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QUALITÄTSSTANDARD FÜR „GREEN BONDS“: DER EU GREEN BOND STANDARD

Bis Ende März 2023 wurden laut ICMA (International Capital Market Association) nachhaltige Anleihen im Umfang von rund 223 Mrd. USD begeben. Bis Jahresende könnte das Rekordemissionsvolumen nachhaltiger Anleihen aus dem Jahr 2021 eingestellt werden. Die Zielsetzung ist klar: Die Einführung eines freiwilligen „Goldstandards“ soll Investoren die Identifikation von ökologisch nachhaltigen Investitionen erleichtern und „Greenwashing“ verhindern. Wird sich der EU Green Bond Standard etablieren können?

Wann ist eine Anleihe „europäisch und grün“?

Die Bezeichnung „Europäische Grüne Anleihe“ bzw. „European Green Bond“, kurz „EuGB“, soll nur für Anleihen verwendet werden dürfen, die über ihre gesamte Laufzeit den Maßstab der Verordnung erfüllen. Um die Bezeichnung „EuGB“ verwenden zu können, muss ein Prospekt gemäß Prospektverordnung veröffentlicht werden; somit müssen EuGB öffentlich angeboten werden oder an einem geregelten Markt notieren. Die EU setzt dabei auf drei Säulen: Erlösverwendung, Transparenz und externe Kontrolle.

Verwendung der Erlöse

Die Verordnung erlaubt eine Verwendung der Emissionserlöse für Anlagegüter, Investitionsausgaben, Betriebsausgaben und finanzielle

Vermögenswerte, sofern diese sowohl einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der Umweltziele der Taxonomie-Verordnung (u.a. Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel) leisten, als auch deren detaillierte technischen Bewertungskriterien erfüllen. Für Investitionen in Sektoren, für welche erst Bewertungskriterien im Rahmen der EU-Taxonomie geschaffen werden müssen, wurde ein Flexibilitätsrahmen von 15 Prozent des Emissionsvolumens vorgesehen. Dieser Zugang ist aus Sicht des EU-Gesetzgebers nachvollziehbar, für global tätige Unternehmen aber mit Herausforderungen verbunden.

Standardisierte Offenlegungspflichten Emittenten sind verpflichtet, ein Factsheet zur Anleihe zu veröffentlichen und einer externen Bewertung durch einen unabhängigen Prüfer zu unterziehen. Zudem müssen Jahresberichte über die Erlösverwendung aufbereitet und auch diese wiederum extern überprüft werden. Letztlich sind die erreichten positiven Umweltauswirkungen nach vollständiger Verwendung der Erlöse in einem „Impact Report“ festzuhalten.

Aufsicht über externe Bewerter Für externe Prüfer wird ein Zulassungssystem und Corporate-Governance-Regeln festgelegt, um die Qualität der Prüfung sicherzu- stellen. Die Verordnung enthält zudem detaillierte Anforderungen an die Durchführung der Prüfprozesse. Bei Verstößen durch externe Prüfer werden Aufsichtsbehörden Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Um Greenwashing zu unterbinden, sind ebenso weitreichende Sanktionen gegen Emittenten vorgesehen. Diese reichen von „Naming and Shaming“, über umsatzbezogene Geldstrafen bis zum Aussetzen vom Handel bzw. der Nichtzulassung des Instruments an der Börse. www.freshfields.com

EU-Standard als Selbstläufer?

Die Verordnung muss noch im Rat und Parlament beschlossen werden, was für den Herbst erwartet wird. 12 Monate später soll sie in Kraft treten. Der vorläufige Text der Verordnung anerkennt, dass sich anhand der ICMA Green bzw. Social Bond Prinzipien ein Marktsegment etabliert hat: Im Gegensatz zum ursprünglichen Kommissionsentwurf sieht der nunmehr veröffentlichte Entwurf eine Opt-in-Möglichkeit für Emittenten bereits ausgegebener Sustainability-Linked Bonds oder Green bzw. Social Bonds vor: Diese können die Offenlegungspflichten des EUStandards anwenden und damit das EU-Label führen, unterstellen sich damit aber auch der Aufsicht durch die nationalen Aufsichtsbehörden.

