Programmheft »Rusalka«

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AN TONÍN DVOŘ ÁK




A N TON ÍN DVOŘ Á K

RUSALKA LYRISCHES MÄRCHEN in drei Akten, op. 114 Text JAROSLAV KVAPIL

ORCHESTERBESETZUNG 2 Flöten / 1 Piccoloflöte / 2 Oboen 1 Englischhorn / 2 Klarinetten / 1 Bass­k larinette / 2 Fagotte 4 Hörner / 3 Trompeten / 3 Posaunen / 1 Tuba Schlagwerk / 1 Harfe Violine I / Violine II / Viola / Violoncello / Kontrabass BÜHNENMUSIK

2 Hörner / Harmonium

AUTOGRAPH České muzeum hudby, Prag URAUFFÜHRUNG 31. MÄRZ 1901 Prager Nationaltheater ERSTAUFFÜHRUNG HAUS AM RING 10. APRIL 1987

SPIELDAUER

3 H 30 MIN

INKL. 2 PAUSEN




RUSALKA

DIE HANDLUNG Im Gegensatz zu den spielerischen Waldelfen neckt die Wassernixe Rusalka den gerade erwachenden Wassermann nicht, sondern gesteht ihm ihre Sehnsucht nach einer menschlichen Gestalt sowie menschlichen Seele und damit die Erfüllung ihrer Liebe zu jenem Prinzen, den sie schon oft am See beobachten konnte. Der Wassermann warnt Rusalka zwar, rät ihr aber, die Hilfe Ježibabas in Anspruch zu nehmen. Diese erscheint und schließt mit der vor Liebe Entbrannten einen Vertrag: Rusalka wird die Menschengestalt erhalten, aber mit Stummheit geschlagen sein. Sollte sie auf diese Weise die Liebe des Prinzen nicht dauerhaft an sich binden können, würde die Rückkehr ins Nixenreich nur mit dem Tod des Geliebten möglich werden. Rusalka willigt ein, wird verwandelt und kann tatsächlich die Liebe des bald darauf auf­tauchenden Prinzen erwecken. Die geplante Hochzeit der beiden wird jedoch durch eine mysteriöse, fremde, verführerische Fürstin verhindert, die unerwartet auftaucht und den Prinzen an sich zieht. Als der Prinz der Fürstin eine Liebeserklärung macht und seine geplante Hochzeit mit Rusalka als bloßes Abenteuer abtut, versucht ihn Rusalka mit letzter Hoffnung zurückzugewinnen, wird von ihm aber kalt abgewiesen. Der Wassermann verflucht den Prinzen daraufhin und zieht Rusalka in die Tiefe des Wassers zurück. Wenig später bietet Ježibaba der von allen entfremdet klagenden Rusalka eine vollständige Rückkehr ins Nixenreich an: Sie gibt Rusalka einen Dolch, mit dem sie den treulosen Geliebten ermorden soll. Doch Rusalka wirft den Dolch von sich. Als der von Reue geplagte Prinz an den See kommt, erscheint ihm Rusalka als Irrlicht. Er bittet sie, ihn frei von Schuld zu machen und, obwohl Rusalka ihn vor ihrer todbringenden Umarmung warnt, besteht er auf einen letzten Kuss. Er stirbt in ihren Armen und Rusalka versinkt im See.

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KS CAMILLA NYLUND als RUSALKA


DIE HANDLUNG

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UBER DIESES PROGRAMM BUCH Jiří Bělohlávek, der Premierendirigent der aktuellen Produktion, bezeichnete Antonín Dvořáks vorletzte, 1901 in Prag uraufgeführte Oper Rusalka als globalen Kulturschatz. In einem Interview ab Seite 10 sind die Anmerkungen des inzwischen verstorbenen Dirigenten über die musikalischen Besonderheiten der Oper zu lesen. Komponiert wurde das Werk innerhalb weniger Monaten im Jahre 1900 auf Basis eines Librettos des tschechischen Dramatikers und Regisseurs Jaroslav Kvapil. Gleich zweimal geht es in diesem Programmbuch um den Librettisten: Ab Seite 32 umreißt Andreas Láng die Biografie dieses vielbeschäftigten Künstlers, der ab Seite 36 selbst zu Wort kommt: In einem Ausschnitt aus seiner Autobiografie wird der Entstehungsprozess der Oper beleuchtet. Einige Briefe von und an den Komponisten (unter anderem von Gustav Mahler) geben ebenfalls Einblicke in die Entstehung der Oper – sprechen aber auch den leider missglückten Versuch einer frühen Wiener Erstaufführung an (ab Seite 26). Auch eine Sängerin der Uraufführung Amalie Bobková

kommt zu Wort und schildert ab Seite 42 ihre Eindrücke. Die Wiener Aufführungsgeschichte der Rusalka sowie die unrühmlich späte Erstaufführung im Haus am Ring beschreibt Andreas Láng ab Seite 44. Der Untertitel dieser Geschichte rund um die Nixe Rusalka und deren Menschwerdung beziehungsweise verzweifelte Liebe zum Prinzen trägt die Bezeichnung »Lyrisches Märchen«. Allerdings handelt es sich um nichts weniger als um ein Kindermärchen, da Themen wie die erwachende Sexualität oder die Angst einer jungen Frau vor der erwachenden Sexualität mehr oder weniger subkutan bestimmend sind. Regisseur Sven-Eric Bechtolf bringt jedoch in seiner Inszenierung bewusst nur adäquate Bilder für die szenische Umsetzung dieser Aspekte und keine »küchenpsychologischen« Erläuterungen und Kommentare – ein Interview mit ihm ist ab Seite 14 zu lesen. Weitere Gespräche sind ab Seite 18 (Kostümbildnerin Marianne Glittenberg) und Seite 22 (Lightdesigner Jürgen Hoffmann) zu finden.

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ÜBER DIESES PROGRAMMBUCH

Heinz Irrgeher beschäftigt sich ab Seite 48 intensiv mit der Musiksprache der Oper, in einem Essay von Karl Löbl (ab Seite 60) werden Schlaglichter – auch auf die Aufnahmen des Werks – geworfen, kurze Ausschnitte aus Sigmund Freuds Traumdeutung (ab Seite 66) runden das Programmbuch ab. Und Sergio Morabito spannt ab Seite 54 ein dichtes Netz von Bezügen und Verweisen, das zum tieferen und intensiveren Verständnis des Stoffes beiträgt.

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Folgende Seiten: KS KRASSIMIRA STOYANOVA als RUSALKA JANINA BAECHLE als JEŽIBABA


KOPFZEILE

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KOPFZEILE

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ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT DEM PREMIEREN-DIRIGENTEN J I Ř Í B Ě L OH L ÁV E K

AN DER OPER RUSALKA IST ALLES BESONDERS !! al

Rusalka weist im Untertitel die Bezeichnung »Lyrisches Märchen« auf. Sagt diese Gattungsbezeichnung etwas über die musikalische Struktur der Oper aus? jb Ich betrachte Rusalka nicht nur als lyrisches Märchen, sondern zugleich auch als ein großes innerliches Drama. Das ganze Konzept von Rusalka ist so aufgebaut, dass eindeutig eine archetypale Komposition erkennbar wird – genauer: die vier Hauptcharaktere sind alle Archetypen von verschiedenen Qualitäten. Rusalka bildet das Prinzip der Liebe und der absoluten Zuneigung zum Geliebten ab; der Prinz ist der kontrastierende Archetyp des leidenschaftlichen, aber oberflächlichen Liebhabers; der Wassermann steht für Gerechtigkeit und Vaterliebe und Ježibaba für geheimnisvolle Kräfte, die der Handlung Impulse geben. al Hat Dvořák die Oper Rusalka sängerfreundlich instrumentiert? jb Die Instrumentation ist, wie ich finde, wunderbar, ungemein reich und fantasievoll. Natürlich gibt es manche Stellen, wo man sehr auf die Sängerinnen und Sänger, behutsam auf die Balance zwischen Bühne und Orchestergraben achten muss. Aber wenn eine

gegenseitige Aufmerksamkeit aller Beteiligten vorhanden ist, sehe ich diesbezüglich keinerlei Schwierigkeiten. al Nahm Dvořák bei der Komposition der Rusalka grundsätzlich Rücksicht auf die vokalen Möglichkeiten von Sängern? jb Meiner Meinung nach hatte der Meister ein sehr gutes Gespür für das, was man von Sängerinnen und Sängern verlangen kann. Er strapaziert nicht unnötig, geht nie über die vokalen Grenzen hinweg – das heißt allerdings nicht, dass die Gesangspartien nicht recht anspruchsvoll wären… al Gibt es Instrumente in der Oper Rusalka, die bestimmten Charakteren zugeordnet sind, findet sich so etwas wie ein harmonisches oder melodisches Programm? jb Rusalka weist neben einem harmonischen Reichtum auch ein gewisses, den Hauptfiguren klar zugeordnetes thematisches Material auf. Nicht gerade eine Leitmotivik im Sinne Richard Wagners, aber doch eine Form der Charakterisierung, die die Situation oder Personen musikalisch schildert: zum Beispiel das Wassermann-Motiv, das Rusalka-Motiv, ein Jagd-Motiv. Und das Rusalka-Motiv

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AN DER OPER RUSALKA IST ALLES BESONDERS!!

etwa wird meistens von den Holzbläsern gebracht; Violoncelli und Pauken malen hingegen das Reich des Wassermanns. Allerdings verändert Dvořák die jeweilige Instrumentation sehr wohl entsprechend der Situation im Ablauf des Dramas. al Wo liegen in der Rusalka die Herausforderungen für den Dirigenten? jb Wie bei jeder Oper ist auch im Fall der Rusalka die Hauptaufgabe des Maestro die Gesamtarchitektur des ganzen Stücks im Auge zu behalten, sie richtig aufzubauen und gleichzeitig die kleinsten Details nicht zu vernachlässigen. Ich habe mir außerdem eine Interpretation zum Ziel gesetzt, in der den Gesangstimmen in Bezug auf Fantasie und Detailreichtum ein großer Freiraum zugestanden wird. al Wie sieht es mit der Qualität des Librettos aus? Handelt es sich um ein künstlerisch-sprachliches Meisterwerk, vergleichbar mit einem Da Ponte, oder eher um eine handwerklich saubere Arbeit? jb Jaroslav Kvapils Libretto ist ein literarisches Werk voll von Poesie und Liebe, aber auch von fantasiereichen und sogar komischen Elementen – denken Sie nur an die Szene mit dem Küchenjungen und dem Heger. Dvořák hat dies alles in seine Vertonung miteinbezogen, nochmals unterstrichen und auf ein höheres Niveau gehoben. al Das Libretto ist voll von Verniedlichungen – etwa Wassermännchen, Schwesterchen, Blümchen – finden diese Verkleinerungsformen in irgendeiner Art einen Niederschlag in der Musik?

jb Natürlich, ja, jedes Wort, das eine Verkleinerung, eine Verniedlichung erfährt, erhält eine musikalische Entsprechung in der Partitur. al Wie böhmisch ist nun die Musik der Rusalka? jb Der böhmische Charakter ist für mich absolut präsent – auf jeder Seite der Partitur. al Und wo liegen die wesentlichen musikalischen Unterschiede zu Dvořáks anderen Opern? jb Rusalka ist ein Werk aus Dvořáks Reifezeit, seine vorletzte Oper und für mich eine seiner bedeutendsten, wenn nicht sogar seine bedeutendste Schöpfung. Sie gehört zum Kulturschatz, nicht nur zu jenem der tschechischen Nation, sondern global gesehen. Anders gesagt: Rusalka hat eine allgemeine Gültigkeit im Kontext der Musikgeschichte. al Was zeichnet den Dvořák’schen Spätstil aus? jb Rusalka wurde 1900 innerhalb recht kurzer Zeit geschrieben – innerhalb von sechs Monaten. Kurz davor hat er, quasi wie eine Vorstudie zu Rusalka, die vier Tondichtungen Wassermann, Mittagshexe, Goldenes Spinnrad und Waldtaube herausgebracht, die in Hinblick auf die orchestralen Klangfarben einen Höhepunkt seiner Kompositionskunst darstellen. Diese Instrumentationsmeisterschaft mit ihren nuancenreichen Farbkombinationen beziehungsweise Farbschattierungen fand in Rusalka schließlich ihre Vollendung. al Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der Oper Rusalka? jb Alles!!! Vor allem die musikalische Qualität der Oper, der unwahrscheinliche melodische Reichtum, das

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ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT DEM PREMIEREN-DIRIGENTEN J I Ř Í B Ě L OH L ÁV E K

märchenhafte Sujet, das der Menschheit zugleich als Spiegel vorgehalten wird, die meisterhafte Instrumentation, die kluge Proportion zwischen dem ernsten und dem leichteren Charakter des Stückes, und nicht zuletzt

eine allgemeine Weisheit, die uns als Lehre dienen soll: Die Gesetze der Natur sind streng, das Schicksal dem Wesen nach gerecht, und die Liebe eine ewige wundervolle Blüte… Das Gespräch fand 2014 statt.

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KS MICHAEL SCHADE als PRINZ


AN DER OPER RUSALKA IST ALLES BESONDERS!!

