Opernring 2 | März 2024

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JOHN NEUMEIER Das MONATSMAGAZIN № 33 MÄRZ 2024

gemeinsam besser leben

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S. 2

»IM ABSEITS – INMITTEN DER PARISER LEIDENSCHAFT«

JOHN NEUMEIERS KAMELIENDAME FEIERT PREMIERE

S. 6

AUTHENTIZITÄT BIS INS DETAIL JÜRGEN ROSE KEHRT MIT DER KAMELIENDAME NACH WIEN ZURÜCK

S. 10

WARUM WIR MÄRCHEN LIEBEN

CORINNE WINTERS DEBÜTIERT AN DER WIENER STAATSOPER

S. 15

DER SPRUNG IN DIE ZUKUNFT BERTRAND DE BILLY DIRIGIERT GUILLAUME TELL

S. 20

DIE RÜCKKEHR DER RIESENPUPPEN

ROSSINIS GUILLAUME TELL WIRD WIEDER AUFGENOMMEN

S. 26

DEBÜTS

S. 28

»KINDER LASSEN SICH KEINEN BÄREN AUFBINDEN«

DANIEL OGRIS IST DER NEUE AMBROGIO IM BARBIER FÜR KINDER

S. 30

SCHLAGLICHTER IM MÄRZ

S. 32

ES GEHT IMMER UM DAS WIE ODER: WAS IST EIN MEZZOSOPRAN

S. 38

GRENZEN KITZELN GESPRÄCH MIT KS ELĪNA GARANČA

S. 42

PARSIFAL-ASPEKTE EIN SYMPOSIUM DER WIENER STAATSOPER IN ZUSAMMENARBEIT MIT DR. ULRIKE KIENZLE

S. 50

NACHRUF SEIJI OZAWA

S. 54

PINNWAND

INHALTSVERZEICHNIS

Foto FLORIAN MOSHAMMER

JOHN NEUMEIER DIE KAMELIENDAME

PREMIERE Musik FRÉDÉRIC CHOPIN Choreographie & Inszenierung JOHN NEUMEIER Bühne & Kostüme JÜRGEN ROSE Licht RALF MERKEL Einstudierung KEVIN HAIGEN / JANUSZ MAZON / IVAN URBAN Musikalische Leitung MARKUS LEHTINEN Klavier ANIKA VAVIĆ & IGOR ZAPRAVDIN / WIENER STAATSBALLETT / ORCHESTER DER WIENER STAATSOPER

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24. 26. MÄRZ 5. 7. 12. 15. 17. 22. 27. APRIL 1. 4. MAI 2024

»IM ABSEITS –INMITTEN DER PARISER LEIDENSCHAFTEN«

John Neumeier zeigt in seinem Schaffen eine durchgängige Sensibilität für Außenseiter, sei es in Handlungsballetten wie Othello, Illusionen – wie Schwanensee, Undine, A Cinderella Story, Die kleine Meerjungfrau, Anna Karenina oder Liliom, sei es in seinen Choreographien zu Musik von Gustav Mahler. Figuren, die mit einer gewissen »Übergröße« an den Rand der Gesellschaft stoßen, werden ihm zu Topographien menschlicher Existenz – so auch in Die Kameliendame, jenem Opus Magnum, mit dem John Neumeier 1978 beim Stuttgarter Ballett in jene Lücke sprang, die der viel zu frühe und überraschende Tod John Crankos gerissen hatte. Heute zählt Die Kameliendame zu den Meilensteinen des zeitgenössischen Handlungsballetts. Am 24. März feiert die Produktion nun ihre Premiere mit dem Wiener Staatsballett in der prächtigen Ausstattung Jürgen Roses.

Ein Nachlass kommt unter den Hammer. Es sind die Reste eines glamourösen Besitzes einer der schillerndsten Frauen im Paris des 19. Jahrhunderts: der Kurtisane Marguerite Gautier. Eingefunden hat sich auch Armand Duval. Mitten im geschäftigen Getriebe der Auktion und unter den Blicken der zusammengekommenen Neugierigen überfallen ihn seine Erinnerungen, war er es doch, mit dem Marguerite »im Abseits –inmitten der Pariser Leidenschaften«, wie der französische Dichter Jules Janin über die Geschichte schrieb, die wahre Liebe entdeckte. Einen Sommer lang verbrachten sie auf dem Lande ein Leben voller Glückseligkeiten. Doch für Armand stand die Familienehre auf dem Spiel. Und ohne zu wissen, dass sein Vater Marguerite dazu zwang, musste er zusehen, wie seine Geliebte in ihr altes Le -

ben zurückkehrte – und schließlich daran zugrunde ging.

Als Basis diente John Neumeier – wie Giuseppe Verdi in seiner Oper La traviata –der 1848 erschienene, autobiographisch gefärbte Roman La dame aux camélias von Alexandre Dumas fils, dessen Modernität der Erzählperspektiven den Choreographen –neben der berührenden Geschichte – reizte: »Mich hat die cinematische Dimension des Dumas-Romans fasziniert, ein SchichtPrinzip, das die Geschichte nicht chronologisch entwickelt, sondern in fragmentarischen Episoden aus verschiedenen Perspektiven. Ich dachte, es müsste auch im Ballett möglich sein, Bilder der Erinnerung wie Gedanken zu wechseln, zu überblenden.« Entsprechend entwickelt Neumeier aus dem Rückblick Armands leidenschaftliche Beziehung zu Marguerite. In einer Theater-im-Theater-Situation begegnen sich die beiden erstmals, sieht Marguerite aber auch in einer als Ballett gezeigten alten Liebestragödie – der Geschichte von Manon Lescaut und dem Chevalier Des Grieux – ihr eigenes Leben gespiegelt. In der Zeichnung der »inneren« emotionalen Zustände der Figuren vermag Neumeiers Choreographie alle erdenklichen psychologischen Schattierungen zu entfalten: das Zittern zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Freude, Schmerz und Erbitterung. »Äußere«, die Pariser Demi-Monde mit leichter Hand zeichnende Situationen überblendet sie mit Bildern voller Eleganz und unbeschwerter Fröhlichkeit, trunken von Leidenschaft oder Lebenshunger, existenzieller Dramatik oder unter die Haut gehender Fragilität im Angesicht des Todes. So blind wie Armand zunächst liebt, so blind rast er schließlich

3 ANNE DO PAÇO

auch vor Eifersucht und Enttäuschung und quält Marguerite bewusst, indem er sie mit einer anderen Frau – Olympia – betrügt. Im Gespräch mit der Autorin betont John Neumeier, dass Marguerite für ihn allerdings kein Opfer sei und auch keine klassische Femme fragile, die von den Männern ausgenutzt wird, sondern vielmehr »eine emanzipierte Frau, die sich – schwerkrank ihrer Endlichkeit bewusst – ein Leben ent worfen hat, das sie selbst bestimmt und genau kontrolliert bis zu jenem Moment, in dem sie von der Entdeckung der Liebe überfallen wird«. Im Spektrum ihrer eigenen Widersprüchlichkeiten ist Marguerite Täterin und Opfer zugleich: Weil sie Armand liebt, gibt sie ihn, der sie auch liebt, auf und verzichtet gegen ihren Willen auf die eigene Liebe.

Seine Figuren werden John Neumeier zu Projektionsflächen für balletttheatralische Innovationen, die in der Verwirklichung eines glaubhaften und leidenschaftlichen, d. h. realistischen Spiels, von den Tänzerinnen und Tänzern ein Höchstmaß an Rollenidentifikation verlangen. Alles erzählt er in der Kameliendame durch Tanz: »Ich wollte weg von der typischen Situation des traditionellen Handlungsballetts«, erläutert er in einem Interview mit Wolfgang Oberender, »wo jemand in der Mitte tanzt und das Corps steht herum und versucht durch Gestik zu sagen: ›wie hübsch‹, ›wie schön‹, ›wie schockierend‹. Selbst in der längsten Szene, im sogenannten Goldenen Ball, ist die Reaktion in Tanz umgesetzt. So bourrieren etwa die Frauen in einem besonders prekären Moment, sodass man durch ihre Schritte die innere Bewegung spüren kann.« Neumeier verwandelt Dumas’ Romanfiguren konsequent in lebenspralle Figuren der Tanzbühne, reale Begebenheiten gewinnen eine Kunstdimension. Den Konflikt lässt er in aller Schärfe und ohne die Möglichkeit zur Versöhnung stehen, denn erst nach Marguerites Tod erfährt Armand aus deren Tagebuch von ihrem Dahinsiechen, ihren Ängsten, ihrer Einsamkeit und

ihren Sehnsüchten. Er – und sein Vater –kommen zu spät, um gut zu machen, was sie ihr angetan haben.

1978 kreiert für Marcia Haydée als Marguerite und dieser auch gewidmet, in der Uraufführung weiters besetzt mit Stuttgarter Stars wie Egon Madsen (Armand), Birgit Keil (Manon Lescaut), Richard Cragun (Des Grieux), Nora Kimball (Olympia) und Reid Anderson (Monsieur Duval), hat John Neumeier sein Werk inzwischen ganzen Generationen von Tänzerinnen und Tänzern anvertraut. Bei jeder neuen Einstudierung beherzigt er jedoch stets einen Grundsatz, der für seine gesamte Arbeit gilt: »Für mich ist wichtig, dass mein Stück lebt. Es handelt sich nicht um etwas, das nach einem bestimmten Muster gemacht ist und so suche ich in jeder Einstudierung neue Aspekte in den Figuren.« An der Zusammenstellung der Besetzung feilt er bis zum Schluss, sodass diese auch erst gegen Ende der Proben bekannt gegeben werden kann: »Zur Kameliendame wird man immer gleich gefragt: ›Wer ist Marguerite?‹ ›Wer ist Armand?‹ Aber für mich gibt es zehn Hauptrollen. Es ist wie in einem Mosaik, in welchem alle Steine zusammenpassen müssen. Deshalb benötige ich für die Aufstellung einer Besetzung immer sehr viel Zeit – und werde auch in Wien meine Meinung bis zur Premiere sicher noch ein paar Mal ändern.«

Fest stehen die beiden Künstler, die in allen Vorstellungen der Premierenserie am Klavier zu erleben sein werden: Aus dem Orchestergraben ist die international renommierte Pianistin Anika Vavić zu hören, die Rolle des Pianisten auf der Bühne verkörpert Igor Zapravdin aus dem Team des Wiener Staatsballetts. Die Partitur, die sich John Neumeier für sein Ballett erstellen lassen hat, gleicht in ihren pianistischen Anforderungen einem Marathon aus einer Vielzahl von Werken Frédéric Chopins für Klavier solo sowie Klavier und Orchester, Musik, die sich kongenial mit der Lebens- und Gefühlswelt der Figuren des Balletts trifft.

4 »IM ABSEITS – INMITTEN DER PARISER LEIDENSCHAFTEN«

RAHMENPROGRAMM ZUR PREMIERE

EINFÜHRUNGSMATINEE

In der Einführungsmatinee Die Kameliendame erfahren Sie aus erster Hand von Beteiligten der Produktion interessante Hintergründe über die Choreographie von John Neumeier, ihre Wiener Einstudierung sowie die musikalische Partitur. Tänzerische Kostproben und musikalische Beiträge von Pianistin Anika Vavić runden den Vormittag in der Wiener Staatsoper ab. Die Veranstaltung findet in deutscher und englischer Sprache statt.

Sonntag, 17. März 2024, 11 Uhr

EXKLUSIVER PROBENBESUCH FÜR DEN FREUNDESKREIS

WIENER STAATSBALLETT

Für die Förderinnen und Förderer des Freundeskreis Wiener Staatsballett bieten wir einen exklusiven Probenbesuch, bei dem Sie bereits vor der Premiere in die Arbeit an John Neumeiers Choreographie und Frédéric Chopins Partituren eintauchen können. Wenn Sie an solchen und vielen anderen Veranstaltungen Interesse haben und das Wiener Staatsballett unterstützen möchten, informieren Sie sich gerne hier:

→ wiener-staatsoper.at/foerdern/ freundeskreis-wiener-staatsballett

DANCE MOVI ES

JOHN NEUMEIER –EIN LEBEN FÜR DEN TANZ ÖSTERREICH-PREMIERE IM FILMCASINO

In Kooperation mit dem Filmcasino zeigt das Wiener Staatsballett am 7. April in der Filmreihe DANCE MOVI ES den neuen Film John Neumeier – Ein Leben für den Tanz (2024) als Österreich-Premiere. In der für die Sender Arte/NDR entstandenen Doku zeichnet Regisseur Andreas Morell das Porträt eines großen Tänzers, eines wunderbaren Lehrers, eines tief in der Kunst und Religion verankerten Menschen und gibt Einblicke in die aktuelle künstlerische Arbeit John Neumeiers. Mit anschließendem Gespräch mit Beteiligten der Produktion Die Kameliendame.

Andreas Morell / DE 2024 / 53 Min. 7. April 2024, 13 Uhr, Filmcasino (Margaretenstraße 78, 1050 Wien) Tickets über → filmcasino.at

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JOHN NEUMEIER Foto KIRAN WEST

AUTHENTIZITAT BIS INS DETAIL

JÜRGEN ROSE KEHRT MIT JOHN NEUMEIERS DIE KAMELIENDAME NACH WIEN ZURÜCK

JÜRGEN ROSE

6 GERALD C. STOCKER
Foto KIRAN WEST

Mit dem Kostüm- und Bühnenbildner Jürgen Rose kehrt ein Grandseigneur seines Faches ins Haus am Ring zurück, der seit den 1970er Jahren auch die Geschichte der Wiener Staatsoper mitgeschrieben hat. John Crankos Romeo und Julia (1975), John Neumeiers Der Feuervogel/Daphnis und Chloë (1983) sowie Ein Sommernachtstraum (1986) waren in Wien in Roses prächtigen Ausstattungen zu sehen. Auf der Opernbühne prägte er als enger Partner Otto Schenks dessen Inszenierungen von Don Carlo (1970), L’elisir d’amore (1973), Così fan tutte (1975) und Die Meistersinger von Nürnberg (1975). Erinnerlich sind aber auch Roses Wiener Ausstattungen zu Boleslaw Barlogs Salome (1972), die bis 2022 im Repertoire war, Werner Kelchs Eugen Onegin (1973), Dieter Dorns Die Entführung aus dem Serail (1979) und August Everdings Parsifal (1979).

Derzeit weilt der mittlerweile fast 86-Jährige in Wien, um noch einmal eine seiner großen Arbeiten neu einzurichten bzw. neu anzufertigen. Das 1978 für das Stuttgarter Ballett geschaffene Bühnen- und Kostümbild zu John Neumeiers Die Kameliendame soll einen neuen Anstrich bekommen, ohne dass der alte Glanz verloren geht.

Schaut man Rose bei den Kostümanproben über die Schulter, ist sofort klar: An jener Akkuratesse, welche die Zusammenarbeit für viele Regisseure und Choreographen über Jahrzehnte so wertvoll gemacht hat, hat er bis heute nichts eingebüßt. Sein Blick gilt den Details und er weiß seine Änderungswünsche sorgsam zu vermitteln.

»Bitte kein Haarspray verwenden«, hört man ihn freundlich zu den Kolleginnen der Maskenabteilung sagen. »Man muss jedes Haar sehen und spüren können, denn darin liegt der große Zauber in jenem Pas de deux des 2. Akts, bei dem die Tänzerin mit offenen Haaren über die Bühne schwebt.« Man möchte vermuten, dass man das schon in der ersten Reihe des Zuschauerraums gar nicht wahrnimmt, aber darum gehe es ihm nicht. Es ist die Authentizität der Darstellung, die ihm wichtig ist. Rose versteht es, mit seinen Kostümen, aber auch dem Maskenbild den Tänzerinnen und Tänzern einen Charakter zu verleihen, sie darin zu unterstützen, vollkommen in eine Rolle eintauchen zu können. Die Anweisung »Die innere Krempe beim Hut ist vorne zu prominent. Die muss man bitte kürzen, sonst sieht es aus wie ein Helm« sorgt für nickende Zustimmung bei der Hutmacherin und erleichtertes Lächeln bei der Tänzerin. Auch der Stoff eines Unterrocks passt ihm farblich noch nicht – er müsste mehr braun als grau sein. Und so werden die verschiedensten Stoffe von Seide bis

Organza ausprobiert und übereinandergelegt, bis der richtige Farbton gefunden ist.

