Der neue Querbrief "Kampf um Kenias Ressourcen" ist da!

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Magazin des Weltfriedensdienst e.V.

4/2018

KAMPF UM KENIAS RESSOURCEN

+++ Kenia: Gegen Gewalt und Extremismus +++ Verantwortung von Unternehmen +++ CO2-Speicher Boden


Einblick

Gruß aus der Geschäftsstelle Liebe Leserin, lieber Leser,

„Für mich bedeutet Permakultur die Entstehung von etwas Neuem ohne Zerstörung von dem, was bereits da ist. Aber Permakultur ist mehr als nur eine Art zu produzieren, es ist auch ein politisches, soziales und wirtschaftliches Wertesystem, das alle Lebewesen respektiert.“ Mitten im heißen Sommer hat uns Julious Piti aus Simbabwe, ein international anerkannter Agrarökologe und unser langjähriger Partner, besucht. Er hat uns erklärt, wie nachhaltiges Wassermanagement bei extremer Trockenheit funktioniert und was wir in Deutschland vom Globalen Süden lernen können.

BURUNDI Eine unserer langjährigen einheimischen ZFD-Fachkräfte, Liliane Ingabire, ist nach längerer Krankheit gestorben. Sie war viele Jahre für das kleine Team von MI-PAREC eine große Bereicherung. Sie begleitete unter Anleitung von Théogène Habyarimana im Laufe der Jahre Tausende Traumatisierte und deren Familien und Communities. Ihr Tod ist ein großer Verlust für unser Team in Burundi.

Landrechte sind oft unklar: Wem gehört welches Land und wer darf es nutzen oder vergeben? Diese Unsicherheiten sind häufig Quelle für gewaltsam ausgetragene Konflikte, wenn Fragen des Landbesitzes durch Korruption entschieden werden oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie Besitzverhältnisse begünstigt. Raumgreifende Infrastrukturprojekte und Umweltzerstörung tragen zur Verknappung von verfügbarer Fläche bei. Insbesondere der armen Landbevölkerung wird dadurch die Lebensgrundlage genommen. Konflikte zwischen den Ethnien schwelen entlang alter und neuer Konfliktlinien und enden häufig blutig. Perspektivlosigkeit, Radikalisierung und Binnenflucht sind die Folgen. All diese Faktoren erschüttern die Projektregion des Weltfriedensdienst im ariden Norden Kenias: Hier werden Kämpfe um Wasser und Weideland ausgetragen. Neben Binnenflucht ist der zunehmende islamistische Extremismus ein weiteres Ergebnis dieser Konflikte. Unsere Partnerorganisation Isiolo Peace Link bringt verfeindete ethnische Gruppen an einen Tisch, um weitere Konflikte zu entschärfen. Sie stärkt indigenes Ressourcenmanagement und beugt der Radikalisierung der Jugendlichen vor. Wie? Das berichtet Ihnen unser Kooperant Tim Bunke auf den folgenden Seiten. Erfahren Sie außerdem, wie jede und jeder Einzelne von uns zu einer zukunftsfähigen Welt beitragen kann. In dieser Ausgabe schreibt Kristin Stressenreuter über den CO2-Speicher Boden als Hoffnungsschimmer auf dem Weg zur 2-Grad-Grenze. Auch Unternehmen agieren in einer globalisierten Welt und sind sich zunehmend bewusst, dass dies globale Schäden und Nöte auslöst und vertieft. Wir stellen Ihnen zwei Unternehmen vor, die ihre soziale Verantwortung ernst und aktiv wahrnehmen. Für beide Seiten ist das ein fruchtbares Engagement, bei dem die Haupt­ gewinner dabei die Partnerorganisationen im Globalen Süden sind. Eine unserer Partnerorganisationen wollen wir Ihnen besonders ans Herz legen: Mit Ihrer Unterstützung können Familien in Laos auch langfristig ein Einkommen erwirtschaften, in Ernährungssouveränität, Bildung und Gesundheit investieren und ihr Wissen teilen. Wie Sie helfen können, erfahren Sie auf der letzten Seite. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen unseres Querbriefs. Beste Grüße,

Judith Ohene Geschäftsführung

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Situation in Kenia

KENIAS KAMPF UM RESSOURCEN Kenia war lange Zeit als Safariland bekannt. In den letzten Jahren beherrschten jedoch Ausschreitungen zwischen Ethnien, islamistischer Terror und Korruption die Schlagzeilen.

