ALMUT
HEISE
Galerie Michael Haas
ALMUT
HEISE
Galerie Michael Haas
DIE WANDERIN ÜBER DEM NEBELMEER k
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Das Œuvre der Malerin Almut Heise ist eine Heraus- genartigen Bildaufbau und der teilweisen kissachtung forderung. perspektivischer Gesetze, sowie dem Verschmelzen von Ihre realistischen, mit viel Hingabe und Akribie Vorder- und Hintergrund zugunsten einer Flächigkeit entstandenen Gemälde und Papierarbeiten, die sie seit bemerkbar macht »Doppelportrait«, »Wohnzimmer mit über vier Dekaden erschafft, lassen den Betrachter nie Mann«. kalt. Anachronistisch und zeitlos zugleich entziehen sie Thematisch erinnert die minutiös abgebildete Warensich geschickt jeglicher Einordnung und werfen so stets ästhetik der 50er Jahre an den von Gerhard Richter, neue Fragen auf. Sigmar Polke und Konrad Lueg propagierten KapitalisAlmut Heise hat es sich nie einfach gemacht und tischen Realismus, dessen Manifestation auf eine Aktion ihre Grenzen derart mutig ausgelotet, bis alles zu unter dem Motto ›Leben mit Pop‹ zurückging, die kippen drohte. So ist es zu erklären, dass die Malerin, 1963 in einem Düsseldorfer Möbelhaus stattfand. Ziel die Mitte der 60er Jahre bereits zu Studienzeiten mit des Kapitalistischen Realismus, der Begriff wurde als ihren riesigen Interieur-Bildern »Schlafzimmer I« oder Analogon zum Sozialistischen Realismus gewählt, war »Großes Wohnzimmer« eine weitreichende Berühmt- die ironische Enttarnung des konsumorientierten und heit erlangt hatte, über Nacht beschloss, dieses erfolgs- oberflächlichen kapitalistischen qystems der lachbringende Sujet gänzlich aufzugeben, um sich fortan kriegszeit. fast ausschließlich der Portraitmalerei zu verschreiben. Werden Heises frühe Interieurs in der damaligen Ebenso gelassen negierte sie später die zahlreichen wie heutigen Rezeption oft als ironische Kommentare Portrait-Anfragen verschiedenster Interessenten und gelesen, die den schlechten Geschmack jener Nierenentschied sich schließlich für eine allgemeingültigere, tisch-Generation belächeln, so ist hier ein entscheidenuniversellere Form dieser Gattung. Heise handelt stets der Punkt außer Acht gelassen worden: Es ist vielmehr in eigenem Auftrag. das ›Wie‹ als das ›Was‹ von Interesse. Die virtuos in renaissancehafter, zwingender Manier gemalte Ornamen»Just What Is It That Makes Today’s Homes So Different, So tik der zahlreichen Tapeten, Sofabezüge, Decken, Kissen Appealing?« lautet der Titel der berühmten Collage des und Lampenschirme fungieren hier als ›Krücken‹. britischen Künstlers Richard Hamilton aus dem Jahr Sie sind eine Ode an die gegenständliche Malerei, die 1956, die als Fanal der Pop Art in die Kunstgeschichte trotz vieler Details nicht narrativ ist. Keiner der Pop Art eingegangen ist. »Just What Is It That Makes Today’s iünstler, die häufig zuvor als nlakatmaler ihr eeld verHomes So Normal, So Monotonous?« müsste es bei der dienten, hätte mit dieser Geduld und Genauigkeit die Betrachtung der ab Mitte der 60er Jahre entstandenen unzähligen Details ausgeführt. Polke oder Lueg haben Interieurs von Almut Heise heißen, die bei den eng- die Tapete und den Stoff nicht gemalt, sondern direkt lischen Pop Art Größen Allen Jones, Peter Phillips, David auf die Leinwand appliziert. In einem Interview im Jahr Hockney und Peter Blake Malerei studierte. 1984 formulierte die Künstlerin ihr Anliegen wie folgt: Sind es die stets gleichen designerlosen Cocktailsessel, Fernsehaltäre und Schlafzimmergarnituren aus »Sicherlich sind meine Bilder ein Protest gegen den Verfall dem Versandhauskatalog der Nachkriegszeit, die nichts von Traditionen, aber sie sind auch voller Verständnis für von der extravaganten Eleganz und dem Esprit italieni- die Menschen und die Dinge, mit denen sie sich umgeben. scher und französischer Möbelstücke jener Zeit aufwei- (…) Die Art, wie ich male, ist sicher auch ein Vorwand für sen? Sind es die Kandinsky-Reproduktionen über dem die Formen, in denen ich meinen persönlichen Stil gefunDoppelbett, deren abstrakte Farb- und Formensprache den habe.« sich direkt im Muster der Wandtapeten fortsetzt? Ist es die immergrüne ropfpflanze qansevieria, die auch mit Heises Protest manifestiert sich vor allem darin, dass einem Mindestmaß an Licht und Wasser überlebt? sie Ende der 60er an das traditionelle Medium ›Malerei‹ Die Versuchung ist groß, Heises frühe Interieurs als glaubt. Ihr gemalter Objektfetischismus rückt sie eher bundesdeutsche Variante der Pop Art zu werten, die in die Nähe von Konrad Klaphecks ›Maschinenportraits‹ sich, anders als ihre englischen, amerikanischen und als in die von Claes Oldenburg und seiner Installation französischen Vorbilder, weniger selbstsicher, plakativ »Bedroom Ensemble I« (1963), bei dem er ein Schlafzimund konsumbejahend darstellt. Und es gibt sie, die Nähe mer nachgebaut hat und dessen Textilien ebenso wild zur Pop Art ihrer Lehrer, die sich vor allem in dem colla- gemustert sind wie jene in Heises Schlafzimmer-Stücken.
