zu seinem Gedachtnis stiftec Diirer dem Stadrrat Nurnbergs die V'ur AposuL
1504 Kupferstich Adam und Eva. 1527 Die Befestigungslehrewird veroffendieht. 1505 - 1507 Zweiter ltalienaufenthalc. 1505 Aufcrag fur das Rosmkranzfost. 1506 Fertigscellung des Rosmkranzftstes. Reise nach Bologna.
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1528 6. April: Tod DUrers in NUrnberg. Posthum erscheint sein theoretisches Hauptwerk • Vier BUcher der mensehliehcn Proportion«.
GLOSSAR
Allegorie (grch. allegoria; zu allegorein, •anders abbilden<), Gleichnis, Veranschaulichung abstrakter Begriffe und lnhalte mittels sinnbildlicher Darstellung, meist in Penonifikationen (in Gestalt von Personen) odtr szenischer Situationen. Allerheiligenbi.ld, Damellung der Anberung des Laments als Symbol Christi durch d ie Chore der Hciligen, die von den Patriarchen und Propheten sowie den Vertretern aller Sramme, Narionen und Sprachen umgeben sind. Der Bildtypus gehr zurtick auf bestimm te Textsrd len der Offenbarung des Johannes, das lettte Buch des Neuen Tesearnentes, sowic auf das durch Papst Gregor IV: (t 844) und Kaiser Ludwig den From men (778 -840 n. Chr.) im 9. Jh. endgiiltig cingefiilirre Fest •Allerheiligen• am I. November. Altarbild (lat. altare, •Opfertisch•), auch Altartafel, Bildwcrk, das im Mindalrcr haufig Aldire schmtickt. Zunachst isr dieses als Goldschmiedearbeit oder plastische Figuren gearbeitet, sparer encheint es in gcmalter Form. Der Schmuck kann aus einem einzelnen Bild oder mehrteiligen Tafdn besrehen. Ofrmals erhebt er sich hinterdem Altar oderalsAltarrerabd (Alraraufsatz) tiber dessen rtickwartigcr Seite. Anna Selbdritt, ein im Zuge des spiitmindalrerlichen Annenkulres aufkommendes Bildmotiv, das die DarsreUung der HI. Anna mit ihrer Tochter, der Jungfrau Maria, und dem Chritusknaben zum Gegenstand hat. Antike (frz. antique, •altertlimlich•; zu lat. antiquus, •alt•), das griechisch-romische Altertum. Es beginnt mit der frtihgriechischen Einwanderung im 2. Jh. v.Chr. und endet im Westen 476 n.Chr. mit der Ahserzung des romischen Kaisers Romulus Augustulus {urn 475 n. C hr.), im Osten 529 n. C hr. mit d er Schlidlung der Plaronischen Akademie durch Kaiser Justinian (482-565 n.Chr.). Apelles (urn 330 v. Chr.), griechischer Maler. Einige seiner nur literarisch Uberlieferten Bildkompositionen werden venuchsweise von Malern der Renaissance rckonstru.ien.
Apokalypse des Johannes (zu grch. apokalyptein, •enthU!len, offenbaren•), auch Offenbarung des Johannes, das lettte Buch des Neuen Testarnentes. In drei Visionen wird das Srrafgericht tiber die Erde in Form furchrbarer Narurkacasrrophen, der Kampf zwischen den b&en und guten Machren sowie die
Wdtunterganges und die Wiederkehr C hristi beinhaltet. Die Reiter verkorpern das Uber d ie Menschen hereinbrechende Ungliick, wiezum Beispiel Pes<, Krieg, Hungersnot und Tod. Ihre Am ibure (Beigaben) sind Bogen, Schwert und Waage. In Bildwerken finder man zum Teil den enten Reiter durch einen H eiligenschein als Chrisrus ausgewiesen. Die Farbe seines Pferdes ist weiB, die der anderen sind rot, schwarz und lalb. Apokryphe (zu grch. apokryphos, •verborgen, un tcrgeschoben•), n icht in den Kanon derbiblischcn Schriften aufgenommene jUdische oder christliche Z usatzschrift :tum Alu:n odt:r Neue.n Testament. Apostel (grch. apostolos, •Scndebore, Vorkampferc), einer der zwolf Junger Jesu, von ibm selbsr aus der groBen Schar seiner Anhanger ausgewahlr, um sein Werk fortzusetze n und das Evangelium zu verktindcn.
