Programmheft »La Fille du régiment«

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LA FILLE DU RÉGIMENT → Opéra comique in zwei Akten Musik Gaetano Donizetti Text Jules-Henri Vernoy Marquis de Saint-Georges und Jean-François Alfred Bayard

Orchesterbesetzung 2 Piccoloflöten, 2 Flöten, 2 Oboen, 1 Englischhorn, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Schlagwerk, Violine I, Violine II, Viola, Violoncello, Kontrabass; Bühnenmusik 1 Horn, 1 Kornett, Militärmusik Spieldauer 2 Stunden 45 Minuten (inkl. 1 Pause) Autograph Verbleib unbekannt Uraufführung der 1. Fassung 11. Februar 1840, Paris, Opéra Comique, Salle Nouveautés Uraufführung der 2. Fassung 3. Oktober 1840, Mailand, Teatro alla Scala Erstaufführung an der Wiener Hofoper 2. April 1876




DIE HANDLUNG 1. Akt – Die Tiroler Berge Die Marquise de Berkenfield und ihr Verwalter Hortensius werden am Tag ihrer Flucht nach Österreich von der Ankunft eines französischen Regiments überrascht. Die Marquise findet sich plötzlich inmitten von Dorfbewohnern wieder: Die Männer tragen Waffen, die Frauen beten zur Jungfrau. Vielleicht als Antwort auf das Gebet, ziehen sich die Franzosen zur Erleichterung der Marquise zurück (Pour une femme de mon nom). Sie kann sich zur Ruhe begeben. Allein geblieben, trifft Hortensius auf Sulpice, einen Sergeant des 21. Regiments. Obwohl sich Hortensius durch seine Angst verdächtig macht, erhält er für sich und seine Herrin einen Passierschein. Sulpice wird von der jungen Marie aufgesucht, die fünfzehn Jahre zuvor als Kind auf einem Schlachtfeld gefunden worden war (Au bruit de la guerre, j’ai reçu le jour). Sie ist vom gesamten 21. Regiment als Tochter adoptiert worden (Mon régiment, j’en suis fière vraiment) und zieht seither als Marketenderin mit den Soldaten mit (Nommée à l’unanimité). Seit einiger Zeit trifft sie sich mit dem Tiroler Partisanen Tonio, zu dem sie in Liebe entbrannt ist. Als Sulpice Marie wenig erfreut mitteilt, dass sie bei diesen Treffen gesehen worden ist, beruhigt sie Sulpice mit dem Hinweis, den jungen Mann in Zukunft nicht mehr treffen zu wollen. Da wird Tonio als Gefangener der Truppe hereingeführt (C’est un traître, qu’il périsse). Er hatte sein Leben riskiert, um Marie zu treffen. Um ihn zu retten, teilt Marie den Soldaten mit, dass Tonio sie einst gerettet hatte, als sie beim Blumenpflücken von einem Felsen zu stürzen drohte (Quoi! La mort à celui qui me sauva la vie!). Auf diese Nachricht hin stoßen die Soldaten mit ihrem neuen Freund, dem Retter Maries, an. Marie singt das Regimentslied (Il est là, morbleu, le beau Vingt-et-unième). Das Regiment bricht gemeinsam mit Tonio auf, doch ihm gelingt es unbemerkt zu fliehen und zu Marie zurückzukehren (Quoi! Vous m’aimez?). Sulpice überrascht die beiden. Marie muss Tonio mitteilen, dass sie nur einen Soldaten des 21. Regiments heiraten darf. Dieser denkt aber nicht daran aufzugeben. Sulpice genehmigt der Marquise de Berkenfield einen Begleitschutz, der sie sicher auf ihr Schloss bringen soll. Als die Marquise ihren Namen nennt, erinnert sich Sulpice genau, diesen Namen bereits in einem Brief gelesen zu haben, den er vor fünfzehn Jahren am Schlachtfeld in der Nähe der jungen Marie gefunden hatte. Nun stellt sich heraus, dass die Marquise die Tante DIE H A N DLU NG

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der Regimentstochter ist. Vom Benehmen Maries entsetzt, beschließt die Marquise, ihre Nichte auf ihr Schloss mitzunehmen, um ihr eine standesgemäße Erziehung angedeihen zu lassen. Unglücklicherweise hat sich Tonio in eben diesem Moment als Soldat anwerben lassen (Ah! Mes amis, quel jour de fête!). Nun könnte er Marie heiraten, doch diese muss nun beide verlassen – den geliebten Mann und ihr Regiment (Il faut partir).

2. Akt – Das Schloss Berkenfield Die Marquise ist daheim auf ihrem Schloss, wo sie gerade eine vorteilhafte Heirat Maries mit dem Herzog Scipion de Crakentorp eingefädelt hat. Auch Sulpice, der mithelfen soll, Marie umzuerziehen, ist auf dem Schloss. Zum Erziehungsprogramm gehört unter anderem eine musikalische Ausbildung, und so soll Marie die Arie eines italienischen Komponisten singen (Le jour naissait dans le bocage). Sulpice verleitet Marie jedoch, sich bewusst daneben zu benehmen (Rataplan, c’est le refrain du régiment). Diese vermengt in ihrem Vortrag die Arie mit militärischen Liedern. Die Marquise verliert die Geduld, Marie fühlt sich elend (Sous les bijoux et la dentelle, je cache un chagrin sans espoir). Plötzlich dringt das gesamte Regiment gemeinsam mit Tonio in das Schloss ein (C’est elle, notre fille!). Die Soldaten nehmen Hortensius in Gewahrsam, während Tonio und Sulpice Marie aufsuchen (Tous les trois réunis). Tonio bittet die Marquise um die Hand Maries (Pour me rapprocher de Marie). Als diese die Einwilligung versagt, deckt Tonio auf, was er von seinem Onkel erfahren hat: Dass die Marquise nicht Maries Tante ist und er deshalb bereit ist, die junge Frau zu entführen. Mit Sulpice alleingelassen, gesteht die Marquise die Wahrheit: Sie selbst wäre die Mutter Maries und der Vater des Mädchens ein gewisser Hauptmann Robert. Aus Angst, dass ihre nicht standesgemäße Beziehung aufgedeckt werden könnte, hatte sie das Mädchen zurückgelassen. Die Gäste, die zur Unterzeichnung des Ehevertrags eingeladen wurden, erscheinen. Marie weigert sich, ihr Zimmer zu verlassen. Die Marquise ist am Ende ihrer Weisheit, und die imposante Herzogin de Crakentorp beginnt ungeduldig zu werden. Da teilt Sulpice Marie das Geheimnis ihrer Geburt mit, worauf diese sich nicht länger widersetzen kann. Nun verlässt Marie ihr Zimmer und ist bereit, den Ehevertrag zu unterzeichen, als plötzlich Tonio und die Soldaten hereinstürmen (Au secours de notre fille, nous accourons tous ici). Die Gäste sind entsetzt, als sie erfahren, dass das junge Mädchen eine Marketenderin gewesen ist (Une Fille de régiment), ändern aber ihre Meinung, da sie die Gefühle Maries erkennen (Au fait, elle est charmante!). Die Marquise, die ihre Tochter nicht opfern möchte, akzeptiert die Heirat mit Tonio. Jeder stimmt in den Abschlusschor Salut à la France ein. 5

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SYNOPSIS Act I – The Tyrolean mountains The Marquise de Berkenfield and her steward Hortensius have been surprised by the advance of French troops on the very day when they were preparing to flee to Austria. The Marquise finds herself in among a crowd of villagers. The men are armed, while the women pray to the Virgin (Sainte Madone). Possibly in answer to their prayers, the French retreat from the mountain, to the relief of the Marquise, who was stricken with fear (Pour une femme de mon nom). She goes off to rest. Left alone, Hortensius finds himself facing Sulpice, sergeant in the 21st Regiment. Although petrified, the steward obtains a pass for himself and his mistress. Sulpice is joined by Marie, the daughter the regiment adopted after finding her on a battlefield 15 years before (Au bruit de la guerre, j’ai reçu le jour). The whole regiment acts as her father (Mon régiment, j’en suis fière vraiment), and recently, Marie has become their mess-girl (Nommée à l’unanimité). But for some time Marie has been seeing a Tyrolean partisan, Tonio, and Sulpice is by no means in favour of this new attachment of his daughter’s. Marie is in love, but disheartened, and she and Tonio have decided never to see one another again. However, the whole regiment enters, bringing the Tyrolean, who has risked his life to come and join Marie (C’est un traître, qu’il périsse). Marie steps in to save Tonio, just as he saved her life when she was about to fall off a cliff while picking flowers (Quoi! la mort à celui qui me sauva la vie!). Tonio toasts his new friends, and Marie sings the regimental song (Il est là, morbleu, le beau Vingt-et-unième). The regiment goes out, taking Tonio with them, but he quickly escapes and comes back to Marie (Quoi! vous m’aimez?). Sulpice surprises them, and Marie has to tell Tonio that she can only marry a soldier from the 21st. Tonio is not going to give up. Sulpice agrees to the Marquise de Berkenfield’s request for an escort to take her to her castle. But Sulpice recognizes the name Berkenfield from the letter found near the young Marie on the battlefield. It emerges that the Marquise is the mess-girl’s aunt. Shocked by Marie’s manners, the Marquise decides to take her niece off to her castle to give her a proper education. By a stroke of bad luck, Tonio has only just signed up with the French (Ah! mes amis, quel jour de fête!). The regiment agrees to let him marry Marie, but she has to leave both the man she loves and her regiment (Il faut partir). SY NOPSIS

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Act II – The Berkenfield’s Castle The Marquise de Berkenfield is at home in her castle, where she has just completed arrangements for an advantageous marriage between Marie and Duke Scipion de Crakentorp. Sulpice is also at the castle. He is supposed to be helping the Marquise with her plans for Marie’s re-education. Music is part of the curriculum, and today Marie has to sing a song by an Italian composer (Le jour naissait dans le bocage). But Sulpice goads Marie into misbehaving (Rataplan, c’est le refrain du régiment). The military and salon songs get mixed up: the Marquise loses her temper, and Marie is miserable. (Sous les bijoux et la dentelle, je cache un chagrin sans espoir). Suddenly the whole regiment, together with Tonio, bursts into the castle (C’est elle, notre fille!). The soldiers carry off Hortensius, while Tonio and Sulpice remain behind with Marie (Tous les trois réunis). Tonio asks the Marquise for Marie’s hand in marriage (Pour me rapprocher de Marie). When she refuses, Tonio decides to reveal what he has discovered from his uncle – that the Marquise is not Marie’s aunt – and he considers abducting the young woman. Alone with Sulpice, the Marquise confesses the truth. She is Marie’s mother, and the girl’s father was a soldier, Captain Robert. Afraid of revealing a liaison that was beneath her, she abandoned her child. The guests arrive to see the marriage contract signed. Marie refuses to leave her room. The Marquise is at her wits’ end, and the formidable Duchess de Crakentorp is already growing impatient. Then it occurs to Sulpice to tell Marie the secret of her birth, after which she will no longer be able to refuse. Marie does indeed leave her room, and is ready to sign when, suddenly, all the soldiers, led by Tonio, come crashing in (Au secours de notre fille, nous accourons tous ici). The guests are aghast at the news that the young woman was a mess-girl (Une Fille de régiment), but change their opinion when they hear how Marie feels (Au fait, elle est charmante!). The Marquise has no desire to sacrifice her daughter, and agrees to her marriage to Tonio. Everyone sings a final chorus of Salut à la France.

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SY NOPSIS


ÜBER DIESES PROGRAMMBUCH

Wie für viele seiner Kollegen war auch für Gaetano Donizetti die damalige Musik-Welthauptstadt Paris zunächst ersehntes Ziel und später eines der wichtigsten Betätigungsfelder. Die erste Oper, die er für die Seine-Metropole gleich auf Französisch schrieb – die musikalische Komödie La Fille du régiment –, kam am 11. Februar 1840 an der Opéra Comique heraus. Einen Überblick über die Entstehungsgeschichte des Werkes gibt Gerhard Kramer ab Seite 16, Roberto Scoccimarro beschreibt ab Seite 22, wie sich der Komponist der französischen Opernwelt annäherte. Die aktuelle, international höchst erfolgreiche Produktion von La Fille du régiment kam 2007 an der Wiener Staatsoper heraus und zählt zu den zentralen Arbeiten des Regisseurs Laurent Pelly, der ab Seite 10 seinen inszenatorischen Zugang erläutert. Über Donizettis Umgang mit verschiedenen Gattungen, den unterschiedlichen Theatern und Erwartungshaltungen schreibt Arnold Jacobshagen ab Seite 28 und zeigt den Komponisten als Mann des Theaters, der es verstand, den jeweiligen Anforderungen und Möglichkeiten zu entsprechen. Eine Verortung von La Fille du régiment in der politischen Landschaft ihrer Entstehungszeit nimmt Livio Marcaletti ab Seite 34 vor, inwiefern die Regimentstochter aus dem männlichen Blickwinkel des Komponisten und der Librettisten geschrieben wurde, analysiert Judith Staudinger ab Seite 42. Andreas Láng setzt sich ab Seite 48 mit der Frage auseinander, warum das Publikum sich gerne von Spitzentönen bannen lässt und der Soziologe Roland Girtler beschreibt ab Seite 62 das Wesen der Marketenderin. Ü BER DIE SE S PROGR A M MBUCH

→ KS Juan Diego Flórez als Tonio, 2013

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KRIEGEN SICH DIE BEIDEN, ODER DOCH NICHT? Der Regisseur Laurent Pelly im Gespräch

Donizettis Fille du régiment gehört zur Gattung der Opéra comique, einem Typus, dem auch Massenets tragisch endende Manon zuzurechnen ist. Heißt comique also nicht komisch? Die Regimentstochter ist doch eine heitere Oper. Es kommt tatsächlich darauf an, wie man das Wort comique verstehen will. Auch Donizettis Fille du régiment ist ja nicht zwingendermaßen durchgehend witzig. Ich würde dieses Werk eher als die Geschichte eines sentimentalen Abenteuers bezeichnen. Es gibt natürlich Tendenzen zum Witzigen – die Figuren der Marquise de Berkenfield oder die des Sulpice sind vorrangig bizarre, komische Gestalten. Und auch die beiden Hauptpartien, also Marie und Tonio, haben ihre lustigen Seiten. Dennoch geht es bei der Regimentstochter insgesamt nicht – wie bei manchen Offenbach-Stücken – um bloße schenkelklopferische Unterhaltung, also ums Lachen um des Lachens willen. Ich sehe das Stück vielmehr in der Tradition des französischen Melodrams im 19. Jahrhundert. Man muss also die richtige Balance finden zwischen Humor und Emotion. LAURENT PELLY

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Es ist mit anderen Worten auch ein Rührstück? In gewissem Sinne schon – nur klingt Rührstück zu abwertend. Donizetti wollte das Publikum erreichen und auch die Gefühlsebene nicht zu kurz kommen lassen. Die große Arie der Marie am Ende des ersten Aktes zum Beispiel ist mit der berühmten Arie der Titelheldin in Lucia di Lammermoor verwandt und genauso berührend. Auch den großen Auftritt des Tonio muss man ernst nehmen und daher fein, sensibel gestalten. Darüber hinaus gibt es übrigens immer wieder auch noch das Moment der Spannung: kriegen sich die beiden, oder doch nicht? PELLY

Eine andere Eigenart der Opéra comique besteht darin, zwischen den Musiknummern gesprochene Textpassagen einzufügen. Ist das im vorliegenden Fall bei einem großteils nichtfranzösischen Publikum nicht ein Handicap? Ich hatte zuerst tatsächlich etwas Angst vor diesen Dialogen. Andererseits existieren in allen drei Opernhäusern, in denen die Produktion gezeigt wird – also an der Wiener Staatsoper, in Covent Garden und an der Met –, Übertitelungsmöglichkeiten, auf die habe ich vertraut. In London, wo wir die Inszenierung zuerst gezeigt haben, hat es auf Anhieb wunderbar geklappt. Sogar noch besser, als ich zu hoffen gewagt habe. Das Publikum hat jeweils so reagiert, als ob es jedes Wort verstanden hätte. Das hat sicher auch damit zu tun, dass wir die ursprünglich kilometerlangen Dialoge auf ein sinnvolles Maß zurechtgestutzt haben, so dass sie jetzt kompakter und präziser sind. Außerdem sind die Inszenierung und die Texte aufeinander abgestimmt – es bleibt also genug Zeit, das Gesprochene nachzulesen. PELLY

