Programmheft »Mahler, live«

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mahler, live


inhalt

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Über die heutige Vorstellung

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About today’s performance

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Live

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Ein doppeltes Schauen Claudia Rosiny

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Alles beginnt mit der Kamera Hans van Manen im Gespräch

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Kamera und Sehen Beau Lotto / Helmut Ploebst

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Fünf Fragen an Henk van Dijk

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Sublime Albumblätter Anne do Paço

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Wie ein gewaltiger Archipel Martin Schläpfer im Gespräch

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Radikaler Kommentar zum Lauf der Welt Anne do Paço

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Gustav Mahler über seine 4. Symphonie

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Der Himmel hängt voll Geigen

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Ensemble & Biographien


MARTIN SCHLÄPFER

»Für mich ist der Tänzer die Krone der Choreo­graphie, der schöpferische Künstler, der im Moment des Tanzens meinen Text interpretiert und versteht, was sein ­ kleiner Satz im Kontext eines großen Zusammenhangs ­bedeutet.«


mahler, live

Live Ein Videoballett Hans van Manen 4 Martin Schläpfer Streaming-Premiere 4. Dezember 2020 Publikumspremiere 2. April 2022 Wiener Staatsoper


über die heutige vorstellung Eine Frau, ganz allein auf der großen Bühne, mit dem Rücken uns zugewandt. Auf ihre Füße ist eine auf dem Boden liegende Kamera gerichtet. Ein Mann kommt dazu, hebt die Kamera auf und lässt sie über die Zuschauer schweifen. Riesengroß auf eine Leinwand geworfen, werden wir zu Protagonisten eines Stückes, das – mit dem Medium des Films – ein meisterhaftes Vexierspiel über die Mechanismen der Wahrnehmung eröffnet und die Grenzen des Bühnenraums sprengt. Hans van Manen hat mit seinem Ballett Live Tanzgeschichte geschrieben. 1979, in der Pionierzeit der Videotechnik kreiert und in Amsterdam uraufgeführt, wurde Live bisher ausschließlich von Het Nationale Ballet getanzt, dem der 89-jährige Hans van Manen bis heute als Hauschoreograph verbunden ist. Auf besonderen Wunsch Martin Schläpfers hat der Niederländer seine Arbeit nun dem Wiener Staatsballett und damit erstmals einer weiteren Compagnie anvertraut. Ballettdirektor und Chefchoreograph Martin Schläpfer antwortet diesem intimen Kammerspiel in seiner ersten Wiener Arbeit mit einem großen Ballett, das er allen Tänzerinnen und Tänzern seines Ensembles widmet. Schlicht 4 nennt er seine Uraufführung zu Gustav Mahlers 4. Symphonie, die ihn mit ihrer hintergründigen Schönheit, ihren gefährdeten Idyllen, aber auch ihrem bösen Humor, ihren scharfen Tönen und ihrer drastischen Schilderung eines ganz und gar nicht himmlischen Paradieses zu einem tänzerischen Welttheater inspirierte. Mahlers Dramaturgie der Brüche und Verwerfungen aufgreifend entfaltet Martin Schläpfer kaleidoskopartige Bilder des Menschen, voller Sehnsucht, Ausgesetztheit und Verlorenheit, traumentrückt oder sich an den großen Fragen des Lebens reibend – Szenen »wie Inseln eines gewaltigen Archipels« untergründig miteinander verbunden.

ÜBER DIE HEUTIGE VORSTELLUNG

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about today’s performance A woman is all alone on a large stage with her back towards us. A camera lies on the floor, pointing at her feet. A man enters, picks up the camera and uses it to pan the audience. Projected onto a giant screen, we become protagonists of a piece that uses the medium of film to initiate a masterful and mysterious game revolving around the mechanics of perception while exploding the boundaries of the stage space. With his ballet Live, Hans van Manen made dance history. First performed in Amsterdam in 1979 and created in the pioneering age of video technology, Live has previously been danced exclusively by Dutch National Ballet, with whom the 89-year-old Hans van Manen remains associated to this day as resident choreographer. At Martin Schläpfer’s special request, the Dutch artist has now entrusted his work to the Vienna State Ballet: the first time that he has allowed it to be performed by another company. In his first work for Vienna, Ballet Director and Chief Choreographer Martin Schläpfer responds to this intimate chamber piece with a large-scale ballet dedicated to all the dancers in his ensemble. 4 is the simple title he gives to his world premiere danced to Gustav Mahler’s 4th Symphony, which, with its profound beauty, its precarious idylls, but also its wicked humour, sharp tones and drastic depiction of a paradise that is anything but heavenly, has inspired an entire world of dance theatre. Drawing on Mahler’s dramaturgy of disjunctions and distortions, Martin Schläpfer unfolds kaleidoscopic images of a mankind filled with desire, exposed and forlorn, rapt in dreams or confronted by life’s great questions – scenes »like the islands of a mighty archipelago« that are all connected together beneath the surface.

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ABOUT TODAY’S PERFORMANCE



live Ein Videoballett

Musik Sospiri! aus Fünf kleine Klavierstücke S.192, Bagatelle sans tonalité S.261a, Wiegenlied S.198, Nr. 1 bis 4 aus Fünf kleine Klavierstücke S.192 und Abschied S.251 von Franz Liszt Choreographie Hans van Manen Kostüme Keso Dekker Licht & Produktionsleitung Bert Dalhuysen Einstudierung Rachel Beaujean Kamera Balázs Delbó Klavier Schaghajegh Nosrati

URAUFFÜHRUNG 2. JUNI 1979 HET NATIONALE BALLET – WINTERZIRKUS CARRÉ AMSTERDAM MIT COLEEN DAVIS, HENNY JURRIËNS & HENK VAN DIJK (KAMERA)


JOCHEN SCHMIDT

»Für Michelangelo musste eine gute Skulptur einen Berg hinunter rollen ­können, ohne dabei zu ­zer­brechen. Hans van ­Manen stellt diese Art von Skulpturen mit der ­Sprache des Tanzes her: choreographische Kunstwerke, reduziert auf das ­Wesentliche und dennoch durchdrungen von Gefühlen, Konflikten und Spannungen der Zeit. «


Hans van Manen


ein doppeltes schauen

CLAUDIA ROSINY

1979 entstand eine markante Choreographie, in der Projektionen mittels Videotechnik einen wesentlichen Teil der Bühneninszenierung ausmachen – in Amsterdam kreierte Hans van Manen im Rahmen des Holland Festivals mit Premiere am 2. Juni Live, in dem eine Solotänzerin, ein Kameramann und Live-Projektionen seiner Aufnahmen zentral stehen. Dieses intime Werk, das den Untertitel Ein Videoballett trug, schuf er für den riesigen Raum des Amsterdamer Winterzirkus Carré. Den Titel Live wählte van Manen bewusst als Fernsehterminus, um vergleichbar mit den Performanceaktionen die Gleich­zeitigkeit von Aufzeichnung und Aussendung auszudrücken – die Aufnahmen des Kameramanns Henk van Dijk, der sich im Dialog mit der Tänzerin Coleen Davis bewegt, sind über eine Großprojektion als Bühnenhintergrund und Verdopplung des Live-Tanzes sichtbar. Auffallend ist die Gesamtstruktur des Werkes, das in verschiedene Teile und Formen des Medieneinsatzes gegliedert werden kann: Live beginnt mit dem Auftritt des Kameramanns, der mit seiner tragbaren Kamera Personen aus dem Publikum filmt. Der Blick ins eigene Antlitz löst ein Lachen der Zuschauenden aus, legt die Selbstreflexivität des Mediums und mittels des »Ertapptseins« die voyeuristische Position des Pub-

EIN DOPPELTES SCHAUEN

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likums offen. Erst nach dem Auftritt der Tänzerin nimmt Henk van Dijk diese ins Bild, folgt ihrem Solotanz und ermöglicht dem Publikum eine mediale Verdopplung: In der Totale des Bühnenraumes kann das Wechselspiel zwischen Kameramann und Tänzerin verfolgt werden, die parallel projizierten Großaufnahmen von Gesicht, Händen und Füßen verstärken die Aussagekraft und Emotionen der Tänzerin. Anders als in der Selbstbezogenheit der Solo-Performancekunst entsteht ein intimer Dialog, an dem das Publikum in voyeuristischer Perspektive teilhat: Coleen Davis scheint die Anwesenheit von Zuschauern nicht wahrzunehmen und an keiner Stelle des Stückes richten sie oder der Kameramann ihren Fokus in den Zuschauerraum. Die Tänzerin wirkt vollkommen bezogen auf die bewegte Kamera, die Spiegel, konfrontatives Gegenüber und Tanzpartner zugleich ist. Die Kamera wird im Verlauf des Solotanzes zur eigenständigen »Person«, wobei hinter ihr mit Henk van Dijk tatsächlich ein früherer Tänzer das Medium, das zwischen den beiden Personen steht, bewegt. Die Konfrontation geht so weit, dass van Dijk sich auf den Rücken legt, Davis über ihn hinweg schreitet und die Kamera drehende, die Raumorientierung verlierende Bilder produziert. Van Manen interessierte sich für alle technischen Innovationen und stellte seine Ballette schon früh, ab 1958, dem Fernsehen zur Verfügung; auch Kreationen fürs Fernsehmedium entstanden kurz darauf, beispielsweise Kain und Abel von 1961, welches die Eigenheiten des Mediums berücksichtigte und erst anschließend den Weg auf die Bühne fand. Von Live wurde 1986 im Rahmen eines fünfteiligen Programms unter dem Titel On Show. Five van Manen pieces eine Bearbeitung durch das niederländische Fernsehen gemacht. Diese zwölfminütige Fernsehversion zeigt nur den ersten Teil des Duetts von Tänzerin und Kameramann. Um die Verdopplung von Live-Präsentation und Repräsentation im Bildmedium im Fernsehen zu kennzeichnen, wurde die Projektion als Schwarz-weiß-Bild elektronisch in die farbige Live-Aufnahme von Tänzerin und Kameramann gestanzt. Zusätzlich verdeutlichen Schrifteinblendungen die mediatisierte Form: »In Live hat Coleen Davis zwei Körper. Der eine tanzt, und der andere erscheint auf einem Bild hinter ihr. Dieser Körper kommt aus der Kamera von Henk van Dijk.« Und nach der Einblendung der auf dem Boden liegenden Kamera und einem Stanzenbild mit horizontal liegenden Beinen wird dazu eingeblendet: »Wer ist die Tänzerin – sie, die tanzt, oder sie, die abgebildet wird?« Um diese Film-im-Film-Situation im Fernsehen überhaupt zu vermitteln, musste die gesamte Situation nochmals von Fernsehkameras aufgenommen werden. Und diese dritte Ebene wird wiederum durch ein Stanzenbild links oben im Bild offengelegt, das den Kameramann an seiner auf einem Stativ stehenden Kamera zeigt – die körperliche Präsenz der Ballerina wird somit mehrfach auf verschiedenen medialen Ebenen repräsentiert und mediatisiert. Die Fern­ sehfassung reflektiert mit den dem Medium eigenen Mitteln das doppelte Schauen der Theatervorstellung und versetzt das Fernsehpublikum diesmal wirklich in eine voyeuristische Position. In weiteren Teilen der Choreographie im Theater werden Filmeinspielungen im Sinne einer Extension als Erweiterungen des Raumes eingesetzt: Ein Pas de deux der Tänzerin mit ihrem Partner Henry Jurriëns findet im Foyer statt und wird live ins Theater auf die Leinwand übertragen. Auf diese Weise wird mit üblichen Theaterkonventionen ge 9