Ars moriendi Oat.,•die Kunst fromm zu srerben•), Sterbebuchlein, sparmitteralrerliche Erbauungsrrakrate, die die Kampfe des Himmels und der H olle urn die Sede des Srerbenden vorf"uhren und dem Christen das richtige Verbal ten in der Todesstunde empfehlen. Auribut (lat. attributum, •das Beigefugre•), der einer Person zur Idcntifiz.ierung beigegebene Gegcnsrand oder das eine Person kennzcichnende Symbol, meist in Bezugnahme auf einewesentliche Begebenheit in deren Leben. Oair-Obscur-Druck(frz., •heU-dunkel• ), Holzschnitttechnik in Anlehnung an die Heli-Dunkei-Zeichnung, deren Wtrkung auf dem Einbeziehen des Zeichnungstriigers in die Bildgesralrung beruht. Bei Clair-ObscurDrucken werden deshalb aus der Druckplatte die Stellen dcr Lichter ausgespart, so dall bier das Weill des Papiers wirken kann. Bei Farbdrucken werden die farbigcn Flachen mit Tonplanen, die schwarzen Kontuttn meist mit einer besonderen Linienplatte gedruckt, sofern nicht - wie in ltalien - auf diese verzichtet wurde. Diptychon (lat. diprychum; gtch. diprychos, •doppel t gef.lltet•), in der Antike einc zusarnmenklappbare Schreibtafel; in der mittelalterlichen Kunst ein zweiflilgeliges, aufklappbares Alrarbild (plastischer oder gemalter Altarschmuck), ohne feststehendes Mi<tdteil.
himmlischen Jerusalem dargestdlt. Mit der Anktindigung der W iederkehr Christi beim Weltende soUcn die d urch Verfolgung bedrangren Ch risten getrfutet und zugleich auf die damit zusarnmenbangenden Greuel vorbeneiter werdcn.
Dominikanerorden Oat. Ordo Fratrum Praedicarorum, •Orden der Predigenden Bruder•), vom HI. Dominikus (1 170-1221) in Toulouse 1216 gcgrilndeter Berrelorden, der der Ausbteitung und Verreid igung des Glauberu durch Predigt und Unterrichtungverpflich<et isr. 1232 werden die Dominikaner vom Papst mit der Durchfubrung der Inquisition, des Kirchengtrichres gegen Glaubensabtrlinnige, heauftragt.
Apokalyptische Reiter (zu grch. apokalyptein, •enthUllen, offenbaren•), die vier Reiter in der •Offenbarung des Johannes• (6,2 - 8), die die Beschreibung des
Einblattholzschnitt, frilheste Werke des linearen Buchdrucks, zwischen 1400 und 1550 als Einzelblatter in Schwarz.linien-Hochdruck hergesreUr. Sie rauchen erst-
Einheit eines neuen Himmds und einer neuen Erde im
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Olfarbe, die aus trocknenden O len, Zusatzen und in 01 sdbst unlt>slichen Farbpigmenren (F.arbiges Pulver) gemischte, lichrbesrandige Farbe flir kunstlerische Zwccke. Als Bindemirtel der Farbpigmente fur die Olmalerei kommen vor allem Lein-, Mohnund Walnu!lol in Frage. Omat (lat. omarus, •Ausseartung, Schmuck, Kleidung•), feierliche Amrstracht der Wiirdenrrager der chrisdichen Kirchen. Parrhasios (urn 420 v. Chr.), griechischer Maler der Spiitklassik (urn 400-300 v.Chr.). Neben Zeuxis (urn 425 v. Chr.) und Apelles (urn 330 v. Chr.) .ahlt er zu den beriihmtestcn Kunsdern der Antike.
Patrizier (lat. patricius; zu pater, •Vater«), ursprUnglich Mirglied des altromischen Adels; seit dem Mittelalter Beuichnung fur einen vornchmen, wohlhabenden Biirger. Patrozinium (Jar. patrocinium, •Schuttherrschaft•), Beistand cines Patrons (Schuttherc) vor Gericht; die Schutzhercschaft cines Heiligen, dem ein Kircheobau geweiht isr; Feiereag beziehungsweise Fest des Schutzheiligen einer Kirche.
