Glasfaser für Stadtwerke: Rechtliche Aspekte, Dr.

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RA Dr. Matthias Freund

Frankfurt 11.02.2011

Glasfaser für Stadtwerke – rechtliche Aspekte –

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I. Einf端hrung

Ablauf I.

Einf端hrung

II.

Kommunalrecht

III.

Beihilfe- und Vergaberecht

IV.

Telekommunikationsrecht

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II. Kommunalrecht

1. Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung gem. § 121 HGO §

Öffentlicher Zweck rechtfertigt Unternehmen

§

Angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde

§

Leistung kann nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch privaten Dritten erfüllt werden (gemeindliche Aufgabenerfüllung muss also besser und wirtschaftlicher sein, sog. strenges Subsidiaritätserfordernis) à Bei Versorgungslücken i.d.R. Zulässigkeit gegeben à Gleichwohl Diskussion: Erfordernis einer HGO-Änderung?

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II. Kommunalrecht 2. Handeln

durch Tochterunternehmen / Beteiligung Kommune an Gemeinschaftsunternehmen: § 122 HGO

der

§

Vorgaben § 121 Abs. 1 HGO (Öffentlicher Zweck, angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und insb. Subsidiarität) zu beachten

§

Haftungsbegrenzung entsprechend Leistungsfähigkeit erforderlich (daher keine Personengesellschaften möglich)

§

Angemessener Einfluss der Gemeinde erforderlich, z.B. über Aufsichtsrat, Vertretungserfordernisse nach § 125 HGO

§

Pflicht zur Erstellung und Prüfung Jahresabschluss

§

Bei Beteiligung der Gemeinde über 50 % entsprechende Anwendung Vorgaben des Eigenbetriebsgesetzes

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der

Gemeinde

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III. Beihilfe- und Vergaberecht à Wichtige Vorfragen: Wem wird das Netz gehören? Welche wirtschaftlichen Vorteile erhält privates Unternehmen? §

Fallgruppe 1: Förderung, sodann (Mit-) Eigentum bei privatem Netzbetreiber à Beihilferecht zu prüfen (Eigentum = wirtschaftlicher Vorteil) à Vergaberecht zu prüfen

§

Fallgruppe 2: Netz im Eigentum der Kommune / kommunaler Gesellschaft, gleichwohl Vorteilsgewährung z.B. an privates Betreiberunternehmen à Beihilferecht zu prüfen (Vorteilsgewährung = Beihilfe?) à Vergaberecht zu prüfen

§

Fallgruppe 3: Netz soll im Eigentum Kommune / kommunaler Gesellschaft stehen, keine Vorteile für privates Unternehmen à

Nur Vergaberecht hinsichtlich erforderlicher Beschaffungen zu prüfen

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Art. 87 Abs. 1 EGV / Art. 107 AEUV: Merkmale einer Beihilfe sind: § § § §

Maßnahmen aus staatlichen Mitteln Unternehmen muss wirtschaftlicher Vorteil erwachsen Vorteil muss selektiv sein und Wettbewerb verfälschen (Market Economy Investor Test) Handel zwischen Mitgliedsstaaten muss beeinträchtigt werden

à Beihilferecht greift nicht: § §

„Altmark-Trans-Kriterien“: Lediglich Kostenausgleich für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen De-minimis-Beihilfen (VO 1998/2006): Vorteil unter € 200.000,00 über drei Steuerjahre

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à EU-Verfahrensrecht: Notifizierungsverfahren bei EU-Komm. (Art. 108 Abs. 3 AEU i.V.m. EU-BeihilfeverfahrensVO) §

De-minimis-Beihilfen (VO 1998/2006) von Notifizieriung freigestellt: Vorteil unter € 200.000,00 über 3 Steuerjahre

§

Bei nicht freigestellten Beihilfen Notifizierung erforderlich -

§

Koordinierung über Landesregierung ratsam Übersendung Anmeldungsentwurf an Kommission und telefonischer Vorabkontakt Spätestens nach zwei Monaten offizielle Anmeldung

Notifizierung für Förderung von Breitbandausbaumaßnahmen durch Kommission mehrfach erfolgt, vgl. zuletzt Beschl. vom 24.01.2011, K(2011)426 endg.