Fille du régiment spielt eigentlich in der Zeit der Napoleonischen Kriege. Das ist bei der aktuellen Produktion nicht der Fall. Ich hatte keine Lust, die Handlung in der Originalzeit anzusiedeln. Wir dürfen nicht vergessen, dass in dem Stück ein militärisch-patriotischer Aspekt vorhanden ist, der in der Entstehungszeit zumindest unproblematisch war. Heute ist das alles anders. Diesen HurraPatriotismus zum Beispiel im Salut à la France-Abschlusschor kann man heute einfach nicht unkommentiert auf die Bühne stellen. Gerade diese Hurra-Stimmung steht in einem direkten Verwandtschaftsverhältnis zu den heute jedermann bekannten Bildern der jubelnden Soldaten, die mit der Rose im Gewehrlauf 1914 an die Front gezogen und dann dem Gemetzel zum Opfer gefallen sind. Es war also naheliegend, die Handlung der Regimentstochter in die Zeit des Ersten Weltkriegs zu verlegen, um auf dieser Basis diese Kriegs- und Nationaleuphorie bloßzustellen beziehungsweise PELLY

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zu karikieren. Eigentlich wollte ich anfangs sogar den positiven Ausgang der Geschichte hinterfragen und in der Schlussszene alle handelnden Personen durch eine Bombenexplosion sterben lassen. Das zweifellos starke Bild hätte aber meiner Meinung nach die Maschinerie des Stücks, die nun einmal auf einen glücklichen Ausgang hin aufgebaut ist, ebenfalls getötet. Die Oper ist halt so geschrieben, dass sie mit einem Triumph endet, also habe ich am Schluss durch das Auftauchen eines gälischen Hahnes ein grotesk-verfremdendes Element eingebaut: Es endet eigentlich alles mit einem Hahnenschrei. Warum haben Donizetti und seine Librettisten gerade Tirol als Schauplatz der Handlung gewählt? Da wurden einfach bestimmte Klischees bedient. Die Alpen, die unverfälschte Natürlichkeit der Bewohner der Bergwelt. Natürlich spielt auch der historische Hintergrund der militärischen Auseinandersetzungen Frankreich – Tiroler Partisanen eine Rolle. Und wenn man will, kann man in den vielen hohen Cs des Tonio auch einen Hinweis auf das Jodeln in den Bergen sehen… PELLY

Hatte das französische Publikum mit der Figur des Tiroler Tonio gerade in diesem französisch-patriotischen Umfeld keine Probleme? Nein, überhaupt nicht. Tonio ist ja ein Sympathieträger à la Nemorino, eine durch und durch charmante Figur mit einer populären Arie, deren Melodie man noch Tage später im Ohr hat. Warum sollte man da ein Problem haben? PELLY

Im ersten Akt sehen die Tiroler Berge in dieser Produktion wie große Landkarten aus… Ja, die sollen im übertragenen Sinn die Militärkarten darstellen, dadurch wirken die Figuren, die sich auf diesen Karten bewegen, wie Zinnsoldaten. Diese imaginäre, ein bisschen verspielte Papierwelt zeigt eine Welt ohne Seriosität. Aber ist denn Krieg etwas Seriöses? PELLY

Wie schon erwähnt, ist die Produktion eine Koproduktion von drei unterschiedlichen Opernhäusern. Gibt es vom Inszenierungskonzept irgendwelche Unterschiede im Hinblick auf die jeweilige Aufführungsstätte? PELLY

Eigentlich nicht. Ich arbeite allerdings sehr intensiv mit den Sängern zusammen, wobei in London und an der Met die gleiR EGIS SEU R LAU R EN T PELLY IM GE SPR ÄCH

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che Besetzung zum Einsatz kam und Natalie Dessay und Juan Diego Flórez in allen drei Städten als Marie und Tonio zu erleben waren. Was die übrigen Figuren in Wien betrifft, so wurden einige Details an die neuen Persönlichkeiten angepasst. In London wurde zum Beispiel die Crakentorp von einer dem dortigen Publikum bekannten englischen Komikerin gegeben. Ihr bewusst englischer Akzent im Französischen ist sehr gut angekommen. Hier an der Wiener Staatsoper stand uns in der Premiere die wunderbare Montserrat Caballé zur Verfügung, eine Spanierin, das sind natürlich ganz andere Voraussetzungen. Ist es nicht besonders schwer, ein Stück wie die Regimentstochter zu inszenieren, das viele kennen und das seit der Uraufführung populär ist? Wichtig ist, dass nicht vergessen wird, wie sehr diese Oper von den Sängern der beiden Hauptpartien lebt. Wenn man es etwa nicht schafft, diese 150 Jahre alte Figur der Marie zu einer zeitgenössischen lebendigen Person mit ihren Zweifeln, Fragen und Widersprüchen zu machen, ist die Sache bereits verloren. In Covent Garden wurde die Produktion bejubelt wie angeblich keine andere in den letzten 25 Jahren – von diesem Erfolg geht sicher viel auf das Konto der Sänger, durch die die Magie des Theaters wieder einmal offenbar wird. PELLY

Das Interview führte Andreas Láng anlässlich der Premiere im Jahr 2007.

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Gerhard Kramer

EIN ITALIENER IN PARIS

»… eine echte Invasion…«


Am 16. Februar 1840 erschien im Pariser Journal des débats eine Rezension über Gaetano Donizettis neueste Oper La Fille du régiment, die wenige Tage zuvor, am 11. Februar 1840, in der Opéra Comique ihre Premiere erlebt hatte. Darin konnte man nach der Auflistung von Donizettis zahlreichen Pariser Opernplänen lesen: »Herr Donizetti scheint uns wie ein erobertes Land zu betrachten; es handelt sich um eine echte Invasion. Man kann nicht mehr von den Pariser Opernhäusern sprechen, sondern nur von den Opernhäusern des Herrn Donizetti.« Es war niemand Geringerer als der notorisch gallige Hector Berlioz, dessen Brust sich dieser – ganz offensichtlich neiderfüllte – Aufschrei entrungen hatte. Donizetti hatte ihm dafür allerdings genügend Anlass gegeben. Seit er am 21. Oktober 1838, aus Neapel kommend, in Paris eingetroffen war, hatte er sich förmlich in die Arbeit gestürzt: Am 27. Dezember desselben Jahres fand am Théâtre-Italien die Premiere einer modifizierten Version seines Roberto Devereux statt, drei Wochen später ebendort die triumphale Erstaufführung seines L’elisir d’amore. Mit Charles Duponchel, dem Direktor der Académie Royal de Musique (kurz Opéra genannt), war Donizetti inzwischen übereingekommen, dort seine in Neapel verbotene Oper Poliuto in erweiterter Fassung als Les martyrs herauszubringen; mannigfache Hemmnisse verzögerten die Aufführung allerdings bis zum 10. April 1840. Daneben hatte der unermüdliche Komponist die Arbeit an einer zweiten, allerdings unvollendet gebliebenen, Oper mit dem Titel Le duc d’Albe für die Opéra begonnen. Überdies plante er ein weiteres Werk für das Théâtre-Italien, wozu es jedoch gleichfalls nicht kam. Für das Théâtre de la Renaissance schuf Donizetti eine französische Fassung der Lucia di Lammermoor, die dort am 6. August 1839 erstmals über die Bühne ging. Am 27. Dezember vollendete er für dieselbe Truppe eine weitere Oper (L’ange de Nisida), deren Aufführung allerdings durch den Konkurs des Theaters im Mai 1840 vereitelt wurde. Glücklicherweise konnte Donizetti viel Musik daraus für die Grand opéra La Favorite verwenden, die erstmals am 2. Dezember 1840 in der Opéra erklang. Und inmitten dieser Hektik erwähnt Donizetti in einem Brief vom 9. Oktober 1839 erstmals eine weitere Oper: La Fille du régiment. Dort heißt es: »In der kommenden Woche beginne ich mit den Proben zu Poliuto an der Opéra. Inzwischen habe ich für die Opéra Comique eine kleine Oper geschrieben, orchestriert und abgeliefert; sie wird in einem Monat oder 40 Tagen zugunsten des Debüts der [Sängerin] Bourgois gegeben werden…« Zwar sollten bis zur Premiere der Regimentstochter in Wahrheit noch rund vier Monate vergehen, aber Tatsache bleibt, dass Donizetti innerhalb von zwei Jahren – oftmals parallel – für nicht weniger als vier Pariser Opernhäuser arbeitete. Häufige Depressionen, wie sie aus seinen Briefen jener Zeit immer wieder hervorleuchten, könnten neben seiner venerischen Krankheit die Folge dieser offenkundigen Überarbeitung sein.

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Berlioz hatte also mit seinen Vorbehalten gegen den umtriebigen Italiener nicht so ganz Unrecht. Im Gegensatz dazu fand allerdings der Dichter Théophile Gautier, dass Donizettis schöne Musik der herzlichen Gastfreundschaft würdig sei, die ihm Frankreich in allen seinen Theatern entgegenbringe. Donizetti selbst zeigte sich keineswegs gekränkt. In einem Brief vom 20. April 1840 heißt es: »Berlioz? Armer Mensch… er schrieb eine Oper, sie wurde ausgepfiffen, er schreibt Symphonien und sie werden ausgepfiffen, er schreibt Artikel… sie werden ausgelacht… und jedermann lacht und pfeift. Ich allein fühle Mitleid mit ihm… er hat recht… er muss sich rächen.«

Nach der Schlacht bei Marengo La Fille du régiment ist (laut einem aktuellen Werkverzeichnis) Donizettis 62. Oper und zugleich seine erste, die in Paris in französischer Sprache aufgeführt wurde. Ihr Textbuch stammt von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges (1801-1875), dem nach Eugène Scribe produktivsten Librettisten Frankreichs, in Zusammenarbeit mit Jean-François Alfred Bayard (1796-1853). Der ursprünglich weit umfangreichere Text, dessen Quelle unbekannt ist, wurde während der Proben auf seine heutige Länge gekürzt. Man rühmt an ihm sein handwerkliches Geschick sowie die gute Balance von Humor und Gefühl; weniger den als etwas abrupt empfundenen Schluss, der im Verlauf der Rezeptionsgeschichte so manche Sängerinnen zur Einfügung von Arien fremder Herkunft verleitet hat. Zwei Elemente des Textbuches seien hier noch kurz erläutert. Marie wird als »vivandière« bezeichnet, was vereinfachend als »Marketenderin« zu übersetzen ist. Der Begriff ist jedoch weiter gefasst und meint allgemein Frauen, die sich militärischen Einheiten anschlossen, sei es als Krankenpflegerin am Schlachtfeld, sei es als Kantineurin oder auch nur als »Maskottchen«. Vivan-dières marschierten oftmals in Uniform mit und trugen Hosen sowie manchmal ein kleines Schwert; nicht selten waren sie verheiratet. Die Zeitangabe »Nicht lange nach der Schlacht bei Marengo, 1800« bezieht sich auf Napoleons Sieg über die Österreicher bei dem gleichnamigen Dorf in Oberitalien. Von dort konnten französische Truppen durchaus in Tirol eingedrungen sein. (Nur am Rande: In Puccinis Tosca spielt die Nachricht von eben derselben Schlacht bekanntlich eine nicht unwesentliche Rolle…)

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Überwindung des Nur-Buffonesken Neben dem brillanten Virtuosen Rossini und dem lyrischen Melodiker Bellini repräsentiert Donizetti im Dreigestirn der frühromantischen Oper Italiens den eigentlichen Musikdramatiker. Auf dem Gebiet der Opera seria führte er mit der Verbindung von melodischer Inspiration und dramatischer Schlagkraft direkt zu Verdi hin; in seinen heiteren Opern hat er – gipfelnd im Don Pasquale – das Nur-Buffoneske mehr und mehr durch Individualisierung und Vermenschlichung der Charaktere sowie sorgsames Ausbalancieren von Komik und Sentiment überwunden. Gerade dafür bietet die Regimentstochter anschauliche Beispiele. Echtes, tiefes Gefühl spricht aus der vom Englischhorn begleiteten f-Moll-Arie der Marie, mit der sie gegen Ende des ersten Aktes von ihren Kameraden Abschied nimmt; ebenso aus ihrer Arie (in derselben Tonart) »Par le rang et par l’opulence« aus dem zweiten Akt, diesmal mit Cello-Assistenz. Ähnliches gilt auch für das Duett Marie/Tonio »Depuit l’instant« im ersten Akt. Dem stehen ausgedehnte Passagen spritzigen, humorvollen Charakters gegenüber. Dass dabei immer wieder ein martialischer Tonfall hervortritt, darf angesichts des Sujets nicht verwundern. Zuweilen meint man sogar Vorahnungen Offenbach’schen Esprits wahrzunehmen; so etwa im ersten Akt beim Regimentslied der Marie »Chacun le sait, chacun le dit« mit dem kecken Mittelteil oder im Terzett des zweiten Aktes für Marie, Tonio und Sulpice »Tous les trois réunis«. Mehr als erstaunlich, dass die Melodie jenes Regimentsliedes ursprünglich aus Donizettis früher Oper Il diluvio universale (Die Sintflut) stammt; dort hatte Noah mit dieser Musik die Seinen zum Besteigen der Arche aufgefordert… Völlig überraschend taucht kurz vor Schluss des ersten Finales sogar ein kurzes, schulgerechtes Fugato auf. Als weitere Höhepunkte der Partitur seien noch erwähnt: Tonios Arie »Pour mon âme« (in Wahrheit ein Abschnitt des ersten Finales); sie ist auch unter dem Beinamen »Mount Everest der Tenöre« bekannt mit ihren acht kurz hintereinander folgenden hohen C, sofern nicht der Sänger in der abschließenden Kadenz noch ein neuntes (statt dem vorgeschriebenen A) singt. Weiters das Terzett zu Beginn des zweiten Aktes (Marie, Marquise, Sulpice): Dort prallen auf höchst witzige Weise ein sentimentales Salonlied und das Rataplan aufeinander, mit dem der (ehemalige) Sergeant Sulpice Maries Singstunde stört. (Rataplan, bekanntlich die vokale Übersetzung des Trommelwirbels, stellt als militärisches Symbol fast so etwas wie ein Leitmotiv des Werkes dar; es klingt schon im Duett Marie/Sulpice aus dem ersten Akt an und dominiert etwas später einen virtuosen Soldatenchor.) Einen zündenden Einfall bildet schließlich auch Maries Cabaletta »Salut à la France« aus dem zweiten Akt, eine Melodie, die unter Napoleon III. beinahe zur inoffiziellen Nationalhymne werden sollte. Immer wieder bieten sich der Sopranistin zwischendurch reiche Gelegenheiten zur Entfaltung ihrer Koloraturgewandtheit. 19

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Breiter Raum ist speziell im ersten Akt dem Chor – und zwar (entsprechend der Dominanz des Militärischen) vor allem den Herren – eingeräumt. Begünstigt wird das durch die formale Anlage der Oper, die nur mehr wenige isolierte »Nummern« im Sinne der Tradition kennt; zumeist sind die Arien (so etwa auch das Couplet der Marquise bald nach Beginn) in größere Formblöcke eingebettet, bei denen die Solopartien in Ensembles mit Chor münden oder aus ihnen hervorgehen. Allein, nur von der Stimme eines Korporals ergänzt, dürfen die Soldaten mit dem bereits erwähnten Rataplan-Chor brillieren, der – nebenbei bemerkt – Giuseppe Verdi ganz unverkennbar zur Lagerszene seiner Macht des Schicksals inspiriert hat. Für Donizettis glänzende Orchesterbehandlung bietet schließlich die Ouvertüre, ein Kabinettstück sui generis, bestes Anschauungsmaterial. Gleich zu Beginn verbreitet das Solohorn, gefolgt von den Holzbläsern, die rechte bukolische Atmosphäre des ländlichen Schauplatzes. Sie wird zunächst auch im folgenden Allegro mit der wiegenden Melodik der Violinen festgehalten, ehe die Stimmung umschlägt: Ein Trommelsolo leitet die Vorwegnahme des bereits erwähnten Regimentsliedes aus dem ersten Akt ein. Kraftvolle Entwicklungen führen zu einer Art kurzer Durchführung; nach der Reprise des Regimentsliedes überraschen die beiden Trompeten noch mit einem munteren Duett, ehe das Stück mit flotten Marschrhythmen zu Ende geht.