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spielt: Während die Verdopplung mittels Bildprojektion und Live-Tanz noch vor den Augen der Zuschauenden abläuft, wird in dieser Szene das Publikum »allein« gelassen, sieht sich plötzlich in einem Theaterbau mit den Konventionen des Kinos konfrontiert. Trotzdem ist zu erkennen, dass sich die Szene im gleichen Gebäude abspielen muss. Ebenso am Ende des Stückes, wenn die Tänzerin das Theater verlässt, sieht das Theaterpublikum nur noch Aufnahmen von ihr, wie sie ihren Mantel im Foyer anlegt und entlang der Amstel läuft, um an einer Brücke über eine Gracht zu entschwinden. Eine weitere Sequenz, die zusätzlich noch eine zeitliche Erweiterung bedeutet, findet ebenfalls nur auf der Leinwand statt: In der Form eines Flashbacks, eines vorproduzierten Films, wird die Probe zum Pas de deux zwischen Tänzerin und Tanzpartner im Tanzstudio gezeigt. Hans van Manens Faszination für Film und Fotografie – als Fotograf schuf er parallel zu seiner Karriere als Choreograph ein umfassendes eigenes Œuvre – spiegelt sich wiederholt in seinen Choreographien. Er stand unter dem Einfluss der Nouvelle Vague, der neuen Generation des französischen Films, und entlieh Anregungen beispielsweise von Jean-Luc Godard. In Mutations (1970) projizierte er Filmbilder in starker Zeitlupe, die es ermöglichte, sogar die Muskelreaktionen wahrzunehmen, in Twice (ebenfalls 1970) setzte er Großaufnahmen ein und nutzte damit in beiden Choreographien die Möglichkeit von Filmbildern als bewegter Kulisse, die der Bewegung zusätzliche, nur filmisch mögliche Bewegungsqualitäten und -ausschnitte hinzufügten. Das Prinzip der Gleichzeitigkeit erprobte er damit bereits einige Jahre früher als in Live, wenn auch noch in einem anderen filmischen Medium. Jochen Schmidt schreibt, dass van Manen und sein Filmpartner Jean-Paul Vroom bereits an die Videotechnik gedacht hatten, aber die Verfahren waren 1970 noch nicht ausgereift genug, um die geforderte Projektionsgröße herzustellen. In Portrait (1983), ­einem Solo für die Tänzerin Pauline Daniëls, übernahm ein Scheinwerfer als Verfolger die Rolle der Kamera: Der Lichtstrahl definierte den Bildausschnitt, die Posen für die Theaterzuschauer. Van Manen, der als einer der Erneuerer des klassischen Balletts der Nachkriegszeit in Europa gilt, integrierte durch­aus ­Elemente aus Alltagsbewegungen, modernem Tanz oder Jazztanz – »dance expresses dance and nothing else«, lautete sein Credo, für das die Frage der Tanztechnik sekundär war. Neben den in Live ausschließlich verwendeten Bewegungen des klassischen Balletts werden auf der medialen, der projizierten Ebene Fokussierungen und Feinheiten, aber auch irritierende Perspektiven dieses Vokabulars dargestellt. Entscheidend für das Konzept von Live sind die Möglichkeiten der Erweiterungen des Raumes durch Kamera und Projektion: einerseits durch die räumlich und zeitlich gleichzeitig stattfindende Verdopplung auf der Großleinwand, andererseits mit einer zusätzlichen zeitlichen Ebene. Mit dem Probenprozess zum Pas de deux, der wie die Raumsituation im Foyer und im Außenraum auch in einem anderen Raum als dem des Theaters, in einem Tanz­ studio, stattfand, wird die Vergangenheit vergegenwärtigt. In dieser Addition von räumlichen und zeitlichen Dimensionen vereint Live verschiedene Formen und Funktionsweisen des Medieneinsatzes auf der Tanzbühne.

EIN DOPPELTES SCHAUEN

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GABRIELE KLEIN

»Das Verhältnis von Tanz und Medien war schon immer doppelgesichtig, heimlich und unheimlich zugleich.«


Rachel Beaujean bei Proben mit Olga Esina & Marcos Menha


Claudine Schoch & Roman Lazik


Maria Yakovleva & Eno Peci



alles beginnt mit der kamera HANS VAN MANEN IM GESPRÄCH MIT NASTASJA FISCHER

Die Uraufführung von Live war 1979, seine Premiere ist also mittlerweile 43 Jahre her und das Wiener Staatsballett nun die erste Compagnie, die das Stück neben Het Nationale Ballet Amsterdam in ihr Repertoire aufnehmen darf. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Live ist sehr besonders für mich, und es nun einer anderen Compagnie anzuvertrauen, hat mit Martin Schläpfer zu tun. Ich arbeite seit 35 Jahren mit ihm zusammen. Vom Tänzer bis zum Choreographen. Von Bern über Mainz bis Düsseldorf. Für Wien hat er mich gefragt, ob wir zusammen seine Eröffnungspremiere gestalten wollen. Es war sein Wunsch, Live zu zeigen. Wenn Martin Schläpfer sich etwas wünscht, dann sage ich ja. Und natürlich habe ich mit Wien auch eine Vergangenheit: Seit den 1970er Jahren habe ich immer wieder an der Wiener Staatsoper gearbeitet. HvM

Wie ist es zur Entstehung des Balletts gekommen? HvM

Ich war schon immer sehr an der Videotechnik in all ihren Formen inte-­­ ressiert. Ich habe bereits früh eine Videokamera gekauft und Ende der

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60er Jahre begonnen, meine eigenen Ballette aufzuzeichnen. Dann traf ich Henk van Dijk, meinen heutigen Partner, der diese Aufgabe übernahm und Videograf des Het Nationale Ballet Amsterdam wurde. Mein Interesse für Video und Fotografie war und ist immens. Für ein Programm im Amsterdamer Winterzirkus Carré kam ich auf die Idee, Video während einer Aufführung in einem Theater zu verwenden. Ich wollte verschiedene mediale Ebenen miteinander verbinden, sodass es den Tanz, der live gefilmt wird, auf der Bühne gibt, dann die Szene im Foyer, die das Publikum nur auf der Leinwand und durch die Kamera sehen kann und schließlich noch eine Art Rückblick oder ein Einblick in die Vergangenheit der Tänzerin und ihres Partners, was wir durch das vorproduzierte Material verwirklicht haben. In Live erfährt das Publikum von realen und nicht realen, medialen Beziehungen. Können Sie diesen Gedanken näher beschreiben? Zunächst lernen wir die Tänzerin kennen, sehen ihren Solotanz. Aber es entwickelt sich auch eine Beziehung zwischen ihr und dem Kameramann. Dann erscheint plötzlich ihr Partner, die beiden versuchen zueinander zu finden und das misslingt. Sie erinnert sich und das Publikum sieht eine Szene aus dem Ballettstudio, in der deutlich wird, dass die Beziehung überhaupt nicht funktionierte. Damit ist klar, dass es vorbei ist. Sie zieht ihren Mantel an und verschwindet in die Stadt. Es sind zwei Beziehungen, die in Live stattfinden: Zwischen der Tänzerin und dem Kameramann, die gestört wird durch die zweite Beziehung zwischen ihr und ihrem Partner. Und dann ändert sich die Geschichte.

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Können Sie den Einsatz der Kamera in Live genauer beschreiben? Durch die Kamera entsteht ein ganz anderes Gefühl von Nähe. Eingefangen durch die Kamera kann das Publikum körperliche Details, selbst minimale Bewegungen in den Gliedern der Tänzerin entdecken. Im zweiten Teil von Live gibt es einen sehr intensiven Moment, in dem die Tänzerin direkt in die Kamera blickt. Dort sind wir ihr ganz nah. Mir war es aber wichtig, den Prozess zu zeigen, was während des Tanzens mit einem Menschen geschieht. Auch wenn es ganz einfache Bewegungen und Gesten sind – Haare, Arm, Hand, Füße – so nah ist das Publikum sonst nie, selbst mit einem Opernglas nicht. Das ist nur mit der Kamera möglich. In Live habe ich alle Möglichkeiten des Kameraeinsatzes eingebaut. Alles, was die Kamera kann, sieht man in dem Ballett. Für den Kameramann ist es nicht einfach, die Choreographie zu filmen. Die ersten 20 Minuten sind ein Shot und die Kameraführung muss sehr konzentriert sein. Henk van Dijk hat in Wien 2020 übrigens in der Streaming-Premiere seine letzte Vorstellung von Live gegeben, nahm also in Wien Abschied von Live, was für uns auch etwas Besonderes war.

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Sie haben bereits den Blick der Tänzerin in die Kamera erwähnt. Blicke spielen in Ihren Balletten stets eine zentrale Rolle. Warum ist die Blickrichtung oder Entscheidung für einen Blick so relevant? Blicke sind bei mir nie zufällig. Ohne diese kann ich mir keinen Pas de deux vorstellen. Die Blickrichtung definiert die Beziehung und die Emotion zwischen zwei Menschen. Wenn beispielsweise einer von seinem Partner weg von der Bühne in die Kulissen läuft und sich noch einmal umschaut, bevor er geht, dann weiß jeder durch diesen Blick zurück auf die Bühne, dass es ein Abschied auf ewig ist. In meinen Arbeiten gibt es nie Blicke in das Auditorium. Die Augen sind, wenn man nach vorne tanzt, immer nach unten gerichtet. Tanz, der das Publikum sehen lässt, wie charmant und kokett die Tänzerin, der Tänzer ist, finde ich furchtbar.

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Der männliche Blick, »the male gaze«, ist heutzutage ein gängiger Begriff. War es eine bewusste Entscheidung, die Kamera in Live mit einem Mann zu besetzen? Die Entscheidung beruhte darauf, dass Henk van Dijk mein Partner ist. Wäre er nicht dagewesen, hätte ich das Stück vielleicht nicht gemacht. Eine Kamerafrau würde das Stück nicht anders machen. Für mich ist da kein Unterschied, aber es macht natürlich andere Interpretationsmöglichkeiten auf. Vielleicht sähen wir dann auf der Bühne eine lesbische Beziehung? Man kann immer weiterdenken, es könnte auch ein Tänzer sein, der mit einem Kameramann agiert. Aber ich finde Frauen viel interessanter als Männer, deshalb steht auch in Live eine Frau im Mittelpunkt.

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In Ihren Balletten ist die Frau emanzipiert, Frauen und Männer agieren gleichberechtigt mit- oder auch gegeneinander. In meinen Balletten geht es um Beziehungen zwischen Menschen, nicht zwischen Geschlechtern. Die Frauen sind bei mir aber meistens die Gewinnerinnen. Jochen Schmidt schrieb einmal, ich hätte die Frauen im Tanz emanzipiert. Ob das stimmt, kann ich nicht sagen, aber Frauen gehen bei mir nie auf die Knie. Nie.

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Das Verhältnis von Bühne – Zuschauer, also die vierte Wand, wird in Live durchbrochen, indem auch das Publikum und dessen Reaktionen gefilmt werden. Was waren die Beweggründe für diese Entscheidung? Die Idee, das Stück zu eröffnen, indem zuerst der Kameramann auf die Bühne kommt, die Kamera einstellt und einige Menschen aus dem Publikum filmt, kam mir relativ schnell. Ab diesem Moment wissen alle Zuschauerinnen und Zuschauer: was sie an diesem Abend sehen werden, ist live. Ich habe den Titel

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gewählt, weil jeder Mensch weiß, was Live-Fernsehen ist und mit dem Begriff umgehen kann. Das Publikum ist sozusagen hautnah dabei und wird nicht ausgeschlossen, im Gegenteil. Die Zuschauer sind stille Teilnehmer und Beobachter der Geschichte. Erst wenn die Tänzerin die Kamera mit ihrer Hand nach unten schiebt, wissen wir, jetzt ist Schluss. Außerdem hoffe ich, dass sich das Publikum auch in seinem eigenen Voyeurismus entdeckt fühlt. Eine definitive Antwort habe ich darauf allerdings nicht. Auch die Seherfahrungen und Wahrnehmungen des Publikums werden in Live neu angelegt. Das stimmt. All das, was sonst verborgen bleibt, wird offen gezeigt. Die starke Atmung der Tänzerin, genauso wie ihr Schwitzen und sämtliche Emotionen, die natürlich gewollt und inszeniert sind. Tänzerinnen und Tänzer sind vielleicht die Künstlerpersonen, zu denen das Publikum die größte Distanz hat. In Live wird die Tänzerin menschlicher. Ihr Menschsein, ihre eigene körperliche Auseinandersetzung mit dem Tanz wird ausgestellt. Trotz dieser Offenheit ist die Tänzerin stets kon­ trolliert – in ihren Bewegungen und Gefühlen.

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HANS VAN MANEN

»Risks are important ­be­cause that’s when you see things. The only thing that makes sense in the arts is ­taking risks. Risks in creation. Not risks when it ­comes to the a ­ udience.«


BEAU LOTTO

» Um neue Räume für das Begreifen zu ­schaffen, müssen ­wir nicht nur in Betracht ziehen, wie wir sehen, sondern auch, warum wir sehen, was wir ­sehen.«


»Die Kamera ist vom mensch­lichen Körper nicht zu ­trennen, denn sie wurde als dessen Erweiterung er­dacht. Als ein m ­ aschinelles Auge, das externe Gedächtnis­­speicher wie Filmstreifen oder ­digitale Medien mit wieder­­holbaren Auf­ zeichnungen ­füttert, die ver­­viel­­ fältigt und später oder auch ­simultan über Projektion oder Aus­strahlung in das Wahr­nehmungssystem des ­Körpers eingespeist werden.« HELMUT PLOEBST


fünf fragen an henk van dijk

Beschäftigt man sich mit der Entstehungs- und Aufführungsgeschichte des Balletts Live, so erscheint stets ein Name fest im Besetzungsstab: Henk van Dijk. Der Kameramann hat seit der Uraufführung von Live alle Vorstellungen gefilmt und auch Adaptionen für das Fernsehen, Streams und andere (mediale) Auseinandersetzungen mit dem Ballett intensiv betreut. Für die Aufzeichnung von Live mit dem Wiener Staatsballett gab er im Dezember 2020 seinen Abschied von der Bühne. Wie nehmen Sie die Rolle des Kameramanns in Live wahr? Mit den Bewegungen auf der Bühne wie auch den Bewegungen der Kamera ist man Teil der Choreographie und dirigiert die Richtung der Kameraführung, zoomt und fokussiert.

