TELEHAUS WETTER - ein TeleServiceZentrum - Dienstleistungen und Projekterfahrungen

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hessen-media Band 30

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Schriftenreihe der Landesinitiative hessen-media bisher erschienen: Band 1

Projektdokumentation

Band 15 Die virtuelle Universität

Band 2

Online-Anbieter in Hessen

Band 16 Leitfaden eShop

Band 3

Software-Dialog Hessen (1)

Band 17 Software-Dialog-Hessen (3)

Band 4

Leitfaden zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems in Software-Unternehmen

Band 18 Leitfaden zur Anwendung eines Ratingsystems für IT-Unternehmen in Hessen

Band 5

Leitfaden zum Aufbau eines Ratingsystems für SoftwareUnternehmen in Hessen

Band 19 Hessische Handwerker entdecken das Internet Band 20 eShop-Software

Band 6

Leitfaden für ein kennzahlengestütztes Finanz- und Projektcontrolling für DVBeratungs- und Software-Unternehmen

Band 21 Der Telekommunikationsmarkt in Hessen

Band 7

Leitfaden Webdesign

Band 23 Bildung ans Netz

Band 8

Medienmanagement in Schulen

Band 26 Hessen-infoline-Netzwerk

Band 9

Leitfaden „Software-Qualitätsmanagementsystem für den Maschinen- und Anlagenbau”

Band 27 Entwicklung und Einsatz elektronischer Medien als Lehr- und Lernmittel an hessischen Hochschulen

Band 22 Leitfaden Webauftritt international

Band 10 Software-Dialog Hessen (2) – Software-Trends

Band 29 Kasseler Praxis-Dialog Tele@rbeit Analysen · Erfahrungen · Positionen

Band 11 Analyse des softwaretechnischen Problemlösungsbedarfs der Medienwirtschaft in Hessen

Band 30 TELEHAUS WETTER ein TeleServiceZentrum

Band 12 Entwicklung eines Konzeptes für die Errichtung eines SoftwareKompetenz-Netzwerks für die chemisch-pharmazeutische Industrie Band 13 Hessische Kommunen im Internet Band 14 Strategisches kennzahlengestütztes Controlling für kleine und mittlere DVBeratungs- und Softwareunternehmen

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Geschäftsstelle hessen-media www.hessen-media.de

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Band 31 e-Learning für KMU – Neue Medien in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung


TELEHAUS WETTER ein TeleServiceZentrum Dienstleistungen und Projekterfahrungen 1. Auflage

Redaktion Christoph Graß Dr.-Ing. Anette Knierriem-Jasnoch

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

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Redaktionsteam Christoph Graß Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Hessen mbH Regionalbüro Kassel Kurfürstenstraße 7 34117 Kassel Telefon 05 61 / 7 28 99-23 E-Mail Christoph.Grass@feh-hessen.de Dr.-Ing. Anette Knierriem-Jasnoch IKTT – Forum für Informationsund KommunikationsTechnologie-Transfer des ZGDV e.V. Marktplatz 9 (Schloss) 64711 Erbach Telefon 0 60 62 / 94 20-20 E-Mail Anette.Knierriem@zgdv.de

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Graß, Christoph: TELEHAUS WETTER – ein TeleServiceZentrum: Dienstleistungen und Projekterfahrungen / Christoph Graß; Anette Knierriem-Jasnoch. Red.: Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Hessen mbH, Regionalbüro Kassel … - Wiesbaden: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Geschäftsstelle hessen-media, 2002 (hessen-media; Bd. 30) ISBN 3-933732-30-1

Alle Rechte vorbehalten Nachdruck, auch auszugsweise, verboten © Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Geschäftsstelle hessen-media, c/o InvestitionsBank Hessen AG, Wiesbaden 2002 in Zusammenarbeit mit hessen-teleworking Layout / Satz: WerbeAtelier Theißen, Lohfelden Druck: Druckerei Hesse GmbH, Kassel ISBN: 3-933732-30-1

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Vorwort Das TELEHAUS WETTER war eines der ersten hessischen Institutionen, das sich bereits Mitte der 90er Jahre mit Telearbeit und Telekooperation beschäftigte. Ursprünglich gestartet zur Stärkung des strukturschwachen, ländlichen Raumes und als Projekt „von Frauen für Frauen“, hat das TELEHAUS WETTER sich im Laufe der Jahre zu einer Einrichtung entwickelt, die erfolgreich am Markt arbeitet und sich als Kompetenzzentrum in Sachen Telearbeit und Telekooperation nicht nur in Hessen, sondern auch auf Bundes- und europäischer Ebene etabliert hat. Schwerpunkt dieser Veröffentlichung ist ein Erfahrungsbericht aus dem Projekt „Telekooperation von Unternehmensberatungen“. Dieses Projekt, das vom TELEHAUS WETTER aus Mitteln der EU und aus Mitteln meines Hauses durchgeführt wurde, stellt in anschaulicher Weise dar, welche Perspektiven sich für kleine und mittlere Unternehmen eröffnen können, wenn die Informations- und Kommunikationstechniken sinnvoll und konsequent in Form von Telearbeit und Telekooperation eingesetzt werden. Es ist bekannt, dass die Einführung neuer, flexibler Arbeitsformen wie Telekooperation und Telearbeit gerade kleinen und mittleren Unternehmen vielfache Probleme bereitet. Es besteht hier sicherlich ein Informationsdefizit, welches die vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung ins Leben gerufene Aktionslinie hessen-teleworking unter anderem mit Veröffentlichungen von Erfahrungsberichten zu schließen versucht. Mit dem vorliegenden Praxisbericht möchte ich kleine und mittlere Unternehmen ermutigen, sich mit den Vor- und Nachteilen des Einsatzes von Telekooperation auseinander zu setzen und zur Nachahmung anregen. In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie in dieser Veröffenlichung einige Anregungen finden werden. Die Aktionslinie „hessen-teleworking“ wird Sie dabei unterstützen!

Dieter Posch, Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

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Inhalt

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Einleitung

1

Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

2

Dr. Imke Troltenier 1.1

Chancengleiche Gestaltung der Informationsgesellschaft

2

1.2

Das TELEHAUS WETTER am Start

3

1.3

Erstes frauengeführtes TeleServiceZentrum

3

1.4

Teleservice im TELEHAUS WETTER

4

1.5

Die Geschäftsfelder des TELEHAUS WETTER

5

1.6

Erfolgsfaktoren im Übergang zur Informations- und Wissensgesellschaft 5

1.7

Transnationale Kooperationen

6

1.8

Auf das Know-how kommt es an: Schulung & Beratung im MultimediaLernzentrum

7

1.9

Selbstbestimmtes Lernen

8

1.10

Telekooperation & Netzwerkarbeit: Networkerinnen unterwegs nach Europa

9

1.11

Arbeiten im Netz

9

1.12

Internettips

11

1.13

Literatur rund um das TELEHAUS WETTER

11

1.14

Filme & CD-ROMs rund um das TELEHAUS WETTER

13

2

Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

14

Monika Denker, Dörthe Jung 2.1

Die Unternehmensprofile Kleine, flexible und kooperationsorientierte Unternehmen

15

2.2

Neue Formen der Arbeitsorganisation

24

VII


2.3

Entwicklung einer Vertrauensbasis für Kooperation und Vernetzung

31

2.4

Medienkompetenz und Qualifizierung für technikgestützte Kooperation

36

2.5

Vernetzung und Kooperation – Das Unternehmen des 21. Jahrhunderts

39

2.6

Einstellungen und Erfahrungen der Projektteilnehmerinnen zu Kooperation und Vernetzung

44

2.7

Virtuelle Unternehmensnetzwerke

48

2.8

Chancen und Risiken bei Kooperation und Vernetzung

53

2.9

Die Rolle der IuK-Technologien und Vernetzungskompetenz

63

2.10

Gute Praxis – Telekooperation von kleinen, von Frauen geführten Unternehmensberatungen

71

2.11

Evaluationsdesign

78

2.12

Literatur

81

3

Die Aktionslinie „hessen-teleworking“

83

4

Beratungszentren

86

5

hessen-media: Eine Initiative stellt sich vor

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Einleitung Das TELEHAUS WETTER blickt inzwischen auf sieben Jahre Geschäftstätigkeit zurück. Ursprünglich angefangen zur Stärkung des strukturschwachen, ländlichen Raumes und als Projekt „von Frauen für Frauen“, hat das Telehaus Wetter sich im Laufe der Jahre zu einem Unternehmen entwickelt, dass erfolgreich am Markt arbeitet und sich als Kompetenzzentrum in Sachen Telearbeit und Telekooperation in Hessen, aber auch auf Europäischer Ebene, etabliert hat. Grund genug in diesem Band der Schriftenreihe der Landesinitiative hessen-media das TELEHAUS WETTER und seine Entwicklung, seine Geschäftsfelder, Projekte und seine Ausrichtung einmal näher zu betrachten. Daher ist dieser Band in drei Teile eingeteilt: im ersten Teil wird auf die Entwicklung und Beschreibung der Tätigkeiten des TeleServiceZentrums eingegangen, im zweiten Teil werden Erfahrungen, die aus einem Projekt des Telehauses resultieren, ausführlich dargestellt. Entstanden ist dieser Erfahrungsbericht vor dem Hintergrund einer wissenschaftlichen Begleitstudie, die das TELEHAUS WETTER für das Projekt „Telekooperation von Unternehmensberatungen“ in Auftrag gegeben hat. Dieses Projekt wurde aus Mitteln der EU (ADAPT) und aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung im Rahmen der Aktionslinie „hessen-teleworking“ gefördert. In anschaulicher Weise wird hier dargestellt, was dieses Projekt bewirkt hat und welche Perspektiven sich für kleine und mittlere Unternehmen eröffnen können, wenn die Informations- und Kommunikationstechniken sinnvoll und konsequent in Form von Telearbeit und Telekooperation eingesetzt werden. Der dritte Teil des Bandes stellt die Aktionslinie „hessen-teleworking“ kurz dar, die neben Pilotprojekten vielfältige Aufgaben wahrnimmt, um kleinen und mittleren Unternehmen aber auch Kommunen an die Arbeitsformen Telearbeit, Telekooperation und Telelearning heranzuführen.

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg Dr. Imke Troltenier

Der Countdown läuft. Die Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) vollziehen sich rasant. Die digitale Informationsverarbeitung ist eine Schlüsseltechnologie unserer Zeit. Der Übergang zur Informations- und Wissensgesellschaft verändert die Märkte und viele Bereiche unserer Lebens- und Arbeitswelt. Die Geschlechterverteilung in öffentlichen und privaten Bereichen und die Vereinbarkeit von Familienaufgaben mit Beschäftigung, Erfolg im Beruf und Karriere wird neu diskutiert. Im Interesse des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritts geht es darum, die geschlechtsbezogene Perspektive systematisch in alle Bereiche zu integrieren und die unterschiedlichen Sichtweisen und Denkansätze von Frauen und Männern zu nutzten.

1.1 Chancengleiche Gestaltung der Informationsgesellschaft Der Wandel führt in vielen beruflichen Bereichen nicht nur zu höheren, sondern auch zu neuen, ganz spezifischen Qualifikationsanforderungen. Nach einer Umfrage des Infas-Institutes rangieren die „Soft Skills“ wie die soziale und kommunikative Kompetenz bei diesen neuen, spezifischen Qualifikationsanforderungen der Informations- und Wissensgesellschaft ganz oben. Kommunikationsforscher Norbert Bolz (Universität Essen) meint, Frauen seien anhand ihrer Stärken im Bereich der „Soft Skills“ für die Informationsgesellschaft besser gerüstet und Zukunftsforscher Matthias Horx prognostiziert, dass demnächst Frauen „die Chefetagen stürmen werden.“ Voraussetzung dafür ist die chancengleiche Ausgestaltung der gesellschaftlichen und beruflichen Rahmenbedingungen. Frauen brau-chen Arbeitsplätze, die es ihnen ermöglichen, Beruf und Familie zu vereinbaren und ihre Existenz zu sichern. Sie brauchen weibliche Vorbilder als Identifizierungsmöglichkeiten für Führungspositionen und qualifizierte Arbeitsplätze mit flexiblen Arbeitszeiten und möglichst kurzen Wegen. Doch wo finden sie diese? Bereits 1994 machten sich Frauen im Landkreis Marburg-Biedenkopf zusammen mit der Frauenbeauftragten des Landkreises, Gabriele Fladung, auf, die Chancen der neuen Technologien für Frauen im ländlichen Raum auszuloten.

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1.2 Das TELEHAUS WETTER am Start Nachdem die Wirtschaftsstruktur und die Marktchancen analysiert waren, wurde in der Trägerschaft des Vereins für Frauenbildung, Arbeit und Regionalentwicklung (VeFAR e.V.) ein Teleservice- und Schulungscenter eröffnet. Die Gründerinnen setzten sich dabei gleichermaßen frauen-, beschäftigungs- und strukturpolitische Ziele:

Schaffung von qualifizierten, existenzsichernden und familienfreundlichen Arbeitsplätzen: – die Arbeitsplätze sollen sozialversicherungspflichtig sein, – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, – eine möglichst hohe Arbeitszeitsouveränität und kurze Wegzeiten bieten. Weiterqualifizierung von Frauen im Bereich der IuK-Technologien: – das Angebot soll sich im Schwerpunkt an Frauen und Mädchen richten, – die Qualifizierung soll im Nah- und Fernunterricht erfolgen. – die Inhalte sollen sich nutzenorientiert auf die neuen Technologien beziehen. Etablierung unternehmensbezogener Dienstleistungen im ländlichen Raum: – zur Stärkung der regionalen Wirtschaftsstrukturen durch die Verlagerung von Arbeit aus Ballungsgebieten in den ländlichen Raum und – zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums.

1.3 Erstes frauengeführtes TeleServiceZentrum Telearbeit ist eines der Zauberwörter der Informationsgesellschaft. Telearbeit ermöglicht neue Formen der Arbeitsorganisation auf der Basis des technischen Fortschritts. Telearbeit verspricht Arbeitsplätze und neue Formen der Arbeitsorganisation, die mehr Flexibilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verheißen. Viele Frauen mit Familienpflichten stehen alternierender Telearbeit als neuer Arbeitsform sehr aufgeschlossen gegenüber, sie versprechen sich durch zeitliche und räumliche Flexibilisierung der Erwerbsarbeit bessere Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit der Entscheidung für das TELEHAUS WETTER wählten die Gründerinnen bewusst eine Sonderform der Telearbeit: das wohnortnahe Teleservicecenter. Im Gegensatz zur alternierenden Telearbeit und zur isolierten Teleheimarbeit bieten

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

Teleservicecenter tägliche, persönliche Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen sowie die räumliche Trennung von Wohnung und Arbeitsplatz. Die Frauen legten von Beginn an fest, dass alle Führungspositionen weiblich besetzt werden sollten.

1.4 Teleservice im TELEHAUS WETTER Kuno Klugberg ist viel unterwegs. Als Unternehmensberater besucht er regelmäßig seine Kunden und arbeitet häufig vor Ort. Auch während der Bürozeiten arbeitet er hin und wieder gern ungestört und stellt sein Telefon auf das TELEHAUS WETTER um: „Klugberg Unternehmensberatung, guten Tag, was kann ich für Sie tun ...“ Kein Anrufbeantworter schreckt seine InteressentInnen und Kunden ab: Eine professionelle Sekretärin nimmt unter seinem Firmennamen die Gespräche an und antwortet entsprechend seiner Anweisungen. Ein Kunde in Hamburg bucht kurzfristig für 12 Beratungstage, ein Seminar-Termin in Berlin hat sich verschoben, ein Kongress in Kopenhagen klingt interessant... – nimmt das Alltagsgeschäft überhand, lagert Herr Klugberg die Routinearbeiten aus und konzentriert sich auf das Wesentliche. Er beauftragt das TELEHAUS WETTER zusätzlich mit dem Formatieren und Gestalten seiner Gutachten und dem Führen seiner Geschäftskorrespondenz. Die KundInnen, meist Kleinunternehmen, Freelancer und ExistenzgründerInnen, entscheiden sich in der Regel zunächst für die Basisdienstleistungen im Bürobereich: Sie nehmen den Telefondienst in Anspruch und überlassen Terminabsprachen und die Organisation ihrer Geschäftsreisen den Mitarbeiterinnen des TELEHAUS WETTER. So werden Termine besser gehalten und der Kunde umgehend bedient. Ob stunden-, tage- oder wochenweise, eine Notiz mit dem Kurzinhalt aller eingegangen Gespräche erhalten die Firmen täglich zum abgesprochenen Termin. Beliebt ist zudem das flexible Auslagern von definierten Arbeitspaketen, wie die Abwicklung eines Serienbriefes, der Infopostversand oder die Aktualisierung von Adressdaten. An die Qualifikation der Beschäftigten und der Führungskräfte stellt die Telearbeit hohe Anforderungen. Die organisatorische und räumliche „Entkopplung“ erfordert eine ergebnisorientierte Bewertung der Arbeit: das Führen mit Zielen (Management by Objectives, Zielvereinbarungen). Damit steigen die Anforderungen an die Selbständigkeit, die Selbstverantwortung und Loyalität der Beschäftigten. Ein hohes Maß an Professionalität, gegenseitiger Wertschätzung und Kooperationsbereitschaft ist notwendig. In der Aufbauphase stellten sich als erforderliche Schlüsselqualifikationen heraus: Organisationstalent, Belastbarkeit, Kommunikationsfähigkeit, Teamorientierung,

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Durchsetzungsvermögen, Aufgeschlossenheit, Flexibilität und die Bereitschaft ständig Neues hinzuzulernen. Hier kam ein wichtiger Standortvorteil zum Tragen: Die Universitätsstadt Marburg bürgt für ein hohes Qualifikationspotenzial der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und führt zu einer Teamzusammensetzung, die den hohen Anforderungen gerecht wird. Das TELEHAUS WETTER sammelt seit 1994 Erfahrungen in Telearbeit und Telekooperation. Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ständig gewachsen. Im Laufe der Jahre haben sich vier Geschäftsfelder herauskristallisiert.

1.5 Die Geschäftsfelder des TELEHAUS WETTER • der Teleservice für kleine und mittlere Unternehmen, der als Backoffice auch die virtuelle Kommunikation von Netzwerkpartnerinnen unterstützt • das Multimedialernzentrum mit der Konzeption innovativer, bedarfsgerechter Bildungsmaßnahmen für Frauen und seinen vielfältigen Angeboten für selbstgesteuertes wie angeleitetes Lernen im Nah- und Fernunterricht. • die Projektlinie „Technik – Arbeit – Familie“ (TAF) zur Förderung der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für berufstätige Mütter und Väter durch Telearbeit. • der Bereich Telekooperation, der Modelle für innovative Formen der Zusammenarbeit via Internet entwickelt und umsetzt, die Netzwerkarbeit moderiert und Qualifikationstools bereitstellt.

1.6 Erfolgsfaktoren im Übergang zur Informations- und Wissensgesellschaft Die hohe technische Innovationsgeschwindigkeit fordert einen ständigen Wandel. Produktlebenszyklen werden heute nicht mehr in Jahren sondern in Monaten gemessen. Um die dynamischen Anpassungen an die sich ständig ändernden Bedingungen wirksam zu steuern, wird der Erfahrungspool der technischen und organisatorischen Arbeits- und Führungsanforderungen im TELEHAUS WETTER kontinuierlich ausgebaut und in der Beratung und Schulung wie in der Entwicklung von innovativen Pilotprojekten umgesetzt. Neben diesem prozesshaften Vorgehen, zählen die qualifizierten, motivierten Arbeitskräfte, betriebswirtschaftliches Knowhow, marktorientierte Strategien und eine starke Kunden- und Dienstleistungsorientierung zu den Erfolgsfaktoren. Grundprinzipien sind eine ganzheitliche Sichtweise und die aktive Einbindung des Umfelds, der Zielgruppen, Kunden und Partner.

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

Das TELEHAUS WETTER versteht sich als Impulsgeberin, die auf der Basis neuer Erkenntnisse und gewonnener Praxiserfahrungen die frauenrelevanten Aspekte in die Diskussionen um den Wandel zur Informations- und Wissensgesellschaft einbringt. Auf der Basis des Gender Mainstreamings geht es darum, die geschlechtsbezogene Perspektive systematisch in die verschiedenen Bereiche zu integrieren und die unterschiedlichen Sichtweisen und Denkansätze von Frauen und Männern für den gesellschaftlichen Fortschritt zu nutzten.

1.7 Transnationale Kooperationen Im Rahmen des EU-Programms Leonardo plant die Industrie- und Handelskammer der Region Evia, Evia Chamber of Commerce and Industry, ein Projekt zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen. Dabei geht es um den Aufbau einer Qualifizierungsplattform im Internet. Es sollen bedarfsgerechte Tele-Trainings-Module angeboten und erprobt werden. Das Projekt soll auf bereits bewährten transnationalen Partnerschaften aufbauen um den künftigen Erfolg zu sichern. Das TELEHAUS WETTER verfügt über mehrjährige Erfahrungen in der Qualifizierung von KMU und vertritt dezidierte Positionen: so sollte das Lernangebot in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, dass verschiedenen Lernformen einsetzt und unterschiedliche Lerntypen anspricht. Gleichzeitig geht es auf der Basis des Gender Mainstreamings der Europäischen Gemeinschaft darum, die geschlechtsbezogene Perspektive systematisch in alle Bereiche zu integrieren. Die Erfolgsaussichten eines solchen Projektes hat das TELEHAUS WETTER z. B. durch die Kommunikations- und Qualifizierungsplattform des Beraterinnen-Netzwerkes belegt ( www.hessen-teleworking.de/beraterinnennetzwerk). Bereits im Planungsstadium diskutieren die künftigen Partnerorganisationen aus Griechenland, Spanien, Italien, Großbritannien, Rumänien und Deutschland ihre diesbezüglichen Erfahrungen und spezifizieren die Inhalte: Führung, Management, Organisationsentwicklung, Marketing, EDV, eBusiness – es geht um die Fortbildungsinhalte, die pädagogische Aufbereitung des Lernangebotes und die Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Als das Projekt ENTREPRENEUR von der EU genehmigt wird setzt die transnationale Zusammenarbeit unmittelbar an den Diskussionsergebnissen an. Zu den Erfolgsfaktoren zählt insbesondere der Aufbau, die Entwicklung und die aktive Einbindung in Kooperationen und Netzwerke. Diese erfolgen lokal und regional wie auf nationaler und europäischer Ebene. Der Schwerpunkt liegt auch hier im frauen-, beschäftigungs- und strukturpolitischen Bereich und das TELEHAUS

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WETTER pflegt langfristige Beziehungen zu europäischen Partnerorganisationen in Großbritannien, Griechenland, Österreich, Italien und Frankreich. Im Auftrag der Europäischen Union, des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, des Hessischen Sozialministeriums und weiteren hessischen Ministerien, des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf, des Arbeitsamts Marburg, des Magistrats der Stadt Wetter u.a. und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Wirtschaftsunternehmen wendet es sich in erster Linie an Frauen: an Wiedereinsteigerinnen, behinderte Frauen, Erziehungsurlauberinnen, Frauenbeauftragte, Unternehmerinnen, Existenzgründerinnen, Mädchen...

1.8 Auf das Know-how kommt es an: Schulung & Beratung im MultimediaLernzentrum Um den Anschluss an die gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen zu halten, bedarf es neuer Lernformen, die über rein schulisches Lernen hinaus gehen. Zunehmend kommt es darauf an, sich eigenständig und zum richtigen Zeitpunkt Information und Wissen zu organisieren (Learning on Demand). Lernen wird selbstgesteuert und Nutzen orientiert. Bei den Lernenden sind Eigeninitiative, Selbststeuerung, Aktivität und Kreativität gefragt. Frauen lernen anders, Männer auch! Für Frauen sind die Nutzenargumente oft ausschlaggebend für die Lernmotivation. In Ergänzung zum „Klassischen Lernen“, dem „Offenen Lernen“ und dem „Telelearning“ bietet das TELEHAUS WETTER eine Reihe weiterer, zielgruppen- und bedarfsspezifisch ausgerichteter Fortbildungen auf der Basis unterschiedlicher Konzeptionen an: etwa „IT-Qualifikationen für Wiedereinsteigerinnen“, die „Fortbildung zur EDV-Anwendungsbetreuerin“, „Teleteaching im Erziehungsurlaub“, „Wege zurück in den Beruf“ und in Kooperation mit der Firma IBM die „Qualifizierung zur Informationsmanagerin WABE“. Das TELEHAUS WETTER fördert und stützt mit neuen Lehr- und Lernangeboten die Zugänge zu eigenständigem Lernen. Es bietet Möglichkeiten für selbstbestimmtes wie für angeleitetes Lernen. Dabei bedeutet Selbstlernen nicht alleine lernen, es bedeutet mehr Eigeninitiative und Verantwortung für den eigenen Lernweg zu übernehmen. Dazu gehört auch, sich gezielt Rat zu suchen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Damit verändert sich nicht nur die Rolle der Lernenden, sondern auch die Rolle der Lehrenden. Die KursleiterInnen verstehen sich als LernberaterInnen, sie stützen Selbstlerprozesse durch tutorielle Beratung und Betreuung. Der individuelle Ansatz und die erforderte Flexibilität stellt hohe Anforderungen. Die Tutorinnen erhalten spezielle Schulungen und Angebote zur Praxisreflexion.

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

1.9 Selbstbestimmtes Lernen Sofie Sofort ist Bürokauffrau, sie hat sich beruflich neu orientiert und eine Stelle als Chefsekretärin eines mittelständischen Unternehmens angenommen. Zu den für Sie neuen Aufgaben zählt die Aufbereitung von Kennziffern für die Präsentation von Projektberichten. Schnellstmöglich will sie sich die dazu notwendigen Kenntnisse aneignen. Im TELEHAUS WETTER bespricht sie ihr Anliegen vorab mit einer Lernberaterin. Präsenzkurse, Fernlernen, Offenes Lernen – die Beraterin zeigt unterschiedliche Wege für die Gestaltung des Lernprozesses auf. Sofie Sofort wohnt „um die Ecke“, möchte sich aber zeitlich nicht binden. Die Kenntnisse braucht sie möglichst sofort. Die Lernberaterin empfiehlt ihr ein Einstiegsmodul PowerPoint im Rahmen des Offenen Lernens. Sofie Sofort startet ihr Lernprogramm gleich am nächsten Tag, die Termine stimmt sie jeweils kurzfristig ab – je nachdem wie viel zeitlichen Freiraum ihr die familiären und beruflichen Aufgaben erlauben. Mit den Lernmaterialien kommt sie gut zurecht: ihren Lernfortschritt hatte sie eingangs unterschätzt. Die Lernberaterin berät und betreut sie im Selbstlernprozess. Schnell kann Sofie Sofort das PowerPoint-Aufbaumodul in Angriff nehmen. Jetzt fehlt es allerdings häufiger als erwartet an der nötigen Zeit, weil die Kinder krank sind. Dennoch gelingt ihr bereits die Aufbereitung der Kennziffern für den ersten Anstehenden Bericht. Mit Abschluss des zweiten Moduls, erhält sie ihr Zertifikat. Gleichzeitig hat sie viel über ihre persönlichen Lernstrategien und -muster erfahren. Die Telelearning-Angebote des TELEHAUS WETTER finden in kombinierten Nahund Fernunterricht statt. Nach einem thematischen Einführungsworkshop lernen die Teilnehmerinnen von Zuhause oder von ihrem Arbeitsplatz aus via Internet. Insbesondere Frauen mit eingeschränkter räumlicher Flexibilität (Frauen aus dem ländlichen Raum) und Frauen mit eingeschränkter zeitlicher Flexibilität (familiäre Aufgaben, Unternehmerinnen) haben auf diese Weise eine gute Chance Bildungsangebote wahrzunehmen. Auch das Offene Lernen basiert auf der Erfahrung, dass die ausschließliche Bereitstellung der technischen Infrastruktur für multimediales Lernen i.d.R. nicht ausreichend ist. Werden die Frauen ausschließlich mit den technischen Möglichkeiten vertraut gemacht, und der Bildungsträger stellt nur die Infrastruktur anhand von Räumen, Hard- und Software, erproben die Frauen zwar einzelne Programme, verlassen das Lernzentrum aber unbefriedigt.