Premiere und Rezeption Die Uraufführung der Fille du régiment fand am 11. Februar 1840 an der Opéra Comique statt, die damals in der Salle de Nouveautés an der Place de la Bourse spielte. Die Besetzungsliste nannte Juliette-Euphrosine Bourgeois als Marie; sie war zuvor in Neapel unter der Direktion Donizetti unter dem Namen Giulietta Borghese aufgetreten. Die Marquise sang Marie-Julie Boulanger, die Großmutter der bekannten Komponistinnen Lilli und Nadia Boulanger. Als Tonio hörte man Mécène Marié de l’Isle, den Vater der ersten Carmen Célestine Galli-Marié, als Sulpice »Monsieur (Luigi) Henry«, der 35 Jahre lang an der Opéra Comique – unter anderem auch in Aubers Fra Diavolo und Adams Postillon de Lonjumeau – sang. Der Premiere war zunächst nur mäßiger Erfolg beschieden. Dessen ungeachtet wurde die Regimentstochter alsbald zum Publikumsmagneten. Sie erlebte an der Opéra Comique bis 1841 mehr als fünfzig Vorstellungen und blieb dort mit über tausend Aufführungen bis 1916 im Repertoire. Eine italienische, teilweise überarbeitete, Fassung als La figlia del reggimento hatte Donizetti bereits am 3. Oktober 1840 an der Mailänder Scala herausgebracht.

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» La Fille du régiment schlug bald ein und wurde nicht nur ein Lieblingsstück des Pariser Publikums – bis zum 12. Jänner 1841 fünfzig Aufführungen an der Opéra Comique –, sondern auch die traditionelle Wahl der Pariser für den Galaabend am 14. Juli, dem Nationalfeiertag. « Herbert Weinstock


Roberto Scoccimarro

INZWISCHEN HABE ICH EINE OPER KOMPONIERT

Donizetti und die Opéra comique


»Die französische Musik und Theaterdichtung haben ein eigenes Wesen, dem sich jeder Komponist anpassen muss, sowohl mit den Rezitativen als auch mit den Gesangsnummern. Man muss zum Beispiel auf die Crescendi und auf die üblichen Kadenzen fe-li-ci-tà verzichten; dazu sollte man zwischen der einen und der anderen Cabaletta immer einen Text haben, der die Handlung erhöht, ohne die von unseren Dichtern oft verwendeten Verswiederholungen.« Diese von Donizetti 1839 an seinen Lehrer Johann Simon Mayr gerichteten Worte zeigen, mit welchem Bewusstsein und Pragmatimus sich der Komponist in den für ihn neuen Gattungen der Grand opéra und der Opéra comique versuchte – Bewährungsproben für jeden Komponisten, der in Paris, der damaligen kulturellen Hauptstadt Europas, nach Erfolg strebte. Nachdem sich Donizetti drei Jahre lang für dieses Unterfangen vorbereitet hatte, begann sein Aufenthalt in Paris 1838. Für den Komponisten war es selbstverständlich, sich auch mit einer Gattung auseinanderzusetzen, deren Entwicklungsgeschichte vor mehr als zwei Jahrhunderten begonnen hatte: der musikalischen Komödie mit gesprochenen Dialogen. La Fille du régiment ist seine erste Oper, die für Paris gleich auf Französisch konzipiert wurde. In einem Brief an seinen neapolitanischen Freund Tommaso Persico schreibt Donizetti zum ersten Mal von seinem neuesten Werk, und zwar nicht von einem Entwicklungsstadium der Oper, sondern von der bereits fertiggestellten Arbeit: »Inzwischen habe ich eine kleine Oper für die Opéra Comique komponiert, instrumentiert und abgegeben.« Es scheint so, als ob der Komponist dieses Werk nur en passant erwähnen würde, als wäre die Oper ohne jede Anstrengung entstanden – nur um sich dann dem wichtigeren Erfolg an der Opéra zuzuwenden. Ein erstaunlicher Ton, wenn man bedenkt, dass sich La Fille du régiment nicht nur einen Platz ersten Ranges im Genre der Opéra comique erobert hat, sondern auch im französischen Nationalbewusstsein: Ein ganzes Jahrhundert voller politischer Umstürze hat sich dieses Werk seine Frische bewahrt. Hinter dem fast beiläufigen Kommentar des Komponisten steckt in Wirklichkeit ein starker Wille, die Gattung aus den Partituren französischer Kollegen wie Hérold, Boïeldieu und Auber zu studieren. Die Entwürfe von Salut à la France, der Cabaletta Maries, die sich im 19. Jahrhundert zu einer Art inoffiziellen französischen Hymne entwickelt hat, zeigen, welch umfangreichen – und stilistisch sehr differenzierten – schöpferischen Prozess der Künstler durchlaufen musste, bis er sich von typisch italienischen Merkmalen seines Stils befreien konnte. Die Meinungen der zeitgenössischen Kritiker machen deutlich, wie distanziert und voreingenommen man dem »fremdsprachigen« Donizetti gegenüberstand. Die Rezension von L’Artiste warf dem Komponisten vor, »zu« französisch sein zu wollen. Aus der scharfen Feder Berlioz’ kam dagegen der Vorwurf, Donizetti habe Anleihen genommen aus seiner bereits in Italien uraufgeführten Oper Betly (die ihrerseits eine Neubearbeitung von Adolph Adams Le Chalet ist) – was bedeuten würde, dass er sich der italienischen Musiksprache bedient 23

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hätte. Zugleich lobt Berlioz aber Nummern mit französischem Esprit, wie den Tanz im Entracte oder das Terzett »Tous les trois réunis« im zweiten Akt, die die Tore der Opéra Comique geöffnet hätten. Im Wesentlichen stört Berlioz eine Art Eklektizismus: Neben Eigenparodien seien Stilelemente von Adam und Meyerbeer unorganisch zusammengewürfelt worden. Angesichts aller überlieferten Fakten – der beiläufigen Bemerkung Donizettis über die »kleine Oper«; seines gewissenhaften Studiums der Gattung; der widersprüchlichen Behauptungen der Kritik und des Erfolgs der italienischen Fassung sogar in Frankreich – stellt sich die Frage, welchen Bezug der Komponist zu diesem französischen Genre in Wirklichkeit hatte. In den letzten Jahrzehnten hatte die Opéra comique dramatische historische Ereignisse verarbeitet. In der Revolutionszeit und während des Napoleonischen Kaiserreichs experimentierte man mit neuen abenteuerlichen und libertären Sujets, indem die Werke oft als pièce de circonstance gestaltet wurden. Während der Restauration kehrte man zur ursprünglichen Ausrichtung zurück – dem geistreichen Sittenstück mit angedeutetem Gesellschaftsbezug. Ende der zwanziger Jahre brachte die literarische Romantik neue thematische Möglichkeiten und damit auch stilistische Verzweigungen. Mit Ferdinand Hérold öffnete sich die Opéra comique dem Einfluss der deutschen Instrumentalmusik und den Elementen des italienischen Melodramma. Gleichzeitig setzte die zweite Richtung mit den Beiträgen von Adam ihren Weg erfolgreich fort. Sein bekanntestes Werk, Le postillon de Lonjumeau (1836), wird als Vorwegnahme jener Sehnsucht gesehen, die La Fille du régiment durchzieht. Während die thematischen Vorlieben rasch wechselten, blieb die musikalische Struktur der Werke lange unverändert. Die Dialoge hatten – im Gegensatz zu den Rezitativen der italienischen Oper – keine komplementäre Funktion gegenüber den geschlossenen Nummern, weil sie auch Gefühle zum Ausdruck bringen konnten. Dies machten sich die Librettisten Saint-Georges und Bayard in La Fille in großem Umfang zunutze. Dagegen konnten sich in den solistischen Stücken Handlung und Dialogteile einschleichen. Gerade die Neigung zum Dialog ist ein durchaus geschätzter Aspekt von La Fille, in deren Solonummern fast ständig Einwürfe anderer solistischer Figuren oder der »Figur« des Regiments eingestreut werden. Instrumental- und Chorstücke, Märsche, Tänze und Rondes waren vor allem ab der Restaurationszeit ein wesentlicher Bestandteil der Opéra comique und ermöglichten die Entfaltung der Couleur locale. Die spezielle Couleur von La Fille besteht in jener militärischen Stimmung, die zwischen Naivität und leichtem Kitsch schwankt und die man sowohl in der Orchestrierung als auch in dem wiederkehrenden Anapäst-Rhythmus wahrnimmt. Neben der Strophenstruktur – d. h. der aus Couplets und Refrains bestehenden Romance und der erzählenden Ballade – führte die Anpassungsfähigkeit des Genre comique zur Aufnahme der italienischen Arie, die oft nicht in der kanonischen zweiteiligen, sondern in einer einteiligen Form konzipiert ROBERTO SCOCCIM A R RO

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war. Die Romance spielt in La Fille selbstverständlich eine hervorragende Rolle, wie die Solonummern »Il faut partir« (Marie, I, 12) und »Pour me rapprocher de Marie« (Tonio, II, 11) beweisen. Aber bereits in seinen italienischen Opern aus den dreißiger Jahren hatte Donizetti gezeigt, dass er mit den französischen Formen vertraut war. In der Opera buffa L’elisir d’amore (1832) sind die berühmte strophische Romanza Nemorinos »Una furtiva lacrima« und die als Ballade konzipierte Kavatine Adinas »Della crudele Isotta« von französischen Vorbildern inspiriert. Bei seiner Auseinandersetzung mit einer »richtigen« Opéra comique vollzieht Donizetti einen weiteren Schritt, indem er jeder solistischen Nummer eine ganz individuelle Form verleiht, je nach der dramaturgischen Ebene, der sie gehört. Mit der Romance »Il faut partir« beispielsweise verabschiedet sich Marie von dem einfachen Leben im Schoße ihres »kollektiven Vaters«, dem Regiment. Später, als sie in der Welt der Etikette scheinbar Eingang gefunden hat, zieht sie sich mit der Arie »Par le rang et par l’opulence« in das Reich ihrer Sehnsucht zurück. Von der Form her sind diese beiden Nummern »französisch« bzw. »italienisch«. Sie werden aber neu interpretiert, wodurch ihre »nationalen« Eigenschaften relativiert werden. In der Nummer »Il faut partir« wird eine klar zu erkennende Romance-Form erreicht, indem der Komponist den Text umgestalten ließ, um die Eintritte von Tonio, Sulpice und den Soldaten während der Refrains hinzuzufügen. Im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Librettisten erscheint das Ergebnis damit viel »französischer«. Auch der Wechsel von der Molltonart in den Couplets zur Durtonart in den Refrains ist typisch für die Romance. Bei den Worten »Ah, par pitié, cachez votres larmes« wirkt der Übergang von f-Moll zu F-Dur nicht als vorübergehende Gemütserheiterung Maries, sondern als Steigerung ihrer Emotionen. Sowohl diese Merkmale der Romance als auch die absolut italienische Qualität der Melodie bilden keine künstliche Stilmischung, ganz im Gegenteil, ihre homogene Verbindung dient der dramatischen Situation. In der Arie des zweiten Aktes »Par le rang et par l’opulence« und in den darauffolgenden Teilen entscheidet sich Donizetti dagegen für die italienische, normalerweise vierteilige »solita forma« (übliche Form). Die traditionelle Strukturanlage des Cantabile (ABA’A’’) wird durch eine melodische Wiederkehr der eben erwähnten Dur-Passage des ersten Aktes neu »erfunden«. Der Abschied von »Il faut partir« wird jetzt zu einer verzehrenden Erinnerung, zu einer reminiszenzvollen Sehnsucht. Im Laufe des zweiten Aktes ist diese Technik, einer bereits bekannten Passage bei ihrer Wiederholung eine neue Aussagekraft zu verleihen, nochmals angewandt. Der Auftritt Tonios und des Regiments – in ihrer Wirkung fast ein Deus ex machina – bilden das »Tempo di mezzo«, so dass Marie voller Inbrunst ihre Cabaletta »Salut à la France« singen kann. Es ist kein Zufall, dass sowohl die teilweise Wiederholung der Melodie in »Pour le rang« als auch die Schlusswiederholung 25

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von »Salut à la France« für die italienische Fassung gestrichen wurden. Die zweifache Wiederholung war so etwas wie eine psychologische Annährung an die Sensibilität des Pariser Publikums: Persönliche Wünsche gehen unter dem Schutz des »kollektiven Vaters« – der Nation – in Erfüllung. Mit seinem fulminanten Werk war Donizetti im Jahre 1840 in der Lage, die nationale Identität Frankreichs – wie sie von der herrschenden Klasse in einem bestimmten historischen Moment gefordert wurde – zu bedienen. Dies bedeutet aber auch, dass sich die »kleine Oper« bei jedem Aufflammen des Doppelthemas Sehnsucht/Patriotismus neu anbieten konnte. Zwei Monate nach der Uraufführung erschien im Courrier des théâtres eine Rezension, die noch einmal die Musik von La Fille heftig kritisierte: Im Grunde habe Donizetti versucht, sich den Parisern anzubiedern. Gerade weil sich die abwertenden Bemerkungen der Zeitung nicht so sehr auf die einzelnen Nummern, sondern auf den Gesamteindruck der Oper beziehen, scheinen die bissigen Wörter den Nationalcharakter der Oper parodoxerweise zu erfassen – es kommt zu einer Klassenkommunikation: »Der Herr hat uns doch Musik à la française angeboten, anders gesagt: Gut für die Franzosen.«

→ KS Juan Diego Flórez als Tonio, KS Natalie Dessay als Marie, KS Carlos Álvarez als Sulpice, 2007

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KOLUMN EN T IT EL


Arnold Jacobshagen

DONIZETTISTYLE

Unter den vier Hauptmeistern der italienischen Belcanto-Oper in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – Gioachino Rossini (1792–1868), Gaetano Donizetti (1797–1848), Vincenzo Bellini (1801–1835) und Giuseppe Verdi (1813–1901) – ist Donizetti zweifellos am produktivsten gewesen: Rund 70 Opern sind aus seiner Feder überliefert – je nach Zählweise auch etwas mehr, denn es gibt von einzelnen Werken mehrere vom Komponisten autorisierte Fassungen, zum Teil auch in unterschiedlichen Sprachen (Italienisch und Französisch), darüber hinaus auch einige unvollendete oder verschollene Opern. Bei diesem Output konnte selbst der ungemein flinke Rossini mit seinen insgesamt 39 Opern nicht mithalten, von Verdi (»nur« 26 Opern) oder gar Bellini (gerade einmal zehn Opern) ganz zu schweigen. Der enorme künstlerische Ertrag von Donizetti erscheint umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass der Komponist nicht sehr alt wurde und zudem seine letzten Lebensjahre in geistiger Umnachtung zubringen musste. A R NOLD JACOBSH AGEN