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Leitlinien der EU-Kommission für Beihilfen im Breitbandausbau §

Erster Teil: Allgemeine Grundversorgung mit Breitbanddiensten, „Fleckenlehre“ der EU: -

Weißer Fleck: Keine Breitbanddienste vorhanden, staatliche Beihilfen i.d.R. verhältnismäßig

-

Schwarzer Fleck: Mindestens zwei Anbieter von Breitbandnetzen, staatliche Beihilfen i.d.R unverhältnismäßig

-

Grauer Fleck: Nur ein Anbieter vorhanden, umfangreiche Zulässigkeitsvoraussetzungen für Beihilfen (u.a. Breitbandkarte, Analyse der Breitbandabdeckung, Offene Ausschreibung von Projekten, Technologieoffenheit, Zugangsverpflichtungen für Vorleistungsdienste, bei Überkompensation Verpflichtungen zur Rückzahlung von Beihilfen)

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Leitlinien der EU-Kommission für Beihilfen im Breitbandausbau §

Zweiter Teil: Versorgung mit NGA-Netzen: Voraussetzungen für Förderung: -

Nur leitungsvermittelte Kommunikation, keine Funklösungen

-

NGA bei neuen Glasfaserleitungen: downstream mindestens 40 MBit/s, upstream mindestens 15 MBit/s

-

Arten der Beihilfemaßnahmen: Direkte Zuwendungen, Vornahme von Erdarbeiten/Kabelverlegung/Ausführung von Hausanschlüssen

-

Vergabe der Förderung in offenem und transparentem Verfahren !

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Leitlinien der EU-Kommission für Beihilfen im Breitbandausbau §

Zweiter Teil: Versorgung mit NGA-Netzen: „Fleckenlehre“ gilt entsprechend: -

Weißer NGA-Fleck: Kein NGA-Anbieter vorhanden; bei Gebieten mit Grundversorgung ergänzende Prüfung, ob bestehende Versorgung nicht ausreichend und nicht genügend Anreize für „Überbau“ der bestehenden Infrastruktur

-

Schwarzer NGA-Fleck: Mehr als ein NGA-Anbieter vorhanden

-

Grauer NGA-Fleck: Ein NGA-Anbieter vorhanden; Versorgung nicht ausreichend; keine weiteren Ausbaupläne

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Leerrohrförderung: „Bundesrahmenregelung Leerrohre“, gültig bis Ende 2015 §

Förderung durch Bereitstellung von Lehrrohren mit / ohne Kabel und Erdarbeiten bis KVZ (nur in Ausnahmefällen bis zum Haus)

§

Förderung nur zulässig:

-

Weißer Fleck der Grundversorgung: keine Grundversorgung (keine 2 MBit/s Downstream), in nächsten drei Jahren keine NGA-Erschließung

-

Schwarzer Fleck Grundversorgung (zwei Anbieter): Keine Förderung

-

Grauer Fleck der Grundversorgung: zwar Grundversorgung, aber weniger als 25 MBit/s Downstream bei privaten sowie 25 MBit/s Upstream und 25 MBit/s Downstream bei gewerblichen Nutzern; außerdem Feststellung eines nicht ausreichenden Versorgungsniveaus für Bürger und Unternehmen, keine Ausbaupläne für nächste drei Jahre

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à §

§

Leerrohrförderung Weitere Voraussetzungen für Förderung: -

Auswahl TK-Unternehmen im Wege transparenter Ausschreibung: Interessenbekundungs- und Verhandlungsverfahren

-

Verpflichtung Zugang auf Vorleistungsebene für sieben Jahre; bei Streitigkeiten Geltung der von BNetzA regulierten Vorleistungspreise

-

Bei Förderung über € 500.000,00: Überprüfung nach fünf Jahren, ob Nachfrage planwidrig gestiegen; bei Steigerung von mehr als 30 % Abschöpfung des entsprechenden Unternehmergewinns

Praktische Umsetzung gemäß Leitfaden „Leerrohre für Breitbandkabel“ des HMWVL vom 01.12.2010

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Finanzielle Zuwendungen als Beihilfen §

§

Förderprogramme, z.B. -

GRW-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur)

-

GAK-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes), bei NGA nicht einschlägig

Einzelfallbezogene Zuschüsse

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 1. Beihilferecht à Gewährung von Sicherheiten, insb. Bürgschaften §

§

Bürgschaft schon tatbestandlich keine Beihilfe, wenn -

Darlehensnehmer nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten

-

Bürgschaft auf bestimmte Transaktion bezogen, fester Höchstbetrag, begrenzte Laufzeit

-

I.d.R. erforderlich: Bürgschaft nur über max. 80 % des Investitionsvolumens

-

Darlehensnehmer zahlt marktübliche Prämie für Bürgschaft

Ansonsten: Beihilfe gegeben, ggf. über de-minimis-Verordnung aber freigestellt (Freistellung nur bei Vorliegen einer Bürgschaftsregelung, Wert der Bürgschaft unter 1,5 Mio. €, Verbürgungsanteil max. 80 %)

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III. Beihilfe- und Vergaberecht 2. Vergaberecht à GWB-Vergaberecht? §

Gemäß § 100 Abs. 2 lit. k) GWB nicht anwendbar auf Aufträge, „die hauptsächlich den Zweck haben, dem Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Telekommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen“

à Haushaltsvergaberecht (Landeshaushaltsrecht i.V. mit VOB/A bzw. VOL/A)? § §

I.d.R: Interessenbekundungs- und formloses Verhandlungsverfahren Beschaffung von Bau- und Lieferleistungen: Anwendung VOB/A bzw. VOL/A zu empfehlen, soweit Vergabestelle an Haushaltsvergaberecht gebunden