Kenias ethnische Gruppen setzen sich aus den Familien der Niloten (Luo, Maasai, Turkana), Bantu (Kikuyu, Kisii, Kamba) und Kuschiten (Boran, Somali, El Molo) zusammen

Kenia ist eines der vielfältigsten Länder des südlichen Afrika mit über 40 ethnischen Gruppen. Die Naturräume erstrecken sich von tropischen Regenwäldern über fruchtbares gemäßigtes Hochland bis hin zu (semi-)ariden Wüstengebieten. Die demographische und geographische Vielfalt und Komplexität spiegelt sich ebenso im Facettenreichtum der Konflikte wieder. GEWALT ZWISCHEN ETHNIEN Wir haben uns bewusst für eine Arbeit im wüstenhaften Norden Kenias entschieden: In Isiolo County kooperiert der Weltfriedensdienst mit der Partnerorganisation Isiolo Peace Link. In dieser Region brechen regelmäßig gewaltsame Konflikte zwischen unterschiedlichen Ethnien aus. Dabei geht es häufig um den Zugang zu Wasser und Weideland, Viehdiebstahl oder die Besetzung politischer Positionen.

Landrechte sind vielfach unklar und dadurch strittig. Häufig entscheidet Korruption und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie, wer Land besitzen darf. Die verfügbare Landfläche verringert sich stetig durch raumgreifende Infrastrukturprojekte, Umweltzerstörung und Dürren, aber auch durch prinzipiell sinnvolle Umweltschutzmaßnahmen, die jedoch oft die lokale Bevölkerung nicht einbeziehen. Zunehmender Wassermangel durch Verwüstung wird noch verstärkt, indem wasserintensive Exportgüter angebaut werden, etwa Rosen für europäische VerbraucherInnen. Im Norden Kenias führt dies zu sich verschärfenden Konflikten zwischen den von Viehhaltung abhängigen ethnischen Gruppen. RADIKALISIERUNG VORBEUGEN Die Verknappung von Ressourcen und die historische Vernachlässigung Nordkenias führen zu Perspektivlosig-

keit in der Bevölkerung. Kombiniert mit der Nähe zu Somalia begünstigt dies eine voranschreitende islamistische Radikalisierung. Die hauptsächlich in Somalia agierende Islamistenorganisation Al-Shabaab ist zunehmend auch in Kenia aktiv: Terroranschläge erreichten in der Vergangenheit bereits die Hauptstadt Nairobi sowie die touristisch wichtigen Küstengebiete. In Isiolo County verstärkte Al-Shabaab in den letzten Jahren seine Rekrutierungstätigkeit. Sudan

Äthiopien Lake Turkana Rift Valley

Uganda

Somalia

Isiolo-Stadt Highlands Lake Victoria

Nairobi

Serengeti Plain Tansania

Isiolo County

Indischer Ozean

Mombasa

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Ziele des Projekts

GEGEN GEWALT UND EXTREMISMUS Das Projekt mit Isiolo Peace Link im Norden Kenias zielt auf drei übergreifende Themenblöcke.

Gemeinsames Innehalten. Dann kann das Gespräch miteinander beginnen.

Tim Bunke ist promovierter Ethnologe mit Erfahrung in Tansania und Sambia. Er arbeitet seit Oktober 2016 als Kooperant und Friedensfachkraft mit Isiolo Peace Link, wo seine Aufgaben unter anderem Beratung zu Projektplanung und Wirkungsorientierung, Finanzbuchhaltung sowie Dokumentation umfassen.

Unsere Partnerorganisation Isiolo Peace Link ist seit 2006 als Community Based Organisation in Isiolo-Stadt registriert und hat dort ein Büro. Bei Isiolo Peace Link arbeiten zurzeit zehn Angestellte, von denen sieben über den Weltfriedensdienst finanziert werden. Die Organisation ist vor allem in Isiolo County aktiv. Ihre primären Zielgruppen sind die pastoralen Gemeinden im Norden Kenias. Bisher haben sie zu Frühwarnung, Versöhnung und gegen die Verbreitung von Kleinwaffen gearbeitet. facebook.com/IPLcbo2017

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1.

Zentrales Ziel des Projekts ist es, oftmals langjährig verfeindete ethnische Gruppen wieder miteinander ins Gespräch zu bringen. So werden zukünftige Konflikte entschärft, die etwa bei der Landverteilung oder im Rahmen entstehender Infrastruktur drohen. Isio­ lo Peace Link unterstützt hier bewährte Schlichtungsverfahren, bei denen sich Kommitees aus den Gemeinden rekrutieren und sich traditionelle Autoritäten wie Chiefs anschließen, um dann Konflikte konstruktiv zu bearbeiten.