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Das enorme Schaffenstempo und die stilistische Mannigfaltigkeit der Produktion verdienen größten Respekt. Denn Donizetti war ein vielseitig gebildeter Künstler, der sogar die Librettotexte dreier seiner Opern selbst verfasste und von der heiteren Farce über die sentimentale Opera semiseria bis zur großen Tragödie alle Operngenres in italienischer und französischer Sprache beherrschte. Manche Ursachen für diese Vielseitigkeit sind bereits auf seine Jugendzeit zurückzuführen. Als fünftes von sechs Kindern eines Pförtners in äußerst bescheidenen Verhältnissen in Bergamo aufgewachsen, lernte er frühzeitig die Herausforderungen des Leistungsprinzips kennen. Zu seinem Glück kam er bereits als Kind unter die Obhut des Opernkomponisten Giovanni Simone Mayr (1763-1845), der als Kapellmeister der Kirche Santa Maria Maggiore in Bergamo die Errichtung einer kostenlosen Musikschule veranlasst hatte. Der junge Donizetti erhielt hier eine sehr gründliche musikalische Ausbildung, wie sie damals nur wenige Orte in Italien zu bieten hatten. So komponierte der begabte Schützling während seiner Studienzeit neben seiner Erstlingsoper I Pigmalione (1816) eine ganze Reihe von Streichquartetten, was in Italien seinerzeit mehr als ungewöhnlich war. Mit Mayrs Hilfe erhielt Donizetti nach Abschluss seiner Lehrjahre bereits 1817 in Venedig einen Auftrag über vier Opernkompositionen. Zwar war keinem dieser Werke ein nachhaltiger Erfolg beschieden, doch konnte der junge Künstler dadurch in Venedig Fuß fassen, das neben Mailand und Neapel immer noch zu den wichtigsten italienischen Opernzentren zählte. Auch sein gefeiertes Debüt in Rom mit der Oper Zoraida di Granata hatte er 1822 seinem alten Lehrer zu verdanken, der einen eigenen Vertrag mit dem dortigen Teatro Argentina an seinen Meisterschüler abgetreten hatte. Dank dieses Erfolges erhielt Donizetti nun ein Angebot des berühmten Impresarios Domenico Barbaja aus Neapel, wo Donizetti in den folgenden acht Jahren insgesamt 23 Opern zur Aufführung bringen sollte. Sein internationaler Durchbruch erfolgte jedoch erst 1830 mit Anna Bolena, einer Oper, die von Neapel aus nicht nur die übrigen Bühnen Italiens erreichte, sondern auch in Paris und London mit großem Erfolg gespielt wurde. Nach diesem späten Triumph erlebten auch die Komödie L’elisir d’amore (Der Liebestrank) und die Tragödie Lucrezia Borgia in Mailand gefeierte Premieren. Nunmehr war Donizetti eine europäische Berühmtheit, und sein etwas älterer Freund Gioachino Rossini lud ihn 1835 nach Paris ein, um am Théâtre-Italien seine nächste Oper Marino Faliero herauszubringen. Noch im selben Jahr folgte in Neapel die Premiere der Lucia di Lammermoor, jenes Werkes, auf das sich bis heute vor allem der weltweite Ruhm des Komponisten gründet. Dennoch hatte er in Neapel in den folgenden Jahren kein Glück: Seine nächsten Opern wurden kühl aufgenommen, und bei der Kandidatur an den Posten des Konservatoriums-Direktors unterlag er seinem Rivalen Saverio Mercadante. So ging er 1838 erneut nach Paris, wo seine Werke bald an vier verschiedenen Opernhäusern gleichzeitig gespielt worden. Besonders 29

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» Donizetti orientierte sich stets am Erwartungshorizont des Publikums, und der war im Paris des » Bürgerkönigs « Louis-Philippe ein anderer als im Wien Metternichs oder gar im politisch reaktionären Neapel.« Uwe Schweikert

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enthusiastisch feierten die Pariser La Fille du régiment, ein Werk, von dem sogar Felix Mendelssohn zum Entsetzen seiner Freunde einmal sagte, er wäre stolz, wenn er es geschrieben hätte. Bald darauf trug Donizetti der Triumph der Opera semiseria Linda di Chamounix in Wien im Jahre 1842 den Titel eines Österreichischen Hofkapellmeisters ein, ehe er wiederum in Paris mit Don Pasquale (1843) ein unübertroffenes Meisterwerk im komischen Genre zur Aufführung brachte. Doch sein Gesundheitszustand verschlechterte sich dramatisch: Als Spätfolge einer Syphilisinfektion waren nach und nach auch Großhirn und Rückenmark erkrankt. Sein zunehmend befremdliches Benehmen schockierte die Öffentlichkeit, und seine unkontrollierten Zornesausbrüche während der Probenarbeit gefährdeten die Pariser Premiere von Dom Sébastien, seiner letzten vollendeten Oper (November 1843). So erstaunlich Donizettis Produktivität aus heutiger Sicht erscheinen mag, so wäre sie doch nicht vorstellbar, wenn er nicht auf zahlreiche Konventionen der Theaterkomposition hätte zurückgreifen können. Diese ungeschriebenen Gesetze der Oper im frühen 19. Jahrhundert erlaubten nicht nur den Komponisten eine schnelle Schaffensweise, sondern auch den Akteuren ein zügiges Einstudieren der umfangreichen Gesangspartien. Zugleich galt es, die Erwartungen des Publikums zu berücksichtigen, je nachdem, ob Donizetti für ein Theater in Italien, in Paris oder in Wien zu schreiben hatte. Dies zeigt sich beispielsweise bereits bei den Ouvertüren und Präludien, die am Beginn der einzelnen Werke stehen. In Italien hatte die Opernouvertüre im frühen 19. Jahrhundert keinen besonders hohen ästhetischen Stellenwert, sondern diente vor allem dem pragmatischen Bedürfnis, die Aufmerksamkeit des Publikums im hell erleuchteten Theatersaal auf die Bühne zu lenken. Häufig begnügte sich Donizetti daher mit kurzen Präludien, wobei es kaum grundsätzliche Unterschiede zwischen den ernsten und den heiteren Opern gibt. In Paris erwartete man schon eher eine musikalische und dramaturgische Verbindung zum Werk. So verwendet Donizetti in der Ouvertüre zu La Fille du régiment als zweites Thema die Melodie des Liedes der Regimentstochter, welches auch in der Coda wiederkehrt. Auch die beiden eigens für das Wiener Kärntnertortheater geschriebenen Opern Linda di Chamounix und Maria di Rohan enthalten ausgedehnte Ouvertüren, mit denen Donizetti dem lokalen Geschmack entgegenkommen wollte. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gattungen betreffen mehrere Ebenen der Komposition. Zunächst einmal unterscheiden sich die mit musikalischen Mitteln darzustellenden Personen der Handlung fundamental voneinander. Während in der Opera seria regelmäßig Figuren von sehr hohem gesellschaftlichen Stand in Erscheinung treten, haben wir es in der Opera buffa überwiegend mit einfacher Landbevölkerung zu tun. Der Gegensatz zwischen den historischen englischen Königinnen aus der Epoche der Renaissance in Donizettis tragischen Opern Anna Bolena, Maria Stuarda und Roberto Devereux einerseits und einem Bauerntölpel wie Nemorino oder einem 31

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Quacksalber wie Dulcamara aus L’elisir d’amore könnten größer nicht sein. Gesellschaftlich subaltern sind auch die Protagonisten Marie und Tonio in La Fille du régiment, wenngleich diese im Rahmen der französischen Opéra comique auch mit Personen hohen Standes in Beziehung treten, in diesem Fall der Marquise von Berkenfield oder der Herzogin von Crakentorp. Neben dem gesellschaftlichen Rang sind auch die charakterlichen Persönlichkeitsmerkmale der Figuren in diesen Operngenres grundverschieden, wie sich besonders deutlich anhand der weiblichen Rollen aufzeigen lässt. Während viele der bäuerlichen oder bürgerlichen Frauenfiguren in den komischen Opern in sich ruhende, sehr aktive und werktätige Geschöpfe voller Selbstvertrauen, Heiterkeit und Anmut, mitunter auch Bauernschläue und Raffinesse verkörpern, haben wir es in der Opera seria mit völlig anderen Weiblichkeitsbildern zu tun. Hier erleben wir viele aristokratische Protagonistinnen, die zur professionellen Untätigkeit verdammt und einer passiven Opferrolle ausgeliefert sind. Sie befinden sich zumindest in starker Abhängigkeit gegenüber den aktiv handelnden Heroen von bisweilen toxischer Männlichkeit, die ihr Schicksal zu bestimmen scheinen. Die Darstellung dieser diversen Figurenkonstellationen erfordert daher in den einzelnen italienischen und französischen Operngenres sehr verschiedene musikalische Gestaltungsmittel. Bereits formal galten in den einzelnen Gattungen einige abweichende Konventionen. In der französischen Opéra comique gibt es gesprochene Dialoge, die besondere schauspielerische und rhetorische Anforderungen an die Solisten stellen. Auch die italienischen Genres unterscheiden sich hinsichtlich der Dialoge grundlegend: In Donizettis Opere buffe finden sich viele rasante, nur vom Cembalo akkompagnierte Seccorezitative, während in der Opera seria alle Rezitative vom Orchester begleitet werden und dementsprechend wesentlich getragener auszuführen sind. Ähnliche formale Unterschiede betreffen auch die kompositorische Gestaltung der Gesangsnummern. Herrschen in den ernsten italienischen Opern die großen, zumeist dreiteiligen Arienformen vor, bestehend aus einem einleitenden Cantabile, einem überleitenden Tempo di Mezzo und einem rasanten Schlusssatz (Cabaletta), so finden sich sowohl in der italienischen Opera buffa als auch in der französischen Opér comique häufig auch einfache, strophisch angelegte Arien. Eine Verknüpfung der beiden typischen Formen von Romance und Couplets findet sich in La Fille du régiment in Maries Arie »Il faut partir«, deren exquisites Englischhornsolo an die berühmte Romanze Nemorinos aus L’elisir d’amore erinnert. Zugleich vermag es Donizetti in solchen Nummern auch in der komischen Oper, große pathetische Wirkungen zu erzielen. Häufig fungieren Solonummern in den komischen Opern auch als Einlagelieder, so etwa in La Fille du régiment, wo im zweiten Akt eine Gesangsstunde in geistreicher und zugleich parodistischer Manier vorgeführt wird. Dabei werden zwei unterschiedliche Arten des Singens demonstriert, was Donizetti die Gelegenheit

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bietet, sein besonderes Talent für metatheatralische Einlagen zu entfalten. Chöre spielen in den Tragödien eine sehr große, in den Komödien hingegen eine weit geringere Rolle. Und während die Ensemblenummern in den komischen Opern häufig durch überraschende Wendungen und sukzessive hinzutretende Figuren eine turbulente Steigerung erfahren, finden sich in den tragischen Opern häufig große szenische Tableaus, die von einer monumentalen, statischen musikalischen Architektur getragen werden. Viele der italienischen Tragödien enden mit großen Solonummern der Primadonna, eine Konvention, die wiederum in den französischen »Grands Opéras« Donizettis nicht zu finden ist. Seine beiden Wiener Opern, Linda di Chamounix und Maria di Rohan, rangieren stilistisch zwischen den für Paris und den für italienischen Bühnen geschriebenen Werken. Beide enden ebenfalls nicht mit einer Soloszene für die Titelfigur. Donizetti war in allen Belangen ein Praktiker, ein Mann des Theaters, der seine Opern ohne Zögern den Wünschen und Möglichkeiten der jeweils vorhandenen Sänger und den besonderen Gegebenheiten vor Ort anzupassen bereit war. Mit der Genieästhetik der Romantik lässt sich sein Werk schwerlich erhellen, auch wenn er – wie etwa in Lucia di Lammermoor – viele überaus romantische Sujets vertonte. Donizettis Kunst scheint in ihrer selbstverständlichen Handwerklichkeit nicht selten dem Geist des 18. Jahrhunderts zu entspringen, und auch darin, dass er die seinerzeit im Niedergang befindliche komische Oper zu einer letzten Blüte führte, zeigt sich seine Verbundenheit mit älteren Traditionen. Auch die musikalischen Mittel, auf die er rekurrierte, erscheinen oft traditionell: Seine zwar subtil eingesetzten harmonischen Ausdrucksmittel sind alles andere als extravagant, und auch die manchmal etwas spröde Instrumentation verfeinerte sich erst, als er in Paris mit der seinerzeit modernsten Orchestertechnik in Berührung kam. Zugleich war er ein Meister des Maßhaltens wie auch des Zuspitzens. Die Konzentration des dramatischen Ausdrucks in expressiven Ariosi und Ensembles sowie die Emotionalisierung des Rezitativs zählen zu den Kennzeichen seines individuellen Stils. In der Verbindung von italienischen und französischen Traditionen trug er entscheidend zur Kosmopolitisierung des europäischen Musiktheaters bei. Bedeutendes hat er vor allem im flexiblen Umgang mit den geschilderten musikalischen und dramaturgischen Konventionen geleistet, und nicht nur hierin ist ihm Giuseppe Verdi gefolgt, in dessen Werken das Erbe Donizettis seine höchste Erfüllung finden sollten.

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Livio Marcaletti

MARIE – EINE BÜRGERLICHLIBERALE TOCHTER DES BONAPARTISMUS ? Wir schreiben das Jahr 1840. Napoleon ist schon seit fast zwanzig Jahren tot, und dennoch ist sein Geist lebendiger als je zuvor. Genau in diesem Jahr wird sein Leichnam von der Insel St. Helena (wo er 1821 verstarb) nach Frankreich gebracht und liegt seither in einem Sarkophag im Pariser Invalidendom. Genau in diesem Jahr steht Frankreich kurz vor einem Krieg gegen die anderen europäischen Mächte (England, Österreich, Preußen, Russland), wie Napoleon einige Jahrzehnte zuvor. 1839 war ein Krieg zwischen dem ägyptischen Pascha Mehemet Ali und dem osmanischen Sultan Mahmud II. ausgebrochen. Mehemet hatte in den Jahren 1831-33 Syrien unterworfen und sein Herrschaftsgebiet auf Kosten des osmanischen Reiches erweitert. Nun will Mahmud das verlorene Land zurückerobern, nach seinem Tod 1839 läuft aber der Versuch unter seinem Nachfolger und dessen Minister schief. Die politische Lage an der östlichen Mittelmeerküste sieht äußerst instabil aus. LI V IO M A RCA LET T I

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Die meisten europäischen Länder treffen sich in London und vereinbaren eine Intervention zugunsten des Osmanischen Reiches, um seinen Zusammenbruch zu verhindern. Nur Frankreich steht auf der Seite des Paschas Mehmet Ali, und tut es um den Preis eines Konflikts mit den anderen Mächten. Warum? Die französische öffentliche Meinung, vor allem die bürgerlichliberale, will unbedingt Ägypten unterstützen. Dem französischen Historiker Pierre Caquet zufolge schildert die französische Presse Mehmet quasi als einen neuen Napoleon. Der Pascha besäße eine kleine Körpergröße, doch eine starke innere Kraft; er sei ein eifriger Mensch, und kein fauler Freund der Lustbarkeiten, wie viele andere Herrscher aus dem Osten. Ägypten weckte darüber hinaus in den Gemütern der Franzosen ein besonderes Mitgefühl, die mit Napoleons Taten zusammenhingen. Er hatte nämlich große militärische und wissenschaftliche Pläne für Ägypten, die unter anderem die Gründung eines ägyptischen Instituts vorsahen: Es war etwa im Rahmen des napoleonischen Feldzuges, dass der Stein von Rosette (der eine entscheidende Rolle für die Entschlüsselung der ägyptischen Inschriften spielte) enthüllt wurde. Aus diesen Gründen sind 1840 die meisten in Frankreich gegen die Beteiligung an einem Krieg zulasten Ägypten. Der französische Ministerpräsident Adolphe Thiers ist dabei, eine Kriegserklärung gegen England, Preußen und Österreich zu verkünden; der zurückhaltende König Louis-Philippe stellt sich jedoch in den Weg und ersetzt ihn mit dem konservativen Marschall Nicolas Soult, der den Frieden mit den anderen Ländern nicht brechen will. Sein Außenminister François Guizot unterzeichnet ein Abkommen mit England und wendet die Gefahr eines Krieges ab. Vor diesem Hintergrund ist die Wahl des militärischen Sujets von La Fille du régiment alles andere als zufällig. Bereits nach der Julirevolution von 1830 und dem Sturz der Bourbonen wird das Verbot der Darstellung des napoleonischen Reiches auf der Bühne aufgehoben. Infolgedessen erscheinen auf den französischen Bühnen eine Reihe von Sprech- und Musiktheaterstücken, die Geschichten von Soldaten in der ländlichen Umgebung unterschiedlicher Regionen inszenieren, die Napoleon in seinen Feldzügen erobert hatte. Es wurde sogar ein Theater gegründet, das Cirque-Olympique, das auf die Inszenierung napoleonischer Schlachten spezialisiert war. Auf den Bühnen des Sprech- und des Musiktheaters etabliert sich der napoleonische Topos der militärischen Tapferkeit, der egalitären Kameradschaft und der stolzen Galanterie der Soldaten, die sowohl zu kämpfen als auch zu lieben wissen. Das Libretto von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Jean-François Bayard, das Donizetti vertont, nährt sich von diesem Topos und ist voll von Hinweisen auf napoleonische Legenden und Symbole – kein Wunder, dass dieses Werk in Frankreich oft am 14. Juli zur Nationaltagfeier aufgeführt wurde. Der Kriegsschauplatz der Oper ist das südliche Tirol unter der französischen Besatzung. Die Handlung spielt auf das 21. Regiment an, das sich in den wichtigsten napoleonischen Feldzügen auszeichnete. Die französischen 35

M A R IE – EIN E BÜ RGER LICH-LIBER A LE TOCH T ER DE S BONA PA RT ISMUS ?