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OLIVER LÁNG IM GESPRÄCH MIT REGISSEUR SVEN-ERIC BECHTOLF

MARCHEN KOMMEN AUS DER SEELE UND WOLLEN DORTHIN AUCH ZURÜCK ol

Wenn Sie sich als Regisseur einem Stück annähern: Sind Sie zunächst einmal vom Werk an sich berührt oder ist gleich das Theatertechnische, das Inszenatorische, die Umsetzungsebene da? seb Das ist eine gute Frage… Es mischt sich manchmal: Wenn man zum Beispiel anfangs schon erahnt, dass eine bestimmte Stelle szenisch schwierig werden könnte, dann mischt sich sofort die praktische Erfahrung mit Lösungsvorschlägen ein. Aber üblicherweise versuche ich mich davon frei zu machen um erst einmal drauflos zu spinnen, den inneren Film ohne Zensur laufen zu lassen und nicht gleich zu denken: Ist denn das überhaupt machbar? Da dürfen Figuren auch mal fliegen oder unsichtbar werden. Früh genug kommt später das Handwerkliche dazu. ol Gibt es eine zentrale Grundidee, aus der Sie ein Gesamtkonzept ent­w ickeln, oder probieren Sie anfänglich mehrere Ansätze aus und entscheiden sich dann für einen? seb Zu manchen Dingen hat man,

aus unerklärlichen Gründen, einen intuitiven Zugang, der sich schwer konkret mitteilen lässt. Man findet ein bestimmtes Bild und weiß, dass es »richtig« ist. Und manchmal sucht man lange, redet ausführlich mit künstlerischen Partnern, und es kristallisiert sich erst langsam ein brauchbarer Ansatz heraus. ol Wie vermitteln Sie einen – schnell oder langsam – gefundenen Ansatz? Argumentativ? Versuchen Sie den Sängerinnen und Sängern Ihren intuitiven Weg aufzuzeigen? seb Es gibt Stücke, die man argumentativ gut belegen und bei denen man eine bestimmte Lesart auch streitbar vertreten kann. Aber es gibt auch Stücke, die einen Zugang aus dem Instinkt heraus erfordern, ein intuitives Heranfühlen. Cardillac zum Beispiel und auch Rusalka. Da sind Ansätze nicht immer überprüf bar, mehr noch: Man will sie auch nicht überprüfbar machen. Man hat das Gefühl, dass irgendein innerer Apparat in einem mitarbeitet, den man möglichst nicht stören, sondern schützen möchte. Man will den kreativen Prozess nicht

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MÄRCHEN KOMMEN AUS DER SEELE

durch die Zensur des Arguments, der den, also nicht postulieren: Es geht genauen Herleitung oder philologi- in Rusalka eigentlich um Folgendes, scher oder musikhistorischer Aspekte – denn sonst wird die ganze Sache gehemmen. Es ist ja auch so, dass man heimnislos. Eigentlich muss man es sich selbst und die eigenen Absichten schaffen, dass das Publikum während in einem solchen Prozess überhaupt der Vorstellung ein bisschen den Vererst versteht, was Ihnen sicher auch stand ausschaltet und diese seltsamen, andere Künstler bestätigen werden. Im düsteren und manchmal auch grotesk Fall der Rusalka sind wir gemeinsam komischen Szenen auf sich wirken auf Expedition gegangen: Ich hatte lässt und anschließend darüber nachbei Probenbeginn schon sehr viele Bil- denkt, was ihm da eigentlich erzählt der im Kopf und gemeinsam mit den wurde. Das wäre nämlich ein doppeltes Sängerinnen und Sängern – und das Vergnügen: zunächst das Unmittelbare habe ich noch nie so gemacht – ent- zu erleben, um später das Gefühlte zu warfen wir neue Bilder, stellten Kon- deuten. Märchen kommen ja aus der Seele und stellationen her, ganz ohne Musik. Ich habe dann geprüft, was davon für uns wollen dorthin zurück. Auf der Couch »richtig« und verwendbar ist. Es war des Psychoanalytikers verlieren sie also so, dass ich mehrere Optionen ihre Wucht. Daher ist es wichtig, sie weder platt nachzuerzählen noch sie und in meinem Regiebuch immer drei zu entlarven. Wenn von einer Frau oder vier Vorschläge stehen hatte. Für ohne Unterleib berichtet wird, die ofmich war das gar nicht so leicht, denn eigentlich bin ich ein »ordentlicher« fensichtlich kein Sexualleben haben Arbeiter, der den Hang hat, alles sehr darf, sich aber danach sehnt, schließschnell, präzise und anständig zu ma- lich Beine bekommt, dafür aber ihre Stimme verliert, stellen sich gewisse chen; schon, um die Beteiligten mit Irrwegen nicht zu sehr zu strapazieren. Gedanken reflexhaft ein. Das sind Bilder aus tiefen Schichten – für die Dieser Tendenz muss man manchmal entgegenwirken – und das tue ich die- muss man adäquate Umsetzungen ses Mal. Ambivalenz ist für das Stück finden, die eine Kraft in sich selber tradas richtige Klima. Es geht ja darum, gen und nicht nur küchenpsychologidass man die Märchenwelt der Rusalka sche Erläuterungen und Kommentare erhält, ohne sie in einer falschen Weise sind. auszuleuchten. »Obscurum per obscu- ol Es ist das Wort Psychoanalyse gefallen. Diese Oper ist fast rius, ignotum per ignotius – Dunkles gleichzeitig mit Freuds Traumdurch Dunkleres, Unbekanntes durch Unbekannteres« erhellen, nennt man, deutung entstanden. Sind psyglaube ich, diese Methode in der Alchechoanalytische Elemente in Rusalka zu finden, weil diese mie. einfach in der Zeit lagen? Oder ol Wenn Sie einen Ansatz entwickelt haben: Wie deutlich wolhat Dvořák sie ganz bewusst in len Sie diesen dem Publikum die Oper, vielleicht sogar in die vermitteln? Musik, aufgenommen? seb Ich denke, man soll Bilder und seb Ich glaube nicht, dass sich nicht didaktische Übersetzungen fin- Dvořák direkt beeinflussen ließ. In-

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OLIVER LÁNG IM GESPRÄCH MIT REGISSEUR SVEN-ERIC BECHTOLF

teressant ist nur, dass – in der Traum- gen, die Freud gemacht hat, herstellen, deutung und in Rusalka – ähnliche oder uns wenigstens einladen, sie herBeunruhigungen enthalten sind. Die zustellen. lagen damals offensichtlich in der ol Sie haben zu Beginn Ihrer InLuft. Die Psychoanalyse machte ja szenierungsarbeit mit den Darzwei sehr revolutionäre Dinge: Das stellerinnen und Darstellern eine war, dass sie die Sexualität ins eine Art Familienaufstellung Zentrum unseres psychischen Geder Figuren gemacht. Inwieweit schehens stellte und damit zugleich ist das dann tatsächlich in die den fortschrittsgläubigen Positivisten Regie eingeflossen? der Jahrhundertwende zu beweisen seb Es ist doch sehr auffällig, dass es suchte, dass sie gar nicht so berechen- drei schwesternartige Elfen gibt, die den Wassermann, das übergriffige bar sind, wie sie glaubten. Wir wissen ja bis heute wenig über uns. Das ver- Onkelchen oder Väterchen, man weiß bindet diese Strömung auf paradoxe es nicht genau, zu bezirzen suchen, und diese böse Mutter-Hexe: Ja, man Weise mit der Spätromantik. Vielleicht gibt es ein ahnungsvolles Missbehagen könnte diese Figurenkonstellation als über die scheinbare Verbindlichkeit Familie begreifen. Ich weiß nicht, ob der Gegenwart, der herrschsüchtigen der Elektra-Komplex tatsächlich eine so große Rolle spielt, wie Freud sich Faktizität der Realität, bei beiden: bei Dvořák und bei Freud, und sie unter- das vorgestellt hat. Aber er ist ein Bild, minieren das aus ganz unterschied- um ein Phänomen zu fassen, das exislichen Interessen. Auch wenn man tiert und die Menschen umtreibt. Das den Romantikern Obskurantismus lässt sich nicht unterdrücken. Aber, vorwerfen könnte, ergibt sich eine the- wie gesagt: Die dürre und theoretische matische Verwandtschaft zur (Schein-) Ausdeutung alleine wäre zu trocken, um das Stück zu erzählen. Man muss Wissenschaft der Psychoanalyse. Ich persönlich habe allerdings keine streng zwischen den Welten mäandern – wie wissenschaftliche Betrachtung der Rusalka selbst. Rusalka vorgenommen. Ich habe Ein- Natürlich könnten wir jetzt über die schlägiges darüber gelesen und fand männlichen Projektionen des 19. Jahrdas nur zum Teil ergiebig. Ein Kunst- hunderts auf Frauen und ihre Sexuawerk ist keine Gleichung, man kann lität sprechen, aber wir würden uns nicht addieren und subtrahieren und dann selber auf diese Weise von einem dann kommt am Ende XY heraus. Es Phänomen distanzieren, wie wir es uns trägt miteinander korrespondierende – noch – nicht leisten können. Themen in sich, die ahnungsvoll et- Auch deshalb scheue ich mich vor Komwas umzingeln, mitbeschreiben und mentaren: Man legt so schnell etwas mittransportieren. Im Fall von Rusalka als »begriffen« zu den Akten, das doch sind das allerdings Themen, die gera- noch sehr lebendig und widersprüchdezu automatisch eine Verbindung zur lich in uns weiterarbeitet. Psychoanalyse beziehungsweise zur Traumdeutung und den Entdeckun- Das Gespräch fand 2014 statt.

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RENÉ MAGRITTE DIE LIEBENDEN



ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT KOSTÜMBILDNERIN MARIANNE GLITTENBERG

ES GEHT UM DAS ERWACHEN DER SEXUALITAT Zu Beginn eine ganz simple mit dem Regisseur und dem BühnenFrage: Wie darf man sich den bildner. Diese gemeinsamen GespräSchaffensprozess von Frau Glit- che sind erste tastende Versuche in tenberg vorstellen? Ist zuerst mögliche Richtungen. Wenn dann das eine Idee an sich vorhanden, Bühnenbildmodell oder zumindest ein gibt ein bereits vorhandener Entwurf feststeht, beginne ich schließBühnenbildentwurf den Anstoß lich mit den Kostümzeichnungen. Im speziellen Fall der Rusalka konnte zum kreativen Prozess, oder ein ich bei den frühen Treffen zwischen Gespräch mit dem Regisseur? mg Die grundsätzliche Basis all mei- meinem Mann Rolf und Sven nicht ner Arbeit ist immer die Musik der dabei sein und habe daher erste eigene jeweiligen Oper und weniger das Li- Entwürfe gemacht, ehe ich mit Sven bretto. Oper ist für mich dominiert und zusammentraf. Ich habe ihm dann spädefiniert durch die Musik. Selbst bei ter unterschiedliche Ansätze gezeigt, sie waren eher als Reizworte für eine Werken, die ich schon von Kindheit an Diskussion gedacht als bereits fertig praktisch auswendig kenne, höre ich mir, quasi als Impulsspender, gerne ausgearbeitete Figurinen. wieder die eine oder andere – vielleicht al Warum? sogar mir noch nicht bekannte – Ein- mg Ich hätte das ein bisschen tollspielung an. An sich bin ich aber seit kühn gefunden, wenn ich mit fixfermeines Germanistik­s tudiums eine tigen Vorschlägen angerückt wäre Art Schreibtischtäterin: Ich entwickle – man will ja keinen Alleingang, songerne Theorien, hole mir aus der Lite- dern Kostüme für ein bestimmtes ratur, der bildenden Kunst, aus Filmen, Inszenierungskonzept machen, auf Ideen reagieren. Auf jeden Fall hat Theaterstücken Denkanstöße, die ich weiterentwickle beziehungsweise zu- Sven nicht zuerst auf die Entwürfe zu sammenführe. Wenn nicht schon vor- den Protagonisten reagiert, sondern auf die des Chors. Er hat sie zielstreher spontan, so kommt dann aus dem Erarbeiteten irgendwann der »Ein- big herausgepickt und gesagt, dass sie fall«, der aus der bloßen Interpretation genau sagten, was er meine. Mit dieeinen künstlerischen subjektiven Bei- sen Figurinen, die die ersten waren, trag zur Produktion machen muss. Zu mit denen ich angefangen habe, hatte Beginn steht natürlich das Gespräch ich, ohne es zu wissen, getroffen, was al

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E S G E H T U M DA S E RWAC H E N DE R S E X UA L I TÄT

sein Ausgangspunkt sein sollte: Eine Familie in einem Jahrhundertwendeambiente mit sich daraus entwickelnden alptraumhaften Bildern. Ich war auf jeden Fall sehr froh, dass wir nicht in eine gängige Richtung unterwegs waren – so à la typische Oper des 19. Jahrhunderts: mit dem Einmarsch des Chors als Festgesellschaft zu einer Polonaise. al Doch selbst wenn ein Entwurf dann ausgearbeitet ist, können im Laufe der Probenzeit Änderungen am Kostüm stattfinden? mg Nat ürlich. In diesem Fa l l zum Beispiel habe ich erst während der Probenarbeit gemerkt, dass trotz Svens Einverständnis mit den Entwürfen von Rusalka und dem Wassermann – den ich vorher etwas »amphibischer« angelegt hatte – keine wirkliche Übereinstimmung von Entwurf und Regie herrschte. Vielleicht waren sie noch ein Relikt aus meinen Überlegungen VOR dem Gespräch mit Sven. Jedenfalls habe ich beide geändert. Auch bei der Regietätigkeit entwickelt sich im Zuge der Arbeit mit den Sängerinnen und Sängern unglaublich viel Neues und daran möchte ich anschließen. Es kann ja durchaus passieren, dass das eine oder andere in der Theorie sehr interessant aussieht, aber nicht zur Persönlichkeit eines Interpreten passt respektive nicht glaubhaft wirkt. al Figur und Kostüm sollen also eine Einheit bilden? mg Ich möchte ja den Darsteller oder die Darstellerin nicht machtlos machen, indem ich seine oder ihre Identität verschleiere. Das schadet sowohl dem Kostüm als auch dem Sänger. al Wie gehen Sie nun bei der Auswahl der Stoffe für die Kostüme

vor? Wo liegen hier die ausschlaggebenden Beweggründe für eine endgültige Entscheidung? mg Ich versetze mich in die Welt der zu zeigenden Geschichte, dann in das Innenleben der einzelnen Figuren. Es dauert übrigens, bis ich mit den Zeichnungen einigermaßen zufrieden bin: Ich radiere an manchen Figurinen wohl hundertfach und tausendfach herum, ehe etwas endgültig stehen bleiben darf. Nach diesem Stadium interpretiere ich die Figurinen wie eine Fremde. Und aus diesem Blickwinkel heraus entwickle ich die Stoffwahl, suche nach etwas Speziellem und Aussagekräftigem. al Haben Sie so wie bei Ihrer Cenerentola mit Zitaten aus Filmen oder aus der Literatur gearbeitet? mg Nein, diesmal weniger. Mich haben eher inhaltliche Parallelen aus der Opernliteratur bereichert: Das ähnlich problematische Verhältnis von Kaiser und Kaiserin in Frau ohne Schatten, die Schrecken der Wolfsschlucht im Freischütz. Weiters der Gedanke, dass für ein Mädchen der Romantik das bloße Wort Sexualität Schrecken verbreitet hat. Mir ging also das Gedankengut der Epoche durch den Kopf, die märchenhaften Stoffe der vor-Freud’schen Epoche und wie sie die Psychoanalyse quasi vorerfinden. al Inwieweit ist Rusalka nun wirklich ein Märchen? mg In Tschechien ist Rusalka eine Nationaloper, in die man gerne die Kinder mit hineinnimmt. Aber abgesehen von der Tatsache, dass auch die sogenannten Kindermärchen sehr oft inhaltliche Elemente aufweisen, die in ihrer Grausamkeit und Brutalität