Analysiert man Heises kühlen, anonymen Farbauftrag, der keinerlei Pinselduktus verrät, drängt sich der Vergleich mit Henri Rousseau und dessen Magischen Realismus auf. Treten in ihrem Frühwerk vereinzelt schemenhafte, »blutleere« Stereotypen auf, die von derselben Dinghaftigkeit gekennzeichnet sind wie das Bambusgeländer mit den (ängetopfpflanzen – so besticht die bame in »Häuslicher Szene« lediglich in der modellierten Beinpartie durch Inkarnat, erfährt das Werk Heises um 1975 schließlich eine deutliche Zäsur. Die Aufmerksamkeit wird weg von der häuslichen Umgebung und ihrer Dingwelt hin zur menschlichen Person gelenkt. Ihre Akteure haben jetzt einen Namen, wie die Titel »Manfred« oder »Beate« verlauten, und sie sind anhand von Fotos in hyperrealistischer Manier gemalt. Es betreten Individuen mit charakterisierenden Merkmalen die Bühne, die allesamt aus dem engeren Umkreis der Künstlerin entstammen, wie der Bildhauer Edgar Augustin »Edgar A«, dem sie als Attribut eine seiner Skulpturen zur Seite stellt. Trotz des persönlichen Bezugs wirken Heises entrückte Portraits nie privat. Man studiert sie mit der gleichen Faszination wie ein Portrait des Renaissance-Meisters Paolo Uccello, des Romantikers Johann Friedrich Overbecks oder von Christian Schad, dem Mitbegründer der Neuen Sachlichkeit, dessen dargestellte Figuren in Haltung und Gestus große Parallelen jenen Heises aufweisen. Ab den 90er Jahren bis heute verlagert Almut Heise ihre Schauplätze zunehmend vom privaten in den entpersonalisierten öffentlichen Raum: ihre auffallend vielen weiblichen nrotagonistinnen befinden sich nun in Restaurants, öffentlichen Toilettenräumen, in Galerien oder Museen. Die charakteristischen Merkmale, welche ihre Figuren der späten 70er und 80er Jahre auszeichnen, sind zu Gunsten eines sehr homogenen, adretten Frauentyps verschwunden. Wiederholt sind diese Frauen in Rückenansicht dargestellt. Dieser gesteigerte Einsatz einer lenkenden ›Repoussoir-Figur‹ erinnert unweigerlich an den Bildaufbau von aaspar David Friedrich, dessen berühmtes Gemälde »Der Wanderer über dem Nebelmeer« direkt als ›Bild-im-Bild‹ in »Museumsszene III« erscheint. (eises pückenfigur ist ähnlich versunken in den Anblick des Gemäldes wie der uanderer von a. b. driedrich bei der
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Betrachtung des Naturschauspiels. In ihrer Isolation ist man dazu geneigt, in Heises Figur so etwas wie Melancholie zu spüren. So überrascht es nicht, dass in dem Werk »Rückenansicht« der kennzeichnende Ausschnitt des ›spielenden Mädchens mit dem Schlagschatten‹ von Giorgio De Chiricos metaphysischen Gemälde »Geheimnis und Melancholie einer Straße« als Detail erscheint. Ist man nach dieser Deklination wichtiger Stile und deren Vertreter nun dazu geneigt zu denken, der Kern von Heises mysteriösem Werk läge bei der Pittura Metafisica, so ist man der Künstlerin auf den Leim gegangen. Bei Almut (eises Arbeiten findet, im eegensatz zu den vielen anderen Künstlern ihrer Generation, die sich in den letzten Jahrzehnten mit der traditionellen Gattung Portrait beschäftigten, keine Untersuchung formaler dragen statt wie dem bialog von kalerei und dotografie oder der Position der Figur im abstrakten Bildraum. Vielleicht sind ihre Arbeiten gerade deshalb so eine Herausforderung, da ihre Anfänge in der reaktionären ›wilden‹ Zeit um 1968 liegen, sie sich aber bewusst nicht formalen Fragen aussetzen will. Heises Werke müssen, dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Interieurs oder Portraits handelt, als konzeptuelle Malerei gewertet werden, auch wenn man dies, getarnt hinter der Fassade jener klassischen Genres, zunächst nicht vermuten würde. »(…) Ich möchte Gegenstände malen und mit Gegenständen und Zitaten hantieren wie andere Leute mit Farben und Formen. Roman Polanski hat einmal gesagt, er möchte das Unmögliche mit äußerstem Realismus darstellen. Diesen Satz finde ich schlüssig, und er trifft etwa das, was mich beim Malen interessiert.