Beim Fotoshooting für ein Porträt der Marguerite, das auf der Bühne zu sehen sein wird, sinniert Rose darüber nach, dass die Tänzerin eigentlich keinen Schmuck tragen sollte, habe die Kameliendame in ihrer Jugend doch gar kein Geld für teuren Schmuck besessen – ein »Irrtum«, den er für seine Wiener Fassung nun »ausbessert«. Und selbst bei der Wahl der Stifte legt Rose selbst Hand an: »Bitte sagt der Malerin im Arsenal, sie soll unbedingt die richtigen Kreidestifte für das Porträt verwenden, damit es historisch in die Zeit passt.« Eigentlich wollte Rose, dessen Vater Bauer war, zunächst Schauspieler werden. Vielleicht rührt auch daher sein ausgeprägtes Identifikationsvermögen mit den Bühnenkünstlern. Da er aber von klein auf auch gerne zeichnete und sich mit Kostümen beschäftigte, tat sich schon sehr früh ein zweites Betätigungsfeld auf. Und es blieb auch nicht viel Zeit, um sich zu entscheiden: »Am Freitag legte ich mein Abitur ab. Und am Montag hatte ich schon einen unbezahlten Job als Volontär im Landestheater Darmstadt«, berichtet er. Nach zwei wertvollen Lehrjahren bei Intendant Gustav Rudolf Sellner und Ausstattungsleiter Franz Mertz ging Rose nach Berlin, um der Einberufung zur deutschen Bundeswehr zu entgehen. In der Tasche hatte er zwei Zeugnisse, die ihn als Bühnenbildner und Schauspieler qualifizierten. So schloss er sich zuerst der Staatlichen Kunstakademie an und dann auch einer renommierten, privaten Schauspielschule. Diese Zeit war geprägt durch Begegnungen mit Theatergrößen wie Therese Giese und Peter Lühr, aber auch Nachwuchstalenten wie Cornelia Froboess und Vera Tschechowa, denen er als Partner u.a. in Shakespeares Romeo und Julia oder Heinrich von Kleists Käthchen von Heilbronn zur Seite stand. Zu einer wichtigen Station wurde dann das Theater Ulm unter Kurt Hübner, wo Rose neben Bühnenbildner Wilfried Minks, den Regisseuren Peter Palitzsch und Peter Zadek sowie Schauspielerinnen wie Elisabeth Orth und Hannelore Hoger nicht nur als Ausstatter, sondern auch als Schauspieler verpflichtet war. Für bis zu vierzehn Premieren pro Saison kreierte er die Bühnen- und Kostümbilder für Operette, Ballett und Schauspiel und memorierte daneben seine Texte für seine Auftritte –eine Doppelbelastung, die auf Dauer nicht machbar war. Rose entschied sich für das Bühnen- und Kostümdesign.

Im nahe gelegenen Stuttgart kam es 1961 zu einer lebensverändernden Begegnung. Rose traf auf John Cranko, und mit Romeo und Julia (Dezem-

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ber 1962) kam es zu einer ersten Zusammenarbeit. »Meine ersten Skizzen der dreizehn Bühnenbilder gefielen Cranko spontan. Ich machte mich an die technische Ausarbeitung mit genauem Maßstab, Lineal, Zirkel und Fluchtpunkt. Nach einigen Tagen kam Cranko dann zu mir ins Atelier, schaute sich meine Ausarbeitungen an, nahm sie in die Hand und zerriss sie vor meinen Augen. Ich war geschockt, was Cranko merkte und mir erklärte: ›Jürgen, das kann jeder. Ich möchte deinen Strich, nicht den mit dem Lineal.‹ Diesen Satz werde ich nie vergessen. Ich habe ihn mein ganzes Leben lang beherzigt und immer wieder auch versucht, diese Erfahrung meinen Studenten zu vermitteln.« Die Zusammenarbeit blieb bis zu Crankos frühem Tod 1973 für beide prägend.

Etwa zur selben Zeit, erinnert sich Rose sehr lebhaft, rief man ihn in der Kantine des Ulmer Theaters ans Telefon: Ein gewisser »Ebering« oder so ähnlich, sei am Apparat. Rose wusste nicht, wie ihm geschah, als er realisierte, dass August Everding, damals Schauspieldirektor der Münchner Kammerspiele, am anderen Ende der Leitung war und ihn für ein aktuelles Projekt engagieren wollte. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge ließ Kurt Hübner ihn ziehen.

Für Rose wurden die Münchner Kammerspiele für vierzig Jahre zur künstlerischen Heimat mit wichtigen Regisseuren und Schauspielern – auch wenn er bald schon für Oper, Operette, Ballett und Schauspiel an viele große Bühnen und internationale Festivals engagiert wurde: neben der Wiener Staatsoper, die Deutsche Oper Berlin, die Bayerische Staatsoper, die Hamburgische Staatsoper, die New Yorker MET, das Royal Opera House London, die Opéra de Paris, Scala di Milano, Semperoper Dresden, das Hamburger Schauspielhaus sowie die Salzburger und Bayreuther Festspiele. Zu seinen wichtigsten Partnern zählten Rudolf Noelte, Hans Lietzau, Götz Friedrich, Otto Schenk, Peter Stein, Thomas Langhoff und vor allem Dieter Dorn.

Den Choreographen John Neumeier hatte Rose in Stuttgart kennengelernt, wo dieser neben William Forsythe und Jiří Kylián im Corps de ballet engagiert war. »Das war schon ein großes Potenzial, wenn man bedenkt, was aus diesen Tänzerpersönlichkeiten später für großartige Choreographen wurden«, staunt Rose heute noch. Mit John Neumeier folgten herausragende Projekte wie Romeo und Julia , Nussknacker, Illusionen –wie Schwanensee, Dornröschen , Peer Gynt oder A Cinderella Story. Und gerne erinnert er sich auch

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an die Anfangszeit zurück, als er noch zwischen den Arbeiten für Cranko und Neumeier hin- und hergerissen war. Cranko war für Rose ein Lebensmensch, dem er viel verdankt – das Wissen ums Ballett, den Zugang zur Bildenden Kunst und zum Leben an sich. So beherzigte er beispielsweise bei einer seiner ersten Griechenland-Reisen Crankos Anregung: »Wenn du nach Athen fährst, musst du ganz früh morgens barfuß die Treppen auf die Akropolis hinaufsteigen und dann dort oben den Sonnenaufgang erleben. Dann weißt du alles über dieses Land.« Und Rose machte es so! Cranko war es auch, der Rose zunächst gegen seinen Willen ermutigte, sich an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart als Professor zu bewerben – und so ein herausragender Lehrer und Mentor für ganze Generationen von Bühnen- und Kostümbildnern zu werden. »Er hat mich fast dazu gedrängt und dann hat er es selbst gar nicht mehr erlebt.« Roses Blick trübt sich, als er über Crankos letzte New York-Tournee mit dem Stuttgarter Ballett berichtet. »Ich habe mich sehr gefreut, dass man Crankos Arbeit dort so zu schätzen wusste, denn in Stuttgart hatte er es nicht immer leicht mit der dortigen Kritik. Das Publikum dagegen liebte und liebt bis heute seine Werke. Auf seine letzte Tournee konnte ich leider nicht mitfahren, weil ich mich in der letzten Phase der neuen Münchner

Nussknacker -Produktion mit Neumeier befand. Cranko wollte unsere Fassung unbedingt sehen, aber leider verstarb er während des Rückflugs.«

Bis heute hat Rose über 300 Werke ausgestattet – und bei einigen auch selbst Regie geführt. 2019 präsentierte er mit dem Stuttgarter Ballett seine Neufassung von Kenneth MacMillans 1978 in London uraufgeführtem Mayerling. Den Choreographen, ein Freund Crankos, kannte er aus dessen Berliner Direktionszeit um 1965. »Über zwei Jahre habe ich mit meinem Team in Wien und Umgebung an allen wichtigen Orten dieser authentischen Geschichte, in Museen und Sammlungen recherchiert«, erinnert er sich. 2022 folgte in Stuttgart dann sein neuer Blick auf den Nussknacker, gemeinsam entwickelt mit dem Choreographen Edward Clug. Jede seiner Arbeiten ist einzigartig –und von herausragender Qualität. Auf die Frage nach Zukunftsplänen reagiert er augenzwinkernd: »Jetzt ist erst einmal Schluss. John Neumeier möchte die Kameliendame demnächst auch in China und Südkorea zeigen, aber ich habe ihm gesagt: Dann sollen sie nach Wien kommen, sich während der Endproben im März die Ausstattung hier anschauen und anhand meiner Entwürfe in Peking nachbauen, nachmalen und nachschneidern.« Dass die Wiener Arbeit wirklich Roses letzte bleibt, ist kaum vorstellbar.

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FIGURINEN von JÜRGEN ROSE zu DIE KAMELIENDAME CORINNE WINTERS in der Titelpartie von HALKA ( Theater an der Wien ) Foto MONIKA RITTERSHAUS

WARUM WIR MARCHEN LIEBEN

ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT CORINNE WINTERS

Vor einigen Jahren war die USAmerikanerin Corinne Winters noch so etwas wie ein Geheimtipp. Eine Sängerin, der man, wo immer sie auftrat, Begeisterung entgegenbrachte und eine große Karriere prophezeite. Mittlerweile hat sie diese Voraussagen eingelöst und zählt zu den angesagten Sopranistinnen weltweit. Auch ihre bisherigen Auftritte in Österreich – so die Kátja Kabanová bei den Salzburger Festspielen (2022) oder Halka im Theater an der Wien (2019) – wird man in schöner Erinnerung behalten. Nun gibt sie am 31. März in der Titelpartie von Dvořáks tiefenpsychologischem Märchen Rusalka ihr mit Spannung erwartetes Debüt an der Wiener Staatsoper.

al Sven-Eric Bechtolf, der Regisseur der aktuellen RusalkaProduktion, betonte, dass man Märchen weder platt nacherzählen noch entlarven sollte, da sie sonst geheimnislos würden. Nun bedarf die Symbolhaftigkeit von Rusalkas Verstummen einer interpretierenden Erzählung. Wie bringt man als Sängerin der Hauptfigur diese beiden Ebenen zusammen? Wie schafft man es, zu interpretieren und dennoch Raum für das Geheimnisvolle dieses Märchens offenzulassen?

cw Wir haben in dieser Geschichte zwei gegensätzliche Pole vor uns: Der Realität des menschlichen Daseins steht ein Kosmos von Elfen, Hexen, Wassermännern, Irrlichtern gegenüber, in der Ru-

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salka zu Hause ist. Das Tragische ist, dass die jeweiligen Vertreter der einen Welt das Wesen der anderen nicht begreifen und ergründen können. Rusalka bekommt immerhin einen Vorgeschmack auf das, was Menschen körperlich und geistig erleben, aber mehr nicht. Die Ebene der sexuellen Leidenschaft ist für sie unerreichbar, egal, wie groß ihre Sehnsüchte sind, egal, wie groß

sität der Liebe, aber auch die Traurigkeit und Schwere, die die menschliche Welt bieten, haben ihr die Augen geöffnet. Sie begreift, dass der Prinz sie nach wie vor liebt und sie nur verraten hat, weil sie ihm etwas nicht geben konnte, was zum menschlichen Leben dazugehört. Der finale Kuss, der ihm den Tod bringt, ist Verzeihen und Liebeserfüllung zugleich. Für beide.

ANTONÍN DVOŘÁK RUSALKA

31. MÄRZ 2. 4. APRIL 2024

Musikalische Leitung TOMÁŠ HANUS Inszenierung SVEN-ERIC BECHTOLF Bühne ROLF GLITTENBERG Kostüme MARIANNE GLITTENBERG Licht JÜRGEN HOFFMANN Choreographie LUKAS GAUDERNAK

Mit CORINNE WINTERS / PAVEL ČERNOCH / ELIŠKA WEISSOVÁ / ADAM PALKA / OKKA VON DER DAMERAU / STEFAN ASTAKHOV / MARGARET PLUMMER / FLORINA ILIE / JULIETTE MARS / DARIA SUSHKOVA / NIKITA IVASECHKO

ihre Fähigkeit zur uneigennützigen Liebe ausgeprägt ist. Nun finden wir in den Ursachen, die Rusalka Leidenschaften gegenüber so unempfindlich machen, viel Raum für Interpretation. Ihre Sehnsucht und ihr verzweifelter Versuch, ihr Nicht-Begreifen zu überwinden, aber auch der Kontrast, der durch das Aufeinandertreffen der beiden gegensätzlichen Welten entsteht, schafft jenes Geheimnis, das für ein Märchen unabdingbar ist.

al Hat Rusalka zum Schluss auch etwas gewonnen oder nur verloren?

cw Sie hat definitiv etwas gewonnen. Alle Märchen besitzen eine Moral oder besser eine Wahrheit, die wir mitnehmen können. Hier in Rusalka geht es darum, dass die Erfahrungen, die das Leben zu bieten hat, nicht vergeblich sind und sogar beglücken, auch wenn sie mitunter schmerzvoll sind. Die Titelheldin hat durch das Zusammentreffen mit dem Prinzen und ihrer letztlich unglückseligen Menschwerdung die große Liebe kennengelernt, dieses überwältigende, wenn auch nur kurzzeitige Aufgehen in einem anderen Wesen. Genau das, wonach in Wahrheit jeder Mensch auf der Suche ist. Warum lieben wir Märchen? Weil wir in ihnen solche Empfindungen in Reinkultur erfahren können.

al Und welches Gefühl hat Rusalka am Ende der Geschichte dem Prinzen gegenüber? Ist es immer noch Liebe? cw Ja, davon bin ich überzeugt. Sie hat eine neue Perspektive kennengelernt. Die Inten-

al Es gibt im Zusammenhang mit Rusalka folgenden Opernwitz: Eine junge, ungenügende Sängerin wird engagiert. Als sie fragt, wofür sie angesetzt ist, sagt man ihr: für den 2. Akt Rusalka – der Akt, in dem Rusalka die Sprache verloren hat und daher stumm bleibt. Der Witz funktioniert nicht wirklich, weil Rusalka gegen Ende des Aktes ihre Sprache wiederfindet. Daher auch meine Frage: Wie kann es gelingen, solange stumm auf der Bühne zu sein und dann plötzlich singen zu müssen?

cw Als ich begann, Rusalka zu studieren, habe ich mir genau diese Frage gestellt, um dann herauszufinden, dass Dvořák genau wusste, was er tat: In den 30 Minuten, in denen man auf der Bühne zu spielen, aber nichts zu singen hat, lädt man sich immer mehr mit Energie auf. Ich bin ja in dieser halben Stunde nicht passiv, die Figur der Rusalka erlebt schließlich einen emotionalen Ausnahmezustand, der immer weiter aufgestaut wird und schließlich in dem Moment gipfelt, in dem sie, die Sprache wiederfindend, dem Wassermann in einem dramatischen Aufbäumen ihr Leid klagt. Ich bin daher als Interpretin der Rusalka in diesem Augenblick genau in jener Stimmung, die diese Klage erfordert. Dadurch ist auch die vokale Herausforderung, nach so langer Zeit des Stummseins einsetzen zu müssen, leichter zu meistern.

Szenenbilder RUSALKA Fotos MICHAEL PÖHN

12 WARUM WIR MÄRCHEN LIEBEN

al Wie schreibt Dvořák grundsätzlich für die Stimme?

cw In seiner lyrischen Komponente besitzt gerade die Rolle der Rusalka etwas Belcanteskes, ist also gesund und angenehm für die Stimme. Zugleich hat das Tschechische durch den Konsonantenreichtum etwas Perkussives, das einen zusätzlichen Raum für

»Alle Menschen, die sich als Kind als Außenseiter fühlten oder ein sehr reiches Innenleben haben, werden entweder Künstlerinnen und Künstler oder große Kunstliebhaber.«

die Emotionen schafft. Es handelt sich also um einen legatoreichen, italienischen Gesangsstil, gespickt mit Konsonanten. Doch das ist nicht alles: Durch die ungemeine Vielschichtigkeit in der orchestralen Textur erhält die Gesangsstimme eine Unterstützung, die der Interpretation und Textausdeutung eine zusätzliche Detailtiefe verleiht.

al Wenn man Sänger aus Deutschland nach ihren Lieblingskomponisten fragt, kommt oft die Antwort: Johann Sebastian Bach. Wer ist es bei Ihnen?

cw Wie kann man sich nur für einen einzigen entscheiden? In meinem relativ umfangreichen Repertoire nehmen aktuell die slawischen Komponisten einen wichtigen Platz ein – sowohl auf dem Gebiet der Oper als auch im symphonischen Bereich: Meine erste Liebe galt Tschaikowski; seit ich mich viel in der tschechischen Welt aufhalte, sind meine Lieblinge Janáček und Dvořák, sie sind sozusagen das Herzstück meines derzeitigen Repertoires.

al Wir hatten an der Wiener Staatsoper vor kurzem eine öffentliche Diskussion darüber, ob Künstlerinnen und Künstler besondere Menschen sind. Was glauben Sie?

cw Alle Menschen, die sich als Kind als Außenseiter fühlten oder ein sehr reiches Innenleben haben, werden entweder Künstlerinnen und Künstler oder große Kunstliebhaber. Auf jeden Fall kann Kunst

auch Gefühlen Ausdruck verleihen, die im täglichen Leben nicht im Vordergrund zu stehen scheinen. Ich persönlich schätze es außerdem, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die am Hervorbringen eines gemeinsamen Kunstwerks beteiligt ist. Das Milieu des Musiktheaters ist für mich daher der ideale Ort schlechthin.

al Findet sich dieser ideale Ort auch in Ihren Träumen wieder?

cw Ja, aber eher alptraumhaft: Meist stehe ich knapp vor einem Auftritt und merke, dass ich den Text vergessen habe oder gar nicht weiß, in welcher Oper ich gerade mitwirke. Allerdings kamen solche Träume am Beginn meiner Karriere häufiger vor. Mittlerweile, seit ich doch über einige Jahre Erfahrung verfüge und überdies weltweit mit wunderbaren Künstlern arbeiten darf, werden auch die nächtlichen Schrecksekunden seltener.

al Am 31. März geben Sie ihr Debüt an der Wiener Staatsoper. Worauf freuen Sie sich am meisten?

cw Da gibt es einiges: Die Rusalka ist derzeit meine liebste Rolle – ich habe also das Privileg, mit meiner Lieblingsrolle an einer der wichtigsten Bühnen debütieren zu dürfen. Außerdem steht der wunderbare Tomáš Hanus am Pult, mit dem ich vor ein paar Spielzeiten in Genf Jenůfa erarbeiten durfte. Entsprechend groß sind meine Erwartungen an sein Rusalka-Dirigat – ich freue mich wirklich auf die Zusammenarbeit! Dazu kommen das tolle Orchester und dieses bekanntermaßen kunstsinnige Wiener Publikum. Kurzum: Ich kann es kaum erwarten.