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Ein weiteres Ziel ist die Stärkung traditioneller Autoritäten beim indigenen Ressourcenmanagement. Unklare Nutzungsrechte von Wasser und Weideland sind weit verbreitete Konfliktursachen in der Region. Konflikte können jedoch oft abgewendet werden, wenn über ethnische Grenzen hinausgehende Mechanismen des Ressourcenmanagements unterstützt und wiederbelebt werden. Zum Beispiel fördert Isiolo Peace Link die Zusammenarbeit in sogenannten Weide- und Wasserkomitees, die regeln, wessen Herden wann, wo und

wie lange grasen. Zusätzlich arbeitet Isiolo Peace Link gemeinsam mit der Bevölkerung daran, wie man raumgreifenden Infrastrukturprogrammen begegnen kann. Die unterschiedlichen Ethnien im trockenen Norden Kenias sind traditionell Hirten, die nomadisch leben und oft nur lose Landansprüche kennen. Investoren nutzen diese pastorale Landnutzung immer häufiger aus und enteignen oder übervorteilen EinwohnerInnen.

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Isiolo Peace Link arbeitet daran, einer voranschreitenden islamischen Radikalisierung vorzubeugen. Im Fokus steht die Arbeit mit betroffenen Schulen in Isiolo County und die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Sicherheitsbehörden und muslimischen Jugendlichen. Auf der einen Seite der Beziehungen steht oft unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch die Polizei, auf der anderen Seite das offene Misstrauen der Jugendlichen. Isiolo Peace Link arbeitet an der Verbesserung der Beziehungen, um so Radikalisierung früh zu erkennen und zu verhindern.

weltfriedensdienst.de/kenia-gemeinsam-fuer-eine-gerechte-landverteilung


Aktion

GEMEINSAM FÜR DEN FLUSS Mit einer außergewöhnlichen Aktion wirbt unser Partner für eine nachhaltige Nutzung des Ewaso-Nyrio-Flusses und die friedliche Koexistenz seiner Anrainer und Anrainerinnen.

Die Camel Caravan setzt ein Zeichen für Frieden am Fluss.

Bereits zum fünften Mal rief die Organisation Indigenous Movement for Peace Advancement and Conflict zur Camel Caravan auf. Mit fünfzehn Kamelen wanderten zwei Gruppen von jeweils 25 Menschen 300 Kilome­ter entlang des Ewaso-Nyrio-Flusses, um auf die vielfältigen Bedrohungen für und Konfliktherde um den Fluss aufmerksam zu machen. Die­ses Jahr war auch unser Partner Isiolo Peace Link mit dabei. ZÜNDFUNKE UND LEBENSADER „Früher führte der Fluss zehn Monate im Jahr Wasser. Heute nur noch zwei. Er trocknet einfach aus“, berichtet ein Viehhirte aus Isiolo County. Der Ewaso-Nyrio ist die Lebensader von etwa 3,6 Millionen Menschen. Er bringt wertvolles Wasser in die häufig von Dürren bedrohten trockenen Regionen Kenias. An den Ufern erwirtschaften die meisten Menschen ihr Einkommen als nomadische Viehhirten und ziehen auf der Suche nach frischen Weiden durch die Region. Doch das lebenswichtige Wasser ist immer häufiger Grund für Konflikte, die immer wieder zwischen den lokalen Gemeinden und zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen, die um den Fluss als Ressource für Wasser und

Weideland konkurrieren, entbrennen. Zudem fürchten viele, dass ein geplanter Staudamm und raumgreifende Investitionsprogramme die Konflikte verschärfen werden. WIR SIND WEIT GEKOMMEN Die AktivistInnen konnten mit den Menschen entlang des Flusses direkt und außerhalb von Konferenzräumen über die Probleme sprechen und diese unmittelbar begreifen. Auch die multiethnische Zusammensetzung der Camel Caravan erleichterte den direkten Erfahrungsaustausch. Zeitungen und das kenianische Fernsehen berichteten über die Camel Caravan. Einige richtungsweisende Gespräche über Folgeaktivitäten haben die AktivistInnen bereits mit Behörden- und RegierungsverterInnen führen können. Zwei kurze Videos über die Camel Caravan zeigen, was die Menschen am Fluss bewegt und wie die LokalpolitikerInnen dazu stehen. weltfriedensdienst.de/ kenia-eine-kamel-karawane-fuer-den-fluss

