70 Jahre Erdoelgewinnung in Emlichheim

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Ein Stück

Industriegeschichte. Pferdekopfpumpen, die sich rhythmisch auf und ab bewegen: Für die Bewohner im Emsland und der Grafschaft Bentheim sind sie ein vertrauter Anblick, denn die Industriegeschichte der Region ist eng mit der Erdöl- und Erdgasbranche verknüpft. Wintershall, Deutschlands größter, international tätiger Erdöl- und Erdgasproduzent, fördert seit 70 Jahren in Emlichheim Erdöl. Das Fördervolumen in dem an der deutsch-niederländischen Grenze gelegenen Feld liegt bei rund 170.000 Tonnen Erdöl pro Jahr. Wintershall fördert hier aus insgesamt 110 Bohrungen, die sich über einen Bereich von vier Quadratkilometern erstrecken. Wintershall investiert kontinuierlich in die bestehende Infrastruktur. Mit über 30 abgeschlossenen Bohrungen allein in den vergangenen fünf Jahren hat Wintershall in Emlichheim einen weiteren Beitrag geleistet, um das konstant hohe Förderniveau bis in das nächste Jahrzehnt hinein zu sichern. Hierbei nutzt Wintershall zu einem großen Teil bestehende Förderplätze. Dabei werden existierende Förderbohrungen mit Seitenarmen abgelenkt, um neue Erdölvorkommen zu erschließen. Die technologische Kompetenz, die Wintershall durch die heimische Erdölförderung gewinnt, bietet einen Wettbewerbsvorteil. Denn gegenüber Standorten im Ausland ist die Produktion in Deutschland anspruchsvoller. Das hierzulande gewonnene Wissen fließt wiederum in internationale Projekte ein. Damit wird Wintershall im Ausland zu einem begehrten Partner, denn auch international wird die Produktion technisch komplexer, sind die Zeiten des sogenannten „Easy Oil“ vorbei. Darüber hinaus leistet die heimische Förderung einen wichtigen Beitrag zu weniger Abhängigkeit von Energielieferungen aus dem Ausland und damit zur Versorgungssicherheit. Zwar deckt die deutsche Erdölproduktion mit rund 2,6 Millionen Tonnen (2013) „nur“ drei Prozent des Inlandsbedarfs – dennoch entspricht die Förderung „vor der eigenen Haustür“ der Menge, die Deutschland jedes Jahr aus Saudi-Arabien importiert.


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Die Suche nach Erdöl und Erdgas in der Grafschaft

Bentheim.

Die Geschichte der Erdölförderung in der Grafschaft Bentheim reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Schon damals wurde erdölhaltiger Schiefer im Bentheimer Wald abgebaut und in der „Ölfabrik“ in Salzbergen zu Rohöl destilliert. Natürliche Asphaltvorkommen wie bei Sieringhoek nahe Bentheim deuteten ebenfalls auf Erdölvorkommen hin: Natürlicher Asphalt, auch Erdpech oder Bergteer genannt, entsteht aus Erdöl oder Ölsanden durch die Aufnahme von Luftsauerstoff (Oxidation) und die Verdunstung leichtflüchtiger Bestandteile. Die Chancen auf weitere Funde, das wussten die Geowissenschaftler aus Erfahrung, waren gut. Kein Wunder also, dass der damals führende europäische Erdölgeologe, Hofrat Professor Hans Höfer, 1903 in seinem Gutachten „Bentheim, eine Erdölstudie“ die Erkundung des Bentheimer Sattels empfahl. Der Bentheimer Sattel ist eine geologische Erhebung, dessen Flanken am Bentheimer Schlossberg im Süden und dem Isterberg im Norden zu erkennen sind. Zwischen 1904 und 1908 wurde bei Bentheim tatsächlich nach Erdöl gebohrt – vom Berliner Bankhaus Ulrich & Co. Aber die Bohrungen – eine von ihnen erreichte die beachtliche Tiefe von 1.233 Metern – blieben ohne den erhofften Erfolg. Erst ab 1925 untersuchte Professor Alfred Bentz, Leiter der Abteilung Erdöl bei der Preußischen Geologischen Landesanstalt, wieder das Gebiet südlich von Bentheim und wies erneut darauf hin, dass Erdöl zu erwarten sei. Fachleute sprechen von der sogenannten Erdölhöffigkeit. Erdöl gesucht – Erdgas gefunden Bei den ersten Bohrungen ab 1934 bei Ochtrup wurden nur Ölspuren gefunden. 1936 wurde der Bentheimer Sattel dann erneut untersucht. Nahe der alten Bohrung aus dem Jahr 1904 wurde eine Tiefbohrung durchgeführt, oder wie die Fachleute sagen: abgeteuft. Zwei Jahre lang wurde an der „Norddeutschland 1“, so der Name der Bohrung, gearbeitet. Im Herbst 1938 traf sie dann in 1.557 Meter Tiefe auf den Plattendolomit des Zechsteins – eine geologische Formation, die vor etwa 255 Millionen Jahren abgelagert wurde. Die Bohrmannschaft fand hier zwar kein Erdöl, wurde stattdessen jedoch von einem Erdgasausbruch überrascht. Nachdem die dafür notwendige Infrastruktur geschaffen worden war, begann 1944 die gezielte Förderung im Erdgasfeld Bentheim.