Soldaten wirken zwar angriffslustig, sind aber auch menschlich, wenn sie etwa die Marquise von Berkenfield als fünfzigjährige Dame problemlos passieren lassen, obwohl sie Tirolerin ist. Sie sind auch galant gegenüber Frauen: Die Marquise erinnert sie in ihrer ersten strophischen Arie (couplets) an vergangene Kriege gegen die Franzosen, und in ihrer »adligen Heuchlerei« (vom Musikwissenschaftler Luca Zoppelli treffend formuliert) nennt sie die napoleonischen Soldaten »aussi braves que galans« (»sowohl tapfer als auch galant«). Damit deutet sie darauf hin, nicht ganz unempfindlich gegenüber deren Werben gewesen zu sein. Der Kontrast zwischen den Gruppen, die in Donizettis Oper dargestellt werden, besteht nicht nur zwischen nationalen Zugehörigkeiten (Franzosen gegen Tiroler), sondern auch zwischen sozialen Gruppen: auf der einen Seite die egalitären Soldaten, die das liberale und kriegslüsterne französische Bürgertum der 1840er Jahre symbolisieren; auf der anderen Seite der wehrlose konservative Adel, der in seinen Schlössern keine militärische Musik spielt, sondern altmodische Vokalstücke mit Begleitung eines Cembalos. Marie steht dazwischen, und kehrt nicht ohne Schmerzen zu ihrer ursprünglichen adeligen Familie zurück. Als sie im zweiten Akt die altmodische Arie mit mythologischen Referenzen »Le jour naissait dans le bocage« (»Der junge Tag erglüht im Haine«) singt, kommentiert sofort Sulpice: »nos chants étaient moins langoureux!« (»So schmachtend war nicht unser Sang«). Dieser Gegensatz zwischen Sozialschichten spiegelt zwar den Kontrast zwischen dem liberalen Königreich Frankreich nach der Julirevolution von 1830 und dem konservativen Habsburger-Reich wider, konnte aber auch die persönliche Einstellung des Komponisten Donizetti zeigen. Er war nicht allzu sehr geneigt, sich dem Adel anzubiedern, um seine Karriere zu fördern, wie etwa seine Zeitgenossen Bellini und Pacini. Als er 1835 in Palermo für die Aufführung seiner Oper Alahor in Granata war, beschwerte er sich in einem Brief über die lokalen Aristokraten, die »auf die Theaterleute als infam herabsehen, und deshalb kümmert sich keiner von ihnen um uns, so wie wir uns auch nicht um sie kümmern«. Auch in der Wahl der Sujets bevorzugt Donizetti Handlungen, die manchmal eine antiadlige (man denke etwa an Marino Faliero, in dem der Protagonist sich mit dem Volk gegen die venezianischen Patrizier anschließt) Agenda aufweisen. Es ist daher vielleicht nicht gewagt, dem italienischen Komponisten ein gewisses Einfühlungsvermögen mit den im Libretto behandelten Themen zu unterstellen. Die politische Bedeutung der Oper ist angesichts der italienischen und österreichischen Rezeption noch deutlicher hervorzuheben. Die italienische Übersetzung für das Teatro alla Scala in Mailand musste unter der Beaufsichtigung des Pächters Bartolomeo Merelli die Handlung umstellen, um die Hürde der Zensur zu überwinden. Mailand und die Lombardei waren um 1840 noch Teil des österreichischen Kaisertums; ein Werk, das die erfolgreichen Feldzüge der napoleonischen Truppen gegen Österreich schildert, LI V IO M A RCA LET T I

→ Jane Archibald als Marie, 2020

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hatte keine Chance, den österreichischen Behörden in Mailand zu gefallen. Aus diesem Grund spielt die gesamte Handlung nicht mehr in Tirol, sondern in der politisch neutralen (aber immer noch geographisch alpinen) Schweiz. Die Angreifer kommen nun aus Savoyen, einer französischsprachigen Region an der Schweizer Grenze, die 1840 zum Königreich Sardinien gehörte und politisch ›harmlos‹ wirkte – die Zensur konnte allerdings nicht wissen, dass das Haus Savoyen in einigen Jahren die Lombardei erobern und dadurch den Vereinigungsprozess Italiens beginnen würde. Alle Hinweise auf Frankreich werden im Libretto ausgemerzt. Manchmal wird stattdessen Savoyen bejubelt, manchmal bekommen die neuen gesungenen Texte einen generischen militärischen Charakter, ohne dass es spezifische Erwähnungen von Ländern gibt. Das Sprachregister der Vorlage, das reich an volkstümlichen und bürgerlichen Nuancen ist, wird in der italienischen Version aristokratischer gestaltet, so dass sich die Figuren in einer gehobenen Sprache ausdrücken, die nicht mehr ihrer sozialen Herkunft entspricht. Dies schlägt sich vor allem in den Dialogen nieder, die nach der italienischen Operntradition nicht mehr gesprochen, sondern als kürzere Rezitative gesungen werden. Die Übersetzung von Callisto Bassi für La Scala war nicht die einzige, die in den italienischen Opernhäusern aufgeführt wurde. Der Musikwissenschaftler Francesco Izzo hat alle italienischen Fassungen der 1840er-Jahre verglichen und so festgestellt, dass es je nach den politischen Bedingungen in diesem oder jenem Staat der italienischen Halbinsel unterschiedliche Lösungen gab. Besonders auffallend ist die Änderung des geographischen Settings. In der Hauptstadt des Königreichs Sardinien, Turin, konnte die neue, Savoyen lobende Version offensichtlich gefallen und wurde beibehalten, obwohl es kein besonderes Problem war, Österreich in ein schlechtes Licht zu rücken. In der zum selben Königreich gehörenden Stadt Cagliari wurde allerdings die originale Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Tirol bevorzugt. In Neapel, der Hauptstadt des Königreichs der zwei Sizilien, wurde eine eigene Übersetzung gespielt, die näher am französischen Original war, indem man etwa die gesprochenen Dialoge (die im neapolitanischen Teatro nuovo üblich waren) beibehielt. Kurios ist die hybride Fassung für Modena, bei der Savoyen einen Krieg gegen Tirol führt, das nicht einmal ein Nachbarland ist! Und welche Fassung wurde in Wien, der Hauptstadt der ›Feinde‹, gespielt? Die erste Wiener Aufführung 1841 basierte auf dem bereits von der österreichischen Zensur bewilligten Text von Callisto Bassi. Die deutsche Fassung von Karl Gollmick, die ab 1843 verwendet wurde, hatte sich der französischen Fassung bis zu einem gewissen Grad wieder angenähert, indem sie die Prosadialoge wiederherstellte und zwar den Schweizer Schauplatz beibehielt, aber den Soldaten ihre französische Herkunft zurückgab. Dennoch werden fast alle Hinweise auf Frankreich weggelassen: Die Soldaten sprechen von irgendeinem »Vaterland«, und das Regiment ist nicht mehr das legendäre Einundzwanzigste, sondern das Zweite. Übrigens gab es in Wien anders als LI V IO M A RCA LET T I

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in Mailand kein Risiko, dass sich das Publikum auf die Seite der Franzosen gestellt hätte. Im Libretto blieb allerdings der Kameradschaftsgeist erhalten, der im originalen Libretto eine Ausdrucksform des bürgerlichen Liberalismus war, der einige Jahren später zur Märzrevolution führte – einer Revolution, die der gerade 1848 gestorbene, aber längst kranke Donizetti nicht mehr miterleben konnte.

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M A R IE – EIN E BÜ RGER LICH-LIBER A LE TOCH T ER DE S BONA PA RT ISMUS ?


EIN LESERBRIEF DONIZETTIS »Ein Artikel, der heute in den Spalten Ihres geschätzten Journals erschien, betreffend die Aufführung von La Fille du régiment im Theater der Opéra Comique, enthält einen ebenso ernsten wie ungewöhnlichen Fehler, so dass ich es als meine Ehre wie auch als meine Pflicht betrachte, ihn hier zu berichtigen. Der Schreiber dieses Artikels zögert nicht zu behaupten, dass meine Partitur bereits in Italien zu hören gewesen ist, zumindest zum großen Teil, und dass es die einer kleinen Oper ist, die Herrn Adams Le Chalet imitiert oder von ihr herstammt. Wenn Herr Berlioz, der mit Recht das Gewissen zu den ersten Pflichten eines Künstlers rechnet, sich bemüht hätte, die Partitur meiner Betly zu öffnen, deren Text in der Tat eine Übersetzung von Le Chalet ist – eine Partitur, die in Paris von Herrn Launer gestochen und veröffentlicht worden ist –, so würde er sich überzeugt haben, dass die beiden Opern, die er erwähnt, untereinander keine Nummern gemeinsam haben; erlauben Sie mir meinerseits zu bestätigen, dass die Nummern, aus denen La Fille du régiment besteht, alle speziell für das Theater der Opéra Comique komponiert wurden, und dass nicht eine einzige von ihnen je vorher in irgendeiner anderen Partitur erschienen ist. Ich muss mich, Herr Redakteur, darauf beschränken, diesen gewichtigen Fehler aufzuklären – auf dem, was schlimmer ist, der ganze Artikel von Herrn Berlioz aufgebaut ist –, und ich vertraue darauf, dass Ihre volle Unparteilichkeit mir nicht verweigern wird, diese Berichtigung zu veröffentlichen.« Gaetano Donizetti an den Herausgeber des Moniteur universel (16. Februar) – eine Entgegnung auf Hector Berlioz’ Vorwurf, Donizetti hätte in La Fille du régiment Musik aus bereits bestehenden italienischen Opern verwendet.

EIN LE SER BR IEF DON IZET T IS

→ KS Carlos Álvarez als Sulpice, 2013

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Judith Staudinger

IST DIE » REGIMENTSTOCHTER « AUS DEM MÄNNLICHEN BLICK DONIZETTIS HERAUS VERFASST?


Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit, so die großen Versprechen der französischen Revolution von 1789. Allerdings waren die Frauen, wie sie schnell feststellen mussten, hier nicht »mitgemeint«. Daher nehmen es einige emanzipatorische Vorkämpferinnen mutig selber in die Hand: Olympe de Gouges etwa formuliert 1792 die »Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin«. Sie argumentiert darin, dass Frauen, wenn sie dazu verurteilt werden können, durch die Guillotine zu sterben, auch das Recht zustehe, eine Rednertribüne zu besteigen. De Gouges’ Text fordert nicht nur gleiche Rechte vor dem Gesetz ein, sondern appelliert daran, Vernunft und Tugend, Mut und Stolz der Frauen anzuerkennen und ihnen die gebührende Wertschätzung und Würde entgegenzubringen. Nachdem im Laufe des 18. Jahrhunderts das Ideal der gebildeten Frau propagiert worden war, wurde dieses Rollenmodell am Ende des Jahrhunderts durch die Idee vom »natürlichen Geschlechtscharakter« der Frau abgelöst. Frauen wurde der Subjekt-Status abgesprochen, sie galten nicht als mündige, autonome Menschen. Folglich hatten sie eine Geschlechtsvormundschaft nötig, ausgeübt durch den Vater, den Bruder oder den Ehemann. Als »natürliche« Geschlechtseigenschaften wurden ihnen Tugend, Sittsamkeit und Fleiß nachgesagt – perfekt für die ihnen zugedachte Rolle der Ehefrau und Mutter, die das Heim hütet. In den späteren revolutionären Bewegungen von 1830 und 1848, also um die Entstehungszeit der Regimentstochter herum, gibt es eine Reihe von Frauen, die den theoretischen Feminismus begründen, Utopien entwickeln und etwa das Egalitätskonzept ausarbeiten: Es ging davon aus, dass Frauen ebenso wie Männer autonome Subjekte sind. Das also war der Stand der Dinge zur Zeit, als Donizetti das Libretto der Regimentstochter aus der Feder der beiden produktiven Ko-Autoren Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges (der auch der Intendant der Opéra Comique war) und Jean-François Bayard vertonte. Ein autonomes Subjekt, das sich den weiblichen Rollenbildern seiner Zeit nicht widerstandslos fügt – ist das Marie, die Tochter des Regiments? Oder hat Gaetano Donizetti mit den emanzipatorischen Bestrebungen seiner Zeit nicht viel am Hut und mit einem ›männlichen Blick‹ eine ideale Frau ganz im Sinne des »natürlichen Geschlechtscharakters« porträtiert, die sich dienend ihrem Vormund fügt – zuerst dem Regiment (als Stellvertreter des Vaters), dann den Wünschen der vermeintlichen Tante (autorisiert durch den Willen des verstorbenen Vaters) und dabei ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellt? Die patriarchalische Beziehungsstruktur erwies sich ja aller aufkommenden feministischen Utopien zum Trotz als sehr zählebig. Die Marie, die uns in dieser Opéra comique begegnet, zeigt sich nicht als Vorkämpferin der Emanzipation, zu weit steht sie selber außerhalb des gesellschaftlichen Systems, als dass sie es revolutionieren wollen würde. Schon für die Frauen der Arbeiterschicht, deren Erwerbstätigkeit für den Familienunterhalt benötigt wurde, funktionierte die Zuweisung der Frau in die häusliche 43

J U DIT H STAU DINGER



Sphäre nicht. Eine Marketenderin, die mit einem ganzen Regiment, 1500 Mann stark, über die Schlachtfelder zieht, sich um die Soldaten und ihre Bedürfnisse kümmert, ja sich möglicherweise auch prostituierte, entsprach so gar nicht der bürgerlichen Vorstellung der von Natur aus tugendhaften und sittsamen Frau. Wie Marie die Soldaten herumkommandiert, wie sie Widerstand leistet gegenüber Sulpice und zur Lebensretterin ihres Tonio wird, darin zeigen sich doch ganz andere charakterliche Merkmale, Mut, Selbstbewusstsein, Eigenständigkeit. Und sie möchte Tonio heiraten – aus Liebe! In einer Zeit, als die romantische Liebe nicht der ausschlaggebende Faktor für eine Eheschließung war, sondern die Partnerwahl sozialen und wirtschaftlichen Kriterien folgte. Donizetti selber hatte mit der jungen Virginia Vasselli, Tochter einer gehobenen römischen Advokatenfamilie, eine Frau geheiratet, die aus weit besseren Kreisen stammte als er. Donizetti selbst war von ärmlicher Herkunft, ohne die Förderung durch den Komponisten Giovanni Simone Mayr, der in Bergamo den mittellosen Gaetano mit unermüdlichem Eifer unterrichtete, wäre Donizettis geniales musikalisches Talent wohl unerkannt und ungenützt geblieben. Dass sein Geburtshaus außerhalb der Stadtmauer Bergamos lag, zwei düstere Souterrain-Zimmer, konnte er zeitlebens nicht verschmerzen. Die eigenen Eltern schloss er von der Hochzeit mit der wohlhabenden Bürgerstochter aus, zu sehr genierte er sich für deren Armut. Wie gut muss Donizetti also die Sorge der Marchesa verstanden haben; den Horror davor, dass die Familie des edlen Herzogs, der Marie heiraten soll, von ihrer geheim gehaltenen Vergangenheit, dem Aufwachsen im Kreis des wilden Haudegenregiments und ihrem Dasein als Marketenderin erfahren könne. Die schönen Hochzeitspläne wären damit sicherlich hinfällig. Donizetti selber, der Bohemien, dem Ehre und Geld wohl winken, aber durchaus nicht sicher sind, wird von der Familie Vasselli akzeptiert und versucht mit Fleiß, sich dieser Gunst als würdig zu erweisen. Seine spätere Frau lernte er bereits als 13-Jährige kennen, wohlbehütet wächst die junge Virginia ganz im Rollenverständnis ihrer patriarchalischen Umwelt zu einer ihrem künftigen Mann ergebenen Dame heran. In einem Brief an seinen Vater hebt Donizetti auch die Mitgift der Braut hervor, die es ihm als mittellosem Mann ermögliche, sie zu heiraten. Das Mädchen sei zu allem bereit und es mache, was er wolle. Seinem wie einen zweiten Vater geliebten Kompositionslehrer Mayr schreibt er, Virginia sei wie eine Herrin erzogen, mache aber »keinen Pomp daraus«, gewöhne sich an alles, respektiere ihn und liebe ihn nah und fern. Auch aus seinem Elternhaus kannte er den Umgang mit Frauen nicht anders: Der Freiheitsraum seiner Schwestern war eng bemessen, sie wurden wie die Mutter Näherinnen, während sein Bruder Giuseppe als ← KS Carlos Álvarez als Sulpice und Aleksandra Kurzak als Marie, 2013