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Interview

NÄCHSTE SCHRITTE Wir fragen Abdia Mohamud, wie es im Projekt weitergeht. Sie ist die Geschäftsführerin unserer Partner-NGO Isiolo Peace Link. Querbrief: Was hat die Camel Caravan auf politischer Ebene gebracht? Abdia Mohamud: Nach der Aktion berief der Deputy Governor von Samburu County am Oberlauf des Ewaso Nyiro eine große Tagung aller Stakeholder ein, um ein faires Ressourcenmanagement zu fördern. Der gerechte Zugang zu Wasser und Weideland ist gerade zum Ende der Trockenzeit im Oktober ein großes Thema. Wir halten es für sehr wichtig, den Dialog zwischen den Communities am Ober- und Unterlauf zu ermöglichen, um eine gerechte Verteilung des Wassers zu gewährleisten. Wir planen auch weiterhin mit den zuständigen Wasserbehörden und der nationalen Umweltschutzbehörde zusammenzuarbeiten. Querbrief: Wie bereitet Ihr Eure Aktivitäten vor? Abdia Mohamud: Am Anfang unserer Projektarbeit steht eine gründliche Analyse. So haben wir eine Studie über das gemeindebasierte Ressourcenmanagement in Isiolo County in Auftrag gegeben, um zu lernen, wie die verschiedenen Ethnien traditionell den Zugang zu Ressourcen geregelt haben. Dies ist dann die Basis für weitere Aktivitäten. Wir wollen diese traditionellen Mechanismen stärken und das Wissen teilen. Dazu kann auch gehören, dass wir 2019 wieder an der Camel Caravan teilnehmen. Querbrief: Wie trägt Isiolo Peace Link zur Beilegung von Konflikten bei? Abdia Mohamud: Hand in Hand mit der Arbeit zum Ressourcenmanagement geht unser Engagement für traditionelle Rechtsprozesse und gewaltfreie Konfliktbearbeitung. Isiolo

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Abdia Mohamud, Geschäftsführerin von Isiolo Peace Link, Kenia

Peace Link arbeitet schon lange mit Community-Komitees zusammen, um einen Einblick in die Anliegen der Menschen zu gewinnen. Dort versuchen wir, verfeindete Gruppen an einen Tisch zu bekommen. Querbrief: Was tut Ihr gegen die Radikalisierung in Isiolo County? Abdia Mohamud: Isiolo County gilt als Brutstätte für gewalttätigen Extremismus. Deshalb haben wir die örtliche Verwaltung dabei unterstützt, einen Aktionsplan zur Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus zu entwickeln. Wir konzentrieren uns im Rahmen dieses Aktionsplans auf die Arbeit mit Bildungseinrichtungen. Dabei sensibilisieren wir religiöse Führungskräfte sowie Jugendliche außerhalb der Schule. Außerdem arbeiten wir daran, die Beziehungen zwischen Communities und Sicherheitsbehörden zu verbessern,

indem wir versuchen, das Vertrauen der Menschen in die Polizei zu stärken. Gleichzeitig arbeiten wir mit den Sicherheitskräften zusammen, um die Einhaltung der Menschenrechte bei der Polizeiarbeit zu fördern. Querbrief: Wie arbeitet Ihr zu diesen Themen mit dem Weltfriedensdienst zusammen? Abdia Mohamud: Ein wichtiger Teil unserer Zusammenarbeit mit dem Weltfriedensdienst ist der Aufbau von Kapazitäten. Dies betrifft sowohl unser Team als auch engagierte Community-Mitglieder. Wir bieten Trainings in Mediation an, aber auch in der konfliktsensiblen Durchführung von Aktivitäten (z.B. mit dem Do-No-Harm-Ansatz) und zu Menschenrechten. Wir haben ein gutes Arbeitsverhältnis mit dem Weltfriedensdienst und hoffen auf eine anhaltende enge Zusammenarbeit.


Kolumne

EINE ANDERE WELT IST NÖTIG Wie kann eine zukunftsfähige Welt aussehen? Dieser Frage wollen wir in dieser Serie auf den Grund gehen.