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ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT KOSTÜMBILDNERIN MARIANNE GLITTENBERG

die Kleinen nur das Fürchten lehrt, darf man nicht vergessen, dass in der Rusalka die Hauptfiguren keine Kinder sind. Es geht um das Erwachen der Sexualität und die Angst davor. In dieser Inszenierung ist das von Sven sehr schön unter anderem mit visionsartigen Erinnerungs- und Gedankenbildern aufgezeigt. Eine weitere Frage, die sich bei Rusalka stellt, ist jene der unterschiedlichen Realitäten. Wie real

ist die Geschichte eigentlich, wie real sind die realen Teile? Ist diese fremde Fürstin beispielsweise eine reale Person? Woher kommt sie überhaupt, was will sie – sie hat ja nicht einmal einen wirklichen Auftritt – ist einfach plötzlich da. Aber ich finde, dass nicht alles beantwortet, entschleiert werden muss. Unerklärbares ist auch eine Definition. Das Gespräch fand 2014 statt.

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RENÉ MAGRITTE DIE LIEBE



ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT LIGHTDESIGNER JÜRGEN HOFFMANN

KOMBINATION AUS INTUITION UND HANDWERK al

Entwickeln Sie das Licht, das Lichtdesign einer Opernproduktion, aus der Partitur heraus, oder spielt das musikalische Geschehen für die Beleuchtung nur eine untergeordnete Rolle? jh Basis ist immer der Klavierauszug oder die Partitur, und ich arbeite mich richtiggehend Note für Note, Phrase für Phrase, Takt für Takt durch das jeweilige Stück. Kommt es etwa zu einem wichtigen Harmoniewechsel, einer Veränderung der Instrumentation, tritt eine Figur auf oder ab, so hat das meist Auswirkungen auf die Lichtsituation. Das muss auch so sein, denn bei einem Gesamtkomplex wie einer Opernproduktion greift ja eins ins andere. al Nichtsdestotrotz haben Sie seitens des Bühnenbildes, der Kostüme, der Regie Vorgaben, die eine bestimmte Richtung anzeigen? jh Wenn man die Einladung erhält, das Licht für eine Produktion zu kreieren, ist das Bühnenbild tatsächlich meist im Wesentlichen schon fertig. Das heißt: In den meisten Fällen können wir Lightdesigner am Konzept nicht mitbestimmen, aber mitgestalten, indem wir die Vorstellungen eines Regisseurs, eines Bühnenbildners unterstreichen, zum Teil optisch

Wirklichkeit werden lassen, in Atmosphäre umsetzen. Anders gesagt: Man verlangt von mir eine bestimmte Stimmung, die ich dann mit meinen Mitteln zu erstellen versuche. al Plant man nun alles am Schreibtisch oder muss man auf der Bühne vor dem Bühnenbild sitzen, um aktiv werden zu können? jh Selbstverständlich gibt es viel Vorarbeit, die zu Hause am Schreibtisch erledigt werden muss – schon allein auf Grund der verhältnismäßig wenigen Beleuchtungsproben. Ich kann nicht bei der ersten Probe bei Null beginnen, so viel Zeit kann man gar nicht haben. Aber natürlich ergibt sich vieles erst im Laufe der Probenarbeit, im Zuge des Entstehens der Inszenierung; manchmal werden auch am Bühnenbild Details geändert, auf die ich als Lightdesigner reagieren muss. Außerdem machen mich einige erste Lichtsituationen noch nicht glücklich, sodass ich diese zu verbessern trachte. Kurzum: Ich sitze bei allen Bühnenproben im Zuschauerraum. al Haben Sie bei der Rusalka im Beleuchtungskonzept solche Änderungen vorgenommen? jh Kleinere Änderungen sind praktisch immer notwendig – aber wenn Sie

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KOMBINATION AUS INTUITION UND HANDWERK

ein konkretes Beispiel hier in der Rusalka wollen: Ich bin bei diesem Stück immer davon ausgegangen, dass ich der seitlichen Beleuchtung, also dem Gassenlicht, ein großes Gewicht gebe, um eine geheimnisvolle Atmosphäre zu erzeugen. Das hat dann letztlich nicht so gut funktioniert, vieles lag ungewollt im Schatten; also haben wir mit dem Beleuchtungschef des Hauses eine bessere Lösung erarbeitet. al Sind Regisseure und Bühnenbildner bei den reinen Beleuchtungsproben immer anwesend? jh Meistens. In meinem doch schon längeren Berufsleben hatte ich nicht viele Produktionen, bei denen ich ganz auf mich allein gestellt war. Wie gesagt: Regisseure und Bühnenbildner haben ja bestimmte Vor­stellungen, die ich umzusetzen versuche, und so ist es verständlich, wenn sie beim Entstehungsprozess der Lichtgestaltung anwesend sein wollen. al Wie viel ist in Ihrem Beruf Handwerk und wie viel Intuition? jh Die Antwort ist recht einfach: Sie müssen intuitiv wissen, wo Sie hinwollen, und sollten dann handwerklich in der Lage sein, dies auch zu bewerkstelligen. al Ist die Kreativität höher, wenn man weniger technische Möglichkeiten in einem Theater vorfindet, oder wenn man die komplette Spielwiese einer modernen Lichtanlage zur Verfü-

gung hat? jh Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Natürlich ist es schön, wenn man von Haus aus aus dem Vollen schöpfen kann, aber meist sind solche »Spielwiesen« auf Grund des zeitlichen Limits einer Probenarbeit ohnehin nur bedingt nutzbar. al Gibt es gleichbleibende Schwierigkeiten, die einem Lichtdesigner in jedem Haus und bei allen Produktionen begegnen? jh Ja, eine ganz bestimmte praktische Schwierigkeit ist immer vorhanden: Da Sängerinnen und Sänger von den Scheinwerfern geblendet werden, tendieren sie unbewusst dazu, Lichtlöcher aufzusuchen, was dazu führt, dass man sie schlecht sieht, da sie im Schatten stehen. Man muss also als Lightdesigner dafür sorgen, dass es von vornherein gar keine Lichtlöcher gibt. al Wie viele Beleuchtungsnummern gibt es bei der Rusalka? jh Relativ wenige, insgesamt vielleicht 50 Lichtpositionen. Ich finde so einen ruhigen Fluss viel effizienter, als wenn alle naselang irgendetwas geändert wird. Meistens nimmt das Publikum bei Produktionen mit vielen Lichtänderungen ohnehin nur einen Bruchteil derselben wahr.

Das Gespräch fand 2014 statt.

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HANS CHRISTIAN ANDERSEN

WEDER SINGEN NOCH SPRECHEN »Ich weiß schon, was du willst!«, sagte die Meerhexe, »das ist zwar dumm von dir, aber du sollst trotzdem deinen Willen haben, denn er wird dich ins Unglück stürzen, meine schöne Prinzessin. Du willst gern deinen Fischschwanz los sein und dafür zwei Stümpfe haben, um darauf zu gehen, ebenso wie die Menschen, damit der junge Prinz sich in dich verlieben soll und du ihn und eine unsterbliche Seele bekommen kannst!« Gleichzeitig lachte die Hexe so laut und scheußlich, dass die Kröte und die Schlangen zur Erde fielen und sich dort wälzten. »Du kommst gerade zur rechten Zeit,« sagte die Hexe, »morgen, wenn die Sonne aufgeht, könnte ich dir nicht mehr helfen, bevor wieder ein Jahr um wäre. Ich will dir einen Trunk bereiten, mit dem sollst du, bevor die Sonne aufgeht, ans Land schwimmen, dich ans Ufer setzen und ihn trinken, dann verschwindet dein Schwanz und schrumpft zusammen zu dem, was die Menschen hübsche Beine nennen, aber es tut weh, es wird sein, als ob ein scharfes Schwert durch dich hindurch ginge. Alle, die dich sehen, werden sagen, du seiest das liebreizendste Menschenkind, das sie je gesehen hätten! Du behältst deinen schwebenden Gang, keine Tänzerin wird schweben können wie du, aber jeder Schritt, den du tust, wird sein, als ob du auf scharfe Messer trätest, sodass dein Blut fließen muss. Willst du alles dies erleiden, so werde ich dir helfen!« »Ja!«, sagte die kleine Seejungfrau mit bebender Stimme und dachte an den Prinzen und die unsterbliche Seele. »Bedenke aber«, sagte die Hexe, »hast du erst menschliche Gestalt bekommen, so kannst du nie wieder eine Seejungfrau werden! Niemals wieder kannst du durch das Wasser zu deinen Schwestern niedersteigen und zu deines Vaters Schloss. Und wenn du die Liebe des Prinzen nicht erringst, sodass er um

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DIE KLEINE SEEJUNGFRAU

deinetwillen Vater und Mutter vergisst, mit allen seinen Gedanken nur an dir hängt und den Priester eure Hände ineinanderlegen lässt, sodass ihr Mann und Frau werdet, so bekommst du keine unsterbliche Seele! Am ersten Morgen, nachdem er sich mit einer anderen vermählt hat, muss dein Herz brechen, und du wirst zu Schaum auf dem Wasser.« »Ich will es!«, sagte die kleine Seejungfrau und war bleich wie der Tod. »Aber mich musst du auch bezahlen!«, sagte die Hexe, »und es ist nicht wenig, was ich verlange. Du hast die herrlichste Stimme von allen hier unten auf dem Meeresgrunde, damit willst du ihn bezaubern, hast du dir wohl gedacht, aber die Stimme musst du mir geben. Das Beste, was du besitzest, will ich für meinen kostbaren Trank haben! Ich muss ja mein eigenes Blut für dich darein mischen, damit der Trank scharf werde, wie ein zweischneidiges Schwert!« »Aber wenn du mir meine Stimme nimmst«, sagte die kleine Seejungfrau, »was behalte ich dann übrig?« »Deine schöne Gestalt«, sagte die Hexe, »deinen schwebenden Gang und deine sprechenden Augen, damit kannst du schon ein Menschenherz betören. Na, hast du den Mut schon verloren? Streck deine kleine Zunge hervor, dann schneide ich sie ab, zur Bezahlung, und du bekommst dafür den kräftigen Trank!« »Es geschehe!«, sagte die kleine Seejungfrau, und die Hexe setzte ihren Kessel auf, um den Zaubertrank zu kochen. »Reinlichkeit ist ein gutes Ding!«, sagte sie und scheuerte den Kessel mit Schlangen ab, die sie zu einem Knoten band. Nun ritzte sie sich selbst in die Brust und ließ ihr schwarzes Blut hineintropfen. Der Dampf nahm die seltsamsten Gestalten an, sodass einem angst und bange wurde. Jeden Augenblick tat die Hexe neue Sachen in den Kessel, und als es recht kochte, war es, als ob ein Krokodil weint. Zuletzt war der Trank fertig, er sah aus wie das klarste Wasser. »Da hast du ihn!«, sagte die Hexe und schnitt der kleinen Seejungfrau die Zunge ab. Nun war sie stumm und konnte weder singen noch sprechen.

aus: Die kleine Seejungfrau

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BRIEFWECHSEL ZU RUSALKA ANTONÍN DVOŘÁK AN DEN SCHLOSSVERWALTER ALOIS GÖBL 12. Juni 1900

… Ich arbeite jetzt an einer neuen Oper und habe schon den ersten Akt fertig und hoffe, auch die Instrumentation noch diesen Monat zu beenden. Meine Oper ist wieder ein Märchen, Text von Jaroslav Kvapil, sie heißt Rusalka – und ich bin voll von Begeisterung und Freude, dass mir die Arbeit so gut gedeiht… Antonín Dvořák

ANTONÍN DVOŘÁK AN JAROSLAV KVAPIL Sehr geehrter Herr und Freund!

Vysoká, 31. Juli 1900

Ich bitte um eine kleine Frage. Im zweiten Akt, wenn Rusalka abgeht, erklingt Tanzmusik. Soll das ein gewöhnliches Ballett sein? Oder soll das der Chor markieren? Nur ungern würde ich wollen, dass das Corps de ballet dazu tanzt. Ich werde sicher eine Polonaise schreiben und die kann der Chor als Gäste im Schloss ausführen, und das sollte wohl genügen. Dann würde ich bitten, ob der Wassermann, bevor er zu singen beginnt »Arme, blasse Rusalka«, nicht ein paar Worte sagen könnte, eventuell aus dem ersten Akt den sich dort öfter wiederholenden Satz »O wehe, wehe«. Dann, nach Absingen der ersten Strophe – da wäre ich froh, wenn wieder ein paar Takte der festlichen Polonaise erklängen – und dann würde er die 2. Strophe singen und erst zum dritten Male wäre dann erst Musik und Gesang zusammen = Chor (»weiße Blümchen am Wegesrand«).