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Militärkapellmeister Karriere machte und Gaetano selbst zum international gefeierten Komponisten werden sollte. Davon sollte Virginia nicht profitieren, dreimal wurde sie schwanger, doch keines der Kinder überlebte, und nur wenige Wochen nach der letzten Geburt stirbt sie nach nur neun Ehejahren ohne den Triumpf ihres Mannes in Paris miterlebt zu haben. Dorthin AUS DEM M Ä N N LICHEN BLICK HER AUS?


ging Donizetti 1838 und sah sich in den brillantesten Kreisen der elegantesten Stadt Europas am Ziel seiner Aufsteigerträume angelangt. Donizetti wusste also sehr gut, was die Marchesa sich für die Zukunft ihrer Tochter erträumte. Und die Heirat war das Mittel, um Marie ein Leben im Adelsstand und somit entsprechend ihrer leiblichen Herkunft zu ermöglichen. Marie werden von der Marchesa auch genau die Eigenschaften zugesprochen, die dem »natürlichen Geschlechtscharakter« entsprechen: sie lobt ihren Anstand, ihr bescheidenes Wesen und ihre Anmut. Die ambitionierte Mutter setzt im Sinne des Bildungsideals der Aufklärung nun alles daran, Marie zu bändigen, ihr möglichst rasch die nötigen feinen Sitten beizubringen und auf der anderen Seite die soldatischen Umgangsformen abzugewöhnen. Wie aussichtslos dieses ambitionierte Vorhaben ist, zeigt auf höchst amüsante Weise die so schrecklich schiefgehende Gesangsdarbietung Mariens. Die Soldatenlieder seien ihr lieber als Romanzen, gesteht sie ihrem Verbündeten Sulpice. So vergisst sie sich auch prompt und verfällt mitten in dem Gesäusel vom verliebten Schäfer in den Rundgesang des Regiments – sehr zum Entsetzen der Frau Mama. Die hat es sehr eilig mit der Heirat. Dass die Frau ihren Bräutigam dabei nicht einmal kennt, ist aus Sicht der Mutter kein Problem: »Das ist bei uns nicht Mode« meint sie lapidar. Doch warum willigt Marie, wenn auch zögerlich, in das Bündnis ein, obwohl sie ihren Tonio keineswegs vergessen hat? Zu übermächtig sind die herrschenden patriarchalen Rollenbilder, selbst für das trotzige Mädchen, dieses Unikat mit dem Mut wie ein Soldat, »gleich wie ein Mann«. Welch männerprotziges Umfeld bestimmte doch ihr Heranwachsen, das Regiment, das laut Marie »überall des Liebhabers Schreck und des Gatten Pein« ist und ihr zugleich ein Aufwachsen im »Schutz zärtlicher Vaterliebe« bot. 1500 Haudegen, die das Mädchen als ihren Besitz erachten und es wie ein Maskottchen auf ihre Schlachtzüge mitnehmen – der sie aber auch folgen »wie der Trommel«. Heiraten soll sie auch einen der ihren, dabei postuliert sie: »Ich bleibe frei, heirate niemals. (…) Ich bin mein eigener Herr«. Die Tochter achtet ihren »Vater«, das Regiment, wie sie später die Autorität der Marchesa akzeptiert, die diese mit dem Brief des verstorbenen Vaters etabliert. Und just diese Unterwürfigkeit ist es schließlich, die die Marchesa zum Nachgeben bewegt und Marie freimacht, frei für ein Leben als Ehefrau ihres geliebten Tonio. All diese Ambivalenz macht die Figur der Marie so spannend, und ist Ausdruck von Donizettis Blick auf die Frauen – der eben weit differenzierter war als das Klischee. Die Oper wurde bald nach ihrer Premiere im Februar 1840 euphorisch gefeiert, die Pariser stürmten die Opéra comique und machten die Regimentstochter lange unabsetzbar. Dies ist sicher auch der in der Zeit der Julimonarchie überaus großen Popularität des militärischen Milieus geschuldet, gespeist durch die nostalgische Erinnerung an den Krieg und eine bisweilen dämonische Faszination, die von Napoleon für die Grande Armée ausging und J U DIT H STAU DINGER

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sich in Werken der Literatur, Musik und eben Oper niederschlug. Man denke an »Die Grenadiere«, die Romanze von Heinrich Heine (bekannt auch in der Vertonung durch Robert Schumann aus dem Jahr 1840, dem Entstehungsjahr der Regimentstochter) oder Chopins Polonaise A-Dur op. 40 Nr. 1 aus dem Jahr 1838 – besser bekannt als »Militär-Polonaise«. Vielleicht traf aber auch die Gestaltung der Marie als Frauenfigur, die so viele Widersprüche in sich trägt und weit mehr ist als ein klischeehaftes Abziehbild vom traditionellen weiblichen Rollenverständnis, den Nerv der Zeit. Dieser Zeit, die ebenso ambivalent war wie diese Figur, in der patriarchale Strukturen dominierten, Frauen aber zugleich laut davon träumten, ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben zu führen. So wie es Olympe de Gouges forderte in ihrer »Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin«, die sie der Erklärung der Menschenrechte, mit der die moderne Demokratie ihren berühmten Anfang nahm, entgegensetze: dass Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ohne die weibliche Hälfte der Menschheit nicht legitim proklamiert werden können.

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AUS DEM M Ä N N LICHEN BLICK HER AUS?


Andreas Láng

HÖHER, LÄNGER, LAUTER!

Das Faszinosum des Spitzentones 48


Selbst jenen Opernfreunden, die Donizettis Fille du régiment nicht kennen, ist zumindest vom Hörensagen die berühmte, mit neun hohen Cs gespickte Tenor-Arie Tonios (im ersten Finale) ein Begriff. Und selbstverständlich warten dann während der Vorstellung dieses Werkes (vermutlich) alle im Publikum darauf, ob der jeweilige Interpret diese hohen Töne auch tatsächlich lupenrein in das Auditorium schmettert – und womöglich, zur allergrößten Freude, die ganze Arie sogar wiederholt und dann in Summe auf 18 Cs kommt. Von diesem »Ereignis« kann man in der Pause reden, kann man noch in den folgenden Tagen erzählen. Mit der von Gustav Mahler beschworenen Heiligkeit der Kunst hat eine derartige im wahrsten Sinne des Wortes halsbrecherische Gipfelstürmerei so gut wie gar nichts zu tun, und auch manch anderem Komponisten gingen solch publikumswirksamen, stratosphärischen Attraktionen grundsätzlich gegen den Strich. Zumindest, wenn sie so gebracht werden, wie es heute üblich ist: aus voller Brust – do di petto – wie es in Italien heißt. Legendär ist etwa Rossinis Ausspruch, als er den damaligen französischen Tenor Gilbert Duprez, den sogenannten Vater der hohen Cs, einst auf diese Weise singen hörte: Ihm, Rossini wäre gewesen, als ob er die Klänge eines schreienden Kapauns vernommen hätte, dem man gerade die Kehle durchschneidet. Und als ihm Duprez sogar privat vorsang und wieder seine hohen Cs stemmte, eilte der zynische Rossini zu den Vitrinen, um nachzusehen, ob seine Gläser aus kostbarem Glas nicht geborsten wären. Der »Schwan von Pesaro« bevorzugte, wie schon Jean-Jacques Rousseau vor ihm, die per Falsettstimme erreichten hohen Töne. Heutzutage werden allerdings jene Tenöre, die der Rossini’schen Gesangsästhetik folgen, von den (unwissenden) Zuschauern zu Unrecht meist der Feigheit oder gar der Inkompetenz gezeiht, selbst dann, wenn das C sogar überboten wird und ein D gesungen wird, wie beispielsweise vom Léopold in Halévys La Juive. Woran sich zeigt, dass es ja gar nicht darauf ankommt, ob der jeweilige Interpret – oder die Interpretin, deren »gefährliche« Spitzentöne ebenso gefragt sind – tatsächlich die notierten Höhen wiedergibt. Wie oft werden von namhaften Sängern und Sängerinnen auf der ganzen Welt stillschweigend Transponierungen nach unten vorgenommen, sodass aus einem hohen C ein H oder gar ein B wird. Aber welcher Zuhörer hat schon ein absolutes Gehör? Was hoch und schwer nachzuahmen klingt und nicht bloß mit dem Kopfregister »erzeugt« wird, fordert Bewunderung heraus. Über das Warum wurde und wird oft gerätselt und viel gesprochen. Wieso kann an einem Opernabend, an dem es um Interpretation, um Schöngesang, um Expressivität, um transportierte Gefühle und Atmosphäre geht, eine zirkusartige Stimmakrobatik einen so wichtigen Stellenwert einnehmen, dass Sängerleistungen manchmal nur nach dem Gelingen und Misslingen der hohen Spitzentöne beurteilt werden? Wieso brandet nach einem hohen C viel eher ein Beifallssturm auf als nach einer schön gesungenen Phrase? Rousseau fand, dass das Publikum einem Sänger manchmal vor allem aus Erleichterung applaudiert: »Die SenA N DR EAS LÁ NG


sationen sind schrecklich unangenehm und schwer zu ertragen, aber man ist so froh, wenn alles vorbei ist, sodass man nicht anders kann, als in Jubel auszubrechen.« Eine andere Ursache mag vielleicht die Beurteilbarkeit der Qualität eines hohen Tones sein (mit der oben erwähnten Einschränkung der Erkennbarkeit der tatsächlichen Tonhöhe) im Gegensatz zu jener der Musikalität oder Interpretation: Ob ein C (oder was man dafür hält) richtig intoniert, lang genug ausgehalten und mit voller Stimme gebracht wird, ist von jedem nachzuvollziehen. Ob ein Interpret jedoch die musikalische Botschaft, die ein Komponist in die Partitur gelegt hat, wiederzugeben vermag, bedarf schon einer gewissen Vorkenntnis oder zumindest einer musikalischen Intuition. Andererseits: Auch die besten Kenner eines Werkes, sogar Interpretenkollegen, zollen nach gelungenen Spitzentönen lautstark Anerkennung. Die einfache Rechnung: Die Wissenden scheren sich nicht um das sportive Element – höher, länger, lauter – ist also offenbar auch falsch. Vielleicht ist die Antwort auf die Frage nach der Ursache der Bedeutung der Spitzentöne einfach damit zu beantworten, dass das Gesamtkunstwerk Oper trotz aller von den meisten Schöpfern beabsichtigten »Hehrheit« auch die Kategorie Attraktion beinhaltet. Schon Kaiserin Maria Theresia meinte einmal pragmatisch: »Spektakel müssen seyn«. Und so wie die derbkomischen Rüpelszenen in den fein gesponnenen Tragödien Shakespeares ihren Platz haben, um die Fallhöhe der Katastrophen noch deutlicher vor Augen zu führen und die schlussendliche Katharsis noch intensiver zu machen, so haben die zwischendurch eingefügten »Kapaunenschreie« und die mit diesen verbundene Reaktion des Publikums ebenso ihren Platz in einer alle Sinne ansprechenden Musiktheateraufführung.

HÖHER, LÄ NGER, LAU T ER!

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» La Fille du régiment besitzt – wie später die Opern Verdis – eine ganz eigene »tinta musicale«, eine spezifische Klangmischung aus satirischer Ironie, vitaler Lebensfreude und sentimentaler Rührung. « Uwe Schweikert

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W EIBLICHE SELBSTAUSLÖSCH U NG




AUS DEM TAGEBUCH VON SULPICE 7.1.1800 Sieg!! Ich hätte mir, wäre ich nicht Sulpice, fast Sorgen gemacht. Aber zu guter Letzt: Sieg! Unbesiegbar sind wir, wir alle, vor allem aber wir, das 21. Regiment. Nun wird gefeiert. Nur nicht nachdenken, über das, was war. Was kommt, kommt. Der Pulverdampf ist verflogen. Wir machen weiter. 7.1.1800 (später) Es ist etwas Eigenartiges passiert. Mitten auf dem Schlachtfeld habe ich ein Kind gefunden, unverletzt. Wie es dort hinkam? Niemand weiß es. Christian meint, sicher ein Kind einer hochstehenden Familie, aber aus einer unerlaubten Beziehung. Wie es da lag, so sauber und rein, wie aus einer anderen Welt. Und wie es die Ärmchen nach mir ausstreckte… Ich fühle Seltsames: ein Kind? Wir müssen es beschützen, dieses zarte Wesen in dieser schrecklichen Umgebung. Überall Kanonendonner und Schlachtenlärm. Wir haben es ins Lager mitgenommen. Keiner von uns weiß, wie man ein Kind großzieht. Haha, überall verlegene Gesichter. Meine Kameraden! Fürchten weder Tod noch Teufel, können saufen und huren, aber dieses kleine, hilflose Wesen zwingt sie in die Knie. »Na du«, ist das Einzige, was ihnen einfällt. 8.1.1800, frühmorgens Was für eine Nacht! Wie macht sie das: so laut zu schreien? Warum schläft sie nicht? Was will sie? Wir haben ihr Erbsen gegeben und Kohl. Ist das falsch? Was isst so ein Kind? AUS DEM TAGEBUCH VON SU LPICE

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8.1.1800 (etwas später) Sie weint immer noch. Jacques hat einem Bauern aus der Umgebung Milch abgenommen. Babys trinken doch Milch? Renaut meinte, wir könnten eine Amme finden; oder sie ins Waisenhaus stecken. Aber wir anderen waren dagegegen. 8.1.1800 (wieder etwas später) Jetzt schläft sie. Das Regiment ist auch erschöpft. Prügeln ja, aber ein Kind wiegen? Das strengt an. 10.1.1800 Heute Taufe. Wir haben uns entschlossen, sie zu behalten. Wir nennen sie Marie. Manchmal lächelt sie. Manchmal schläft sie. Meistens weint sie. 11.1.1800 Milch und Brot. Das scheint ihr zu schmecken. Die Frau des Bauern, von dem sich Jacques immer Milch beschafft, hat uns Windeln gegeben. Besser so, das muss man zugeben. 18.2.1800 Wir können das Weinen schon gut unterscheiden. Quengelnd: es tut etwas weh (Zähne? Bauch?) Laut und grell: Hunger. Gezogen und drängend: Langeweile. 2.3.1800 Wie alt ist sie eigentlich? Die Bauersfrau meint: ungefähr ein Jahr. Wir glauben es ihr gerne. 4.3.1800 Ich glaube, sie fühlt sich wohl. Leider ist sie nicht mehr so sauber und rosig wie anfangs. Christian hat ihr ein Kleidchen geschneidert. Wer hätte sich das vorstellen können? Seine Riesenhände, wie geschaffen fürs Dreinhauen, haben ganz behutsam eine Nadel geführt. Ein bisschen schief ist das Kleid, aber hübsch. Sie sieht aus wie eine Prinzessin. Ich glaube, ihr gefällt es ebenfalls ganz gut. 16.3.1800 Marie spricht!! Ein Wunder! Heute hat sie uns alle angeschaut und »Papa« gesagt. Wir haben uns vor Freude betrunken. 25.3.1800 So geht es nicht weiter! Marie sagt alles nach, was sie hört. Gestern sagte sie »……!« Das darf nicht sein. Sie bleibt doch ein Mädchen. Also: Kein Fluchen mehr in ihrer Gegenwart. Das wird schwer. 55