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Ziel der Lernberatung ist es, Situationen und Bedürfnisse der Frauen zu erfassen und die Wege für die Gestaltung des Lernprozesses aufzuzeigen und die Lernziele zu definieren. Dieses Vorgehen bietet Orientierung, ist hilfreich bei der Lernbegleitung und ermöglicht eine spätere Lernzielkontrolle. Nach dieser Einführung strukturieren die Frauen ihren Lernprozess selbst. Die Tutorin beurteilt mit der Lernenden gemeinsam die Fortschritte und ist im Prozess eine wesentliche Motivationsstütze.

1.10 Telekooperation & Netzwerkarbeit: Networkerinnen unterwegs nach Europa Die Entstehung von Kooperationsbeziehungen und Netzwerken liegt so lange zurück, wie die ersten Tausch- und Handelsbeziehungen zwischen Menschen. Im Übergang zur Informations- und Wissensgesellschaft erweist sich der Zusammenschluss von Unternehmen und die Teilnahme an Netzwerkstrukturen auch für kleine Betriebe als Herausforderungen, um flexibel den veränderten Marktanforderungen begegnen zu können. Rund 30 Unternehmensberaterinnen in Hessen ziehen einen innovativen Nutzen aus ihrer strategischen Allianz. Knapp drei Jahre haben Sie im Projekt „Telekooperation von Unternehmensberatungen“ – finanziert über das Programm ADAPT der Europäischen Union und die Hessen-Media Aktionslinie teleworking – zusammengearbeitet. Sie setzen die neuen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien für die innovative Kooperation zwischen ihren Unternehmen gezielt ein und entwickeln sie weiter: im Interesse einer steigenden Wettbewerbsund Leistungsfähigkeit und der Schaffung von Synergien. In einer Branche, in der Unternehmensfusionen und globale Anforderungen an der Tagesordnung sind und in der die Nachfrage nach Beratungspaketen „aus einer Hand“ und ganzheitlichen Beratungen wächst, gilt es zukunftsorientierte Marktnischen zu besetzen und flexible, innovative Kooperationsformen zu entwickeln.

1.11 Arbeiten im Netz Die hessische Unternehmensberaterin Rita Rat hat einen „großen Fisch an Land gezogen“, einen Auftrag zur Organisationsentwicklung in einem mittelständischen Unternehmen. Der Auftrag übersteigt ihre zeitlichen und personellen Kapazitäten und auch die Bereiche ihrer Kernkompetenz und so startet sie ihre Partnersuche ganz selbstverständlich virtuell: Sie „postet“ ihre Suche nach Kooperationspartne-

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

rinnen im Internet, auf der virtuellen Plattform des Unternehmerinnen Netzwerkes. In diesen passwortgeschützten Internetbereich „loggen“ sich alle Netzwerkteilnehmerinnen regelmäßig ein. Er dient dem Informations- und Erfahrungsaustausch, bietet Qualifikation via Teleteaching und ist virtueller Marktplatz für Kooperationsanfragen. Die Resonanz kommt per eMail. Schnell hat Rita Rat ein virtuelles Team zusammengestellt. Auch in der späteren Kooperation werden eine Vielzahl der Arbeitsschritte und Abstimmungsprozesse über das virtuelle Forum im Internet bzw. per eMail abgewickelt. Um sich im Schwerpunkt ganz auf die beraterischen Kernkompetenz zu konzentrieren, greifen die Netzwerkteilnehmerinnen für Aufgaben im Bereich der Büroorganisation auf die Service-Dienstleistungen eines Bakkoffice zurück. Networking wird durch den Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien einfacher. Das global angelegte Datenübertragungsnetz ermöglicht Synergieeffekte durch eine höhere Effektivität und Effizienz in vielen Bereichen der Kommunikation, für gemeinsame Planungs- und Abstimmungsprozesse, für die Ent- und Abwicklung gemeinsamer Angebote und die Marktpräsenz. Das TELEHAUS WETTER hat im Rahmen des Projekts Telekooperation von Unternehmensberatungen eine besondere Form der strategischen Allianz entwicklet: ein virtuelles Unternehmensnetzwerk. Diese langfristig angelegte IuK-gestützte Kooperationsform unabhängiger Unternehmen basiert auf einer gemeinsamen Werteund Vertrauensbasis. Das Netzwerk bildet den Rahmen für die zeitlich begrenzten, immer wieder neu zusammengesetzten, virtuellen Teams der Netzwerkteilnehmerinnen. Virtuelle, zeitlich begrenzte Unternehmenszusammenschlüsse müssen sich neuen Herausforderungen stellen: im Bereich der internen und externen Kommunikation, der Organisation und dem Umgang mit unterschiedlichen Unternehmenskulturen und -wertemustern. Diese innovativen Formen der Zusammenarbeit erfordern technisches Know-how und stetzen als neue, spezifische Qualifikationsanforderungen die „Netzwerkkompetenz“ voraus. Das TELEHAUS WETTER unterstützt und begleitet den Auf- und Ausbau von Kooperationsbeziehungen und Vernetzungsstrukturen, indem es Modelle für innovative Formen der Zusammenarbeit entwickelt und via Internet umsetzt, die Netzwerkarbeit moderiert und Qualifikationstools bereitstellt.

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TELEHAUS WETTER / VeFAR e.V. Schwanallee 48a, 35037 Marburg Telefon 0 64 21 / 1 69 54-0, Fax -22 eMail info@telehaus-wetter.de Internet www.telehaus-wetter.de

1.12 Internettips Aktionslinie Hessen Teleworking: www.hessen-teleworking.de Beraterinnen-Netzwerk: www.hessen-teleworking.de/beraterinnennetzwerk Europäische Union: europa.eu.int European FemalesManagement Consultants e.V.: www.efmc.de Forum Informationsgesellschaft: www.forum-informationsgesellschaft.de FrauenComputerSchulen & FrauenTechnik Zentren: www.frauen-computer-schulen.de LAG Kommunaler Frauenbüros in Hessen: www.sozialnetz-hessen.de/frauenbueros ISPO Information Society Project Office: www.ispo.cec.be/sitemap.html Sozialnetz-Hessen: www.sozialnetz-hessen.de Transnationales Partnerforum FOCUS 2000: www.focus2000.net

1.13 Literatur rund um das TELEHAUS WETTER Fladung, Gabriele: Telehaus Wetter – Zukunftsträchtige Arbeitsplätze für die Region in: Kreisausschuß des Landkreises Marburg-Biedenkopf (Hrsg.), Jahrbuch 1995, Marburg 1995 Fladung, Gabriele: Telearbeit- und Teleservicezentren. Eine Alternative für den ländlichen Raum in: Stadt und Gemeinde, hrsg. vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, Heft 4/5, 1997 Fladung, Gabriele: Erfolgsfaktoren für die Etablierung von Teleservicezentren im ländlichen Raum in: Informationsgesellschaft zwischen Vision und Wirklichkeit. Konsequenzen und Anforderungen für ländliche Regionen, Reader zur Fachtagung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Weinbau, Rheinland Pfalz; ttt GmbH, Trier 1997 Fladung, Gabriele: Zukunftsfähige Arbeitsplätze durch neue Technologien in: Das Parlament, Nr. 11, Bonn 1998

Fladung, Gabriele: Telearbeit in: Dr. Ute Klammer/Christiane Ochs/Dr. Gudrun TrautweinKalms (Hrsg.), (Prekäre) Erwerbstätigkeit von Frauen. Situation – Sackgassen – Auswege. Graue Reihe der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 134, Düsseldorf 1998 Fladung, Gabriele: Wie Frauen arbeiten wollen. In: Integral (Hrsg.), Arbeit 21, 5 Jahre INTEGRAL, Marburg 1998 Fladung, Gabriele: Telecenter statt Teleheimarbeit in: Die Frau in unserer Zeit, 28. Jahrgang, Heft 2/99 Fladung, Gabriele: Existenzgründung von Frauen – regionale Erfahrungen In: Förderung von Existenzgründungen im Städtenetz Lahn-SiegDill, Magistrat der Stadt Wetzlar (Hrsg.), Wetzlar 7/1999

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Neue Technologien – neue Chancen für Frauen: Das TELEHAUS WETTER in Marburg

Fladung, Gabriele: Telearbeit im TELEHAUS WETTER In: Telearbeit und Telekooperation für Nordhessen. Eine Dokumentation, hrsg. von Ulrich Schneider, Universität GhKassel 1999

Kordey, Norbert / Korte, Werner B.: Telearbeit erfolgreich realisieren. Das umfassende, aktuelle Handbuch für Entscheidungsträger und Projektverantwortliche, Braunschweig/Wiesbaden 1996

Fladung, Gabriele: Im Interesse der Region. Gründerinnenförderung im Landkreis MarburgBiedenkopf In: Unternehmerinnen-Info Nordhessen, Kassel 2000

Leitfaden für die Beschäftigung von Behinderten BEST Ges.m.b.H., Wien 1996

Fladung, Gabriele / Lutze, Annedore: Telehaus Wetter. Dienstleistungsanbieter im ländlichen Raum Telearbeit Deutschland '96. Neue Formen und Wege zu Arbeit und Beschäftigung, Braunschweig/Wiesbaden 1997 Fladung, Gabriele / Stolz, Iris: TELEHAUS WETTER – ein innovatives, frauengeführtes Dienstleistungsunternehmen in: Oechtering, Veronika/Winker, Gabriele (Hrsg.), Computernetze – Frauenplätze. Frauen in der Informationsgesellschaft, Opladen 1998 Frauen in der Informationsgesellschaft in: Barbara Weiler (Hrsg.), Europa konkret. Frauenprojekte in Hessen Nord, Kassel 1998 Frauenprojekt setzt sich am Markt durch in: Demokratische Gemeinde, Heft 4, April 1996 Graß, Christoph: Tele-Servicecenter im ländlichen Raum. Handbuch für Planung, Realisierung und Betrieb Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (Hrsg.), Wiesbaden 1993 Jung, Dörthe: Telekooperation von Unternehmensberatungen HLT (Hrsg.), ESF-Consult Hessen, 1/99 Knowles, Ian / Neville, Christine: The Re-integration of home-bound people into work, in: Interdisciplinary aspects on computers helping people with special needs 5th international conference/ICCHP '96, Linz, Austria, July 1996 (Schriftenreihe der österreichischen Computergesellschaft, Bd. 87), Wien/München 1996

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Paschen, Katja: Call-Center und Telemarketing – Beschäftigungschancen für körper- und sinnesbehinderte Menschen TELEHAUS WETTER / VeFAR e.V., Marburg 1999 Schroll, Rita: Telearbeit – ein neues Arbeitsfeld für Behinderte? in: Die Gegenwart 11/1996 Schroll, Rita: Telearbeit – ein neues Arbeitsfeld für Behinderte? in: Die Randschau, 3/1996 Stolz, Iris: Telehaus Wetter, in Hauswirtschaftliche Dienstleistungen – wo liegen die Potentiale von morgen? Dokumentation des überregionalen Workshops vom 29.-30. Oktober 1999 in Magdeburg. (Hrsg.) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der Deutsche Landfrauenverband e. V. Stolz, Iris: Erfahrungen im Selbstlernzentrum – Mit dem Computer allein? Ein Praxisbericht aus dem TELEHAUS WETTER In: Selbstgeteuertes Lernen, Stephan Dietrich, i.V. 2001 Stolz, Iris: Ist die Institution der Hilfsmotor beim SeGeLn? – Praxiserfahrungen aus dem Projekt www.SchwebWeb.de In: Selbstgeteuertes Lernen, Stephan Dietrich, i.V. 2001 Troltenier, Imke: Telearbeit in der Familienphase Berichte aus der Praxis, VeFAR e. V., (Hrsg.), Marburg 1997 Troltenier, Imke: Telearbeit in der Familienphase in: Mechthild M. Jansen (Hrsg.), Arbeitsplatz Kind – Über die Verteilung von Erziehungs- und Erwerbsarbeit, Schriftenreihe der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, Nr. 26, Wiesbaden 1998 Troltenier, Imke: Verträglichkeit von Familie und Karriere. Fokus Telearbeit im Erziehungsurlaub in: KiTa aktuell HRS, Nr. 4/99


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Troltenier, Imke: Networkerinnen unterwegs nach Europa. In: Nationale Unterstützungsstelle ADAPT (Hrsg.), Erfahrungen aus Modellprojekten, Bonn 2000 Troltenier, Imke: Virtuelle Kooperation im Netzwerk In: Telearbeit und Telekooperation für Nordhessen, Kasseler Dialog. Eine Dokumentation, Ulrich Schneider, Universität GhKassel (Hrsg.), Kassel 2001 i.V.

VeFAR e. V. (Hrsg.): Expertinnen für Unternehmensberatung und Training, Marburg 1997 Werdigier, Wolf: MIRTI – Telework Information System in: ECTF Austria, Telework '96. Working in a Wider Europe, Wien 1997 Vom „Weiberprojekt“ zur repräsentativen Adresse. Die Dienstleistungen des Telehauses in Wetter Frankfurter Rundschau, 06. Januar 1996

1.14 Filme & CD-ROMs rund um das TELEHAUS WETTER Arbeitsgemeinschaft Medien Telearbeit – ein Modell zum Nachmachen Zu bestellen über: Arbeitsgemeinschaft Medien, Römerstraße 88, 85609 Aschheim Lighthouse-Film Köln Marktplatz Mouseclick – Nutzung von Datenkommunikationsnetzen durch kleine Unternehmen. Ein Film von Michael Schomers, 35 min., 1996. Zu bestellen über das Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft (RKW) e. V., Düsseldorfer Straße 40, 64760 Eschborn Buch und CD zum Film: Internet für Klein- und Mittelbetriebe Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft e. V. (Hrsg.), Eschborn 1997 CD: Einführung von Telearbeit. Modelle industrieller Beziehungen bei innovativen Telearbeitsprojekten. Erhältlich über IUKinst@aol.com

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht Monika Denker, Dörthe Jung

Einleitung Der folgende Text stellt Evaluationsergebnisse des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen vor1, das im Zeitraum vom 1. Februar 1998 bis zum 1. März 2000 wissenschaftlich begleitet wurde2. In dem Projekt sind Möglichkeiten erprobt worden, für kleine von Frauen geführte Beratungsunternehmen die Potenziale neuer Technologien zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und neue Formen der Kooperation und Vernetzung zu erschließen. Im Projektverlauf haben rund 30 Unternehmerinnen je nach individuellem Bedarf und zeitlichen Ressourcen die im Projekt angebotene Unterstützung und Beratung wahrgenommen.

Zukunftsbranche Unternehmensberatung Im Zuge des Strukturwandels wird der Dienstleistungsbranche ein hohes Wachstumspotenzial vorausgesagt. Dabei steigt vergleichsweise stark der Bedarf an sekundären Dienstleistungen wie Beratung (u.a. IAB / Prognos Projektion 1998/99)3, ein Zukunftstrend, von dem die schon heute wachstumsverwöhnte Unternehmensberatungsbranche allen Prognosen nach weiterhin profitieren wird. Mit Blick auf die Veränderungen in Unternehmen und die Marktposition der Unternehmensberatungsbranche stellt sich die Frage nach den Zukunftschancen von Frauen in diesem Wirtschaftszweig. Einerseits steigt aufgrund des Unternehmenswandels von Seiten der Kunden der Beratungsbedarf im kommunikativen Bereich (u.a. Coaching; Prozessbegleitung). Hier liegen in der Beratungsprofession die Kernkompetenzen vieler Frauen. Andererseits zählt die Branche zu einer typisch männlichen Domäne, was sich unter anderem in einer im Bundesvergleich geringeren Repräsentanz von Frauen im oberen Management der Top-Consulting-Firmen niederschlägt. So liegt unter den Inhabern/Geschäftsführern, PartnerInnen und SeniorpartnerInnen der 1

Das Projekt wurde im Rahmen des EU-Programmes ADAPT durchgeführt. Projektträger war das TELEHAUS WETTER / VeFAR e.V., Marburg. 3 Zitiert nach: IAB-Werkstattbericht Nr. 20 / 1999, S.11 2

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großen Beratungsgesellschaften in Deutschland der Frauenanteil unter 2 % (Handelsblatt 27./ 28. Juni 1997). Diesem widersprüchlichen Entwicklungstrend in der Beratungsbranche begegnen Frauen zunehmend mit der eigenen Existenzgründung 4. Sie verbinden mit dieser Entscheidung die Erwartung an größere individuelle Spielräume für Innovation und berufliche Entwicklung. Die vorhandenen Trends in der Branche eröffnen für kleine, von Frauen geführte Unternehmensberatungsfirmen zukünftig gute Marktchancen, wenn Produktinnovation und die mit dem Einsatz neuer IuK verbundenen Flexibilitätspotenziale für die Unternehmensentwicklung genutzt werden. Technikgestützte Formen von Kooperation und Vernetzungen stellen hier allen Prognosen nach wichtige Elemente von Zukunftsfähigkeit auch kleiner Unternehmen dar. Die Teilnehmerinnen des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen sehen in der Tatsache, als Frau ein Unternehmen zu führen, überwiegend Marktvorteile. Sie machen sich den positiven „Gendertrend“ in der Beratungsbranche in Form spezifischer Beratungsangebote und individueller Kundenorientierung zu Nutzen und verbinden mit ihrem ‚Kleinsein‘ Konkurrenzvorteile, wenn die neuen Chancen von technikgestützten Vernetzungen wahrgenommen werden. Die Ergebnisse des Projektes widerlegen das allgemeine Vorurteil, Frauen als Unternehmerinnen fehle es an Innovation und ökonomischer Initiative, um auf dem Konkurrenzmarkt erfolgreich bestehen zu können.

2.1 Die Unternehmensprofile Kleine, flexible und kooperationsorientierte Unternehmen Das Profil der an dem Projekt „Telekooperation von Unternehmensberatungen“ teilnehmenden Betriebe lässt sich schlagwortartig als: klein, flexibel und kooperationsorientiert beschreiben. Es dominiert ein Unternehmenstyp moderner Prägung, teilweise den neuen Start-ups vergleichbar mit einem ausgeprägten Sinn für Kompetenzsharing.

4

Diese Entwicklung ist jedoch leider nicht statistisch belegbar. Weder beim Statistischen Bundesamt noch beim BUND DEUTSCHER UNTERNEHMENSBERATER BDU E.V. oder auch den lokalen IHKs liegen geschlechtsspezifisch differenzierte Daten für die Unternehmensberatungsbranche vor. Die Zahlen zu Existenzgründungen von Frauen sind allgemeiner Art. Anfang 1990 wurde jedes dritte Unternehmen von einer Frau gegründet, jedes vierte von einer Frau geführt. Die Tendenz zur Unternehmensgründung von Frauen ist weiterhin steigend. Siehe hierzu auch: Europäische Kommission (1998), Gemeinschaftsinitiativen ADAPT und BESCHÄFTIGUNG, Reihe Innovation Nr. 4 Bessere Chancen für Existenzgründerinnen

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

Ein großer Teil der beteiligten Unternehmen existiert seit 2 bis 4 Jahren (Grafik 1). 5 11 von 24 Beraterinnen haben sich im Zeitraum von 1996 bis 1998 selbständig gemacht und befanden sich bei Projekteintritt noch in einem frühen Stadium ihres Unternehmensaufbaus. Die Teilnahme an dem Projekt war gerade für ihre Existenzsicherung und -festigung von großer Bedeutung. Angesichts von Unternehmensfusionen und einem zunehmenden Agieren auf dem globalen Markt auch in der Unternehmensberatungsbranche ist es für kleinere und junge Betriebe wichtig, den veränderten Nachfragebedingungen mit innovativen Strategien zu begegnen: Marktnischen zu besetzen, der steigenden Nachfrage nach ganzheitlichen Beratungskonzepten entgegenzukommen, Kooperation und Zusammenarbeit mit PartnerInnen zu suchen, darin sehen viele dieser selbständigen Frauen Wege, ihre Konkurrenzfähigkeit auszubauen und zu festigen. Für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit innovative Wege in der Unternehmensentwicklung einzuschlagen, war auch für diejenigen Unternehmerinnen ein entscheidendes Motiv, an dem Projekt Telekooperation teilzunehmen, die schon seit längerem selbständig sind. So führen 7 Teilnehmerinnen ihre Betriebe seit 5 bis 7 Jahren und 6 der 24 Befragten (25 %) sind quasi alteingesessene Unternehmensberatungen, die schon über 8-10 Jahre auf dem Markt operieren. Als langjährige Einzelunternehmerinnen war für sie die Teilnahme an dem Projekt dezidiert mit dem Wunsch nach Erfahrungsaustausch und dem Interesse an Kooperationssuche verbunden.

12 10 8 6 4 2 0

mehr als 10 J.

8 – 10 J.

5 – 7 J.

2 – 4 J.

Grafik 1: Dauer der Selbstständigkeit (24/2000)

5

Die in diesem Kapitel angeführten quantitativen Daten beziehen sich überwiegend auf die Teilnehmerinnen-Abschlussbefragung der wissenschaftlichen Begleitung im Februar 2000. An der schriftlichen Befragung haben 24 Betriebe teilgenommen.

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Eine Auswertung qualitativer Einzelinterviews mit Projektteilnehmerinnen Ende 1999 zeigt, dass ein typisches Motiv für den Entschluss, sich selbständig zu machen, die Unzufriedenheit in einem festen Anstellungsverhältnis war. Die Entscheidung zur Existenzgründung wird vielfach mit größeren Spielräumen für Innovation und die eigene Entwicklung begründet. Mit der Unternehmensgründung verband sich der Wunsch, das gesammelte Spektrum an Erfahrungen und guten beruflichen Kontakten für den Aufbau des eigenen Unternehmens zu nutzen und dabei die eigenen Kompetenzen weiter entwickeln zu können. Einige Beraterinnen konnten Aufträge bzw. Kunden aus der früheren Tätigkeit „mitnehmen“ und hatten von daher gute Voraussetzungen für eine Unternehmensgründung.

2.1.1 Einzelunternehmerinnen mit Kooperationsbereitschaft Schaut man sich die Anzahl der Beschäftigten in den teilnehmenden Unternehmen an, so überwiegt zunächst das typisch einzelunternehmerische Organisationsmodell der Pionierphase: „Ich manage alles alleine“ (Grafik 2). 4 Unternehmensberatungen haben festangestellte Mitarbeiterinnen. Häufiger wird die Möglichkeit stundenweiser Beschäftigung genutzt und es werden im Zuge des Unternehmensaufbaues teilweise freie MitarbeiterInnen beschäftigt. Die Arbeitsorganisation der teilnehmenden Unternehmen hat sich im Verlauf des Projektes verändert. Hierfür war von entscheidendem Einfluss, dass die Betriebe zunehmend Büro- und Verwaltungsarbeiten ins Backoffice verlagert haben (siehe hierzu Kap. 2). Beschäftigungseffekte des Projektes sind so in Form der Ausweitung des Backoffice-Betriebes entstanden und in der Schaffung neuer Beschäftigungsfelder durch diese moderne Form der Arbeitsorganisation.

12 10 8 6 4 2 0

allein

Angestellte

freie MA

Aushilfen

Grafik 2: Größe des Unternehmens (24/MFN/2000)

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

Wenn man sich die teilnehmenden Unternehmen im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit anderen PartnerInnen ansieht, dann differenziert sich das Bild von der typischen Einzelunternehmerin: Schon in den ersten Monaten des Projektes wird die ausgeprägte Kooperationsbereitschaft als ein typisches Merkmal der teilnehmenden Unternehmen deutlich. 13 von 19 (68 %) geben ein Viertel Jahr nach Projektbeginn bei einer Befragung der wissenschaftlichen Begleitung an, bei einzelnen Aufträgen mit anderen Unternehmen zusammen zu arbeiten. Zwei Jahre nach Projektbeginn bearbeiten nur noch 29 % (7 von 24) der Befragten ihre Beratungsaufträge ausschließlich alleine (Grafik 3). Alle anderen sind entweder kontinuierlich oder zeitweise in Kooperationen eingebunden oder planen dies für die nächste Zeit. 10 8 6 4 2 0

überwiegend kontinuierlich vereinzelt allein projektbezogen in in Partnerschaften Partnerund Kooperationen schaften

demnächst in Partnerschaften

Grafik 3: Arbeiten in Kooperationen (24/2000)

Was die Zukunftsperspektiven der teilnehmenden Unternehmen anbelangt, setzen nach zwei Jahren Projektdauer die meisten auf eine unternehmerische Wachstumsstrategie: zu diesem Zeitpunkt hat knapp die Hälfte der befragten Teilnehmerinnen die Erwartung, sich in naher Zukunft zu vergrößern (11 von 24) (Grafik 4). Die Anderen gehen davon aus, wenigstens den erreichten Stand der Unternehmensgröße zu halten. Mit Unternehmenswachstum verbinden aber insbesondere die jungen Betriebe keinen Unternehmenstyp der ‚alten Ökonomie‘ mit vielen Angestellten und einem schwergängigen bürokratischen Apparat. Zukünftiges Unternehmenswachstum verknüpfen sie mit Charakteristika, die eher typisch für die New Economy sind: virtuelle Vernetzungen, die Inanspruchnahme von Serviceleistungen eines Backoffice für die Büro-, Verwaltungsarbeiten und andere komplexere Tätigkeiten sowie das partielle Hinzuziehen von ‚Free Lancern‘ bei der Auftragsbearbeitung. Die Teilnahme am Projekt Telekooperation hat insbesondere für die Unternehmen, die sich bei Projektbeginn in der Aufbauphase befanden, zu einer stabilen Existenzsicherung geführt, die darüber hinaus auch perspektivisch mit weiterem Wachstum verbunden ist.