REN SIE DISKUTIE

Teil 2: CO2-Speicher Boden Der Klimawandel zeigt bereits verheerende Auswirkungen: gewaltige Stürme, monsunartige Regenfälle, ausgeprägte Dürreperioden. Eine sofortige Reduktion der CO2-Emissionen um 8-10% pro Jahr wäre nötig, um die Erderwärmung auf die anvisierten zwei Grad Celsius zu begrenzen und den Klimawandel zu bremsen. Effizientere Technologien und saubere Energie können die Emissionen lediglich um 4% im Jahr verringern. Können wir die 2-Grad-Grenze überhaupt noch einhalten? Großes und bisher wenig beachtetes Potential bietet eine natürliche Ressource der Erde: Der Erdboden ist, nach den Ozeanen, das zweitgrößte Kohlenstoff-Reservoir unseres Planeten. Durch Abholzung und industriellen Ackerbau sind jedoch bereits 40% des Erdbodens degradiert, sodass er weniger oder keinen Kohlenstoff mehr binden kann. Dieser große CO2-Speicher entlässt damit enorme Mengen CO2 in die Atmosphäre. Durch die Regenerierung des Bodens wäre es möglich, seine Kohlenstoff-Speicherkapazität wiederherzustellen, sodass er aktiv CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und die globalen Emissionen reduzieren könnte. Wissenschaftliche Studien dazu sind vielversprechend: Das renommierte

Kristin Stressenreuter Studentin M.A. Friedens- und Konfliktforschung

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Im Erdboden ist viermal mehr CO2 gespeichert als im weltweiten Pflanzen- und Baumbestand.

Science-Magazin geht von einer Aufnahmekapazität von 15% der globalen CO2-Emissionen durch regenerative Formen der Bewirtschaftung aus. Das Rodale Institute in Pennsylvania spricht sogar von 100%, wenn regenerative Techniken nicht nur auf Ackerland, sondern auch auf die Böden des globalen Graslands angewendet werden. Sie machen ein Drittel der weltweiten Landfläche aus und liegen überwiegend in Trockengebieten. Durch Überweidung des Graslands vermindert sich die natürliche CO2-Speicherkapazität des Bodens. Das vollständige Abgrasen der Vegetation durch domestizierte Herden zerstört die fruchtbare, CO2-speichernde Humusschicht. Die Herden werden oft an einem Ort gehalten. Ohne ein strenges Management der Weiden überbeanspruchen sie so die Böden. Wildherden hingegen sind regelrechte Landschafts-

pfleger, weil sie nach dem Grasen weiterziehen und die Böden ausreichend Zeit haben sich zu regenerieren. Für ein nachhaltiges gemeinschaftliches Weidemanagement setzt sich die kleinbäuerliche Selbsthilfeinitiative TSURO gemeinsam mit dem Weltfriedensdienst in Simbabwe ein. Die BesitzerInnen legen ihre Tiere zu größeren Herden zusammen und ziehen nach gemeinsam festgelegten und überwachten Regeln von Weide zu Weide. Die Rinder lockern und düngen den Grund und grasen ihn im richtigen Maß ab. So geben sie der Weide die notwendige Erholungszeit. Damit stellen sie das Ökosystem des Graslandes und dessen Funktion als CO2-Speicher wieder her. Jährlich können so in Abhängigkeit vom Klima eine bis mehrere Tonnen CO2/ha aus der Atmosphäre aufgenommen werden. Ein Hoffnungsschimmer auf dem Weg zur 2-Grad-Grenze.

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Aktiv werden

FIRMEN FÖRDERN FRIEDEN In einer globalisierten Welt werden sich Unternehmen zunehmend bewusst über ihre soziale Verantwortung. Zwei dieser Unternehmen stellen wir hier vor. Unternehmen haben oft nicht nur die Vorteile einer globalisierten Welt im Blick, die sich in besseren Vertriebsstrukturen, größeren Abnehmerzahlen und mehr KonsumentInnen, vielteiligen Produktions- und Handelsketten und letztlich in höheren Gewinnen ausdrücken. Häufig sind sich Unternehmen bewusst, dass dies globale Schäden und Nöte auslöst und vertieft – die Verantwortung für die Folgen globalen Handelns wird umfassender und weitreichender. Die Friedens- und Entwicklungsarbeit des Weltfriedensdienst ist für Unternehmen eine Chance, sich gemeinsam zu engagieren und ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden.