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BRIEFWECHSEL ZU RUSALKA

Schade, schade, dass ich nicht in Prag bin, wie gut wäre es, wenn ich mich gleich mit Ihnen beraten und über dies und jenes mit Ihnen sprechen könnte! Ich bitte Sie daher inständig, antworten Sie mir umgehend auf meine Fragen, ob Sie einverstanden sind. Ich arbeite mit großer Lust und Freude und habe schon den ganzen 2. Aufzug, was die Konzeption anlangt, im Kopf. Auch habe ich schon bis zu dieser Szene im 2. Akt alles instrumentiert. Mit herzlichem Gruß Ihr aufrichtiger Verehrer und Freund Antonín Dvořák

ANTONÍN DVOŘÁK AN JAROSLAV KVAPIL

22. August 1900

Ich würde an der Stelle, an der die Fremde Fürstin »Nein, ich merke erst jetzt« sagt, um einen etwas geänderten Text bitten, und dann um noch weitere vier Zeilen, oder, noch besser wäre, wenn wir den kompletten Satz von »Als mein Feuer dich versengte« ausdehnten… Ich denke, dass Sie damit einverstanden sein werden, wenn Sie aber nicht wollen, sagen Sie es mir, ich bitte Sie darum. Ich bin allerdings grundsätzlich entschieden dagegen, dass zwei zugleich singen – aber hier, denke ich, wird das gut wirken. Schließlich konnte auch Wagner im Tristan nicht ohne diese Ausnahme auskommen. Weil mir die Arbeit schnell von der Hand geht, würde ich innigst bitten, mir diese acht Zeilen schnellstens zu schicken. Mit freundschaftlichem Gruß Ihr ergebener Antonín Dvořák

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BRIEFWECHSEL ZU RUSALKA

GUSTAV MAHLER AN ANTONÍN DVOŘÁK Euer Wohlgeboren!

Wien, am 4. Mai 1901

Nach Durchsicht des Klavierauszuges, der mir liebenswürdiger Weise vom böhmischen Landestheater zugesandt wurde, würde ich sehr gern mit der Aufführung Ihrer Oper Rusalka rechnen; zuvor brauche ich aber einen deutschen Text. Ich erlaube mir darum, Sie höflichst zu ersuchen, mir gefälligst mitzuteilen, ob Sie einen solchen haben, beziehungsweise ob Sie gedenken, sich eine Übersetzung anfertigen zu lassen und an wen ich mich in dieser Angelegenheit zu wenden hätte. Ich danke bestens für eine gefällige Antwort auf meinen Brief und bin mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung Ihr ergebenster Mahler k. u. k. Direktor des Hofoperntheaters

GUSTAV MAHLER AN ANTONÍN DVOŘÁK Euer Hochwohlgeboren!

Wien, am 31. Oktober 1901

Wie ich mir in meinem letzten Schreiben mitzuteilen erlaubte, musste ich über die von Ihnen bekannt gegebenen Bedingungen für die Erwerbung des Aufführungsrechtes der Oper Rusalka die Entscheidung der Generalintendanz einholen. Von der genannten Behörde ist nun der Bescheid anhergelangt, dass die offerierten Bedingungen das übliche Ausmaß solcher Entlehnungen weitaus überschreiten. Nach den hier gültigen Normen wird für eine den Abend füllende Oper eine Tantième von 5%, exklusive der Abonnementsquote, gezahlt. Für die in letzterer Zeit hier aufgeführten Opernwerke Der Bärenhäuter, Es war einmal, Donna Diana, Lobetanz, zahlen wir ohne Ausnahme 5%, exklusive der Abonnementsquote. Ferner wird in allen jenen Fällen, wenn die Partitur und das gesamte Musikmaterial in eigener Regie hergestellt werden muss, ein Einreichungshonorar nicht zugesichert.

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BRIEFWECHSEL ZU RUSALKA

Die Generalintendanz wäre daher nur dann in der Lage, die Erwerbung des Aufführungsrechtes der Oper Rusalka in Aussicht zu nehmen, wenn Sie, hochgeehrter Meister, Ihre Ansprüche dem hier üblichen Ausmaße anpassen könnten. Ich bitte mir darüber Ihre hochgeschätzte Willensmeinung zu­kommen zu lassen, und zeichne mich mit der Versicherung vorzüglicher Hochachtung und Verehrung Ihr ergebenster Mahler

GUSTAV MAHLER AN ANTONÍN DVOŘÁK Euer Hochwohlgeboren!

Wien, am 10. Februar 1902

Es ist mir zu meinem lebhaften Bedauern nicht möglich, Ihre Oper Rusalka noch in dieser Saison zu geben, und ich kann die Aufführung des Werkes erst für die nächste Saison in Aussicht nehmen. Ich halte mich für verpflichtet, Sie davon in Kenntnis zu setzen, damit Sie Ihre Entschließungen darnach treffen können. Mit der Versicherung meiner vorzüglichsten Hochachtung und Verehrung bleibe ich Ihr ganz ergebenster Mahler

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Folgende Seiten: KS KRASSIMIRA STOYANOVA als RUSALKA KS MICHAEL SCHADE als PRINZ


KOPFZEILE

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ANDREAS LÁNG

JAROSLAV KVAPIL, DER LIBRETTIST DER RUSALKA Jaroslav Kvapils Name ist außerhalb Tschechiens untrennbar verbunden mit Antonín Dvořák beziehungsweise mit dem einzigen von ihnen gemeinsam geschaffenen Werk für die Opernbühne, für die Kvapil das Libretto verfasst hat: mit Rusalka. In Tschechien respektive in Böhmen selbst sind die Leistungen dieses Theatermannes und persönlichen Freundes von Max Reinhardt oder Konstantin Stanislawski weit weniger in Vergessenheit geraten. Der am 25. September 1868 in Chudenice geborene Kvapil war im Kulturleben seines Landes zeitlebens eine fixe Größe, der als Dichter und Dramatiker ebenso eine bleibende Spur hinterließ wie als Regisseur, Dramaturg oder Theaterleiter. Sein schriftstellerisches Talent brachte er allerdings zunächst als Journalist zur Geltung – zum Teil gleichzeitig in politisch unterschiedlich ausgerichteten Zeitungen. Nach der Jahrhundertwende gipfelte seine immer deutlicher zutage tretende antihabsburgische Einstellung in einem während des Ersten Weltkriegs auf sein Bestreben hin verfasstes Manifest tschechischer Schriftsteller, das die Loslösung von der Donaumonarchie forderte. Seine praktische politische Karriere endete für den engagierten Freimaurer allerdings sehr bald nach einem kurzen Zwischenspiel als Ministeriumsmitarbeiter der neu entstandenen Tschechoslowakei.

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J A RO S L AV K VA P I L , DE R L I B R E T T I S T DE R RU S A L K A

Kvapils Ehe mit der in Böhmen populären Schauspielerin Hana Kubešová war einerseits mit ein Grund für seine grundsätzliche Theaterleidenschaft und half ihm andererseits, sich besser im kulturellen Establishment seiner Heimat zu vernetzen. Folgerichtig stand er dann nach dem Tod seiner Frau deutlich weniger im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Dvořák war übrigens nicht der einzige Komponist, für den Kvapil Libretti verfasste: So schrieb er schon Jahre vor Rusalka die Textbücher für die Opern Debora (Komponist: Josef Bohuslav Foerster), Selská boure (Komponist: Ludvík Lošták) und Perdita (Komponist: Josef Nešvera). Seine nationale Berühmtheit erlangte er aber vor allem auf Grund seiner von ihm verfassten erfolgreichen Dramen und der von ihm inszenierten Werke von Shakespeare, Sophokles, Ibsen, Schiller, Goethe, Gorki, Tschechow oder Molière, die er zum Teil überhaupt erst im tschechischen Repertoire verankerte. Diese Regietätigkeit, die er mit Leidenschaft ausübte, sowie seine Aufgaben als Direktor diverser Theater hinderten ihn im Laufe der Zeit immer stärker, weiterhin als Dramatiker oder Librettist tätig zu sein. Die von Dvořák gewünschte und von Kvapil nur zaghaft betriebene Prolongierung der Zusammenarbeit nach der Rusalka verlief daher sehr bald im Sand, was Kvapil jedoch viele Jahre später zutiefst bereute. Am 10. Jänner 1950 verstarb er hochgeehrt in Prag.

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WOHER KOMMT DER BEGRIFF RUSALKA? Rusalka ist kein Name, sondern eine jener vielen, nach Kulturkreisen und Sprachregionen wechselnden Bezeichnungen für die verzauberten und verzaubernden weiblichen Wesen, die der Mensch mit den Tücken und Segnungen des Wassers, ohne das es kein Leben auf dieser Erde gibt, personifizierend in Verbindung brachte – des ihn in so vielfältigen Formen um­gebenden, da helfenden, da vernichtenden, immer aber herausfordernden, ewigen Elements des Wassers. Rusalka ist auch nicht das ursprünglich in der tschechischen Sprache genutzte Wort für jene sagenhaften Erscheinungen, die wir von den antiken Nymphen und Sirenen über spätere Ondines und Undinen bis zu Nixen und Seejungfrauen weithin literarisch verfolgen können. In der älteren tschechischen Literatur ist der Begriff »divozenka« (etwa mit »wildes Fräulein« zu umreißen) am gebräuchlichsten für die Fabelwesen, die den Menschen helfen sollten, schier unbegreifliche Vorgänge zu erklären und rational zu bewältigen. Rusalka kommt als Wortschöpfung eindeutig aus russischen Quellen, wobei wissenschaftlich nicht entschieden ist, ob der ethymologische Anstoß von der altslawischen Bezeichnung der Flüsse (»rusa«) herzuleiten ist, oder ob hier Einflüsse des römischen Altertums mit seinen Rosenfesten (»rosalia«) vorliegen, da zeitlich gerade mit ihnen das Auftreten und Wirken der Wassernixen zur Zeit der jetzigen Pfingstfeste besonders stark in Verbindung gebracht wurde.

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Etwa zur Zeit, als Antonín Dvořák seine Oper komponierte, erschien in Prag die erste moderne tschechische Illustrierte Enzyklopädie allgemeinen Wissens, die in ihrem 22. Band folgenden erstaunlich langen Artikel zum Stichwort Rusalka enthält: »Rusalky sind im traditionellen Sprachgebrauch des russischen Volks wunder­s ame Wesen. Sie erscheinen meist als sehr schön und mit allen Reizen ausgestattete Mädchen, die imstande sind, einen schwachen Sterblichen zu bezaubern. Ihre schlanke und bewegliche Gestalt bedeckt grünes Laub oder ein weißes, ungeschürztes Hemd. In ihren blassen und fast transparenten Gesichtern strahlen geheimnisvolle graue Augen. Ihre grünen Haare reichen bis zu den Knien. Ihr Kopfschmuck hat besondere Zauberkraft. Solange die Haare nass sind, können die Wassernixen weite Gebiete der Erde überschwemmen, wobei ihnen hiebei ein Kamm aus Fischgräten hilft. Wenn die Haare trocknen, verlieren sie ihre magischen Fähigkeiten. Die Rusalky wohnen in Flüssen, die unter Wasser ihre Kristallpaläste bergen. Im Schein der Sonne oder des Mondes glänzt ihr Gold und Silber, auch an Perlenschmuck fehlt es nicht. In hellen Sommernächten tauchen die Mädchen aus dem Wasser und spielen mit den Wellen. Sie gehen auch ans Ufer, um Blumen zu pflücken, die sie zu Kränzen gewunden als Kopfschmuck benützen. Am Abend schaukeln sie gern auf schlanken Bäumen und Ästen über dem Wasser, in das sie unvorsichtige Wanderer locken. Oft laufen sie auch über Wiesen und Felder, wo sie im blassen Schein des Mondes gerne tanzen. Über alles lieben sie Musik. Mit ihrem zauberhaften Gesang können sie Menschen sogar betäuben, um sie dann in die Tiefen des Wassers mit sich zu nehmen. Im russischen Volksgut finden sich zahlreiche, äußerst lebendige Mythen und Sagen über die Rusalky. Oft wird angenommen, dass ungetauft ge­s torbene oder auf unnatürliche Weise zu Tode gekommene Kinder zu Rusalky werden. Ursprünglich wurden die Fabelwesen Nawje oder Mawje genannt, später, als ihre hauptsächliche Wirkungszeit und -kraft mit dem Frühlingsfest der Rusalje verbunden wurde, erhielten sie den bis heute erhalten gebliebenen Namen.«

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J A RO S L AV K VA P I L

DER LIBRETTIST ERINNERT SICH… AUS JAROSLAV KVAPILS AUTOBIOGRAFIE WOVON ICH WEISS

In Andersens Heimat, auf der dänischen Insel Bornholm, wo ich im Jahre 1899 die Ferien verbrachte, erinnerte ich mich des Märchens von der Seejungfrau, die aus Liebe zum Menschen Qualen auf sich nahm und selbst dann, als er sie verließ, keine Rache nehmen wollte. Aus diesem Motiv begann ich einen Operntext zu ersinnen, und obwohl sich gewiss manche Motive der damals berühmten Versunkenen Glocke von Gerhart Hauptmann nicht umgehen ließen, glaube ich, dass das Libretto der Rusalka betont tschechischen Charakter hat. Ich schrieb den Tex t der Rusalka im Herbst 1899 und dachte an keinen bestimmten Komponisten. Vielleicht hätte sich aus der ganzen Angelegenheit ein Schauspiel entwickelt, wenn ich nicht die stoffliche Nähe Hauptmanns gescheut hätte. Drei tschechische Komponisten, alle gute Freunde, lasen das Libretto, aber jeder von ihnen war mit etwas Anderem beschäftigt und ich habe mich nicht aufgedrängt. Um Weihnachten hörte ich, dass Antonín Dvořák einen Text für eine neue Oper suche. Der Direktor des Prager