14 WARUM WIR MÄRCHEN LIEBEN

DER SPRUNG IN DIE ZUKUNFT

Er ist derzeit fast allgegenwärtig in der Wiener Staatsoper: Gerade erst leitete er eine Serie der zutiefst berührenden Dialogues des Carmélites und fast gleichzeitig Tosca-Vorstellungen mit Piotr Beczała, unmittelbar darauf erlebte ihn ein Millionenpublikum bei der Eröffnung des Opernballs. Und während andere noch ausschliefen, kümmerte er sich um die Vorbereitung der Wiederaufnahme von Gioachino Rossinis Guillaume Tell. Natürlich reden wir von Bertrand de Billy, jenem Dirigenten, der mehr als 250mal im Haus am Ring auftrat und dessen Repertoire einfach alles zu umfassen scheint. Von der Zauberflöte bis Carmen, von Don Carlos bis La traviata, von Faust bis zum Fliegenden Holländer. Über seine Aufnahmeprüfung in der Schweiz, den politischen Rossini und sein eigenes Verhältnis zu makellosen Helden spricht er mit Oliver Láng.

ol Sehr gerne würde ich dieses Gespräch mit einer allgemeinen Frage beginnen. Der britische Schriftsteller William Somerset Maugham sprach einmal davon, dass man im Schaffensprozess die erdachten Figuren ganz für sich hat, sie aber im Zuge einer Veröffentlichung an das Publikum verliert. Geht es Ihnen als Dirigent auch so? Im Studium gehört die Oper ganz Ihnen, bei der Aufführung auch den Zuhörerinnen und Zuhörern?

bb Der große Unterschied zwischen dem Schriftsteller Somerset Maugham und dem Dirigenten de Billy besteht ja darin, dass Letzterer

kein Schöpfer ist. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass ein Autor Figuren kreiert, Persönlichkeiten erfindet, sie »besitzt« – und dann an die Leserin und den Leser, die sich mit Figuren vielleicht identifizieren, gleichsam übergibt. Ich aber schaffe nichts gänzlich Neues. Wenn ich eine Partitur öffne, ist alles schon da! Meine Aufgabe ist zu verstehen, was die Autoren wollten, um das dann bestmöglich zum Leben zu erwecken. Durch meine Interpretation, und das ist das Persönliche an meiner Arbeit, betone ich Dinge, hebe Aspekte hervor, unterstreiche manches. Ich kann Schwerpunkte setzen, die mir im Sinne der Deutlichkeit dessen, was nach meiner Sicht die Autoren woll-

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BERTRAND DE BILLY Foto MARCO BORGGREVE

BERTRAND DE BILLY, KS ELĪNA GARANČA & KS PIOTR BECZAŁA bei der ERÖFFNUNG des WIENER OPERNBALLS 2024

Foto MICHAEL PÖHN

ten, wesentlich scheinen – eben interpretieren. Aber das Material, mit dem ich arbeite, hat ein anderer geschaffen.

ol Weil Sie von Identifikation sprachen: Gibt es diese auch als Dirigent? Sind Sie womöglich zeitweise ganz Wilhelm Tell? Arnold? Oder alle Figuren gleichzeitig? bb Ich denke: nein. Ich identifiziere mich in meiner Arbeit nicht mit einzelnen Opernfiguren. Ich werde von ihnen berührt, oder genauer: Ich werde von Situationen und Emotionen berührt. Das betrifft jede Oper. Das Ungewöhnliche daran ist vielleicht, dass es Stellen in Werken gibt, die in mir seit der Kindheit immer dieselben Gefühle auslösen. Geradezu körperliche Zustände: Ich sehe Bilder, spüre Dinge – jedes Mal ein wenig stärker. Dass ich mich aber in eine Rolle verliebe oder mich in ihr wiederfinde, das ist mir noch nicht passiert und sollte mir in meinem Beruf auch nicht passieren, denn unsere Aufgabe ist es ja, in den Zuschauern die Emotionen auszulösen. Es kann schon sein, dass ich manchmal eine Person, die ich auf der Bühne sehe, sein möchte oder ich frage mich, wie ich mich wohl in einer entsprechenden Handlungssituation verhalten würde, aber das betrifft nicht nur das Musiktheater, sondern auch das Schauspiel, die Literatur, den Film. Oder auch das Leben an sich.

ol Sie sind gebürtiger Franzose, Schweizer Staatsbürger und dirigieren in Wien Guillaume Tell , eine Oper, die in Paris uraufgeführt wurde und in der die Habsburger vorkommen.

bb Ja, ja – auf ersten Blick eine interessante Situation. Nur was bedeutet das in der Realität? Natürlich kennt man sowohl als Franzose wie auch als Österreicher die Figur und die Legende von Wilhelm Tell. Für die Schweizer hat es noch eine andere Dimension. Dort ist er eine Persönlichkeit, die regelrecht verehrt wird. Eine Art Mythos. Er ist ein Idealbild, einer aus dem Volk, der für die Freiheit gekämpft hat. Als ich Schweizer wurde, musste ich eine Prüfung absolvieren – und eine der Fragen behandelte natürlich Wilhelm Tell. So wie es in jedem Dorf eine Tell-Statue gibt. Ich wohne in Lausanne, im Kanton Vaud, und der Wahlspruch dort lautet »Liberté et Patrie«. Genau auf der Linie von Tell! Und ich kenne etliche Leute, die darauf bestehen, dass Wilhelm Tell nicht nur ein Mythos ist, sondern tatsächlich gelebt hat. Ein idealisierter Held, fast eine Erlöserfigur. Wenn er in der Oper mit den Worten »Frauen, jagt die Männer aus den ehelichen Betten« zur Aktivität antreibt, dann ist er ja damit nicht weit von Christus entfernt, der seine Jünger anweist, alles hinter sich zu lassen.

ol Wie attraktiv ist ein so purer Held für Sie? bb Ich finde Figuren, die nicht ganz perfekt

sind, an sich immer interessanter. Im Falle von Tell kann man aber durchaus auch die Schattenseiten finden; er ist ja auch manipulativ, wenn er etwa Arnold, statt ihn nach dem Tod seines Vaters zu trösten, aufhetzt. Tell nützt also die Schwäche der Menschen. Auch die anderen Figuren haben ihre Untiefen: Mathilde etwa ist sich des Standesunterschieds zu ihrem Geliebten Arnold durchaus bewusst. Es gibt also auch zutiefst Menschliches, und das finde ich wichtig zu betonen. Das sind übrigens Aspekte, die mir diesmal stärker auffallen als bei meinen bisherigen Guillaume TellDirigaten. Wenn wir diese Oper, die dem Genre der Grand opéra angehört, nun mit dem deutlich später entstandenen Don Carlos von Verdi vergleichen, dann sehen wir, dass zwar beide Opern politisch sind, Verdi aber die unterschiedlichen Charakterfarben einer Figur stärker hervorhebt. Rossini arbeitete diesbezüglich noch weniger psychologisch.

ol War für Rossini also das Politische an der Oper von Bedeutung?

bb Natürlich war sich Rossini der Tragweite bewusst. Das merkt man schon an der Tatsache, dass er den Chor einmal die »Marseillaise« andeuten lässt. Das ist selbstverständlich kein Zufall, sondern hatte in Frankreich eine Signalwirkung. Ich würde zusätzlich sagen, dass es für einen so enorm erfolgreichen Komponisten wie Rossini anziehend war, sich mit einem politischen Stoff zu beschäftigen, mit einem Stoff nach Friedrich Schiller. Sie haben vorher Frankreich, die Schweiz und Österreich erwähnt. Aber nicht Deutschland. Schiller war Deutscher und Tell ist in wesentlichsten Teilen auch ein deutsches Stück, das 1804 uraufgeführt wurde – in einem anderen politischen Umfeld und in einer neuen Theatertradition: Weimar! Doch dann passierte etwas: Das Ganze hat sich irgendwie verselbstständigt, wie das bei großen Kunstwerken immer wieder der Fall ist. 25 Jahre später, bei der Uraufführung der Oper, gibt es in Paris ein anderes Theaterverständnis, abgesehen von den eigenen Bedürfnissen der Gattung Oper, und die Librettisten waren Franzosen, die ein Libretto für die Pariser Oper geschrieben haben, das ein Italiener vertonte. Das Ende der Oper, die letzten zehn Minuten, sind ein Sprung in die Zukunft, wie man ihn selten erlebt hat. Was wir hören, grenzt beinahe an Wagner und Debussy. Rossini ist da seiner Zeit plötzlich um Jahrzehnte voraus. Er schreibt also ein Finale, das wie eine Vision ist, und merkt, wie er nach diesem Opernende auch nicht mehr zurückkann. Es ist wie ein Endpunkt. Wahrscheinlich war er selbst erstaunt über das, was da passiert ist. Wir kennen das ja auch von anderen Künstlern, die letzten Bilder von Monet sind quasi moderne Kunst. Ich lese in dieser Oper also eine musikalische Entwicklung

17 DER SPRUNG IN DIE ZUKUNFT

heraus, wie man sie sonst nur selten erlebt. Vergleichen wir die Situation mit Verdi und seinem Falstaff : auch ein Meisterwerk, aber bei Verdi sehen wir eine laufende Entwicklung. Bei Rossinis Guillaume Tell: ein radikaler Sprung!

ol In der Oper werden mitunter originale schweizerische Melodien zitiert, Rossini setzt Echo-Effekte ein, die auf die schweizerische Berglandschaft hinweisen. Dienen diese Elemente als Farbtupfer oder sollen sie eine Atmosphäre erzeugen?

bb Es ist Stimmungszauber, wie ein Duft. In Guillaume Tell kreiert Rossini bewusst eine »schweizerische« Atmosphäre. Es gibt zum Beispiel auch Stellen, an denen die Soprane im Chor ein bisschen jodeln sollen. Nicht viel! Nur eine Andeutung, aber es ist vorhanden. Die Naturschilderungen, die in dieser Oper vorkommen, können auch an schweizerische Landschaften erinnern, sie stehen aber auch einfach für Tells Verbundenheit mit der Natur. Ich habe mich diesmal auch entschlossen, Namen wie Melchtal nicht in französischer, sondern in schweizerischer Aussprache singen zu lassen.

ol Und gibt Rossini den Schweizern und Habsburgern unterschiedliche Musiken?

bb Nein – so weit geht er nicht. Manchmal singen die Schweizer und die österreichischen Soldaten sogar dieselbe Melodie, da muss man dann mit Farben arbeiten. Denn es ist klar, dass es nicht gleich klingen darf. Durch die Farbe muss der jeweilige Charakter verständlich werden.

ol Wie klingt das in der Praxis?

bb Ich habe dem Chor gesagt, dass die Österreicher klingen müssen wie die Hexen in Verdis Macbeth, die Schweizer hingegen weicher. Das muss deutlich zu hören sein!

ol Das bedeutet aber auch, dass der Komponist wertete. Im Gegensatz etwa zu Verdi oder Mozart.

bb Finden Sie wirklich, dass Mozart und Verdi nicht gewertet haben? Ich denke, es ist zumindest klar: Gesler ist böse. Tell der Freiheitsheld. Also, Rossinis Position ist schon klar verständlich.

ol Die Gattung der Grand opéra, an deren Anfang Guillaume Tell stand, setzt gewisse formale Anforderungen voraus. Kann man diese als Korsett für Rossini sehen?

bb Man muss festhalten, dass es Rossini ja nicht primär darum ging, eine Form zu

erfüllen. Die Struktur der Grand opéra war so noch nicht ausdefiniert, sondern gerade im Entstehen und Tell hat ja für die Entwicklung einen wesentlichen Beitrag geliefert. Rossini nahm ein Thema und fragte sich, was er braucht, um das Projekt umsetzen zu können. Natürlich mit den enormen Mitteln und grandiosen Sängern, die die Operá in Paris damals zu bieten hatte. Das Ballett etwa hat in Guillaume Tell eine dramaturgische Logik: Gesler befielt Tänze –und dann wird eben getanzt. Das ist kein Korsett, sondern fügt sich in die Handlung ein. Man darf aber auch nicht vergessen, was es damals für eine Herausforderung für einen Komponisten war, für die Pariser Oper zu schreiben. Paris war damals der Opernmittelpunkt der Welt und da wollte Rossini – wie auch bereits Bellini und später Verdi – reüssieren!

ol Ist die Grand opéra mit ihren Regeln –es muss ein historisches Thema sein, es braucht zum Beispiel große Tableaux, Chöre, Ballett, Prunk und so weiter – heute überhaupt noch zeitgemäß?

bb Es ist wie in jeder Opernform zeitgemäß, wenn die Musik und das Libretto gut sind. Oftmals sind Elemente wie das Ballett eine Herausforderung für die Inszenierung. Ich finde aber: Wenn man eine Grand opéra macht, dann auch mit Ballett. Es gehört einfach alles dazu. Aber Meisterwerke in egal welcher Form überdauern die Zeiten.

ol Und inwiefern unterscheidet sich Guillaume Tell von anderen, sagen wir: heiteren Werken Rossinis?

bb Guillaume Tell ist wie eine lange Reise. Schließlich geht es in der Oper um nicht mehr und nicht weniger als um die Gründung der Schweiz, und das braucht seine Zeit. Die Oper beginnt sehr lyrisch, baut sich langsam und gemächlich auf. Der Chor singt über die Natur, preist Gott, das aber: sehr zurückgenommen, sotto voce, also gedämpft. Dann entfaltet sich schön langsam die Handlung: der erste Akt ist gewaltig! Rossini nimmt sich Zeit, bevor es so richtig losgeht. Das ist für ihn eher ungewöhnlich. Und wir finden keine Koloraturarien, sondern Arien mit Koloraturen – das ist ein Unterschied! Mich beeindruckt übrigens immer wieder, was Rossini den Sängerinnen und Sängern abverlangt: die Partie der Mathilde ist ungemein schwierig, wie eine Anna Bolena! Arnold muss große Höhen, aber auch eine gute Tiefe bieten können, dasselbe gilt für die Titelfigur. Dessen

18 DER SPRUNG IN DIE ZUKUNFT

BERTRAND DE BILLY

Foto MARCO BORGGREVE

»Guillaume Tell ist wie eine lange Reise. Schließlich geht es in der Oper um nicht mehr und nicht weniger als um die Gründung der Schweiz, und das braucht seine Zeit.«

Rolle liegt anfangs, wenn er über die Situation seiner Heimat klagt, sehr tief, steigt dann aber stark an. Später, bei seiner großen Arie mit dem Solocello, wird es fast veristisch, am Ende der Oper singt er wiederum fantastische Linien in schönstem Belcanto. Eigentlich bräuchte man für jede Rolle gleich zwei Sänger. Aber auch jenseits der Hauptrollen: nehmen Sie zum Beispiel den Fischer gleich zu Beginn der Oper: sehr herausfordernd!

ol Und für das Publikum? Ist Guillaume Tell ein »schwieriges« Stück?

bb Nein, absolut nicht! Es gibt viel herausforderndere Werke der Pariser Operntradition, wie etwa Robert le diable. In Guillaume Tell kennt jede und jeder einige Melodien, wir haben ununterbrochen wunderbare Momente – oft zum Niederknien schön – und dann eben das Finale und der Schluss in C-Dur: Ich bin immer sehr bewegt, wenn ich das höre.

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DIE RUCKKEHR DER RIESENPUPPEN

ROSSINIS GUILLAUME TELL WIRD WIEDER AUFGENOMMEN

ANDREAS LÁNG
NANCY GUSTAFSON als MATHILDE Fotos AXEL ZEININGER

Anders als sein Landsmann Giuseppe Verdi liebte Gioachino Rossini Paris. Jenes Paris, das im 19. Jahrhundert unbestritten als Welthauptstadt der Musik galt, in der er zeitweise einflussreiche Funktionen ausübte – u.a. als Leiter des Théâtre Italien, als Hofkomponist oder als Generalinspekteur des Gesangs in Frankreich. Darüber hinaus brachte Rossini hier seine fünf letzten Werke für das Musiktheater heraus. Zwar handelte es sich beim ersten dieser Stücke, dem Viaggio a Reims, »nur« um eine ausgedehnte italienische Huldigungskantate anlässlich der Krönung von Charles X., bei den beiden Folgewerken um französische Neufassungen bereits früher geschriebener, italienischer Opern und beim vierten um eine französische Opéra comique, für die er viel Material aus dem Viaggio a Reims wiederverwendete. Doch mit dem letzten Werk, dem 1829 uraufgeführten Guillaume Tell , schuf er für Paris eine vollständig neue Partitur, die zu einem der entscheidendsten Beiträge der neu entstehenden Gattung der Grand opéra wurde und zahllose Komponisten beeinflusste.