Pro log (grch. prologos, • Vorrede«), Einleitung, Vorwon literarischer Werke. Proportion (lat. proponio, •Gieichmall, Ebenmall•), Grollenverhaltnis; in der Malerei, Skulptur und Architektur die Mallverhaltnisse einzelner Teile zueinander und zum Ganzen. Wich tige Proportionslehren sind: 1. der Kanon (grch., . Richtmall«), bei dem filr die Proportionen der menschlichen Gestalt als Malleinheit meist der Kopf, im Verhalmis 1:7 oder 1:10 zum Korper, gilr; 2. der Goldene Schnier (Jar. sectio aurea), bei dem eine Streeke (A) in einen kleineren (C) und einen grolleren Abschnicr (B) so gereilt wird, dall sich A:B wie B:C verhalr; 3. die Quadratur (micrelical. quadrarura, •Abvierung•; zu lat. quadrate, •viereckig machen«), bei der das Quadrat als Ma&inheit zugrunde liegt; 4. die Triangulatur (zu lat. tri .. . , •drei ... • und angulus, • Winkel, Eekec), bei derdas gleichseitige Dreieekzur Fesdegung konstruktiv wichtiger Punkte verwender wird; 5. die H armoni.!che Propocrion, bei der die Saitenliingen- und Schwingungsverhaltnisse musikalischer lmervalle aufarchitektonische Mallvethalmisse iibenragen werden, wie zum Beispiel die Okeave = I :2, Quinre ~ 2:3 und Quacr • 3:4. Putto (ical., •Kindlein, Knablein•; zu lat. putus,
Pendant (fn., •hiingend«), ergiinzendes Gegenstilck, Enrspcechung.
• Knabe.), Figur eines zumeist nackten, kindlichen
Personifikation (zu lat. persona, •Per.Onlichkeit« und facere, •machen«), Vermenschlichung von Gottern, Begrilfen oder Dingen.
Rdiquie (lat. reliquiae, •Oberrest, Zuruekgdassenes•), Korpecreil eines Heiligen oder aus dem Besirz. eines Heiligen seammender Gegenstand, der besonderes verehrt wird.
Perspektive (mittellat. perspecriva (ars), •hindurchblickcnde (Kunst)•), Oarstdlung dreidimcnsionaler Gegensrande auf der ebenen Bildflache. Objekte und Figuren werden dabei weitestgchend gemiill den o prischen Bedingungen wiedergegeben, unrer denen sie einem Betrachter auch in Wirklichkeir erscheinen. Physiognomic (zu grch. physis, •Narur• und gnonai, >erkennen•), aulleres Erscheinungsbild eines Menschen, insbesondere des Gesichtes. Pieta (ital., •Erbarmen, Mideid•; zu lar. pietas, . Frommigkeit•,) auch Vesperbild (lat., •Abend, Abendstern, Westen•), Darstellung dcr trauernden Mu ttergottes, die den Leichnam C hristi in ihren Armen halt. Pluviale (mittellac., •Regenmamel•; zu lat. pluvia, •Regen•), auch Rauch- oder Chormantel, ein halbkreisformig geschnittener Ianger Mantel, der vorne offen i.!t und von einer Pluvialschlielle (Pectorale, Bcustkreuz) vor dec Brust geschlossen wird. Bischofe und Priester tragen ihn bei feierlichen Handlungen au&rhalb der Messe, wie zum Beispiel bei Prozessio nen oder Wei hen.
Engels.