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Das Publikum nimmt Sie als Person fast gar nicht wahr, sondern folgt dem Blick der Kamera. In einer Fernsehproduktion von Live im Jahr 1986 kommt es zu einem vermeintlichen Kuss zwischen der Tänzerin und dem Kameramann. Wie kam es zu dieser Entscheidung für ein anderes Ende? Es war eine Entscheidung des Regisseurs dieser Fernsehproduktion. Er hat sich das Ende ausgedacht. Es war tatsächlich ein echter Kuss! Die Fernsehproduktion von Live ist eine Version, bei der ich mehr im Fokus war. Auch ich

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FÜNF FRAGEN AN HENK VAN DIJK

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als Mensch werde hier beobachtet und nicht nur die Bilder, die ich mit der Kamera einfange. Es war eine sehr spannende Adaption des Konzepts. Wie war die Zusammenarbeit im Kreationsprozess der Uraufführung zwischen Hans van Manen und Ihnen? Hat der Choreograph Ihren Blick dirigiert oder sind Sie ihrer Inspiration und Intuition für die Kameraführung gefolgt? Hans van Manen hat mir sehr genau gesagt, welche Momente und Bewegungen er auf der Leinwand sehen will. Zusammen haben wir dann die Möglichkeiten des Raumes und die der Kamera untersucht. Er gab mir sehr direkte Anweisungen, z.B. an dieser Stelle mehr zurückzugehen oder an jener mehr in die Bewegung zu zoomen. Manche Ideen für Bildausschnitte und Szenerien haben wir aber auch erst im Probenprozess entdeckt, wie den bewussten Einsatz von Spiegeln, in denen sich das Bild des Tänzers vervielfältigt, wenn er im Pas de deux fortgeht. Wir haben die Spiegel vor Ort im Foyer gesehen und sofort Ideen entwickelt, wie man diese in die Choreographie einbauen kann. Hier in Wien haben wir ebenfalls Spiegel, was ein wundervoller Zufall ist.

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Wie hat es sich angefühlt, Live nach mehr als 40 Jahren immer noch aufzuführen? Was hat sich verändert? Das Stück hat sich nicht verändert, allerdings ist die Kamera, die heute verwendet wird, neu. Die Technologie hat sich im Lauf der Jahre natürlich entwickelt. Für das Ballett macht das aber keinen großen Unterschied. Ich fühle mich dem Stück immer noch sehr verbunden und kenne es in- und auswendig. Spannend war, es zum ersten Mal mit einer anderen Compagnie als Het Nationale Ballet Amsterdam aufzuführen. Wo auch immer wir es in der Welt gezeigt haben, es war stets eine Produktion des Het. Es ist sehr inspirierend mit den beiden Kameramännern Balázs Delbó und Benedikt Missmann hier in Wien zu arbeiten. Sie sind fantastisch. So, wie sie sich bewegen und die Kamera kontrollieren. Nach 40 Jahren gebe ich diesen Part gerne ab, und es ist sehr schön zu sehen, wie jemand anderes diesen ausfüllt.

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Was macht die Faszination aus, Tanz und Film zu vereinen? Die Kombination ist gar nicht so außergewöhnlich. Denken Sie nur an Hollywood, an die Tanzfilme mit Fred Astaire oder Gene Kelley. Aber eine Live-Kamera in einer Theateraufführung zu verwenden, war 1979 ein einzigartiges Konzept. Es ergeben sich andere Möglichkeiten vor allem für das Publikum, das somit in der Lage ist, eine Tänzerin aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln zu betrachten. Aber auch den Raum außerhalb der Bühne zu nutzen oder durch das vorproduzierte Material einen zeitlichen »Flashback« kreieren zu können, war sehr interessant – und das alles in nur 25 Minuten.

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FÜNF FRAGEN AN HENK VAN DIJK


sublime albumblätter

ANNE DO PAÇO

Er war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts: zukunftsweisender Komponist und Musikschriftsteller, Kapellmeister und Pädagoge, Frauenheld und Weltbürger, Förderer Richard Wagners, aber auch vieler anderer Komponisten. Bekannt wurde der 1811 im österreichisch-ungarischen Raiding geborene Franz Liszt zunächst vor allem als ein Virtuose, der wie kein anderer das Klavier zu spielen verstand. »Noch nie in unserem Leben hatten wir so etwas gehört; noch nie waren wir in der Gegenwart eines so brillanten, leidenschaftlichen, dämonischen Temperaments, das in einem Augenblick wie ein Wirbelwind rauschte und in einem anderen Kaskaden zarter Schönheit und Anmut hervorbrachte«, berichtete der russische Kunstkritiker Wladimir Stassow 1842 über Liszts ersten Auftritt in St. Petersburg. Doch der sein Publikum in höchste Erregung versetzende Virtuose ist nur eine Facette des Künstlers. Eine andere zeigt Liszt als streng gläubigen Katholiken, als einen vom Weltengetümmel sich zurückziehenden Asketen, Geistlichen und Gottsucher – und als Komponisten kleiner, introspektiver Miniaturen, die so unspektakulär sind, dass sie lange von der Nachwelt gar nicht wahrgenommen wurden. Dabei liegt ihr Reiz gerade in ihrer Einfachheit – Musik, die nicht mehr von dem »tumultuösen, siedenden, ungeheuren und großartigen Chaos musikalischer Materie«, das Maurice Ravel an Liszt so faszinierte, bestimmt ist, sondern die sich vom großen Auftritt zurückgezogen hat hinein in eine subtile Nachdenklichkeit und Offenheit, die nichts mehr beweisen muss. Musik, die auch dem Tanz zur Inspiration werden kann, wie Hans van Manen mit seinem Ballett Live zeigt. Alle

SUBLIME ALBUMBLÄTTER

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von dem Choreographen gewählten Kompositionen sind Liszts Spätwerk zuzurechnen, das die Musikwissenschaft ab den 1860er Jahren datiert. 1861 verließ Liszt Weimar, wo er seit 1843 als Kapellmeister der Hofkapelle tätig war und eine künstlerisch äußerst produktive Zeit verbrachte: Ein großer Teil seines kompositorischen Werkes entstand in dieser Zeit, er setzte sich als Dirigent intensiv für die zeitgenössische Musik ein und nahm als Pädagoge mit dem weiten Horizont seines Denkens entscheidenden Einfluss auf die nachfolgende Generation. Hans von Bülow und Joseph Joachim zählten ebenso zu seinen Schülern wie Carl Tausig, Franz Brendel oder Peter Cornelius. Immer wieder polarisierte Liszt jedoch auch, und als die von ihm geleitete Uraufführung von Cornelius’ Der Barbier von Bagdad im Weimarer Hoftheater von einer Riege Oppositioneller niedergezischt wurde, entschied er sich enttäuscht, seinen Posten als Kapellmeister zu räumen. Im August 1861 brach er nach Rom auf, um dort Carolyne zu Sayn-Wittgenstein, der er bereits 1847 das Eheversprechen gegeben hatte, zu heiraten. Doch es folgte die nächste Enttäuschung: Eine Intervention der Familie Sayn-Wittgenstein verhinderte die zunächst vom Papst genehmigte Scheidung der Fürstin von ihrem Ehemann und damit die Hochzeit mit Liszt. Ein Jahr später verstarb – nachdem er bereits 1860 den Tod seines Sohnes Daniel zu beklagen hatte – seine Tochter Blandine. Und auch seine zuvor so enge Beziehung zu Richard Wagner wurde zunehmend von Differenzen geprägt. Liszt zog sich vom öffentlichen Leben zurück in ein römisches Kloster, begann einen Weg als Geistlicher einzuschlagen und empfing 1865 die Niederen Weihen. Zwischen 1865 und 1879 entstanden für die Baronin Olga von Meyendorff, mit der Liszt eine enge Freundschaft und intensive Korrespondenz pflegte, die lyrischen Albumblätter, die erst posthum unter dem Titel Fünf kleine Klavierstücke S.192 versammelt und publiziert wurden. Da außer der mit Sospiri! (Seufzer) betitelten Nr. 5 keines der Stücke einen Namen trägt und der Klaviersatz ungewöhnlich reduziert ist, wird bis heute spekuliert, ob es sich überhaupt um fertige Kompositionen und nicht nur um Skizzen handelt. Die Bagatelle sans tonalité S.261a entstand 1885, ein Jahr vor Liszts Tod und ist – wie der Titel bereits sagt – ein die Grenzen der Dur-Moll-Tonalität weitendes und damit höchst avanciertes Werk: Durch eine von Halbton- und Ganzton-Skalen geprägte Harmonik lässt sich das tonale Zentrum nicht mehr fassen. Ursprünglich hatte Liszt das Stück als Mephisto-Walzer Nr. 4 bezeichnet. In Form des Tritonus, des »diabolus in musica«, ist Mephisto nach wie vor präsent. Für seinen Schüler und Sekretär Arthur Friedheim entstand 1881 das Wiegenlied S. 198 auf ein Thema, das Liszt besonders am Herzen gelegen sein muss, verwendete er es doch auch in seiner letzten Symphonischen Dichtung Von der Wiege bis zum Grabe sowie in dem Quartettsatz für vier Violinen Die Wiege. Auf einer persönlichen Verbindung beruht auch Abschied S.251 aus dem Jahre 1885: der Bekanntschaft mit dem Pianisten Alexander Siloti, den Anton Rubinstein 1883 zu Liszt geschickt hatte. Fasziniert vom Klavierspiel des 19-Jährigen akzeptierte dieser Siloti als Schüler und nahm ihn schließlich in seinen innersten Freundeskreis auf. Das russische Volkslied, das Liszt in seinem Abschied in einer schlichten, glockenähnlichen Harmonisierung verarbeitete, hatte vermutlich Siloti aus seiner Heimat mitgebracht. 25

SUBLIME ALBUMBLÄTTER


Olga Esina


Olga Esina


Olga Esina & Marcos Menha


Claudine Schoch & Balázs Delbó


Balázs Delbó, Roman Lazik & Claudine Schoch


Olga Esina & Marcos Menha


Olga Esina




4 Musik Symphonie Nr. 4 G-Dur von Gustav Mahler Choreographie Martin Schläpfer Musikalische Leitung Ramón Tebar Bühne Florian Etti Kostüme Catherine Voeffray Licht Thomas Diek Sopran Joanna Kędzior / Slávka Zámečníková Orchester der Wiener Staatsoper

URAUFFÜHRUNG 4. DEZEMBER 2020 WIENER STAATSBALLETT – WIENER STAATSOPER


DORION WEICKMANN

»Martin Schläpfers ­­­ Ver­fahren sind dichterischer Natur, ­insofern er Neues aus der vertrauten Nomenklatur des Tanzes schöpft. Statt die klass­ische Textur des ­Balletts zu attackieren, überführt er sie in ­einen anderen, einen heutigen Aggregat­zustand.«


Martin Schläpfer


wie ein gewaltiger archipel MARTIN SCHLÄPFER IM GESPRÄCH MIT ANNE DO PAÇO ÜBER SEIN ERSTES WIENER BALLETT 4

Die Musik ist dir in der Regel der Ausgangspunkt. Wie kam es zu der Entscheidung, für deine erste Wiener Arbeit Gustav Mahlers Symphonie Nr. 4 als Basis zu wählen? Eine erste Saison unter einer neuen Direktion ist immer etwas Besonderes und wir haben uns viele Gedanken gemacht, in welche Richtung wir den Zeiger für meinen Weg mit dem Wiener Staatsballett von Beginn an stellen möchten. Gustav Mahler war nicht nur ein großer Komponist, sondern auch ein faszinierender Mensch. Als Direktor hat er mit seinem Kunstwillen, seiner Geisteshaltung und seinem radikalen Anspruch an Zeitgenossenschaft und Qualität das Profil der Wiener Hofoper in einer Weise geprägt, die bis heute nicht nur Vorbild und Maßstab, sondern auch eine große Quelle der Inspiration ist. Als Komponist hat er seine »Mahler-Musik« geschrieben … MS

… und keine Rücksicht genommen, ob diese nun ankam oder nicht. Gerade die 4. Symphonie ist ja zu Beginn sowohl bei den Musikern, als auch beim Publikum und der Presse auf größte Widerstände gestoßen. MS

Man kann sich in vielerlei Hinsicht auch heute noch an Mahler »reiben« – und dies gilt für mich sowohl als Direktor wie auch als Choreograph. Als