Auf der Suche nach einem geeigneten Stoff hatte sich Rossini vom gerade vorherrschenden politischen Klima leiten lassen, das, wie der Musikpublizist Fedele D’Amico und die Musikwissenschaftlerin Sabine Henze-Döhring betonen, »Themen wie Freiheit und Unabhängigkeit begünstigte«. So entschied Rossini mit seinen beiden Librettisten, sich dem Wilhelm Tell-Stoff zu widmen.

Als Vorlage dienten, neben einigen Dramatisierungen der bekannten Legende, die Erzählung Guillaume Tell ou La Suisse libre des französischen Dramatikers und Fabeldichters Jean Pierre Claris de Florian, der, in derFranzösischen Revolution gefangengesetzt, seiner Freiheitssehnsucht Ausdruck verliehen hatte, und vor allem Friedrich Schillers Schauspiel Wilhelm Tell.

SCHWERPUNKTVERSCHIEBUNG

Ist die Figur des Tell bei Schiller ein der Politik Fernstehender, der erst nach und nach zum Aufständischen wird, ist er in der Rossini’schen Oper von Anfang an der glühende Patriot, umgetrieben von der um »ihre Freiheit weinende Schweiz«. Guillaume Tell ist in der Oper somit gewissermaßen das Rückgrat des gesamten Aufstandes gegen die Unterdrücker. Eine innere Entwicklung ist dem Liebespaar Arnold und Mathilde vorbehalten, die aus den feindlichen Lagern kommen: Arnold gehört zu den Schweizern, Mathilde als habsburgische Prinzessin zu den Besatzern. Dennoch versuchen die beiden zunächst, allen Standesunterschieden und politischen Gegensätzen zum Trotz, ihrer Liebe eine Zukunft zu geben. Erst die Ermordung seines Vaters führt bei Arnold zum

Umdenken, zu seinem Entschluss, sich auf die Seite der Freiheitskämpfer zu schlagen und auf Mathilde zu verzichten. Erst als Mathilde später, von der Brutalität der Besatzer entsetzt, die Seiten wechselt, kann sie die Verbindung doch noch retten.

Aber nicht allein der Freiheitskampf steht im Fokus. Rossini ging es auch um die Schilderung von Landschafts- und Naturereignissen, die immer wieder mit den Handlungselementen enggeführt werden. Beginnend in der mehrteiligen Ouvertüre (mit ihrem zum Schlager avancierten letzten Teil) und am deutlichsten im vierten und letzten Akt, in dem das gewaltige Unwetter symbolhaft für den Ausbruch des Aufstandes und die Erschießung des verhassten Tyrannen Gesler gesetzt wird, so, wie das nachfolgende Aufklaren des Himmels für die errungene Freiheit. Im abschließenden Hymnus erfahren schließlich beide Pole, Freiheitskampf und Natur, eine kathartische Verschmelzung.

GUILLAUME TELL UND WIEN

Dank Rossinis Popularität in Wien dauerte es nur ein Jahr, bis auch sein letztes Bühnenwerk in der Donaumetropole (in deutscher Sprache) zur Aufführung gelangte. Allerdings vorerst nur in einer für das heutige Verständnis einer Opernaufführung skurrilen Form: An drei Terminen Ende Juni 1830 gab man im Kärntnertortheater zunächst die ersten beiden Akte (als 1. Abteilung tituliert) und einen Monat später (!) den dritten und vierten Akt (2. Abteilung). Erst ab August 1830, nachdem das Publikum gewissermaßen häppchenweise an das Stück herangeführt worden war, konnte Guillaume Tell vollständig erlebt werden.

Die nächsten Jahrzehnte blieb das Werk mit kurzen Unterbrechungen dem Publikum erhalten –wenn auch bald nur in diversen Strichfassungen. Eine umjubelte Vorstellung gab es sogar im Theater an der Josefstadt, und bald nach der Eröffnung spielte man den Tell auch im neuen Haus am Ring, der heutigen Staatsoper, wo er immerhin bis 1907 am Spielplan blieb. Danach wurde es die nächsten Jahrzehnte recht still um dieses Werk. Eine Stille, die an der Wiener Volksoper mit einer Neuproduktion im Jahr 1958 vorübergehend unterbrochen wurde. Erst mit der Staatsopern-Premiere der aktuellen Produktion 1998 wurde der Tell wieder repertoirefähig. Aber nun erstmals und endlich auch in Wien in der französischen Originalversion.

EXTREM HERAUSFORDERND

Es war der frühere Staatsoperndirektor Ioan Holender, der Guillaume Tell in Wien aus der Versenkung holte und dem hiesigen Publikum die Möglichkeit gab, sich mit diesem Meisterwerk

21 DIE RÜCKKEHR DER RIESENPUPPEN

GIOACHINO ROSSINI GUILLAUME TELL

8. 13. 16. 19. MÄRZ 2024 WIEDERAUFNAHME

Musikalische Leitung BERTRAND DE BILLY Inszenierung DAVID POUNTNEY Bühne & Kostüme RICHARD HUDSON Licht ROBERT BRYAN Chorleitung THOMAS LANG Choreographie RENATO ZANELLA

Mit ROBERTO FRONTALI / LISETTE OROPESA / JUAN DIEGO FLÓREZ / MARIA NAZAROVA / JEAN TEITGEN / IVÁN AYON RIVAS / DAN PAUL DUMITRESCU / EVGENY SOLODOVNIKOV / CARLOS OSUNA / NIKITA IVASECHKO / MONIKA BOHINEC

auseinanderzusetzen. Holenders Liebe zu dieser Oper rührte noch aus der Zeit, als er, frisch aus Rumänien nach Österreich emigriert, die Stehplätze aller Theater in Wien frequentierte. So auch jenen der Volksoper, wo er unter anderem die Publikumslieblinge Alexander Svéd in der Titelrolle und Karl Terkal als Arnold in der oben erwähnten Tell-Neuproduktion von 1958 erleben durfte. Eine spätere Aufführung in Deutschland, bei der übrigens Giuseppe Taddei im Rahmen einer deutschsprachigen Aufführung den Tell auf Italienisch sang, verstärkte in ihm den Wunsch, diese Oper auch an der Staatsoper zu erleben. Und so war es naheliegend, dass er in seiner Amtszeit daranging, das Werk so bald wie möglich herauszubringen. Allerdings bereitete ihm vor allem die Besetzung der extrem herausfordernden Partie des Arnold ein gewisses Kopfzerbrechen. Erst nach der verbindlichen Zusage von KS Giuseppe Sabbatini, die Rolle zu wagen, wurde Guillaume Tell 1998 tatsächlich angesetzt.

Mit der Inszenierung wurde der Brite David Pountney betraut, der kurz vorher mit einem die Gemüter erhitzenden Rienzi am Haus debütiert hatte (später konnte er vor allem mit seiner Jenůfa-Regie begeistern). Pountney entschied sich in seiner Interpretation für eine symbolhafte Bildsprache, in der er bewusst auch das folkloristische Element des Werks parodierte. Zudem spielte er mit den Maßstäben. So schuf er beispielsweise, im bewussten Gegensatz zu maßstabgetreu verkleinerten Häusern im alpenländischen Stil, zwei mehrere Meter hohe Riesenpuppen, die als Überelternpaar fungieren, um die sich alle anderen scharen. Auf diese Weise soll der Eindruck einer Großfamilie suggeriert werden, die vereint gegen den Fremdherrscher auftritt. Zudem spannt Pountney einen Bogen von der scheinbaren Idylle am

Beginn über Zerstörung, Chaos und Kampf zum tatsächlich idyllischen Schlusstableaux inklusive einer Miniaturdorflandschaft, die atmosphärisch mit dem oben angesprochenen kathartischen Hymnus korrespondiert. In der nunmehrigen Wiederaufnahme am 8. März wird KS Juan Diego Flórez erstmals die gefürchtete Partie des Arnold übernehmen. Der der Wiener Staatsoper seit Jahren eng verbundene Tenor hat diese Rolle, die er als eine der schwierigsten der gesamten Opernliteratur bezeichnet, erstmals 2013 beim Festival Internacional de Ópera Alejandro Granda in Peru und etwas später beim Rossini-Festival in Pesaro gesungen. Schon damals fühlte er sich bereit, eine Partie in sein Repertoire aufzunehmen, die etwas mehr dramatischen Biss in der Stimme erfordert – nicht umsonst hätte man als Interpret des Arnold, so Flórez, das Gefühl, Rossini, Donizetti und Verdi gleichzeitig zu singen. Für die coronabedingt ins Wasser gefallene Wiederaufnahme an der Wiener Staatsoper im Frühling 2020 stand Flórez schon einmal auf der Besetzungsliste. Mit der bevorstehenden Wiederaufnahme sollte diesem Wiener Rollendebüt aber nichts mehr im Wege stehen.

Für seine Bühnengeliebte Mathilde konnte die amerikanische Sopranistin Lisette Oropesa gewonnen werden, die an der Staatsoper seit ihrem Debüt als Konstanze in Mozarts Entführung auch als Lucia, Gilda und zuletzt als fulminante Violetta zu hören war. Für sie ist es überhaupt das erste Mal, dass sie mit der weiblichen Hauptpartie in Guillaume Tell vor ein Publikum tritt, einer ebenfalls besonders schwierigen und heiklen Partie wohlgemerkt. Insbesondere ihre beiden Arien »Sombre forêt« und »Pour notre amour« gehören mit ihren raschen Koloraturkaskaden oder großen Tonsprüngen

22 DIE RÜCKKEHR DER RIESENPUPPEN
Szenenbilder GUILLAUME TELL Fotos AXEL ZEININGER

innerhalb von überaus langen Legatobögen zu jenen Klippen, deren Bewältigung nur den besten Sängerinnen gegeben ist. Wobei Oropesa betont, dass es sich hierbei nicht um bloßen Belcanto im Gewand einer Grand opéra handle, sondern um einen echten, unverkennbaren Rossini, wobei Passagen voller Chromatik, Oktavsprünge oder überraschende Akkordwechsel auf später geschriebene Opern Meyerbeers und sogar auf Wagner vorausweisen. Es gibt ein schönes Bonmot von Gaetano Donizetti, nach dem der erste, dritte und vierte Akte unleugbar von Rossini seien, der zweite aber vom lieben Gott.

KURZINHALT GUILLAUME TELL

Die Schweiz steht unter der Gewaltherrschaft der Habsburger, doch unter der Führung von Guillaume Tell formiert sich ein Widerstand. Arnold, dessen Vater Melchtal eine allseits respektierte Persönlichkeit ist, stand im Dienste der österreichischen Besatzer. Zudem sind er und

die habsburgische Prinzessin ein heimliches Liebespaar. Nachdem sein Dorf von österreichischen Truppen zerstört und sein Vater ermordet wird, wechselt Arnold aber schließlich doch auf die Seite seines Volkes.

Anlässlich der hundertjährigen Herrschaft in der Schweiz ordnet der grausame Landvogt Gesler Feierlichkeiten an, bei dem alle Anwesenden seinen Hut ehrfürchtig grüßen müssen. Als Tell die verlangte Verneigung verweigert, wird er festgenommen und muss zur Strafe mit seiner Armbrust einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schießen. Zum Jubel der Menge gelingt der Meisterschuss. Als Tell gesteht, für den Fall seines Scheiterns einen zweiten Pfeil für den Landvogt vorgesehen zu haben, wird er in Ketten gelegt. Arnold stellt sich an die Spitze der aufständischen schweizerischen Truppen. In einem Boot möchte Gesler Tell nach Küssnacht verschleppen, wo der Freiheitskämpfer den Tod finden soll. Tell gelingt es, noch ehe Arnold mit den siegreichen Schweizer Truppen herbeieilt, Gesler zu erschießen. Ein Lobpreis auf die befreite Schweiz beendet die Oper.

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DEBUTS

HAUSDEBÜTS

EUGEN ONEGIN 1. MÄRZ 2024

RUZAN MANTASHYAN Tatjana

Die in Armenien geborene Ruzan Mantashyan ist eine der vielversprechendsten Künstlerinnen ihrer Generation. Die Sopranistin studierte Klavier und Gesang und perfektionierte sich am Atelier lyrique der Pariser Oper. Zu den Höhepunkten ihrer Laufbahn gehören Fiordiligi in München, Zürich und Hamburg, Micaëla und Tatjana in Hamburg und an der Komischen Oper Berlin, Mimì in Genf, Zürich, London, Tokio und München, Cendrillon in Lausanne, Gräfin Almaviva in Amsterdam, Violetta in Genf, Donna Elvira in Glyndebourne und Zürich.

GUILLAUME TELL 8. MÄRZ 2024

JEAN TEITGEN Gesler

Im Anschluss an ein Wirtschaftsstudium begann Jean Teitgen seine musikalische Ausbildung am Pariser Konservatorium. Sein umfangreiches Repertoire reicht vom Barock bis zur Musik des 20. Jahrhunderts, mit einer Vorliebe für das italienische und französische Repertoire. Er ist Gast an zahlreichen internationalen Bühnen – zuletzt u.a. in Genf, Florenz, Marseille, Monte-Carlo, Brüssel, London, Madrid, Paris. Aktuelle Engagements führen ihn nach Aix-enProvence und Paris, Toulouse und zum Festival Berlioz in La Cote-Saint-André.

DIE ENTFÜHRUNG

14. MÄRZ 2024 AUS DEM SERAIL

WOLFGANG VOGLER Osmin / Schauspieler Wolfgang Vogler studierte 1996-2000 Schauspiel in Stuttgart. Zu seinen ersten Produktionen zählten PAGS und Die Entführung aus dem Serail an der Staatsoper Stuttgart. Am Münchener Gärtnerplatztheater gab er den Felix in der Oper Mignon. Es folgten Engagements am Schillertheater NRW, Schauspiel Magdeburg und am Hans-Otto-Theater in Potsdam. Seit 2017/18 ist er Ensemblemitglied des Schauspiel Frankfurt. Er unterrichtet Schauspiel an der Frankfurter HfMDK. Seine künstlerische Arbeit erstreckt sich auf die Bereiche Film, Hörfunk und auf die Gestaltung literarischer Lesungen.

DER ROSENKAVALIER 21. MÄRZ 2024

JULIA KLEITER Marschallin

Die aus Limburg stammende Sopranistin Julia Kleiter gab 2004 ihr Debüt an der Pariser Bastille als Pamina – eine Partie, die sie in Madrid, Zürich, an der Met, in München oder bei den Salzburger Festspielen gestaltete. Am Londoner Royal Opera House Covent Garden, an der Semperoper und der Mailänder Scala sang sie Gräfin Almaviva, an der Mailänder Scala und der Bayerischen Staatsoper Agathe, Donna Anna an der Hamburgischen Staatsoper und in der Elbphilharmonie, Meistersinger -Eva in Berlin, Paris und Dresden sowie Marschallin in Brüssel.

PARSIFAL

28. MÄRZ 2024

WERNER VAN MECHELEN Klingsor

Der vielseitige belgische Bass-Bariton Werner Van Mechelen gehört sowohl in der Oper als auch im Konzert zu den international wichtigsten Sängern seines Fachs. Zu seinen zukünftigen Engagements zählen u.a. Alberich in Saarbrücken, Orschwir in Brodeck (UA) in Antwerpen und Gent. Erfolge feierte er u.a. als Kothner und Klingsor bei den Bayreuther Festspielen, Amfortas in Brüssel, Musiklehrer in Antwerpen, Alberich in Berlin, Hamburg, Erl, Wolfram in Saarbrücken, Don Pizarro in Hamburg. Werner Van Mechelen stammt aus Leuven und wurde mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet.

RUSALKA

31. MÄRZ 2024

CORINNE WINTERS Rusalka

Die amerikanische Sopranistin Corinne Winters wurde bei den International Opera Awards 2023 als beste Sängerin des Jahres nominiert. Zu den jüngsten Karrierehöhepunkten zählen die Titelpartien in Madama Butterfly und Kátja Kabanová in Rom, Iolanta in Frankfurt, Giorgetta und Suor Angelica in Brüssel, Jenůfa in Genf, Halka am Theater an der Wien, Mélisande in Zürich, Rachel und Desdemona an der Opera Vlaanderen, Mimì in Washington, Violetta am Londoner Royal Opera House Covent Garden, an der Opera Australia, der Opera Hong Kong, der English National Opera und der Seattle Opera.