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11 10 8 6 4 2 0

Unternehmen erweitern in dieser bzw. Größe halten vergrößern

verkleinern

weiß ich noch nicht

Keine Angaben

Grafik 4: Wachstumsperspektive des Unternehmens (24/2000)

2.1.2 Kernkompetenzen Das Leistungsspektrum der beteiligten Unternehmen umfasst von Projektbeginn an ein breites Beratungsangebot, das sich im Projektverlauf jedoch verändert hat. Die folgende Tabelle zeigt, dass es zu einer stärkeren Konzentration auf Kernkompetenzen gekommen ist. Nach zwei Jahren Projektdauer zeichnen sich 3 Geschäftsbereiche als Schwerpunkte des Leistungsangebotes ab: 1. die betriebswirtschaftlich/kaufmännisch-orientierte Beratung, 2. die Beratung im Bereich Kommunikation und 3. ein breites Angebot an Organisationsberatung.

Kernkompetenzen der Unternehmensberaterinnen (24/MFN/2000) Beratungsangebot Betriebswirtschaftliche Beratung (Controlling; Rechnungswesen) Existenzgründung Finanzierung IT-Beratung (EDV-Schulung & -beratung) Marketing Public Relations (Presse- & Medienarbeit) Personalentwicklung (& Personalauswahl) Qualitätsmanagement Training & Coaching (Mediation; Moderation) Organisationsberatung (Strategie- & Konzeptentwicklung; Prozessmanagement; Seminare & Veranstaltungen) Umwelt- & Wirtschafts-Journalismus Übersetzungen

Februar 2000 7 4 2 2 3 2 1 4 6 8

April 1998 2 6 1 2 1 1 1 7 4

1 1

1 -

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

Während zu Beginn des Projektes die Beratung von ExistenzgründerInnen bei vielen Teilnehmerinnen noch einen höheren Stellenwert eingenommen hat, besteht im Projektverlauf die Tendenz, verstärkt in bereits etablierten Unternehmen beraterisch tätig zu sein. Im Projektverlauf hat sich zudem der unternehmerische Aktionsradius der Unternehmensberatungen erweitert (Grafik 5). Obwohl immer noch etwa die Hälfte der befragten Unternehmen, so zeigt unsere Abschlussbefragung, ihren Tätigkeitsschwerpunkt in der Region hat, sind ihre Kundenbeziehungen mehr und mehr auf nationaler Ebene ausgeweitet worden. Darüber hinaus sind 2 Teilnehmerinnen europaweit bzw. international tätig. 12 10 8 6 4 2 0

regional

national

international

Grafik 5: Aktionsradius der Unternehmen (24/2000)

Die ausgeprägte Kooperationsorientierung der teilnehmenden Unternehmerinnen zeigt sich auch in ihren hohen beruflichen Vernetzungsaktivitäten neben ihrer Teilnahme an dem Projekt Telekooperation. Viele der Unternehmerinnen geben in der Abschlussbefragung der wissenschaftlichen Begleitung an, entweder in frauenspezifischen Berufszusammenschlüssen aktiv zu sein, oder aber den regionalen Bezug in berufsübergreifenden Netzwerken zu suchen. Insgesamt wurde die Teilnahme an 26 unterschiedlichen Netzwerken genannt. Informationsaustausch und die Pflege von Beziehungen über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus sind für diese Frauen selbstverständlicher Bestandteil ihrer Unternehmerinnenidentität.

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2.1.3

Prototypische Situation von selbständigen

Unternehmensberaterinnen Zum Profil des Prototyps einer Unternehmensberaterin im Projekt Telekooperation gehören folgende Merkmale: • Ihr Unternehmen wurde in den letzten 3 bis 6 Jahren gegründet. • Sie ist im Alter von 40 bis 50 Jahren und, wenn sie Kinder hat, sind diese bereits älter als 15 Jahre. • Sie verfügt über ein hohes fachliches Qualifikationsniveau und lange Erfahrung als Angestellte in ihrem jetzigen Aufgabenbereich. • Ihre Kernkompetenzen liegen auf den Gebieten: betriebswirtschaftlich/ kaufmännisch-orientierte Beratung, Organisationsberatung oder im Kommunikationsbereich. • Ihre Kompetenz im Umgang mit den neuen IuK-Technologien ist überdurchschnittlich hoch und sie zeigt sich offen gegenüber technischen Neuerungen. • Sie organisiert ihren Betrieb einzelunternehmerisch und bedient sich der Dienstleistungsangebote des Backoffice. • Sie ist kooperationsorientiert und geht projektbezogen mit anderen UnternehmerInnen eine Partnerschaft ein. • Sie blickt optimistisch in die Zukunft. Entweder sie verfolgt das Ziel, das eigene Unternehmen auszubauen oder sie versucht zu expandieren, in dem sie mit gleichberechtigten Partnerinnen zusammenarbeitet. Als charakteristisch für die Einstellung der Unternehmerinnen zu Vernetzung und Kooperation könnten etwa folgende Statements gelten: • Sympathie und Übereinstimmung in wichtigen persönlichen Ansichten sind für mich eine Voraussetzung für Kooperation. • Ich habe bisher nur positive Kooperationserfahrungen gemacht, sowohl mit PartnerInnen, die über ergänzende Kernkompetenzen verfügen, als auch in Kooperationen mit gleicher Qualifikation. • Kooperationen bieten mir die Chance zum Feedback, zur Erweiterung meiner Referenzliste und zur Übernahme von größeren Aufträgen, die ich alleine nicht durchführen könnte. • Zu den Voraussetzungen für Kooperationen gehört: ähnliche Arbeits-formen, gleiche Qualitätsmerkmale, sich auf gleichberechtigtem Level (Grundlagen und Erfahrungen) bewegen und ein ausgewogenes Geben und Nehmen.

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

• Kooperationen erfordern die gemeinsame Planung und Aufgabenverteilung bei dem gemeinsamen Projekt, sonst kommt es zu Kompetenzgerangel. Außerdem müssen klare Absprachen bezüglich Honorar und Abrechnung getroffen werden. • Ich suche bevorzugt weibliche Kooperationspartner. • Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben virtuelle Kooperationen via E-Mail und Datenaustausch. Sie ersparen mir Zeit-, Kosten- und Reiseaufwand. • Eine rein virtuelle Kooperation kann ich mir jedoch nicht vorstellen, weil für mich die persönlichen Kontakte ungeheuer wichtig sind. Die Chemie muss einfach stimmen.

2.1.4 Multimedia-Dienstleistungen für Telekooperation von Unternehmensberatungen Für die erfolgreiche Umsetzung des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen ist das entwickelte Projektdesign von entscheidender Bedeutung. Die Entwicklung technikgestützter Kooperation von kleinen Unternehmen bedarf spezieller Voraussetzungen, wenn das innovative Potenzial dieser neuen Form von Zusammenarbeit zum Tragen kommen und für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung genutzt werden soll. Neben der Qualifizierung auf den Feldern der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien geht es dabei um Fragen technikgestützter Dienstleistungsangebote und der Veränderung der Arbeitsorganisation, der Entwicklung einer Vertrauenskultur sowie der Auseinandersetzung um eine gemeinsame Wertebasis unter den KooperationspartnerInnen.

2.1.5 Dienstleistungsspektrum des TELEHAUS WETTER Die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen sind im Projekt Telekooperation vom TELEHAUS WETTER in Form eines breiten und flexibel zu nutzenden Dienstleistungsspektrums entwickelt worden. Über den Projektzeitraum von zwei Jahren haben sich die Angebote der jeweiligen Dienstleistungen teilweise erweitert oder es hat bedarfsorientierte Schwerpunktverlagerung stattgefunden. Dafür ausschlaggebend waren die sich im Zuge der Projektteilnahme verändernden Bedarfe der Unternehmerinnen und die notwendige Anpassung an die rasanten technischen Entwicklungen im IT-Bereich. Projektträger und wissenschaftliche Begleitung haben zu verschiedenen Projektzeitpunkten Bedarfserhebungen bei den Unternehmerinnen durchgeführt. Darüber

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hinaus konnten Ergebnisse gemeinsamer Diskussionen in den Foren und aus den Einzelberatungen zu einer ständigen Aktualisierung und Verbesserung der Dienstleistungsangebote beitragen. Folgendes Dienstleistungsspektrum war Bestandteil des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen: • Backoffice mit Unterstützung in den Bereichen: Sekretariat, Bürokommunikation und kommunikationstechnische Beratung • Informations- und Diskussionsforen in Form eines monatlichen Forums Telekooperation, eines Internetforums und der Herausgabe eines Newsletters • Qualifizierung für Multimediakompetenz in Form von Telelearning, alternierend mit Präsenzworkshops sowie in Form persönlicher Beratung und von ExpertInnen-Vorträgen und Praxisdemonstrationen

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

2.2

Neue Formen der Arbeitsorganisation

Das Backoffice stellt den zentralen Knotenpunkt im Projektdesign dar. Es fungiert als Schnittstelle für die: • Erprobung neuer Arbeits- und Organisationsformen in kleinen Unternehmen, • Beratung und Information im Multimedia-Bereich und • Koordination von Aufgaben und Kontakten zur Vernetzung der Beratungsunternehmen.

2.2.1

Angebote des Backoffice

Über das Backoffice haben die Unternehmerinnen die Möglichkeiten, anfallende Arbeiten im Sekretariats- und Bürobereich standortunabhängig auszulagern. Um die Dienstleistungen des Backoffice nutzen zu können, sind zunächst technische Voraussetzungen und Basiswissen notwendig. So war das Vorhandensein eines leistungsstarken PCs (Prozessor und Betriebssystem) und eines ISDN-Anschlusses für die Teilnahme an dem Projekt Telekooperation erforderlich. Aufgrund der rasanten Entwicklung im kommunikations- und informationstechnologischen Bereich sind im Projektverlauf ständig technische Neuerungen nötig und möglich geworden, so dass die erforderlichen technischen Mindeststandards bei Projektstart zum Zeitpunkt des Evaluationsabschlusses schon längst überholt waren bzw. mittlerweile zum selbstverständlichen Bestandteil der Bürokommunikation der Unternehmerinnen gehören. Die Einrichtung eines ISDN-Anschlusses spielte beispielsweise bei Frauen, die Monate nach dem Projektbeginn hinzukamen, überhaupt keine Rolle mehr, wo hingegen anfangs ein großer Bedarf bei den Unternehmerinnen bestand. Entsprechend lag zu diesem Zeitpunkt hier ein Beratungsschwerpunkt des Backoffice und im Forum Telekooperation. Die Dienstleistungen des Backoffice sind im Verlauf des Projektes erweitert, differenziert und an technische Neuerungen angepasst worden. Überwogen etwa zu Beginn im Sekretariatsbereich eher einfachere Tätigkeiten, wie das Formatieren von Texten, die Erledigung von Geschäftskorrespondenz oder Serienbriefabwicklung, so kamen sukzessiv komplexere Leistungen, wie das Erstellen von Präsentationsfolien, Adressverwaltung bzw. Datenbankpflege oder die Unterstützung bei Messebeteiligung und das Terminmanagement der Unternehmerinnen hinzu. Zu den kontinuierlichen Beratungsangeboten des Backoffice über den Evaluationszeitraum hinweg zählen die Unterstützung bei (Neu-)Anschaffungs- und Nutzungsfragen von Hard- und Software sowie im Bereich von Kommunikationslösungen

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(neben ISDN verstärkt für Handys, Call-by-Call-Verfahren u.a.). Entsprechend neuerer technischer Entwicklungen und gestiegener Medienerfahrung und -kompetenz der Teilnehmerinnen kamen zusätzliche Beratungsangebote etwa im Bereich des EMailens oder für digitale Präsentationsmittel hinzu. Die folgende Übersicht veranschaulicht das Spektrum an Dienstleistungen des TELEHAUS WETTER im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen.

Dienstleistungen des Backoffice

Telekooperation von Unternehmensberatungen Beratungen

Beratungen

Sekretariat

• Kommunikationslösungen

Bürokommunikation

• Formatieren und Gestalten der allgemeinen Geschäftskorrespondenz

(TK-Anlage, ISDN, Rufumleitungen, Handys, Telefonieren im Call-by-Call Verfahren, Least Cost Router)

• Hardware/Software (Anschaffung eines neuen PC’s, Probleme mit der Hardware beheben)

• E-Mail

• Telefon- und Faxservice • Info- und Auskunftsservice

• Tagungs- und Konferenzservice

• Hotline

• Terminmanagement

(Telefon, Fax, E-Mail)

(wer ist der günstigste Anbieter), einrichten, Probleme beheben

• Einzelplatzschulung im EDVBereich

• Serienbriefabwicklung • Organisation von Geschäftsreisen

• Software (Brachenspezifische SoftwareBeratung, Beratung bei SoftwareAnschaffung und bei Download von Software im Internet)

• Recherche im Internet

• Unterstützung bei Messebeteiligung • Tagungssekretariat

Backoffice

• Einholen und Auswerten von Angeboten • Korrekturlesen

• Beratung zur Anschaffung von Hard- und Software

• Formatieren von Berichten und Gutachten

• Beratung Internetauftritt

• Rechnungsgestaltung

• Hilfestellung bei Problemen von Anwendersoftware

• Adressrecherche

(Word, Excel, PowerPoint, Outlook, Access, Outlook-Express, InternetExplorer, Netscape Navigator, WinZip, Adobe, Acrobat Reader)

• Datenbanken • Beratung digitale Präsentationsmittel (Camcorder, Kamera, Beamer)

• Adressverwaltung, Datenbankpflege • Literatur- und Zeitschriftenrecherche • Erstellung und Auswertung von Feedbackbögen • Erstellung von Präsentationsfolien

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

2.2.2 Nutzung des Backoffice Nutzungsintensität und -breite des Backoffice-Services von Seiten der Unternehmerinnen veränderten sich im Projektverlauf. Dabei hat einerseits ein genereller Anstieg der Nutzung in dem zweijährigen Evaluationszeitraum stattgefunden. Andererseits sind diese Veränderungen nicht nur auf der quantitativen Ebene von Bedeutung, sondern insbesondere im Hinblick auf die individuelle Unternehmensentwicklung. Da sich eine Reihe der Teilnehmerinnen in der Phase des Unternehmensaufbaus und -festigung befindet, ist die Nutzung des Backoffice z. B. im Sekretariatsbereich eine Möglichkeit, die Arbeitsabläufe neu zu organisieren und stärker zu professionalisieren. In diesem Kontext spielt es eine wichtige Rolle, dass mit dem Unternehmenswachstum der Teilnehmerinnen während des Projektverlaufes eine stärkere Konzentration auf die Kernkompetenzen stattgefunden hat, wobei die Unterstützung durch technikgestützte Dienstleistungen wenn nicht eine ursächliche, so doch eine stark unterstützende Rolle gespielt hat. Ein weiterer wesentlicher Faktor bei der Nutzung der Angebote des Backoffice von Seiten der kleinen Beratungsunternehmen stellt selbstverständlich auch die im Projektverlauf gewachsene Erfahrung mit den Möglichkeiten eines Teleservices dar. So berichteten die Mitarbeiterinnen des TELEHAUS WETTER in einer Befragung der wissenschaftlichen Begleitung einige Monate nach Projektstart, dass häufig Probleme entstanden, weil die Auftragsangaben der Unternehmerinnen unklar waren oder auch diffuse Vorstellungen über die Reichweite der angebotenen Dienstleistungen bestanden. „Mit der ‚Recherche im Internet‘ waren besonders zu Anfang ...falsche Vorstellungen verbunden (das Internet ist eben mit keinem klassischen Nachschlagewerk zu vergleichen).“ Darüber hinaus hat der im Vergleich zum ersten Projektjahr bei der Mehrheit der Teilnehmerinnen viel stärkere Gebrauch von E-Mail im geschäftlichen Arbeitsalltag die Nutzungsintensität des Backoffice stark ansteigen lassen. Zu dem Faktor gewachsene Erfahrung muss auch der im Projektverlauf generell rapide Anstieg von unterschiedlichen Formen des Teleservice wie Call- oder OfficeCenter gezählt werden. Anfang 1998 herrschte noch große Unkenntnis über diese standortunabhängigen und kommunikationstechnologisch gestützten Dienstleistungsmöglichkeiten, Anfang 2000 hingegen gehören etwa die Dienste eines Call-Centers zur Alltagserfahrung, nicht nur im Geschäftsleben.

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Faktoren für die gestiegene Nutzungsintensität des Backoffice im Projektverlauf • Phase des Unternehmensaufbaus und Professionalisierung der Unternehmerinnen • Stärkere Konzentration auf Kernkompetenzen • Bedeutungszuwachs elektronischer Kommunikation im Geschäftsalltag • Bedeutungszuwachs technikgestützter Office-Center insgesamt im gesellschaftlichen und geschäftlichen Leben Die zentrale Bedeutung dieser neuen Dienstleistungsform für den Wachstumsprozess der kleinen Beratungsunternehmen im Projekt Telekooperation werden auch durch Ergebnisse der Abschlussbefragung der wissenschaftlichen Begleitung bestätigt. So rangieren hier bei der Frage nach der Bedeutung der wahrgenommenen Dienstleistungen des Backoffice für die Weiterentwicklung des Unternehmens, die Angebote im Sekretariats- und Kommunikationsbereich mit 11 Nennungen neben dem Forum Telekooperation an oberster Stelle.

Welches Dienstleistungsangebot war für die Weiterentwicklung Ihres Unternehmens am wichtigsten (24/MFN/2000) Backoffice (Sekretariat, Bürokommunikation) 11 Forum Telekooperation 11 IuK-Schulung 8 Newsletter, Internet-Forum 8 Zukunftswerkstatt 5

2.2.3 Neue Beschäftigungsformen Mit der gestiegenen Nutzungsintensität des Backoffice im Projektverlauf wurden im Rahmen des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen neue Beschäftigungsformen geschaffen und stabilisiert. Eine Reihe der Unternehmerinnen haben Unternehmensentwicklung und -wachstum nicht mit verstärktem Personalbedarf im eigenen Betrieb bewältigt, sondern mit der bevorzugten Auslagerung von Aufgaben in das Backoffice sind hier Arbeitsplätze und neue Beschäftigungsformen aufgebaut und entwickelt worden. Für die Mehrheit der Teilnehmerinnen gehört bei Evaluationsende die Nutzung der Dienstleistungen des Backoffice zum selbstverständlichen und integralen Bestandteil der Arbeitsorganisation. Die meisten Unternehmerinnen planen diese Serviceleistungen auch in die weitere zukünftige Unternehmensentwicklung ein. Nach diesen Ergebnissen kann davon ausgegangen werden, dass die im Projekt entwickelten neuen Beschäftigungsformen tragfähig und über den Projektabschluss hinausgehend von Bestand sind.

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2.2.4 Veränderung der Arbeitsorganisation Die Nutzung eines Backoffice bedeutet von Seiten der Unternehmerinnen die Bereitschaft, ihre Arbeitsorganisation zu verändern. In diesem Veränderungsprozess ist auch die Unternehmenskultur der kleinen Beratungsbetriebe angesprochen. Viele der Teilnehmerinnen arbeiten bei Projektbeginn alleine bzw. mit Unterstützung einer Teilzeitbeschäftigten. Die mit dem Teleservice gegebenen breiten Möglichkeiten, Arbeiten auszulagern, die sie bislang mehr oder weniger alleine gemacht haben, berührten das Selbstverständnis der Alleinunternehmerin und führten zur Auseinandersetzung mit der Effektivität der bisherigen Unternehmensstruktur. Die Auslagerung an ein externes Office macht nicht nur die bisherige Arbeitsweise transparent, sondern häufig entwickeln sich im Prozess des anfänglichen ,Austestens‘ neue Unternehmensvisionen, die die traditionelle Form einer Unternehmensorganisation infrage stellen. Diese Prozesse und Formen der Auseinandersetzung sind im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen unterschiedlich verlaufen. Es gab Unterschiede zwischen den Teilnehmerinnen, die schon seit langem selbstständig sind und denjenigen, die sich erst im Unternehmensaufbau befinden. Eine Reihe der Unternehmerinnen nutzten anfangs die Dienstleistungen des Backoffice wie in einer Art ‚Schnupperphase‘. Diese Teilnehmerinnen hatten noch keine richtige Vorstellung von den möglichen Vor- und Nachteilen, die eine Nutzung des Backoffice für eine Effektivierung der Arbeitsabläufe und -organisation mit sich bringen können. Für sie ergab sich aufgrund der relativ kurzen Zeit der Selbstständigkeit häufig die Notwendigkeit, die bislang entwickelte Form der Arbeitsorganisation noch weiter zu verbessern. Den Telefonservice via Anrufweiterschaltung oder die Geschäftskorrespondenz über das Backoffice abwickeln zu lassen, stellte für sie eine Chance dar, solche weiteren Verbesserungsmöglichkeiten in der Struktur ihres Unternehmens vorzunehmen bzw. auf Tragfähigkeit für Kunden und die eigene Arbeitsentlastung auszuprobieren. Einige dieser Unternehmerinnen hatten außerdem schon bei Firmengründung die Vorstellung, ihre Büro- und Verwaltungsarbeiten so weit wie möglich auszulagern und die mit den neuen Technologien entstehenden Potenziale gleich in der Phase des Unternehmensaufbaus für sich zu nutzen. „Ich möchte also so lange wie möglich auf ein Sekretariat verzichten, eigentlich auf die ganzen klassischen Organisationsstrukturen, wie man sie so überwiegend vorfindet.“ Gerade als kleines Beratungsunternehmen wird die Gefahr gesehen, alles selbst machen zu wollen oder zu müssen. Insbesondere im Hinblick auf Professionalität und Effektivität erscheint da die Wahrnehmung von technikgestützten Dienstleistungsformen angemessener.

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„Ich habe nicht den Ehrgeiz, alles selbst zu machen. Ich will sehen, dass ich Aufgaben auslagere, weil ich merke: es kostet sehr viel Zeit. Alles selbst machen zu wollen, ist auch nicht sehr professionell.“

Nutzung des Backoffice und Veränderung der Arbeitsorganisation • Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur • Schaffung von flexiblen und unbürokratischen Arbeitsstrukturen • Effektivierung der Arbeitsorganisation • Entlastung der Unternehmerin • Mehr Zeit für strategische Unternehmensaufgaben • Konzentration auf Kernkompetenzen • Schaffung neuer Beschäftigungsformen Demgegenüber blicken die Beraterinnen mit einer längeren Unternehmensdauer auf schon bewährte und stärker differenzierte Betriebsstrukturen. Sie hatten von daher das Bedürfnis, zunächst einmal ein wenig zu experimentieren, um den Nutzen eines Backoffice für die gewachsene Arbeitsorganisation testen bzw. gegebenenfalls auch verwerfen zu können. Insbesondere in den qualitativen Einzelinterviews wird im Kontext von Fragen zur Unternehmensentwicklung und -vision von Seiten dieser Teilnehmerinnen auf Veränderungspotenziale hingewiesen, die mit steigender Bedeutung der neuen Medien auf die Beratungsunternehmen zukommen. Diese Möglichkeiten veränderter Arbeitsorganisation sehen die Frauen noch lange nicht erschöpft, weder in ihrem Unternehmen noch insgesamt in der Beratungsbranche. So schwebt einer Teilnehmerin vor, mit Support eines Backoffice, elektronischer Kommunikation und Videokonferenzen das Laptop zur tragenden Säule der Unternehmensorganisation werden zu lassen. Hier sollen nicht nur alle entscheidenden Abläufe, Materialien, Dateien und Kundenvorgänge gespeichert werden, son-dern mit dem Laptop lassen sich sowohl mobil als auch von der Home-Station aus in Zukunft vermehrt Kundenaufträge abwickeln. In den Einzelinterviews und den Gruppendiskussionen im Rahmen des Forums Telekooperation wurde häufig der Entwicklungsprozess beschrieben, wie mit der Nutzung der Dienstleistungen des Backoffice sich nach und nach für die Unternehmerinnen weitere Möglichkeiten erschlossen haben, Arbeitsabläufe und -organisation über die Auslagerung von Aufgaben qualitativ zu verbessern und effektiver zu gestalten. Für viele der Teilnehmerinnen stellt hierbei die Möglichkeit, mehr Zeit für die eigentlichen strategischen unternehmerischen Aufgaben zu erhalten, eine der zentralen Verbesserungen dar.

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Ja Nein teils/teils

Grafik 9: Veränderungen der Arbeitsorganisation in Ihrem Unternehmen (16/1998)

Ja Nein KA

Grafik 10: Veränderungen der Arbeitsorganisation in Ihrem Unternehmen (24/2000)

Ein Vergleich der Befragungsergebnisse nach einem und nach zwei Jahren Projektdauer zeigt, dass im Projektverlauf insgesamt der Anteil der Unternehmerinnen gestiegen ist, die ihre Arbeitsorganisation verändert haben. Gaben von den Frauen, die an der Befragung in 1998 teilgenommen haben (Grafik 9), nur ein gutes Drittel an, dass sie Veränderungen in der Arbeitsorganisation ihres Unternehmens vorgenommen haben, so sind es zwei Jahre nach Projektbeginn über dreiviertel der Teilnehmerinnen der Abschlussbefragung (Grafik 10). Die Antworten legen nahe, dass die Gründe für die Veränderungen multifaktoriell sind: sie liegen in einer Kombination von verstärktem Einsatz der neuen Medien, neu eingegangenen Kooperationen mit anderen Unternehmen und der Nutzung des Backoffice (Grafik 11). 10 8 6 4 2 0

verstärkter Kooperation Nutzung Expansion IuK Einsatz mit anderen des der GeschäftsUnternehmen Backoffice aktivitäten

sonst.