Erkundungen im Schatten des Krieges Angeregt durch den Bentheimer Gasfund, orientierten sich die Geologen nun auch nach Norden. Sie gingen davon aus, dass sich der Sattel in diese Richtung im Untergrund fortsetzte. Von jüngeren Ablagerungen ausreichend abgedeckt, müsste der Bentheimer Sandstein einen idealen Erdölspeicher abgeben, so die Überlegungen. Anstelle der bloßen Oberflächenkartierung traten geologische und geophysikalische Untersuchungen, die einen „Blick“ in den unzugänglichen Untergrund ermöglichten. Gravimeter und seismische Messungen ergaben erste Anhaltspunkte für erfolgversprechende Strukturen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bewirkte eine Intensivierung der Suche nach fossilen Energieträgern. Konzessionen wurden erteilt und die ersten Aufschlussbohrungen auf Hochlagen bei Lingen (ab 1940) und bei Nordhorn (ab 1941) abgeteuft. Diese förderten immerhin Spuren des begehrten Rohstoffs Erdöl zutage. Schließlich stieß die Bohrung „Lingen 2“ am 3. Februar 1942 bei Dalum auf Öl. Ausgehend von dieser Bohrung, wurde später das Erdölfeld Dalum entwickelt. Es folgten weitere geophysikalische Messungen, vor allem nach dem Verfahren der Reflexionsseismik, das zur Erkundung des oberflächennahen Untergrundes dient. In Georgsdorf und Emlichheim fanden die Bohrmannschaften 1943 mit ersten Aufschlussbohrungen ebenfalls Erdöl. Die 1943 niedergebrachte Förderbohrung „Emlichheim 1“ wurde im Jahr 1944 in Produktion genommen und fördert noch heute. Im gleichen Jahr wurde auf niederländischer Seite durch ein im Krieg gebildetes deutsch-niederländisches Konsortium mit der Bohrung „Schoonebeek 2“ Erdöl nachgewiesen.


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Der Grundstein für die Entwicklung des großen Erdölfeldes Schoonebeek war gelegt. Geologisch bildet es mit Emlichheim eine Einheit, eine Antiklinale (Sattelstruktur), die sich etwa zehn Kilometer in Ost-West-Richtung erstreckt, wobei Emlichheim als kleinerer Teil die Südflanke bildet. Im Feld Emlichheim war Wintershall zu dieser Zeit allein tätig. Für die damaligen Konzessionen Georgsdorf, Nordhorn, Esche und Itterbeck bildeten die Firmen Deutag /C. Deilmann GmbH (später Preussag Energie, heute Gaz de France Suez), Preussag, Gewerkschaft Elwerath (später BEB, heute Exxon-Mobil Produktions GmbH) und Wintershall ein Konsortium, an dem die Unternehmen zu je 25 Prozent beteiligt waren. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges kam die Erdölförderung in der Region fast zum Erliegen. Bis Ende März 1945 hatte das Konsortium in Dalum 27 Bohrungen durchgeführt, wovon 23 auf Erdöl gestoßen waren, in Emlichheim waren 8 von 9, in Georgsdorf 19 von 23 Bohrungen erfolgreich. Insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt rund 34.000 Tonnen Erdöl gefördert worden. Während des Krieges wurden auch in der Erdölindustrie Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt. Wintershall ist über ihre 100-prozentige Muttergesellschaft BASF am Entschädigungsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter beteiligt.