Schluss mit stundenlangem Wasserschleppen

Seit Sommer 2018 arbeiten The Treehouse Shop und der Weltfriedensdienst in einer Unternehmenskooperation zusammen. The Treehouse Shop ist ein lokales Familienunternehmen vom Schliersee. Die „professionellen Baumhausbauer, Zimmerer und Ingenieure, Baumpfleger und Baumkletterer“, wie sie sich selbst beschreiben, vertreiben alles, was zum Bauen eines Baumhauses benötigt wird, inklusive KnowHow und Geist. The Treehouse Shop unterstützt die Friedens- und Entwicklungsarbeit vom Weltfriedensdienst und spendet einen festen Anteil vom Verkaufserlös ausgewählter Produkte. thetreehouse.shop

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„Du kaufst 0001 Flasche Wein. Wir spenden 1000 Liter Wasser nach Simbabwe.“ Damit wirbt der Online-Weinhändler Vinoakvo für unsere Kooperation. Vinoakvo spendet für jede verkaufte Flasche 31 Cent an unsere Partnerorganisation TSURO in Simbabwe. Sobald auf diese Weise 13.500 Euro zusammengekommen

sind, kann eine Wasserversorgung mit Tiefbrunnen, Pumpe und Tank entstehen, die das Dorf Gudyanga in einer extrem trockenen Gegend des Chimanimani-Distrikts mit Wasser versorgt. Wein trinken und Wasser spenden ist ein passender Gedanke für diese Unternehmenskooperation. vinoakvo.de

Judith Ohene ist unsere Ansprechpartnerin für Unternehmen, die mit dem Weltfriedensdienst zusammenarbeiten wollen. E-Mail: ohene@weltfriedendienst.de Telefon: +49 (0)30 253 990-12


Medien

BUCHTIPP „BODENATLAS“ „Boden scheint unerschöpflich“, stellt der Bodenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung fest. Doch wie die Aussage schon vermuten lässt, ist er das nicht. Mehrere Tausend Jahre bildet sich eine dünne Schicht fruchtbaren Oberbodens, nur um dann in einer Stunde starken Regens wieder weggespült zu werden. Doch das Thema findet kaum Beachtung. Die Heinrich-Böll-Stiftung, das Institute for Advanced Sustainability Studies, Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland und Le Monde diplomatique möchten das mit

ihrem Bodenatlas ändern. Der Bodenatlas präsentiert Daten und Fakten über die Bedeutung und den Zustand von Land, Böden und Ackerflächen in Deutschland, Europa und weltweit. Landgrabbing, Öko-Landbau oder Bodenpolitik, jede und jeder kann etwas für sich selbst mitnehmen und so vielleicht zu einem bewussteren Umgang mit einer unserer wichtigsten Ressourcen beitragen. Das Online-Dossier finden Sie unter: www.boell.de/de/bodenatlas

U WIE UNTERNEHMENSVERANTWORTUNG Unternehmensverantwortung oder Corporate (Social) Responsibility bezeichnet die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen für eine nachhaltige Wirtschaft. Sie umfasst soziale, ökologische und ökonomische Aspekte. Konkret geht es beispielsweise um faire Geschäftspraktiken, mitarbeiterInnenorientierte Personalpolitik, Schutz von Klima und Umwelt, sparsamen Umgang mit Ressourcen, Engagement vor Ort und Verantwortung in der Lieferkette. Die Globalisierung bietet Wirtschaft und VerbraucherInnen grundsätzlich die Chance, unsere Eine Welt zum Positiven zu gestalten. Die bisweilen verheerenden Begleiterscheinungen der Globalisierung umfassen Verteilungsungerechtigkeit, Armut und Menschenrechtsverletzungen ebenso wie den Verlust der biologischen Vielfalt, die Degeneration von Böden und Gewässern oder den Klimawandel. Doch Politik, Zivilgesellschaft und KonsumentInnen können die weltweiten Probleme nicht allein bewältigen. Unternehmen müssen gesellschaftliche Verantwortung für ihre Aktivitäten übernehmen, indem sie Menschenrechte und internationale

FRIEDEN

Arbeits- und Sozialstandards einhalten, Ressourcen schonen und Lebensund Arbeitsgemeinschaften vielfältig gestalten. Wenn Marketingstrategien beispielsweise bewusst die Vorteile langlebiger oder wiederverwertbarer Produkte gegenüber Einweg- und Wegwerfware betonen, tragen sie zur Förderung nachhaltiger Konsummuster bei. Wenn Arbeits- und Sozialstandards ernst genommen werden, können internationale Handels- und Lieferketten an der Lösung globaler Herausforderungen mitwirken.