Grafik 11: Gründe für Veränderungen der Arbeitsorganisation (14/MFN/2000)

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2.3 Entwicklung einer Vertrauensbasis für Kooperation und Vernetzung Bestandteil des Projektdesigns ist die Durchführung eines monatlich stattfindenden Forums: das Forum Telekooperation. Es ist einerseits ein Informationsforum für viele Sach- und Fachthemen rund um Fragen zur Telekooperation. Hierzu werden u.a. ExpertInnen eingeladen, die zu Themenkomplexen, wie etwa vertragliche Möglichkeiten bei Kooperationen, referieren, oder es werden Praxisdemonstrationen z. B. zu Videokonferenzen oder Netmeetings durchgeführt. Andererseits hat sich im Projektverlauf das Forum zu dem zentralen Ort für die Entwicklung einer gemeinsamen Vertrauens- und Wertebasis unter den an Kooperation und Vernetzung interessierten Unter-nehmerinnen herausgebildet. In der umfangreichen Literatur zur Unternehmenskooperation und -vernetzung (siehe Kap. 2.5) wird immer wieder die entscheidende und nicht zu unterschätzende Rolle des Faktors Vertrauen bei erfolgreichen Unternehmenskooperationen betont. Diese Bedingung trifft im Projekt Telekooperation in besonderem Maße zu, da es sich hier um kleine Beratungsunternehmen handelt, die alle aus der selben Branche kommen und untereinander horizontale Kooperationsformen eingehen. In horizontalen Kooperationen stellt sich die Frage der Konkurrenz in besonderer Weise, da eine klare Abgrenzung und Arbeitsteilung über das Produkt nicht von vorneherein gegeben ist, die PartnerInnen in der Kooperationsbeziehung selbständig und gleichberechtigt bleiben. Um unter diesen Bedingungen das Risiko der Konkurrenz zu minimieren bzw. überschaubar zu machen, sind folgende Faktorenvon großer Wichtigkeit: • persönliche Sympathie • Aufbau einer Vertrauensbasis • Verständigung über gemeinsame Ziele und Werte • Zeit Im Projektverlauf sind insbesondere im Forum Telekooperation positive Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Kooperationsbeziehungen und Vernetzungen geschaffen worden. Dabei stand zunächst das gegenseitige persönliche und fachliche Kennenlernen im Vordergrund. Hierfür waren die Unternehmenspräsentationen der einzelnen Teilnehmerinnen von großer Bedeutung. Seit November 1998 stellt regelmäßig in jedem Forum eine Teilnehmerin ihr Unternehmensprofil vor, das zusätzlich auch im projektinternen „Newsletter“ veröffentlicht wird. Die Präsentation der einzelnen Beratungsunternehmen mit der Vorstellung der Beratungsprodukte, der Unternehmensphilosophie, der Arbeitsformen und -methoden ist als ein Projektmeilenstein zu werten und kann als eine erste wichtige Grundlage zur Entwicklung einer

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

gemeinsamen Werte- und Vertrauensbasis für mögliche Kooperationsbeziehungen oder Vernetzungsvorhaben der Unternehmerinnen angesehen werden: „Hier besteht die Gelegenheit festzustellen, wer fachlich passt und wie die Chemie stimmt.“ Mit Beginn des zweiten Projektjahres wurde das Thema Kooperation und Vernetzung stärker im Kontext der persönlichen Erfahrungen, Ziele und Erwartungen der Teilnehmerinnen im Forum behandelt. Den Kick-off dazu stellte eine im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung durchgeführte Gruppendiskussion dar. Das Ergebnis dieser Diskussion war ein gemeinsam mit den Teilnehmerinnen entwickelter Kriterienkatalog, in dem Bedingungen für Kooperationen auf der fachlichen / strategischen und persönlichen Ebene festgehalten wurden. In dieser Diskussion wurde deutlich, dass für die Unternehmerinnen zwischen diesen beiden Ebenen eine Balance bestehen muss, wenn sie Entscheidungen für eine Kooperation fällen.

Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen Voraussetzungen für eine „gute“ Balance von strategischen und persönlichen Faktoren in einer erfolgsorientierten Unternehmenskooperation (Kriterien, um Kooperationsentscheidungen fällen zu können)

fachliche/strategische Ebene • Informationen über Arbeitsfelder • Informationen über Unternehmensstruktur (Kunden, Produkte, Größe des Unternehmens, Anzahl MitarbeiterInnen, Standort, regionales/überregionales Arbeiten) • Projekt-, Arbeitsaufträge (Wie wird gearbeitet? Philosophie ) • Honorare • Wo werden Kooperationen gesucht bzw. Kooperationsmöglichkeiten gesehen?

persönliche Ebene „Chemiekriterien“ • • • • • • • • • •

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Zuverlässigkeit Wertvorstellungen, die sich nicht ausschließen Zielvorstellungen müssen zueinander passen Aura der Person Offenheit Ehrlichkeit Ethische Verantwortung Nähe – Distanz Interessant Integrität

Ergebnis Forum Telekooperation 1/99


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Fragen von Kooperation und Vernetzungen gewannen ab diesem Zeitpunkt im Projekt für die Teilnehmerinnen verstärkt an unternehmerischer Bedeutung. Ein Ausdruck dafür waren erste Kooperationsbeziehungen, die unter einigen Unternehmerinnen zur Bearbeitung von Projekten entstanden. Bei vielen Unternehmerinnen wuchs zunehmend die Offenheit, sich für Kooperations- und Vernetzungsbeziehungen im Teilnehmerinnenkreis des Projektes zu interessieren. Dieser Projektfortschritt wurde mit der Durchführung einer Zukunftswerkstatt unterstützt.

2.3.1 Zukunftswerkstatt: Nachhaltige Unternehmensentwicklung und Neue Medien Die Idee zu einer Zukunftswerkstatt entstand aufgrund des Ergebnistransfers einer Teilnehmerinnenbefragung durch die wissenschaftliche Begleitung im Forum Telekooperation. Die Unternehmerinnen zeigten hier ein deutliches Interesse, die Vernetzungsthematik intensiver und in einer zeitlich entspannten Atmosphäre zu diskutieren. Die „Zukunftswerkstatt“ fand im August 1999 statt. In thematischen Arbeitsgruppen zu: · mehr Klarheit über die Nachhaltigkeit als Beraterin · Zusammenarbeit und Methode in / f ür ein Netzwerk · Souverän der eigenen Ökonomie / eigene Ressourcen schonend und bewusst einsetzen wurde sich intensiv insbesondere mit den Möglichkeiten und Konsequenzen der neuen Medien im Kontext des jeweiligen Themas auseinander gesetzt. Die Methode der Zukunftswerkstatt erwies sich als produktiv, um mentale Barrieren erkennen und neue kreative Ideen zur Vernetzung der Unternehmensberatungen entwickeln zu können. Die Evaluation der Zukunftswerkstatt ergab, dass dreiviertel der Teilnehmerinnen direkt umsetzbare Ergebnisse für ihre weitere Unternehmensentwikklung erzielt haben. Betont wurde, dass neue Ideen für Vernetzungen entstanden sind. Außerdem haben sich für einige Frauen in der Zukunftswerkstatt die Potenziale erschlossen, die in den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien für die Vernetzungen von Unternehmen liegen. „Ich habe für mich neue Visionen und Ideen entwickelt:“ „Ich habe mich ziemlich neu dem Thema E-Vernetzung geöffnet.“ „Meine bisherige Kooperation ist noch eher traditionell. Viele Möglichkeiten nutze ich nicht. Hier hat ein neuer Denkprozess begonnen.“ „Wir haben konkrete Fragestellungen, Aufgabenverteilung und Schritte für die Konzeption und Begleitung der Netzwerkprozesse entwickeln können.“

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Als ein weiteres wichtiges Ergebnis wurde der gewachsene persönliche Kontakt unter den Teilnehmerinnen während des Workshops gewertet. Die Tatsache, dass die Unternehmerinnen hier in zwei Tagen intensiv zusammen gearbeitet haben und so einen direkten Eindruck über ihre unterschiedlichen Arbeitsweisen erhielten, hat wesentlich zur weiteren Entwicklung der Vertrauensbasis beigetragen. Diskussionen und Fragen zur Vernetzung unter den Teilnehmerinnen des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen wurden auf eine qualitativ neue Stufe gehoben. Die Zukunftswerkstatt stellte sowohl im Hinblick auf die Entwicklung einer gemeinsamen Vertrauens- und Wertebasis wie zur Unterstützung von Telekooperation einen weiteren Milestone im Projekt dar. In der Zukunftswerkstatt kristallisierten sich Fragen zur Entwicklung einer Netzwerkkultur, von Spielregeln und Kompetenzentwicklung für vernetztes, von den neuen Medien gestütztes Arbeiten heraus, die dann im Forum Telekooperation in den nächsten 9 Monaten thematisch behandelt und diskutiert wurden. Als „Work in Process“ sind die Zwischenergebnisse dieser Diskussionen auf der Homepage des Projektes Telekooperation dokumentiert worden.

Themen für die weitere Foren Telekooperation • • • • •

Spielregeln für die Kommunikation (im e-Netzwerk) Ich bin sichtbar – was brauche ich … Internetauftritt Nutzenkriterien (Nutzen-Honorar) Kompetenzentwicklung für das Arbeiten in Netzwerken Rechtsform für innovative Projekte (Kleine AG, Arge, Verband, steuerrechtliche, betriebswirtschaftliche, juristische Aspekte) • LINUX-Software • LINUX-Netzwerk, Arbeitsorganisation • Internetauftritt: Eigene Domain bzw. netzwerkgemeinsame Domain, eigene, gemeinsame Homepage

September 99 Oktober 99 November 99 Januar 2000 Februar 2000 März 2000 April 2000 Mai 2000

Ergebnis Zukunftswerkstatt 8/99

2.3.2 Aufbau eines virtuellen Netzwerkes Telekooperation Im Anschluss an die Zukunftswerkstatt bildete sich immer stärker das Interesse heraus, eine projektinterne Plattform zu haben, um mehr Transparenz und Offenheit für die Kommunikation der Unternehmerinnen untereinander und bei der Suche von Kooperationen zu schaffen. Die Entwicklung von Spielregeln für die Kommunikation im Forum Telekooperation bzw. für vernetztes Arbeiten, die Erarbeitung eines

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virtuellen Formulars für Kooperationsanfragen, die über das Netz zu bearbeiten sind und die Entwicklung eines Netzwerk-Kompetenz Schemas (siehe hierzu Kapitel 8) waren bis zum Abschluss der Evaluation zentrale Schritte, um ein eigenes Selbstverständnis als Netzwerk Telekooperation zu entwickeln und den Internetauftritt des „Netzwerkes Telekooperation von Unternehmensberatungen“ vorzubereiten. Bei Ab-schluss der Evaluation erarbeiteten die Unternehmerinnen Qualitätsstandards für die Teilnahme im Netzwerk und begannen, ihr bislang für die interne Kommunikation entwickeltes Selbstverständnis im Hinblick auf eine marktorientierte Darstellung zu erweitern.

Spielregeln der Kommunikation für vernetztes Arbeiten Vernetztes Arbeiten erfordert Kommunikation und Spielregeln als Basis einer reibungslosen Zusammenarbeit. Zum Beispiel allgemein 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Wir beginnen pünktlich zu den vorher vereinbarten Zeiten. Wir hören der jeweils Sprechenden aktiv zu. Wir akzeptieren, dass jede Aussage einen Sach- und Beziehungsaspekt hat. Wir achten darauf, wie unsere Botschaften bei den anderen ankommen. Wir respektieren die (verbal und non-verbal) geäußerten Gefühle jeder Einzelnen. Wenn wir etwas nicht verstehen oder nicht als allgemeingültig akzeptieren, stellen wir Fragen oder bringen unsere Nicht-Zustimmung zum Ausdruck. 7. Ansonsten gilt die gefährlichste aller Spielregeln: Schweigen ist Zustimmung. 8. Die Inhalte der Gespräche behandeln wir vertraulich. Ergebnis Forum Telekooperation 9/99

Das Netzwerk Telekooperation hat zum Ziel, einerseits eine • Plattform für die Suche und Entwicklung von Kooperationsbeziehungen für die teilnehmenden Unternehmensberaterinnen zu sein, andererseits soll es • als Marketing- und Akquisestrategie eingesetzt werden und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen Beratungsunternehmen beitragen. Entwicklung und Aufbau des Netzwerkes wird entscheidend vom Backoffice im TELEHAUS WETTER unterstützt. Das Backoffice koordiniert Aufgaben und Anfragen auf Vernetzung und entwickelt die Internetpräsentation des Netzwerkes. Diese ist für einen internen und externen Bereiche konzipiert: • ein Netzwerk interner Bereich dient der Entwicklung und Suche von Kooperationen, der Kommunikation, Information und Quali-fizierung der Unternehmerinnen untereinander;

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

• ein Netzwerk öffentlicher Bereich ist kunden- und marktorientiert und dient als Marketingstrategie der Unternehmerinnen. Das virtuelle Netzwerk Telekooperation wird bei Evaluationsabschluss mit koordinierender Unterstützung des Backoffice im Forum Telekooperation als einem zentralen Vernetzungsort, an dem sich die Unternehmerinnen real begegnen, weiter entwickelt und ausgebaut.

Positive Bedingungen für den Aufbau von Vertrauen, Kooperation und Vernetzung: Forum Telekooperation • Persönliches und fachliches Kennenlernen • Präsentation der Unternehmensprofile • Erfahrung gemeinsamen Arbeitens (Zukunftswerkstatt) • Spielregeln der Kommunikation • Zeit zur Entwicklung einer gemeinsamen Vertrauens- und Wertebasis

2.4 Medienkompetenz und Qualifizierung für technikgestützte Kooperation Der Einsatz neuer Medien ist neben der Globalisierung der zentrale Faktor für den Wandel in Unternehmen und Arbeitsorganisation. Entscheidend für die Wettbewerbs- und Konkurrenzfähigkeit ist dabei nicht nur die notwendige technische Infrastruktur (Hardware; Zugang zu Internet u. a.), sondern ein entsprechendes Knowhow im Umgang mit den neuen Technologien und dem Informationstransfer. Im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen ist die Beratung und Qualifizierung der teilnehmenden Unternehmerinnen für die Anwendung und den effektiven Einsatz der neuen Technologien ein zentrales Ziel. Von dem TELEHAUS WETTER wurden Qualifizierungs- und Beratungsdienstleistungen über das Backoffice, im Forum Telekooperation und dem Newsletter, in Form von individueller Beratung, von ExpertInnenvorträgen und Praxisdemonstrationen sowie von Informationen über aktuelle Entwicklungen im IT-Bereich angeboten.6

2.4.1 Telelearning Das vom TELEHAUS WETTER entwickelte Konzept zum Telelearning ist eine methodische Kombination aus zeitflexiblem Lernen und Präsenzworkshops. Dieser Methodenmix hat sich nach den bislang vorliegenden Erfahrungen zum Telelearning7 und auch im Projektzusammenhang bewährt. 6 7

siehe Dienstleistungsspektrum des TELEHAUS WETTER S. 25 Vgl. u.a. Engert / Hamburg/Terstriep 1999; Wiest 1998; tandemnews 1/1999

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Die inhaltlichen Schwerpunkte sind in Lernbriefen organisiert, die via Internet vom TELEHAUS WETTER bereitgestellt werden und von den Unternehmerinnen downgeloaded werden. Sie enthalten neben dem Lern- auch einen Übungsteil, der wiederum über E-Mail zur Korrektur an das TELEHAUS weitergeleitet wird. Fragen und Diskussionen zu den Lernbriefen können im Internet-Forum gestellt bzw. geführt werden. Parallel zu dieser zeitflexiblen Lernform werden die jeweiligen Themen der Lernbriefe vor Ort in den Präsensworkshops bearbeitet. Im Projektverlauf haben sich die inhaltlichen Schwerpunkte des Telelearnings von den informationsvermittelnden Anwendungen, wie den MS-Office-Programmen, hin zu dialogorientierten Anwendungen verlagert, die für Kooperation und Vernetzung von größerer Bedeutung sind. Bei Evaluationsabschluss standen Lerneinheiten und Präsenzworkshops zur Erstellung einer Homepage auf dem Programm. Netmeetings, Application Sharing und Videoconferencing folgen im letzten Projekthalbjahr. Über den Einsatz von Multimedia bei kleinen Unternehmen liegen bisher wenig wissenschaftliche Untersuchungen vor. Die vorliegenden Befragungen beschäftigen sich vorwiegend mit der Bedeutung des Online-Lernens in der betrieblichen Weiterbildung. Nach einer neueren Untersuchung von kleinen und mittleren Betrieben setzen lediglich 7 % der Unternehmen mit 50 bis 1000 Beschäftigten netzgestütztes Lernen im Unternehmen ein.8 Anzunehmen ist, dass der Anteil bei kleinen Unternehmen, wie sie am Projekt Telekooperation teilnehmen, noch geringer ist. Diese Annahme legen auch Ergebnisse und Erfahrungen im Projekt Telekooperation nahe. Dabei sind es bei den am Projekt teilnehmenden Beratungsbetrieben mehrheitlich die Unternehmerinnen selbst, die von dem Angebot des Telelearnings Gebrauch machen und nicht deren Beschäftigten. Eine Teilnehmerinnen-Befragung der wissenschaftlichen Begleitung bei Projektbeginn (April 1998) ergab, dass zu diesem Zeitpunkt von 19 Unternehmerinnen lediglich 2 bereits Erfahrungen mit Telelearning hatten (Grafik 12).

Ja Nein

Grafik 12: Erfahrung mit Online-Schulungen? (19/1998) 8

Vgl. Michel u.a. 2000

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

Aufgrund dieses geringen Kenntnis- und Erfahrungsstandes zu Projektbeginn geben auf die Frage, welche Form der Schulung bevorzugt wird, die traditionelle Face-to-face-Kommunikation oder netzgestützte Formen des Lernens, die Mehrheit der befragten Teilnehmerinnen an, dass sie es nicht beurteilen können. Bei der Abschlussevaluation sieht das Bild aufgrund der Erfahrungen, die die meisten Teilnehmerinnen inzwischen mit dieser Lernform haben, differenzierter aus (Grafik 13). 42 % der Befragten (10 von 24) schätzen hier die Möglichkeiten des Telelearnings aufgrund der Zeitflexibilität und der räumlichen Unabhängigkeit als gut für das eigene Unternehmen ein. Ein Drittel der befragten Unternehmerinnen bleibt aber weiterhin skeptisch. Sie bevorzugen eine Seminarsituation mit synchroner Kommunikation. 10

für das eigene Unternehmen

8 6

für die gesamte Branche

4 2 0

gut

teils/teils

schlecht

KA

Grafik 13: Beurteilung der Möglichkeiten von Telelearning als Lernform (24/2000)

Die Ergebnisse der Abschlussbefragung spiegeln ein Problem wider, dass sich im Kontext der Teilnahme am Telelearning für die kleinen Beratungsunternehmen stellte. Im Alltagsgeschäft fanden viele der Unternehmerinnen nicht die Zeit und Konzentration, die für das Durcharbeiten der Lernbriefe und der jeweils integrierten Übungsteile nötig gewesen wäre. So geben knapp über die Hälfte der Frauen (13 von 24; d. i. 54 %) an, das Angebot Telelearning wahrgenommen zu haben. Davon haben wiederum zwar alle an den Präsenzworkshops teilgenommen, ein geringerer Anteil hat jedoch die Form des selbstorganisierten Lernens nutzen können. Dass dieses Ergebnis eher vor dem Hintergrund der Alltagsbelastung als Kleinunternehmerin zu sehen ist und weniger eine ablehnende Haltung gegenüber netzgestütztem Lernen signalisiert, darauf weist ein weiteres Ergebnis der Abschlussbefragung hin. Hier wird die Bedeutung des Telelearnings für die Unternehmensberatungsbranche von über dreiviertel der Befragten als gut oder wenigsten als teils/teils eingestuft (16 von 24) und von keiner als schlecht bewertet (Grafik 13).

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Im Projektkontext wurden Fragen der neuen Lernform Telelearning vor allem vor dem Qualifizierungshintergrund der Unternehmerinnen relevant und weniger im Hinblick auf zukünftige Veränderungen von Beratungsprodukten, die sich mit multimedialen Lernformen entwickeln können. Mögliche Entwicklungstrends sind hier in den Einzelinterviews von einer Unternehmerin angesprochen worden, die eine Ausbildung zum Teleteacher begonnen hat, um sich auf eine entsprechende Marktanpassung ihrer Beratungsprodukte vorzubereiten.

2.4.2 Newsletter Der regelmäßig vom TELEHAUS WETTER herausgegebene Newsletter mit aktuellen Tipps und Ratschlägen wird über das Internet verbreitet und findet bei den Unternehmerinnen großes Interesse. Die übersichtliche Gestaltung wird von den Teilnehmerinnen positiv beurteilt und als hilfreich für den Unternehmensalltag gewertet. Der Newsletter informiert z. B. über branchenrelevante Internetangebote und aktuelle Entwicklungen im Hard- und Softwarebereich, über Daten- und Virenschutz. Er enthält aber auch Informationen, die zur Kompetenzerweiterung der Unternehmerinnen beitragen wie z. B. Tipps zum Einschreiben in Newsgroups im Internet.

2.5 Vernetzung und Kooperation – Das Unternehmen des 21. Jahrhunderts Vernetzt, klein und flexibel – so lassen sich die Unternehmensprofile der Teilnehmerinnen des Projektes charakterisieren. Diese Unternehmensstrukturen bringen sie in die Nähe der Unternehmensgruppe, von denen die Wissenschaftlicher Malone und Laubacher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) behaupten, sie seien die Firmen des 21. Jahrhunderts 9 Eine zugespitzte These, dennoch: Flexibilität und Vernetzung bzw. Kooperation sind – da ist sich die Fachwelt einig – wesentliche Faktoren für erfolgreiche Unternehmen in der Zukunft. Der wirtschaftliche Strukturwandel im Zuge von Globalisierung und dem beschleunigten Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien stellt neue Anforderungen an die Unternehmen und verschärft den Wettbewerbsdruck sowohl der großen wie auch der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Viele Unternehmen reagieren auf diese Entwicklung mit interner betrieblicher Reorganisation. Zur Unterstützung des Unternehmenswandels steigt allen Prognosen zufolge in den nächsten Jahren auch weiterhin die Nachfrage nach externer Unternehmensberatung. Dabei bewirkt die spezifische Form des Unternehmenswandels (u. a. Abbau von 9

Vgl. Malone/Laubacher 1999

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

Hierarchien; kommunikativer Führungsstil; Zunahme an eigenverantwortlichem Arbeiten) eine steigende Nachfrage nach Organisations- und Kommunikationsberatung. Diese Marktsituation konfrontiert insbesondere kleine Beratungsunternehmen mit der Frage, wie sie ihre Kernkompetenzen erweitern können, wenn sie von diesem Trend profitieren wollen. Dabei haben die an dem Projekt Telekooperation beteiligten Unternehmensberatungen einerseits gute Marktchancen, da sie mehrheitlich über Kernkompetenzen verfügen, die der veränderten Marktnachfrage entgegenkommen. Andererseits verschärft sich zunehmend die Konkurrenzsituation für die kleinen Beratungsfirmen durch die global agierenden Top-Unternehmensberatungen.10 Kooperationen und Vernetzungen mit anderen Unternehmen können in dieser Situation auch für kleine Beratungsfirmen die Marktchancen erhöhen bzw. verbessern, weil sie in der Lage sind, flexibler auf die Marktanforderungen zu reagieren, größere Aufträge zu bearbeiten und dem Kunden gegenüber ganzheitliche Angebote zu präsentieren. Hierbei die Vorteile zu nutzen, die mit dem Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien möglich werden, wird mehr und mehr zu einem Marktgebot. An diesem Entwicklungstrend setzt das Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen an, in dem hier kleine Beratungsunternehmen bei der Entwicklung und dem Aufbau von technikgestützter Kooperation und Vernetzung unterstützt werden.

2.5.1 Begriffe und Definitionen: Kooperationsformen und Netzwerke Im Zentrum des Projektes stehen Fragen von Kooperation und Vernetzungen. Zur Abgrenzung des im Projekt dominanten Typus von Kooperation und Vernetzung gegenüber den verschiedenen anderen Formen, die in der Praxis existieren, werden im folgenden zunächst Begriffsklärungen vorgenommen. Der Begriff Kooperation kennzeichnet ganz allgemein die Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren Unternehmen zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles.11 Damit wird zunächst nichts über die Rechtsform und Ausprägung der Partnerschaft ausgesagt. Das Spektrum strategischer Konzepte für die Zusammenarbeit von Unternehmen reicht von den klassischen Kooperationsarten, wie Joint Venture oder Konsortium, über losere Formen der Partnerschaft zwischen unabhängigen Unternehmen, wie Arbeits- oder Interessengemeinschaften, bis zu vertraglich nicht fixierten Kooperationen als „Virtuelle Unternehmen“. Faktoren und Merkmale für erfolgreiche Kooperationen gelten in hohem Maße auch für die Typologie von Netzwerkkonzepten. Es wird deshalb im folgenden nur dort auf die jeweiligen Spezifika von Kooperation oder Netzwerken hingewiesen, wo die Unterscheidungskriterien wesentlich für das weitere Verständnis sind.12 10

Vgl. u.a. Reiners 2000

40

11

Vgl. Dathe 1998, S.84

12

Vgl. Dathe 1998, S.81


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2.5.2 Horizontale Kooperation von kleinen Beratungsunternehmen Im Zentrum des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen stehen strategische Kooperationen, also Partnerschaften, die nicht aus einem Zufall heraus entstehen, sondern Ergebnis einer gezielt angestrebten strategischen Entscheidung sind. Strategische Allianzen der Top-Beratungsfirmen bestimmen zur Zeit das Marktgeschehen in der Unternehmensberatungsbranche. Anders als bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) handelt es sich dabei jedoch meist um vertikale Kooperationen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Größe, wobei ein Großunternehmen die strategische Führung übernimmt und eine stabile Interorganisationsbeziehung besteht.13 Diese Form von Netzwerkbeziehung entlang einer Wertschöpfungskette, wie sie z. B. zwischen Zulieferern und Endproduzenten bei nacheinander gelagerter Produktion bestehen, ist jedoch für das Projekt Telekooperation weniger von Interesse. Auch die diagonale Zusammenarbeit als eine Kooperationsform, für die eine branchenübergreifende Verflechtung von Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftszweige kennzeichnend ist, spielt im Projekt Telekooperation keine Rolle. Für das Projekt Telekooperation ist vielmehr die meist temporäre Partnerschaft zwischen kleinen Unternehmen auf gleicher Wertschöpfungsstufe und ähnlichen Tätigkeitsbereichen charakteristisch. Die Projektteilnehmerinnen bemühen sich in der Regel um horizontale Beziehungen zwischen zwei oder mehreren auf gleicher Ebene, agierenden Unternehmen. Diese Form der Zusammenarbeit in unternehmerischen Partnerschaften hat entweder die Funktion der Komplementarität, d. h. unterschiedliche Ausbildung, Fähigkeiten, Erfahrungen und berufliche Verbindungen werden so gebündelt, dass Synergieeffekte entstehen. Oder aber die Kooperation hat additiven Charakter. Dies ist meist dann der Fall, wenn Kapazitätseffekte im Vordergrund stehen und Unternehmen mit eher identischen Profilen zusammen arbeiten.14 Beide Formen werden von den Unternehmensberaterinnen im Projekt Telekooperation praktiziert. Insgesamt sind Kooperationen mit komplementärem Charakter häufiger anzutreffen, da sie gerade kleineren Unternehmen die Möglichkeit bieten, umfassende Beratungspakete anzubieten. Diese unternehmerischen Partnerschaften haben unter Marktgesichtspunkten die Zielsetzung, eine bessere Außenwirkung und Synergieeffekte zu erzielen. 13 14

Zur Definition strategischer Netzwerke vgl. Sydow 1995, S.630 f. Vgl. Müller-Böling/Nathusius 1994, S.18 und Dörsam/Icks 1997, S.40

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Kooperationsformen • Bei einer horizontalen Verflechtung erfolgt die Kooperation zwischen den Unternehmen auf einer gleichen Wertschöpfungsstufe bzw. mit einem ähnlichen Tätigkeitsbereich. • Von vertikaler Kooperation spricht man, wenn die Unternehmen entlang einer Wertschöpfungskette zusammen arbeiten und nacheinander gelagerte Produktionsaktivitäten übernehmen. Beispiele hierfür sind Netzwerkbeziehungen zwischen Zulieferern und Abnehmern. • Diagonale Kooperation beschreibt eine branchenübergreifende Vernetzung von Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftszweige, deren Leistungsangebot sich zu einer Bedarfsgruppe ergänzt.