Groningen

Hamburg

Bremerhaven

Emmen

Emlichheim

Georgsdorf

Bremen

Esche Itterbeck

Nordhorn

Deutschland

Niederlande Almelo

Hannover

Neuanfang und neue Funde Auf Anordnung der britischen Militärverwaltung wurde die Erdölförderung noch 1945 wieder aufgenommen. In den Folgejahren wurden weitere Felder entdeckt. Nach Dalum, Georgsdorf, Schoonebeek und Emlichheim folgten 1947 Adorf, 1948 Rühlertwist sowie 1949 Rühlermoor und Scheerhorn. Und die Suche ging weiter. Die Jahre 1957 und 1959 brachten zwei weitere Ölfunde: die Felder Emlichheim West (bei Eschebrügge) und Emlichheim Süd (im Bereich Haselaar). Nachdem Anfang der Fünfzigerjahre bereits zwei Gasfelder nahe Nordhorn gefunden worden waren (Frenswegen und Itterbeck-Halle), wurden bis Ende der Sechzigerjahre auch mehr und mehr Gasfunde in der Niedergrafschaft erschlossen. Nach Adorf im Jahr 1955 wurde 1956 auch in Emlichheim und 1957 in Kalle Gas entdeckt. 1959 folgten Funde in Esche und in Wielen.


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Die Umsetzung dieser Pläne ist in den Aufzeichnungen eines damaligen Wintershall-Mitarbeiters beschrieben:

EMLICHHEIM – EIN ORT und das ÖL. Als im Jahr 1943 nördlich von Emlichheim ein großes Stahlgerüst, schwere Maschinen und Wellblechbuden aufgestellt wurden, stieß dies bei der heimischen Bevölkerung zunächst auf Verwunderung. Mit Misstrauen wurden die Fremden empfangen, wenn auch die Neugierde über ihr Vorhaben groß war. Am 20. Mai 1943 drehte sich zum ersten Mal der Bohrmeißel und fraß sich allmählich in die Tiefe. Am 4. November war die Bohrung fertig, der Aufwand hatte sich gelohnt: Wintershall war auf eine 27 Meter dicke geologische Schicht aus Ölsand gestoßen, aus der das Öl ganz ohne Hilfsmittel und nur durch seinen Eigendruck gefördert werden konnte. Doch noch immer galt es, viele Herausforderungen zu bewältigen, wie ein Brief der Wintershall Erdölwerke mit damaligem Sitz in Nienhagen vom 27. März 1944 an das Bergamt Hannover belegt:

„Da das Öl außerordentlich zähflüssig ist, lässt sich im Augenblick noch nicht übersehen, nach welchem Verfahren es tatsächlich gefördert werden kann. Im Übrigen gäbe es bei den bestehenden Geländeschwierigkeiten keine Möglichkeit, das Öl abzutransportieren, denn ein Abpumpen durch Rohrleitungen scheidet der oben angeführten Eigenart wegen aus. Inzwischen haben wir mit der Weginstandsetzung und dem Bau einer Feldbahn begonnen, um dadurch die Verbindung mit dem Bahnhof Emlichheim sicherzustellen.“