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DEBUTS

DIE KAMELIENDAME 24. MÄRZ 2024

ANIKA VAVIĆ Klavier

Die aus Belgrad stammende Pianistin Anika Vavić lebt seit ihrem 16. Lebensjahr in Wien, wo sie bei Noel Flores an der Universität für Musik und darstellende Kunst studierte. Wichtige Impulse erhielt sie darüber hinaus u.a. durch Elisabeth Leonskaja, Lazar Berman, Oleg Maisenberg, Alexander Satz und Mstislaw Rostropowitsch. Die Gewinnerin des 2. SteinwayWettbewerbs in Wien und des Sonderpreises für die beste Haydn-Interpretation war Stipendiatin des Herbert-von-Karajan-Centrums und der Gottfried-von-Einem-Stiftung. 2002 verlieh ihr das Land Österreich den Frauen.Kunst.Preis in der Sparte Musik.

ROLLENDEBÜTS

EUGEN ONEGIN 1. MÄRZ 2024

LOTHAR KOENIGS Musikalische Leitung

DARIA SUHKOVA* Olga

GUILLAUME TELL 8. MÄRZ 2024

KS JUAN DIEGO FLÓREZ Arnold

LISETTE OROPESA Mathilde

EVGENY SOLODOVNIKOV Melchthal

MARIA NAZAROVA Jemmy

CARLOS OSUNA Rodolphe

IVÁN AYÓN RIVAS Ruodi

MONIKA BOHINEC Hedwige

NIKITA IVASECHKO* Leuthold

DER BARBIER FÜR KINDER 10. MÄRZ 2024

AGUSTÍN GÓMEZ* Graf Almaviva

JUSUNG GABRIEL PARK* Dr. Bartolo

ALMA NEUHAUS* Rosina

JACK LEE* Figaro

SIMONAS STRAZDAS* Don Basilio

DANIEL OGRIS Ambrogio

DIE ENTFÜHRUNG 14. MÄRZ 2024

AUS DEM SERAIL

STEFANO MONTANARI

Musikalische Leitung

FLORINA ILIE Blonde

LUKAS SCHMIDT* Pedrillo

LA CENERENTOLA 15. MÄRZ 2024

MISHA KIRIA Don Magnifico

DER ROSENKAVALIER 21. MÄRZ 2024

AXEL KOBER Musikalische Leitung

CHRISTOF FISCHESSER Ochs SLÁVKA ZÁMEČNÍKOVÁ Sophie

NORBERT ERNST Valzacchi

LUKAS SCHMIDT*

Haushofmeister bei Faninal

DARIA KOLISAN* Modistin

DAS VERFLUCHTE 24. MÄRZ 2024 GEISTERSCHIFF

AURORA MARTHENS Senta

DANIEL JENZ Erik

LEONARDO NEIVA Holländer

DIE KAMELIENDAME 24. MÄRZ 2024

MARKUS LEHTINEN Musikalische Leitung

IGOR ZAPRAVDIN Klavier alle Tänzerinnen & Tänzer des Wiener Staatsballetts

PARSIFAL 28. MÄRZ 2024

ALEXANDER SODDY Musikalische Leitung GÜNTHER GROISSBÖCK Gurnemanz

DANIEL FRANK Parsifal

KATLEHO MOKHOABANE* 1. Gralsritter

ANNA BONDARENKO

3. Blumenmädchen/1. Gruppe

STEPHANIE MAITLAND

3. Blumenmädchen/2. Gruppe

RUSALKA 31. MÄRZ 2024

PAVEL ČERNOCH Prinz

ELIŠKA WEISSOVÁ Fremde Fürstin

ADAM PALKA Wassermann

OKKA VAN DER DAMERAU Ježibaba

STEFAN ASTAKHOV Heger

FLORINA ILIE 1. Elfe

JULIETTE MARS 2. Elfe

DARIA SUSHKOVA* 3. Elfe

NIKITA IVASECHKO* Jäger

* Mitglied des Opernstudios

Fotos ANASTASIA ZUZMANN (Mantashyan)

NICOLAS LE PROVOST (Teitgen)

BRIGITTE SPORRER (Vogler)

FRANK SCHEMMANN (Kleiter)

FABRIZIO SANSONI (Winters)

MARCO BORGGREVE (Vavic)

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»KINDER LASSEN SICH KEINEN BAREN AUFBINDEN«

DANIEL

OGRIS IST DER NEUE AMBROGIO IM BARBIER FÜR KINDER AN DER STAATSOPER

nis Mit Ambrogio übernehmen Sie eine Partie im Barbier für Kinder, die zwar nicht singt, aber als Moderator und Animator die Geschichte zusammenhält und letztlich dafür verantwortlich ist, sie dem jungen Publikum zu vermitteln. Was ist Ihr Eindruck von der Rolle, wie würden Sie sie beschreiben?

do Ich sehe diese Rolle als »Türöffner« für das junge Publikum. Ambrogio nimmt die Kinder an der Hand und führt sie nach Sevilla in diese bunte Opernwelt. Solche Charaktere sind meiner Erfahrung nach extrem wichtig in Kinderproduktionen. Kinder möchten partizipieren und mitmachen. Sie wollen ein Teil der Geschichte sein. Ambrogio bietet den jungen Menschen genau das. Die vielen Interaktionen, die heutige Sprache, das Unmittelbare und natürlich eine große Menge Humor machen für mich den Charakter des Ambrogio aus. Das Herz offenhalten, mit den Kindern in Verbindung treten – und los geht die Reise. nis Wie ist Ihr Eindruck von der Inszenierung, welche sind die Herausforderungen speziell für Ihre Rolle? do Ich finde, es ist eine sehr farbenfrohe, lockere und unverkrampfte Inszenierung. Das mag ich sehr. Auch das schnelle Tempo ist etwas, das bei den Kindern meistens gut ankommt und auch meinem Wesen im Privaten sehr entspricht. Die große Herausforderung wird sein, mit den Kindern in Kontakt, in Verbindung zu bleiben, und das über den Orchestergraben hinweg. Aber prinzi-

piell freue ich mich auf viele charmante, lustige Szenen. Ich liebe diese Art von Theater. nis Der Ambrogio wurde vom kürzlich verstorbenen Schauspieler Andy Hallwaxx gestaltet, er war an der Wiener Staatsoper bisher der einzige Ambrogio-Darsteller im Barbier für Kinder. Wie viel von seiner Interpretation wollen Sie verwenden, wie viel Neues ist zu erwarten? do Andy Hallwaxx war ein sehr beliebter und talentierter Kollege, der seine Arbeit wunderbar gemacht hat. Ich möchte auf alle Fälle respektvoll mit seinem Erbe umgehen und werde mich im Großen und Ganzen an das Grundgerüst halten, das er vorgegeben hat. Natürlich bin ich ein anderer Mensch und habe eine andere Grundenergie. Das wird natürlich meine Interpretation der Rolle ein wenig verändern, aber ich werde am Ende nicht eine komplett andere Figur spielen.

nis In einem Gespräch über die Erfahrungen mit dieser Produktion hat der Figaro- und Bartolo-Sänger Michael Arivony sich begeistert über das Auftreten vor Kindern geäußert: »Die Reaktionen sind so unmittelbar, das ist sehr inspirierend«, meinte er. Sein Kollege Hiroshi Amako hatte aber auch noch einen anderen wichtigen Hinweis: »Kinder lassen dich auch merken, wenn etwas keinen Sinn ergibt. Gerade, was Humor anbelangt.« Sie haben schon oft für ein junges Publikum gespielt, etwa

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NIKOLAUS STENITZER IM GESPRÄCH MIT DANIEL OGRIS

BUCHELLI

auch in der Entführung ins Zauberreich an der Wiener Staatsoper.

Können Sie die Erfahrungen der jungen Sänger bestätigen?

do Ich kann den Kollegen nur beipflichten. Ich sehe das genauso. Kinder lassen sich keinen Bären aufbinden. Wenn sie etwas als langweilig empfinden, dann artikulieren sie das auch so. Und genau das spürt man, wenn man als Schauspieler Kinder- und Jugendtheater spielt. Es ist das ehrlichste Publikum, vor dem man spielen kann. Wenn es Kindern nicht gefällt, wollen sie nach Hause gehen. Die warten nicht höflich und halbherzig bis zum Schlussapplaus. Das ist das Unmittelbare am Kindertheater. Im Positiven

wie auch im Negativen. Das Schönste für mich persönlich ist der Gedanke, dass wir Schauspieler irgendwann zu Kindheitserinnerungen werden. Wenn ich an meine ersten Theaterbesuche in meiner Kindheit zurückdenke, bekomme ich ein ganz wohliges Gefühl im Bauch. Es macht mich glücklich zu denken, dass ich Teil solch einer Erinnerung sein kann. Wenn wir es schaffen, den Kindern viele solcher Erinnerungen zu geben, dann werden sie auch als Erwachsene mit Freude im Publikum sitzen, oder, wie in meinem Fall, selbst auf der Bühne stehen. Und genau darum geht es bei Kinder und Jugendtheater, nicht nur an der Staatsoper: Lasst uns das junge Publikum inspirieren.

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Die berühmte »BRIEFSZENE«

aus EUGEN ONEGIN, hier mit NICOLE CAR als TATJANA

Foto MICHAEL PÖHN

IM MARZ

WORT & MUSIK

Eine Frage stellt sich beim Rosenkavalier immer wieder: Text oder Musik? Anders formuliert: Lässt man sich stärker von Hofmannsthals Worten oder der Komposition Strauss’ in den Bann ziehen? Oder ist diese Frage nicht zu stellen, da Wort und Musik »Bruder und Schwester« sind, wie es in einer anderen Strauss-Oper, Capriccio, heißt?

Die Meinungen mögen unterschiedlich sein, Einigkeit herrscht zweifellos ob der Einzigartigkeit dieser Komödie für Musik. Das Nachdenken über den Verlauf, das Entbrennen und Vergehen großer Gefühle, über die Vergänglichkeit des Glücks und die Süße der Aufgabe des menschlichen Egoismus kann jedes Mal aufs Neue einen besonderen Zauber entfalten: Einen Zauber, den Otto Schenk in seiner berühmten Inszenierung auf den Punkt gebracht hat. Diesmal unter Axel Kober zu hören: Erstmals an der Staatsoper Julia Kleiter als Marschallin, weiters Christina Bock als Octavian, Slávka Zámečníková als Sophie, Christof Fischesser als Ochs und KS Adrian Eröd als Faninal.

Fotos FRANZ PFLUEGL ( Pinkhasovich)

LENA FAINBERG (Berzhanskaya)

DETAILS, DETAILS

Tschaikowskis Eugen Onegin erzählt vom falschen Rhythmus der Liebe, von verführerischen Bildern, die wir uns von anderen machen und von der Spannung zwischen Leidenschaft und Vernunft. Kein Wunder, dass dieses auf Puschkin basierende Werk in den internationalen Spielplänen die meistgespielte Oper dieses großen Komponisten ist! Der Regisseur Dmitri Tcherniakov hat dazu eine faszinierend detailtiefe Inszenierung geschaffen, die die Regungen der Herzen ebenso seismographisch einfängt wie die Mechanismen der Gesellschaft: Hier die in tiefen Seelenwelten wandelnde Tatjana (Ruzan Mantashyan), da der dandyhaft agierende Eugen Onegin (Boris Pinkhasovich), rundum eine Gemeinschaft, die so vielfältig wie zutiefst menschlich ist. Lässt man in den großen Gruppenszenen wie auch den intimen Momenten den Blick schweifen, entdeckt man stets aufs Neue kleine Charakterstudien, die präzise und enorm lebensecht sind.

ASCHENPUTTEL

Wir befinden uns in einem Zwergstaat am Mittelmeer, genannt San Sogno, irgendwo in den tiefen 1950er-Jahren. In diese – fiktive – Umgebung hat der Regisseur Sven-Eric Bechtolf Gioachino Rossinis Cenerentola-Geschichte verlegt, inmitten dieser etwas schrulligen Welt entspinnt sich die Liebesgeschichte zwischen der von Stiefvater und Stiefschwestern unterdrückten Angelina und dem Prinzen Ramiro. Erneut wird Vasilisa Berzhanskaya – sie sang an der Wiener Staatsoper unter anderem sehr erfolgreich die Rosina in Il barbiere di Siviglia und wird im April die Carmen gestalten – die Titelrolle singen; Edgardo Rocha ist der Prinz Ramiro, Misha Kiria (man erlebte ihn an der Staatsoper im Februar in der Titelpartie von Don Pasquale) übernimmt den Don Magnifico. Die musikalische Leitung liegt in den Händen des Dirigenten Gianluca Capuano, der im Rahmen des Gastspiels von Cecilia Bartoli im Jahr 2022 mit ebendieser Oper ein erfolgreiches Staatsopern-Debüt gegeben hat.

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BORIS PINKHASOVICH CHRISTOF FISCHESSER VASILISA BERZHANSKAYA

ES GEHT IMMER UM DAS WIE

ODER: WAS IST EIN MEZZOSOPRAN?

Auf den ersten Blick sieht es ganz einfach aus. Die Einteilung der Damenstimmen erfolgt nach dem Lehrbuch in drei Hauptgruppen, also Sopran, Mezzosopran und Alt. Dazu etliche Differenzierungen wie Koloratursopran (besonders hoch) und Kontraalt (besonders tief), aber im Großen und Ganzen: alles klar! Doch, und wie könnte es nach einer solchen Einleitung auch anders sein, in der Praxis ist alles viel komplizierter. Denn: Was ist ein »echter« Mezzo? Wo fängt er an – und wo hört er auf? Entlang des März-Spielplans und seiner Sängerinnen begeben wir uns auf die Suche.

32 OLIVER LÁNG

Ein Mezzosopran, in wortwörtlicher Übersetzung ein »halber Sopran«, liegt, so die gängige Lehre, etwas tiefer als ein Sopran. Wobei… Auch eine Mezzosopranistin kann soprangleiche (Spitzen-)Töne oder auch so manche Sopranpartie singen, die Übergänge zwischen den Fächern sind fließend – auch zum darunterliegenden Alt. Vor allem aber: Die Sopran-Mezzo-Unterscheidung in der uns bekannten Form existierte lange Zeit nicht, viele Komponisten wie Mozart sprachen nur von Sopranen, und auch Richard Wagner bezeichnete etwa seine Fricka im Rheingold (heute für uns eine »klassische« Mezzosopranrolle) als Sopran. Vielleicht ist es doch gar nicht so sehr eine Frage der Höhe? Versuchen wir zunächst eine medizinische Annäherung an das Thema. Kann man – mit richtiger Ausbildung – an den Stimmbändern erkennen, ob man eine Sängerin vor sich hat? Womöglich gar

das jeweilige Stimmfach ersehen? Die Antwort von Dr. Reinhard Kürsten, dem bekannten Wiener HNO-Facharzt und gefragten Spezialisten, ist so kurz wie ernüchternd: nein. Weder Beruf noch Stimmfach sind ersichtlich, Form und Beschaffenheit der Stimmbänder verraten nichts über die tatsächliche Singstimme. »Manche glauben, je kürzer das Stimmband, desto höher die Stimme – wie bei einer Gitarrensaite. Aber so ist es nicht! Ich kann leider nach einer Untersuchung nicht sagen: Sie sind ein dramatischer Mezzo und Sie ein lyrischer Sopran. Das muss man für sich herausfinden.« Um das persönliche Finden und In-sich-Hineinhören geht es also. Dazu das Ensemblemitglied Daria Sushkova, die im März die Olga in Tschaikowskis Eugen Onegin singt: »Es kommt auf das Timbre der Stimme, den Charakter und den Komfort des Klangs an, Sänger sollten immer auf die Natürlichkeit und Freiheit des

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DARIA SUSHKOVA als FLOSSHILDE in DAS RHEINGOLD Fotos MICHAEL PÖHN

Klangs achten, in welchem Bereich und in welchen Rollen sich die Stimme lebendiger öffnet.«

Wie aber kam es tatsächlich zur Trennung beziehungsweise zum Mezzo-Fach? Fragen wir den Musikhistoriker Arnold Jacobshagen: »Die Verwendung der Bezeichnung Mezzosopran ist in der Praxis und in der Theorie nicht einheitlich. Sie kommt schon in Texten aus dem frühen 17. Jahrhundert vor, spielte aber in der Opernpraxis lange Zeit keine Rolle. Mozart und auch noch Rossini und Donizetti schrieben ihre Opernrollen für einzelne Sängerinnen, nicht für abstrakte Stimmfächer.« Es ging also um die individuelle Stimme! Oder, wie es der Sänger und OpernstudioLeiter Michael Kraus formuliert: »Die Komponisten waren Schneider. Sie fragten: Wen habe ich in meiner Besetzung – und schrieben dann genau für diese einzelne Stimme.« Und Kraus verweist gleich auf ein historisches Beispiel: »Caterina Cavalieri war Mozarts Konstanze in der Uraufführung von der Entführung

und er verpasste ihr das hohe D. Sechs Jahre später sang sie die Donna Elvira in der Wiener Erstaufführung von Don Giovanni. Damals allerdings hatte sie bereits Höhe verloren, und so notierte Mozart in die für sie geschriebene Arie »Mi tradì« als höchste Note ein B.« Sopran? Mezzo? In der Praxis geht beides! Doch hatte die Trennung in Mezzosopran/Sopran auch mit der Verfestigung eines Opern-RepertoireGedankens zu tun? Je standardisierter der internationale Spielplan, desto klarer die Fächer? Ja, meint Jacobshagen. »Tatsächlich war die Etablierung eines festen Repertoires von häufig gespielten Opern entscheidend. In Italien setzt das bei Rossini ein, und man könnte den  Barbier von Sevilla  als die erste Repertoireoper bezeichnen. In dem Maße, wie sich ein internationales Standardrepertoire entwickelte, wurde es im Laufe des 19. Jahrhunderts notwendig, einheitliche Bezeichnungen zu verwenden.« Wobei die genauen Definitionen und Zuordnungen weder