2.5.3 Netzwerke Für Netzwerke existieren eine Fülle möglicher Definitionen. Als allgemeine Charakterisierung trifft zu, dass es sich um „relativ dauerhafte, nicht formal organisierte, durch wechselseitige Abhängigkeiten, gemeinsame Verhaltenserwartungen und Orientierungen sowie Vertrauensbeziehungen stabilisierte Kommunikationsstrukturen zwischen Individuen oder Organisationen (handelt, d.Verf.), die dem Informationsaustausch, der kooperativen Produktion eines Kollektivguts oder der gemeinsamen Interessenformulierung dienen“15. Alle Versuche, den Netzwerkbegriff zu beschreiben, betonen den strategischen Charakter (gemeinsame Zielvorstellungen, Visionen), den Erhalt der Autonomie der einzelnen Mitglieder (Selbstständigkeit der Einzelunternehmen) und die notwendige Existenz einer Vertrauenskultur. Konkreter bezogen auf einen Verbund von Unternehmen gilt mittlerweile folgende Definition als richtungsweisend:

Definition von Unternehmensnetzwerken „Ein Unternehmensnetzwerk stellt eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform ökonomischer Aktivitäten dar, die sich durch komplexreziproke eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbstständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmungen auszeichnet.“ (Sydow 1992)

15

Benz 1995, S.194

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Unternehmensnetzwerke lassen sich nach folgenden Kriterien unterscheiden: Interne – externe Netzwerke: Ein internes Netzwerk beschreibt das Netz weitverzweigter Geschäftsaktivitäten einer einzigen Unternehmung. Bei firmeninternen Netzwerken steht oft die globale Optimierung der weltweiten Präsenz im Vordergrund. Im Gegensatz dazu stellt das externe Netzwerk ein Konglomerat von vielen eigenständigen Unternehmen dar. In externen Netzwerken müssen die Beziehungen so optimiert werden, dass beide Parteien profitieren. Wettbewerb und Kooperation (Win-win-Ansätze) sind Hauptmerkmale für solche strategischen Netzwerke. Statische – dynamische Netzwerke: In einem statischen Netzwerk haben nicht alle Teilnehmer dieselbe Bedeutung. Die Gesamtführung wird durch eine Unternehmung wahrgenommen. Die Abhängigkeit der oftmals Klein- bis Mittelbetriebe von der Kernfirma verunmöglicht ein opportunistisches Verlassen des Netzwerkes, was den stabilen Charakter ausmacht. Das dynamische Netzwerk basiert auf einer sich rasch ändernden Teilnehmerstruktur. Es kann als firmenübergreifende Projektorganisation verstanden werden, bei der – je nach Zielsetzung und Arbeitsauftrag – die teilnehmenden Partner entsprechend ihrem Beitrag unterschiedlich kombiniert werden. Dezentralisierte, dynamische Netzwerke. Ein Vermittler (Broker) hat die Aufgabe, aus einem Pool von beteiligten Firmen die beste Kombination für jedes Projekt zusammenzustellen. Interessierte Unternehmen nehmen an einem Netzwerk teil und können sich an Aufträgen beteiligen, die von einer variablen Anzahl Teilnehmer abgewickelt werden. Jeder von ihnen kann die Verantwortung für ein Projekt im Netzwerk übernehmen.16 Nach den oben aufgeführten Unterscheidungsmerkmalen lassen sich die bisherigen Kooperationsbestrebungen im Projekt Telekooperation als Aufbau eines Netzwerkes mit den Kennzeichen: strategisch, extern, dynamisch und dezentralisiert charakterisieren.

Voraussetzungen und Merkmale von Unternehmensnetzwerken • gemeinsame Zielsetzung und Geschäftsverständnis (Werte und Deutungsmuster) • das einzelne Unternehmen bleibt rechtlich unabhängig • gemeinsam akzeptierte Spielregeln • Dauer einzelner Kooperationen bis zur Geschäftserfüllung • Vertrauen, Offenheit und Transparenz unter den Beteiligten (Vertrauenskultur) • flexible Zusammensetzung 16

Vgl. Brütsch 1999, S.18 f.

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2.6 Einstellungen und Erfahrungen der Projektteilnehmerinnen zu Kooperation und Vernetzung 2.6.1 Erfahrungen mit Kooperation im Projektverlauf Nach einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Umfrage bei KMUs in allen 15 Mitgliedstaaten glauben knapp 30 % der Firmen, ihr Unternehmen werde in den kommenden 20 Jahren mit anderen Unternehmen Bündnisse geschlossen haben.17 Verglichen mit diesem Ergebnis ist das Bewusstsein für die strategische Bedeutung von Kooperation und Vernetzung bei den Projektunternehmen erheblich ausgeprägter. 100

eigenes Unternehmen

80 60 Prozent

15 13 9

40 20 0

Branche

9

2 groß

mittel

0

gering

Grafik 14: Bedeutung von Kooperationen und Vernetzungen aktuell und für die Zukunft (24/2000)

Über die Hälfte der Befragten (13 von 24) hält nach zwei Jahren Projektdauer Kooperation und Vernetzung entscheidend für die eigene Unternehmensentwicklung und Wettbewerbsfähigkeit. Weitere 9 Unternehmerinnen (38 %) ordnen Partnerschaften eine mittlere Wichtigkeit zu, und zwar abhängig von der jeweiligen Auftragslage. Für nur zwei (8 %) von 24 Projektteilnehmerinnen sind Unternehmenskooperationen eher von geringer Bedeutung. Auf die Frage nach der Zukunftsperspektive der gesamten Unternehmensberatungsbranche fällt das Urteil noch deutlicher aus: fast 63 % (15 von 24) der Befragten messen Kooperationen aktuell und zukünftig große Bedeutung zu. Keine der Befragten ist der Meinung, dass Vernetzungsaktivitäten und Zusammenarbeit von Unternehmen in Zukunft nur von geringer Wichtigkeit sind. Eine Gegenüberstellung der Erfahrungen mit Kooperationen zu Projektbeginn und bei Abschluss der Evaluation zeigt eine erhöhte Bereitschaft zu Unternehmenspartnerschaften (Grafik 15). Im Frühjahr 2000 gab nur noch eine der 24 Befragten (4 %) an, „noch keine Erfahrung mit Kooperationen“ zu haben. 17

Vgl. ADAPT News, Nr.19.1999, S.1

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23

100 80

13

Ja

60 Prozent 40

Nein

6

20 1 0

1998 (N=19)

2000 (N=24)

Grafik 15: Erfahrung mit Kooperationen (1998/2000; MFN*)

*Tabellengewichtung 2/3

Befragt nach ihren bisherigen Erfahrungen gibt in der Abschlussbefragung der wissenschaftlichen Begleitung die Mehrheit der Unternehmerinnen „überwiegend positiv“ an. Zwei Befragte beurteilen ihre Kooperationspraxis ohne wenn und aber als „nur positiv“. Auch in den Einzelinterviews ergab die Evaluation von Kooperationserfahrungen bei den teilnehmenden Unternehmen ein positives Bild. Alle Befragten haben überwiegend gute Erfahrungen mit KooperationspartnerInnen gemacht. Bei einigen der Unternehmerinnen, die seit längerer Zeit selbständig sind, sind allerdings Kooperationsbeziehungen auch schon gescheitert – teilweise mit weitreichenden ökonomischen Folgen. Diese Unternehmerinnen beschreiben ihre Haltung gegenüber Kooperationen als vorsichtiger, aber nicht ablehnend. Sie haben aus den Erfahrungen gelernt und können klare Voraussetzungen formulieren. So betonen sie zum einen die Wichtigkeit des Faktors ‚persönliche Sympathie‘, der häufig schon von Beginn das Kooperationsverhalten positiv oder negativ beeinflussen kann. Zum anderen wird in der gemeinsamen Festlegung von klaren Zielen und klarer Aufgabenverteilung eine weitere wichtige Voraussetzung gesehen, die bei Kooperationsbeziehungen unbedingt beachtet werden muss. „Wenn wir gemeinsam die Ziele des Projektes und die Aufgabenverteilung planen können. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, dann ist es egal, ob wir unter meiner Flagge oder unter einem gemeinsamen Namen arbeiten, dann kann es klappen.“ Für andere Teilnehmerinnen hat die kooperative Bearbeitung von Projekten positive Werbeeffekte nach sich gezogen und es konnten neue Möglichkeiten zur Unternehmensentwicklung erschlossen werden. Dies hat in einem Fall z. B zu einer quantitativen Verbesserung der Auftragslage geführt, in einem anderen Unternehmen konnte durch das Hinzuziehen anderer Kernkompetenzen ein neuer Kundenstamm aufgebaut werden.

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Im Projektverlauf hat sich bei einer Vielzahl der beteiligten Unternehmen ihre Einschätzung und Haltung im Hinblick auf die Bedeutung von Kooperation für die Unternehmensentwicklung verändert. Für eine Reihe der Unternehmerinnen sind Kooperationsbeziehungen schon bei Projektstart wesentlicher Bestandteil der Unternehmensentwicklung. Andere haben sich im Zuge der Projektteilnahme stärker mit der strategischen Bedeutung von Kooperation und Vernetzungen für ihre Unternehmenszukunft beschäftigt und sind erst durch die Projektteilnahme offener und aktiver geworden. Anfangs eher zurückhaltende Teilnehmerinnen haben die strategische Bedeutung erkannt und begonnen, Kontakt zu anderen Unternehmerinnen aufzunehmen, mit denen sie sich eine gemeinsame Projektbearbeitung vorstellen können. Beide Gruppen von Teilnehmerinnen pflegen Kooperationsbeziehungen mit Unternehmen, die nicht an dem Projekt teilnehmen. Welchen Einfluss die Teilnahme an dem Projekt für den Erfolg dieser Partnerschaftsbeziehungen hat, ist aufgrund der vielen externen, von der Projektteilnahme unabhängigen Faktoren nicht evaluierbar. In den Gruppendiskussionen im Forum Telekooperation wurde allerdings auf die gestiegene Kompetenz und gewachsene unternehmerische Sicherheit in Kooperationsbeziehungen hingewiesen. Partnerschaften zwischen teilnehmenden Unternehmerinnen haben sich im Projektverlauf, insbesondere ab dem zweiten Projektjahr herausgebildet. Sie sind überwiegend projektbezogen und bestehen aus zwei und drei Beratungsunternehmen. Einen Meilenstein und zentrales Ergebnis des Projektes stellt darüber hinaus der Aufbau des virtuellen Netzwerkes Telekooperation dar. Für viele der Unternehmerinnen ist die Teilnahme an diesem Netzwerk ein qualitativer unternehmerischer Entwicklungssprung: das Netzwerk soll die beteiligten Unternehmen einerseits flexibel bei der internen Kooperationssuche unterstützen. Es ist aber andererseits auch als ein wichtiges Instrument für Marketing und Akquise geplant. Die Teilnahme erfordert von daher ein hohes Maß an Offenheit und Transparenz bei den Unternehmerinnen, sowie einen professionellen Umgang mit bestehenden Konkurrenzängsten. Die Ergebnisse der Abschlussbefragung zeigen, dass die Teilnahme am Projekt und die Wahrnehmung der Dienstleistungsangebote des Telehaus Wetter wesentlich dazu beigetragen haben, dass sich das virtuelle Netzwerk Telekooperation entwickeln konnte. Hier werden insbesondere das Forum Telekooperation und der Workshop „Zukunftswerkstatt“ mit deren vertrauensbildenden Maßnahmen genannt. Auf die Frage, „welches Angebot des Projektes war für die Entwicklung des Vertrauens und einer gemeinsamen Wertebasis besonders wichtig?“, wurde bei

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Evaluationsende das Forum Telekooperation als wichtigste Einrichtung des Projektes genannt. Dabei spielten in der Meinung der befragten Teilnehmerinnen die Präsentation der Unternehmensprofile und die damit verbundene Chance des persönlichen und fachlichen Kennenlernens eine wichtige Rolle.

2.6.2 Bevorzugte Form der Zusammenarbeit Sowohl bei der ersten Teilnehmerinnenbefragung im April 1998, als auch zum Abschluss der Evaluation im Februar 2000 wurde danach gefragt, welche Form der Zusammenarbeit die Projektunternehmen als wünschenswert bezeichnen bzw. bevorzugen (Grafik 16): 100 80

1998 (N=19)

60 Prozent

2000 (N=24)

40 20 0

temporär/ projekt bezogen

kontinuierlich informeller Austausch

fachlicher Austausch

sonstiges

Grafik 16: Bevorzugte Form der Zusammenarbeit (1998/2000; MFN*)

*Tabellengewichtung 2/3

Diese Auswertungsergebnisse zeigen, dass es im Projektverlauf zu einer Verschiebung von „temporär / projektbezogen“ zu „kontinuierlich / langfristig“ bei den Kooperationsformen gekommen ist. Die Veränderung in bezug auf die bevorzugte zeitliche Perspektive von Kooperationen zeigt die gewachsene strategische Bedeutung, die zukünftig Unternehmenszusammenschlüsse für die teilnehmenden Unternehmerinnen haben werden. Das Ergebnis ist Ausdruck des von den Teilnehmerinnen genannten Kompetenzzuwachses und einer gestiegenen Sicherheit beim Management von Kooperationsvorhaben. Die Annäherung der beiden Werte verweist darauf, dass konkrete Projektvorhaben zwar in temporär geschlossenen Partnerschaften durchgeführt werden, dies jedoch zunehmend auf der Basis kontinuierlicher Vernetzungsaktivitäten mit längerfristiger Perspektive geschieht. Dieses Projektergebnis wird von dem aktuellen Erkenntnisstand der Netzwerktheorien bestätigt, nachdem die beiden Möglichkeiten keine zwingenden Alternativen darstellen, sondern das Eingehen von zeitlich befristeten Kooperationen auf der Basis längerfristig angelegter Vernetzungsaktivitäten praktiziert wird. Die Auswertungsergebnisse machen auf eine weitere Veränderung im Projektverlauf aufmerksam. Bei den Feldern, auf denen Kooperationen gesucht werden, stand

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zunächst (im Jahr 1998) der „Informationsaustausch“ mit 49 % weit vor dem Interesse am „fachlichen Austausch“ (14 %). An diesem Punkt haben sich die Bedürfnisse der Unternehmerinnen mittlerweile (im Jahr 2000) stärker in Richtung „fachlicher Austausch“ (54 %) entwickelt. Gewachsene Kompetenz und Sicherheit bei der Durchführung von Kooperationen zeigen sich hier vor allem darin, dass die Verbindlichkeit von Kontakten gegenüber eher informellen Strukturen einen höheren Stellenwert im Verlaufe des Projektes einnimmt. Die bei vielen Teilnehmerinnen gewachsene strategische Bedeutung von Kooperations- und Vernetzungsbeziehungen führt dazu, dass der virulent vorhandene Risikofaktor Konkurrenz vor den ökonomischen Geschäftsinteressen zurück weicht. Aufbau von Vertrauen und Umgang mit Konkurrenz werden zu Anforderungen bei Kooperationsprojekten, die zunehmend professionell gehandhabt werden (siehe hierzu auch Kap. 2.8).

2.7 Virtuelle Unternehmensnetzwerke Was ist virtuell? Hier herrscht im Moment viel Unklarheit und Begriffsverwirrung, die leider auch nicht durch einen gesicherten Stand der Forschung behoben werden kann. Der Begriff „virtuelles Unternehmen“ (VU) wurde in Anlehnung an die virtuelle Speichertechnik in der Informatik geprägt. Zu den ersten, die eine Antwort auf die Frage, „was ist ein virtuelles Unternehmen?“ gegeben haben, gehörte das MIT:

MIT-Definition für virtuelle Unternehmen „Das virtuelle Unternehmen ist ein sich ständig mit den Aufgaben und Markterfordernissen bildendes und sich wieder auflösendes Beziehungsgeflecht von Unternehmen unterschiedlichen Typs. Unabhängige Spezialisten schließen sich zusammen, um gemeinsam Produkte als unmittelbare Reaktion auf eine Nachfrage bereitzustellen.“ Quelle: Hönicke 1998, S. 15

Ein VU basiert auf einem Netzwerk von Betrieben, die sich rasch zusammen schließen, um eine Wettbewerbschance zu nutzen. In den wissenschaftlichen Diskussionen besteht keine Einigkeit darüber, ob nur zeitlich begrenzte Partnerschaften als VU gelten oder ob auch dauerhaft angelegte Kooperationen dazu gehören. Ein typisches Merkmal für diese Form der Organisation ist, dass ein Unternehmen zwar mit eigenem Namen nach außen auftritt und seine Produkte bzw. Dienstleistungen anbietet, die Auftragserledigung jedoch durch einen Verbund mehrerer beteiligter Unternehmen erfolgt, ohne dass dies für den Kunden überhaupt sichtbar wird.

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Virtuelles Unternehmen Telekooperation Basis: I&KTechnologie Erstellung von dezentralen Leistungen durch Kooperation mehrerer gleichgestellter Partner Rechtliches Auftreten als unternehmerische Einheit von Außen

Quelle: Rensmann 1998, S.10

Auf diesem Wege werden Geschäftschancen genutzt, die das einzelne Unternehmen alleine nicht hätte wahrnehmen können. Gerade für kleinere Unternehmen an einem isolierten Standort sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, um diesen Nachteil auszugleichen. Die neuen Möglichkeiten der Telekooperation erlauben die Überwindung räumlicher Grenzen, sie ersparen zeit- und kostenaufwendige Geschäftsreisen und beschleunigen den Informationsaustausch zwischen den Beteiligten einer Kooperation. VU werden auch als „Als-ob-Organisation“ bezeichnet, weil sie in Wirklichkeit, also physisch gar nicht vorhanden sind.18

Virtuelles Unternehmen „Virtuelle Unternehmen sind Netzwerke von Kooperationspartnern, die sich bei Erhaltung ihrer rechtlichen Selbständigkeit für kurze Zeit zusammenschließen, um ebenso kurzfristig Marktchancen auszunutzen. Dabei erbringen alle Partner lediglich Teilleistungen, die erst im Rahmen der Kooperation zu einem zusammenhängenden Produkt vereinigt werden. Eine Institutionalisierung des Verbunds in Form eines von den Kooperationspartnern gemeinsam gegründeten Unternehmens erfolgt nicht. Der Kunde erhält zwar den Eindruck, ein Produkt von einem Lieferanten zu erwerben, dieser existiert aber institutionell nicht. Diese Eigenschaft verleiht dem virtuellen Unternehmen seinen virtuellen Charakter.“ Quelle: Büschken 1999, S. 778

Zwar weisen alle Definitionen darauf hin, dass für VU die allgemeinen Merkmale von Kooperationen gelten, als Spezifika kommen jedoch hinzu: die Raumunabhängigkeit, das Auftreten gegenüber Dritten als ein Unternehmen und nicht zuletzt die Nutzung technischer Infrastruktur für Information und Kommunikation. 18

Vgl. Scharfenberg 1998, S.29

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Das im Projektzusammenhang entwickelte Vorhaben, ein Netzwerk Telekooperation von Unternehmensberaterinnen aufzubauen, kann nach diesen vorliegenden Definitionen als ein virtuelles Netzwerk bezeichnet werden. Die geplante Netzwerkstruktur erfüllt wesentliche Kriterien: Sich flexibel, je nach Auftragsanfragen und -lage zusammenschließende Projektteams; diese können unter dem Namen eines Unternehmens arbeiten, wobei – abhängig von dem jeweiligen Beratungssegment – die Leistungen der anderen Unternehmen dem Auftraggeber nicht verborgen bleiben; eine Institutionalisierung des Netzwerkes etwa in Form einer rechtlichen Firmengründung ist nicht vorgesehen.

2.7.1 Einstellung der Projektteilnehmerinnen zu virtuellen Kooperationen Die Einstellung der Projektteilnehmerinnen zu virtuellen Unternehmen steht im Kontext der generellen Beurteilung von Kooperationsbeziehungen. Die im Forum Telekooperation entwickelten Kriterien für horizontale Kooperationen machen deutlich, dass für die Untenehmerinnen fachliche und persönliche Kriterien in einer gleichgewichtigen, d. h. guten Balance stehen müssen, soll es zu einer erfolgversprechenden Kooperation kommen. Eine solche Balance wird auch im Zusammenhang mit der Einschätzung zu virtuellen Zusammenschlüssen von vielen Teilnehmerinnen gefordert: sie möchten die Möglichkeiten der räumlichen und zeitlichen Unabhängigkeit nutzen, weil darin große ökonomische und zeitliche Einsparpotenziale gesehen werden. Allerdings sind Face-to-face-Begegnungen für die meisten Unternehmerinnen unerlässlich bei der gemeinsamen Bearbeitung von Beratungsaufträgen. Dabei betonen einige Beraterinnen die Herausforderungen der neuen Unternehmensstruktur, andere wiederum die Notwendigkeit des realen Austausches.

2.7.2 Vier Merkmale der virtuellen Unternehmung (Merkmal / Ausprägung beim virtuellen Unternehmen)

Konstituierende Charakteristika • zielbewusst koordinierte Tätigkeiten von mehreren Parteien (einzelne Personen, Firmen, Institute, Verbände) • wirtschaftliches Ziel (Gewinn erwirtschaften)

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Fehlende physikalische Attribute • keine herkömmliche Organisationsstruktur für ein Unternehmen • keine für ein Unternehmen typische Gebäude • keine Unternehmenszentrale • Vermeiden zentraler Stabsfunktionen • Keine Rechtsform Spezielle Zusatzspezifikationen • vertrauensbasierte Kooperation von ausgewählten Partnern mit spezifischen Kernkompetenzen • Aufteilung, Dezentralisierung der Kompetenzen auf die Partner • ausgereifte Informations- und Kommunikations technologie zur Verbindung der einzelnen Einheiten • Wirken gegenüber dem Markt wie ein einheitliches Unternehmen Nutzeffekte • Geschwindigkeit (kurze Concept-to-Cash-Zeit) • Flexibilität (Anpassungsfähigkeit bzgl. geforderter Fähigkeiten) • Teilen von Infrastruktur, Risiko, Kosten und Marktzugängen • Konfiguration eines optimalen Geschäftsprozesses (Optimierung der firmenübergreifenden Wertschöpfungskette) • Verlagerung vom Produktverkauf zum Verkauf von Lösungen Quelle: Brütsch 1999, S. 49

Hierzu auch noch einige charakteristische Aussagen aus den durchgeführten Einzelinterviews: „Sehr schwer vorstellbar für mich (rein virtuelle Kooperationen), weil ich dann doch sehr altmodisch bin und den persönlichen Kontakt brauche … Vielleicht sieht es in 5 Jahren ganz anders aus, in dem man die Kameras und Bildschirme mehr nutzt. Man sieht sich dann wenigstens auf dem Bildschirm.“ „ Auch wenn man viel über das Netz und Telefonkonferenzen machen kann, bleibt der persönliche Kontakt ungeheuer wichtig.“ „Ich kann mir schon vorstellen, dass bestimmte Probleme, die anstehen und die Teilbereiche des Projektes sind, von Spezialisten durchgeführt werden, die weder mich noch den Kunden kennen. Wenn es der Auftrag hergibt, kann ich es mir vorstellen. Aber eine virtuelle Firma, ohne Büro und gemeinsamen Sitz, kann ich mir nicht vorstellen. Ich würde es aber gerne mal ausprobieren, ob es geht.“ Diese unterschiedliche Gewichtung in der Haltung der Unternehmerinnen gegenüber virtuellen Strukturen, spiegelt sich auch in einem Ergebnis der abschließenden Evaluation wider (Grafik 17): 58 % (14 von 24) der Befragten können sich eine rein virtuelle Form von Zusammenarbeit vorstellen.

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Ja Nein

Grafik 17: Einstellung gegenüber rein virtuellen Unternehmenskooperationen (24/2000)

Nur 2 der 14 Befürworterinnen virtueller Kooperationen geben bei einer Nachfrage an, den Schritt in ein virtuelles Unternehmen wagen zu wollen. Die Anderen denken bei diesem Begriff an „punktuelle Kooperation über große räumliche Distanz“ oder die „gemeinsame Bearbeitung eines Projektes“. Hier zeigt sich, dass der Begriff VU noch nicht verbindlich genug definiert ist. Einige Forscher bezeichnen diese Varianten netzgestützter Zusammenarbeit durchaus als VU. Bei Fragen zu „virtuellen Unternehmen(snetzwerken)“ und deren rein virtueller Realisierung spielt im Projektkontext vor allem eine Rolle, um welche Beratungssegmente es sich handelt. Beratungsleistungen, die stark mit der Persönlichkeit und/oder der Arbeit ‚vor Ort‘ in den Betrieben zu tun haben, eignen sich selbstverständlich weniger für ausschließlich virtuelle Kontakte. Bei vielen Projektteilnehmerinnen liegen die Kernkompetenzen gerade in diesem Bereich (Kommunikationsberatung, Organisationsberatung, Moderation, Coaching etc.), so dass das Befragungsergebnis in diesem Punkt weniger als Ausdruck von Innovationsscheu der Unternehmerinnen zu werten, sondern vor dem Hintergrund der jeweiligen Form des Beratungsangebotes der Teilnehmerinnen zu sehen ist. Auch andere Beispiele für virtuelle Netzwerkkooperationen, z. B. im Weiterbildungsbereich, wo selbständige TrainerInnen sich zusammenschließen, zeigen, dass es ohne regelmäßige persönliche Treffen nicht geht. Dort, wo das Produkt bzw. die Dienstleistung eng mit der ausführenden Person verbunden ist, lässt sich der Kontakt zwischen den PartnerInnen nicht ausschließlich auf der Basis technischer Kommunikation aufbauen und pflegen.19 Noch ist es fraglich, ob „dem nicht-institutionalisierten und nur als flexiblen Netzwerken existenten VU die Zukunft gehören wird“20. Aber unter dem Aspekt, die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Unternehmen verbessern zu wollen, ist Telekooperation eine Organisationsstruktur, die es erlaubt, eine gewisse „virtuelle Größe“ zu erreichen, trotz „realer Kleinheit“, da sie das Problem der Integration von Kernkompetenzen über die Nutzung technischer Infrastruktur löst.21 19

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Vgl. Limpact 2000, S.85

20

Büschken 1999, S.788

21

Vgl. Scharfenberg 1998, S.30


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2.8 Chancen und Risiken bei Kooperation und Vernetzung Der Zusammenschluss von Unternehmen und die Teilnahme an Netzwerkstrukturen sind zukünftig auch für kleine Betriebe Herausforderungen, um flexibel den veränderten Marktanforderungen begegnen zu können. Dabei ist die Vernetzung und Kooperation auf horizontaler Ebene eine Form, in der die Eigenständigkeit des Unternehmens beibehalten werden kann. Für die am Projekt beteiligten Betriebe ist dies eine zentrale Option für Kooperationen bzw. Vernetzungsaktivitäten. Hier fallen die bei anderen Formen bekannten Risiken und Gefahren weg, wie z. B. der Verlust der eigenen Unternehmenskultur und der rechtlichen Selbständigkeit sowie das Fehlen einer Vertrauenskultur. Horizontale Zusammenschlüsse haben angesichts der aktuellen von Globalisierung dominierten Entwicklungen für kleine Unternehmen vor allem strategische Vorteile, die das ‚Kleinsein‘ im immer stärker von Fusionen beherrschten Marktgeschehen konkurrenzfähig machen. Hierzu zählen u.a. Flexibilität, auf die individuellen Kundenwünsche zugeschnittene Beratungskonzepte, persönlicher Kundenkontakt, ein akzeptables Preis-Leistungsverhältnis. Neben strategischen Vorteilen bergen horizontale Kooperations- und Vernetzungsformen auch spezifische Risiken in sich, die kleine Unternehmen häufig davon abhalten, sich mit anderen zusammen zu schließen. Konkurrenz ist hier vor allem ein Risikofaktor, da Kooperationen auf gleicher Wertschöpfungsstufe stattfinden. Komplementäre PartnerInnenbeziehungen werden deshalb häufig additiven vorgezogen.