Durch Unternehmen, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und entsprechend wirtschaften, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung getan. Julika Botschek absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr und ist für die Medienseite verantwortlich.

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Update

DAS WASSERMOBIL IN RHEINLAND-PFALZ

Ende August konnten über 350 Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur zwölften Klasse an sechs Schulen in Eisenberg und dem Donnersbergkreis eine Woche lang zur globalen Wasserkrise arbeiten und an einer Podiumsdiskussion über lokales Wassermanagement teilnehmen. Wie viel Wasser steckt eigentlich wo drin? Wo kommt es her? Und wie können wir Wasser dort sparen, wo es knapp ist? Um diese Fragen ging es an den Grundschulen. Sehr schnell kamen Vorschläge zum Wassersparen: Essen nicht wegwerfen, auf regionale Lebensmittel achten, Kleidung an Geschwister weitergeben statt neu kaufen. Bei der Durststrecke balancierten die Kinder einen Wassereimer auf dem Kopf über eine Hindernisstrecke, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was viele Menschen auf der Welt für Trinkwasser auf sich nehmen müssen. Ältere Schüler fanden beim Rollenspiel zum Menschenrecht auf Wasser oft Lösungen für nachgespielte Konflikte, manch-

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mal blieben die Verhandlungen auch stecken – ganz wie in der Realität. Doch der immer stark ausgeprägte Sinn der Jugendlichen für Gerechtigkeit hat uns beeindruckt. Die zwölfte Klasse der IGS Eisenberg bereitete mit der Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Ratssaal den Höhepunkt der Woche vor. Siebzig TeilnehmerInnen diskutierten über gutes Wassermanagement und Anpassung an den Klimawandel mit VertreterInnen aus Verwaltung, Landwirtschaft und Zivilgesellschaft. Eisenberg und der Donnersbergkreis sind ziemlich gut aufgestellt, lautete das Fazit. Um ihren Wasserfußabdruck in der Welt zu verringern, sind die EisenbergerInnen darum bei ihrem alltäglichen Verhalten und Konsum selbst gefordert. Helge Swars und Anne Schlüter danken unserem Vereinsmitglied Thilo Eidt vom Weltladen Eisenberg, dessen tatkräftige Unterstützung diese Woche erst möglich gemacht hat.


Update

WELTFRIEDENSTAG 2018: THE SILENCE OF OTHERS

VOICES BENEFIZKONZERT Namibia ist besonders stark von der AIDS-Epidemie betroffen. Vor allem Kinder haben kaum eine Perspektive. Auf dem VOICES-Konzert am 2.11.2018 machten fünf Berliner Chöre mit Musik aus der ganzen Welt darauf aufmerksam. Der Erlös unterstützt unsere Eine-Welt-Partnerschaft mit Katutura.

ARBEITS­MIGRA­TION AUS AFRIKA

Mit der Heinrich-Böll-Stiftung haben wir zu einer Vorstellung des Berlinale-Friedensfilmpreis-Trägers 2018 „The Silence of Others“ in Berlin eingeladen. Der Film zeigt auf einzigartige Weise, was Friedensarbeit vermag:

Den Austausch über Verdrängtes und Beschwiegenes befördern, Machtlosen eine Stimme geben, strukturelle Gewalt sichtbar machen. Der große Kinosaal des Moviemento war bis zum letzten Platz gefüllt.

BERLIN IST BLUE COMMUNITY

FLUCHTURSACHE WASSER

Am 23.10.2018 überreichte Maude Barlow, Trägerin des alternativen Nobelpreises und Initiatorin des globalen Wasserprojekts der Stadt das Zertifikat. Gemeinsam mit Brot für die Welt haben wir die globale Perspektive in den Prozess eingebracht und so in einem breiten Bündnis aus NGOs, Parteien und Unternehmen Berlin nach Bern und Paris zur dritten „blauen“ Hauptstadt Europas gemacht.

Überschwemmungen und Dürren zerstören die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen. Am 2.11.2018 diskutierte Judith Ohene vom Weltfriedensdienst mit Martin Häusling (MdEP Bündnis 90/Die Grünen) und Oliver Hasenkamp (Pazifik-Netzwerk e.V.) auf dem Grünen Salon der Heinrich-Böll-Stiftung NRW in Krefeld darüber, warum wir handeln müssen.