AUS DEM TAGEBUCH VON SU LPICE


3.5.1800 Sie trippelt vor sich hin. Nun ist doppelte Wachsamkeit angesagt. Einer muss immer neben ihr sein und aufpassen, dass sie nicht fällt. Was für ein Glück, dass sie 1500 Väter hat, so ist einer immer zur Stelle. 7.1.1801 Heute feiern wir Geburtstag. Morgen müssen wir wieder ins Feld, aber heute wird gefeiert. Gautier hat eine Torte gebacken. Eine Riesentorte für 1500 Mann. Und dann haben wir ihr unser Regimentslied vorgesungen. Schön war’s nicht, aber laut. Sie hat geklatscht. 7.1.1802 An ihrem heutigen Geburtstag mussten wir untereinander ein drängendes Gespräch führen. Wie soll es weitergehen. Sie ist – sagen wir – drei Jahre alt. Bisher haben wir sie alle verwöhnt. Hat sie etwas bei einem nicht bekommen, ist sie zum anderen gegangen. Sie hat ja genug Väter. Nun aber müssen wir eine gemeinsame Linie finden. Wie seltsam sich Männer verhalten, wenn sie Väter werden! Und wie butterweich sie werden, wenn es um ihre eigene Tochter geht. Aber ab jetzt: Keine tägliche Torte mehr von Gautier. Keine Schlittenfahrt mehr in Gautiers größtem Kochtopf rund um die Uhr. Kein Liegenbleiben nach dem Morgenruf. Marie muss lernen, dass es einen Ernst des Lebens gibt. Und dass sie sich nach unserem Zeitplan richten muss, nicht umgekehrt. 5.6.1802 Eine schreckliche Phase. Marie trotzt. Und sie spielt uns alle gegeneinander aus. Manchmal sehne ich mich nach unserem alten Leben zurück. So ist man dauernd beschäftigt, ohne Pause. 7.1.1804 Zu ihrem Geburtstag hat sie uns überrascht und unser Regimentslied gesungen. Nicht schlecht. So kann es also auch klingen? Was da an schlecht unterdrückten Tränen in manchen Augen geblinkt hat… Ich sehe meine Kameraden mit anderen Augen. Und sie pflückt täglich frische Blumen. Warum uns das so freut? 1.3.1804 Heute wieder eine ernste Besprechung. Christian hat Recht: Das Kind braucht eine Ausbildung. Wir haben die Rollen verteilt und einen Zeitplan gemacht. Morgens nach dem Appell zeige ich ihr den Umgang mit den Waffen. Wer zum 21. Regiment gehört, muss wissen, wie man eine Waffe schwingt. Danach Schreiben und Lesen beim Kaplan. Solange wir hier sind, bringt ihr eine Frau aus dem Dorf Nähen und allerlei Handarbeitszeug bei. AUS DEM TAGEBUCH VON SU LPICE

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19.8.1805 Es reicht! Heute Abend hat sie Christian gefragt, warum er so oft betrunken ist. Und Jacques, warum er in jedem Dorf eine neue Ehefrau hat. Wie denn das möglich sei? Hat der Kaplan doch gemeint, man darf nur mit einer Frau verheiratet sein. Mich hat sie gefragt, ob Stehlen zum Soldatenberuf gehört. Aus unserer Prinzessin ist eine kleine Königin geworden. Sie mischt sich in alles ein. Und sie spielt uns schon wieder gegeneinander aus. 21.9.1806 Lesen und schreiben kann sie. Sie schreibt nun auch Tagebuch hat sie mir mit ernster Miene mitgeteilt. Was da wohl drinnen steht? Es geht mich nichts an. 23.9.1806 Sie kann reiten wie ein Mann. Ich bin stolz auf sie. Ganz wie ihre Väter! 1.12.1806 Heute hat sie zwei gleichaltrige Burschen verprügelt. Ein Glück, dass keine Waffen in der Nähe waren. Wer weiß… 24.12.1806 Weihnachten gefeiert. Mir ist ganz warm ums Herz. Früher haben wir gesoffen. Heuer sangen wir Lieder. Familienleben ist doch etwas Schönes! 4.2.1807 Es tut mir leid, aber Marie ist manchmal unerträglich! Heute hat sie uns klipp und klar erklärt, dass sie uns als Soldaten und Väter achtet, wir aber ein paar Fehler hätten, die sie auszumerzen gedenkt. Ihr stinkt erbärmlich, hat sie zum Beispiel gesagt. Seither merken wir es auch. Aber gehört das zum Soldatenleben nicht dazu? Was sie für Ideen hat! Alle zwei Wochen sollen wir uns waschen. Und unsere Kleider auch! Wohin soll das nur führen. Wir sind doch Männer. 6.2.1807 Ich gebe zu: es riecht nun besser. Ein Anblick: Das gesamte 21. Regiment schrubbt in Seifenlauge seine Kleider. Wenn das der Feind gesehen hätte – unser Ruf wäre dahin. 20.7.1807 Heute Schießunterricht. Die Kleine schießt wie der Teufel! Was hätte die für einen Soldaten abgegeben!

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AUS DEM TAGEBUCH VON SU LPICE


21.7.1807 Unerhört! Jetzt hat sie die Melodie vom Regimentslied geändert. Und dem Text auch noch. Bisher hieß es: »Das siegreiche und gefürchteste Regiment«, und nun: »Das siegreiche und charmanteste Regiment«. Charmant? Was soll das? Marie meint: Wir sind nun einmal charmant. Unsinn. Wir sind gefürchtet. Sie bleibt doch ein Mädchen, auch wenn sie kämpfen kann wie ein Bursche. 28.7.1807 Niederlage!! Blamage!! Die Mehrheit hat entschieden. Der Text unseres Regimentsliedes lautet nun: »Das siegreiche und charmanteste Regiment«. Was ist das für ein Unsinn? Ich werde an dieser Stelle ab jetzt nicht mehr mitsingen, egal was die anderen sagen, so wahr ich Sulpice heiße und ein Mann bin!! 30.7.1807 Der neue Text klingt ganz gut. Und gegen Charme ist ja nichts zu sagen.

2.5.1809 Marie will an die Front. Das hat uns wirklich noch gefehlt! Wir haben sie einfach in einer kleine Hütte eingesperrt. Was könnte ihr nur alles zustoßen. Seit Marie bei uns ist, bin ich nicht mehr so sorglos wie früher. Und es wird immer schlimmer! 5.5.1809 Wie sie mit den Verwundeten umzugehen weiß! Wie zartfühlend sie die Kranken pflegt! Wie sie aufheitert. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne sie war. 7.1.1811 Heute hat sie uns mitgeteilt, dass sie Soldatin werden will. Gebe Gott, dass wir ihr das ausreden können. 7.1.1812 Immer noch der Berufswunsch: Soldatin. Ach, Vatersorgen! Ich fürchte, dass ihr etwas zustoßen könnte. Ab heute regelt sie die »Finanzen«, hat sie uns mitgeteilt. Sie will nicht, dass wir unser Geld sinnlos vertrinken. 20.3.1815 Etwas ist anders. Marie ist bei den Waffenübungen unkonzentriert. Sie hat beim Bügeln ein Loch in eine Jacke gebrannt. Sie macht lange Spaziergänge. Sie schaut versonnen vor sich hin. Ich wüsste gerne, was vor sich geht.

AUS DEM TAGEBUCH VON SU LPICE

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20.3.1815 (etwas später) Jetzt seufzt sie. Als ich sie gefragt habe, ob sie nicht vielleicht – wie besprochen – einen aus dem Regiment heiraten möchte, ist sie flammend rot geworden. Ist sie verliebt? In wen? Was nur in ihrem verflixten Tagebuch steht? Und: Ich schaue meine Kameraden ab nun mit anderen Augen an. Wie schwer es doch ist, Vater zu sein! 20.3.1815 (noch etwas später) Tonio! Ein Feind! Ein Tiroler! Versprechen gebrochen – einen aus dem Regiment heiraten! Pah! Frauen! Sie bleibt eine Frau! Und doch… sie ist meine Tochter. Wie sie ihn ansieht… Pah! Ich werde den Kerl fordern. Und zerquetschen! Ein Tiroler! Ein Scherz! Letztendlich entscheidet immer der Vater! Ohne mich geht nichts. Das kann sich das Fräulein hinter die Ohren schreiben! Wäre doch gelacht! Diesmal wird es nicht nach ihrem Willen gehen, das schwöre ich bei meiner Ehre…

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Leoš Janáček AUS DEM TAGEBUCH VON SU LPICE


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Roland Girtler

DER ZAUBER DER MARKETENDERIN Die Regimentstochter, die uneheliche und weggelegte Tochter einer Gräfin, wächst als Findelkind bei den Soldaten eines Regimentes auf. Marie heißt sie und wird als hübsche junge Frau deren Marketenderin. Marketender und Marketenderin gehörten speziell im 17. Jahrhundert während des Dreißigjährigen Krieges zum Tross der Truppen. Aufgabe der Marketender war es, die Soldaten vor allem mit Lebensmitteln und Ähnlichem zu versorgen. Im Wort Marketender steckt das italienische Wort »mercatante«, das soviel wie Kaufmann oder Händler heißt. Von Marketenderinnen weiß man, dass sie die Truppen nicht nur mit Dingen des Alltags belieferten, sondern auch sehr offenherzig in Sachen der Sexualität waren. Von daher rührt ihr mitunter zweifelhafter Ruf. Die Marketenderinnen der alten Heere leben in den Marketenderinnen weiter, die heute Musikkapellen begleiten und die Musiker mit guten Getränken versorgen. Deren Ruf ist gewiss ein guter. Nicht so war es bei den klassischen Marketenderinnen, die ihr Geschäft des Handelns meist auch mit dem der Prostitution verbanden. Manche Marketenderinnen werden wohl nur mehr als Dirnen ihre Geschäfte gemacht haben. Jedenfalls waren sie Frauen, denen man eine freizügige sexuelle Moral vorzuwerfen pflegte. Dies zeigt sich in dem Werk von Donizetti. Marie, die von ihrer gräflichen Mutter im Regiment gefunden, auf deren Schloss geholt und in gutes Benehmen eingeführt wurde, soll nach dem Willen ihrer Mutter den Sohn eines Herzogs heiraten. Die eingeladenen feinen adeligen Gäste ziehen sich jedoch empört von der Hochzeitsgesellschaft zurück, als sie hören, dass Marie früher in ihrem Regiment, das sich gerade einfindet, eine beliebte Marketenderin gewesen ist. Es mag sein, dass der Roman Die Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin (Landstreicherin) Courasche von Hans Jakob DER ZAU BER DER M A R K ET EN DER IN

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Christoph von Grimmelshausen (1622-1676) Donizetti beeinflusst haben mag. Auch die Frau mit dem Namen Courasche ist Marketenderin und gräflicher Herkunft, wie sie selbst erzählt. Courasche ist eine Marketenderin, die weit herumkommt. Interessant ist der Name »Courasche«, es zahlt sich aus, ihn kurz zu erklären, denn er passt in die Welt der alten Armeen und Marketenderinnen. Im 3. Kapitel erzählt die Marketenderin, dass sie zunächst als junger Mann verkleidet an einem Kriegszug – um 1619 – teilgenommen hat. Dabei habe sie mit einem Burschen gerauft. Sie zerkratzte ihm das Gesicht, denn sie befürchtete, dass er dahinterkäme, dass sie eine junge Frau ist. Als sie von einem Rittmeister darauf gefragt wurde, warum sie dies getan hätte, antwortete sie: »Darum, daß er mir nach der Courasche gegriffen hat, wohin sonst noch keines Mannsmenschen Händen kommen sein.« Eine andere Bezeichnung des geheimnisvollen Körperteiles der Frau erschien ihr zu gewöhnlich, wie sie meint. Dem Rittmeister gefiel die Bezeichnung »Courasche« und er nannte sie, die eigentlich Libuschka geheißen hat, ab nun so. Als Marketenderin tritt Courasche unter diesem neuen Namen fortan auf. Grimmelshausens Beschreibung des Lebens der Courasche gibt einen guten Einblick in das Wirken der klassischen Marketenderinnen, die im Tross der Kriegsheere mitzogen und zu denen auch unsere Regimentstochter gehörte. Marketenderinnen, so auch unsere Regimentstochter, begleiteten ihre Truppen durch die Kriegswirren und sind immer in der Nähe des Schlachtengetümmels und der Geschützfeuer. Die Marketenderinnen wussten um die leiblichen und seelischen Bedürfnisse ihrer kriegerischen Gefährten. In der Männerwelt der Krieger bieten sie Abwechslung an, versorgen die Männer, die müde vom Kämpfen sind, mit Speis, Trank und Liebe. Marketenderinnen sind streitbare Damen. Damit es im Tross nicht allzu wild zugehe, wurde in manchem Landsknechtsheer ein eigener Polizist, den man den »Hurenwebel« nannte, eingesetzt. Dennoch ging es im Tross der Heere sehr locker zu. Und alle, die mit dem Tross zu tun hatten, wie auch die Feldschere – die Ärzte –, waren beim braven Bürger wenig angesehen. Das »offene Herz« der Marketenderinnen preist Heinrich Heine in seinem Lied der Marketenderin »Und die Husaren lieb ich sehr, Ich liebe sehr dieselben; Ich liebe sie ohne Unterschied, Die blauen und die gelben. Und die Musketiere lieb ich sehr, Ich liebe die Musketiere, Sowohl Rekrut als Veteran, 63

ROLA N D GIRT LER



Gemeine und Offiziere. Die Kavallerie und die Infanterie, Ich liebe sie alle, die Braven; Auch hab ich bei der Artillerie Gar manche Nacht geschlafen. Ich liebe den Deutschen, ich lieb den Franzos, Die Welschen und Niederländ’schen, Ich liebe den Schwed, den Böhm und Spanjol, Ich liebe in ihnen den Menschen. Gleichviel von welcher Heimat, gleichviel Von welchem Glaubensbund ist Der Mensch, er ist mir lieb und wert, Wenn nur der Mensch gesund ist. Das Vaterland und die Religion, Das sind nur Kleidungsstücke – Fort mit der Hülle! dass ich ans Herz Den nackten Menschen drücke. Ich bin ein Mensch, und der Menschlichkeit Geb ich mich hin mit Freude; Und wer nicht gleich bezahlen kann, Für den hab ich die Kreide. Der grüne Kranz vor meinem Zelt, Der lacht im Licht der Sonne; Und heute schenk ich Malvasier Aus einer frischen Tonne.« Das Herz der Marketenderin überspringt Kulturen und Länder. Sie erfreut mit frischem Trunk und heiterer Liebe die Soldaten, sie gewährt ihnen Heimat, aber meist nur für kurze Zeit. Die Marketenderin lernt im Tross der Truppe die Welt des Krieges kennen. Während des Dreißigjährigen Krieges kommt eine tüchtige Marketenderin fast durch ganz Europa. Dies wusste auch Friedrich Schiller, der in seinem Stück Wallensteins Lager eine Marketenderin einem Landsknecht erzählen lässt, wo sie es überall hingetrieben hat, von einem Ende Europas zum anderen: ← John Tessier als Tonio und Julie Fuchs als Marie, 2016

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»Bin hinauf bis nach Temeswar Gekommen, mit den Bagagewagen, Als wir den Mansfelder täten jagen. DER ZAU BER DER M A R K ET EN DER IN