2.8.1 Vorteile von Vernetzung und Kooperation: Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Vor- und Nachteile von Kooperationen und Vernetzungen waren insbesondere im Forum Telekooperation Thema. Die im Projektverlauf bei der Mehrheit der Teilnehmerinnen gewachsene Offenheit und Bereitschaft zu Kooperationsvorhaben bis hin zum Aufbau des virtuellen Netzwerkes der Beraterinnen machen einen Prozess deutlich, in dem das Abwägen von Risiken und Vorteilen stärker einen professionell-strategischen Charakter erhält. Erfolgreich zu kooperieren heißt für die Mehrheit der Unternehmerinnen, eine Balance zwischen fachlichen und persönlichen Faktoren, zwischen virtuellen und realen Kontakten herstellen zu können. Dabei spielt vor allem der Faktor Vertrauen eine herausragende Rolle. Diese Voraussetzungen wurden im Projektverlauf von den Teilnehmerinnen verstärkt in den Kontext strategischer Überlegungen gestellt. Fragen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gewinnen die Oberhand vor Konkurrenzängsten und Einzelunternehmerinnentum.

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Vorteile von Kooperationen Die wissenschaftliche Begleitung hat die Projektteilnehmerinnen zweimal nach ihrer Einschätzung der Vorteile von Kooperationen befragt (Grafik 18): 100 80

1999 (N=16)

60 Prozent

2000 (N=24)

40 20 0

Wettbewerbsfähigkeit

Marktpräsenz

Firmenimage

Ganzheitliches Synergien Angebot

anderes

Grafik 18: Vorteile von Kooperationen (1999/2000;(MFN)

Die Ergebnisse machen auf eine Verschiebung in der Erwartungshaltung nach Ablauf von einem Jahr aufmerksam. Zu Evaluationsabschluss sehen die Befragten den zuvor bereits hoch eingeschätzten Vorteil des „ganzheitlichen Angebotes“ deutlich verstärkt. Zusammen mit dem Er-gebnis, dass auch die „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“ inzwischen für wichtiger gehalten wird, bestätigt sich hier, dass eine Veränderung hin zu einer stärker strategischen Ausrichtung im Projektverlauf bei einer Reihe der Teilnehmerinnen stattgefunden hat. Das Ergebnis hebt zum einen die Präferenz der Beraterinnen für komplementäre PartnerInnenbeziehungen hervor: knapp 80 % (19 von 24) sehen bei Evaluationsende die Vorteile eines ganzheitlicheren Angebotes und das Hinzuziehen anderer Kernkompetenzen als einen zentralen Vorteil von Kooperation. Zum anderen zeigen die Veränderungen im Hinblick auf die Faktoren „Stärkung der Marktpräsenz“ und „Schaffung neuer Synergien“ einen Wechsel in der unternehmerischen Bedeutungsskala: komplementäre PartnerInnenbeziehungen werden unter Win-WinGesichtspunkten verstärkt im Kontext der Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Die qualitative Erhebung bestätigt das Interesse der Unternehmerinnen, bevorzugt komplementäre Kooperationen einzugehen, um damit eine Erweiterung ihres Angebotsspektrums zu erreichen. So verspricht sich eine Teilnehmerin mehr Aufträge von Kooperationen, wenn sie mit einer Person zusammenarbeitet, die „Dinge kann, die ich nicht kann.“ Eine andere Unternehmerin betont, dass sie ein breiteres Beratungsspektrum abdecken möchte. Dennoch, es geht nicht ausschließlich um Komplementarität, denn – so ein weiteres Gesprächszitat – „Vorteilhaft sind fachlich ergänzende Kooperationen. Ich wünsche mir aber auch zunehmend fachlich gleiche

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Kooperationen, um zeitlich entlastet zu sein (...) und ich hätte dann auch noch einen kompetenten Gesprächspartner, mit dem ich mich austauschen könnte.“ Diese Aussage rückt Synergieeffekte in den Vordergrund, die in gleichwertigen und gleichberechtigten Partnerschaften entstehen können: Beide lernen zum gegenseitigen Gewinn voneinander. Nicht nur die breitere Palette des Beratungsangebotes, sondern auch die angewandten Technologien und Arbeitsweisen sowie die gelebte Kultur des Partnerunternehmens können die eigene Organisationsstruktur positiv beeinflussen.

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Die aktuelle wirtschaftswissenschaftliche Fachliteratur bestätigt, dass vernetzte Organisationsstrukturen die Wettbewerbsfähigkeit stärken.22 Diese Einschätzung basiert im wesentlichen auf dem Nachweis von Synergieeffekten, die bei der Zusammenarbeit dann entstehen, wenn jedes Unternehmen seine Kernkompetenzen einbringt und so eine „Best-of-Everything-Organization“ entsteht. Mit der Konzentration auf die eigenen Stärken bzw. Kernkompetenzen entsteht für die Projektunternehmen ein erfolgsträchtiges Geschäftsmodell. Durch ihre größere Flexibilität, Kundenorientierung und den geringeren Overhead-Aufwand können sie Wettbewerbsvorteile erlangen.23 Dem Kunden werden die Risiken der Koordinierung mehrerer Einzelaufträge abgenommen, da die Leistungen unabhängig von der Zahl der beteiligten Unternehmen wie aus einer Hand erbracht werden. In der Abschlussbefragung wurden die Teilnehmerinnen gefragt, ob die zentrale Zielsetzung des Projektes, einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen Unternehmensberatungen zu leisten, nach ihrer Einschätzung erreicht worden ist (Grafik 19). Nach 2 Jahren Projektlaufzeit (Ende der Evaluation) haben knapp 71% der Betroffenen diese Frage mit „Ja“ beantwortet.

Ja Nein

Grafik 19: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Verlauf des Projektes (24/2000) 22 23

Vgl. dazu: Picot/Neuburger 1998; Mertens/Faisst 1996 + 1997 Vgl. Kruczynski 1998, S.22; Rensmann 1998, S.10

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Auf die Frage nach den Gründen für die verbesserte Wettbewerbssituation wird an erster Stelle die eigene Professionalisierung genannt; gefolgt von den durch Vernetzung bzw. Kooperation geschaffenen Synergien. Andere Gründe, wie z. B. die bessere Marktpräsenz oder eine effektivere Arbeitsorganisation spielen im Kontext der Frage nach der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit nach diesen Ergebnissen eine untergeordnete Rolle. Wenn hier die beiden Faktoren: gestiegene Professionalität und die durch Kooperationen und Vernetzungen erzielten Synergieeffekte als oberste Priorität genannt werden, ist die Unternehmensentwicklung der Teilnehmerinnen zu berücksichtigen. Gestiegene Professionalisierung, die Zunahme der strategischen Bedeutung von Kooperationen, Kompetenzzuwachs und arbeitsorganisatorische Innovationen als Faktoren zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind zwar im Kontext der Projektteilnahme zu interpretieren, jedoch aufgrund der Bedeutung des externen Umfeldes der Unternehmerinnen nicht im einzelnen zu bewerten bzw. zu gewichten.

Welche Faktoren haben zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geführt? (17/MFN) • eigene Professionalität 13 • Vernetzung/Kooperation schaffen Synergien 9 • bessere Marktpräsenz z. B. durch ganzheitlicheres Angebot 2 • effektivere Arbeitsorganisation 2 • sonstiges 1 Wie schätzen die beteiligten Unternehmerinnen ihre Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen der allgemeinen Entwicklung der Unternehmensberatungsbranche ein? Diese Frage wurde in der qualitativen Einzelbefragung der wissenschaftlichen Begleitung gestellt. Aus den Gesprächen lassen sich zwei Trendaussagen herausfiltern. So besteht bei den teilnehmenden Unternehmerinnen Übereinstimmung darüber, dass die Branche noch weiter expandieren wird. Außerdem betonen die Beraterinnen, dass sie als kleines Beratungsunternehmen aufgrund der Preisgestaltungspolitik der „Großen“ bei der Akquise von Aufträgen nach eigenen Erfahrungen mit einer bestimmten Kundengruppe im Vorteil sind, da sich „Tagessätze von 3.000 – 4.000 DM viele nicht leisten können“. Als kleine Unternehmensberatungen können sie ihre Kosten anders kalkulieren, so dass ihr Dienstleistungsangebot gerade für Kunden aus KMUs attraktiver, weil kostengünstiger ist. Außerdem gewinnt die Herausbildung einer persönlichen Vertrauensbasis zum Kunden immer mehr an Bedeutung, eine Entwicklung, die die kleinen Unternehmen als Marktvorteil ausbauen können: „Ich glaube, dass Kleinstunternehmen, wie ich eins bin, dann sehr gute Marktchancen haben, wenn sie als Person überzeugen können.“

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Die relativ guten Chancen kleiner Beratungsfirmen haben in jüngster Zeit zu einer Vielzahl von Neugründungen geführt und damit zu einer wachsenden Konkurrenz unter den „Kleinen“. Die befragten Unternehmerinnen beurteilen diese Entwicklung ambivalent. Auf der einen Seite leide das Prestige der gesamten Branche darunter, dass unter der nicht geschützten Berufsbezeichnung immer mehr BeraterInnen ihre Dienstleistung anbieten, die die notwendigen Qualitätsstandards nicht erfüllen können. „Für die Kunden wird es immer schwieriger die Spreu vom Weizen zu trennen.“ Manche Kunden zögen es deshalb mittlerweile vor, größere Unternehmen mit einem bekannten Namen zu beauftragen, so dass der oben zitierte Marktvorteil der kleinen Beratungsbetriebe durch diese Entwicklung konterkariert werden kann. Auf der anderen Seite zwingt der „Dschungel ohne Qualitätskriterium“ die kleinen Unternehmensberatungen zur stärkeren Profilierung, was wiederum zu ständigen Verbesserungen des eigenen Beratungsangebotes und der Entwicklung neuer Partnerschaften motiviert. Für einige Unternehmerinnen waren diese Marktentwicklungen ausschlaggebend dafür, an dem Projekt teilzunehmen. In den Einzelinterviews beziehen sich hier die Unternehmerinnen vor allem auf die neuen Medien, die sie als eine innovative Herausforderung im Hinblick auf die Stärkung ihrer Konkurrenzfähigkeit annehmen. Im Rahmen der Projektevaluation haben wir darüber hinaus gefragt, wie die Teilnehmerinnen die Zukunftschancen von Frauen in der Beratungsbranche einschätzen (Grafik 20). Die Ergebnisse bestätigen die selbstbewusste und optimistische Einschätzung, die die Teilnehmerinnen zur Situation von Frauen als Unternehmerinnen und selbständige Beraterinnen haben. So beurteilen von 24 Befragten 75 % (18) die zukünftigen Chancen von Frauen in der Unternehmensberatungsbranche als besser, ein Viertel stuft sie im Vergleich zu heute gleich ein, aber keine prognostiziert, dass sie sich verschlechtern werden (Grafik 20).

besser gleich schlechter

Grafik 20: Beurteilung der Zukunftschancen von Frauen in der Unternehmensberatungsbranche (24/2000)

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Qualitativ nachgefragt, geht die Mehrheit der an der Abschlussbefragung teilnehmenden Unternehmerinnen davon aus, dass die Nachfrage nach weiblichen Beratern weiterhin steigt. Hierfür ist der wachsende Bedarf an Kompetenzen, die für ein professionelles Management von Kooperationsvorhaben erforderlich sind, einer der wichtigsten Gründe. Als Unternehmerinnen fühlen sie sich in diesem Punkt konkurrenzfähig. Wettbewerbsfähig sind sie darüber hinaus auch aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach Beratungssegmenten im kommunikativen und Organisationsentwicklungsbereich.

Voraussetzungen für erfolgreiche Kooperationen zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen • gemeinsame Vision und Einigkeit über Zielsetzung und Strategie • entwickelte Vertrauenskultur • Einhalten von Spielregeln vertraglicher Konditionen • funktionsfähige und kompatible IuK-Infrastruktur • Dynamik und Flexibilität zur Anpassung an wechselnde Anforderungen • Herstellen einer Win-Win-Situation

2.8.2 Risiken und Grenzen von Kooperation und Vernetzung: Kooperation in Konkurrenz Das Thema Wettbewerb kann nicht allein unter dem Aspekt verbesserter Marktchancen durch Kooperationen behandelt werden. Genauso wichtig ist es, die Konkurrenzsituation innerhalb von Kooperationen und Vernetzungen zu betrachten. Im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen hat der Faktor ‚persönliche Sympathie‘ eine relativ große Bedeutung, wenn es um Barrieren zur Entscheidung von Kooperationsvorhaben geht. Wenn „die Chemie nicht stimmt“ zwischen den PartnerInnen, sehen viele Teilnehmerinnen die Gefahr des Scheiterns. Die Projektteilnehmerinnen betonen immer wieder, dass für sie die persönliche Seite in Kooperationsbeziehungen so wichtig ist, dass eine fachlichinhaltlich sinnvolle Kooperation möglicherweise an „fehlender Chemie“ scheitern kann. In den Einzelinterviews sagten einige Unternehmerinnen, in diesem Fall würden sie erst gar keine Kooperation eingehen Hier liegt möglicherweise eine geschlechtsspezifische Differenz im Kooperationsverhalten von Frauen gegenüber eher männlichdominierten Kooperations- und Netzwerkstrukturen vor: der persönliche Kontakt und die Übereinstimmung bei zentralen Werten und Haltungen spielen eine große Rolle. Allerdings liegen zu dieser

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Thematik noch keinerlei wissenschaftliche Untersuchungen über geschlechtsdifferentes Verhalten vor, so dass es sich hier nur um eine Vermutung, ohne Anspruch auf Verallgemeinerung handelt. Ein Risiko beim Zustandekommen kooperativer Auftragsabwicklung bei kleinen Unternehmen stellt auch der häufig fehlende rechtliche Rahmen dar. Aus diesem Grund spielt der Punkt „Verträge“ bzw. „rechtliche Grundlagen“ im Forum Telekooperation während des gesamten Projektes eine wesentliche Rolle. Es wurden Vorträge von ExpertInnen zu diesem Thema gehört, um alle juristischen Fragen zu partnerschaftlichen Vereinbarungen eingehend zu erörtern. Insbesondere im Kontext des Aufbaues des virtuellen Netzwerkes Telekooperation wurde deutlich, dass die Frage, ob bei offen gestalteten Kooperations- bzw. Netzwerkbeziehungen rechtliche Regelungen dringend erforderlich sind oder nicht, von juristischer Seite noch gar nicht eindeutig beantwortet werden kann.24 Während die einen dringend zu genauen Vereinbarungen raten,25 betonen andere, dass es nötig ist, die partnerschaftlichen Beziehungen offen zu gestalten, so dass bei Problemen Partner ausgetauscht oder neue hinzugezogen werden können.26 Diese letzte Variante setzt ganz auf eine professionelle Partnerauswahl und hohe Aufwendungen in die Vertrauenskultur, stellt also hohe Anforderung an die Vernetzungskompetenz der NetzwerkTeilnehmerinnen (siehe Kap. 2.9). An Grenzen der technischen Vernetzung im Kontext von Telekooperation wird dort gestoßen, wo die jeweilige Ausstattung von Hard- und Software nicht kompatibel ist. Auch die Seite der Kostenrechnung darf nicht außer Acht gelassen werden, denn wenn der finanzielle und zeitliche Aufwand für die Kooperation zu hoch wird, rechnet sich das Hinzuziehen externer Kompetenzen nicht mehr.

Kooperation in Konkurrenz Da kooperative Zusammenarbeit nicht nur Synergieeffekte erzeugt, sondern immer auch konkurrierende Elemente enthält, ist es durchaus üblich, dass die einzelnen Partnerunternehmen darauf bedacht sind, die Einzigartigkeit ihrer Kompetenzen als Quelle zur Wettbewerbsüberlegenheit zu nutzen. Dadurch kann die Tendenz entstehen, möglichst wenig Know-how abzugeben.27 Diese Form von egoistischem 24 25

26 27

Vgl. auch: Brütsch 1999, S.63 Sie empfehlen Dauer der Verbindung, Ressourcenzuordnung, Arbeitsteilung, Stimm- oder Vetorechte usw. bis hin zum Prozedere bei Auflösung der Kooperation genauestens festzulegen. (Vgl. Mertens/Faisst 1996, S.284) Vgl. Harrell 1998, S.13 Vgl. Hirschfeld 1998, S.24; Mertens/Faisst 1997, S.117

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Verhalten als vermeintliche Abwehr des Konkurrenzrisikos verhindert, dass die in komplementären Kooperationsbeziehungen enthaltenen Lernpotenziale entfaltet werden können. Auch ungleiche Kooperationen, bei denen die Verantwortungsund Kostenverteilung immer zuungunsten eines Partners ausfällt, sind nicht selten nach kurzer Zeit zum Scheitern verurteilt.28 Erfolgreiche Kooperationen und Vernetzungen auf horizontaler Ebene haben zur Bedingung, dass eine Win-Win-Situation hergestellt ist, d. h. alle PartnerInnen müssen von der Zusammenarbeit profitieren können, sonst ist die Stabilität der Kooperationsbeziehung sehr schnell gefährdet. Konkurrenzängste spielen auch im Projekt Telekooperation eine Rolle und sind wohl mit ein wichtiger Grund dafür, dass Kooperationen unter den Projektteilnehmerinnen im Projektverlauf erst später an Bedeutung gewannen. Im Forum Telekooperation wurde in der Diskussion über die Ergebnisse der Abschlussbefragung der wissenschaftlichen Begleitung die spezifische Balance zwischen notwendiger Offenheit und Transparenz bei gleichzeitiger (potenzieller) Konkurrenz von Seiten der Unternehmerinnen offen thematisiert. Diese Offenheit kann als Ergebnis einer gewachsenen Vertrauenskultur im Projektverlauf gewertet werden. Sie verweist auch darauf, dass sich die Teilnehmerinnen im Umgang mit Fragen von Kooperation und Konkurrenz professionalisiert haben.

Chancen und Risiken von netzwerkorientierten Kooperationen Chancen • Synergien durch Kompetenzbündelung komplementärer Fähigkeiten ➡ Wettbewerbsvorteil • Größeres Spektrum an Kompetenzen erschließt neue Marktsegmente ➡ Know-how-Vorteil • Angebot gebündelter Leistungen gegenüber dem Kunden ➡ Qualitätsvorteil • Ähnlichkeit der Unternehmenskulturen begünstigt Erfolg • Strategische Flexibilität ➡ kundenindividuelle Lösungen • kooperativer Bearbeitungsprozess ➡ räumliche und zeitliche Unabhängigkeit • IuK-Technologien ermöglichen schnellen Informationsaustausch und Transfer großer Datenmengen ➡ Innovationsvorteil 28

Vgl. Handelsblatt, 8./9.Januar 1999

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• Aufteilung der Kosten ➡ Kostenvorteil • Auftragsweitergabe bei Terminüberlastung • Lernvorteile; Möglichkeit gegenseitiger Supervision

Risiken • • • • • • • •

Rechtliche Unsicherheit wegen fehlender Vertragsgrundlage Wachsende Abhängigkeit von fremdem Know-how Instabilität als Unsicherheitsfaktor Konkurrenz; Angst vor Konflikten; emotionale Barrieren Komplexität sozialer Systeme; Überforderung der PartnerIn Unpersönlichkeit von Tele-Kontakten Inkompatible technische Ausstattung bzw. Software-Standards Steigende Transaktionskosten wegen Kontrollaufwand; Netzwerkteilnahme verschlingt zeitliche Ressourcen • Partnerschaft bedeutet immer auch Konkurrenz • Opportunistisches Verhalten und fehlende gemeinsame Wertebasis ➡ Vertrauensverlust

Ohne Vertrauen geht gar nichts Anders als bei Kooperationsformen, die vertraglich exakt fundiert werden (z. B. Joint Venture, strategische Allianz oder Konsortium), spielt bei der Zusammenarbeit in virtuellen Netzwerken und projektbezogenen Kooperationen das Schaffen einer Vertrauensbasis eine ganz zentrale Rolle. Kooperationswillige Unternehmen müssen – nicht nur in der Theorie – bereits vor dem Eingehen einer Kooperation vertrauenserweckende Hinweise auf die Arbeitsweise ihrer künftigen Partner haben.29 Bei losen, rechtlich nicht fixierten virtuellen Netzwerkzusammenschlüssen wird deshalb der Aufbau einer Vertrauenskultur zu einem wichtigen Erfolgsfaktor. Im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen ist es gelungen, eine solche Vertrauenskultur unter den beteiligten Unternehmerinnen zu entwickeln, so dass der Aufbau des virtuellen Netzwerkes Telekooperation möglich wurde. Dabei ist deutlich geworden, dass sich das Form Telekooperation als zentraler Ort zur Entwicklung vertrauensbildender Maßnahmen entwickelte, da für die Mehrheit der Unternehmerinnen Vertrauen im Kontext von persönlicher Sympathie und fachlicher Kompetenz steht. Nach Meinung der Teilnehmerinnen zählt zu den aus29

Vgl. u.a. Mertens/Faisst 1997, S.111

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schlaggebenden Voraussetzungen erfolgreicher Kooperation in erster Linie „Sympathie und Übereinstimmung in wichtigen Ansichten“. Zu den persönlichen Faktoren kommen fachliche Qualitätsstandards hinzu. Eine Unternehmerin formulierte dies so: „Bedingung für eine Kooperation ist auf jeden Fall das gegenseitige Vertrauen und auch die Kompetenz. Ich muss mich fachlich und persönlich auf jemanden verlassen können.“ Die Risiken steigen, wenn die PartnerInnen einander zu wenig kennen und nicht wissen, ob für beide die gleichen Qualitätsstandards bei der Arbeit gelten. Entsprechend gilt als negative Voraussetzung „wenn ich nicht abschätzen kann, wie der andere arbeitet und eine andere Vorstellung von Termineinhaltungen hat, weil der Kunde für mich das wichtigste ist“. Beim Aufbau des virtuellen Netzwerkes Telekooperation stehen neben der Entwicklung der technischen Seite vertrauensbildende Maßnahmen im Zentrum des Prozesses. Da die Grundvoraussetzungen für die persönlichen Faktoren geschaffen sind, geht es in der weiteren Entwicklung vor allem um die Erarbeitung eines Leitbildes bzw. um weitere Elemente der Netzwerkkultur. Dazu gehören die Festlegung von fachlichen Qualitätsstandards der Beratungsarbeit und von gemeinsamen Arbeitsgrundsätzen, um Verlässlichkeit nach innen und außen zu gewährleisten und das Profil des Netzwerkes zu konkretisieren. Die Entwicklung einer Vertrauenskultur hat sich in diesem Prozess weiter professionalisiert, da die bisher stärker interne Kooperationsperspektive sich zum Markt hin öffnet und die Teilnehmerinnen des Netzwerkes damit Partnerinnen und potenzielle Konkurrentinnen zugleich sind. Mit dieser Entwicklung steigt das Risiko der Konkurrenz, so dass verlässliche Regeln und eine gemeinsame Wertebasis unverzichtbare Mechanismen zur Reduktion von Unsicherheit und Komplexität werden.30 Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass das bereits vor der konkreten Kooperation bestehende persönliche Beziehungsnetz ein Reservoir für zu knüpfende Partnerschaften bildet, weil hier ein auf gemeinsamen Werten und Normen beruhendes Vertrauensverhältnis leichter entwickelt werden kann. Umgekehrt erschwert die fehlende Einbindung in eine Vertrauenskultur den Aufbau geschäftlicher Kooperationen. Dieser Fakt erhält bei kleinen Unternehmen ein besonderes Gewicht, da hier weniger ausdifferenzierte und arbeitsteilige Strukturen mögliche Vertrauensrisiken abfedern können, wie dies bei mittleren bzw. großen Unternehmen der Fall ist. Die Suche nach geeigneten PartnerInnen außerhalb existierender Netzwerkkontakte ist immer mit einem größerem Risiko verbunden, da opportunistisches oder gar ego30

Reiß 1998

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istisches Verhalten nicht ausgeschlossen werden kann. Hier liegt sicher ein Grund für emotionale Barrieren beim Eingehen neuer Kooperationen mit bislang unbekannten PartnerInnen,31 und umgekehrt für die Attraktivität des im Projektkontext entstandenen Netzwerkes Telekooperation.

Vertrauensbildende Maßnahmen und Mechanismen für Kooperation und Vernetzung Vertrauen in Personen: Qualifikationsnachweise | Expertise | Legitimation | Erfahrungsnachweise | Mitgliedschaft | Sympathie | … Vertrauen in Institutionen: Bonitätsnachweise | Stabilisierung durch Normen | Beteiligung | Auditierung / Zertifizierung | Geordnete Abläufe | Ko-Produktion | Eintrittsbarrieren Offenlegung | Tolerierung | Kommunikation | Integrität/Neutralität / Treuhänderfunktion | Reputation/Image/Glaubwürdigkeit | Vorleistung | Fairness | Interaktionserfahrungen | Berechenbarkeit | Selbstverpflichtung | Stimmigkeit | … Quelle: Reiß 1998

2.9 Die Rolle der IuK-Technologien und Vernetzungskompetenz Die neuen Informationstechnologien bergen ein großes Potenzial für neue Wettbewerbschancen gerade von kleineren Unternehmen in sich: elektronische Vernetzung ermöglicht, dass „klein sein zu etwas Gutem wird“.32 Mit leistungsstarken Personalcomputern und einem Netzzugang können auch die „Kleinen“ die weltweiten Reservoirs für Information und Recherchen anzapfen. „Damit erfreuen sich die Kleinfirmen vieler Vorteile der Großen, ohne dafür ihre Schlankheit, Flexibilität und Kreativität preisgeben zu müssen.“33≠ Die Informations- und Kommunikationstechnologien sind zusammen mit dem Internet eine bedeutende Ressource für universelle, schnelle und effektive Kommunikation. Sie sind eine zentrale Grundlage für Kooperationen zwischen den beteiligten Projektunternehmen.