„Am Rande des Dorfes in der Nähe des Bahnhofes wird ein sumpfig-sandiges Gelände gepachtet, planiert und darauf ein kleiner Werkplatz mit einer Holzbaracke für die Betriebsleitung eingerichtet. Da das Erdöl von den Bohrungen zur Bahnstation transportiert werden muss, soll eine etwa vier Kilometer lange Feldbahn verlegt werden. Dazu trifft Stammpersonal aus Nienhagen ein und man beginnt mit der Verlegung der Bahn und dem Straßenausbau, nachdem für alle in der Nähe des Werklagerplatzes ein Barackenlager errichtet ist. Dann rollen endlich die ersten Kleinkesselwagen vom Feld heran. Eine Aufbereitung wird erbaut, von der das Öl in die Kesselwagen der Bentheimer Eisenbahn umgepumpt wird.“ Aufbruch in eine neue Zeit Auch seine Eindrücke von der Wiederaufnahme der Förderung nach dem Krieg, die von der britischen Militärverwaltung verfügt worden war, schilderte der Mitarbeiter: „Wiederaufnahme der Arbeit, das ist leicht gesagt! Längs der Grenze wird eine Sperrzone errichtet, die nicht betreten werden darf. […] Die Verbindung mit der Zentrale in Nienhagen ist abgerissen. Da beschließen die Zurückgebliebenen, den Betrieb auf eigene Faust wieder aufzunehmen. Nach der einzigen Bohrung, die außerhalb der Sperrzone liegt, der Emlichheim 3, soll ein Gleis verlegt und dann gefördert werden. Kaum ist man damit fertig, wird die Erlaubnis erteilt, die Sperrzone mit Ausweisen bis zum Eintritt der Dämmerung zu betreten. Auch in dem Barackenlager wird Ordnung gemacht. […] Hier wohnt nur noch ein Mann und jeder kann sich nach Belieben breitmachen. Für die Küche wird eine Hilfe gefunden. Man verpflegt sich aus Restbeständen. Mäuse müssen aus Haferflocken und Kartoffelmehl vertrieben werden, Salz wird bei den Bauern gegen Milch und Speck getauscht und so lässt es sich anfangs bei Milchsuppe und Bratkartoffeln leidlich leben.“


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Am 1. Januar 1946 gründete Wintershall die Erdölwerke Emsland. Auf Weisung der britischen Militärverwaltung und der NGOC (North German Oil Control) sollten der weitere Aufschluss und die Steigerung der Erdölförderung mit Hochdruck vorangetrieben werden. Denn auch für die alliierten Siegermächte war das Erdöl der Region von strategischer Bedeutung. Die Erfüllung der Vorgaben der NGOC gestaltete sich jedoch schwierig, es fehlte an Material und zunächst auch an Arbeitskräften. Zwar konnten in der Folgezeit Zugezogene in der Produktion eingesetzt werden, doch mussten diese auch untergebracht und vor allem verpflegt werden – keine leichte Aufgabe in einer Zeit allgemeinen Mangels. Leben und Arbeiten in Emlichheim Das errichtete Gemeinschaftslager war bald zu klein, weshalb die Mitarbeiter provisorische Hütten errichteten. Ihre Familien wurden im ehemaligen Strafgefangenenlager Bathorn einquartiert, das rund zwölf Kilometer von Emlichheim entfernt lag. Die Beschaffung von Nahrungsmitteln blieb jedoch schwierig. Jeder versuchte, durch Tauschgeschäfte oder durch Mitarbeit bei den örtlichen Bauern wenigstens etwas Milch zu bekommen oder gelegentlich etwas Speck und Kartoffeln. Ein damaliger Arbeiter schildert das Leben in der Nachkriegszeit wie folgt: „Zu den Mahlzeiten stehen wir alle in Schlange an der Küchenausgabe mit unseren Blechschüsseln und Blechlöffeln, um Steckrüben oder Pilzsuppe zu holen. Danach kann man genau sagen, welchen Wochentag wir haben. Tag und Nacht gibt es keine Ruhe. Durch den Schichtwechsel ist es ein ständiges Kommen und Gehen. Einige Zimmer weiter spielt einer Schifferklavier, nebenan läuft das Radio, in meiner Bude sägt einer dicke Bäume, gegenüber knallen Skatkarten, weiter drüben brät einer Kartoffeln. Alles hört oder riecht man durch mehrere Zimmer hindurch. Im Dorf ist auch nichts los. Tanz am Sonntag gibt es nicht und Sport kann ich hier nicht treiben, da er verpönt ist. Nicht einmal ins Kino kann ich gehen, denn die Gemeindeverwaltung hat ein Kino abgelehnt, weil die Konfessionen dagegen sind. So bleibt man besser trotz all dieser Unannehmlichkeiten im Lager. Hier fühle ich mich wenigstens zu Hause. […] Unser Büro ist eine grüne Holzbaracke. Wenn einer telefoniert, müssen in der ganzen Baracke alle ruhig sein, auch die Maschinen, sonst kann man sein eigenes Wort nicht verstehen. Innerhalb der Baracke telefoniert man erst gar nicht. Da ruft man einfach durch die Wand! Ein furchtbarer Duft

