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Annarös Mühlemann «Wir nehmen alle Anliegen ernst

«Wir nehmen alle Anliegen ernst.»

Für schwierige Situationen während der Ausbildungszeit bietet «call» das Gespräch und den persönlichen Kontakt an.

Es wurde festgestellt, dass 10 % aller Jugendlichen, die in eine Berufsausbildung einsteigen, diese nicht mit Erfolg abschliessen können. Die Gründe für den Misserfolg sind vielfältig. Es kann sein, dass jemand wirklich mit den beruflichen Anforderungen überfordert ist. Oft sind es aber andere Gründe, die eine gute Leistungsfähigkeit und Lernerfolge beeinträchtigen oder verunmöglichen.

Annarös Mühlemann, der Begriff «Call Center» integriert in eine Berufsschule klingt gewöhnungsbedürftig. Was muss ich mir da genau vorstellen?

(lacht) Wir sind kein ‹Call Center›! Der Name ‹call› drückt aus, dass man an uns gelangen kann, um Hilfe und Unterstützung zu holen. Ein ‹Call Center› würde bedeuten, dass wir etwas verkaufen wollen. Das ist aber nicht so. Wir heissen einfach ‹call›, weil man uns anrufen kann, um Hilfe zu bekommen. Wir sind ein Team, welches sich anbietet, wenn es Probleme gibt. Die Herausforderung für uns ist es, dass wir bedarfsgerecht helfen und unterstützen können. Wir sind also primär für Lernende und für ihr Umfeld da und versuchen in Krisensituationen zu helfen.

Sie sagen «wir» – wer ist damit gemeint?

Wir sind ein Team. Die Arbeit für call ist Teil unserer Anstellung. Am bzi Interlaken und an der IDM in Thun existiert eine gemeinsame Organisation. Es gibt eine Telefonnummer, egal ob Jugendliche in Thun oder in Interlaken die Berufsfachschule besuchen. Wir haben eine gemeinsame Leitung und arbeiten nach den gleichen Grundsätzen.

Und wer kann an euch gelangen um Hilfe zu suchen?

Unsere Herausforderung ist es, Lernende, aber auch Lehrmeisterinnen und Lehrmeister sowie Eltern zu unterstützen, wenn es um eine Krisensituation geht.

Was kann es denn für Gründe haben, dass es nicht mehr weiter geht?

Das kann ganz verschiedene Ursachen haben. Unser oberstes Ziel ist es, Lehrabbrüche zu verhindern. Dafür müssen die anstehenden Probleme erkannt und die Schwierigkeiten angegangen werden.

Was sind das denn vor allem für Probleme?

Häufig haben die Lernenden mehrere Sorgen gleichzeitig: Unsicherheiten, Konflikte sowie gesundheitliche Probleme, Geldsorgen oder Prüfungsängste. Motivationsschwierigkeiten

«Unser oberstes Credo ist die Schweigepflicht. Wir behandeln alle Anliegen vertraulich.»

und Überbelastung sind häufig. Diese können entstehen, wenn Jugendliche den falschen Beruf gewählt haben oder merken, dass sie überfordert sind. In der Schule kann es immer Schwierigkeiten geben. Probleme am Arbeitsplatz, mit Ausbildungsverantwortlichen oder Vorgesetzten gibt es genauso. Persönliche Konflikte mit Erziehungsberechtigten, mit dem Freund oder der Freundin können ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Ausbildung haben. In selteneren Fällen ist der problematische Umgang mit Suchtmitteln ein Grund, dass es nicht mehr weitergeht.

Können sich auch Erwachsene aus dem Umfeld der Jugendlichen bei Ihnen melden?

Zum Beispiel Eltern können anrufen und tun das hie und da auch. Aber wir wollen möglichst zusammen sprechen und nicht über die Jugendlichen in deren Abwesenheit.

Wie sind die Lehrmeister einbezogen?

Auch Lehrmeister rufen hie und da an. Ein gutes Mittel ist immer ein ‹runder

Foto linke Seite:

Annarös Mühlemann mit Skiern oder Bike in der Natur unterwegs – ihre Lieblingsbeschäftigung! Tisch›. Hier sucht man dann gemeinsam nach tragfähigen Lösungen und fällt Entscheide.

Kann es auch heikel sein, wenn Sie über Problemfälle mit Dritten sprechen?

Unser oberstes Credo ist die Schweigepflicht. Wenn nicht eine offensichtliche Gefährdung vorliegt, wird das Gespräch vertraulich behandelt und ohne Einverständnis der Anrufenden werden nie weitere Schritte unternommen.

Wie häufig sind die Erfolge Ihrer Interventionen? Oder eben die allfälligen Misserfolge?

Die Erfolgsquote ist sehr gut. Unsere Triagearbeit hat eine Erfolgsquote von 95 Prozent.

Bringen Sie also die meisten ‹Problemfälle› wieder ‹auf die Schiene›?

‹Auf die Schiene bringen› heisst, dass die Jugendlichen auch selbst etwas tun. Und oft braucht es Profis. Wir sind nicht in der Lage, allen zu helfen.

Annarös Mühlemann

Jahrgang: 1969 Zivilstand: verheiratet, drei Kinder Hobbies: Velosport und Skifahren in jeder Form Beruflicher Werdegang: Ausbildung im Erwachsenenbildung, schulische Nachhilfe, Pflegekinder, Erteilen von Allgemeinbildendem Mitarbeit ‹call› Team seit 2014 zusätzlich zum Unterricht Internet: www.bzi.ch (Interlaken) www.idm.ch (Thun) Aber wir wollen allen den Zugang zu Hilfe und kompetenter Unterstützung ermöglichen. Wir nehmen alle Anliegen ernst und wollen erreichen, dass das Gegenüber Vertrauen fasst und kooperativ ist.

Gibt es ‹Kunden›, die mit ganz falschen Erwartungen kommen und dann sofort aufgeben, wenn sie bei Ihnen nicht das zu hören bekommen, was sie erwarten?

Es gibt eine Haltung, dass immer etwas oder jemand anderes Schuld ist. Das ist meistens eine anerzogene Haltung, gegen die man nur schwer ankommen kann.

Aber es kann schon sein, dass Jugendliche einfach überfordert werden, oder?

Ja, die Anforderungen an eine Berufsausbildung sind komplex und fordern Junge oft stark. Manchmal sind es Mehrfachbelastungen, die das Fass zum Überlaufen bringen. Wir helfen dann, darauf zu achten, dass Lernende die Anforderungen

Gastgewerbe, in der Familienzeit Tätigkeiten in der Unterricht. Seit 2002 Anstellung am bzi, seit 2008 Co-Ressortleitung Ressort Fördern und Begleiten,

in der Berufsausbildung zusammen

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