Sacra conversaaione (ical., •heilige Unterhalrung•), Oarstellungstypus des wUrdevollen Beieinanders von Maria und mehreren H eiligen. O cr Begriff isr irrefLihrend, da keine ratsiichliche Unterhalrung dargestellrwird. Schaube, weiter, vorn ofTener Mantelrock dos Mittelalters Schmerzensmann, Darstellung des leidenden, von den Schmerzen des Marryriums (aufgrund dos Glaubens erlitrene Qualen) gezeichneren C hri.!tus. Signoria (ical., •Herrschaft«), seir dem spa ten M ittelalter lei tender Rat beziehungsweise Regierung iralienischer Stadte. Meist hat den Vorsirz. eine einzclne Farnilie. SOller (zu lat. solarium, •der Sonne ausgeserz.ter Teil des Hauses•), ein biszum Erdboden unterbauter, balkonaniger, mit einer Brtistung versehcner Ausrritt an oberen G..chossen von Gebauden. Tempera (zu lat. remperare, ,.richtig mischen, malligen•), Maltechnik, bei der die Farbpigmente (F.arbiges Pulver) mit einem Bindemitrel aw Ei, Leim
oder Kasein (wichtiger Eiweillbestand teil der Milch) vermischt werden. lm Vergleich zur Olmalerei trocknen die Farben schneller, so dall ein Nall-inNall-Malen nicht miiglich i.!t. Daher werden feine Schartierungen und Obergiinge mit vielen Lagen parallel gefilhrrer St.cichc erreichr. Farbunterschiede zwischen der nassen und der rrockenen Tempera machen es bei erwaigen Obermalungen schwer einen gleichen Farbton zu treffen. Topographie (zu grch. topos, •Orr, Stelle< und graphein, •(be-)schreiben•), Beschreibung einer geographi.!chen Orrlichkeit, moglichst mit genauer Verzeichnung aller Deeails. Tcinitat (lat. trinieas, •Dreiheit•), Oreieinigkeir; in der christlichen Glaubenslehre d ie Oreifaltigkeit Gottes in der Einheir von Vater, Sohn und Heiliger Gei.!r. Triptychon (grch. trprychos, •dreischichtig, dreifachc), dreiteilige Bildtafel, insbesondere als mittelalterlicher FlligeWear, aw einem fesrstehenden Mittelreil und zwei beweglichen Scitenfliigeln besrehend. Uomo universale (ital.), der gei.!tig und korperlicb allumfassend begabre und gebildete Mensch, der das kulrurelle Leitbild der Renaissance isr. Vanieas (lat., •Eirdkeit, Leete, Vergiinglichkeit«), auf dem Alren Teseamenr, • Vanieas vaniearum• (Alles i.!t eitel!), fullende Klage liber die Vergiinglichkeit und die daraus folgernde Nichtigkeit alles lrdischen. Besonders wahrend des Baroek isr der VanieasGedanke, in Verbindung mir der Mahnung • memento mori• (Bedenke, dall du sterblich bist!), haufig Gegensrand bildlicher Oarstcllungen. Typische Vanitas-Symbole sind unter anderern der Totenschiidel, die Sanduhr und die abbrennende Kerze. Wandaltar, Altarschrein mit mehreren Fltigeln, die eine Verwandlung der Alearansichren in sogenannte Fesccags., Sonneags- und Werkragsseiten ermoglichen. Zentralperspektive (lat. centrali.!, •im Mittelpunkt (liegend)• und mirrellar., perspectiva (ars), • bindurchblickcnde (Kunst)•), von Filippo Brunelleschi (1376-1446) zu Bcginn des 15. Jh.s encworfene, wissenschaftlich-mathemarische Methode perspektivischer Darsrellung. Fur den Berrachrer kreuzen sich aile in die Bildtiefe filhrenden Linien in einem Fluchtpunkt, eincm zentralen Punkt. Auf der zweidimensionalen Bild.fliiche wird dreidimensionale lllusion durch die genaue Verkilrzung und Proportionierung der dargestdlten Gegenstiinde, Landschaften, Gebiiude und Figuren gemiill ihrer tiefenriiumlichen Anordnung ermoglicht.
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AUSWAHL BIBLIOGRAPHI E
Albrecht DUrer: Von menschlicher Proportion, Hierin(n) sind begrilfen vier biicher von menschlicher Proportion, durch Albrechten DUrer von Niirenberg erfunden vnd beschriben, zu nun. allen denen, so zu dieser Kun1tlieb tragen. M. D.XXVIII. FaksimileAusgabe der Originalausg2be Niirnberg 1528, Nordlingen 1980 Albrecht Durer 1471-1971, Ausstdlungskatalog Numberg 1971, MUnchen 1971 Fedja Anzdewsky: Albrecht DUrer. Da.s malerische Werk, 2 Bde., Berlin 1971,2. Auflage 1991 Fedja Anzdewsky: DUrer. Werk und Wirkung, Stuttgart 1980 Gisda Goldberg, Bruno Heimberg und Martin Schawe (Hg.): Albrecht DUrer. Die Gemalde der Alten Pinakothek, Ausstdlungskatalog MUnchen 1998 Wolfgang HUn, Albrecht DUrer. Das gesamte graphische Werk, I. Handzeichnungen, II. Druckgraphik, Munchen 1970/1988
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Franz W~nzinger: Diirer, Reinbek 1971
Peter Kriiger: DUrers Apokalypsc. Zur poetischen Struktur einer Bilderzahlung der Renaissance, Wiesbaden 1996
Heinrich Wolffiin: Die Kunst Albrecht DOrers, Miinchen 1963, (1. AuAage, ed. Kurt Gerstenberg 1905)
Der Verlag dankt den Muscen, Sammlern, Archiven und Fotografen fllr die eneilten Reproduktionsgenehmigungen und die freundliche UnterstUt:zung bei der Realisierung diescs Buches.