« bie iünstlerin reflektiert und interpretiert in ihrem Werk äußerst geschickt den Blick so unterschiedlicher iünstler wie iandinsky, be ahirico, a. b. driedrich et alteri, ohne jedoch dabei in die Falle der Narration oder der ›Imitatio‹ zu tappen. Für den geübten Betrachter ist es eine wahre Freude, die vielen Anspielungen und Zitate zu entschlüsseln. Es ist der Diskurs und das Wesen der ›Peinture‹, die Almut Heise reizen, wenn sie die Ansichten jener geschätzten Künstlerkollegen in eine eigene, allgemeingültige Bildsprache übersetzt. Hierbei interessiert Heise vor allem eines: das Erlebnis gegenständlicher Malerei.
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Öl auf Hartfaser × cm
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/ Öl auf Leinwand auf Sperrholz × , cm
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Bleistift, Farbstift, Plaka, Collage auf Papier × cm
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Farbstift, Plaka, Collage auf Papier , × , cm
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Gouache, Acryl auf Papier , × , cm
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Farbstift, Aquarell, Gouache auf Papier , × , cm
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Farbstift, Plaka auf Papier , × cm
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Gouache auf Papier , × , cm
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Gouache und Collage auf Papier , × cm
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Aquarell, Gouache, Farbstift, Collage auf Papier , × , cm
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ALMUT HEISE 1944 – – – – –
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1975 1988 1994 1998
REINHARD VOIGT *
Berlin – lebt in ped (ook, lew York Almut im grünen Kleid, Öl auf Leinwand × cm
geboren in Celle qtaatliche (ochschule für iunst- und uerkerziehung kainz qtaatliche (ochschule für bildende iünste (amburg poyal aollege of Art London, qtipendium des bAAb Edwin-Scharff-Preis Hamburg qtipendium tilla kassimo pom nrofessur an der dachhochschule (amburg, dachbereich eestaltung Ordentliches Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg iunstpreis dinkenwerder der Airbus emb( lebt in Hamburg c
Galerie Hauptmann, Hamburg ealerie leuendorf, (amburg/ealerie pudolf Zwirner, iöln: » (amburger iünstler« Staatliche Kunsthalle Baden-Baden: »14 mal 14« Staatliche Kunsthalle Baden-Baden Württembergischer Kunstverein Stuttgart Galerie Hauptmann, Hamburg Kunsthaus Hamburg Galerie Christian Zwang, Hamburg iunstverein dreiburg/Breisgau Galerie Christian Zwang, Hamburg Galerie Schlichtenmaier, Grafenau (andelskammer (amburg iunsthandel uolfgang uerner, Berlin ealerie qchlichtenmaier, erafenau ealerie arone, Andreas msarek, Berlin Lippische eesellschaft für iunst, qchloss betmold Kunsthandel Wolfgang Werner, Bremen ealerie arone, Andreas msarek, Berlin ealerie ahristian Zwang, (amburg ealerie (aas, Zürich ealerie kichael (aas, Berlin
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// Text Marie-Catherine Vogt // Redaktion Janna Oltmanns // Fotos Lea Gryze // Gestaltung elfzwei // Auflage .
// Ausstellung
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Galerie Michael Haas