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OKKA VON DER DAMERAU als ERDA in DAS RHEINGOLD

ganz starr noch stets treffend sind, sondern oftmals nur eine Richtung weisen. Okka von der Damerau, die im März die Ježibaba in Rusalka singen wird, wird auf ihrer Webseite als Mezzo ausgewiesen, verfügt aber über das Glück einer sehr langen Stimme, also einer, die große Tiefe wie auch fulminante Höhen bietet. Ungewöhnlich, wie sie selbst meint, und ein Geschenk. Gleichzeitig aber auch eine Herausforderung, denn gerade mit einer aus dem üblich Gewohnten fallenden Stimme müssten viele erst lernen umzugehen. Ob Erda und die Walküren-Brünnhilde: beides singt Damerau. »Das funktioniert, weil ich eine gute, natürlich zugängliche Tiefe habe. Immer wieder höre ich, dass Kollegen sagen: Wenn du so viel in die Höhe singst, wirst du dir die Tiefe ruinieren. Aber ich habe sie einfach und sie bereitet mir keine Mühe.« Also kein entweder – oder! Mehr noch: Für Damerau geht es gerade um die Variationen, um die Offenheit und Weite. »Ich denke nicht in Fächern, sondern versuche, meine Stimme maximal flexibel zu halten. Sowohl, was ihren Umfang anbelangt als auch, was die Beweglichkeit betrifft. Eine schlanke Führung und dramatische Kraft: es braucht beides.« Ein Blick in die Operngeschichte zeigt, dass erst nach und nach ein strenges Fachdenken aufkam. Eine Maria Jeritza sang ganz natürlich Micaëla und Carmen, Salome und Octavian, eine Lilli Lehmann Königin der Nacht und Carmen. Dem wirkte allerdings nach und nach ein stetig um sich greifender Organisationswille entgegen: »Das System der Gesangsfächer wurde im späten 19. Jahrhundert immer weiter ausdifferenziert, weil man nicht nur Stimmlagen, sondern auch dramatische Rollenfächer genau klassifizieren wollte. Rudolf Kloibers Handbuch der Oper (1951) unterscheidet 25 Stimmfächer, davon allein neun für Sopran und Mezzosopran«, meint Jacobshagen. Wobei: »Jede Sängerin kennt natürlich ihre eigene Stimme am besten, und die großen Primadonnen konnten sich ihre Rollen aussuchen. Maria Callas hatte einen Stimmumfang von drei Oktaven und hätte im Grunde alle Sopran-, Mezzo- und Altpartien singen können. Auf der Bühne hat sie nur Sopranrollen verkörpert, Carmen und sogar Altarien aus Orfeo ed Euridice und Samson et Dalila kamen nur im Studio oder Konzert hinzu.«

Und natürlich gibt es auch wesentliche Unterschiede im Mezzofach, insbesondere, was die Komponisten betrifft. Giuseppe Verdi etwa, so erzählt Damerau, hat ausgesprochen kenntnisreich für Sängerinnen geschrieben. »Er ist einfach gut für meine Stimme, daher singe ich seine Rollen auch so gerne.« Wobei es selbstverständlich auch hier um das Wie geht: »Selbst wenn es exponierte Töne gibt – man sollte alles aus dem Belcanto herauskommend singen. Diese alte italienische Schule ist ebenso meine Idee vom Wagner-Gesang, zumindest als Ausgangspunkt.« Ganz ähnlich beschreibt es Sushkova, die Unterschiede zwischen dem slawischen und dem

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ALMA NEUHAUS als MERCÉDÈS in CARMEN

italienischen bzw. deutschen Mezzofach ortet: »Die Verschiedenhaftigkeit liegt in der Ausbildung der Stimme und in den Besonderheiten der Sprachkultur. Aber wir alle streben nach einem Referenzklang, nach Belcanto.«

Die Trennung der Fächer war auch mit einem verstärkten Typendenken verbunden, ebenso wie den Stimmfarben mehr und mehr Charaktereigenschaften zugeordnet wurden. »Man dachte immer stärker auch in Rollentypen!«, meint Jacobshagen. »Dabei muss man für das 19. Jahrhundert auch das Verschwinden der Kastraten im Hinterkopf behalten. Anstelle der Kastraten sangen nun Frauen in Mezzosopran- oder Altlage den ›Musico‹, das heißt Heldenund zugleich Hosenrollen, etwa Rossinis Tancredi oder den Romeo in Bellinis I Capuleti e i Montecchi. Die hohe weibliche Stimme wurde zugleich auch mit Reinheit und Jungfräulichkeit assoziiert, die Mezzolage im Laufe der Zeit eher mit Rivalität, Anzüglichkeit, auch Fremdheit (etwa bei Carmen). Cenerentola ist ein Sonderfall, denn Rossini schrieb die Partie (genau wie die Rosina im Barbier) für Geltrude RighettiGiorgi, die eine enorme Tiefe besaß.«

Eine, die schon sehr früh »ihr« Fach entdeckte, war Alma Neuhaus, ein Mitglied des Opernstudios der Wiener Staatsoper. Schon mit 18 wurde ihr klar, dass sie sich als Mezzosopran fühlt: »Ich habe einfach auf meine Stimme gehört und darauf geachtet, welches Repertoire sich richtig anfühlt, welche Arien passen. Es ging mir darum, meiner Stimme zu folgen. Und ich hatte das Glück, dass mir mein Lehrer während des Studiums geholfen hat, meinen Weg zu erkennen.« Nun kann aber gerade die Rosina in Der Barbier für Kinder, die sie im März singt, von Sopranen und Mezzosopranen interpretiert werden. Was macht den Unterschied? Neuhaus: »Es ist eine Frage des Geschmacks! Ein Sopran kann höhere Koloraturen einsetzen, ein Mezzo gibt der Figur andere Farben – und damit einen anderen Charakter. Es geht also um die Frage, auf welche Art und Weise Rosina ihre Stärken ausspielt und wie die Figur gezeichnet sein soll.« Mit anderen Worten: Keine Frage des Ob, sondern des Wie! Ebenso verhält es sich mit der Zerlina in Don Giovanni, eine Partie, die ebenso von Mezzos und Sopranen gesungen werden kann. »Ich bin mit Sopranistinnen wie Reri Grist und Jeannette Pilou in dieser Rolle aufgewachsen«, meint Kraus. »Und als ich die Mezzosopranistin Teresa Berganza erstmals als Zerlina hörte, war es für mich wie eine Fehlbesetzung. Heute hingegen sagt hierzulande jeder: ein Mezzo!« Es ist also immer auch eine Frage der Hörgewohnheit. Sagt auch Alma Neuhaus, die im Februar

die Zerlina beim Staatsopern-Gastspiel in Paris sang: »Für mich war Zerlina immer eine Sopranrolle. Bis ich nach Wien kam und sie hier als Mezzo hörte. Derselbe Fall wie die Rosina: Es ist wunderbar, dass sie sowohl–als auch besetzt werden kann. Denn so hat jede die Chance, die Geschichte über ihre Stimme auf andere Weise zu erzählen und einen jeweils unterschiedlichen Charakter zu formen.« Es geht also, und das bestätigt auch Cecilia Bartoli in einem Interview, besonders auch um eine Schattierung. Denn: »Der Mezzosopran ist eine Farbe, eine Farbe zwischen dem Stimmfach eines Soprans und dem eines Alts, so wie ja auch der Bariton eine Stimme zwischen Tenor und Bass ist.«

Doch kann man innerhalb des Mezzofaches seine Stimme einfach so mehr in lyrische oder dramatische Bereiche steuern? Sushkova: »Ich glaube, dass die Natur bereits alles für uns bestimmt hat. Unsere Aufgabe ist es, unsere Stimme richtig zu entwickeln. Und diese Entwicklung hängt davon ab, wie sehr wir sie kennen. Ich glaube, je wohler man sich in einer Partie fühlt, desto besser und richtiger ist sie! Wie man so sagt: Man kann die Natur nicht betrügen.«

Doch woran erkennt man, dass man betrogen und dann doch eine Grenze überschritten hat? Wo wird es stimmlich heikel? Damerau: »Man braucht immer Leute, die einem Feedback geben. Pianistinnen oder Lehrer, je nachdem. Und mit der Erfahrung erkennt man seine Grenzen. Es darf aber niemals so weit gehen, dass man beim Singen heiser wird!« Auf Dauer »gegen« seine Stimme zu singen kann jedenfalls Folgen haben. Und noch einmal der Arzt Reinhard Kürsten: »Wenn Sie kurzfristig etwas singen, das Ihnen ›nicht in den Kehlkopf passt‹, werden Sie müde, es tut weh und Sie werden heiser. Machen Sie das permanent, dann geht aufgrund der Überforderung Ihr gesamtes Stimmsystem kaputt. Reden können Sie dann schon noch, aber nicht mehr – gut und schön – singen.« Auch ein laufendes Übertrainieren funktioniert nicht, mehr noch: es schadet. »Eine Sängerin, die für die Kraftkammer Anabolika nahm, hat sich damit ihre Stimme ruiniert. Es gibt also weder ein legales noch illegales Doping für die Stimme. Sondern es ist eine Frage von Technik, richtigem Training und Regeneration«, so Kürsten. Michael Kraus stimmt dem zu, formuliert es praxisnah und pointiert: »Wenn man das Richtige tut, merkt man es. Wenn man aber ein Leben lang auf Zehenspitzen geht, verbaut man sich die Füße.«

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DIE HOSENROLLE

Ein besonderer Fall ist die sogenannte Hosenrolle, also eine männliche Figur, die von einer Sängerin gestaltet wird: sehr oft handelt es sich beim Rollenbild um junge Männer oder Burschen, wie etwa im Falle von Hänsel in Hänsel und Gretel, Cherubino in Le nozze di Figaro oder Octavian im Rosenkavalier. Christina Bock singt Letzteren in der Rosenkavalier-Aufführungsserie im März – einen jungen Liebhaber also, 17 Jahre alt. Muss man den Charakter eines eher unreifen Mannes gesanglich anders anlegen als eine weibliche Rolle? »Rein stimmlich macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Mann handelt oder eine Frau. Was aber sehr wohl anders ist, ist das Bewegungsrepertoire das ich benutze beim Octavian – mehr Aktion, mehr Unruhe –, und das verändert auch den Klang.« Wie auch die emotionale Fahrigkeit der Figur ihren Niederschlag in der musikalischen Gestaltung findet. »Ich versuche nicht, etwas Edles in den Klang zu geben, sondern empfinde Octavian als ungekünstelt, ehrlich und direkt und das suche ich auch im Klang. Er steckt immer in der Emotion, hat keine langen Erzählun-

CHRISTINA BOCK als OCTAVIAN in DER ROSENKAVALIER (mit LOUISE ALDER als SOPHIE )

gen, Arien, sondern eher kürzere Passagen, Ausbrüche.« Durchaus auch verwandt mit dem Hänsel, wie Christina Bock festhält. Das alles aber hat nichts mit einem »Fach« zu tun, sondern mit der Ausgestaltung und der Interpretation des Textes beziehungsweise der Figur. Auch erinnert Bock daran, dass Octavian, ebenso wie der ihm verwandte Komponist in Ariadne auf Naxos oder der Cherubino, auch von Sopranistinnen gesungen werden kann und gesungen wurde. An der Staatsoper übernahmen ja Sängerinnen wie Irmgard Seefried, Lotte Lehmann oder Lisa Della Casa die Partie des 17-Jährigen. »In der letzten Zeit allerdings sind die Fachgrenzen immer enger geworden«, meint Bock. Und fügt hinzu, dass es sich in der Praxis immer um ein Konglomerat aus Stimmfarbe, Tessitura, Charakterbild und den jeweils produktionsspezifischen Rollenvorstellungen handelt. »Die Marschallin im Rosenkavalier unterscheidet sich in puncto Stimmhöhe und Tessitura kaum vom Octavian, sie wird aber oft von einem Sopran gesungen. Im Grunde ist es also eine Geschmacksfrage!«

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KS ELĪNA GARANČA als KUNDRY in PARSIFAL Foto MICHAEL PÖHN

GRENZEN KITZELN

KS ELĪNA GARANČA IM GESPRÄCH MIT OLIVER LÁNG

ol Was ist ein Mezzosopran? Eine Farbe? Eine Eigendefinition? Ein Lebensgefühl?

eg Meiner Meinung nach ist der Mezzosopran zunächst einmal die Fähigkeit einer Stimme, eine bestimmte Klangfarbe zu erzeugen. Ein Mezzosopran sollte eine stärkere oder dunklere mittlere Lage haben, wobei ich im Laufe der Zeit gelernt habe, dass es tatsächlich auch eine eigene Definition ist: es ist nämlich ein Lebensgefühl. Mezzosopran zu sein betrifft auch die Persönlichkeit und ist die Fähigkeit, sich besser anzupassen, ohne die Notwendigkeit, immer im Rampenlicht zu stehen. Ein Mezzosopran hat eine Lebensvision, in der er nicht immer im Vordergrund sein muss wie ein Tenor oder Sopran, obwohl die Stimme durchaus beweglich sein und die Sängerin es sogar genießen kann. Es geht jedoch um das innere Zentrum eines Mezzosoprans, was letztendlich den großen Unterschied ausmacht. Ich würde sogar sagen, dass ich im Prinzip ein Sopran sein könnte, aber für mich ist der Druck, jeden Abend die berühmtesten Arien zu singen und immer die Primadonna zu sein, einfach zu groß. Ich glaube, dass man mit einer SopranAttitüde geboren sein muss.

ol Wenn Sie über eine neue Partie nachdenken bzw. darüber, ob sie für Sie gut ist: Geht es dabei um ein »Mit ihr fühle ich mich stimmlich wohl«? Oder stellen Sie die Frage: »Wo liegt die Grenze?« – im Sinne von »Das lieber nicht«.

eg Wenn ich eine neue Partie erhalte oder darüber nachdenke, sie anzunehmen, beginne ich zunächst damit, den Klavierauszug zu studieren. Ich betrachte die Größe der Partie, von wo bis wo meine Stimme reichen muss, wie lang die Rolle ist und welche Dramaturgie sie aufweist. Außerdem überlege ich, ob sie zu meinem aktuellen Lebenszustand passt und ob ich mich mit den Problemen identifizieren kann, die der Charakter mit sich bringt. Ich betrachte es als die Aufgabe eines Sängers, die Grenzen immer ein wenig weiter zu setzen. Denn dann kann man wachsen, indem man sich mit dem Lehrer austauscht und sich wie ein Sportler im täglichen Fitnesstraining hocharbeitet. Es ist durchaus akzeptabel, nahe an die Grenze zu gehen und knapp vor ihr zu stehen, aber man sollte sie niemals regelmäßig überschreiten. Ich glaube, dass eine Stimme im Laufe der Zeit in komplizierten Rollen eine gewisse »Wonne« finden kann. Und nicht umsonst sagt man, dass man eine Partie endlich überwunden hat. Das bedeutet auch, dass es bei der Premiere, beim ersten Mal, noch hier und da einige Kleinigkeiten gibt, die noch besser gelingen könnten. Bei mehrmaligem Wiederholen werden Realität und Stimme schließlich immer stärker miteinander verbunden. ol Kundry wird auch von Sopranistinnen gesungen. Ist sie nun eine Sopran- oder eine MezzosopranPartie?

eg Die Kundry ist, meiner Meinung nach, genauso schwer einzugrenzen wie

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Carmen, Tosca oder eine andere dieser Schicksalsrollen. Sopran-Fanatiker würden sagen, dass es eine Sopranrolle ist, Mezzosopran-Fanatiker hingegen würden behaupten, dass es sich um eine Mezzosopranrolle handelt. Ich persönlich finde, dass die Geschichte und die Entwicklung von Kundry für einen Mezzosopran vorteilhafter sind, da sie im ersten Akt recht tief liegt und im zweiten Akt die Stimme immer höher steigt. Für den Wahnsinn, den Kundry im zweiten Akt durchlebt – rein emotional, psychologisch und auch körperlich –, für diese Dramatik benötige ich eine schöne, volle Mittellage, die dann auch teilweise bis zur Grenze des Schrillen reichen kann. Ich bin der Meinung, dass sowohl Kundry als auch Santuzza am eindrucksvollsten von einer Stimme gesungen werden, die sich den Abgründen hingeben kann.

ol Wie unterscheidet sich eine Kundry von zum Beispiel einer Carmen oder einer Amneris?