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Direktor einer der größten Compagnien der Welt habe ich eine große Verantwortung für die Entwicklung des Ensembles, sein künstlerisches Profil und natürlich auch die Budgets. Als Choreograph ist es mir aber wichtig, dass ich mich nicht in eine Rolle zwingen lasse, sondern mir als Künstler treu bleibe, dem treu bleibe, an das ich glaube. Ich begreife meine Arbeit als eine Arbeit an einer Ballettkunst für unsere Zeit, für den heutigen Menschen. Mein bisheriges Schaffen ist eine Brücke nach Wien. Und auch hier möchte ich zeigen, dass meine Stücke nicht nur von der Musik herkommen, sondern mir die Partnerschaft mit Musikern sehr am Herzen liegt. Wer kann Mahler besser spielen als die Wiener Philharmoniker, die ja auch unser Staatsopernorchester sind? Welche Qualitäten und Impulse eröffnet Mahlers Musik für den Tanz? Mahlers Musik löst durch ihren Assoziationsreichtum starke Bilder in mir aus. Sie ist ohne Scham und Scheu an so vielen Orten: ob sie nun Natur porträtiert, lautmalerisch oder kindlich-naiv ist, ins Transzendente geht oder in menschliche Kollektive hinein zeigt. Mahler hat sich nie gescheut, sich zu exponieren – und dies mit dieser unglaublichen Lust und Sinnlichkeit. Er hatte einen Mut zur Euphorie und zur Übertreibung, der immer genau auf Messers Schneide sitzt, so dass man nie weiß: wird jetzt gleich geschnitten oder kommt man noch einmal davon. In seine 4. Symphonie spielt – mehr als in seine anderen Werke – noch etwas anderes hinein: etwas Hinterhältiges und die Ironie der Humoreske. Es ist Musik in einer Kipplage, die Mahler im Finale dann in ein Klima des Absurden treibt, in ein »Kopfschütteln«. Und dann steht da mittendrin dieser dritte Satz mit seinem erwachsenen Ernst. Dieses »Ruhevoll« gehört für mich zum Berührendsten, was Mahler komponiert hat. In dieser Musik ist alles drin, was den Menschen umtreibt und wonach er sich sehnt: von Trauer bis Hoffnung, aber ohne alle vordergründige Dramatik, ohne alles Pathos. Während in den übrigen Teilen die Musik permanent changiert, oft in abrupten Wechseln und mit einer großen Wendigkeit von einer Stimmung in eine andere springt, bleibt der dritte Satz sehr lange in einer Farbe – nur unterbrochen von den beiden Trios, die sich in etwas Beschwingteres, Hoffnungsvolleres auflösen. Das alles steht in einer wunderbaren Balance. Sich mit Mahlers Musik zu beschäftigen, heißt für mich aber immer auch, mich mit seiner Biographie zu beschäftigen. Er war ein derart interessanter Mensch. Allein die vielen Facetten in seiner Beziehung zu seiner Frau Alma. Vieles von dem, was ich darüber gelesen habe, ist in meine Choreographie eingeflossen – aber nicht im Sinne konkreter Szenen. Ein Künstlerballett über das Leben Gustav Mahlers zu machen, hat mich überhaupt nicht interessiert. Mir ging es um die Stimmungen, in denen er sich befand, die Emotionalität im Zwischenmenschlichen, auch sein Jüdisch-Sein – und dann konvertiert er zum Katholizismus, um Hofoperndirektor werden zu können, was Juden damals untersagt war. Das alles ist sehr in den Tanz verpackt und damit wenig vordergründig. Mich interessierte die »Temperatur«, die sich aus einem solchen Leben extrahieren lässt, und die Frage: Was hat das alles mit uns zu tun?

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Mahler hat sich in seinen Symphonien von der klassischen Dramaturgie motivisch-thematischer Arbeit weitgehend getrennt und arbeitet stattdessen mit den von dir bereits genannten permanenten Stimmungswechseln. Oft setzt er einen Baustein neben den anderen statt Themen zu entwickeln. Seine Musik bleibt dabei nie absolut, sondern handelt von der Zerrissenheit des Menschen, vom Scheitern von Zivilisation und Gesellschaft, aber auch den ganz großen Gegenentwürfen und Utopien – Inhalte, die weit ins 20. Jahrhundert weisen, aber ausgedrückt mit den Mitteln des 19. Jahrhunderts. Du hast deine Arbeit als Choreograph einmal mit der eines Dichters verglichen, deine Ballette mit Poesie, in der Gedanken, Bilder, Metaphern ihre Geheimnisse entfalten. Ich liebe es kurz und intensiv. Oft baue ich meine Stücke auf Fragmenten auf, auf der Verknüpfung unterschiedlicher Bilder. Man hat mich dafür kritisiert, mir einen Mangel an Dramaturgie vorgeworfen – weil man auch heute gerne Geschichten auf der Bühne sehen möchte. Ich habe inzwischen ja auch einen Schwanensee gemacht und hatte große Freude daran, eine Handlung wie ein gutes Buch zu erzählen. Aber grundsätzlich stehe ich als Künstler woanders, und habe da sicher einige Berührungspunkte mit Gustav Mahler. Auch mein Ballett 4 besteht aus vielen Fragmenten. Für mich ist dieses Stück ein großer Archipel von Inseln. Wenn man will, sieht man nur ihre Spitzen, in Wahrheit stehen sie aber alle im selben Wasser, unter der Oberfläche vollständig miteinander verbunden. Sie sind ein Land, haben das gleiche Klima, das gleiche Wetter – und doch hat jede auch ihre eigene Schönheit. Für die Tänzerinnen und Tänzer ist dies eine große Herausforderung, denn die Dauer, die man auf der Bühne ist, ist meist nur kurz und für manchen auf den ersten Blick nicht zufriedenstellend. Für meine Stücke muss aber jeder Abschnitt mit dem vorausgehenden und dem folgenden zusammengedacht, müssen Verbindungen – oder Brüche – geschaffen werden. Ein Auftritt endet nicht am Bühnenrand, sondern im Kopf gehen meine Ballette für jeden einzelnen hinter der Szene weiter. Das Weggehen ist niemals das Ende, das Kommen niemals der Anfang. Jeder hinterlässt energetisch und visuell seine Spuren. Für mich ist der Tänzer die Krone der Choreographie, der schöpferische Künstler, der im Moment des Tanzens meinen Text interpretiert und versteht, was sein kleiner Satz im Kontext eines großen Zusammenhangs bedeutet.

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4 ist eine Choreographie, die du deinem Ensemble quasi in den Körper hineingeschrieben hast – allen 102 Tänzerinnen und Tänzern hast du deine Arbeit gewidmet. Mir war es wichtig, meine Arbeit in Wien mit einer Uraufführung zu beginnen, mich nicht auf der sicheren Seite mit der Einstudierung eines meiner bekannten Werke zu positionieren, sondern das Risiko nicht zu scheuen. Denn nur, indem ich mit jedem Tänzer von Anfang an in einen Dialog trete, kann ich jeden auch kennenlernen. Erstmals sind auch die Mitglieder des Corps de ballet der Volksoper in

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MARTIN SCHLÄPFER

»Für mich muss die muskuläre Form jedes einzelnen Tänzers brennen, von innen heraus ­extrem sein, nicht als ästhetische Idee, sondern als Akt des Sich-Selbst-Gebens. ­Meine Tänze ­sollen wie kochende Lava sein. Das Vokabular der Danse d’école bleibt so für mich nicht nur eine Floskel aus der Vergangenheit, sondern füllt sich mit neuem ­Leben.«


einer Staatsopernpremiere zu erleben. Bei einem Stück für eine derart große Besetzung muss man sich natürlich davon lösen, dass nur ein Solo oder ein Pas de deux eine erfüllende Aufgabe ist. Vielmehr entfalten auch Gruppensequenzen – so man sie energetisch richtig anlegt – eine große Kraft. Für mich gibt es keine kleinen oder großen Rollen. Der Tänzer im Hintergrund wird genauso gesehen und gespürt wie derjenige in der ersten Reihe. Die Energie, Persönlichkeit und Kunstfertigkeit jedes einzelnen ist wichtig – wie viel Seele, Konzentration und Hingabe jeder gibt. Zugleich geht es aber auch um die Frage, wie bescheiden man in einem Unisono sein kann, sodass ein Ensemble wie ein großartiges Orchester klingt. Ein solches Eins-Sein hat nichts mit Bedeutungsverlust eines einzelnen Solisten zu tun, sondern ist ein Akt der Demut: den Nächsten mitzudenken, sein Timing und seine Gefühle zu spüren. Sich als Individuum mit seiner Persönlichkeit zu präsentieren, aber zugleich auch der Idee eines Stückes und einem Kollektiv zu dienen – und diesem als Publikum zusehen zu dürfen –, finde ich großartig. Es ist der Kern einer demokratischen Gesellschaft, der Kern einer Zivilisation, die auf Toleranz aufbaut … … einer Toleranz, die nicht alle gleich macht, sondern jeden respektiert soweit er der Idee eines solchen Miteinanders dient … MS

… aus meiner Sicht das Werkzeug, um der Menschheit eine mögliche Zukunft zu geben. Die Gruppensequenzen, mit denen du auf die Musik des ersten Satzes der 4. Symphonie reagierst, sind also sehr viel mehr als nur ein großes, eher abstraktes tänzerisches Prisma, ein Präsentieren der Compagnie in großen Verbünden von Frauen wie Männern.

Exakt. Und es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: Auch in diesen Szenen, in denen sich natürlich auch meine Faszination für die großen Divertissements der romantischen Ballette spiegelt, zeigt sich, dass meine Grundlagen akademischer Natur sind. Doch für mich muss die muskuläre Form jedes einzelnen Tänzers brennen, von innen heraus extrem sein, nicht als ästhetische Idee, sondern als Akt des Sich-Selbst-Gebens. Meine Tänze sollen wie kochende Lava sein. Das Vokabular der Danse d’école bleibt so für mich nicht nur eine Floskel aus der Vergangenheit, sondern füllt sich mit neuem Leben.

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Szenen, in denen es – mit diesem Subtext – vor allem um das Tanzen an sich geht, auch in all seiner Schönheit und Virtuosität, treffen auf »Inseln«, in denen erzählerische Momente aufscheinen … … Bilder, die Mahlers Musik in mir weckt, wie der Trompeten-Appell auf dem Höhepunkt des ersten Satzes, mit dem – nachdem ich zunächst primär tanzen lasse – das Drama in mein Stück hinein bricht.

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Eine Gruppe von Männern – eine vermutlich zunächst geordnet ausgezogene Truppe –, in die auf dem Chaos eines Schlachtfelds ein Machtruf hineinfährt, den aber nicht der Kommandant, sondern der Tod erteilt? MS

Ja, ein Bild, mit dem ich in die Magenkante hauen möchte. Zwei der Männer werden aus dieser Situation erlöst – von zwei Figuren, die du durch die gesamte Choreographie ziehst: In die Stille hinein setzt eine der beiden vorsichtig tastend, leicht hinkend einen Schritt vor den anderen. Plötzlich bricht sie zusammen, richtet sich aber sogleich wieder auf und führt gedankenversunken eine Hand an den Kopf. Sie wendet sich zum Orchester und seinem Dirigenten, dann zu uns Zuschauern – und als würde sie ihren sich langsam öffnenden Armen entströmen, setzt Mahlers Musik ein. Die zweite Tänzerin gesellt sich ihr zu, mit zwei Männern beginnen sie zu tanzen – und schon sind wir mitten drin in 4.

Wer diese beiden Wesen genau sind, möchte ich bewusst offen lassen. Sind sie Engel oder Clowns oder eine Art »Gesture Figures«? Einen Moment haben sie etwas Nicht-Menschliches, dann sind sie wieder sehr real. Der Raum, den sie zu Beginn öffnen, ist ihr »Wald«, in dem alle anderen nur zu Besuch sind, auf einer Durchwanderung. Sie zeigen uns die Welt, wie sie ist. Die zuerst auftretende Figur ist die Hellere, aber auch Geheimnisvollere; die andere ist mehr die einer Melancholikerin, näher dran am Menschen. Mich hat es sehr angezogen zwei Tänzerinnen als Duo durch das Stück führen zu lassen, die Menschendarstellerinnen sind.