Lag mit dem Friedländer vor Stralsund, Ging mir dorten die Wirtschaft zugrund. Zog mit dem Sukkurs vor Mantua, Kam wieder heraus mit dem Feria, Und mit einem spanischen Regiment Hab ich einen Abstecher gemacht nach Gent. Jetzt will ich’s im böhmischen Land probieren, Alte Schulden einkassieren – Ob mir der Fürst hilft zu meinem Geld. Und das dort ist mein Marketenderzelt.« Als der Soldat, ein »Jäger«, sie auf ihre Liebschaft mit einem »Schottländer« hinweist, erzählt sie: »Der Spitzbub! der hat mich schön betrogen. Fort ist er! Mit allem davon gefahren, Was ich mir tät am Leibe ersparen.« »Ließ mir nichts als den Schlingel da!« Mit ihren unehelichen Kindern zog auch die Mutter Courage bei Bert Brecht herum. Bert Brecht lehnt sich offensichtlich in seiner Mutter Courage an die »Courasche« des Grimmelshausen an. Das Leben der Marketenderin ist bestimmt durch Krieg, Liebe und die Freude an den Dukaten, die sie verdient. Gute Marketenderinnen verstehen, Männer zu locken und mit ihnen zu scherzen. Sie wissen – ganz im Stile der klassischen Dirne – Männer auf Distanz zu halten, sie verkaufen ihnen die heitere Freude eines Abends, aber das Innere ihres Herzens geben sie nur jenem Mann preis, den sie wirklich liebt. Dies tut auch Marie, die Regimentstochter, die ihr Herz nicht dem Sohn eines Herzogs schenkt, wie es ihre gräfliche Mutter will, sondern einem Soldaten aus dem Regiment. Ähnliches erfuhr ich bei meinen Forschungen bei Wiener Dirnen. Zu mir meinte einmal eine altgediente Dame vom Wiener »Strich«, auch sie brauche jemanden für ihr Herz. Wenn sie von ihrer Arbeit mit Männern heimkäme, so sei sie dankbar, wenn ihr Freund ihr zeigt, dass er sie respektiert und als Frau ernst nimmt. Dirnen und Marketenderinnen sind auch offen für die echte Liebe, nämlich für einen Mann, dem sie ihr Herz schenken darf. Das tut die Regimentstochter, die ihre Würde und ihren Stolz bewahrt hat. Sie ist von einem natürlichen Adel, ein Adel, der den Männern gefällt. Eine besondere Betonung erhält dieser »natürliche« Adel durch die Entdeckung, dass sie tatsächlich die uneheliche und weggelegte Tochter einer gräflichen Dame ist. Das kümmert sie schließlich wenig, als sie unter dem Jubel des Regiments, zu dem sie als Marketenderin gehört, ihre Liebe offen dem zum Leutnant gewordenen Soldaten zeigt. Eine wahrlich freie Frau! DER ZAU BER DER M A R K ET EN DER IN

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» Maries Larghetto » Il faut partir « beginnt mit einer Intonation des Englischhorns, das dem ersten f-Moll-Vers als obligates Instrument erhalten bleibt, und wechselt dann in einer sanften Modulation ins parallele Dur, das eher noch schmerzlicher wirkt in dem Versuch, den Schmerz zu überdecken – Verdi wird dasselbe Mittel im ersten Akt von La traviata einsetzen, wenn Violetta (» Ah, forsʼ è lui «) in sich die Gefühlsverwirrung von Liebeslied und Liebeslust entdeckt. «

→ Nächste Seiten: Szenenbild, 2011

Ulrich Schreiber 67

PR ÄGEN DE W EIBLICHE ASPEKT E AUS SELBSTAUSLÖSCH LEOŠ JA NÁČEKS U NG BIOGR A FIE


Andreas Láng

VOM KÄRNTNERTOR BIS ZUM FRANZJOSEFS-KAI

Die Regimentstochter in Wien


Richard Wagner nannte Wien verächtlich eine Donizetti-Stadt. Und tatsächlich lag das hiesige Publikum – die Mitglieder des Kaiserhauses inbegriffen – dem kaiserlichen »Hofcompositeur und Kammerkapellmeister« aus Bergamo gleichsam begeistert zu Füßen. Wenn auch nicht jede Oper aus der Feder des Viel- und Schnellschreibers den gewünschten Erfolg zeitigte, so war er doch über Jahre einer der ungekrönten Könige des Musiktheaters in der Donaumetropole. Ein Umstand, der sich unter anderem in der Popularität der Fille du régiment eindrücklich widerspiegelt: In den ersten 150 Jahren nach der Wiener Erstaufführung war das Werk an nicht weniger als acht unterschiedlichen Theatern der Stadt zu erleben. Ein Publikumsmagnet also, auf den man nur ungern verzichten wollte. Den Anfang machte am 11. Mai 1841 das ehrwürdige k.k. Hoftheater nächst dem Kärntnertore, die Vorgängerinstitution der heutigen Staatsoper. Symptomatisch ist allerdings die Tatsache, dass das Wiener Publikum – das französischen Opern bis ins 20. Jahrhundert eher reserviert gegenüberstand – nicht die Pariser Uraufführungsfassung vom 11. Februar 1840 vorgesetzt bekam, sondern die wenige Monate später (von Donizetti) erstellte italienische Version der Mailänder Scala. Man hörte demnach anstelle der Opéra comique La Fille du régiment die Opera comica La figlia del reggimento, zudem war der Handlungsschauplatz nicht mehr das österreichische Tirol, sondern die benachbarte Schweiz. Außerdem, und daran sollte sich, zumindest an der Hofoper, in den nächsten Jahrzehnten selten etwas ändern, gesellte man dem Donizetti-Opus – nach entsprechenden Kürzungen – noch ein Tanzstück bei, in diesem Fall das mythologische Ballett Mars und Venus. Immerhin blieb die Musik Donizettis im Wesentlichen unangetastet, was man hingegen von der Fassung des Theaters an der Wien knapp zwei Jahre später nicht behaupten kann. Was hier am 11. Februar 1843 unter Marie, die Tochter des Regiments, über die Bühne ging, war mehr eine freie Variation über den Inhalt der Oper denn eine tatsächliche Wiedergabe des Stückes. Abgesehen vom etwas ungelenken Titel, fällt einem beim Blick auf den Abendzettel zunächst die Beschreibung »Vaudeville in 2 Abteilungen« auf. Schlimmstes vermuten lässt jedoch vor allem die lapidare Feststellung »Musik von verschiedenen Meistern«, neben der der Umstand der Umbenennung des Tonio in Antoine kaum noch erwähnenswert sein dürfte. Kein Wunder, wenn das Kärntnertortheater noch im September desselben Jahres ebenfalls eine deutsche Übersetzung anbot: Diesmal hieß das Produkt (im Abonnement »Deutsche Oper«) Marie oder die Tochter des Regiments – eine komische Oper in zwei Aufzügen. Aus den »verschiedenen Meistern« ist allerdings wieder der Kammerkapellmeister Seiner k.k. Majestät Gaetano Donizetti geworden. Und aus dem Antoine der ursprüngliche Tonio – wenn auch nach wie vor mit schweizerischem Pass. Das Vaudeville-Abenteuer blieb dann schlussendlich nur auf das Theater an der Wien beschränkt, denn die übrigen Bühnen der Stadt, die das Werk zur Auslastungssteigerung auf den Spielplan setzten, vertrauten doch lieber 69

A N DR EAS LÁ NG


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← Abendzettel der ersten Eigenproduktion im Haus am Ring, 1876

der Musik Donizettis und brachten in den nächsten Jahrzehnten zwar immer noch nicht das französische Original, aber immerhin in einer gewissen Regelmäßigkeit entweder die deutsche oder die italienische Übersetzung der Oper heraus, wobei sich im ersteren Fall nach und nach der kürzere und griffigere Stücktitel Die Regimentstochter durchsetzte. Für manchen heutigen Wiener Theaterbesucher mag es vielleicht verblüffend sein, dass das gegenwärtig nur mehr als Schauspielhaus fungierende Theater in der Josefstadt ebenfalls zur Aufführungsstätte der Regimentstochter wurde. Und das inzwischen kaum noch bekannte Treumanntheater am Franz-Josefs-Kai, das schon wenige Jahre nach der Eröffnung einem Brand zum Opfer fiel, verwöhnte die Zuschauer ebenfalls mit diesem kurzweiligen Zweiakter. Selbstverständlich durfte das Werk, nicht zuletzt auf Grund der Gattungszugehörigkeit Opéra comique, auch nicht an der sogenannten Komischen Oper, besser bekannt unter dem Namen Ringtheater, fehlen. Wichtig für die Rezeptionsgeschichte der Regimentstochter im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war der mehrfache Operndirektor Franz Jauner, eine an sich eher tragische Figur unter den Wiener Theaterleitern. Sein Selbstmord im Jahre 1900 könnte im engen Zusammenhang mit dem spektakulären Brand des Ringtheaters im Jahre 1881 stehen. Jauner, der wenige Monate vorher den Direktionssessel der neuerbauten Hofoper mit jenem des Ringtheaters getauscht hatte, dürfte diese Katastrophe innerlich gebrochen haben. Unbestritten war jedoch seine Fähigkeit, zugkräftige Stücke anzusetzen – so machte er als Direktor der neuen Hofoper das Publikum unter anderem mit Bizets Carmen bekannt oder engagierte Richard Wagner als Lohengrin-Dirigenten. Der Regimentstochter »ermöglichte« er überhaupt gleich drei Premieren: zweimal an der Hofoper – und zwar sowohl die italienische (mit der gefeierten Marie Heilbronn als Marie) als auch die deutsche Erstaufführung im neuen Gebäude – und einmal an seinem Stammhaus, am Carltheater. Zumindest die deutsche Version blieb dann den Zuschauern der Hofoper auch nach der Ära Jauner erhalten: Bis 1910 erlebte die Regimentstochter hier nicht weniger als 81 Aufführungen. Freilich, wie schon erwähnt, immer in Begleitung eines zusätzlichen Bühnenwerkes – meist waren dies Ballette wie Aschenbrödel, Coppelia oder die Puppenfee, aber auch Korngolds Pantomime Der Schneemann und Mascagnis Cavalleria rusticana mussten herhalten. (Ein derartiges Schicksal erlitten damals, nebenbei bemerkt, zahlreiche Opern: So wurden beispielsweise Puccinis La bohème oder Verdis Rigoletto ebenfalls mit dem einen oder anderen Ballett kombiniert.) Zum Wiener Stammhaus der Regimentstochter entwickelte sich dann im 20. Jahrhundert die Volksoper: Parallel zur Hofoper wurde ab dem 18. November 1904 auch am Währinger Gürtel die deutschsprachige Übersetzung dieses Dauerbrenners in den Spielplan aufgenommen – und dort blieb das Werk mit einigen Unterbrechungen bis 1988 erhalten: Die erste Wiederaufnahme nach 1904 folgte 16 Jahre später, die nächsten Neuproduktionen 1938

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beziehungsweise nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1972. Bei der letztgenannten Premiere sangen keine Geringeren als Reri Grist (Marie), Irmgard Seefried (Marquise von Berkenfield), Oskar Czerwenka (Sulpice) oder Adolf Dallapozza (Tonio). Darüber hinaus war last but not least Ljuba Welitsch als Herzogin von Crakentorp zu erleben. Noch 1987 wurde an der Volksoper die neue Spielzeit mit einer Neueinstudierung der Regimentstochter eröffnet – dann folgte eine für Wiener Verhältnisse recht lange Regimentstochter-freie Zeit – immerhin knapp 20 Jahre. Beendet wurde diese schließlich am 1. April 2007 durch die Premiere der aktuellen Produktion, der – endlich nachgeholten – französischsprachigen Erstaufführung der Fille du régiment an der Wiener Staatsoper mit Natalie Dessay als Marie und Juan Diego Flórez als Tonio sowie Carlos Álvarez (Sulpice), Janina Baechle (Marquise) und Montserrat Caballé (Duchesse). Vor der Premiere dieser Inszenierung hatte es im Vorfeld ja noch die eine oder andere kritische Stimme gegeben: Die meisten im heutigen Publikum kannten diese komische französische Oper nur vom Hörensagen, dass sie im Haus am Ring so lange nicht gespielt worden war, galt für viele als Indiz ein schwächeres, staatsopernuntaugliches Stück am Spielplan vorzufinden. Umso größer dann die Überraschung nach der Premiere, als das Publikum Interpreten, den Regisseur und das Werk in einem Maße feierten, wie es in dieser Dreiheit nur selten vorkommt. Die neue Fille du régiment war also in Wien ein Erfolg auf allen Linien. Aber nicht nur in Wien, da die Produktion mit zum Teil anderer Besetzung danach beziehungsweise davor auch in London und an der Met erlebt werden konnte. Das erklärt zugleich, warum die Inszenierung nach nur zehn Vorstellungen vom Staatsopernspielplan verschwand und trotz oftmaliger Bitten seitens der Zuschauer nicht wieder gezeigt wurde: Die Kulissen waren weitergewandert und an zusätzliche Aufführungen in Wien nie gedacht worden. Später gelang es, die Produktion nach Wien zurückzuholen und bleibend dem Spielplan einzuverleiben.

→ KS Montserrat Caballé als Duchesse von Crakentorp, 2007

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Die OMV ist seit langem Generalsponsorin der Wiener Staatsoper und wir sind stolz, diese herausragende österreichische Kulturinstitution mit voller Energie zu unterstützen. Wir freuen uns mit Ihnen auf die bewegenden Inszenierungen. Alle Sponsoringprojekte finden Sie auf www.omv.com/sponsoring

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Impressum Gaetano Donizetti LA FILLE DU RÉGIMENT Spielzeit 2022/23 Wiederaufnahme (Premiere der Produktion: 1. April 2007) HERAUSGEBER Wiener Staatsoper GmbH, Opernring 2, 1010 Wien Direktor: Dr. Bogdan Roščić Musikdirektor: Philippe Jordan Kaufmännische Geschäftsführerin: Dr. Petra Bohuslav Redaktion: Sergio Morabito, Andreas Láng, Oliver Láng, basierend auf den Programmheften 2007 (Premiere) und 2013 (Wiederaufnahme). Gestaltung & Konzept: Fons Hickmann M23, Berlin Layout & Satz: Anton Badinger Bildkonzept Cover: Martin Conrads, Berlin Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Bad Vöslau TEXTNACHWEISE Die Handlung (Übernahme aus dem La Fille du régimentProgrammheft der Wiener Staatsoper, 2007), englische Übersetzung von Andrew Smith – Kriegen sich die beiden, oder doch nicht? Interview mit Laurent Pelly (Übernahme aus dem La Fille du régiment-Programmheft der Wiener Staatsoper, 2007) – Gerhard Kramer, Ein Italiener in Paris (Übernahme aus dem La Fille du régiment-Programmheft der Wiener Staatsoper, 2007) – Roberto Scoccimarro, Inzwischen habe ich eine Oper komponiert (Übernahme aus dem La Fille du régimentProgrammheft der Wiener Staatsoper, 2007) – Arnold Jacobshagen, Donizetti-Style – Livio Marcaletti, Marie – eine bürgerlich-liberale Tochter des Bonapartismus? – Judith Staudinger, Ist die Regimentstochter aus dem männlichen Blick Donizettis verfasst? – Andreas Láng, Höher, länger, lauter (Übernahme aus dem La Fille du régiment-Programmheft der Wiener Staatsoper, 2013) – Aus dem Tagebuch von Sulpice (Übernahme aus dem La Fille du régiment-Programmheft der Wiener Staatsoper, 2013) – Roland Girtler, Der Zauber der Marketenderin (Übernahme aus dem La Fille du régiment-Programmheft der Wiener Staatsoper, 2007) – Andreas Láng, Vom Kärntnertor bis zum Franz-Josefs-Kai (Übernahme aus dem La Fille du régiment-Programmheft der Wiener Staatsoper, 2007)

BILDNACHWEISE Coverbild: Linda Molenaar, Tutu and Buste, 2017 & 2018 © Bildrecht, Wien 2022 Szenenbilder Seite 27, 73: Axel Zeininger / Wiener Staatsoper GmbH Szenenbilder Seite 2/3, 9, 14/15, 37, 41, 44, 52/53, 60/61, 64: Michael Pöhn / Wiener Staatsoper GmbH Nachdruck nur mit Genehmigung der Wiener Staatsoper GmbH / Dramaturgie Kürzungen werden nicht gekennzeichnet. Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.


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