Ist es nur eine Frage der Höhe? Oder der Farben? Oder der Tessitura?

eg Die Kundry ist tatsächlich eine besondere Partie, bei der man Ausdauer benötigt. Natürlich sind auch eine Vielzahl von verschiedenen Farben erforderlich und die Kundry liegt im Vergleich zu Rollen wie Carmen und Amneris einfach höher. Wenn man jedoch bereits tiefere Partien gesungen oder auch Erfahrung mit einer Santuzza hat, ergibt sich die Herausforderung der Kundry eigentlich recht logisch. Es kommt wirklich nur auf die Ausdauer an. Die letzten vier bis fünf Seiten sind wie ein Marathon auf Sprintniveau, der mit einem extra Turbo geschafft werden muss. Dafür benötigt man eine gute Vorbereitung, starke Nerven und einen guten Sitz der Stimme, damit man die Partie singen kann, ohne sich den Hals zu brechen oder weh zu tun.

ol Maria Callas hat unter anderem auch die Carmen gesungen. Wie ging sich das alles aus?

eg Ich finde es durchaus falsch, eine Partie ausschließlich einer bestimmten Stimmlage zuzuweisen. In der Musik geht es um Emotionen, um Worte, Dramatik und Ausdruck. Die Callas war ein Unikat und hat natürlich nicht nur Carmen, sondern auch zahlreiche andere Partien gesungen, wobei sie ihre Stimme jeweils ein bisschen an die entsprechende Rolle angepasst hat. Aber man kann nicht sagen, dass die Callas ein allgemeingültiges Beispiel gewesen wäre. Doch ganz allgemein: Menschen werden immer Vorlieben haben, und daher wird ein Teil des Publikums einige Partien lieber von Sopranen, andere hingegen von Mezzosopranen hören wollen. Es ist unmöglich, es allen recht zu machen. Aber wenn ein Sänger das Publikum berühren möchte, dann finde ich, dass eine eigene, persönliche Interpretation für einen gelungenen Abend sorgt. Und ich glaube, dass, je öfter das Publikum kommt und zuhört und je länger ein Sänger auf der Bühne steht,

desto größer der Fanclub und die Anzahl der Menschen werden, die nicht nur wegen der Partie gekommen sind. Und viele würden gerne alles Mögliche sowohl von einem Sopran als auch von einem Mezzosopran hören wollen.

ol Gibt es Grenzen für Elīna Garanča? Oder ist alles nur eine Frage der Zeit? Kommt nach einer Kundry in Parsifal irgendwann die Isolde in Tristan und Isolde?

eg Natürlich hat auch meine Stimme Grenzen, die ich aber immer wieder gerne verschiebe oder zumindest ein wenig kitzle. Nun gibt es Grenzlinien, von denen manche behaupten, dass sie die Grenze meiner Stimme wären. Oder sie sagen, dass die Grenze meiner Stimme bei einer bestimmten Partie liegt: bis dahin und nicht weiter. Und es gibt wirklich viele Leute, die mich immer wieder fragen, ob ich Lady Macbeth von Verdi oder ähnliche Rollen singen würde. Und obwohl ich den Charakter teilweise spannend finde, gibt es doch manches, bei dem ich sage: es muss nicht sein. Es geht dabei um bestimmte Farben. Ich glaube, dass viele gewohnt sind, bei einer Partie wie Isolde Zustände wie Sehnsucht, Erlösung und himmlisches Erreichen von einem Sopran zu hören und nicht von einem Mezzosopran. Und selbst wenn ein Mezzosopran die höheren Lagen erreichen oder erarbeiten könnte, die den inneren Zustand der Figur zeigen und einen stimmlichen Wohlklang präsentieren, käme Isolde für mich jetzt nicht infrage. ol Liegen zwischen einer Dalila in Samson et Dalia und einem Sesto in La clemenza di Tito eher stilistische, technische oder Entwicklungs-Unterschiede?

eg Ich glaube, dass es Stimmen gibt, die eine große Entwicklung durchmachen können, und andere, die für ein bestimmtes Repertoire bestimmt sind. Im Allgemeinen finde ich, dass das Mozart-Singen eine Zeitlang – für einige Stimmen ein ganzes Leben lang und für andere nur am Anfang der Laufbahn –positiv ist, weil Mozart hauptsächlich instrumental schrieb. Seine Musik ist ein guter Ausgangspunkt, wenn man sich entwickeln möchte: denn auch beim Belcanto benötigt man gewisse Mozart-Techniken. Aber alles, was danach kommt – das Romantische, der Verismo und dann Wagner –, erfordert eine stimmliche Entwicklung. Das betrifft den Sitz der Stimme, die Muskeln, die Nerven, das Vibrato, die Energie, mit der man die Stimme führt, den dramatischen Ausdruck und natürlich die Power. Natürlich: Je dramatischer der Ton, desto mehr braucht man den Körper. Und für eine gewisse Dramatik benötigt man wirklich ein Gegengewicht! Ein 60-Kilo-Mann kann keinen 200-Kilo-Mann heben, und die dramatischen Partien sind die Schwergewichte, die es zu stemmen gilt. Also braucht es dafür einen Körper! Und mit dem Körper kommen auch die Brustweite und die Kraft, die die Stimme durch dieses schwerere Repertoire tragen.

40 GRENZEN KITZELN
»Natürlich hat auch meine Stimme Grenzen, die ich aber immer wieder gerne verschiebe oder zumindest ein wenig kitzle.«
41 GRENZEN KITZELN

PARSIFALASPEKTE IM SPANNUNGSFELD VON ASTHETIK & SPIRITUALITAT

EIN SYMPOSIUM DER WIENER STAATSOPER IN ZUSAMMENARBEIT MIT DR. ULRIKE KIENZLE

Die Premiere der Neuproduktion von Wagners Parsifal an der Wiener Staatsoper fand am 11. April 2021 coronabedingt als Fernsehausstrahlung und Streaming statt. Die internationale Rezeption dieses Ereignisses scheint zu bestätigen, dass die Inszenierung von Kirill Serebrennikov eines jener Wunder theatralischer Verwandlung bewirkt hat, nach denen die Wahrnehmung eines Repertoireklassikers nie mehr so sein wird wie zuvor. Nachdem am 12. Dezember 2021 die Inszenierung erstmals vor Publikum gespielt wurde, steht sie nun ab dem 28. März 2024 wieder am Spielplan. Aus diesem Anlass bieten wir ein hochkarätig besetztes themenzentriertes Wochenend-Programm an, das Wagners letzte Oper an ihren Schnittstellen und Wundmalen von Ästhetik und Spiritualität, von Theater und (Un-) Geistesgeschichte untersucht. Alle Vorträge integrieren ausgewählte Video-Sequenzen, ikonografische Materialien und/oder Klangbeispiele.

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ELĪNA GARANČA als KUNDRY & NIKOLAY SIDORENKO als DER DAMALIGE PARSIFAL, Fotos MICHAEL PÖHN

PARSIFALSYMPOSIUM

1.–3. APRIL 2024

ULRIKE KIENZLE MICHAEL KRAUS THOMAS MACHO MELANIE UNSELD

SERGIO MORABITO MICHAEL VON BRÜCK PATRICK PRIMAVESI

NIKOLAY SIDORENKO als DER DAMALIGE PARSIFAL und KS ELĪNA GARANČA als KUNDRY

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MONTAG, 1. APRIL 2024 / OSTERMONTAG

10.00 – 11.30 UHR

SERGIO MORABITO IM DIALOG MIT MICHAEL KRAUS

WIE GEHT MAN ALS SÄNGER UND REGISSEUR MIT DEM ANTISEMITISMUS IN WAGNERS WERK UM?

Sergio Morabito und Michael Kraus stellen Einsichten und Formulierungen bedeutender Wagner-Exegeten zu den antisemitischen Problemzonen in Wagners Werk vor und diskutieren diese im Ausgang ihrer eigenen Erfahrung als Interpreten: Kraus hat an großen Bühnen unter anderem Beckmesser und Alberich gesungen; Morabito hat – gemeinsam mit Jossi Wieler – einen jüngst unter großem publizistischen Echo wiederaufgenommenen Siegfried (Stuttgart 1999/2022) und an der Deutschen Oper Berlin Die Meistersinger von Nürnberg (2022) herausgebracht, sowie bei den Salzburger Osterfestspielen 2022 Lohengrin, eine Aufführung, die – ebenfalls unter Musikalischer Leitung von Christian Thielemann – am 29. April 2024 ins Repertoire der Wiener Staatsoper übernommen wird. Szenen dieser Aufführungen werden in Videosequenzen vergegenwärtigt.

12.00 – 13.00 UHR

PATRICK PRIMAVESI

WAGNER SCHLEEF PARSIFAL

EINAR SCHLEEFS AUSEINANDERSETZUNG MIT DEM BÜHNENWEIHFESTSPIEL

1993 kam es zwischen dem Opernhaus Nürnberg und einem der wichtigsten Theaterschaffenden jener Dekaden, dem Regisseur, Schriftsteller und Bühnenbildner Einar Schleef (1944–2001), zur Verabredung einer Neuinszenierung von Wagners Parsifal. Im Juni 1994 wurde die zunächst durchaus produktive Zusammenarbeit beendet, weil Schleefs Ideen schließlich als zu radikal abgelehnt wurden. Dabei ging es insbesondere um seine Entwürfe zu einer raumzeitlichen Neuorganisation und kritischen Überschreitung des »inkommensurablen« Werkes. Den Ausgangspunkt für eine erneute Spurensuche zu diesem in mancher Hinsicht exemplarischen Projekt bilden Schleefs Überlegungen zu Parsifal in seinem großen Essay Droge Faust Parsifal (1997), der grundsätzliche, nach wie vor akute Fragen zur Werkgestalt und zum theatralen Potenzial von Parsifal sowie zur Funktion des Chores im gegenwärtigen Theater stellt.

AM ABEND IN DER WIENER STAATSOPER: Richard Wagners Parsifal Musikalische Leitung ALEXANDER SODDY Inszenierung KIRILL SEREBRENNIKOV Mit u. a. ELĪNA GARANČA / MICHAEL NAGY / GÜNTHER GROISSBÖCK / DANIEL FRANK / WERNER VAN MECHELEN / NIKOLAY SIDORENKO

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DIENSTAG, 2. APRIL 2024

10.00 – 17.00 UHR

ULRIKE KIENZLE

PARSIFAL VERSTEHEN: EIN HÖRPRAKTIKUM

Wagners Parsifal ist zweifellos das schwierigste und rätselhafteste von Wagners Musikdramen. Wir sind fasziniert von der suggestiven und rätselhaften Schönheit der Musik, von der komplexen Handlung und ihrer eigenwilligen sakralen Symbolik. Das ganztägige Hörpraktikum erschließt Wagners Quellen und die Gedanken seiner Spätschriften; es will aber vor allem durch vergleichendes Hören ein tieferes Verständnis der musikalischen Bedeutungsebene erschließen. In anschaulich vermittelten Bildern, Doku menten und zahlreichen Klangbeispielen lernen die Teilnehmer*innen das Werk gründlich kennen und sind auf diese Weise bestens vorbereitet für die Aufführung und das Symposium. Kenntnisse in Musiktheorie sind nicht erforderlich.

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KARTENRESERVIERUNG SCHON JETZT ÜBER → WIENER-STAATSOPER.AT/SPIELPLAN & KARTEN MÖGLICH!
PARSIFAL Wiener Staatsoper 2021

MITTWOCH, 3. APRIL 2024

10.00 – 11.00 UHR

MICHAEL VON BRÜCK

PARSIFAL –EIN BODHISATTVA?

Der erlösungsbedürftige Erlöser und Parsifal als Bodhisattva – hat Wagner den Buddhismus missverstanden oder intuitiv erfasst? Ziel des Buddhismus ist das Nirvana – ein Zustand vollkommener Freiheit. Ein Bodhisattva ist vom »Erleuchtungsgeist« erfüllt, stellt aber seine eigene spirituelle Erfüllung zurück, um zuvor in Hinwendung zu allen Lebewesen hilfreich in der Welt zu wirken. Ist Parsifal eine solche Gestalt, und wenn ja, in welchem Sinne? Wagners Figuren gestalten das Bodhisattva-Ideal neu.

11 .00– 12.00 UHR

ULRIKE KIENZLE

DER SCHREI DES LEIDENDEN GOTTES: WAGNERS MUSIKALISCHE CHRISTUS-DEUTUNG

In Wagners eigenwilliger Theologie verbinden sich Momente der christlichen Überlieferung, der jüdischen Gnosis und des Buddhismus zu einer Synthese. Christus ist zwar als dramatis personae nicht anwesend, aber Handlung und Symbolik sind ganz auf die Gestalt des »unerlösten Erlösers« bezogen. In der Musik der sogenannten Heilandsklage, die von Beginn bis zum Ende in die Partitur verwoben ist wie ein kostbarer Goldfaden in das Gewirk eines Teppichs, spricht sich Wagners Verständnis des leidenden Gottes unmittelbar aus. Der Vortrag untersucht diesen verborgenen Diskurs anhand von zahlreichen Klangbeispielen.

13.00 – 14.30 UHR

PODIUMSDISKUSSION

DER NEUE WIENER PARSIFAL IN DER DISKUSSION

Mit ULRIKE KIENZLE, THOMAS MACHO, SERGIO MORABITO & PATRICK PRIMAVESI und einem Impulsreferat von MELANIE UNSELD

AM ABEND IN DER WIENER STAATSOPER: Richard Wagners Parsifal Musikalische Leitung ALEXANDER SODDY Inszenierung KIRILL SEREBRENNIKOV Mit u. a. ELĪNA GARANČA / MICHAEL NAGY / GÜNTHER GROISSBÖCK / DANIEL FRANK / WERNER VAN MECHELEN / NIKOLAY SIDORENKO

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RICHARD WAGNER PARSIFAL

28. MÄRZ 1. 3. APRIL 2024

Musikalische Leitung ALEXANDER SODDY Inszenierung, Bühne & Kostüme KIRILL SEREBRENNIKOV

Licht FRANCK EVIN Ko-Regie EVGENY KULAGIN Mitarbeit Bühne OLGA PAVLIUK

Mitarbeit Kostüm TATIANA DOLMATOVSKAYA Video & Foto Designer ALEKSEI FOKIN & YURII KARIH

Kampfmeister RAN ARTHUR BRAUN Dramaturgie SERGIO MORABITO

Mit MICHAEL NAGY / GÜNTHER GROISSBÖCK / WOLFGANG BANKL / DANIEL FRANK / WERNER VAN MECHELEN / ELĪNA GARANČA / NIKOLAY SIDORENKO / KATLEHO MOKHOABANE / JUSUNG GABRIEL PARK / STEPHANIE HOUTZEEL / ALMA NEUHAUS / NORBERT ERNST / TED BLACK / ILEANA TONCA / MIRIAM KUTROWATZ / ANNA BONDARENKO / MARIA NAZAROVA / JENNI HIETALA / STEPHANIE MAITLAND

»Es ist Wagners kompositorische Erinnerungsperspektive im Parsifal, aus der ich meine szenische Konzeption entwickelt habe: Ein erwachsener Mann meines Alters erinnert sich an den jungen Mann, fast noch den Knaben, der er einmal war. Wagners Theatermusik soll nicht ›vom Himmel herabströmen‹, sondern aus der inneren Bewegung des Protagonisten hervorgehen und im Kontext einer szenischen Versuchsanordnung stehen. Der sich Erinnernde wird von seinen Erinnerungen eingeholt oder übermannt, manchmal verirrt er sich in ihnen. Er entdeckt Verdrängtes. Er versucht seine Erinnerung zu steuern, und – wie jeder von uns – mit Schmerz und Scham verbundene Erfahrungen zu beschönigen. Im dritten Akt sind wir dann in der Gegenwart unseres Erzählers angelangt. In allen drei Akten kommt es dabei zu einer in meinem Verständnis sakralen oder auch mystischen Begegnung zwischen dem damaligen und dem heutigen Parsifal: Beide stehen Aug in Auge dem andern, fremd gewordenen Ich gegenüber, das sie einmal waren oder das sie einmal sein werden.«

KIRILL SEREBRENNIKOV

48 PARSIFAL
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Szenenbild PARSIFAL, Foto MICHAEL PÖHN
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SEIJI OZAWA Fotos AXEL ZEININGER

MUSIKLEGENDE OZAWA VERSTORBEN

DER EHEMALIGE MUSIKDIREKTOR, EHRENMITGLIED DES HAUSES, IST AM 6. FEBRUAR 88-JÄHRIG IN TOKIO VERSTORBEN

Die Wiener Staatsoper trauert um Seiji Ozawa, einen der international bedeutendsten Dirigenten der letzten 60 Jahre, der zugleich ein Stück Staatsoperngeschichte geprägt und mitgeschrieben hat.