2.9.1 Bedeutung der IuK für Kooperation/Vernetzung Mit zunehmender Kommunikation via E-Mail und Internet-Nutzung im Geschäftsalltag sowie der gewachsenen Multimediakompetenz haben die Unternehmerinnen 31 32 33

Vgl. Dörsam/ Icks 1997, S.42f.; Scharfenberg 1998, S.30 Malone / Laubacher 1999, S.32 Malone / Laubacher 1999, S.32

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das Potenzial der Informationstechnologien für Kooperationsvorhaben stärker wahrnehmen und realisieren können. Im Rahmen der Evaluation ist in den Teilnehmerinnen-Befragungen auch die Einschätzung der Rolle der IuK-Technologien bei Kooperationen erfragt worden. Eine Gegenüberstellung der Befragungsergebnisse aus den Jahren 1999 und 2000 zeigt den gestiegenen Bedeutungszuwachs (Grafik 21): 100 80

1999 (N=16)

60 Prozent

2000 (N=24)

40 20 0

groß/ herausragend

teilweise wichtig/wenn Voraussetzungen erfüllt

gering

Grafik 21: Bedeutung der IuK für Kooperation und Vernetzung (1998/2000;MFN)

Das Ergebnis bestätigt, dass während des Projektverlaufs in den Kooperationsvorhaben der Unternehmerinnen die neuen Technologien an Bedeutung gewonnen haben. Alle Projektteilnehmerinnen sehen in ihnen eine Voraussetzung für moderne Kommunikation in Unternehmenspartnerschaften. Nur eine Befragte hält für ihr Unternehmen die Bedeutung für „gering“, da sie bei Kooperationen allein den persönlichen Kontakt bevorzugt. Für viele Teilnehmerinnen waren die Vorteile, die sich aus der Zeit- und Ortsunabhängigkeit der neuen Medien ergeben, von besonderem Wert. Es ermöglicht ihnen unabhängig von normalen Geschäftszeiten z. B. nach Kundenbesuchen noch wichtige Informationen auszutauschen und zu kommunizieren. Die Ortsungebundenheit wiederum bedeutet eine große zeitliche Entlastung von langen Anfahrtswegen und hat insbesondere für die Unternehmerinnen, die in entlegeneren Orten ihren Geschäftssitz haben, auch eine starke ökonomische Komponente. Von dem neuen virtuellen Netzwerk Telekooperation erwarten sich die beteiligten Unternehmerinnen, die Vorteile der neuen Technologien zu nutzen, um Auftragsanfrage bzw. -bearbeitung schneller und flexibler zu gestalten. Das Netz stellt eine Plattform dar, um Partnerinnen zu suchen, größere Teams für die Projektbearbeitung zusammen zu stellen und während der Projektbearbeitung fachliche Informationen auszutauschen. Von der durch Kooperation erweiterten Produktpalette erwarten die beteiligten Unternehmerinnen auch, dass sie größere Aufträge annehmen und perspektivisch neue Kunden gewinnen können. Dabei ist das Ausmaß der virtuellen

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Projektbearbeitung abhängig vom jeweiligen Beratungsinhalt. Bei Evaluationsende ist noch keine abschließende Bewertung möglich, denn erst mit wachsender Erfahrung mit der elektronischen Vernetzung werden sich neue Handlungsspielräume eröffnen, um ganze Projektabschnitte virtuell zu bearbeiten. Die Frage nach der Reichweite der virtuellen Kooperation bei einer gemeinsamen Projektbearbeitung ist in der im Projektverlauf durchgeführten Zukunftswerkstatt (siehe Kap. 2.3) von einer Arbeitsgruppe aufgegriffen worden. Hier wurde exemplarisch eine rein virtuelle Auftragsbearbeitung durchgespielt: von der Erstellung des Beratungskonzeptes, der Kooperationssuche, über Akquise, der konzeptionellen Weiterentwicklung bis hin zur Projektbearbeitung. Dieses Experiment hat bei vielen beteiligten Unternehmerinnen einerseits bestehende mentale Blockaden gegenüber dem Potenzial der IT für eine kooperative Projektbearbeitung ‚eingerissen‘, gleichzeitig sind die für die Unternehmerinnen relevanten Grenzen der Informationstechnologien deutlich geworden: der persönliche Kontakt ist in Kooperationen unverzichtbar und für die Qualität des Beratungsproduktes und der Partnerbeziehung von entscheidendem Wert. Dieses Ergebnis wird auch in den Einzelinterviews bestätigt. Hier wurde die Zeit- und Ortsunabhängigkeit als ungeheuer nutzbringend bewertet, die technik gestützten Formen der Zusammenarbeit als zeitsparend auch unter ökonomischen Gesichtspunkten eingestuft. Von allen befragten Teilnehmerinnen haben aber alle das persönliche Gespräch als nicht ersetzbar in Kooperations- und Vernetzungszusammenhängen angesehen. Die neuen Möglichkeiten der Tele-Kontakte erleichtern zwar die Kommunikation, erlauben jedoch nicht den Verzicht auf persönliche Treffen. Zusammenfassend lässt sich die Rolle der IuK bei Kooperationen und Vernetzungen im Projektkontext folgendermaßen beschreiben: Im Vergleich zu herkömmlichen Kooperationsformen bieten die neuen Technologien breite Möglichkeiten der virtuellen Kooperation über größere Entfernungen hinweg. Sie ermöglichen eine weitaus größere Flexibilität bei der Kooperationssuche, Projektbearbeitung, Produktentwicklung und der eigenen fachlichen Weiterentwicklung. Mit ihrer Nutzung entstehen neue Handlungsspielräume, deren Reichweite bislang bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind, aber sie ersetzen für die von Frauen geführten Unternehmensberatungen nicht den persönlichen menschlichen Kontakt. Dieses Ergebnis wird auch durch wissenschaftliche Studien bestätigt. So zeigte sich, dass in kooperativer Projektbearbeitung die Grobkoordinierung von Projekten immer noch eher Face-to-Face erfolgt, erst zur Feinabstimmung werden elektronische Formen der Kommunikation genutzt.34 34

Vgl. Hirschfeld 1998, S. 25; Mertens / Faisst 1997, S.111

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Reichweite der IuK bei Kooperation und Vernetzung Unterstützung bei | Kooperationssuche | Projektbearbeitung | Produktentwicklung | fachlicher Information und Weiterqualifizierung Sie stehen in einer gleichwertigen Balance zu | realer Begegnung und Kommunikation Übernehmen die Informations- und Kommunikationstechnologien einerseits zentrale Unterstützungsfunktionen für die Entwicklung neuer Kooperationsformen, so können im Geschäftsalltag andererseits ihre Vorteile dann in Hemmnisse umschlagen, wenn ihre Verlässlichkeit nicht gewährleistet ist oder aber die Hard- und Software-Standards der Kooperationsunternehmen nicht übereinstimmen. Im Idealfall haben das eigene Unternehmen, das Partner-Unternehmen und der Auftraggeber einen gleich hohen Standard bei der Ausstattung mit IuK-Medien. Die Realität ist hiervon jedoch in vielen Fällen noch weit entfernt. Im Projektzusammenhang ist dieser Faktor vor allem im Kundenverhältnis als Problem deutlich geworden. Auch wenn die Teilnehmerinnen über eine für kleine Unternehmen überdurchschnittlich gute technische Ausstattung und Kompatibilität und ein hohes Maß an IT-Kompetenz verfügen, so trifft dies aber keineswegs auch für alle Kunden zu. Die Unternehmerinnen treffen nicht selten auf Kunden, deren Einstellung als technikkonservativ beurteilt wird. Die Möglichkeiten der IuK bei Kooperationen können dann nicht ausgeschöpft werden, wenn Abschnitte der Beratungsaufträge zwar virtuell bearbeitet werden könnten, auf Seiten der Kunden jedoch nicht die erforderliche technische Ausstattung und das notwendige Know-how vorhanden ist.

2.9.2 Vernetzungskompetenz Technikgestützte Vernetzung und Kooperation stellen spezifische neue Anforderungen an die beteiligten PartnerInnen. Wie in herkömmlichen Kooperationsformen sind zunächst die mit Kooperationsvorhaben einhergehenden Unsicherheitsfaktoren angesprochen, die einen professionellen Umgang mit Konflikten erforderlich machen und von den Partnern die Fähigkeit zu offener Kommunikation verlangen, wenn sich zum gegenseitigen Nutzen eine Win-Win-Situation herstellen soll. Zum anderen entstehen mit technikgestützter Vernetzung neue Strukturen, die Unsicherheiten und Risiken in der Partnerschaft erhöhen. Je größer die Virtualität umso mehr steigen die Anforderungen an einen professionellen Umgang mit Komplexität und an personale und soziale Kompetenzen. Je mehr virtuelle Kommunikation umso wichtiger ist das Vorhandensein einer Vertrauenskultur, da formalisierte

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Regelsysteme zur Reduktion von Unsicherheit kaum noch greifen. Das erfolgreiche Management in virtuellen Vernetzungsstrukturen erfordert im Vergleich zu herkömmlichen Kooperationen spezifische Vernetzungskompetenzen, die neben den Fähigkeiten im technischen Umgang mit den neuen IT vor allem im personalen und sozialen Bereich liegen. Im Projektverlauf entstand das Thema Vernetzungskompetenz in der experimentellen Arbeit an einem ausschließlich virtuell abzuwickelnden Beratungsprojekt im Rahmen der Zukunftswerkstatt. Die Teilnehmerinnen dieser Arbeitsgruppe entwikkelten zwar einige formale Anforderungen und Standards an potenzielle Projektpartnerinnen, aber es wurde deutlich, dass klassische Kontrollinstrumente der Faceto-face-Kommunikationen, um etwa die fachliche Qualifikation zu überprüfen, wegfallen und Virtualität ein hohes Maß an Unsicherheit produziert. Die Auflösung vertrauter Kommunikationsgewohnheiten und fester Regelsysteme bewirkt zunächst große Verhaltensunsicherheit und es bedarf einer mental und zeitlich nicht zu unterschätzenden Umorientierung und Eingewöhnung in die neuen Strukturen, in denen alles weniger formalisiert abläuft. Welche Kompetenzen benötigen wir, um mit diesen Unsicherheiten professionell umzugehen? Diese Frage wurde im Forum Telekooperation mit Unterstützung der wissenschaftlichen Begleitung weiter bearbeitet.

2.9.3 Vernetzungskompetenz und offene Systemgrenzen In der neueren Fachdiskussion werden Kompetenzen im Unterschied zu Können, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Qualifikationen als „Selbstorganisationsdispositionen des Individuums“ bezeichnet. Hintergrund dieser Diskussion sind die mit Globalisierung und dem Einsatz neuer Informationstechnologien veränderten Arbeitsorganisationen, in denen die Bedeutung formaler Qualifikationen, die über Zertifikate begründet werden, sinkt.35 Unternehmensorganisationen basieren zukünftig verstärkt auf der Schaffung oder Aktivierung von Selbstorganisationsprozessen, die es dem Individuum ermöglichen, flexibel auf die ständigen Veränderungen des sozialen Umfeldes zu reagieren. Erpenbeck/Heyse haben in diesem Kontext festgestellt, dass die im Berufsleben erfolgsentscheidenden Kompetenzen nach der initialen Ausbildung fast gänzlich außerinstitutionell und selbstorganisiert erworben sind.36 In diesen fachlichen Diskussionszusammenhang haben wir die Fragen zur Vernetzungskompetenz gestellt. 35 36

Erpenbeck / Heyse 1999, S.155 Vgl. Erpenbeck / Heyse 1999, S.484

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Im folgenden sind zunächst die unterschiedlichen Kompetenzebenen aufgeführt, die für ein erfolgreiches Handeln in Kooperationsbeziehungen erforderlich sind.

Anforderungsprofil für Kooperationen und Vernetzung Persönlichkeitskompetenzen | Integrität | Stressresistenz | Leistungsfähigkeit | Lernfähigkeit Sozialkompetenzen bezüglich: | Zuhören | Offenheit | Verhandlung | Konfliktlösung Fachkompetenzen bezüglich: | Funktion | Branche | Region | Sprache Führungskompetenzen | Zielsetzung | Problemlösung | Organisation | Ressourcenmanagement Quelle: vgl. Brütsch 1999, S.137

Zu dem Anforderungsprofil kommen weitere Kriterien hinzu, die als begünstigend für eine Zusammenarbeit gelten: dies sind zum einen Ähnlichkeiten bei den „harten Faktoren“ (wie Unternehmensgröße oder finanzielles Potenzial) und zum anderen die Übereinstimmung bei den „weichen Faktoren“ (wie Marktstellung und -erfahrung, Image in der Branche, Unternehmensstrategie und -kultur).37 Im Forum Telekooperation wurde dieses Kompetenzprofil um Umweltfaktoren ergänzt, die gerade die Spezifika virtueller Vernetzung ausmachen. Daraus ist ein sogenanntes ‚Netzwerk-Kompetenz-Schema‘ entwickelt worden, das auf einem virtuellen Netzwerk als System mit offenen Grenzen basiert. Im Zentrum stehen hier die im Rahmen von Selbstorganisationsprozessen zentralen sozialen und personalen Kompetenzen und eine wenig formalisierte Struktur, die wiederum eine Netzwerkkultur erforderlich macht, wenn erfolgreiches kooperatives Handeln ermöglicht werden soll. Die zentralen Elemente dieser Netzwerkkultur sind von professionellen Standards geprägt, wie sie zur Entwicklung einer Feedback-Kultur benötigt werden; sie erfordern eine positive Wertehaltung als gemeinsame Arbeitsbasis.

37

Vgl. Büschken 1999, S.786

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Netzwerk-Kompetenz-Schema

Person

Struktur

Netzwerk: offenes System mit offenen Grenzen

Soziale Kompetenz Personale Kompetenz Selbstmanagement Selbstorganisation

Wenig formale Regeln Wenig Sicherheit Hohe individuelle Freiheit Kaum organisiert

Visionen

Feedback-Kultur (Selbstreflektion) Vertrauens- vs. Misstrauenskultur Fehlertoleranz Positive Wertehaltung Forum Telekooperation 27. Januar 2000, © D. Jung, D. Pilzecker

Kompetenzentwicklung ist ein Bereich, der, im Gegensatz zu den Bemühungen um den fachlich methodischen Qualifikationserhalt, weitgehend selbstorganisiert stattfindet. Es gibt daher auch kaum Schulungsangebote oder spezielle Lernmuster zur Erlangung des breiten Spektrums an sozialen und persönlichen Kompetenzen für erfolgreiches Handeln in virtuellen Netzwerkzusammenhängen. Die Vermittlung von Kompetenzen erfordert eine neue Art von Lernen, das immer weniger auf tradierten Formen von Wissenserwerb basiert, sondern Lernstile, persönliche Einstellungen und Werthaltungen berücksichtigt.38 Teleteaching und die kontinuierlichen realen und virtuellen Diskussionen bilden im Projekt Telekooperation den Rahmen zur Kompetenzentwicklung. Im Netzwerk Telekooperation stand dabei nach Evaluationsabschluss die Entwicklung einer Vernetzungskultur im Vordergrund.

Netzwerkfähig? Sie sind es, wenn sie | auch geben können ohne zu nehmen | keine Angst vor Ideenklau haben | nicht egoistisch arbeiten | selbständig bleiben wollen | nicht länger EinzelkämpferIn sein möchten | Ihre eigenen Kompetenzen kennen | Hierarchien nicht gebrauchen | über den eigenen Tellerrand blicken wollen | an komplexen, ganzheitlich zu betrachtenden Problemen interessiert sind | den Austausch suchen.

Quelle: ManagerSeminare, Nr.41.2000, S.84

38

vgl. Erpenbeck / Heyse 1999, S.483 f.

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Aufgrund der positiven Entwicklungsprognosen für die Unternehmensberatungsbranche wird allgemein von einer Zukunftsbranche gesprochen. Dabei hat sich auch im Projektzusammenhang gezeigt, dass die wachsende Nachfrage nach Organisations- und Kommunikationsberatung als Entwicklungstrend positive Zukunftsaussichten für die Teilneh-merinnen erkennen lassen. Ihre Unternehmensgröße und -profile weisen die typischen Merkmale auf, die in der aktuellen Diskussion mit der ‚New Economy‘ verbunden werden. Die Wirtschaftstheoretiker der ‚New Economy‘ schreiben dem Internet in der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung eine herausragende Rolle zu. Die Vermarktung von Ideen und Information ist in diesem Leitbild Aufgabe hochqualifizierter Menschen, deren Hauptkapital ihre informationsund kommunikationstechnologische Kompetenz ist. Auch die kleinen von Frauen geführten Unternehmensberatungen verfügen im ITBereich über eine hohe Kompetenz und die erforderliche Flexibilität, um die ständigen Veränderungen und Innovationen für ihre Unternehmensentwicklung nutzbar zu machen. Obwohl nur bei einigen der Unternehmen die Beratungsprodukte direkt im IT-Bereich angesiedelt sind, kommen die Multimediakompetenzen bei der Mehrheit der kleinen Beratungsunternehmen in Kooperations- und Vernetzungsvorhaben zum Tragen. Diese werden auch zukünftig die Unternehmenskonzepte der meisten Teilnehmerinnen prägen. Die Bereitschaft zur Vernetzung und zu flexiblen Partnerschaften sind ebenfalls typische Charakteristika der ‚New Economy‘. Hier haben die am Projekt beteiligten Unternehmerinnen einen Vorteil, der sich perspektivisch zu einem Marktvorteil ausbauen lässt. Die kleinen, von Frauen geführten Beratungsbetriebe können auf der Basis von IT-Kompetenzen Kooperationen entwickeln, in denen auch die erforderlichen kulturellen Rahmenbedingungen für erfolgreiche Unternehmenspartnerschaften erfüllt werden.

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2.10 Gute Praxis – Telekooperation von kleinen, von Frauen geführten Unternehmensberatungen Abschließend werden die Projektergebnisse noch einmal zusammengefaßt. Die Darstellung orientiert sich zunächst an der Aufgabenstellung der wissenschaftlichen Begleitung, positive Rahmenbedingungen zu identifizieren, die kleine Unternehmen beim Aufbau von technikgestützten, horizontalen Kooperationen unterstützen und zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit beitragen. In einem nächsten Schritt erfolgt die Ergebnispräsentation unter dem Gesichtspunkt von ‚Guter Praxis‘ nach den Kriterien Innovation, erzielte Beschäftigungseffekte und Nachhaltigkeit der Projektergebnisse.

2.10.1 Positive Rahmenbedingungen zum Aufbau von technikgestützter Unternehmenskooperation und -vernetzung Flexible und IT-kompetente Unternehmen Die Entscheidung für Kooperationen und Vernetzungen sind für kleine Unternehmen zukünftig von großer strategischer Bedeutung, um angesichts der Globalisierungstendenz des Marktes und der Unternehmensfusionen von Großbetrieben konkurrenzfähig zu bleiben. Kleine Unternehmen können ihr ‚Kleinsein‘ zu einem strategischen Konkurrenzvorteil ausbauen: sie sind flexibel, gehen auf den individuellen Kundenbedarf ein und entwickeln bedarfsgerechte Produkte; sie stellen persönlichen Kundenkontakt her und bieten ein akzeptables Preis-Leistungsverhältnis. Unter diesen Gesichtspunkten benötigen kleine Unternehmen bestimmte Voraussetzungen, um Kooperationen und Vernetzungen zu einem strategischen Konkurrenzvorteil zu nutzen: • In ihrer Unternehmensorganisation sind sie offen für Neuerungen im Bereich der neuen Technologien und reagieren entsprechend flexibel bei der Anpassung von Hard- und Software. • Sie haben ein gutes IT-Know-how, um das Potenzial der neuen Technologien in der Unternehmenskooperation wirklich nutzbar zu machen und sind bereit, ihr Know-how ständig weiter zu entwickeln. • Die Unternehmenskultur ist offen nach außen und hat das klassische Einzelunternehmertum überwunden. Kompetenzsharing und Kommunikation mit anderen Unternehmen sind integraler Bestandteil ihrer Unternehmenskultur.

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• Das Unternehmen ist offen für innovative Wege in der Unternehmensentwicklung, Zukunftsvisionen verbinden sich mit pragmatischen Alltagsentscheidungen und prägen maßgeblich die Produktentwicklung.

Neue Arbeitsorganisation mit Backoffice-Support Wenn kleine Unternehmen mit dem Ziel der Konkurrenzfähigkeit strategische Allianzen eingehen, benötigen sie flexible Strukturen der Arbeitsorganisation, um die Möglichkeiten der neuen Technologien nutzen und auf die individuellen Kundenanforderungen reagieren zu können. Positive Voraussetzungen hierfür sind: • Die Bereitschaft, bestimmte Tätigkeiten auszulagern. Dazu gehören einfache bis hin zu komplexen Verwaltungs- und Sekretariatsarbeiten sowie wichtige Teile der Bürokommunikation. • Die Wahrnehmung der Dienstleistungen eines Backoffice tragen dazu bei, dass die Arbeitsorganisation insgesamt verschlankt und effektiver gestaltet wird. • Die mit der Auslagerung von Tätigkeiten freiwerdenden Kapazitäten werden für neue unternehmerische Handlungsspielräume und für die Wahrnehmung strategischer Unternehmensaufgaben genutzt.

Kooperation in Konkurrenz Partnerschaften zwischen kleinen Unternehmen in Form von horizontalen Kooperationen ermöglichen, dass die Betriebe jeweils ihre Eigenständigkeit erhalten. Sie reduzieren einerseits die Gefahr, nicht von dem anderen Unternehmen ‚geschluckt‘ zu werden und sind deshalb für kleine Unternehmen besonders geeignet. Andererseits steigt aufgrund der identischen Unternehmensprofile das Risiko der Konkurrenz. Wettbewerbsvorteile entwickeln sich deshalb in horizontalen Partnerschaften nur unter bestimmten Bedingungen: • Die Partnerschaften sind Ergebnis strategischer Entscheidungen und werden zum Vorteil aller Beteiligten im Sinne der Herstellung einer Win-win Situation eingegangen. • Mit dem Hinzuziehen komplementärer Kompetenzen ist eine Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen verbunden. So entstehen Synergieeffekte und eine Best-of Everything-Organization‘, in der ‚Lernen von anderen‘ zur Partnerschaftsphilosophie gehört und sich die Unternehmenskulturen gegenseitig in

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positiver Weise beeinflussen. Die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen Unternehmen wird gestärkt, da die Produktpalette erwei-tert wird, größere Aufträge angenommen und Ressourcen ökonomischer eingesetzt werden können. Die komplementäre Kompetenzstruktur39 in horizontalen Partnerschaften ermöglicht eine größere Komplexitätsbewältigung bei der Auftragsbearbeitung. • Die Kooperation basiert auf klaren Absprachen, die je nach Grad der Virtualität auch eine rechtliche Form haben können. Kompatibilität der Hard- und Software müssen gegeben sein. • Die Potenziale der neuen Technologien werden in der Kooperation ausgeschöpft. Die mit den neuen IuK gegebene Zeit- und Ortsungebundenheit führt zu einer flexiblen Projektbearbeitung und darüber hinaus zu ökonomischen Einsparungen. Die beteiligten Partnerunternehmen haben einen vergleichbaren Level an Know-how bei der Nutzung der Informationstechnologien. • Professionelles Konfliktmanagement ist eine zentrale Sozialkompetenz für das Management von horizontalen Unternehmenskooperationen und Vernetzungen. Alle beteiligten PartnerInnen haben gezeigt, dass sie die Situation von Kooperation und Konkurrenz erfolgreich handhaben können.

Aufbau einer Vertrauenskultur Aufgrund der latent vorhandenen Konkurrenzsituation unter potenziellen Kooperationspartnerinnen spielt der Faktor Vertrauen eine zentrale Rolle in erfolgreichen Unternehmenspartnerschaften. Positive Bedingungen hierfür sind: • Vertrauen gilt als entscheidender Faktor bei der Auswahl der Partner/innen und während der Zusammenarbeit. Subjektive (die ‚Chemie‘) und objektive Kriterien (Größe des Unternehmens, Produkte, Kunden) müssen in einem guten Verhältnis zueinander stehen, um Kooperationen tragfähig zu gestalten. • Eine Vertrauenskultur entwickelt sich in intensiven Diskussionen und persönlichen Begegnungen, in denen der Austausch von fachlichen Informationen und ein persönliches Kennenlernen ermöglicht wird. Hierfür steht ein fester Rahmen für die beteiligten PartnerInnen zur Verfügung, der seinen regelmäßigen Austausch garantiert und ein Forum zum gegenseitigen Lernen, zu professioneller Reflektion und Konfliktbewältigung darstellt. 39

Vgl. Heinecke, 1997

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• Die Entwicklung einer gemeinsamen Wertebasis ist Bestandteil der Vertrauenskultur. Dabei handelt es sich um eine Verständigung über Qualitätsstandards, die Beratungsphilosophie, die Kundenorientierung und über die erforderlichen Kompetenzen zur Kooperations- und Netzwerkgestaltung. Eine solche gemeinsame Wertebasis reduziert die Risiken und ist gleichzeitig Voraussetzung für professionelles Konfliktmanagement. • Der ideale Rahmen zur Entwicklung einer Vertrauenskultur ist auch in technikgestützten Kooperationen immer noch die Face-to-face Begegnung. Gleichwohl ist auch in einer rein virtuellen Vernetzung eine Vertrauensbasis notwendig.

2.10.2 Kriterien ‚Guter Praxis‘: Innovation, Beschäftigungseffekte und Nachhaltigkeit Die Diskussion zu „best-practice‘ bzw. ‚guter Praxis‘ ist weder wissenschaftlich fundiert noch in der Unternehmensrealität verankert. Sie ist primär im Projektkontext entstanden und folgt deshalb vor allem projektstrategischen Interessen. Um die mit ‚best practice‘ avisierte Perspektive der Superlative zu vermeiden, wird zunehmend von ‚guter Praxis‘ gesprochen. ‚Gute Praxis‘ ist immer kontextgebunden, sie ist nicht verallgemeinerbar, sondern sie hat immer einen Bezug auf ein Ziel, eine Zielgruppe, eine Unternehmenssituation.40 Vor diesem Hintergrund werden im folgenden die Ergebnisse des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen nach Kriterien ‚guter Praxis‘ dargestellt. Diese waren: | Innovation | Erzielte Beschäftigungseffekte | Nachhaltigkeit.