von selbst angebautem Tabak durchzieht den Raum. Neulich war ich mal in einer Kneipe. ‚Warum die das Öl haben wollen, weiß ich wohl‘, meinte ein Bauer in seiner heimischen Mundart zu einem anderen. ‚Dor iss watt för de Fraulö (Frauensleute) in!‘ – ‚Wat iss dat dann?‘ – ‚Ick hebb dat sölls hört, dor is völl Parrafüm drin!‘ Er meinte Paraffin!“ Auf- und Ausbau der Förderung Zu diesem Zeitpunkt war die Erstreckung der Lagerstätte Emlichheim bekannt, ihre weitere Erschließung wurde vorangetrieben. Im Feld arbeiteten nun gleichzeitig mehrere Bohranlagen von Haniel & Lueg, Wintershall und der Deutschen Vacuum. Die Arbeiter errichteten Feldleitungen und Straßen. Das Erdöl wurde an der sogenannten „Kopfstation“ gesammelt und über die Feldbahn zur Aufbereitung auf den Werkplatz gefahren. Da die Transportkapazität bald nicht mehr reichte und im Winter das Öl in den Kesselwagen immer wieder stockte, baute Wintershall 1948 oberirdisch eine isolierte, vier Kilometer lange Pipeline von der Kopfstation zum Werkplatz.


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POLITISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE

ENTWICKLUNGEN. 1947 sorgte die Forderung der Niederländer nach einer Änderung des Grenzverlaufes für Aufregung. Hierdurch wäre die Niedergrafschaft teilweise an die Niederlande gefallen. Begründet wurde der Anspruch mit der Wasserwirtschaft, im Nebensatz fand sich auch der Hinweis auf die gefundenen Erdölvorkommen. Die Alliierten wiesen den Anspruch schließlich zurück. 1952 gaben die Niederlande ihre Ansprüche endgültig auf. 1948 brachte die Währungsreform eine Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse. In Emlichheim wurden Büro- und zahlreiche Wohngebäude errichtet. Die „Rote Siedlung“ (heute Grasriete/Westerfeld/Danziger Straße), die „Weiße Siedlung“ (westliche Berliner Straße/Rerinkstraße), „Stöffers Tannen“ (östliche Berliner Straße) und Haselaar entstanden, Baracken und Hütten verschwanden, Emlichheim erhielt bessere Straßen und eine Straßenbeleuchtung. In den Geschäften passte sich das Angebot den gestiegenen Ansprüchen an. Eine neue Schule, ein Sportplatz und eine Kirche für die evangelisch-lutherische Gemeinde wurden gebaut. Auch das lange umstrittene Kino wurde Wirklichkeit. Die Nachbargemeinden Georgsdorf und Dalum entwickelten sich ebenfalls dank der Mittel aus der Rohstoffförderung. Ein Teil des Moors wurde kultiviert, Neubauern siedelten sich an.


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von

1950 bis heute.