Nationaltheaters Šuber t bot sich als Mittelsmann an. Ich teilte also Šubert mit, dass ich ein Libretto habe; schon am nächsten Tag kamen wir im Direktions­zimmer mit Dvořák zusammen, und als ihm sein Vertrauter, der Musikkritiker Emanuel Chvála, den Text der Rusalka empfahl, teilte mir Dvořák mit, dass er an die Arbeit gehen wolle. Wir kannten einander von früher – Dvořák hatte meiner seligen Frau in ihren Mädchenjahren Klavierunterricht gegeben und wollte eine Virtuosin aus ihr machen – und saßen öfters im Kaffeehaus miteinander, aber wenn die Rede auf zu komponierende Texte kam, wurde Dvořák immer borstig. Vor einigen Jahren ließ ich ihn auf Umwegen fragen, ob er nicht ein Libretto von mir wolle, doch er antwortete – er war damals nach irgendeiner Kritik sehr schlecht aufgelegt –, dass er jeden, der ihm ein Libretto brächte, die Stiegen hinunterwerfen wolle. Deshalb fiel mir erst gar nicht ein, ihm den Text der Rusalka anzubieten, als ich diesen nur so für mich schrieb; umso mehr überraschte mich, dass er ihn so willig annahm, wenn auch

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JENS MALTE FISCHER

»WER RUSALKA LIEBT, DER WEISS, DASS DVOŘÁKS GROSSE STÄRKE IN DER ÜBERWÄLTIGENDEN KRAFT SEINER EMOTION LIEGT, DIE NICHT EINER GLÄNZENDEN OBERFLÄCHE ANHAFTET, SONDERN HINTER EINER EHER VERSCHLOSSENEN UND ABWEISENDEN FASSADE UMSO GLÜHENDER BRODELT – EIN WESENSZUG SEINES KOMPOSITORISCHEN SCHAFFENS, DER AUCH DEM MENSCHEN DVOŘÁK NACHGESAGT WURDE.«

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J A RO S L AV K VA P I L

erst nach Empfehlung seiner Berater Chvála und Šubert. Es war kurz nach der Premiere der Oper Katinka und der Teufel; die Oper gefiel zwar sehr, aber jemand warf Šubert vor, er hätte Dvořák ein Libretto seines Neffen Adolf Wenig aufgeschwatzt, und Šubert lag nun daran, Dvořák ein Libretto von jemand anderem empfehlen zu kön­nen, noch dazu von einem Autor, den Šubert zu fördern keinerlei Grund hatte. Dvořák begann sofort mit der Arbeit und komponierte im Jahre 1900 die Rusalka. Damals sahen wir einander sehr oft, auch schrieb mir Dvořák viel. Der Stoff des Librettos und seine Form entsprachen seinem Geist mehr als alle anderen bisherigen Operntexte, und Rusalka hat er wirklich so vertont, wie ich sie niedergeschrieben habe. Nur für den ersten Akt verlangte er noch eine Arie, und zwar wenn Rusalka zu Füßen der Hexe kniet. Manchmal hatte er seine kompositorischen Launen, wenn er irgendein Wort nicht genügend begriff: Da kam er gleich zu mir in die Wohnung, noch bevor es sieben Uhr früh war, zog mich aus dem Bett und legte mir die allerverschiedensten Fragen vor. Manchmal vergaß er allerdings schnell, warum er eigentlich gekommen war und begann sich über ganz gewöhnliche Dinge zu unterhalten: Wieviel Miete ich zahle und dass Bendl ein teures Haus gekauft habe und dass er schon in der Frühmesse gewesen sei oder auf einem Prager Bahnhof, um die Lokomotive zu inspizieren, was seine eigentliche außermusikalische Passion war. Irgendwann im Mai schlossen wir einen schriftlichen Vertrag. Den Wortlaut verfasste für Dvořák der hervorragende Kenner des Autorenrechts Prof. Dr. Karel Kadlec, der damals noch Sekretär des Nationaltheaters war. Der Vertrag war wie aus Beton gegossen – Dvořák war in diesen Dingen geradezu häuslerisch kleinlich –, und als wir den Vertrag unterschrieben

hatten, begleitete Dvořák unseren Händedruck mit den Worten: »Gebe Gott Glück!« Schon am nächsten Morgen aber weckte mich Frau Dvořák mit den Worten: »Kommen Sie doch bitte gleich zu meinem Mann; er hat die ganze Nacht nicht geschlafen – gestern hat er den Vertrag unterschrieben, und angeblich steht dort nicht ausdrücklich drin, dass er das Recht hat, den Text zu komponieren.« Einmal – da war er schon im dritten Akt – kam Dvořák zu mir in großer Unruhe: »Hören Sie, das komponiere ich nicht! Ich bin ein gläubiger Christ und ich werde den Herrgott nicht verfluchen!« Er zeigte in meinem Manuskript auf die Verse des Prinzen: Himmel und Hölle ruf ich an: Was habt ihr meinem Lieb getan? Gottheit und Teufel beschwör ich! »Ich bin ein gläubiger Christ, ich werde den Herrgott nicht verfluchen«, wiederholte Dvořák. Nach einer Weile beruhigte er sich, als ich ihm erklärte, dass niemand will, er solle den Herrgott verfluchen, ginge es im Libretto doch um die Anrufung Gottes und der Geister. »Also gut, wenn es so ist«, beruhigte er sein christliches Gewissen, ging nach Hause und komponierte die Stelle. Die Uraufführung der Rusalka fand im Prager Nationaltheater am 31. März 1901 statt, schon unter der neuen Leitung, zu der auch ich gehörte. Sie sollte schon einige Monate früher stattfinden, aber damals brach jener bekannte große Streit des Orchesters aus, und es dauerte einen Monat, bis wir die Sache wieder in den Griff bekamen. Die Rolle des Prinzen war doppelt besetzt, mit Karel Burian und Bohumil Pták, und das war ein Glück, denn Burian sagte (wie so oft) anderthalb Stunden vor Premierenbeginn ab, und wenn es keine Zweitbesetzung gegeben hätte, wäre die

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DER LIBRETTIST ERINNERT SICH…

berühmte Premiere, zu der auch Kritiker aus dem Ausland angereist waren, geplatzt. Am nächsten Tag, gleich früh am Morgen, eilte Dvořák ins Theater: »Ist Kvapil da?« und als ich ins Zimmer kam, warf er sich gleich auf mich: »Kvapilchen, Kvapilchen, schnell ein neues Libretto und eine große Rolle für unsere Rusalka-Sängerin Maturová! Was, Sie haben keines? Sie haben für mich kein neues Libretto?« Ich versprach, dass ich mir ehestens etwas einfallen lassen werde, und wirklich begann ich ein neues Libretto zu schreiben; es war ein Motiv aus einer alten tschechischen Ballade, mit der ich die slowakische Sage der Schlossherrin Cachtice, die angeblich in jungem Menschenblut zu baden pflegte, verbinden wollte; im Kopf hatte ich die Konzeption weitgehend fertig und habe den Anfang niedergeschrieben; dann ergriff mich allerdings die Regieleidenschaft und weiterzuschreiben hatte ich keine Lust – und so habe ich es nie geschrieben,

denn drei Jahre nach der Uraufführung der Rusalka ist Dvořák gestorben. Er hat noch eine Oper komponiert, die Armida auf einen Text von Jaroslav Vrchlický, aber das war diesmal eine schwere Geburt: Dvořák hat sich gezwungen, hatte aber zu Sujet und Form nicht das rechte Verhältnis, und so war ich oft Zeuge seiner Missmut. Manchmal warf er mir vor, dass ich ihn im Stich gelassen hätte, und als er mir einmal begegnete, begann er schnell, ohne jede Einleitung: »Möge sich niemals wieder jemand trauen, mir ein vieraktiges Libretto zu bringen; wenn die Armida nur drei Akte hätte, könnte ich schon fertig sein!« Noch nach Jahren bricht mir das Herz, dass ich nach der Rusalka für den hervorragenden Komponisten keinen neuen Text – oder gar zwei – geschrieben habe; nach Jahrzehnten noch segne ich sein Andenken dafür, dass er mich auf seinen sphärischen Flügeln in Höhen mitgenommen hat, wohin meine Verse niemals allein geflogen wären.

Folgende Seiten: VALENTINA NAFORNIŢA als ERSTE ELFE GÜNTHER GROISSBÖCK als WASSERMANN ILSEYAR KHAYRULLOVA als DRITTE ELFE




A M A L I E B OB KOVÁ

UND SO SANG ICH IN DER URAUFFUHRUNG ERINNERUNGEN DER PRAGER ENSEMBLESÄNGERIN AMALIE BOBKOVÁ

An die Rusalka habe ich sehr schöne persönliche Erinnerungen; als schönste bewahre ich die, dass mir der Komponist persönlich die Aufgabe stellte, die führende Stimme im Terzett der Elfen zu übernehmen, obwohl ich damals eine unbekannte, schüchterne Anfängerin war: Eines Tages im März 1901 hatte ich auf der Bühne des Prager Nationaltheaters eine Orchesterprobe für Smetanas Oper Der Kuss, in der ich die Vendulka singen sollte. Ich sang mit Elan, kümmerte mich gar nicht um das, was um mich herum vorging, verließ mich nur auf mein Gehör, das mich glücklicherweise nie verließ. Deshalb hatte ich auch keine Ahnung, dass Meister Dvořák im Zuschauerraum an­wesend war. Noch während der Probe ließ er sich den Orchesterwart Kuthan rufen und sagte ihm: »Geh Er hinauf in die Kanzlei und sage Er dort, dass die Sängerin, die heute die Vendulka probiert, die 1. Elfe singen wird.« Natürlich war für diese Partie bereits eine andere Sängerin ausersehen, ich weiß nicht wer, aber man respektierte den Wunsch des Autors, und so sang ich die Partie in der Uraufführung und in den Reprisen, noch als Gast. Das Terzett studierte der Komponist persönlich ein und so gewann ich gleich die schön­ sten Eindrücke. Der Meister war augenscheinlich mit mir zufrieden und blieb mir für immer ein gewogener Gönner und hörte mich gerne in der Sopranpartie der Geisterbraut, die ich immer mit Freude sang.

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UND SO SANG ICH IN DER URAUFFÜHRUNG

Eines Tages, als abends wieder einmal die Rusalka gespielt werden sollte, hatte ich eine Klavierprobe mit dem Musikdirektor Karel Kovařovic, als er gegen 11 Uhr aus seinem Büro die Nachricht erhielt, dass Frau Hájková für den Abend absagen musste. Kovařovic war sehr besorgt wegen einer etwaigen Vorstellungsänderung, und das machte mir Mut, ihm zu sagen, dass ich die Partie des Küchenjungen von der Probe her musikalisch und szenisch vollkommen beherrsche. Kovařovic war sehr erfreut, ließ den Klavierauszug bringen und nahm schnell noch einmal die Partie mit mir durch. Und so habe ich an diesem Abend zwei Rollen gesungen. Im dritten Akt, in dem ein Auftritt der 1. Elfe ganz kurz nach dem Abgang des Küchenjungen erfolgt, hatte ich das Kostüm der Elfe unter dem des Küchenjungen. Schnell lief ich hinter die Kulissen, wo man mir half, das obere Kostüm auszuziehen und eine andere Perücke zu nehmen. Als ich merkte, dass Kovařovic aus Angst, dass ich den Umzug nicht schaffen würde, ein ungewöhnlich langsames Tempo für das Zwischenspiel nahm, eilte ich früher als vorgeschrieben auf die Bühne, um ihn zu beruhigen und füllte die Pause mit improvisiertem Spiel aus. Als Belohnung durfte ich mir diesmal außergewöhnlich lange Crescenda und Decrescenda erlauben.