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Wenn du sagst, es ist »ihr Wald«, den die beiden uns zeigen, ist dies natürlich nur eine Metapher. Natürlich zeigt die Bühne keinen Wald, sondern einen von Florian Ettis großen Räumen. Ein riesiges Dreieck reckt sich im Hintergrund nach oben. Es kann von der Form her eine 4 suggerieren, die als Symbol ja für das Irdische steht – im Kontrast zur göttlichen Trinität, auf die es mit seiner Spitze weist. An Florian Ettis Räumen für den Tanz fasziniert mich, dass sie – trotz ihrer Einfachheit und Reduktion, die immer zeitgenössisch, aber nie kalt ist – ein großes Potential für klimatische Veränderungen haben, ohne dass bühnentechnisch viel passieren muss. Dies gelingt ihm mit Licht, mehr aber noch durch den Druck von Aussage. So denkt auch seine Bühne für 4 das Außen von dem, was wir erleben – das Universum – mit, kann zugleich aber auch zu einer engen Kammer werden, in der wir wie Gefangene hocken und unser Herz pochen hören.

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4 ist weder ein fröhliches noch ein festliches Ballett geworden, im Gegenteil: es gibt sehr viele verstörende Momente. Immer wieder lässt du die Tänzerinnen und Tänzer in sich zusammenbrechen, lehnen sie, die Blicke nach oben gerichtet, aneinander, als würden sie auf etwas nicht Fassbares warten. Vor allem über dem dritten Satz liegt eine katastrophische Grundstimmung, in der du vier Paare in einem existentiellen Ringen zeigst, welches aber von einer sehr berührenden Ergebenheit geprägt ist, einem gefassten Aushalten, das akzeptiert, was kommen wird. Und dann hält es einer doch nicht aus: Ein Solo inmitten dieser Szenerie ist wie ein unermesslicher Verzweiflungsschrei, auf den Knien mit zum Himmel ausgebreiteten Armen endend, ein unter die Haut gehendes »Gott, warum hast Du mich verlassen«. Es gibt aber auch viele lichte und leichte Momente, in denen es um ein virtuoses Tanzen geht oder um humorvolle Szenen wie im zweiten Satz, in dem zwei Burschen – um eine Frau balzend – sich miteinander messen wie man es von der Dorfjugend kennt. Ein weiterer Pas de deux in diesem Satz hat etwas Bacchantisches, Humoreskes.

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Mahler lässt in diesem Satz den Tod auf einer »verstimmten« Fiedel aufspielen, und dieser lauert bei dir dann doch immer auch untendrunter: Wie aus dem Hinterhalt springt er einem der Tänzer plötzlich auf den Rücken mit einer Kraft, aus der es kein Entkommen gibt, und entzieht dem anderen in einem expressiven Tanz das Leben, so dass seine Partnerin plötzlich den toten Körper in ihrem Schoß hält wie eine Pietà. 4 sollte meine erste große Premiere in der Staatsoper sein. Es wäre mein Einstand vor dem Wiener Publikum gewesen, ein Aufbruch auch mit meinem Ensemble. Durch die Covid-19-Pandemie hat sich die Programmierung eines Abends, der paradoxer Weise ja das Wort »live« auch noch im Titel trägt, zwar nicht verändert, aber die Bedingungen und Emotionen unter denen 4 entstanden ist, waren völlig andere als gedacht. All dies hat in meine Choreographie natürlich auch mit hineingespielt … MS

… aber ohne Larmoyanz oder Resignation. Im Gegenteil: Wenn die das Stück eröffnende Tänzerin am Ende – wenn mit Mahlers Musik der Tanz im gesamten Ensemble in einer schlichten Gestik erstirbt – einfach davon springt, gibt sie einem »So seid ihr eben, ihr Menschen« eine schelmenhafte Leichtigkeit und Ironie … … ein Sprung wie ein kleiner Charlie-Chaplin-Kick. Ich denke, dass 4 aber auch zeigt, dass ich nach Schönheit gesucht habe, der Schönheit in meinen Tänzerinnen und Tänzer – und darin liegt eine große Hoffnung.

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Claudine Schoch & Marcos Menha


Eno Peci & Alice Firenze


Alexander Kaden & Keisuke Nejime, Felipe Vieira & Gabriele Aime


Sonia Dvořák


Martin Schläpfer bei einer Probe mit den Herren des Ensembles


radikaler kommentar zum lauf der welt

ANNE DO PAÇO

»Wir genießen die himmlischen Freuden« – so beginnt das bayerische Volkslied Der Himmel hängt voll Geigen aus der von Achim von Arnim und Clemens Brentano zwischen 1805 und 1808 zusammengetragenen Sammlung Des Knaben Wunderhorn, die für Gustav Mahler eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration war. Das Gedicht über die »himmlischen Freuden« hatte er bereits 1892 als eigenständiges Klavierlied komponiert. Während der Arbeit an seiner 3. Symphonie spielte er mit dem Gedanken, es in deren Finale zu integrieren, schloss dann aber mit seiner Vertonung die »Vierte« und mit ihr zugleich auch seine Reihe an »Wunderhorn«-Symphonien ab.

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GUSTAV MAHLER NACH DEN ERINNERUNGEN VON NATALIE BAUER-LECHNER ÜBER SEINE 4. SYMPHONIE

»Was mir hier vorschwebte, war ­ungemein schwer zu ­machen. Stell dir das ununterschiedene ­Himmelsblau vor, das schwieriger zu treffen ist als alle wechselnden und ­kontrastierenden Tinten. Dies ist die Grundstimmung des Ganzen. Nur manchmal verfinstert es sich und wird spukhaft schauer­lich: doch nicht der Himmel selbst ist es, der sich trübt, er leuchtet fort in ewigem Blau. Nur uns wird er plötzlich grauenhaft, wie einen am schönsten Tage im licht­über­gossenen Wald oft ein ­panischer Schreck überfällt.«


Mehr als zwei Jahre zwischen 1899 und 1901 arbeitete Mahler – durch seine Verpflichtungen als Direktor der Wiener Hofoper mehrfach unterbrochen – überwiegend während der Sommermonate in Bad Aussee und Maiernigg am Wörthersee an der Partitur seiner 4. Symphonie, die er schließlich am 5. Jänner 1901 vollendete. Am 25. November folgte die Uraufführung unter Mahlers Leitung mit dem Kaim-Orchester und der Sopranistin Margarete Michalik in München – und erntete heftige Kritik, ebenso wie die folgende Aufführung in Berlin. In Wien stand das Werk dann erstmals am 12. Jänner 1902 in einem Philharmonischen Konzert auf dem Programm, über das Natalie BauerLechner berichtet: »Von allem Anfang an hörte man die verständnislosesten und feindseligsten Bemerkungen; ja, es schien, als wären die Leute nur hereingekommen, sich darüber aufzuhalten und lustig zu machen. (…) Die einen hörte ich sagen: ›Das fängt gleich an, als ob er sich einen Faschingsscherz mit dem Publikum machen wollte.‹« Und der Brahms-Biograph Max Kalbeck meinte, das thematische Material wäre kaum ausreichend für eine Ballett-Pantomime und das Ganze gliche einer schrecklichen Schlacht zwischen Volks- und Kunstgesang. Mit seiner »Zweiten« und »Dritten« hatte Mahler zwei monumentale Weltentwürfe vorgelegt. Mit seiner Symphonie Nr. 4 schlägt er dagegen einen anderen Ton an. Dieser zeigt sich schon in der kürzeren Spieldauer und einer geradezu klassischen, äußerst transparent gehaltenen und nur um die charakteristischen Schellen erweiterten Orchesterbesetzung ohne Posaunen und Tuba. Die Intimität, aber auch Zartheit vieler Passagen wurde immer wieder als Ausdruck einer heiteren Gelassenheit des Komponisten gedeutet, der selbst über sein Werk sagte: »Eigentlich wollte ich nur eine symphonische Humoreske schreiben, und da ist mir das normale Maß einer Symphonie daraus geworden.« Doch nicht nur im Hinblick auf die Architektur des Werkes geht es um mehr als eine Humoreske. Auch in dieser Symphonie sind es wie so oft bei Mahler die Entrückungen in traumverlorene Regionen, die der Realität nicht nur diametral entgegengesetzt erscheinen, sondern immer auch gefährdet sind. Dies beginnt schon in den ersten Takten mit den Schellen, die meist als kindliche Erinnerung an eine Kutschenfahrt gedeutet wurden. Doch die Idylle ist gestört. Die »Fahrt« läuft direkt aus dem Ruder: »Als ob er nicht bis drei zählen könnte«, beginnt dieser Satz – so Mahler laut den Erinnerungen von Nathalie Bauer-Lechner, in denen sich außerdem noch eine weitere interessante Notiz findet. Im Rahmen der Münchner Uraufführung soll er geäußert haben: Der Satz »fängt doch gleich charakteristisch genug mit der Schellenkappe an«. Gemeint waren also wohl gar nicht die Glöckchen am Zaumzeug eines Pferdegespanns, sondern vielmehr die an der Kappe eines Narren. Und überblickt man die gesamte Komposition, erhalten die Schellen noch eine andere Konnotation: Im Verbund mit dem die Symphonie durchziehenden Volkston werden sie zu einer Art Arm-Sünder-Läuten, das im Finale geradezu dämonische Züge annimmt. Der zweite Satz trug ursprünglich den Titel »Freund Hein spielt auf«. Der Gevatter Tod persönlich ist es also, der hier auf seiner um einen Ton höher gestimmten Fiedel mit schneidenden Klängen zum Tanz aufspielt. Doch naturselige Ländler in den beiden Trios greifen ihm quasi in die Saiten und wenden den Totentanz in ein Gleichnis für die

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Wiederkehr des Immergleichen – ohne sich allerdings schlussendlich durchsetzen zu können. Erst der »Ruhevoll« überschriebene Variationssatz an dritter Stelle ebnet mit seinem breit dahinströmenden Gesang der Streicher einen Weg, der mit strahlenden Bläserfanfaren den Blick auf das »himmlische Leben« des Wunderhorn-Liedes freigibt. Dieses Adagio ist das Herzstück der gesamten Symphonie, von einem tiefen Ernst und einer der Welt entrückten Verträumtheit, aus der alle Brüche, Verwerfungen und bausteinartigen Setzungen von Themen, die keine wirklich Entwicklung erfahren – also jener für Mahlers Komponieren so typischen assoziativen Dramaturgie – verschwunden sind: eine Musik, die ganz bei sich ist, um dann mit einem »Himmelaufreißen« auf das Finale hinzuführen. »Mit kindlich heiterem Ausdruck, durchaus ohne Parodie!«, schreibt Mahler für die Sopranstimme im vierten Satz vor. Gemeint war damit aber kein gekünstelter »Kinderton«, keine scheinbar »naive Unschuld«: »Im letzten Satz erklärt das Kind, welches im Puppenstand doch dieser höheren Welt angehört, wie alles gemeint sei«, äußerte sich Mahler am 12. Oktober 1901: »Es ist die Heiterkeit einer höheren, uns fremden Welt darin, die für uns etwas Schauerlich-Grauenvolles hat.« Anders als der Titel es suggeriert, erweisen sich die »himmlischen Freuden« als sehr irdisch-handfeste Gewohnheiten rund ums Essen und seine Beschaffung – gezeichnet mit einer teils lautmalerischen Deutlichkeit, die an die Naivität alter Heiligenbilder erinnert: Der Himmel als Schlachthaus, in dem der Kindermörder Herodes die Stelle des Metzgers eingenommen hat. Keine transzendierende Vision eines himmlischen Paradieses ist dieses Finale, sondern vielmehr ein böser Scherz über ein Schlaraffenland, in den die Narren-Schellen und kreischende Orchestereinwürfe schrill dreinfahren. Und erwartet man, dass Mahler zumindest mit der Schlusszeile des Wunderhorn-Textes – »das alles für Freuden erwacht« – seine Musik in einer Apotheose aufblühen lässt, so wird man enttäuscht: Der letzte Refrain des Himmlischen Lebens sackt ganz plötzlich ab, von G-Dur nach E-Dur. Dieses ist zwar die lichtere Tonart, doch Mahler lässt am Schluss in seiner Musik allen Elan vital versiegen. In immer dünner werdenden Klängen, glockenartige in der Harfe schwingend, entschwindet der groteske Paradies-Entwurf »morendo« ins Nichts – ein radikaler Kommentar zum Lauf der Welt.