Am 13.9.2018 sprach Judith Ohene im gut besuchten Afrikahaus in Berlin mit Prof. Dr. Robert Kappel und Prof. Dr. Theo Rauch auf Einladung der Initiative Südliches Afrika über die Realitäten zwischen Panikmache und Zweck­optimismus.

AMAZONIEN ZERSTÖRT, KLIMAWANDEL VERSCHÄRFT – WAS TUN KOMMUNEN? Trotz einiger Erfolge auf internationaler Ebene hat sich die Lage für die indigenen Völker der Regenwälder Amazoniens in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Was unsere Städte und Kommunen für diese Völker tun können, diskutierten wir am 1.11.2018 im Rathaus von Charlottenburg-Wilmersdorf. Unser Newsletter informiert Sie monatlich über Friedensprojekte im Globalen Süden, über Aktionen und Veranstaltungen, unsere Kampagne zu Wasserraub und Wissenswertes aus der Friedensarbeit. weltfriedensdienst.de/newsletter

Folgen Sie uns auf Facebook facebook.com/ weltfriedensdienst

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Geprüft + Empfohlen!

Postvertriebsstück Gebühr bezahlt A9649 F

Am Borsigturm 9 13507 Berlin weltfriedensdienst.de

PERSPEKTIVEN SCHAFFEN – ARMUT BEKÄMPFEN IHRE SPENDE WIRKT Mit 50 Euro spenden Sie 15 Pfefferpflanzen sowie Werkzeug und Starterkompost für eine Familie.

In den Bergen von Laos sind die Menschen besonders stark von Armut betroffen. Sie leben meist von Subsistenzwirtschaft. Mangel- und Unterernährung und kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser gehören zum Alltag.

150 €

Mit 150 Euro spenden Sie eine Ziege, Material für Gehege und veterinär-medizinische Versorgung.

Wir unterstützen mit unserer Partnerorganisation GLAD Familien dabei, ihr Land effektiver zu bewirtschaften und lokale Märkte für ihre Erzeugnisse zu erschließen. Trainings vermitteln ihnen das Wissen für eine ertragreiche Schweine- und Ziegenhaltung oder den Anbau von Sonderkulturen wie zum Beispiel Pfeffer. Wichtig ist die intensive Begleitung und Beratung der Familien bei der Einführung der neuen Produktionsverfahren und bei der Vermarktung. So können sie auch langfristig ein Einkommen erwirtschaften, in Ernährungssicherheit, Bildung und Gesundheit investieren und ihre Erfahrungen im Dorf weitergeben.

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Mit 5.000 Euro finanzieren Sie gesundes Trinkwasser für ein Dorf mit 600 EinwohnerInnen.

In Zusammenarbeit mit den laotischen Behörden bohren wir auch Brunnen und bekämpfen so eines der größten Gesundheitsrisiken – den oft mangelnden Zugang zu sauberem Trinkwasser.

50 €

Spendenkonto Weltfriedensdienst e.V. Bank für Sozialwirtschaft | IBAN: DE06 1002 0500 0003 1475 05 weltfriedensdienst.de/spendenformular Gefördert von Engagement Global im Auftrag des

Gefördert mit Mitteln des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes. Für den Inhalt der Publikation ist allein der Weltfriedensdienst e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht die Standpunkte von Engagement Global gGmbH, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wieder. Impressum Herausgeber: Weltfriedensdienst e. V. Am Borsigturm 9 | 13507 Berlin | Tel.: +49 30-253 990-0 | info@weltfriedensdienst.de | weltfriedensdienst.de | wasserraub.de Redaktion: Julika Botschek, Tim Bunke, Carola Gast, Florian Klassen, Katrin Steinitz, Kristin Strassenreuter, Helge Swars, Maren Voges, Stefanie Wurm (V.i.S.d.P.) Lektorat: Florian Schubert | Grafik-Design: Andreas Langner | Druck: Spree Druck Berlin GmbH, gedruckt auf Recycling Papier Bildnachweis: Titel: Tim Bunke, S. 2: Julious Piti, Ridvan Yumlu, WFD-Archiv/MI-PAREC, S. 3 bis S. 6 Tim Bunke, S. 7: Tama66 (CC0 1.0), Kristin Stressenreuter, S. 8: Ulli Westermann, Ridvan Yumlu, S. 9: Geralt (CC0 1.0), S. 10: Anne Schlüter, S. 11: Almudena Carracedo, Frank Wecker, S. 12: Helge Swars, Sasint (CC0 1.0), Janett Gareis


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