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IV. Telekommunikationsrecht 1. Telekommunikations-Wegerecht (§§ 68 ff. TKG) à Kernbestimmungen § § §

§§ 68 ff. TKG: Nutzungsbefugnis öffentliche Wege § 70 TKG: Mitbenutzungsanspruch Kabelführungseinrichtungen gegen angemessenen Ausgleich § 76 TKG: Nutzungsbefugnis private Grundstücke gegen Ausgleich

à Reformüberlegungen (TKG-Referentenentwurf 2010): §

§

Nutzungsvertrag, sog. „Grundstückseigentümererklärung“ (GEE) gem. § 45a TKG streichen oder betreiberfreundlicher gestalten (längere Laufzeit des Nutzungsvertrags für Dauer der Armortisation)? § 77a TKG-RefE: Recht der BNetzA zur Anordnung der Mitbenutzung von Inhouse-Verkabelung (wenn Duplizierung nicht möglich); Recht der BNetzA zur Erhebung von Infrastrukturinformationen (Infrastrukturatlas)

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IV. Telekommunikationsrecht 2. Universaldienstleistungen (§§ 78 ff. TKG) §

§ 78 TKG: Aktuell nur schmalbandige Dienstleistungen auf ISDN-Standard, daher kein Anspruch auf NGA

§

§ 78 Abs. 2 Nr. 1 TKG-RefE: „(…) der Anschluss an ein öffentliches Telekommunikationsnetz an einem festen Standort, der Gespräche, Telefaxübertragungen und die Datenkommunikation mit Übertragungsraten ermöglicht, die für einen funktionalen Internetzugang ausreichen, wobei die von der Mehrzahl der Teilnehmer vorherrschend verwendeten Technologien und die technische Durchführbarkeit zu berücksichtigen sind“ -

Formulierungsvorschlag in TKG-RefE unscharf bzw. flexibel ausgestaltet, Rechtsunsicherheiten vorprogrammiert

-

Einbeziehung von NGA-Dienstleistungen in Universaldienstverpflichtung wird diskutiert, erscheint aber unwahrscheinlich und nicht wünschenswert

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IV. Telekommunikationsrecht 3. Netzzugang und Entgeltregulierung à Regelungen über Netzzugang §

§ 21 TKG: grundsätzlich nur bei SMP (beträchtliche Marktmacht)

§

Zusammenschaltungsverpflichtungen bei Anbietern ohne SMP nur ausnahmsweise, wenn dies zur Dienstbereitstellung und zur Netz-Interoperabilität erforderlich (§ 18 TKG, bislang noch nie angewandt) à

daher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen: Zugangsansprüche zur TAL alternativer Teilnehmernetzbetreiber

à Entgeltregulierung §

Nur bei SMP; ex ante nur im Vorleistungsbereich; ex post nur ausnahmsweise bei Endkundendienstleistungen (§ 39 TKG)

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IV. Telekommunikationsrecht 3. Netzzugang und Entgeltregulierung à Reformüberlegungen §

§

Open Access bei NGA?

-

Freiwilligkeit / Regulierung? Kein regulierungsfreier Raum, § 9a TKG nach EuGH Urteil vom 3. 12. 2009 - C-424/ 07 europarechtswidrig

-

Konkrete Ausgestaltung / Begriff des Open Access? Zugang auf verschiedenen Wertschöpfungsstufen?

-

Asymmetrische oder symmetrische Regulierung?

-

Entgeltregulierung; ex ante, ex post?

-

Regionalisierung der Regulierung (§ 2 Abs. 3 Nr. 5 TKG-RefE)?

Maßstäbe für Kooperationen / Kooperationsvereinbarungen (Standardangebote)?

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IV. Telekommunikationsrecht 4. Ausblick: Anforderungen an TKG-Novellierung à Gewährleistung von Investitionssicherheit: §

§ 2 Abs. 3 TKG-RefE: Regulierungsziele -

Längerfristige Geltung von Regulierungskonzepten Bei Zugangsverpflichtungen Risiken der investierenden Unternehmen gebührend Rechnung tragen

§

§ 15 Abs. 2 S. 1 TKG-RefE: BNetzA kann zur Sicherung der Interessen der Erstinvestierenden Risikobeteiligungsmodelle vorschreiben

§

§ 31 Abs. 1 S. 3 TKG-RefE: Berücksichtigung der Investitionsrisiken zum Investitionszeitpunkt bei Entgeltregulierung

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !

DR. MUTH & PARTNER GbR Wirtschaftsprüfer · Steuerberater · Rechtsanwälte

Dr. Matthias Freund Rechtsanwalt Fachanwalt für Verwaltungsrecht Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Lehrbeauftragter an der Universität Düsseldorf

Klosterweg 3, D-36039 Fulda Tel.: +49 / (0)661 / 9736-522 Fax: +49 / (0)661 / 9736-523 matthias.freund@muth-partner.de www.muth-partner.de


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