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ANDREAS LÁNG

VON WIEN STIEFMUTTERLICH BEHANDELT Strauss’ Salome erklang zunächst an der Wiener Volksoper und erst danach an der Wiener Staatsoper, Puccinis Manon Lescaut erklang zunächst an der Wiener Volksoper und erst danach an der Wiener Staatsoper, Tosca und Andrea Chénier erklangen zunächst an der Wiener Volksoper und erst danach an der Wiener Staatsoper – und im Falle der Rusalka war es auch nicht anders. Am 16. Februar 1935 spielte man Dvořáks populärstes Musiktheater im Haus am Gürtel, im Haus am Ring erst mehr als 50 Jahre später, genauer am 10. April 1987. Aber die Wiener Erstaufführung der Rusalka kann sich auch die Volksoper nicht auf die Fahnen heften (jene der Salome übrigens auch nicht), sondern das damalige Wiener Metropoltheater im zweiten Wiener Gemeindebezirk (nicht zu verwechseln mit dem heutigen Metropol im 17. Bezirk), das auch unter dem etwas eigentümlichen Namen »Bundestheater in der Kriegsausstellung« firmierte. Ein eher kleines Theater, das im Ersten Weltkrieg parallel zu den Propagandaausstellungen in einem benachbarten Gebäude mit Durchhalteparolestücken und -filmen bespielt wurde. Nach 1918 war das Metropoltheater dann des Öfteren leer und stand daher unterschiedlichsten Veranstaltern

zur Verfügung. Auf jeden Fall konnte das Wiener Publikum am 9. Juni 1924 auf dieser sonderbaren Bühne die erste Bekanntschaft mit der unglücklichen Dvořák’schen Wassernixe schließen, und zwar gewissermaßen im Zuge der vorsichtigen österreichisch-tschechischen Wiederannäherung, die der »unfreundlichen« Scheidung von 1918 folgte. Denn nach der Konsolidierung der politischen Situation absolvierten ab den frühen 1920er Jahren diverse Theater- und Operntruppen aus dem nun benachbarten Ausland vermehrt Gastspielaufführungen in Wien: 1922 das Pressburger Theater, im Juli 1924 das Prager Nationaltheater und einen Monat davor das Olmützer Theater – Letzteres hatte eben Rusalka im Gepäck, das, wie gesagt, im oben erwähnten Metropoltheater zur Aufführung gelangte und von Presse und Publikum äußerst positiv aufgenommen wurde. Warum Rusalka in Wien sozusagen nur an einem Nebenschauplatz, quasi über die Hintertür, eingeführt wurde und bis heute nicht wirklich einen dauerhaften Platz im hiesigen Repertoire finden konnte, ist nicht restlos geklärt. Denn die Absicht, das Werk nur wenig nach der Prager Uraufführung an der ersten Bühne des Landes herauszubringen, war mehr als vorhanden gewesen. Gustav Mah-

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VON WIEN STIEFMÜTTERLICH BEHANDELT

ler hatte nach Durchsicht des Klavierauszugs sogleich einen Brief an den Komponisten verfasst (siehe Seite 28) und eine Produktion der Rusalka an der Wiener Hofoper angekündigt sowie um eine deutsche Übersetzung des Textbuches angesucht. Nach einigen Tantiemen-Hürden (Mahler bat Dvořák die finanziellen Ansprüche auf das in der Donaumetropole übliche Maß zu reduzieren) stand der Aufführung im Prinzip nichts mehr im Weg. Anlässlich eines Treffens der beiden Komponisten im Dezember 1901 stellte Mahler schließlich eine Premiere im März 1902 in Aussicht und lieferte Dvořák sogar eine Besetzungsliste, nach der Leo Slezak den Prinzen, Berta Foerster-Lauterer die Titelrolle, Wilhelm Hesch den Wassermann und Marie Gutheil-Schoder die Fremde Fürstin gesungen hätte. Zur großen Enttäuschung Dvořáks erhielt er rund einen Monat vor diesem geplanten Wiener Erstaufführungstermin einen kurzen Brief, in dem ihm Mahler die Verschiebung der Premiere um eine ganze Saison mitteilte. Dass letztendlich gar nichts aus dieser Produktion wurde, gehört ebenso zu den

Schandflecken der Staatsopernhistorie wie die Tatsache, dass es bis zur hiesigen Erstaufführung noch weitere acht Jahrzehnte dauern sollte. Aber auch die geringe Anzahl der Vorstellungen, bis diese erste StaatsopernProduktion der Rusalka wieder aus dem Spielplan verschwand, gereicht dem Haus nicht zur Ehre. Lediglich 23 hochbesetzte, von Vaclav Neumann dirigierte Aufführungen (unter anderem mit Peter Dvorský als Prinzen, Gabriela Beňačková als Rusalka, Jewgenij Nesterenko als Wassermann und Eva Randová als Ježibaba und Fremde Fürstin) weist die Chronik auf – verteilt auf fünf Jahre. Und bis zur Premiere der aktuellen Neuproduktion (in der Regie von Sven-Eric Bechtolf sangen am 26. Jänner 2014 unter der Leitung von Jiří Bělohlávek u. a. Michael Schade den Prinzen, Krassimira Stoyanova die Titelrolle, Günther Groissböck den Wassermann, Janina Baechle die Ježibaba und Monika Bohinec die Fremde Fürstin) mussten abermals 22 Rusalka-lose Jahre an der Wiener Staatsoper vergehen.

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RUSALKA, 2. AKT

WEHE, ARME BLASSE RUSALKA! MENSCHENNATUR WIRD DIR ZUM FLUCH!

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HEINZ IRRGEHER

RUSALKAS MARCHENHAFTE MUSIK WENN WOLLUST MUSIK (ER)LEBEN LÄSST

»Ich bin voll Begeisterung und Freude, dass mir die Arbeit gut gelingt«, schrieb Dvořák über seine Arbeit an Rusalka an seinen besten Freund Alois Göbl, Amateurmusiker und Pate einiger seiner Kinder, von Beruf Verwalter des Schlosses Sychrov in Nordböhmen, wo Dvořák auf seine Einladung hin auch Urlaube verbrachte. Tatsächlich ging Dvořák die Arbeit flott von der Hand: Im April begann er mit Rusalka und im November war er fertig. Sie entstand in einer Umgebung, die von ursprünglichster Natur gekennzeichnet war, in Vysoká, einem kleinen Örtchen in Südböhmen, umgeben von unberührten Wäldern, Wiesen und Teichen – als Inspiration für seine Arbeit bestens geeignet. Es ist sicherlich nicht falsch, sich aus der Musik von Rusalka die Umgebung von Dvořák zu imaginieren. Das Haus hatte er nach seiner ersten Londonreise 1884 erworben und später Villa Rusalka benannt. Es war die Spätphase des Schaffens von Dvořák, von der sogenannten absoluten Musik (obwohl, ein wenig Programm sei wohl immer auch dabei, wie er meinte) hatte er sich bereits abgewandt und der Sinfonischen Dichtung gewidmet: Der Wassermann, Die WaldVorherige Seite: KS KRASSIMIRA STOYANOVA als RUSALKA

taube, Das Goldene Spinn­rad oder Die Mittagshexe, alle basierend auf der Märchensammlung von Karel Erben. Und dann wandte er sich ausschließlich nur mehr der Oper zu: Damit erreicht man die meisten Menschen, meinte er. Mit dem Genre Oper hatte sich Dvořák sein ganzes Leben lang beschäftigt und es wurde ihm der Einfluss aller möglichen Komponisten zugeschrieben: Anfangs Wagner, bei dem er angeblich konzeptive Anleihen machte (Alfred, Der König und der Köhler), Smetana (auch ihm wurde Wagner als Vorbild unterstellt) und Lortzing (Der Dickschädel, Der Bauer ein Schelm) bis hin zu Meyerbeer (Dimitrij). Oskar Bie billigt Dvořák im schlicht »Tschechen« benannten Kapitel seines berühmten Buches Die Oper ein »nationales Gewissen« zu, aber nur bis zu seinem Amerikaaufenthalt. Danach sei eine »Europäisierung« seiner Musik eingetreten – ohne allerdings zu definieren, was darunter zu verstehen wäre. Dabei wäre aber auch auf Rusalka, die so wie die Teufelskäthe erst nach Amerika entstanden ist, durchaus das zutreffend, was er zuvor über nationale und tschechische Musik im Allgemeinen schreibt: »Das Nationale stammt von der rechten musikalischen

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RUSALKAS MÄRCHENHAFTE MUSIK

Deklamation, vom Gefühl für den Rhythmus der Sprache. Die Terzenschleifen, konsequente Wiederholung von Phrasen, schwer hängende Punktierungen, Synkopen« bewirkten eine eigene Notenschrift, »die man wie ein musikalisches Geständnis abliest«, ohne den Text zu verstehen oder verstehen zu müssen. Damit ist ein konkretes Stichwort gefallen: Terzenschleifen. So könnte man die in der ganzen Rusalka immer wieder und in allen Variationen auftauchenden Tonfiguren nennen, die ein Terzintervall aufwärts zurücklegen, sei es in Ganztonschritten oder chromatisch. Es beginnt bereits in der Ouvertüre, und denkt man an das berühmte Lied der Rusalka an den Mond (im Tschechischen eigentlich an das Möndchen), aber auch an Auftritte des mahnenden Wassermannes, dann sind sie einem sofort präsent: entweder als echte Triole oder als unechte, nämlich bestehend aus einem Vorschlag von zwei Tönen und schließlich dem »Zielton«. Im Mondlied findet man beides wiederholt sogar nebeneinander in zwei aufeinander folgenden Takten, sie verleihen dieser Arie ihren eigenen, schwebenden Charakter, man könnte auch sagen, den langsamen, sanften Glanz des Mondes. Und sie vermitteln auch Inhalt: Unmittelbar und isoliert eingesetzt und/oder chromatisch wirken sie bedrohlich, künden Unheil an oder mahnen davor. Im Lied an den Mond unterstreichen sie den Charakter von Rusalka: ein Naturwesen, romantisch, lyrisch, und sehnsüchtig nach der reinen Liebe – und einer Seele. Bei Bie fällt in diesem Absatz übrigens ein zweites Stichwort, und das heißt: Wiederholung. »Wenn Ihnen

etwas Hübsches einfällt, dann wiederholen Sie es«, gab er seinen Studenten als Rat für ihre musikalische Arbeit mit. Unter den Begriff Wiederholung fällt aber auch die Kompositionstechnik Dvořáks mit Leitmotiven. Keine Angst: Nicht wie bei Wagner muss man sich jetzt wie im Ring über hundert musikalische Figuren merken, die für Personen, Bauwerke, Gefühle, Tod, Liebe, Erlösung, was auch immer, stehen. Dvořák kommt in der Rusalka mit vier aus: Rusalka, der Wassermann, die Hexe und die Fürstin sind (fast) jeder für sich musikalisch dargestellt. Der Prinz geht leer aus: er hat keinen Charakter. Dvořák drückt das genial dadurch aus, dass er den Prinzen, solange seine Begeisterung für Rusalka anhält, Anleihen bei der musikalischen Charakterisierung von Rusalka machen lässt, und als er sich enttäuscht von ihr ab- und heißblütig der Fremden Fürstin zuwendet, siehe da, da klingt er plötzlich verdächtig nach der Fürstin. Dvořák passt diese die Figuren charakterisierenden musikalischen Beschreibungen deren jeweiliger Situation und Befindlichkeit an, er psychologisiert seine Figuren. Abgesehen von diesen Figuren-Leitmotiven (drei Motive für vier Personen) gibt es noch ein sogenanntes Fluch-Motiv, und das wäre dann Nummer vier: eine heftige chromatische musikalische Aufwärtsbewegung im Forte. Es taucht immer auf, wenn sich Unheil ankündigt oder eintritt, und es heißt so, weil es die Begleitung zum Fluch des Wassermannes auf den Prinzen ist, weil er, wie er ahnt, Unglück über sie bringen wird. Im Vergleich könnte man es auch als den großen zornigen Bruder der negativen Terzschleife bezeichnen (s.o.).

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RUSALKAS MÄRCHENHAFTE MUSIK

Rusalkas Motiv ist das erste, mit dem wir bekannt gemacht werden. Kaum hat die Ouvertüre begonnen, schon ist es da, elegant melodisch, ästhetisch, melancholisch und ein wenig traurig. Die Ouvertüre, schlicht und einsätzig, kündigt aber auch drohendes Unglück an, sie ist, wie es Werner Oehlmann in seinem Buch Oper in vier Jahrhunderten ausdrückt, »der Extrakt des Dramas, ein Stück Naturklang, das nach Beseelung drängt und ins Elementare zurücksinkt«. Auch Gustav Kobbés Complete Opera Book findet dazu einfühlsame Worte: »The short and beautiful prelude admirably suggests the poetical, twilit atmosphere of the opera.« Und auch Rusalkas erster Auftritt wird mit ihrem Motiv angekündigt, es begleitet sie in verschiedenen Variationen durch die ganze Oper, sei es im zweiten Akt in ihrer g-Moll-Arie oder im dritten, wenn ihr Dasein inhaltslos geworden ist: Die eingetretene Leere wird durch die Monotonie einer 25mal wiederholten, einfachen Streicherfigur verdeutlicht, darüber aber schwebt Rusalka mit ihrem Motiv in ständigem Harmoniewechsel. Und Dvořák widmet ihr auch ein bestimmtes Instrument: die Harfe. Es ist das Instrument der Geister und eignet sich hervorragend, mit Arpeggien und Glissandi Wasser plastisch darzustellen. Die Leitmotive für Hexe und Fürstin lassen sich in einem abhandeln: Die Charakterisierung der Hexe besteht im Kern aus sieben Tönen, die der Fürstin auch. Kopiert man diese beiden Motive auf je eine Folie und legt sie übereinander, wird auch optisch deutlich, dass die beiden Motive in ihrer Bewegung und Rhythmik gleich angelegt sind. Der einzige Unterschied ist, dass KLAUS FLORIAN VOGT als PRINZ

die Fürstin einen Teil davon eine Terz tiefer singt. Dass das Dvořák einfach »passiert« ist, ist eher nicht anzunehmen. Da beide Damen von der Stimmlage her als Mezzo angelegt sind, gibt es ein weiteres Indiz dafür, dass Dvořák damit zumindest eine gewisse Seelenverwandtschaft aufzeigen will, ja, möglicherweise die Fremde Fürstin nichts anderes als die sich in diese verwandelt habende Hexe ist. Die beiden vertreten in der Oper jedenfalls das Böse, Zerstörerische, Dekonstruktive, das Dvořák musikalisch sehr viel komplexer darstellt als die Guten, nämlich Rusalka und den Wassermann. Musikalisch drückt sich das aus in größeren bis großen Intervallsprüngen in der Stimmführung, in der Verwendung des Tritonus (schon im Mittelalter als diabolus in musica bezeichnet, als der Teufel in der Musik, nämlich die im Abstand einer um einen Halbton erweiterten Quart ertönenden zwei Töne, also z.B. c – fis) und von Chromatik. Diese Technik verwendet Dvořák auch für die Verwandlungsmusik, ein deutliches Zeichen, dass die Umwandlung von Rusalka in ein menschliches Wesen nur schmerzhaft vor sich geht. Bei der Beschwörung durch die Hexe weicht diese von ihrem üblichen Stimmführungsmuster ab und wird eintönig rezitativisch, wie man eben Beschwörungsformeln intoniert: So wird es noch ein bisschen unheimlicher. Der Wassermann ist ein »Guter« und weist sich auch musikalisch so aus: Über weite Strecken bewegt er sich von einem Ton zum benachbarten anderen und wirkt damit beruhigend und besorgt zugleich. Er hat im zweiten Akt eine wunderschöne, melancholische zweistrophige Arie von melodiöser