VG Bild-Kunsc, Bonn 1998 (135 Mine); Kunstsammlungen der Veste Coburg, Coburg (86); Kupferstichkabinen, Akademie der bildenden Kiinsce, Wien (130); The Metropolitan Museum of Art, Bequest of Benjamin Altman, 1913. (14.50.633) Photograph © 1989 The Metropolitan Museum of Art, New York (109); Offendiche Ktmstsarnmlung. Basd- Foro: Martin Buhler (17); T he Pierpont Morgan Lbrary/Arr Resource, New York, purchased in 1910. 1,257 d. (67 rechts); Pushkin Museum der bildenden Kiinstc, Moskau (I06 1in ks);~ RMN, Paris(28) - Foto:G~rard Blo• (32), J.G. Berizzi (29), R.G. Ojeda (134 links), Queeq d' Henripret (113); Rheinisches Bildarchiv, Koln (I 00); Scala, lstituto Fotografioo Editorale, Antdla/Firenze ( 10, 15, 18, 33, 50 rechts, 51, 56, 72/73,76,84,85, 89, 101, 108 links, 115, 126, 127); Sraatsbibliothek, Bamberg (73 oben, 102, 128, 129); Staatliche Kunsthalle, Karlsruhe (3 1, 37, 38, 39 rechts, 40, 42, 44, 45, 46, 47, 48, 64, 65, 66, 87, 92, 93, 95, 97, 98, 99, 104, 105, 106 rechrs, Il l links); Staadiche Kunstsarnmlungen, Dresden- Foro: 10 Klu l (54, 117); Stiidelsches Kunstinstitut, Frankfurt a. M. (30 rechts); Universiratsbibliothek Erlangen-NUrnberg, Erlangcn (16); Woodner Family Collection© 1998 Board of Trustees, National Gallery ofArt, Washington - Foro: Richard CarafeUi (133 rechts).
ArchiTektur-Bildersetvice Kandula, Witten (9, 80); ~ Archivi Alinari, Firenu: (131); 10 Arquivio Nacional de Fotografia - lnstituto Portuguea.s de Muscus, Lisboa (119); Artothek, Peisscnberg (8, 52, 55)- Foto: Blaud/Gnarnm (63); 10 Ashmolean Museum, Oxford (26 links); Bayerische Scaatsbibliothek, Fotostdle, Miinchen (21 oben, 34 oben, 35); C Biblioteca-Pinaooteca Ambrosiana, Milano (94); Bildarchiv PreuJlischer Kulrurbesitz, Berlin (25, 27, 39 links, 50 links, 53, 67 links, 79, 107, 123, 124, 125, 1331inks)- Foto: Jorg P. Anders (36, Ill rechts, 114); 10 The British Museum, London (26 rechts, 34 unten, 11 6, 121); Doernerlnstitur, Bayerische Staatsgemaldesammlungen, Munchen (62); Edition Sraeck, Heidelberg «) VG Bild-Kunst, Bonn 1998 (135 rechts); Q Elke Walford, Hamburg (30 links); Germanisches Nationalmuseum, NUrnberg (14, 21 unten, 41, 68, 90, 110); Graphische Sammlung Albertina, Wien (I I, 23, 24, 6 1, 69, 74, 77, 82, 108 rechts, 118, 132, 134 rechts); Kunsrhalle, Bremen (120); 10 Kunsthistorisches Museum, Wien (71, 81, 83, 103, 135 links); Kunstrnuscum, Bern ©
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Doris Kutschbach: Albrecht Diirer: Die Altiire, Srung2rtl Zurich 1995