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der himmel hängt voll ­geigen Wir genießen die himmlischen Freuden, Drum tun wir das Irdische meiden. Kein weltlich’ Getümmel Hört man nicht im Himmel! Lebt Alles in sanftester Ruh’! Wir führen ein englisches Leben! Sind dennoch ganz lustig daneben! Wir tanzen und springen, Wir hüpfen und singen! Sankt Peter im Himmel sieht zu! Johannes das Lämmlein auslasset, Der Metzger Herodes d’rauf passet! Wir führen ein geduldig’s, Unschuldig’s, geduldig’s, Ein liebliches Lämmlein zu Tod! Sankt Lukas den Ochsen tät schlachten Ohn’ einig’s Bedenken und Achten, Der Wein kost’ kein Heller Im himmlischen Keller, Die Englein, die backen das Brot. 54


Gut’ Kräuter von allerhand Arten, Die wachsen im himmlischen Garten! Gut’ Spargel, Fisolen Und was wir nur wollen! Ganze Schüsseln voll sind uns bereit’! Gut’ Äpfel, gut’ Birn’ und gut’ Trauben! Die Gärtner, die Alles erlauben! Willst Rehbock, willst Hasen, Auf offener Straßen Sie laufen herbei! Sollt’ ein Fasttag etwa kommen, Alle Fische gleich mit Freuden angeschwommen! Dort läuft schon Sankt Peter Mit Netz und mit Köder Zum himmlischen Weiher hinein. Sankt Martha die Köchin muss sein! Kein Musik ist ja nicht auf Erden, Die uns’rer verglichen kann werden. Elftausend Jungfrauen Zu tanzen sich trauen! Sankt Ursula selbst dazu lacht! Cäcilia mit ihren Verwandten Sind treffliche Hofmusikanten! Die englischen Stimmen Ermuntern die Sinnen, Dass alles für Freuden erwacht.

BAYERISCHES VOLKSLIED AUS DER GEDICHTSAMMLUNG DES KNABEN WUNDERHORN IM WORTLAUT DER VERTONUNG GUSTAV MAHLERS IM 4. SATZ SEINER SYMPHONIE NR. 4

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Damen-Ensemble



Lourenço Ferreira


Yuko Kato, Tomoaki Nakanome, Masayu Kimoto & Godwin Merano


Anita Manolova & Calogero Failla, Maria Yakovleva & Masayu Kimoto

Marcos Menha, Claudine Schoch & Ensemble →



Eno Peci & Alice Firenze


Ketevan Papava & Calogero Failla


Yuko Kato, Rebecca Horner & Ensemble


Keisuke Nejime & Alexander Kaden, ­Robert Weithas & László Benedek, Gaspare Li Mandri & Felipe Vieira, Cosmin Marinescu & Gleb Shilov, Kristián Pokorný & Martin Winter


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Ensemble


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ensemble & biographien


tänzerinnen & tänzer

Denys Cherevychko Erster Solotänzer

Davide Dato Erster Solotänzer

Olga Esina Erste Solotänzerin

Kiyoka Hashimoto Erste Solotänzerin

Hyo-Jung Kang Erste Solotänzerin

Masayu Kimoto Erster Solotänzer

Liudmila Konovalova Erste Solotänzerin

Marcos Menha Erster Solotänzer

Ketevan Papava Erste Solotänzerin

Alexey Popov Erster Solotänzer

ENSEMBLE

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Claudine Schoch Erste Solotänzerin

Maria Yakovleva Erste Solotänzerin

Yuko Kato Senior Artist

Roman Lazik Senior Artist

Ioanna Avraam Solotänzerin

Elena Bottaro Solotänzerin

Francesco Costa Solotänzer

Sonia Dvořák Solotänzerin

Alice Firenze Solotänzerin

Rebecca Horner Solotänzerin

Aleksandra Liashenko Solotänzerin

Eno Peci Solotänzer

Daniel Vizcayo Solotänzer

Jackson Carroll Halbsolist

Iliana Chivarova Halbsolistin

Calogero Failla Halbsolist

Lourenço Ferreira Halbsolist

Adele Fiocchi Halbsolistin

Sveva Gargiulo Halbsolistin

Alexandra Inculet Halbsolistin

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ENSEMBLE


Gala Jovanovic Halbsolistin

Andrey Kaydanovskiy Halbsolist

Helen Clare Kinney Halbsolistin

François-Eloi Lavignac Halbsolist

Eszter Ledán Halbsolistin

Anita Manolova Halbsolistin

Fiona McGee Halbsolistin

Tomoaki Nakanome Halbsolist

Laura Nistor Halbsolistin

Andrey Teterin Halbsolist

Zsolt Török Halbsolist

Arne Vandervelde Halbsolist

Géraud Wielick Halbsolist

Nicola Barbarossa Corps de ballet Staatsoper

Marie Breuilles Corps de ballet Staatsoper

Natalya Butchko Corps de ballet Staatsoper

Victor Cagnin Corps de ballet Staatsoper

Laura Cislaghi Corps de ballet Staatsoper

Edward Cooper Corps de ballet Staatsoper

Vanessza Csonka Corps de ballet Staatsoper

ENSEMBLE

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Giovanni Cusin Corps de ballet Staatsoper

Gaia Fredianelli Corps de ballet Staatsoper

Marian Furnica Corps de ballet Staatsoper

Andrés Garcia Torres Corps de ballet Staatsoper

Javier González Cabrera Corps de ballet Staatsoper

Adi Hanan Corps de ballet Staatsoper

Trevor Hayden Corps de ballet Staatsoper

Isabella Knights Corps de ballet Staatsoper

Zsófia Laczkó Corps de ballet Staatsoper

Gaspare Li Mandri Corps de ballet Staatsoper

Sinthia Liz Corps de ballet Staatsoper

Godwin Merano Corps de ballet Staatsoper

Katharina Miffek Corps de ballet Staatsoper

Igor Milos Corps de ballet Staatsoper

Franciska Nagy Corps de ballet Staatsoper

Hanno Opperman Corps de ballet Staatsoper

Kristián Pokorný Corps de ballet Staatsoper

Alaia Rogers-Maman Corps de ballet Staatsoper

Isabella Lucia Severi Corps de ballet Staatsoper

Suzan Sittig Corps de ballet Staatsoper

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ENSEMBLE


Duccio Tariello Corps de ballet Staatsoper

Iulia Tcaciuc Corps de ballet Staatsoper

Helena Thordal-Christensen Corps de ballet Staatsoper

Gloria Todeschini Corps de ballet Staatsoper

Chiara Uderzo Corps de ballet Staatsoper

Céline Janou Weder Corps de ballet Staatsoper

Gabriele Aime Corps de ballet Volksoper

Dominika Ambrus Corps de ballet Volksoper

László Benedek Corps de ballet Volksoper

Sarah Branch Corps de ballet Volksoper

Barbara Brigatti* Corps de ballet Volksoper

Vivian de Britto-Schiller Corps de ballet Volksoper

Roman Chistyakov Corps de ballet Volksoper

Kristina Ermolenok Corps de ballet Volksoper

Tainá Ferreira Luiz Corps de ballet Volksoper

Ekaterina Fitzka Corps de ballet Volksoper

Alexander Kaden Corps de ballet Volksoper

Tessa Magda Corps de ballet Volksoper

Cosmin Marinescu Corps de ballet Volksoper

Dragos Musat Corps de ballet Volksoper

ENSEMBLE

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Keisuke Nejime Corps de ballet Volksoper

Aleksandar Orlić Corps de ballet Volksoper

Olivia Poropat Corps de ballet Volksoper

Natalie Salazar Corps de ballet Volksoper

Mila Schmidt Corps de ballet Volksoper

Marta Schiumarini Corps de ballet Volksoper

Gleb Shilov Corps de ballet Volksoper

Felipe Vieira Corps de ballet Volksoper

Robert Weithas Corps de ballet Volksoper

Martin Winter Corps de ballet Volksoper

Una Zubović Corps de ballet Volksoper

*Karenzvertretung

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ENSEMBLE


RAMÓN TEBAR – Musikalische Leitung 4 Der spanische Dirigent Ramón Tebar ist seit 2018/19 Chefdirigent des Orquesta de València sowie seit 2014 Künstlerischer Leiter der Opera Naples in Florida. Frühere Posten führten ihn als Musikdirektor an die Florida Grand Opera Miami, als Ersten Gastdirigenten an den Palau de les Arts Reina Sofia in Valencia sowie als Artistic Director und Principal Conductor zum Palm Beach Symphony Orchestra. Von 2009 bis 2015 leitete er zudem das Santo Domingo Music Festival in Puerto Rico. Schon früh in seiner Karriere dirigierte er Opern wie Lucia di Lammermoor, La sonnambula, Thaïs, La rondine und M.D. Levys Mourning ­Becomes Electra an der Florida Grand Opera, I puritani am Teatro Lirico di Cagliari, L’italiana in Algeri am Teatro Regio Torino, Tosca am Teatro Villamarta, Fallas La Vida Breve und Moncayos La Mulata de Córdoba am Palacio Bellas Artes in Mexico City. Heute gastiert er mit einem Repertoire von Mozart über Rossini, Donizetti, Verdi und Massenet zu Puccini und Catán an vielen großen Opernhäusern weltweit, darunter die Cincinnati Opera, das Gran Teatre del Liceu Barcelona, Teatro de la Zarzuela Madrid, Ópera de Las Palmas de Gran Canaria, Teatro Regio di Parma, die Deutsche Oper Berlin, die Königlich Schwedische Oper Stockholm sowie die Wiener Staatsoper, an der er 2018 debütierte. Im Konzertbereich ist Ramón Tebar ebenfalls ein international gefragter Gast. In Spanien dirigierte er u.a. das Orquesta Nacional de España, Orquestra Simfònica de Barcelona, Orquesta Sinfónica de Radio Tele­ visión Española Madrid, Orkestra Sinfonikoa Bilbao, Orquestra de la Comunitat Valenciana sowie die Orchester von Castilla y Léon, Córdoba, Galicia, Gran Canaria, Navarra und Oviedo. Er gastierte beim Philharmonia Orchestra London, den Prager Philharmonikern, Het Gelders Orkest, Malaysian Philharmonic, Armenian Philharmonic, Orchestre de l’Opéra de Rouen Normandie, Sankt Petersburger Sinfoniker, San Antonio Symphony, dem Orquestra Sinfónica Nacional de Perú sowie der RobertSchumann-Philharmonie Chemnitz, dem Münchner Rundfunkorchester und der Stettiner Philharmonie. Neben seinen Aufgaben in Valencia debütiert Ramón Tebar 2021/22 mit Tosca an der Oper Göteborg sowie mit Carmen beim Savonlinna Festival. Von Ramón Tebar liegen Aufnahmen mit Joseph Calleja und dem Orquestra de la Comunitat Valenciana bei DECCA und mit Gregory Kunde und dem Orquestra Sinfonica de Navarra bei Universal vor. 2014 wurde Ramón Tebar von König Felipe VI. von Spanien für seinen Einsatz für die Kultur in den Stand des Offiziers des Orden del Mérito Civil erhoben.

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HANS VAN MANEN – Choreographie Live Der Niederländer Hans van Manen zählt zu den bedeutendsten Choreographen unserer Zeit. Seine Karriere begann 1951 als Tänzer in Sonia Gaskells Ballet Recital, gefolgt von Engagements im Nederlandse Opera Ballet und der Compagnie von Roland Petit in Paris. 1960 schloss er sich dem neu gegründeten Nederlands Dans Theater an, zunächst als Tänzer und Choreograph, von 1961 bis 1971 als Künstlerischer Direktor. 1973 wurde er als Choreograph ans Het Nationale Ballet in Amsterdam berufen. Ab 1988 war er als Hauschoreograph erneut dem NDT verbunden, bevor er 2003 in dieser Funktion ans Het Nationale Ballet zurückkehrte. Hans van Manens Œuvre umfasst über 120 Werke, von denen ein jedes die unverwechselbare Handschrift seines Schöpfers trägt. Seine Ballette gehören zum Repertoire vieler namhafter Compagnien weltweit. Neben seinem choreographischen Schaffen erlangte er ein hohes Renommee als Fotograf. 2003 gründete er die Stiftung Hans van Manen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1991 den Sonia-Gaskell-­ Preis für sein Gesamtwerk und den Choreographie-Preis der Vereinigung der Direktionen von Schouwburg und Concertgebouw Amsterdam. 1992 schlug Königin Beatrix der Niederlande ihn zum Offizier des Ritterordens von Oranien-Nassau. Ein Jahr später wurde ihm der Deutsche Tanzpreis verliehen. Die niederländische Menschenrechtsorganisation COC ehrte ihn mit der Bob Angelo Medaille für »die als befreiend zu bezeichnende Weise, mit der er in seinen Balletten und Fotos Männer und Frauen, menschliche Beziehungen und Sexualität porträtiert«. 1997 nahm er den Gino Tani International Prize entgegen. 1998 widmete ihm das Edinburgh Dance Festival eine große Retrospektive, die mit der Verleihung des Herald Arcangel Award ihren Höhepunkt fand. Es folgten 2000 der Erasmus-Preis, 2004 der Musikpreis der Stadt Duisburg und im Bolschoi Theater Moskau der Prix Benois de la Danse für sein Lebenswerk, 2005 der Grand Pas Award. 2007 ehrte Amsterdam den Künstler zu dessen 75. Geburtstag mit der Ernennung zum Commandeur in de Orde van de Nederlandse Leeuw sowie einem dreiwöchigen Festival. 2013 wurde er zum Patron of the National Ballet Academy ernannt, erhielt den Golden Age Award und einen weiteren Prix Benois. 2017 folgte mit dem Titel Commandeur des Arts et des Lettres die höchste Auszeichnung des französischen Staates im Bereich der Künste. Mit dem Wiener Staatsopern- bzw. Staatsballett waren seit der Wiener Erstaufführung von Adagio Hammerklavier und Twilight im Jahre 1977 eine Reihe von Werken Hans van Manens zu erleben, darunter Five Tangos, Grand Trio, Lieder ohne Worte, Große Fuge, Bits and Pieces, Black Cake sowie Solo und Trois Gnossiennes.