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RUSALKAS MÄRCHENHAFTE MUSIK

Traurigkeit, die zwischen die Strecken der Kleinstbewegung einer Gesangs­ führung höchst melodiöse Bögen spannt. Seine Signation ist in der Regel das Fluch-Motiv, schließlich ist er der Erfinder des Fluches, und auch er hat als Wasserbewohner häufig die Harfe als Begleitung. Die musikalische Abbildung der Natur, reichlich vertreten durch Rusalka und den Wassermann, wird noch ergänzt durch die Schwestern von Rusalka, den anderen Nymphen (Rusalka heißt übrigens auf Tschechisch Nixe oder Nymphe). Sie schweben und tanzen auch musikalisch über dem Wasser, sind tschechophil folkloristisch fröhlich und dementsprechend melodiös. Die Welt der Menschen ist im Vergleich zur Natur eindimensional und gewöhnlich und wird auch bedrohlich vom Klang der Geisterwelt konterka-

riert, die letztlich trotz der Niederlage von Rusalka versöhnlich den Konflikt für sich entscheidet. Im Schlussduett beginnt eine neue Klangwelt, die den Weg zur Ewigkeit weist: Nach einer großen orchestralen Steigerung lässt Dvořák die Musik in einem dreifachen Piano ausklingen, eine Versöhnung von Natur und Mensch in Überwindung von Schmerz und Leidenschaft. Zusammenfassend soll bei dem schwierigen Versuch, Dvořáks Rusalka-Musik, die sein Biograph Otakar Šourek als Rusalka-Impressionismus bezeichnet hat, in eine musikalische Vorstellung vermittelnde Worte zu bringen, noch einmal Oehlmann zitiert werden: »Der Musik ist aller Raum zur Entfaltung gelassen, und sie erfüllt ihn mit einem Überfluss an lyrischem Gefühl, Stimmung und tönender Prosa.«

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FERDINAND HODLER DER TRAUM



SERGIO MORABITO

RUSALKA ODER DAS SCHWEIGEN DER SIRENE I SPRACHKRISE Das Thema des Sprachverlustes verbindet Dvořáks 1901 uraufgeführte Rusalka mit den Fragestellungen der Moderne. Deren Krisenbewusstsein brachte Hugo von Hofmannsthal auf die berühmte Formel des Lord Chandos, dem »die Worte im Munde zerfielen wie modrige Pilze«. Zu Recht ist auf die nicht nur zeitliche Nachbarschaft hingewiesen worden, die die Rusalka mit Debussys Pelléas et Mélisande (1902) verbindet. Dort ist die Kindfrau Mélisande geschlagen von einem Unsagbaren, das sie erlitten hat. Die sprachliche Regression Mélisandes, ihr kokett-depressiver Baby-talk provoziert den Redezwang ihrer Partner. Dieser offenbart die Inkonsistenz, den Selbstbetrug, die Unwahrheit von deren sprachlicher Selbstdarstellung. Statt sie mit seinen ekstatischen Aufschwüngen zu infizieren, gerät der gegen Mélisandes quälende Einsilbigkeit an-dichtende und an-singende Pelléas in den Sog ihres Schweigens. Freilich, der Verweis auf Debussy unterstreicht zugleich, was Dvořáks Spätwerk von der emphatischen Moderne trennt: Diese erst zog aus der Krise die entscheidende Konsequenz,

die Regeln der künstlerischen Sprachsysteme selbst aufzukündigen. Während das Drame lyrique des Franzosen mit aller Opernkonvention gebrochen hat, scheint in der Märchenoper des Tschechen die poetische und musikalische Syntax des abgelaufenen Jahrhunderts noch intakt. Gleichwohl: In ihrer allegorischen Handlung von der Nixe Rusalka, die – in der Nachfolge von Andersens kleiner Seejungfrau – der Menschwerdung zuliebe ihre Stimme opfert, gelingt es der Oper, jene Sprachkrise ebenso eindrucksvoll wie subtil zu theatralisieren. Zunächst will es scheinen, als sei die Sprachlosigkeit der Nixe gleichsam konstitutionell bedingt. Die unterstellte Leidenschaftslosigkeit, ja, Frigidität ihrer lunaren und aquatischen Essenz dient dem Prinzen als willkommene Rechtfertigung für seinen Wankelmut. Doch das Versagen von Sprache ist nicht der unglücklichen Wassernymphe anzulasten. Vielmehr wird an ihrem Scheitern die Verhärtung der Menschensprache manifest. Menschensprache, so, wie sie uns aus dem Munde der Fremden Fürstin und dann auch des Prinzen präsentiert wird, ist Herrschaftsinstrument, Waffe. Die Szenen des zweiten Akts,

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in denen die stumm leidende Rusalka den Angriffen der Hofgesellschaft ausgesetzt ist, artikulieren den ohnmächtigen Widerstand, den ihre Leiblichkeit den eingeschliffenen Kommunikationssystemen entgegensetzt. Man darf dies als ein szenisches Gleichnis für die Sprachskepsis der Moderne verstehen. Die körperliche Fehlleistung denunziert die Rhetorik einer Gesellschaft, die ihre Beziehung zum Anderen unterbrochen hat und die Anerkennung des Fremden verweigert. Nicht von ungefähr thematisierten so unterschiedliche Autoren wie Brecht und Kafka in ihrem Schreiben den verdrängten Körper und begehrte die theatralische Avantgarde gegen die einseitig literarische Codierung des Schauspieler-Körpers auf. In der Rede der Ježibaba, in der sie Rusalka die Bedingungen der Menschwerdung diktiert, ist angedeutet, dass es der Liebe vorbehalten wäre, den Abgrund zwischen der Welt der Menschen und jener der Elementargeister zu überbrücken, den Bann zu brechen, der Rusalka zum Schweigen verurteilt: »und solange du sie [=»die Liebe, nach der dein Gefühl sich sehnt«] nicht bekommst, wirst du leiden, und für jegliches menschliche Gehör bleibst du stumm!« Solange – aber länger nicht! Im Augenblick der erfüllten Liebe gewänne Rusalka ihre Sprache zurück.

II ALLEGORISCHE ENTSEELUNG Zwei Sprachbilder definieren die beiden Frauen, die im 2. Akt um die Liebe des Prinzen kämpfen. Während die Fremde Fürstin gewiss die »rote Feuerrose« in ihrem Wappen trägt, ist die

»weiße Wasserlilie« Rusalkas Emblem. Diese eigenartige allegorische Reduktion der dramatis personae korrespondiert mit den historischen Wurzeln des Undinen-Motivs. Es entsprang der christlichen Umdeutung der heidnischen Götter- und Geisterwelt. Heinrich Heine rekapituliert zu Beginn seiner Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, wie »die christliche Priesterschaft die vorgefundenen alten Nazionalgötter nicht als leere Hirngespinste verwarf, sondern ihnen eine wirkliche Existenz einräumte, aber dabey behauptete, alle diese Götter seyen lauter Teufel und Teufelinnen gewesen, die, durch den Sieg Christi, ihre Macht über die Menschen verloren und sie jetzt durch Lust und List zur Sünde verlocken wollen. [... ] Der Nazionalglaube in Europa [... ] war pantheistisch, seine Mysterien und Symbole bezogen sich auf einen Naturdienst, in jedem Elemente verehrte man wunderbare Wesen, in jedem Baume athmete eine Gottheit, die ganze Erscheinungswelt war durchgöttert; das Christentum verkehrte diese Ansicht, und an die Stelle einer durchgötterten Natur trat eine durchteufelte.« Die antike Quell- oder Flussnymphe ist einer jener Elementargeister, die mit dem sinnenfeindlichen Kälteschock des Christentums als dämonisierte Natur dem Teufel anheimfielen. Der Wassermann, der früher ein Flussgott, vielleicht Neptun selbst gewesen ist, und die Hexe Ježibaba, hinter der sich die einst gütige Göttin Hekate verbergen mag, leben bei den Baum- und Quellnymphen des böhmischen Waldes im Exil. Die Blocksberg-Phantasien der nur scheinbar subalternen Figuren Förster und Küchenjunge in Dvořáks Oper sind von katholischer Mission

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gespeist: »Bei uns im Wald spuken verflixte Mächte, um Mitternacht sind dort seltsame Gesellen unterwegs. Wenn im Körper die Seele schwach ist, wird sie von Ježibaba verhext, der Wassermann hinterm Damm zieht dich ohne Weiteres auf den Grund! Und wer die Waldnymphen erblickt, ohne Leibchen, ohne Röckchen, den packt Liebeswahn.« Unter der Überschrift Götterleiber im Christentum hat Walter Benjamin den christlichen Ursprung der allegorischen Anschauung dargestellt: »Der Kampf gegen die Heidengötter, der Triumph der Allegorie, das Martyrium der Leiblichkeit« seien »unter dem religionsgeschichtlichen Aspekt einund das­selbe«: als Strategien der Entwertung und Entseelung der mit der Erbsünde stigmatisierten sinnlichen Physis. Erst Paracelsus eröffnete der dämonisierten Leiblichkeit die Hoffnung auf Integration. In seiner Mitte des 16. Jahrhunderts erschienenen Untersuchung über die Elementargeister Liber de nymphis, sylphis, pygmaeis et salamandris et de ceteris spiritibus wusste der Arzt, Alchimist und Philosoph über die »Wasserfrauen« zu berichten: »Zu gleicher Weise, als ein Heide, der um die Taufe bittet und buhlt, auf dass er seine Seele erlange, und lebendig werde in Christo: also stellen sie nach solcher Liebe gegen den Menschen«, denn »auch solche Frauen empfangen Seelen, indem sie vermählt werden, also dass sie wie andre Frauen vor Gott und durch Gott erlöst sind. Denn das probiert sich in mancherlei Wege, dass sie nicht ewig sind, aber bei den Menschen, so sie verbunden werden, ewig werden, das ist geseelet wie ein Mensch.« Aus dieser Quelle entsprangen – meist vermittelt durch Fou-

qués 1811 erschienene Erzählung – die Seel-süchtigen Undinen der Romantik. Erst 1891 gelang es Oscar Wilde in Der Fischer und seine Seele das Problem neu zu formulieren: Wie wird der Mensch seine Seele los und zur Liebe fähig?

III DIE SLAWISCHEN UNDINEN Seine stofflichen Quellen macht der Librettist Kvapil im Vorwort zur Rusalka namhaft: Andersens Kleine Seejungfrau, die Undinen-Erzählung Fouqués und deren Opernfassung von Lortzing, Grillparzers Melusinen-Libretto sowie Hauptmanns »deutsches Märchendrama« Die versunkene Glocke. In der Tat ist seine Rusalka ein europäisches Kunstmärchen, für das sich weder im tschechischen noch im slowakischen Märchengut ein deutlich korrespondierendes Sujet nachweisen lässt. Selbst Name und Gestalt der Rusalka ist eine Entlehnung, diesmal aus den ostslawischen Literaturen. Es lohnt sich, diese Spur ein Stück weit zu verfolgen, da ihr Kontext einem westeuropäischen Pu­blikum wenig bekannt sein dürfte, zum Verständnis von Kvapils Fabel jedoch einiges beizutragen vermag. Interessant ist in unserem Zusammenhang, dass für die slawische Mythologie insgesamt keine zeitnahen schriftlichen Quellen existieren. Anders als für Westeuropa fehlen Schilderungen griechischer und römischer Autoren, die die fremden Kulte und Kulturen gleichsam auf Augenhöhe wahrnahmen, fast vollständig. Das erste slawische Alphabet entstand erst im 9. Jahrhundert aus der Missionsarbeit der Slawenapostel Kyrillos und Methodios. Und die schriftkundigen

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Christen umgingen jede Erwähnung und damit Konservierung heidnischer Traditionen. Da aber andererseits die Alphabetisierung einem verschwindend geringen Bevölkerungsanteil vorbehalten war, blieben die Bauern den Riten ihrer Vorfahren treu. In einem Geschichtswerk des hellenistischen Historikers Prokop aus dem 6. Jahrhundert ist die Verehrung der Flüsse und Nymphen als eines der Grundelemente slawischer Religiosität hervorgehoben. Die eigentlichen Rusalki begegnen in der russischen, weißrussischen und ukrainischen Folklore. Der Gebrauch des Wortes lässt sich ab dem 16. Jahrhundert nachweisen und entstand wohl aus den Wurzeln »rusá« (rötlich blond) oder »rusa« (Fluss). Traditionen wie die – wohl aus dem römischen Festkalender entlehnten – »Rusalien« und die spätere – heute noch begangene – »Rusalnaja nedelja« (Rusalken-Woche) legen eine Verbindung zu Fruchtbarkeits- und Totenkulten nahe. Die Mitwirkung der Toten in den Naturkräften war allgemein verbreitete Überzeugung. Beide Aspekte dieser Verehrung – die orgiastische Ausgelassenheit ebenso wie der Verkehr mit den Toten – waren der christlichen Obrigkeit ein Dorn im Auge. In der heute tradierten Form spiegelt sich die wechselseitige Durchdringung heidnischer und christlicher Anschauungen. Für dieses Phänomen prägten Forscher des 19. Jahrhunderts, die verblüfft waren über das Ausmaß, in dem die Bauern – allesamt orthodoxe Christen – an ihrem heidnischen Erbe hingen, den Begriff »dwojewérie«, Zwiefacher Glaube. Nach diesem Glauben sind die Rusalki die Geister »unrein« verstorbener Frauen, Mädchen und Kinder: Säuglinge, die gestorben waren, noch

bevor sie getauft werden konnten, Frauen, die Selbstmord begangen hatten oder als Hexen getötet worden waren – Menschen also, die kein Recht auf ein christliches Begräbnis hatten und denen weder im Himmel noch in der Hölle Aufnahme gewährt wird. In seinem Dramenfragment Rusalka (1829-1833) erzählt Puschkin die Geschichte einer Müllerstochter, die sich – vom Prinzen geliebt, geschwängert und verlassen – in den Dnjepr stürzt, auf dessen Grund zur Nixenkönigin mutiert und eine Tochter, Rusalotschka, gebiert, die sie Jahre später benutzt, um den reuigen Prinzen in die Fluten zu locken. Aleksandr Dargomyshski baute das Fragment zum Libretto seiner gleichnamigen, 1856 uraufgeführten Oper aus (die Prager Erstaufführung erfolgte 1889). Rimski-Korsakow bearbeitete das Thema in seiner Mainacht (1880) nach Gogols gleichnamiger Erzählung mit dem Nebentitel Die Ertrunkene (1831-1832): Der Geist einer Selbstmörderin wird zur Schutzpatronin eines jungen Liebespaares. Mainacht wurde in Prag 1896 gegeben, also im Vorfeld der Entstehung von Kvapils/Dvořáks Oper.