Innovation – Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Vor dem Hintergrund des Unternehmenswandels und der spezifischen Situation der Unternehmensberatungsbranche ist im Zuge der Teilnahme an dem Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen Beratungsunternehmen gestärkt worden. Ein kleines Unternehmen zu sein, darin sehen die Teilnehmerinnen durchaus Wettbewerbsvorteile. Wesentliche Faktoren dafür sind die spezifischen Beratungsprodukte, die auf den Bedarf des aktuellen und zukünftigen Unternehmenswandels zugeschnitten sind; die größere Flexibilität, um individuellen Kundenwünschen entgegen zu kommen; ein akzeptables Preis-Leistungsverhältnis. Auch wird die Tatsache, ein Frauengeführtes-Unternehmen zu sein, als Vorteil gewertet. Die Teilneh40

Kemper,Klein 2000

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merinnen nutzen den positiven Gendertrend in der Beratungsbranche. Ihre Beratungsangebote liegen vielfach in den Bereichen Kommunikation und Organisationsentwicklung und gerade diese Kernkompetenzen schätzen die Kunden. Darüber hinaus liegt ihr strategischer Vorteil in ihrer flexiblen Unternehmensorganisation, ihrer Anpassungsfähigkeit im Bereich neuer Technologien und der Bereitschaft zu Kooperation und Vernetzung. Die beteiligten Unternehmerinnen verfügen nicht nur über ein hohes Niveau an technischer Ausstattung und Kompatibilität, sondern sie haben sich während des Projektes auch laufend neue Kompetenzen zur Anwendung dieser IuK-Medien angeeignet. Während zu Projektbeginn noch der eher unverbindliche Informationsaustausch als Hauptzielsetzung der Vernetzungsaktivitäten galt, stehen mittlerweile gezielte geschäftliche und ökonomische Interessen im Zentrum der Kooperationsbemühungen. In horizontalen Kooperationen von kleinen, flexiblen Unternehmen sehen die Teilnehmerinnen auch zukünftig einen wesentlichen Faktor zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Gute Praxis im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatungen • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch horizontale Kooperationen und Einsatz neuer Technologien • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner, von Frauen geführter Unternehmen • Beschäftigungserhalt und neue Formen von Beschäftigung durch Unternehmensstabilisierung und neue Formen der Arbeitsorganisation • Entstehung nachhaltiger unternehmerischer Handlungspotenziale durch technikgestützte Kooperation und Vernetzung (ganzheitliches Beratungsangebot) • Erweiterte Kernkompetenzen durch Qualifikationszuwachs (IT- und Vernetzungskompetenzen) • Nutzung externer Dienstleistungsangebote (Backoffice) ermöglicht effektive und moderne Arbeitsorganisationen der Einzelunternehmen • Das virtuelle Netzwerk Telekooperation entwickelt eine nachhaltige Vernetzungsperspektive der kleinen Unternehmen

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Erzielte Beschäftigungseffekte – Unternehmensstabilisierung und neue Arbeitsorganisation Unter dem Gesichtspunkt erzielter Beschäftigungseffekte ist das Projekt in zweifacher Hinsicht erfolgreich. Erstens hat die gewachsene Unternehmensstabilität zum Erhalt der Beschäftigung der Unternehmerinnen und ihrer MitarbeiterInnen geführt. Zweitens ist mit der gestiegenen Nutzung von technikgestützten Dienstleistungen von seiten der Teilnehmerinnen im Backoffice neue Beschäftigung geschaffen worden. Im Projektverlauf hat sich für alle Teilnehmerinnen ihre Unternehmenssituation verbessert oder zumindest stabilisiert. Insbesondere viele der jungen Unternehmen haben sich professionalisiert und streben ein weiteres Unternehmenswachstum an. Die von Frauen geführten Beratungsunternehmen sind mehrheitlich kleine moderne Unternehmen. Bei den wenigsten werden klassische Beschäftigungsformen zukünftig noch eine tragende Rolle spielen. Nur einige verbinden mit Unternehmenswachstum die Vorstellung, ein größeres Team von festangestellten BeraterInnnen aufzubauen. Die Perspektive der überwiegenden Mehrheit der Projektteilnehmerinnen geht jedoch dahin, größere Projektaufträge, die sie sowohl vom Umfang als auch von den ge-forderten Kompetenzen her nicht alleine ausführen können, auf der Basis von Kooperationen zu übernehmen. Im Hinblick auf die zukünftige Unternehmensentwicklung und Beschäftigungsperspektiven ist für viele der kleinen Unternehmen die Nutzung des Backoffice zu einer zukunftsträchtigen Form von Arbeitsorganisation geworden. Im Backoffice sind damit neue langfristige und stabile Beschäftigungsverhältnisse geschaffen worden (Kap. 2.1; 2.2).

Nachhaltigkeit – Virtuelles Netzwerk Telekooperation Die unter den Kriterien Innovation und Beschäftigungseffekte dargestellten Projektergebnisse sind auch im Hinblick auf deren Nachhal-tigkeit von Bedeutung. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen Unternehmensberatungen hat zu mehr Unternehmensstabilität und -sicherung geführt, so dass zu erwarten ist, dass die Betriebe angesichts der Marktanforderungen der Branche auf längere Sicht konkurrenzfähig bleiben. Die Projektergebnisse zeigen darüber hinaus, dass die meisten der teilnehmenden Unternehmen ihre Unternehmenszukunft auf der Basis von Unternehmenskooperationen planen. Dabei gehen sie davon aus, dass neue unternehmerische Handlungsoptionen entstehen, wenn das Potenzial der neuen Technologien genutzt und ausgeschöpft wird. Flexibilität und Offenheit für neue Entwicklungen und Partnerschaften sind Charakteristika einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung.

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Last not least nimmt mit dem Aufbau des virtuellen Netzwerkes Telekooperation (siehe u.a. Kap. 2.3) eine nachhaltige Vernetzungsperspektive, die anfangs nur eine Vision darstellte, reale Gestalt an. Diese Entwicklung ist ein Meilenstein des Projektes Telekooperation von Unternehmensberatungen und sie macht deutlich, dass temporäre Kooperationen und Langfristperspektive kein Gegensatz sind. Denn standen im Projektverlauf zunächst projektbezogene Kooperationsvorhaben im Vordergrund des Interesses der Teilnehmerinnen, so kristallisiert sich gegen Ende des Projektes heraus, dass sich temporäre Partnerschaften auf der Basis einer längerfristig angelegten Koope-ration in Form des virtuellen Unternehmerinnen-Netzwerkes entwickeln. Das im Rahmen des Projektes aufgebaute Netzwerk übernimmt verschiedene Funktionen für die je unterschiedlichen Unternehmensin-teressen seiner Teilnehmerinnen. Es wird nicht nur die Basis für künftige projektbezogene Kooperationen sein, sondern auch längerfristige Partnerschaften zweier oder mehrerer Mitglieder vorbereiten. Auch Qualifizierungsprozesse lassen sich in einem Web-basierten Netzwerk organisieren. Erste Erfahrungen in dieser Richtung wurden im Projekt mit den Telelearning-Angeboten bereits gemacht. Als strategisches Netzwerk stellt es ein latentes Beziehungsgefüge zwischen den PartnerInnen dar – also dauerhaft aber nicht immer aktiviert – und bildet den idealen Hintergrund für das Herausbilden von Kooperationen oder die Gründung von virtuellen Unternehmen. Die entstehenden Kooperationsbeziehungen sind grundsätzlich als symmetrische Verhältnisse angelegt, d. h. die Arbeit wird in einem Aushandlungsprozess unter Gleichgestellten aufgeteilt und erledigt. Dieser kooperative Arbeitsprozess wird kommunikativ gestaltet, und zwar dort, wo es sinnvoll und zeitsparend ist, virtuell, aber insgesamt in einem ausgewogenen Verhältnis von direkter und elektronischer Kommunikation. Sich ergänzende Kompetenzen werden zur optimalen Leistungserbringung kombiniert und gegenüber dem Kunden als Paket verkauft. Um die benötigten Ressourcen zusammen zu bringen, bedarf es einer entwickelten Vertrauenskultur, eines professionellen Managements und Vernetzungskompetenz sowie guter Kenntnisse der Kernkompetenzen aller potenziellen Partnerinnen. Der Support des Backoffice ist Bestandteil des professionellen Managements und gleichzeitig ein Qualitätsstandard des Netzwerkes. Die zentralen Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung von virtuellen Netzwerken konnten im Projekt Telekooperation von Unternehmensberatung entwickelt werden. Der nächste Schritt zur Realisierung der „Betriebsphase“ ist mittlerweile in Arbeit: die Anbahnung von konkreten Projektkooperationen über das Internet via Installation einer entsprechenden Website.

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Das noch junge virtuelle Netzwerk Telekooperation wird nur dann erfolgreich im Sinne einer nachhaltigen Kooperations- und Vernetzungsperspektive sein, wenn dessen Mitglieder weiterhin aktiv mitarbeiten und sich irgendeine Form von Organisation herausbildet. Allerdings wird dieses aus dem Projekt Telekooperation hervorgegangene virtuelle Unternehmerinnen-Netzwerk nur noch wenige Gemeinsamkeiten mit klassischen Organisationsformen haben. Es wird in erster Linie auf Vertrauen, Kommunikation und Reziprozität beruhen, anstatt auf formalen Regeln und Hierarchien.

2.11 Evaluationsdesign Das Projekt Telekooperation wurde im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 1.März 2000 vom Büro für frauenpolitische Forschung & Beratung e.V., Frankfurt evaluiert. In Form einer projektbegleitenden Evaluation diente sie als Instrument der Qualitätssicherung, Projektsteuerung und Erfolgskontrolle. Evaluationszeitrahmen und Projektdauer sind aufgrund der Verlänge-rung des Projektes bis 31. Dezember 2000 nicht identisch. Auch wenn dadurch die Aktivitäten des Projektes in den letzten Monaten nicht mehr in die Evaluation einbezogen werden konnten, so war der vorhandene Zeitraum ausreichend, um Erfolg und Nachhaltigkeit der Projektergebnisse bewerten zu können. Entsprechend der Zielsetzung der wissenschaftlichen Begleitung setzt das Untersuchungsdesign auf drei Projektebenen an: • bei der Nutzung von IuK und entwickelten Unternehmenskooperationen bzw. Vernetzungen, • bei neuen Formen von Arbeitsorganisation und Nutzung des Backoffices und • bei der Qualifizierung für technikgestützte Formen der Kooperationen. Zur Evaluierung der unterschiedlichen Untersuchungsebenen wurden verschiedene methodische Instrumente entwickelt und eingesetzt. • Für alle drei Projektebenen wurde das Instrument der TeilnehmerinnenBefragung eingesetzt. Im Evaluationszeitraum sind insgesamt vier schriftliche Befragungsaktionen in Form eines standardisierten Fragenbogens durchgeführt worden. Zur Ergänzung und weiteren Vertiefung der quantitativen Befragung wurden qualitative Interviews mit ausgewählten Teilnehmerinnen durchgeführt, wobei gezielt Unternehmerinnen angesprochen wurden, deren persönliche Merkmale und Unternehmensprofil das Spektrum der Projektbeteiligten möglichst breit wider-spiegeln

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sollte. In den Gesprächen standen Fragen zu Voraussetzungen von Kooperationen bei kleinen Unternehmen und die Bedeutung der neuen Technologien im Zentrum des Untersuchungsinteresses. Eine weitere Teilnehmerinnen Befragung fand im Rahmen der ‚Zukunftswerkstatt‘ statt. • Zu dem Evaluationskomplex Kooperation und Vernetzung wurde die Einschätzung der Projektleitung in Form eines schriftlichen Fragebogens mit offen gestellten Leitfragen ermittelt. Projektleitung und Mitarbeiterinnen des TELEHAUS WETTER wurden darüber hinaus im ersten Projektjahr bei der Evaluation des Backoffice in das Untersuchungsdesign einbezogen. • Im Forum Telekooperation hat die wissenschaftliche Begleitung Gruppendiskussionen zu einer Reihe von Fragen, die sich bei Kooperationen von kleinen, von Frauen geführten Unternehmen ergeben, durchgeführt. Außerdem sind im Forum Telekooperation kontinuierlich die Ergebnisse der Evaluation präsentiert und diskutiert worden. Die vom TELEHAUS WETTER verfassten Protokolle des monatlich stattfindenden Forums Telekooperation wurden ebenfalls für die Erfolgsevaluation ausgewertet.

Instrumente der wissenschaftlichen Begleitung • Schriftliche Teilnehmerinnen-Befragungen • Befragung der Teilnehmerinnen der Zukunftswerkstatt • Schriftliche Befragung der Projektleitung und Mitarbeiterinnen des TELEHAUS WETTER • Qualitative Einzelinterviews mit ausgewählten Unternehmerinnen • Moderation von Gruppendiskussionen im Forum Telekooperation • Protokolle einzelner Foren • Protokolle des Ergebnistransfers von Befragungsaktionen der wissenschaftlichen Begleitung • Theoretische Inputs

Die Evaluation hat im Projektverlauf unterschiedliche Schwerpunkte gehabt. • So standen im ersten Projektjahr die Fragen nach dem Bedarf an und der Nutzung von IT-Qualifizierung und Beratung sowie technikgestützten Dienstleistungen im Vordergrund. Der Ergebnistransfer hat hier vor allem auf der Ebene der Projektleitung und dem TELEHAUS WETTER dazu geführt, dass das Dienstleistungsangebot dem Bedarf der Teilnehmerinnen angepasst und weiter optimiert werden konnte.

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Telekooperation von Unternehmensberatungen: Neue Chancen im Wettbewerb – ein Erfahrungsbericht

• Fragestellungen zur Kooperation und Vernetzung und deren Bedeutung in der Unternehmensentwicklung der Beratungsfirmen stellten im zweiten Projektjahr den Evaluationsschwerpunkt dar. Hier war die kontinuierliche Teilnahme der wissenschaftlichen Begleitung an dem Forum Telekooperation von großer Bedeutung. So stellte ein theoretischer Input von Seiten der wissenschaftlichen Begleitung zum Thema ‚Vernetzung und Frauen‘ und eine anschließende Gruppendiskussion den Kickoff dar, um das Thema stärker auf der Basis der Erfahrungen der Unternehmerinnen im Projektzusammenhang bearbeiten zu können. Anhand der Präsentation von Ergebnissen einer Teilnehmerinnen-Befragung wurde die Entscheidung getroffen, eine Zukunftswerkstatt durchzuführen – eine Entscheidung, die, wie sich später herausstellt, ein Meilenstein im Projekt darstellte. Auch zu Fragen von technikgestützter Unternehmenskooperation und Vernetzung wurden von der wissenschaftlichen Begleitung theoretische Inputs im Forum geleistet, die zu einer weiteren Bearbeitung des Themas führten, dessen Ergebnis die Entwicklung eines Netzwerk-Kompetenz Schemas darstellt. Diese Form der Projektevaluation im Vergleich zum ersten Evaluationsjahr stärker prozessorientiert. Insgesamt haben bei der Projektevaluation qualitative Methoden einen höheren Stellenwert eingenommen als quantitative. Hierfür gab es insbesondere zwei Gründe. Zum einen hat sich im Projektverlauf die Zusammensetzung der Teilnehmerinnen stetig verändert, da laufend neue Interessentinnen hinzugekommen sind. Quantitative Vergleiche etwa von Einstellungen der beteiligten Unternehmen zu Beginn und nach zwei Jahren Projektdauer konnten so nur teilweise auf derselben Teilnehmerinnen-Basis durchgeführt werden. Im diesem Bericht präsentierten quantitativen Ergebnisse sind deshalb überwiegend dort angeführt, wo sie Auswertungsergebnisse der qualitativen Erhebung unterstützen oder ergänzen. Die Auswertungsergebnisse der unterschiedlichen qualitativen methodischen Instrumente haben unter Bedingungen eine höhere Aussagekraft. Sie erläutern, den jeweiligen Kontext der Befragten und sind somit in der Lage multifaktorielle Einflüsse zu berücksichtigen. Insgesamt ist es jedoch für die Projektevaluation schwierig, eine Gewichtung dieser unterschiedlichen Einflussfaktoren vorzunehmen, denn die Einstellungen und das Verhalten der Unternehmerinnen sind von vielen Faktoren geprägt, wie z. B. von ihren Kundenkontakten, anderen Geschäfts- und PartnerInnenbeziehungen und der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung.

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3 Die Aktionslinie „hessen-teleworking“ Die Chancen, die IuK-Technologien aus arbeitsmarktpolitischer Sicht bieten, müssen stärker als bisher genutzt werden. Neue Arbeitsformen (wie z. B. Telearbeit / Telekooperation) werden bisher nur in geringem Maße genutzt. Dabei gilt Telearbeit und Telekooperation als die Arbeitsform der Zukunft. Sie ist in vielen Berufs- und Tätigkeitsfeldern einsetzbar und steht für Flexibilisierung von Arbeit, Produktivitätsgewinn, Zeitsouveränität sowie Verkehrs- und Umweltentlastung. Telearbeit ist freilich kein neues Berufsbild, sondern eine neue Arbeitsform, die neue Organisationsformen bedingt: weg von starren Arbeitsorganisationen, hin zum ergebnisorientierten Führen mittels Zielvorgaben. Telearbeit ist jede, auf Informations- und Kommunikationstechnik gestützte Tätigkeit, die ausschließlich oder zeitweise an einem außerhalb der zentralen Betriebsstätte liegenden Arbeitsplatz verrichtet wird. Dieser Arbeitsplatz ist mit der zentralen Betriebsstätte durch elektronische Kommunikationsmittel verbunden. Arbeitgeber, die sich mit Informations- und Kommunikationstechnik kompetent den Wettbewerbsanforderungen des Marktes stellen möchten, die Kosten für Räume, Mieten und Energie sparen wollen, sollten sich mit Telearbeit näher beschäftigen. Für die Einführung von Telearbeit in einem Unternehmen sprechen zahlreiche Gründe: | Steigerung der Wirtschaftlichkeit | Produktivitätssteigerung | Qualitätssteigerung des Arbeitsergebnisses | Bessere Kapazitätsauslastung durch flexiblere Arbeitszeiten | Einsparung von Büroeinrichtungen und Räumlichkeiten | Verbesserung der Kundenorientierung und des Services | Geringere Fehlzeiten von Mitarbeitern | Geringere Kosten für Sonderleistungen | Energieeinsparung | Besseres Arbeitsergebnis durch störungsfreieres Arbeiten | Erhalt qualifizierter Arbeitskräfte. Zur Telearbeit geeignet wurden früher vor allem Tätigkeiten wie Daten- und Texterfassung, Programmieren, Schreiben und Redigieren angesehen. Inzwischen werden auch komplexere Arbeiten wie CAD-Konstruktionen, Design, Vertrieb, Marketing, Training und Ausbildung, Forschung und Beratung in Telearbeit durchgeführt. Die Gründe, warum Telearbeit bei Erwerbstätigen sehr gefragt ist, sind effizientes Arbeiten, reduzierte Fahr- bzw. Pendelzeiten zur Arbeitsstätte, Arbeitszeitflexibilität sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

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Die Aktionslinie „hessen-teleworking“

Unterstützung durch „hessen-teleworking“ Kleinen und mittleren Unternehmen bereitet die Einführung von Telearbeit vielfache Probleme, angefangen bei organisatorischen Veränderungen bis hin zu technischen Lösungen. Hier setzt die Aktionslinie „hessen-teleworking“ an. Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung führt die Aktionslinie insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen an Telearbeit, Telekooperation und Telelearning heran. Neben der Förderung von Pilotprojekten führt die Aktionslinie in Hessen zusammen mit regionalen Akteuren Informationsveranstaltungen durch und bietet Unternehmen, die die Einführung von Telearbeit planen, kostenlose Beratungstage an. Bisher wurden elf Pilotprojekte gefördert und evaluiert. Um innovative Unternehmen zur Einrichtung von Telearbeitsplätzen zu ermutigen und qualifizierte Telearbeiter und Telearbeiterinnen zu finden, wurde das Pilotprojekt „Telejobservice im Internet“ auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung gestartet. Kooperationspartner sind die Bundesanstalt für Arbeit, das Landesarbeitsamt Hessen und das Online Forum Telearbeit. Projektträger sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Aktionslinie „hessen-teleworking“. Im Frühjahr 2000 ging die Kontaktbörse für Telearbeit in den Pilotbetrieb.

1 Teleteaching (insb. CAD) 2 Mobile Telearbeit im Rechnungsprüfungsamt 3 Telekooperation in Vertrieb und Konstruktion 4 Telekooperation von Unternehmensberatungen 5 Telearbeit im orthopädischen Handwerk 6 Telepathologie / Telekonsultation 7 Teleteaching für Erziehungsurlauberinnen 8 Telearbeit in der beruflichen Weiterqualifizierung 9 Telekooperation in Marketing und Vertrieb 10 Telekooperation im „Techno-Pool“

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Unter www.telejobservice.de können Arbeitgeber direkt ihr Telearbeitsangebot (und Arbeitnehmer ihr Telearbeitsgesuch) in das Internet einstellen und abfragen. Die Projektpartner erwarten im Rahmen von „hessen-teleworking“ Ergebnisse in folgenden Themengebieten: | Erprobung der technischen Infrastruktur in der betrieblichen Praxis | Organisatorische, ökonomische und soziale Auswirkungen des Einsatzes von Telekooperation / Telearbeit/Telelearning auf Unternehmen und Mitarbeiter | Projekte mit Modellcharakter zur Stärkung der Innovation und damit Schaffung einer Best-Practice-Referenz für den Einsatz von Telearbeit. Unter Einbeziehung von Institutionen, Firmen und Vereinen, die sich ebenfalls mit Telearbeit befassen, soll ein Kompetenznetzwerk „Telearbeit/Telekooperation in Hessen“ eingerichtet werden.

Projektträger der Aktionslinie Aktuelle Informationen über die Aktionslinie gibt es unter

www.hessen-teleworking.de.

Literatur Alpar, P.: Kommerzielle Nutzung des Internet, 2. Aufl., Springer, Berlin u.a. 1998. Bliemel, F., Fassott, G., Theobald, A. (Hrsg.): Electronic Commerce: Herausforderungen, Anwendungen, Perspektiven, Gabler, Wiesbaden 1999. Hermanns, A., Sauter, M. (Hrsg.): Management-Handbuch Electronic Commerce: Grundlagen, Strategien, Praxisbeispiele, Vahlen, München 1999. Thome, R., Schinzer, H. (Hrsg.): Electronic Commerce: Anwendungsbereiche und Potenziale der digitalen Geschäftsabwicklung, Vahlen, München 1999.

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Beratungszentren

4 Beratungszentren eCommerce-Center-Nordhessen (ECCN) Ludwig-Erhard-Straße 4 34131 Kassel Telefon Telefax E-Mail Internet

05 61 / 31 63 5-90 05 61 / 31 63 5-91 info@eccn.de www.eccn.de

Beratungszentrum Elektronischer Geschäftsverkehr Mittelhessen (EC-M) Kerkrader Straße 3 (Europaviertel) 35394 Gießen Telefon Telefax E-Mail Internet

06 41 / 94 81-0 91 06 41 / 94 81-0 93 info@EC-M.de www.ec-m.de

Beratungs- und Informationszentrum Elektronischer Geschäftsverkehr (BIEG) Börsenplatz 4 60313 Frankfurt am Main Telefon Telefax E-Mail Internet

0 69 / 21 97-13 80 0 69 / 21 97-14 88 info@bieg-hessen.de www.bieg-hessen.de

Multimedia-Support-Center (MMSC) Rundeturmstraße 6 64283 Darmstadt Telefon Telefax E-Mail Internet

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0 61 51 / 1 55-6 20 0 61 51 / 1 55-6 21 info@mmsc-hessen.de www.mmsc-hessen.de


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5 hessen-media: Eine Initiative stellt sich vor Den Wandel zur Informationsgesellschaft aktiv gestalten – mit der Initiative hessenmedia fördert die Hessische Landesregierung Multimedia-Anwendungen in allen Bereichen der Gesellschaft.

hessen-media: Was steckt dahinter? Die Initiative der Hessischen Landesregierung bündelt die Potenziale der Multimedia-Technologien und macht sie für alle Bürger und Wirtschaftsbereiche nutzbar. So stärkt sie strategisch Hessens Position als innovativer Wirtschafts- und Technologiestandort im globalen Wettbewerb und verbessert die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger. Und das heißt konkret:

Die Anwendung fördern Reale Projekte, von hessen-media gefördert, belegen den praktischen Nutzen von Multimedia. Standortsicherung, technische Innovation und gesellschaftliche Relevanz sind die Auswahlkriterien dafür. So ist sichergestellt, dass wirklich alle Bereiche von den technischen Neuerungen profitieren – von der Schule bis zum kleinen und mittelständischen Betrieb.

Die Umsetzung unterstützen Entwicklung, Anwendung, Ausbildung: jeder dieser Punkte wird in das Konzept einbezogen. Das erfordert die Rasanz des multimedialen Fortschritts. Dafür wurde ein Netzwerk von Kompetenz-Zentren aufgebaut. Sie bieten Beratung und Know-how für die wichtigsten Schwerpunkte:

1. Multimedia-Kompetenz-Zentren: Multimedia-Anwender müssen neben technischen Kenntnissen auch die Fähigkeit entwickeln, sich im Angebot zu orientieren und selbstbestimmt auszuwählen. Das Netzwerk hessischer Multimedia-Kompetenz-Zentren entwickelt dafür Ausbildungsinhalte und berät Lehrkräfte, SchülerInnen, Eltern und Medienschaffende. 2. Multimedia-Support-Center: Kleine und mittelständische Unternehmen benötigen passgenaue Lösungen für den Multimedia-Einsatz. Die SupportZentren informieren, qualifizieren, beraten und vermitteln geeignete Kooperationspartner.

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hessen-media: Eine Initiative stellt sich vor

3. Multimedia-Kreativ-Zentrum: Frankfurt ist die deutsche Werbe- und Kommunikationsmetropole. Gerade in diesem Markt sind die neuen Techniken eine enorme Herausforderung. Die Dienstleistungen des Zentrums reichen von der Aus- und Fortbildung von Fachkräften bis zur kooperativen Entwicklung neuer Anwendungstechniken. Den Austausch anregen Experten aller Fachrichtungen führen ihr Know-how in Fachbeiräten zusammen. So entstehen Kooperationen zwischen Projekten, neue Konzepte und Ideen – und unnötige Parallelarbeiten werden vermieden. Sind Sie neugierig auf hessen-media? Auf unserer Homepage

www.hessen-media.de finden Sie vielfältige Informationen zur Landesinitiative mit Kontaktadressen und Ansprechpartnern konkreter Projekte. In diesen Themenbereichen gibt es Telematikprojekte: • • • • • • • • •

Bildung Telemedizin Umweltschutz Verkehr Wirtschaft Teleworking Verwaltung Sozialnetz Medienwirtschaft

Kontakt: Geschäftsstelle hessen-media c/o InvestitionsBank Hessen AG (IBH) Abraham-Lincoln-Straße 38-42 65189 Wiesbaden Telefon 06 11 / 7 74 -231 Telefax 06 11 / 7 74 -3 85 E-Mail info@hessen-media.de Internet www.hessen-media.de

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