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MARTIN SCHLÄPFER – Choreographie 4 Martin Schläpfer leitet seit September 2020 als Ballettdirektor und Chefchoreograph das Wiener Staatsballett. Geboren in Altstätten (Schweiz), studierte er Ballett bei Marianne Fuchs in St. Gallen und an der Royal Ballet School in London. 1977 engagierte Heinz Spoerli ihn ins Basler Ballett, wo er schnell zu einem der charismatischsten Solisten avancierte. Ein Engagement ins Royal Winnipeg Ballet führte ihn für eine Spielzeit nach Kanada. Mit der 1990 in Basel gegründeten Ballettschule Dance Place schuf er eine erste Basis für seine tanzpädagogische Arbeit. Mit seiner Ernennung zum Leiter des Berner Balletts begann 1994 Martin Schläpfers intensive Arbeit als Choreograph und Ballettdirektor. Seine bisherigen Ensembles – das Berner Ballett (1994 bis 1999), ballettmainz (1999 bis 2009) sowie Ballett am Rhein (2009 bis 2020) – formte er in kürzester Zeit zu unverwechselbaren Compagnien. Das Ballett am Rhein wurde viermal von der Zeitschrift tanz zur »Kompanie des Jahres« gewählt und begeisterte auch auf Gastspielen in Europa, Israel, Taiwan, Japan sowie im Oman. Martin Schläpfers Schaffen umfasst knapp 80 Werke, die für seine Ensembles entstanden. Außerdem schuf er Uraufführungen für das Bayerische Staatsballett München, Het Nationale Ballet Amsterdam und Stuttgarter Ballett. Das Ballett Zürich zeigte sein Forellen­quintett. 2012 kehrte Martin Schläpfer für Hans van Manens The Old Man and Me als Tänzer auf die Bühne zurück, 2014 kreierte der Niederländer für ihn als Solisten die Uraufführung Alltag. 2017 war er als Choreograph und Pädagoge an Canada’s National Ballet School in Toronto zu Gast. Nachdem er 1977 den Prix de Lausanne als »Bester Schweizer Tänzer« gewonnen hatte, folgten für den Choreographen und Direktor Schläpfer zahlreiche Auszeichnungen, darunter der Kunstpreis des Landes Rheinland-Pfalz (2002), der Tanzpreis der Spoerli Foundation (2003), der Prix Benois de la Danse (2006), die Gutenbergmedaille der Stadt Mainz (2009) sowie 2009 und 2012 der deutsche Theaterpreis Der Faust. 2013 erhielt Martin Schläpfer den Schweizer Tanzpreis und 2014 den Taglioni – European Ballet Award in der Kategorie »Best Director« durch die Malakhov Foundation. Sein Ballett DEEP FIELD auf eine Auftragskomposition von Adriana Hölszky war für den Prix Benois de la Danse nominiert, 2015 erhielt er den Musikpreis der Stadt Duisburg. Das Magazin tanz kürte ihn 2010 zum »Choreographen des Jahres«, 2018 und 2019 folgte dieselbe Auszeichnung durch die Kritikerumfrage der Zeitschrift Die Deutsche Bühne. Seit 2017 ist Martin Schläpfer Mitglied der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste. 2018 wurde er mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet, 2019 folgte die Ehrung mit dem Großen St. Galler Kulturpreis.

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RACHEL BEAUJEAN – Einstudierung Live Rachel Beaujean erhielt ihre Tanzausbildung am Königlichen Konservatorium Den Haag, wurde 1977 Mitglied von Het Nationale Ballet Amsterdam und 1981 zur Solistin des Ensembles ernannt. 1997 wechselte sie in die Position der Ballettmeisterin, 2003 übernahm sie die Leitung des Artistic Staff. Seit 2017 ist sie an der Seite von Ted Brandsen Associate Artistic Director der renommierten niederländischen Compagnie. Sie tanzte Rollen des klassischen Repertoires ebenso wie in Werken von George Balanchine, William Forsythe, Martha Graham, Eduard Lock, Rudi van Dantzig, Toer van Schayk und Ted Brandsen. Besonders bekannt wurde sie für ihre Interpretationen der Choreographien Hans van Manens, für den sie über viele Jahre eine Muse war. Als Ballettmeisterin ist Rachel Beaujean für die Einstudierung der Werke Hans van Manens verantwortlich. Für Het Nationale Ballet kreierte sie außerdem ihre eigene Version von Les Sylphides, in Zusammenarbeit mit Ricardo Bustamante eine Fassung von Giselle sowie eine neue Produktion von Paquita. Im April 2022 feiert ihre zusammen mit Ted Brandsen geschaffene Fassung von Raymonda nach Marius Petipa in Amsterdam Premiere. Rachel Beaujean ist Mitglied im Vorstand der Nederlandse Dansdagen sowie der Toer van Schayk- und der Hans van Manen-Stiftung. 1993 gewann sie den Goldenen Tanztheater-Preis der VSCD, gefolgt vom Preis für besondere Verdienste der Stichting Dansersfonds ’79 im Jahre 1995. 2017 wurde sie als Offizierin des Ordens von Oranje-Nassau ausgezeichnet.

KESO DEKKER – Kostüme Live Keso Dekker, auf der holländischen Insel Ysselmonde geboren, studierte Kunstgeschichte, Niederländisch, Klassische Sprachen und Literatur, bevor er sich der Malerei zuwandte. Nachdem der Choreograph Eric Hampton ihn 1976 erstmals als Bühnen- und Kostümbildner engagiert hatte, begann die intensive Zusammenarbeit mit Hans van Manen, die seither zu mehr als 60 gemeinsamen Kreationen führte. Über 400 Bühnen- und Kostümarbeiten entstanden für zahlreiche Theater- und Tanz­ macher in Europa und den USA, darunter Choreographen wie Renato Zanella (Wiener Staatsoper), Bernd Bienert (Zürcher Ballett), Nils Christe (Ballet de L’Opéra de Paris), Heinz Spoerli (Ballett der Deutschen Oper am Rhein) sowie Martin Schläpfer (ballettmainz, Het Nationale Ballet Amsterdam sowie Ballett am Rhein). 2002 erhielt Keso Dekker den niederländischen Preis für Formgebung sowie den Großen Preis der holländischen Tanzwelt. Für die Feiern zum 50-jährigen Jubiläum von Het Na 79

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tionale Ballet entwarf er einen Ballettmarathon mit neun Uraufführungen von u.a. Hans van Manen, Christopher Wheeldon und Alexei Ratmansky. Beim American Ballet Theatre kam 2012 Symphony No 9 von Ratmansky in Dekkers Kostüm-Design als erster Teil einer Schostakowitsch-Trilogie heraus, deren vollständige Präsentation 2013 an der Metropolitan Opera New York stattfand. Für das Bayerische Staatsballett schuf er 2012 zu Leonid Massines Choreartium eine neue Ausstattung, für die er 2014 den Taglioni – European Ballet Award als »Best Designer« erhielt. Darüber hinaus kreierte Keso Dekker TV-Programme, leitete Workshops, schrieb Bücher, gestaltete Innen- und Außenräume sowie die Ausstellungsarchitekturen für La Mode (1986), The Art of Devotion 1300–1500 (1994) und KWAB. Niederländisches Design im Zeitalter Rembrandts (2018) im Amsterdamer Rijksmuseum. Mit dem Wiener Staatsballett waren in dieser Saison seine Kostümentwürfe für Alexei Ratmanskys 24 Préludes zu sehen.

BERT DALHUYSEN – Licht Live Bert Dalhuysen, im niederländischen Hoofddorp geboren, studierte an der Akademie für Fotografie und Fotoästhetik in Den Haag. Vier Jahre arbeitete er als Managing Director und Fotograf beim Foto- und Designstudio Arinde Visual Design in Amsterdam. 1986 übernahm er die Künstlerische Leitung im Bereich Beleuchtung von Het Nationale Ballet Amsterdam. Daneben ist Bert Dalhuysen als Lightdesigner sowohl für Ballett-, als auch Schauspiel- und Opernproduktionen international tätig und arbeitete u.a. mit Choreographen wie Hans van Manen, David Dawson, Krzysztof Pastor, Itzik Galili, Jan Fabre, Martin Schläpfer, Krisztina de Châtel und Nicolo Fonte.

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FLORIAN ETTI – Bühne 4 Florian Etti studierte Sprachen und Kunst an der Freien Universität und der Hochschule der Künste Berlin sowie Bühnenbild bei Rolf Glittenberg in Köln. Engagements als Bühnenbildner führten ihn seit 1986 an die Opernhäuser von Düsseldorf, Essen, Köln und Zürich, an die Berliner Schaubühne, das Wiener Burgtheater und Volkstheater sowie u.a. die Theater von Basel, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln, Malmö, Mannheim, Stuttgart und Zürich. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem Regisseur und Schauspielintendanten Burkhard C. Kosminski. Außerdem arbeitete er mit Gabriele Jacobi, Werner Schroeter, Günter Krämer, Karin Beier, Sönke Wortmann, Anna Badora, Joachim Lux, Gustav Rueb, Georg Kohl, Anna Bergmann, Itay Tiran sowie dem Filmemacher und Autor Udi Aloni zusammen. Für den Choreographen Heinz Spoerli kreierte er Bühnenbilder an der Deutschen Oper am Rhein sowie beim Zürcher Ballett. Für Martin Schläpfer entstanden mehrere Räume und Kostümentwürfe, darunter Ein Deutsches Requiem, 7, Konzert für Orchester, Petite Messe solennelle und Schwanensee. Seit kurzem widmet sich Florian Etti darüber hinaus der digitalen Malerei. Er präsentierte 2019 in der Einzelausstellung Florian Etti – Artificial Painting seine Werke im Münchner Künstlerhaus, 2020 folgte eine Ausstellung im Staatstheater Stuttgart. Mit Alexander Kubelka brachte er zuletzt im Wiener Theater in der Josefstadt die Uraufführung von Peter Turrinis Gemeinsam ist Alzheimer schöner heraus.

CATHERINE VOEFFRAY – Kostüme 4 Catherine Voeffray absolvierte ihre Ausbildung als Modezeichnerin an der Mode Design Schule Zürich und arbeitete zunächst freiberuflich. 1993 wurde sie an das Theater Bern engagiert, wo sie 1997 stellvertretende Leiterin der Kostümabteilung wurde. Dort entwarf sie Kostüme für zahlreiche Schauspiel- und Operninszenierungen, außerdem war sie für den Maggio Musicale Fiorentino und das Teatro del Giglio Lucca tätig. Für den Choreographen Martin Schläpfer kreierte Catherine Voeffray bereits für das Berner Ballett Kostüme. Es folgten zahlreiche Produktionen für das ballettmainz, darunter Kunst der Fuge, ein Wald, ein See, 3 und Sinfonien, sowie für das Ballett am Rhein, von denen Ein Deutsches Requiem und Nacht umstellt besonders hervorzuheben sind. Im Team mit dem Choreographen Stijn Celis war sie bei Compagnien wie Les Grands Ballets Canadiens Montréal, Cullberg Ballet, Nederlands Dans Theater, Cedar Lake Dance Company New York, Ballett der Semperoper 81

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Dresden, Aalto Ballett Essen und Ballett des Staatstheaters Saarbrücken zu Gast. Mit Johan Inger arbeitete sie an der Opéra de Lyon zusammen, eine weitere Produktion an der Semperoper Dresden ist in Planung. 2023 findet außerdem ihre beim Ballett am Rhein begonnene Zusammenarbeit mit Martin Chaix in einer Uraufführung des Ballet du Rhin Strasbourg ihre Fortsetzung. Ihre Rekonstruktion von Rei Kawakubos Kostümen zu Merce Cunninghams Scenario war mit dem Ballett am Rhein in Düsseldorf zu sehen.

