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Kolumne

Die Faust im Sack ballen, nützt nichts

Irene Thali Interlaken

Heute schon den Live-Ticker gecheckt? Während ich diese Zeilen schreibe, befinden wir uns in der Schweiz noch mitten im «Corona-Virus-Hype»: Längst ist nicht mehr jeder neue Fall eine Schlagzeile wert, inzwischen sind es vermehrt Meldungen von Menschen, die dem Virus zum Opfer gefallen sind. Wie sich die Situation zeigt, wenn Sie die gedruckte Ausgabe des Bödeli-Infos in den Händen halten und diesen Text lesen? Keine Ahnung. Wird dieser Text überhaupt gedruckt, oder stehen die Druckpressen still, weil sich die Belegschaft der Druckerei in Quarantäne befindet? Vor einigen Tagen war das noch undenkbar, inzwischen scheint auch dieses Szenario in den Bereich des Möglichen zu rücken.

Ich verfalle nicht in Panik, aber: Exponentielles Wachstum, wie es auch bei der Verbreitung von Viren vorkommt, ist ein hinterlistiges, mathematisches Modell, das unser Vorstellungsvermögen nach kurzer Zeit an seine Grenzen bringt. Bei mir steht nicht die Angst, dass ich oder mein nahes Umfeld am Corona-Virus erkranken, im Vordergrund. Auch wenn dieses Szenario, bei der Be trachtung der aktuellen Zahlen und mathematischen Modelle, realistisch wird. Die moralischen und ethischen Fragen, die auf unsere Gesellschaft – insbesondere auf die Personen in Politik und Gesundheitswesen, die harte Entscheidungen treffen müssen – zukommen, sollte sich die Situation nicht plötzlich entspannen, beschäftigen mich weitaus mehr.

Wir leben in spannenden und turbulenten Zeiten. Wie komplex und vernetzt unser Alltag ist, zeigt sich in diesen Tagen besonders. Da helfen auch all die gut gemeinten Ratgeber wie «Reisen und Arbeiten in CoronaZeiten» (SRF) oder «Mit Elektroschocker gegen WC-Papier-Hamsterer» (20 Minuten) wenig. Grenzen schliessen? Den öffentlichen Verkehr stillstehen lassen? Alle ins Homeoffice? Die Bevölkerung «durchseuchen», damit die Pandemie schneller vorübergeht? Einfache und radikale Lösungen sind kaum praktikabel, kosten unglaublich viel Geld und stellen uns vor bislang kaum dagewesene ethische Konflikte. Wer wird versorgt, wenn die medizinischen

«Einfache und radikale Lösungen sind kaum praktikabel, kosten unglaublich viel Geld und stellen uns vor bislang kaum dagewesene ethische Konflikte.»

Kapazitäten ausgeschöpft sind? Und was macht das mit den Menschen, die im Extremfall solche Entschei dungen treffen müssen?

Es gibt keine Gewinner. Ich beneide niemanden, der momentan schwere Entscheidungen fällen muss und ich habe grössten Respekt vor all den Menschen, die irgendwo am Drü cker sitzen und unter unglaublichem (Zeit-)Druck über einschneidende Eingriffe in die Wirtschaft, das Ge sundheitswesen und nicht zuletzt in unser aller Privatleben befinden müssen. Aber es braucht in solchen Situationen nicht nur diese Entscheidungsträgerinnen und -träger, wir alle sind gefragt. Als Gesellschaft – besonders in der demokratisch organisierten Schweiz – bestimmen wir alle mit, wie wir unser Zusammenleben gestalten wollen. Solche Herausforderungen können wir nur gemeinsam meistern, jede und jeder trägt mit ihrem und seinem Verhalten einen Teil zum Gemeinwohl bei. Die Faust im Sack ballen, nützt wenig, auch wenn die Hände noch so gut gewaschen und desinfiziert sind. Egal wie sich die Situation entwickelt: Bleiben Sie gesund!

DAS BESTE, DAS MAN AUS WASSER MACHEN KANN.

rugenbraeu.ch

Alkoholfreies Bier aus Interlaken.

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