Auf dem Werkplatz in Emlichheim erfolgte am 8. Mai 1951 der Spatenstich für das neue Verwaltungsgebäude an der Wintershallstraße. Am 14. September 1951 war Richtfest, am 5. Mai 1952 fand die feierliche Schlüsselübergabe statt. Paul Rühle, seit Oktober 1949 kaufmännischer Direktor der Erdölwerke Emsland, versprach anlässlich der Einweihung: „Die Verwaltung wird ihre Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen in diesem Gebäude erfüllen, zum Segen des Werkes und zum Wohle der Belegschaft.“ Ende 1954 wurden die Erdölwerke Emsland aufgelöst und mit den Erdölwerken Nienhagen zu einer gemeinsamen Verwaltung, den Erdölwerken Niedersachsen in Barnstorf, zusammengelegt. Neben Kassel ist Barnstorf bis heute von entscheidender Bedeutung für die Deutschlandaktivitäten der Wintershall Holding GmbH. Innovative Techniken – Primär-, Sekundär- und Tertiärförderung Mit dem Einsatz innovativer Technologie macht Wintershall dem Erdöl in Emlichheim mächtig Dampf – und verlängert dadurch die Förder- und Lebensdauer des Ölfeldes nahe der deutschniederländischen Grenze. Denn über das Stadium der Primärförderung, in der das Öl mehr oder weniger von allein in die Pipelines des Förderbetriebs fließt, ist man in Emlichheim längst hinaus. Auch die 1952 begonnene Sekundärförderung, in der durch die Injektion von Wasser die Förderung unterstützt wird, ist nahezu abgeschlossen. Da das Öl in Emlichheim sehr zähflüssig ist und fest in den Gesteinsporen sitzt, wurde das Wasser später auch erhitzt und in die Lagerstätte gepresst, um das Öl flüssiger zu machen. Im Stadium der Tertiärförderung wird nun die sogenannte Dampfdrucktechnik eingesetzt. Dabei wird 300 Grad heißer Dampf mit einem Druck von rund 100 bar in die Lagerstätte gepresst. Das in dem porösen Gestein festsitzende Erdöl erwärmt sich, wird dünnflüssiger und kann leichter zutage gefördert werden. In Emlichheim wird diese anspruchsvolle Fördertechnik von Wintershall bereits seit mehr als 30 Jahren erfolgreich angewendet.

Die technischen Voraussetzungen wurden 1980 durch den Bau der Dampfflutanlage geschaffen. Im Mai 1981 begann das erste Dampfflutprojekt. Derzeit wird das bislang dreizehnte Dampfflutprojekt im Erdölfeld Emlichheim umgesetzt. Als erstes Unternehmen in Deutschland kombiniert Wintershall bereits seit 1999 die Dampffluttechnik mit dem ebenfalls produktionssteigernden Verfahren der Horizontalbohrtechnik. Beim horizontalen Bohren lassen sich Ziele in einer unterirdischen Lagerstätte erreichen, die von der Oberflächenposition des Bohrturmes mehrere Kilometer weit entfernt liegen.


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Im Laufe der Jahre konnte mit immer neuen Techniken etwa alle sechs Jahre eine weitere Million Tonnen Erdöl im Erdölfeld Emlichheim gefördert werden:

Förderverlauf

Datum 11. Februar 1955

Förderung Öl 1.000.000 Tonnen

08. April 1962

2.000.000 Tonnen

10. November 1968

3.000.000 Tonnen

09. Juni 1974

4.000.000 Tonnen

22. Januar 1980

5.000.000 Tonnen

29. Juli 1986

6.000.000 Tonnen

28. Januar 1993

7.000.000 Tonnen

25. Mai 1999

8.000.000 Tonnen

28. Oktober 2005 23. Mai 2012

9.000.000 Tonnen 10.000.000 Tonnen

Die Förderung geht weiter Aufgrund der schwierigen geologischen Rahmenbedingungen ist die Erschließung der deutschen Erdöl- und Erdgasfelder oft nur mit erheblichem Mehraufwand und dem Einsatz von Spezialtechniken möglich. Das Wissen, das Wintershall bei der Exploration und Produktion in Deutschland gewinnt, steigert ihre technische Kompetenz und macht das Unternehmen auch international zu einem begehrten Partner. Innovative Techniken gewinnen bei der Förderung von Erdöl und Erdgas mehr und mehr an Bedeutung. Anstatt wie im Weltdurchschnitt die Ölfelder nur zu rund einem Drittel auszufördern, kann der sogenannte Entölungsgrad einer Lagerstätte mithilfe der Dampffluttechnik auf bis zu 50 Prozent gesteigert werden. Für Emlichheim heißt das: Wintershall hält das Fördervolumen seit mehr als 25 Jahren kontinuierlich auf einem Niveau von rund 140.000 bis 170.000 Tonnen Erdöl pro Jahr. Auf Grundlage heutiger Berechnungen wird die Lagerstätte auch in den nächsten 20 bis 25 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Deutschlands mit Erdöl leisten.


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