THOMAS DIEK – Licht 4 Thomas Diek, in Meerbusch bei Düsseldorf geboren, begann seine berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zum Elektriker. Sein großes Interesse für das Medium Licht führte ihn 1991 an die Deutsche Oper am Rhein. 1996 absolvierte er seine Beleuchtungsmeisterprüfung in München und wurde anschließend zum kommissarischen Beleuchtungsmeister berufen. Seit 2007 unterstützt er das technische und künstlerische Team der Deutschen Oper am Rhein als Beleuchtungsinspektor und Lightdesigner. Seine Mitarbeit an zahlreichen Opern- und Ballettproduktionen namhafter Regisseure und Choreographen führte Thomas Diek auf Gastspiele u.a. nach Japan, China, Hong Kong, Spanien, Portugal, Italien, Finnland und in die Schweiz. Für den Choreographen Martin Schläpfer entwarf er seit 2009 zahlreiche Lightdesigns für das Ballett am Rhein sowie 2020 für das Stuttgarter Ballett. Außerdem entstand beim Ballett am Rhein das Licht für Uraufführungen von Remus Şucheană, Brigitta Luisa Merki, Ben J. Riepe, Natalia Horecna sowie für die Plattform Choreographie »Young Moves«. Seine Zusammenarbeit mit Natalia Horecna führte ihn 2018 mit der Uraufführung Return to Nothingness ans Grand Théâtre de Genève.

BALÁZS DELBÓ – Kamera Live Balázs Delbó ist ein ehemaliger Tänzer und Filmemacher mit über zehn Jahren professioneller Erfahrung im Filmen von darstellender Kunst. Nach seiner Ausbildung an der Hochschule für Kunst in Pécs begann er seine Karriere als Solotänzer des Ungarischen Nationalballetts (1996– 2005). Von 2005 bis 2008 war er als Solotänzer beim Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper engagiert. Während dieser Zeit tanzte er zahlreiche solistische Rollen, gewann einige nationale und internationale Wettbewerbe und wurde 2003/04 in Ungarn als »Tänzer des Jahres« ausgezeichnet. Nach seiner Bühnen-Karriere wechselte er ins Filmge-

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schäft und gründete – nachdem er drei Jahre für den kasachischen Fernsehsender KHABAR TV tätig war – seine eigene Firma DelbeauFilm. Mit dieser ist er für verschiedene Theater, Ballett- und Tanzcompagnien, aber auch einzelne Musiker, Tänzer und Bildende Künstler tätig. Zu seinen wichtigsten Auftraggebern gehören seit 2010 die Wiener Staatsoper, das Wiener Staatsballett und die Volksoper Wien sowie zuletzt die Scala di Milano. Dokumentarfilme, ORF-Produktionen und DVD-Veröffentlichungen in Kooperation mit der Unitel runden sein Profil ab.

SCHAGHAJEGH NOSRATI – Klavier Live Schaghajegh Nosrati, 1989 in Bochum geboren, gilt als äußerst vielseitige Musikerin. Der internationale Durchbruch gelang ihr 2014 als Preisträgerin des internationalen Bach-Wettbewerbs Leipzig. Sie begann ihre Ausbildung als Jungstudentin an der Hochschule für Musik Hannover, absolvierte ihren Master 2015 bei Christopher Oakden und das Konzertexamen 2017 bei Ewa Kupiec. Es folgte ein weiteres Studium bei Sir András Schiff an der Barenboim-Said-Akademie Berlin, das sie 2020 mit dem Artist Diploma abschloss. Weitere Anregungen erhielt sie von Robert Levin, Murray Perahia und Daniel Barenboim. Ihre Auftritte führten sie zum Schumannfest Düsseldorf, Menuhin Festival Gstaad und Lucerne Festival, in die Berliner Philharmonie und den Pierre Boulez Saal, die Alte Oper Frankfurt, den Kleinen Sendesaal des NDR Hannover, ins Gewandhaus Leipzig, in die Deutsche Oper am Rhein, das Anneliese Brost Musikforum Bochum, Beethovenhaus Bonn, in die Tonhalle Zürich, ins 92Y New York und ins Vancouver Playhouse mit Soloprogrammen oder u.a. dem Mitteldeutschen Kammerorchester, dem Deutschen Kammerorchester Berlin und den Bochumer Symphonikern. 2017 gab Schaghajegh Nosrati ihre gefeierten Debüts in Peking und Shanghai. 2018 wurde sie als Co-Solistin auf eine Tournee mit Sir András Schiff und dem Kammerorchester »Capella Andrea Barca« eingeladen mit Auftritten im Konzert­ haus Dortmund, der Tonhalle Düsseldorf, Philharmonie de Luxembourg, dem Palais des Beaux Arts Brüssel, Wiener Musikverein, Festspielhaus Baden-Baden, der Slowakischen Philharmonie, KKL Luzern und der Elbphilharmonie Hamburg. Auf CD liegen ihre Einspielungen von Bachs Kunst der Fuge, den Klavierkonzerten BWV 1052–1054 mit dem Deutschen Kammerorchester Berlin sowie ihre Interpretation von Werken Charles Valentin Alkans vor. Parallel zu ihrer Konzertlaufbahn engagierte sich Schaghajegh Nosrati schon frühzeitig im Bereich der Lehre. Zwischen 2015 und 2019 unterrichtete sie an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Seit 2020 ist sie als Assistentin von Sir András Schiff an der Barenboim-Said-Akademie Berlin tätig. 83

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JOANNA KĘDZIOR – Sopran 4 Joanna Kędzior studierte an der Chopin-Musikhochschule Warschau und an der Paderewski-Musikakademie Posen. Von 2016 bis 2018 war sie Mitglied der Opernakademie Teatr Wielki der Polnischen Nationaloper Warschau. Sie ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe. Ihr Bühnendebüt gab sie im Alter von 20 Jahren, als sie eingeladen wurde, in der Produktion Lied der Nacht des Opera Know-How-Festivals Posen aufzutreten. Im selben Jahr debütierte sie als Cléophas (Petit Nicolas et les Copains). Während ihres Studiums sammelte sie außerdem Bühnenerfahrung mit Partien wie Karolka (Jenůfa), Zauberin (Dido und Aeneas) und Erste Dame (Die Zauberflöte). Seit 2016/17 ist Joanna Kędzior regelmäßiger Gast an der Polnischen Nationaloper Warschau, wo sie als Frasquita (Carmen), Yniold (Pelléas et Mélisande), Papagena und Erste Dame (Die Zauberflöte) zu sehen war. 2019/20 gab sie ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen als Alcina (Der Gesang der Zauberinsel) im Rahmen des Young Singers Project. Seit September 2020 ist sie Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, wo sie bisher u.a. als Barbarina (Le nozze di Figaro), Clorinda (La cenerentola), Blumenmädchen (Parsifal) und Konstanze (Die Entführung ins Zauberreich) zu erleben war.

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SLÁVKA ZÁMEČNÍKOVÁ – Sopran 4 Slávka Zámečníková absolvierte ihr Gesangstudium am Konservatorium in Bratislava und erhielt ihren Master-Abschluss an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin in der Klasse von Anna Samuil. Meisterkurse folgten u.a. bei Anna Tomowa-Sintow, Brigitte Fassbaender, Deborah Polaski, Francisco Araiza, Neil Shicoff, Thomas Quasthoff, Gregory Lamar, Luciana D’Intino und Júlia Várady. Als Stipendiatin der Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung war sie von 2017 bis 2019 Mitglied des Internationalen Opernstudios der Staatsoper Berlin, wo sie als Erste Dame (Die Zauberflöte), Miss Jessel (The Turn of the Screw), Stimme des Falken (Die Frau ohne Schatten), Flora (La traviata) und Chasseresse (Hyppolite et Aricie) unter der Leitung von Sir Simon Rattle zu erleben war, eine Partie, die sie unter Simon Rattles Leitung auch bei ihrem Debüt in der Elbphilharmonie Hamburg sang. An der Berliner Staatsoper war sie 2019/20 als Nanetta unter Zubin Mehta und als Dircé in Médée zu hören. Weitere Debüts waren Ilia (Idomeneo) bei den Internationalen Maifestspielen Wiesbaden sowie Sophie (Werther) am Nationaltheater Prag und Slowakischen Nationaltheater. Mit Mahlers 4. Symphonie debütierte sie beim Prager Frühling 2018 mit der Warschauer Nationalphilharmonie. Konzerte führten sie zum Rheingau Musik Festival, zu den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, ins Konzerthaus Berlin, zum Galina Wischnewskaja Opernfestival Sotschi sowie durch Europa, Brasilien, Australien, China und Südkorea. Bei Wettbewerben wie dem Moniuszko-Wettbewerb, Belvedere-Wettbewerb und den »Neuen Stimmen« 2019 konnte Slávka Zámečníková wichtige Erfolge feiern. Seit September 2020 ist sie Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper, wo sie u.a. als Poppea (L’incoronazione di Poppea), Sophie (Werther), Musetta (La Bohème), Norina (Don Pasquale), Nanetta (Falstaff) oder Frasquita (Carmen) begeisterte.

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Mahler, live van Manen / Schläpfer Spielzeit 2021/22 HERAUSGEBER Wiener Staatsoper GmbH, Opernring 2, 1010 Wien Direktor: Dr. Bogdan Roščić Kaufmännische Geschäftsführerin: Dr. Petra Bohuslav Direktor & Chefchoreograph Wiener Staatsballett: Martin Schläpfer Kaufmännische Leiterin Wiener Staatsballett: Mag. Simone Wohinz Redaktion: Mag. Anne do Paço, Nastasja Fischer, MA, Mag. Iris Frey Gestaltung & Konzept: Fons Hickmann M23, Berlin Bildkonzept Cover: Martin Conrads Layout & Satz: Annette Sonnewend & Gabriele Adébisi-Schuster (WerkstattWienBerlin) & Julia Pötsch Hersteller: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Bad Vöslau AUFFÜHRUNGSRECHTE Für die Choreographien: © Hans van Manen sowie © Martin Schläpfer Musikmaterial Symphonie Nr. 4 G-Dur von Gustav Mahler: Universal Edition AG, Wien TEXTNACHWEISE S. 6: Jochen Schmidt über Hans van Manen zitiert nach: Hans van Manen. Foto’s – Feiten – Meningen. Hrsg. v. Marc Jonkers, Pieter Kottman, Jhim Lamoree und Divera Stavenuiter. Amsterdam 1992 / S. 8: Claudia Rosiny: Ein doppeltes Schauen. Aus Dies.: Tanz Film. Intermediale Beziehungen zwischen Mediengeschichte und moderner Tanzästhetik. Bielefeld 2013. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin / S. 11: Gabriele Klein zitiert nach Dies. (Hrsg.): Tanz Bild Medien. Hamburg 2003 / S. 16: Alles beginnt mit der Kamera. Hans van Manen im Gespräch mit Nastasja Fischer. Originalbeitrag für dieses Programmheft / S. 20: Beau Lotto zitiert nach Ders.: Anders sehen. Die verblüffende Wissenschaft der Wahrnehmung. München 2018 /

S. 21: Helmut Ploebst zitiert nach Ders.: Apparat und Abstraktion. In: Helmut Ploebst, Nicole Haitzinger (Hrsg.): Versehen. Tanz in allen Medien. München, Wien 2011 / S. 22: Fünf Fragen an Henk van Dijk für dieses Programmheft gestellt von Nastasja Fischer / S. 24: Anne do Paço: Sublime Albumblätter. Originalbeitrag für dieses Programmheft / S. 36: Dorion Weickmann über Martin Schläpfer zitiert nach Dies.: Spiel der Farben – Rausch der Formen. Martin Schläpfer. In: Magazin b–No 10 des Balletts am Rhein. Düsseldorf, Duisburg 2019 / S. 38: Wie ein gewaltiger Archipel. Martin Schläpfer im Gespräch mit Anne do Paço. Originalbeitrag für dieses Programmheft / S. 50: Anne do Paço: Radikaler Kommentar zum Lauf der Welt. Originalbeitrag für dieses Programmheft / S. 51: Gustav Mahler über seine 4. Symphonie zitiert nach Natalie Bauer-Lechner: Erinnerungen an Gustav Mahler. Leipzig, Wien, Zürich 1923 / S. 54: Der Himmel hängt voll Geigen. Bayerisches Volkslied aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn zitiert nach Gustav Mahler: Symphonie Nr. 4 G-Dur. Universal Edition Wien. Nachdruck der Originalbeiträge nur mit Genehmigung des Wiener Staatsballetts / Dramaturgie Übersetzung ins Englische: David Tushingham BILDNACHWEISE Cover: Dünenmeer am Nordpol des Mars © NASA/JPL – Caltech/ASU / S. 7 & 77: © Sebastien Galtier / S. 12–15, 26–33, 45–49, 56–67: © Ashley Taylor/Wiener Staatsballett / S. 37 & 78: © Tillmann Franzen / S. 70–75: © Andreas Jakwerth / S. 76, 79 oben, 80, 81 oben, 85: z.V.g. / S. 79 unten, 81 unten, 82 oben: © Gert Weigelt / S. 82 unten: © Ronnie Boehm / S. 83: © Irene Zandel / S. 84: © Ksenia Shaushyshvili Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.


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Das Wiener Staatsballett ist Teil der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien.


Generalsponsoren der Wiener Staatsoper


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