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KS MICHAEL SCHADE als PRINZ KS KRASSIMIRA STOYANOVA als RUSALKA MONIKA BOHINEC als FREMDE FÜRSTIN


KARL LÖBL

ER WOLLTE ANTONÍN SEIN Nehmen wir an, das Verlagshaus Ricordi hätte die Salome veröffentlicht und den Namen des Komponisten als Riccardo Strauss gedruckt. Das hätte sich der Autor wohl kaum gefallen lassen. Dass der Berliner Verleger Fritz Simrock aus Antonín Dvořák zunächst beharrlich einen »Anton« machte, das war freilich nicht Fiktion, sondern Tatsache. Es dauerte drei Jahre, bis der Verlagschef Dvořáks Einwände nicht bloß für eine Marotte hielt. Dann verstand er, dass der Komponist seinen Namen auch aus nationalpolitischen Gründen auf dem Titelblatt seiner Werke nicht eingedeutscht, sondern in tschechischer Form – also Antonín statt Anton – gedruckt sehen wollte. »Was ich von Ihnen verlange«, schrieb Dvořák im August 1885, »war bloß mein Wunsch, und wenn Sie mir den nicht erfüllen können, so habe ich wohl recht, es als Ungefälligkeit von Ihnen zu betrachten«. Und noch deutlicher ein Monat später: »Nationen, wollen wir hoffen, welche Kunst haben und repräsentieren, werden nie untergehen, wenn sie auch noch so klein sind. Verzeihen Sie mir dies, aber ich wollte Ihnen nur sagen, dass ein Künstler auch ein Vaterland hat, für welches er eben auch festen Glauben und ein warmes Herz haben muss.« Dvořák fühlte, dass er in und außerhalb seiner Heimat das Recht einer Minderheit inmitten der österreichischungarischen Monarchie vertreten müsse. Das erklärt auch seine Befriedigung, als ab Beginn des Jahres 1888 endlich auf dem Titel der gedruckten Noten »Antonín« stand. »Es macht hier große Wirkung«, schreibt er aus Prag an Simrock, »und wird mit aufrichtiger Befriedigung aufgenommen. Es ist fast komisch: Das Parlament in Wien hat sich dagegen gesträubt, auf den Banknoten slawische Worte aufzunehmen, und in Berlin lässt man der Gleichberechtigung volle Gerechtigkeit widerfahren.«

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ER WOLLTE ANTONÍN SEIN

Dvořák hatte also sein Prinzip schon lange vor der Rusalka durchgesetzt. Dass er »festen Glauben und ein warmes Herz« für sein Vaterland habe, hört man auch in der Musik zu dieser Oper, die Dvořák selbst als »Lyrisches Märchen« bezeichnet hat. An der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert, als der Verismo auf den Opernbühnen zu dominieren begann, hatte Dvořák mit seiner sehr im Heimatboden verwurzelten Klangsprache in Prag und anderen tschechischen Städten einen triumphalen persönlichen Erfolg. Rusalka gilt, wie Smetanas Verkaufte Braut, bis heute als tschechische Nationaloper. Allein in den ersten fünf Jahrzehnten nach der Uraufführung (1901) stand Rusalka mehr als 800mal auf dem Programm des Prager Nationaltheaters. Die deutsche Erstaufführung fand spät, erst 1929, in Stuttgart statt. In der deutschen Fassung wurde Rusalka dann 1930 auch im deutschböhmischen Brünn aufgeführt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat das Werk im deutschen Sprachraum, allmählich auch in Frankreich und auf anglikanischen Bühnen einen Platz auf den Spielplänen gefunden. Warum so spät? Dvořáks Schüler Viteslav Novak hat es in seiner Rede zum 100. Geburtstag des Komponisten schon 1941 unbewusst erklärt: »Dvořák drückte alles durch Melodien aus. Vielleicht wird vor allem deshalb behauptet, er sei kein dramatischer Komponist. Diese Melodien stellen jedoch seine Figuren überzeugend dar und fangen in der Regel die Atmos­phäre des ganzen Werks und der einzelnen Situationen so sensibel ein, dass man ihm unmöglich musikdramatisches Talent absprechen kann.« Die Liste der Plattenaufnahmen spiegelt deutlich, dass sich Dvořáks Rusalka erst seit einigen Jahrzehnten von einer tschechischen Nationaloper zu einem weltweit erfolgreichen Repertoirestück emanzipiert hat. Naturgemäß war zunächst die tschechische Firma Supraphon für die meisten Produktionen verantwortlich. Ihre erste Prager Aufnahme entstand 1952 unter Jaroslav Krombholc, die nächste 1961 unter Zdeněk Chalabala. Diese Aufnahme war (als Playback) Basis eines Open-Air-Fernsehfilms im Jahr 1975 (Regie: Bohumil Zoul), der seit 2005 auch als DVD (ebenfalls bei Supraphon) erhältlich ist. Ein Kuriosum muss erwähnt sein: Petr Weigl inszenierte für das tschechische Staatsfernsehen 1977 zwei Rusalka-

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ER WOLLTE ANTONÍN SEIN

Fassungen, ebenfalls im Playback-Verfahren mit denselben Schauspielern, aber unterschiedlichen Sängerbesetzungen, nämlich einer in der Originalfassung und einer zweiten in deutscher Sprache. Die Tonaufnahmen fanden in München mit den beiden Orchestern des Bayerischen Rundfunks statt. Die nächste Supraphon-Produktion entstand in Prag (bereits als Digitalaufnahme) 1984 unter Vaclav Neumann. Wiesław Ochmann sang den Prinzen, Gabriela Beňačková die Titelpartie. Diese wunderbare Sängerin war auch die Rusalka in der Wiener Staatsoper im Jahr 1987; die Live-Aufnahme des ORF erschien bei Orfeo auf CD. Wieder dirigierte Neumann, den Prinzen sang in Wien Peter Dvorský. Dann kam die Firma Decca 1998 ins Prager Rudolfinum für eine CD-Produktion (Dirigent: Charles Mackerras) mit Renée Fleming, Ben Heppner und Franz Hawlata. Es folgten im neuen Jahrtausend Aufnahmen von den Salzburger Festspielen 2008 (Dirigent: Franz Welser-Möst) mit dem Cleveland Orchestra und dem Wiener Staatsopernchor, mit Camilla Nylund und Piotr Beczała (bei Orfeo), dann ein Jahr später eine Gesamtaufnahme vom Glyndebourne Festival auf dessen eigenem Label (Dirigent: Jiří Bělohlávek) mit Ana María Martínez als Rusalka. Erwähnenswert, dass Dvořáks lyrisches Märchen auch schon Australien erobert hat. 2007 entstand an der Sydney Opera ein Live-Mitschnitt (Dirigent: Richard Hickox), der bei Chandos erhältlich ist. Das sind die wichtigsten legalen CD-Aufnahmen von Dvořáks Rusalka. Dazu kommen außerdem drei DVD-Boxen: Arthaus veröffentlichte einen Live-Mitschnitt aus der English National Opera, wo David Pountney 1986 das Stück in englischer Sprache inszeniert hatte. Die Pariser Inszenierung der Rusalka von Robert Carsen aus dem Jahr 2002 ist bei TDK erschienen (mit Renée Fleming, Sergei Larin, Franz Hawlata). Und bei C-Major ist Martin Kušejs Münchner Inszenierung aus dem Jahr 2010 erhältlich (mit Kristīne Opolais und Klaus Florian Vogt sowie den Premierensängern der aktuellen Staatsopernproduktion Günther Groissböck und Janina Baechle).

RŮŽENA MATUROVÁ Die erste Rusalka, Prag 1901

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AUSSCHNITTE AUS FREUDS TRAUMDEUTUNG

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Indem ich hier die Darstellung der Traumdeutung versuche, glaube ich den Umkreis neuropathologischer Interessen nicht überschritten zu haben. Denn der Traum erweist sich bei der psychologischen Prüfung als das erste Glied in der Reihe abnormer psychischer Gebilde, von deren weiteren Gliedern die hysterische Phobie, die Zwangs- und die Wahnvorstellung den Arzt aus praktischen Gründen beschäftigen müssen. Auf eine ähnliche praktische Bedeutung kann der Traum – wie sich zeigen wird – Anspruch nicht erheben; um so größer ist aber sein theoretischer Wert als Paradigma, und wer sich die Entstehung der Traumbilder nicht zu erklären weiß, wird sich auch um das Verständnis der Phobien, Zwangs- und Wahnideen, eventuell um deren therapeutische Beeinflussung, vergeblich bemühen. (...) Auf den folgenden Blättern werde ich den Nachweis erbringen, dass es eine psychologische Technik gibt, welche gestattet, Träume zu deuten, und dass bei Anwendung dieses Verfahrens jeder Traum sich als ein sinnvolles psychisches Gebilde herausstellt, welches an angebbarer Stelle in das seelische Treiben des Wachens einzureihen ist. Ich werde ferner versuchen, die Vorgänge klarzulegen, von denen die Fremdartigkeit und Unkenntlichkeit des Traumes herrührt, und aus ihnen Rückschluss auf die Natur der psychischen Kräfte ziehen, aus deren Zusammen- oder Gegeneinanderwirken der Traum hervorgeht. (...) Ich habe einsehen müssen, dass hier wiederum einer jener nicht seltenen Fälle vorliegt, in denen ein uralter, hartnäckig festgehaltener Volksglaube der Wahrheit der Dinge näher gekommen zu sein scheint als das Urteil der heute geltenden Wissen-

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AUSSCHNIT TE AUS FREUDS TRAUMDEUTUNG

schaft. Ich muss behaupten, dass der Traum wirklich eine Bedeutung hat und dass ein wissenschaftliches Verfahren der Traumdeutung möglich ist. (...) Die Patienten, die ich verpflichtet hatte, mir alle Einfälle und Gedanken mitzuteilen, die sich ihnen zu einem bestimmten Thema aufdrängten, erzählten mir ihre Träume und lehrten mich so, dass ein Traum in die psychische Verkettung eingeschoben sein kann, die von einer pathologischen Idee her nach rückwärts in der Erinnerung zu verfolgen ist. Es lag nun nahe, den Traum selbst wie ein Symptom zu behandeln.

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RUSALKA, 3. AKT

ACHTE WOHL, AUS MEINEN ARMEN GIBT ES KEIN ENTRINNEN! DU ZAHLST DEINE SCHULD IN MEINEN ARMEN!


Make it happen

Make culture happen

Kultur ist ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft und hat großen Einfluss auf unsere Gedanken, Handlungen und sozialen Beziehungen. Wir setzen uns mit Hingabe dafür ein, etablierte Kultureinrichtungen, junge Talente und innovative Initiativen zu fördern. So tragen wir dazu bei, die Vielfalt von Kunst und Kultur in unseren Heimatmärkten, insbesondere Österreich und Zentral- und Osteuropa, zu stärken.



UNSERE ENERGIE FÜR DAS, WAS UNS BEWEGT. Das erste Haus am Ring zählt seit jeher zu den bedeutendsten Opernhäusern der Welt. Als österreichisches und international tätiges Unternehmen sind wir stolz, Generalsponsorin der Wiener Staatsoper zu sein. Alle Sponsoringprojekte finden Sie auf: omv.com/sponsoring


IMPRESSUM ANTONÍN DVOŘ ÁK

RUSALKA SPIELZEIT 2023/24 (PR EM IER E DER PRODU KT ION: 26. JÄ N N ER 2014) Herausgeber WIENER STAATSOPER GMBH, Opernring 2, 1010 Wien Direktor DR. BOGDAN ROŠČIĆ Musikdirektor PHILIPPE JORDAN Kaufmännische Geschäftsführerin DR. PETRA BOHUSLAV Redaktion SERGIO MORABITO, ANDREAS LÁNG, OLIVER LÁNG Gestaltung & Konzept EXEX Layout & Satz ANTON BADINGER Lektorat MARTINA PAUL Bildkonzept Cover MARTIN CONRADS, BERLIN Druck PRINT ALLIANCE HAV PRODUKTIONS GMBH, BAD VÖSLAU TEXTNACHWEISE: Alle Texte – außer jene von Sergio Morabito, Jaroslav Kvapil, Sigmund Freud, Amalie Bobková, die Briefe sowie der Text über die Herkunft des Namens Rusalka – sind Originalbeiträge für das Premierenprogrammheft 2014 der Wiener Staatsoper. Der Text von Sergio Morabito stammt aus: Sergio Morabito: Opernarbeit, Texte aus 25 Jahren, Kassel, 2019. BILDNACHWEISE: Coverbild: Brooke DiDonato: You Could Go Anywhere but You Won‘t, 2023 – Alle Szenenbilder: Michael Pöhn / Wiener Staatsoper GmbH Nachdruck nur mit Genehmigung der Wiener Staatsoper GmbH / Dramaturgie. Kürzungen werden nicht gekennzeichnet. Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. Die Produktion wird gefördert von


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