Abzuwarten bleibt freilich, ob und zu welchen ökonomischen Konditionen sich Instrumente unter dem EuGB-Standard durchsetzen werden können.

Angelika Kramer Finanzjournalistin „Börsianer“

Liebe Börsianer!

Mit dem neuen Rechtsguide wollen wir Ihnen einen Überblick über Entwicklungen am Markt liefern.

Wer sich Hoffnungen darauf gemacht hat, dass die Regulierungswelle abebbt, muss diese spätestens mit der jüngsten Bankenkrise begraben. Mit dem „Regulierungsradar“ (Seite 54) zeigen wir Ihnen, welche Gesetze in den nächsten Monaten auf Sie zukommen. Auch in anderen Bereichen wagen wir einen Blick in die Zukunft. Das Thema künstliche Intelligenz (KI) ist allgegenwärtig und hat nun die Rechtsbranche voll erfasst. Vielleicht ist die technologische Entwicklung noch nicht so weit, dass Roboter Urteile fällen und bedenkenlos in der Rechtsberatung eingesetzt werden können, aber viele Anwaltskanzleien wagen ihre ersten Schritte mit der KI, und eine Börsianer-Umfrage (Seite 62) zeigt, dass weitere Schritte folgen werden.

Während die Rechtsanwälte das Thema KI mit etwas Skepsis erwarten, haben vor allem die Strafrechtsexperten inzwischen alle Hände voll damit zu tun, ihre Mandanten durch langwierige Ermittlungen inklusive medialer Vorverurteilungen zu führen. Die nun bald flächendeckend eingesetzten Whistleblowing-Systeme führen dazu, dass die Zahl der Ermittlungen zunimmt. Klar ist, wenn einmal der Ermittler vor der Tür steht, braucht man die Hilfe eines Anwalts. Was Verdächtige oder Beschuldigte aber selbst dazu tun können, um möglichst ungeschoren aus so einer Situation herauszukommen, lesen Sie auf Seite 66.

Über die Arbeit von Österreichs mächtigsten Rechtsanwälten in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen können Sie sich ebenso informieren wie über den langjährigen OMVCompliance-Chef Robert Eichler (Seite 58), der unter CEO Alfred Stern seinen Hut nehmen musste und nun mit einer eigenen Anwaltskanzlei neu durchstarten will.

Viel Spaß beim Lesen! Ach ja, das Börsianer Journal Recht kann man auch sehr gut am Strand lesen!

Ihre Angelika Kramer

Leitung Börsianer Journal Recht a.kramer@derboersianer.com

„Durch die zwei Linien der Berichte an CEO und Aufsichtsrat ergaben sich häufig Spannungen.“

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Inhalt Börsianer Journal

54 Regulierungsradar

Die wichtigsten neuen Gesetze für die Finanzbranche

58 Porträt

Ex-OMV-Compliance-Chef Robert Eichler

62 Umfrage Was KI für Anwälte bedeutet

66 Tipps für Manager Was tun, wenn man ins Visier der Ermittler kommt

69 Aufsichtsräte Der Anwalt als Kontrollor

72 Zahlen, Daten, Fakten Wer ist der Branchenprimus?

74 Events der Branche Im Rausch der Sinne

Kassa klingelt. Die Gesetzesvorhaben der EU-Kommission kommen nicht überall gut an, die Anwälte sind deshalb aber gut im Geschäft.

Für den Finanzmarkt bleibt die rechtliche Situation, Erleichterungen für Marktteilnehmer zu schaffen, unübersichtlich. Vor allem bedingt durch Bestrebungen der EU. Ein Ausblick auf den Dschungel der geplanten Gesetze.

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