Schon vor seinem Antritt als Musikdirektor sorgte er regelmäßig für unvergessliche Sternstunden im Haus am Ring, so zum Beispiel gleich bei seinem Debüt 1988 mit Eugen Onegin und in der Folge mit Pique Dame, Falstaff und Neuproduktionen von Ernani und Jenůfa . Ab September 2002 stand er dann bis zu seiner schweren Erkrankung 2010 in unermüdlichem Einsatz für das Haus: Als Premieren- wie als Repertoiredirigent leitete Seiji Ozawa in dieser Zeit 14 unterschiedliche Opern aus drei Jahrhunderten sowie mehrere Festkonzerte (u.a. Der fliegende Holländer, Jonny spielt auf, Manon Lescaut, Wozzeck, Le nozze di Figaro, Così fan tutte, Don Giovanni, Elektra, Pique Dame, Fidelio, Eugen Onegin). Er führte die Staatsoper auch auf Gastspielen zu großen Erfolgen.

Einen besonderen Stellenwert besaß für ihn die Probenarbeit, bei der er mit großer Intensität und Leidenschaft mit allen Beteiligten die jeweiligen Partituren erarbeitete. Darüber hinaus verfolgte er stets mit Aufmerksamkeit das musikalische Geschehen auch bei jenen Produktionen, die nicht von ihm selbst geleitet wurden. Hierarchisches

Denken war ihm fremd, jedem im Haus stand dieser bescheidene und zugleich so profunde Kenner der Konzert- und Opernliteratur als Gesprächs- und Diskussionspartner zur Verfügung – immer ausschließlich an der künstlerischen Sache und dem gemeinsamen Ziel orientiert.

2003 initiierte Seiji Ozawa gemeinsam mit Ioan Holender das einzigartige Projekt der Zauberflöte für Kinder, die heute im Haus am Ring vor 7.000 Kindern und den Fernsehkameras ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert hat. Er stand dabei nicht nur selbst acht Mal am Pult, sondern wandte sich in diesem Rahmen auch immer wieder an die vielen jungen Besucherinnen und Besucher, um ihnen auf seine einprägsame, liebenswürdige Weise die Welt der Musik und Oper näher zu bringen: »Wir müssen alles daransetzen«, so Ozawa damals, »den Kindern die Schönheit der Musik nahezubringen. Und wenn wir von den 3.500 Kindern einer Aufführung nur ein Prozent für die Musik begeistern können, ist schon viel erreicht.«

Dass er nach seiner Genesung aus physischen Gründen nicht mehr an die Wiener Staatsoper zurückkehren konnte, schmerzte

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TODESFALL
»Für mich war es fast, als würde er glühen in seiner intensiven Hingabe.«

STAATSOPERNDIREKTOR BOGDAN ROŠČIĆ

ihn, das Publikum und die Mitarbeiter des Hauses gleichermaßen.

»Charismatisch, elektrisierend, authentisch und mit unerschöpflich scheinenden Energiereserven durchlebte er jedes von ihm geleitete Werk bis ins kleinste Detail. Für mich war es fast, als würde er glühen in seiner intensiven Hingabe«, so Staatsoperndirektor Bogdan Roščić. »Es war einfach unmöglich, von ihm nicht gepackt zu sein, egal, ob im Konzertsaal oder auf der Opernbühne. Er hat unmittelbar überzeugt und begeistert, und das vom ersten Takt an.«

Vor seiner Amtszeit am Haus am Ring war der am 1. September 1935 geborene Ozawa als Chefdirigent 29 Jahre lang dem Boston Symphony Orchestra verbunden. Er begeisterte aber auch als Dirigent aller anderen führenden Klangkörper ebenso wie bei Opernproduktionen auf den bedeutendsten Bühnen der Welt. Seiji Ozawa wird auch als Orchester- und Festivalgründer in die Musikgeschichte eingehen, der in seinem Einsatz für junge Musiker und die zeitgenössische Musik vorbildhaft war.

52 TODESFALL

UNSERE ENERGIE FÜR DAS, WAS UNS BEWEGT.

Das erste Haus am Ring zählt seit jeher zu den bedeutendsten Opernhäusern der Welt. Als österreichisches und international tätiges Unternehmen sind wir stolz, Generalsponsorin der Wiener Staatsoper zu sein.

Alle Sponsoringprojekte finden Sie auf: omv.com/sponsoring

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DR. GERHARD BRUNNER , von 1976 bis 1990 Ballettdirektor der Wiener Staatsoper, feiert am 23. März seinen 85. Geburtstag. Er prägte das Ballett im Haus am Ring nachhaltig durch seine spezifische »Wiener Dramaturgie« und brachte zahlreiche namhafte Choreographen erstmals nach Wien, wie John Neumeier, Hans van Manen, Jiří Kylián oder William Forsythe. Eine enge Freundschaft verband ihn mit dem Ausnahmetänzer Rudolf Nurejew, der in Gerhard Brunners Ära an der Wiener Staatsoper nicht nur in seinen zahlreichen Auftritten gefeiert wurde, sondern auch seine choreographischen Fassungen der Ballettklassiker Dornröschen und Raymonda präsentierte.

Die Sopranistin DAME KIRI TE KANAWA , eine der ganz großen ihres Faches, feiert am 6. März ihren 80. Geburtstag. An der Wiener Staatsoper war sie leider sehr selten zu Gast –als Arabella, Desdemona, Marschallin und zuletzt als Duchesse de Crakentorp.

Am 26. März feiert der bedeutende österreichische Dirigent PETER SCHNEIDER , Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper, seinen 85. Geburtstag. Im Haus am Ring leitete er fast 450 Vorstellungen. Insbesondere als Wagner-, Strauss- und Mozart-Interpret hat er der Aufführungsgeschichte des Hauses einen Stempel aufgedrückt.

VERFILMTER GROISSBÖCK

Der österreichische Bass GÜNTHER GROISSBÖCK gehört zu den international gefragtesten Sängern. Der Wiener Staatsoper ist er seit Jahren eng verbunden – zunächst als Ensemblemitglied, später als regelmäßig wiederkehrender Gast. Nun wird in Kürze ein eigener Film mit dem Titel »Ich leb’ allein in meinem Himmel« über ihn erscheinen – Regie: ASTRID BSCHER , Kamera: FERDINAND STEININGER , Ton: FRANZ MORITZ . Über zwei Jahre wurde er mit der Kamera begleitet, auf Reisen nach Wien, New York, Prag, Amsterdam und zu vielen anderen Orten, dabei wurden er zum Beispiel auf der Bühne, bei Radtouren im Central Park oder Wandertrips durch das Gesäuse gefilmt. Am 21. März wird Günther Groissböck schon vorab im Rahmen eines Gesprächs im Gustav MahlerSaal Ausschnitte aus diesem Film vorstellen und in seiner gewohnt ungezwungenen Art durch die eine oder andere Anekdote ergänzen.

AUSSTELLUNG

Warum sind gewisse Opern »unösterreichisch«? Und wie wurde die Staatsoper 1955 zum Nationalsymbol und zum Tourismusfaktor? Ab 14.3. geht eine neue Ausstellung im Haus der Geschichte Österreich (hdgö) am Wiener Heldenplatz auch diesen Fragen nach. Sie bietet einen einzigartigen Einblick in die Entstehung des Tourismus nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der NS-Herrschaft: Durch die Linse des Londoner Paares Joyce Ewens und Eric Hope, eröffnet sich ein ungewöhnlicher Blick von außen auf die neu gegründete Republik. Für die beiden war Österreich 1953 und 1954 das ideale Reiseziel, weil sie musikverliebt und knapp bei Kasse waren. Ihr Urlaub führte sie zu den Salzburger Festspielen und den Vorstellungen der Staatsoper im Ausweichquartier. Enthusiastisch verehrten sie das musikalische Österreich – noch bevor dessen Fixsterne unumstritten waren. Darin spiegelt sich auch die Selbstdarstellung der »Musiknation«, die nach 1945 massiv gefördert wurde, um Nationalstolz im Inneren und Anerkennung von außen zu fördern. Was das damals wie heute für den Tourismus und Vorstellungen von Österreich bedeutet, macht die Ausstellung anhand einzigartiger Objekte und selten gehörter Opernaufnahmen erlebbar.

»Holidays in Austria. Ein Urlaubsland erfindet sich neu«

Haus der Geschichte Österreich, Neue Burg, Heldenplatz, Wien, ab 14.3.2024

→ HDGOE.AT/HOLIDAYS

DONATOREN

DER WIENER STAATSOPER

Accession Capital Partners GmbH

AGRANA Beteiligungs-AG

biolitec GmbH & Co KG

BUWOG Group GmbH

Casinos Austria & Österreichische Lotterien

Diehl Stiftung & CO KG

Flughafen Wien AG

Gerstner Hospitality GmbH / KR Oliver W. Braun

HELM AG

André und Rosalie Hoffmann

Eva-Maria Höfer & Gerda Dujsik

Professor Dr. Karl Jurka

Kommunalkredit Austria AG

Mag. Georg Konrad LLM

Lugner City GmbH

Magda und Gerhard Mayr

Veronika Piech

Plachuttas Gasthaus zur Oper

Raiffeisen Bank International AG

Raiffeisen-Holding NÖ-Wien

»Rainer« WirtschaftsgüterVermietungs Ges.m.b.H.

Wolfgang & Angelika Rosam

Martin Schlaff

Siemens AG Österreich

SIMACEK Facility Management Group GmbH

SK Management GmbH

STRABAG SE

Supernova Group

Toyota Motor Corporation

UniCredit Bank Austria AG

Wirtschaftskammer Österreich

Wirtschaftskammer Wien

Christian Zeller Privatstiftung

LIVE-STREAMS

AUS DER WIENER STAATSOPER

2. 19.00 ANIMAL FARM (RASKATOV)

Musikalische Leitung SODDY

Mit u.a. KS BANKL, GNIFFKE, A. POPOV, LAQUIT, VASSILIEVA, FLACK ORCHESTER DER WIENER STAATSOPER

24. 18.30 DIE KAMELIENDAME (NEUMEIER / ROSE)

Musikalische Leitung LEHTINEN WIENER STAATSBALLETT

Klavier VAVIĆ, ZAPRAVDIN ORCHESTER DER WIENER STAATSOPER

54 PINNWAND
GEBURTSTAGE
DR. GERHARD BRUNNER

RADIO-TERMINE

2. 19.00 ANIMAL FARM Ö1 (RASKATOV)

Musikalische Leitung SODDY

Mit u.a. KS BANKL, GNIFFKE, A. POPOV, LAQUIT, VASSILIEVA, FLACK ORCHESTER DER WIENER STAATSOPER

LIVE AUS DER WIENER STAATSOPER

7. 14.05 DAME KIRI TE KANAWA Ö1

ZUM 80. GEBURTSTAG

Mit CHRIS TINA TENGEL

16. 19.30 GUILLAUME TELL Ö1 (ROSSINI)

Musikalische Leitung DE BILLY

Mit u.a. FRONTALI, OROPESA, FLÓREZ, TEITGEN CHOR & ORCHESTER

DER WIENER STAATSOPER

Aufg. in der Wiener Staatsoper am 8. & 13. März 2024

19. 11.00

24. 15.05

26. 20.00

RUBATO radioklassik mit LISETTE OROPESA

DER OPERNDIRIGENT Ö1

PETER SCHNEIDER

Erinnerung anlässlich seines 85. Geburtstags

Mit MICHAEL BLEES

PARSIFAL radioklassik (WAGNER)

1. & 2. Aufzug

Musikalische Leitung JORDAN

Mit u.a. KAUFMANN, GARANČA, ZEPPENFELD, W. KOCH, TÉZIER CHOR & ORCHESTER

DER WIENER STAATSOPER, 2021

28. 20.40

PARSIFAL radioklassik (WAGNER)

3. Aufzug

Musikalische Leitung JORDAN

Mit u.a. KAUFMANN, GARANČA, ZEPPENFELD, TÉZIER CHOR & ORCHESTER

DER WIENER STAATSOPER, 2021

31. 15.05 DAS WIENER Ö1 STAATSOPERNMAGAZIN

Ausschnitte aus aktuellen Aufführungen der Wiener Staatsoper Mit MICHAEL BLEES

WERKEINFÜHRUNGEN

Viele Zuschauerinnen und Zuschauer schätzen die kostenlosen Werkeinführungen vor ausgewählten Vorstellungen im Gustav Mahler-Saal: Eine halbe Stunde vor Beginn der Aufführung erzählen Dramaturginnen und Dramaturgen über das gleich zu erlebende Werk, umreißen den Inhalt und weisen auf die Besonderheiten der aktuellen Produktion hin. So können gewissermaßen »last minute« wichtige Informationen über die Opern- bzw. Ballettaufführungen eingeholt werden – was den jeweiligen Abend zu einem noch erfüllenderen Erlebnis macht! Im März gibt es Einführungen zu Animal Farm, Guillaume Tell und Parsifal.

FREUNDESKREIS DER WIENER STAASOPER

Seit 2020 hat die Wiener Staatsoper eine Outreach-Abteilung, die sich auch der Kulturvermittlung an Teenager und Junge Erwachsene widmet. 2022 wurde im Haus am Ring erstmals eine Oper – Tschick – speziell für Jugendliche gegeben. Erfolgreiche Projekte, die Früchte tragen! In der nächsten Löwensofa-Diskussionsrunde des Offiziellen Freundeskreises am 9. März wird darüber gesprochen, welche Projekte Jugendliche ansprechen und was das Besondere an den Projekten mit Jungen Erwachsenen ist.

→ Diese Veranstaltung findet exklusiv für Mitglieder des Offiziellen Freundeskreises der Wiener Staatsoper statt.

→ WIENER-STAATSOPER.AT/FOERDERN

KAMMERMUSIK

Das nächste Kammermusik-Konzert der Wiener Philharmoniker findet am 16. März im Gustav Mahler-Saal statt. Zu hören ist eine Bläser-Formation, die Mozarts Serenade in Es-Dur, Malcolm Henry Arnolds Divertimento op. 137 und Beethovens Oktett in Es-Dur spielt.

OPERNSTUDIO-KONZERT

Das Opernstudio der Wiener Staatsoper hat sich in kürzester Zeit als gefragte Talenteschmiede etabliert. Die jungen Sängerinnen und Sänger, die hier einen großen Opernbetrieb kennenlernen und in den Opernalltag eingebunden werden, reüssieren im Haus am Ring wie auch andernorts. Auch in Konzerten im Gustav Mahler-Saal sind die aktuellen Mitglieder des Studios regelmäßig zu hören: Etwa am 2. März um 15 Uhr die Mezzosopranistin Alma Neuhaus und der Tenor Lukas Schmidt.

PRODUKTIONSSPONSOREN

LA CENERENTOLA

RUSALKA

DER ROSENKAVALIER

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL SERVICE

ADRESSE

Wiener Staatsoper GmbH

A Opernring 2, 1010 Wien

T +43 1 51444 2250

+43 1 51444 7880

M information@wiener-staatsoper.at

IMPRESSUM

OPERNRING 2

MÄRZ 2024 SAISON 2023 / 24 Herausgeber WIENER STAATSOPER GMBH / Direktor DR. BOGDAN ROŠČIĆ / Kaufmännische Geschäftsführung DR. PETRA BOHUSLAV / Musikdirektor PHILIPPE JORDAN / Ballettdirektor MARTIN SCHLÄPFER / Redaktion SERGIO MORABITO / ANNE DO PAÇO / NASTASJA FISCHER / IRIS FREY / ANDREAS LÁNG / OLIVER LÁNG / NIKOLAUS STENITZER / Art Direction EXEX / Layout & Satz IRENE NEUBERT / Am Cover JOHN NEUMEIER Foto KIRAN WEST / Druck PRINT ALLIANCE HAV PRODUKTIONS GMBH, BAD VÖSLAU

REDAKTIONSSCHLUSS für dieses Heft: 20. Februar 2024 / Änderungen vorbehalten / Allgemein verstandene personenbezogene Ausdrücke in dieser Publikation umfassen jedes Geschlecht gleichermaßen. / Urheber/innen bzw. Leistungsschutzberechtigte, die nicht zu erreichen waren, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. → wiener-staatsoper.at

GENERALSPONSOREN

PINNWAND
DER WIENER STAATSOPER

9.

23.

20.

11.

Live aus der Metropolitan Opera in New York
OPER IM KINO 2023/24
MÄRZ LA FORZA DEL DESTINO Giuseppe Verdi
MÄRZ ROMÉO ET JULIETTE Charles Gounod
APRIL LA RONDINE Giacomo Puccini
MAI MADAMA BUTTERFLY Giacomo Puccini EINZEL TICKET € 35* cineplexx.at/opera CINEPLEXX Graz CINEPLEXX Villach CINEPLEXX Linz CINEPLEXX Hohenems CINEPLEXX Salzburg Airport VILLAGE CINEMAS Wien Mitte CINEPLEXX Wienerberg CINEPLEXX Wiener Neustadt CINEPLEXX Donau Zentrum TEILNEHMENDE KINOS: © Brescia Amisano / Met Opera * zzgl. etwaiger Sitzplatzaufschläge. SICHERN SIE SICH IHRE LOGE FÜR DIE MET!

UNSERE GRÖSSTE BAUSTELLE: DIE ZUKUNFT.

Wir werden klimaneutral bis 2040. Hand drauf!

Neuerö nung in Wien, Kohlmarkt 3

+43 800 298 796 www vancleefarpels com

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