Factsheet CSEM Messungen Bockstedt (Deutsch)

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E&P Kompakt Eine Information von Wintershall

Wie kann Effizienz bei der Erdölförderung gemessen werden?

Wintershall forscht an neuem Kontrollinstrument

September 2015 Tel. +49 561 301-3301 Fax +49 561 301-1321 presse@wintershall.com www.wintershall.com

Den in einer Lagerstätte verbliebenen Anteil von Erdöl ermitteln und damit die Wirksamkeit der eingesetzten Fördermethoden überprüfen – dieses Ziel verfolgen Experten des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ und von Wintershall in einem gemeinsamen Forschungsprojekt. Zum Einsatz kommt dabei eine bekannte Methode aus der Geowissenschaft. Wintershall und das Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ – arbeiten gemeinsam an einem neuen Forschungsprojekt: Um den Anteil des noch vorhandenen Erdöls in einer Lagerstätte zu ermitteln, messen sie im Ölfeld Bockstedt die Ausbreitung elektromagnetischer Felder im Untergrund. Ein erster Test fand im Frühjahr 2014 statt. Er soll nun wiederholt werden. Die Messungen starten Ende Oktober und dauern rund vier Wochen. „Wenn die Methode wie geplant funktioniert, könnten wir mit solchen Messungen in Zukunft genauer bestimmen, wie sich der Ölgehalt einer Lagerstätte im Laufe der Produktion entwickelt und ob unsere Fördermethoden Wirkung zeigen“, sagt Bert Verboom, der sich im Auftrag von Wintershall um das Projekt kümmert. „Damit hätten wir ein umweltfreundliches Kontrollinstrument, das uns dabei hilft, mit neuen und bestehenden Fördertechniken effizienter Erdöl aus einer Lagerstätte zu fördern.“ Das Verfahren an sich ist bekannt und erprobt: Elektromagnetische Messungen werden in der Geowissenschaft bereits seit Jahrzehnten

Bert Verboom (Wintershall) und Kristina Tietze (GFZ) haben gemeinsam erste Messungen im Feld durchgeführt. Diese werden nun im selben Gebiet wiederholt.


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verwendet, um die geologische Struktur des Untergrunds zu entschlüsseln. Das GFZ hat in Deutschland bereits Messungen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt durchgeführt. Bei der sogenannten „Controlled Source Electromagnetic (CSEM)“ wird kurzzeitig Wechselstrom mit niedriger Frequenz in den Boden geleitet. Auf die Umwelt hat das Verfahren keine Auswirkungen: Tiere und Pflanzen werden nicht beeinträchtigt. Durch den Stromfluss entstehen elektromagnetische Felder im Untergrund, deren Signale von passiven Empfängern gemessen werden. „So ermitteln wir die Leitfähigkeit des Untergrunds. Die Daten verraten uns auch, wie hoch der Anteil von Erdöl an dieser Stelle ist“, so Kristina Tietze, Projektmanagerin beim GFZ.

Die Empfängerstationen erfassen elektromagnetische Felder im Untergrund – die Daten geben Auskunft über das vorhandene Erdöl in der Lagerstätte.

Der Grund: Das in einer Erdöllagerstätte vorhandene Erdöl und Salzwasser weisen eine unterschiedliche elektrische Leitfähigkeit auf. Das Salzwasser ist sehr leitfähig, Öl hingegen nicht. Je höher also bei den Messungen die elektrische Leitfähigkeit ist, desto mehr Salzwasser, aber weniger Öl befindet sich im Boden. Umgekehrt deutet eine niedrige Leitfähigkeit auf mehr Öl an dieser Stelle hin. Verläuft die Erdölförderung so wie gewünscht, dann wird das vorhandene Öl nach und nach aus den Gesteinsporen verdrängt und durch Salzwasser ersetzt. Die Leitfähigkeit des Untergrunds müsste im Laufe der Produktion also stetig zunehmen. Mit der CSEM-Methode könnte man diese Veränderungen durch wiederholte Messungen nachverfolgen. Absolute Zahlen zum Ölgehalt lassen sich so zwar nicht bestimmen; mit der Methode könnte Wintershall künftig aber dennoch überprüfen, wie wirksam die eigenen Fördertechniken tatsächlich sind. Die Wintershall-Ingenieure könnten so zum Beispiel Bohrungen noch gezielter setzen oder den Einsatz von Techniken optimieren, mit denen mehr Öl gefördert werden soll.

Besprechung im Bus, Bert Verboom (Wintershall, links), Kristina Tietze und Stefan Rettig (beide GFZ).


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Test in Bockstedt Ob die Leitfähigkeits-Messungen dafür geeignet sind, wollen die Forschungspartner durch Tests ermitteln. Ein erster Feldversuch wurde im Erdölfeld Bockstedt im Bereich zwischen den Ortschaften Heiligenloh und Aldorf durchgeführt. Der Test auf dem 18 Quadratkilometer großen Gebiet begann Anfang Mai 2014 und dauerte mit Auf- und Abbau insgesamt ungefähr vier Wochen. Dieser Feldversuch soll nun in demselben Gebiet wiederholt werden. Für die Messungen werden wie schon 2014 vier Sendestationen und etwa 25 passive Messstationen (Empfänger) eingesetzt. Eine Sendestation besteht aus jeweils drei Elektroden, über die der Strom in den Boden eingespeist wird. Bei den Elektroden handelt es sich um handelsübliche Stahlstangen von wenigen Metern Länge. Sie werden bis in eine Tiefe von maximal zehn Metern installiert und über vollisolierte Stecker und doppelt isolierte Kabel an einen schallgedämpften Stromgenerator angeschlossen, wie er auf jeder Baustelle üblich ist. Bei einer der vier Sendestationen dient erneut die Stahlummantelung der stillgelegten und einzementierten Wintershall-Ölbohrung Bo-23 als zusätzliche Einspeiseelektrode. Dank der Bohrung erreicht diese Sendestation eine größere Tiefe als die Sender mit den üblichen Stahlstangen. Die Forscher von GFZ und Wintershall erhoffen sich davon eine bessere Qualität der Messdaten. Die Sender kommen nacheinander zum Einsatz; Strom fließt also immer nur an einer Sendestation. Die Einspeisung dauert pro Station insgesamt etwa ein bis zwei Tage und findet ausschließlich tagsüber statt. Mitarbeiter von GFZ und Wintershall begleiten den Test zu jeder Zeit.

Eine Messstation besteht aus vier Elektroden und drei Magnetfeldsensoren, die die erzeugten elektromagnetischen Felder im Boden messen. Bereits in wenigen Metern Entfernung vom Einspeisepunkt sind die elektromagnetischen Felder so stark abgeklungen, dass sie nur mit solch speziell dafür konstruierten Sensoren und Messverstärkern erfasst werden können. Ein Datenlogger zeichnete die Messdaten auf.

Isolierte Elektroden leiten den Wechselstrom in den Boden und erzeugen so elektromagnetische Felder im Untergrund.


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Eine der passiven Empfängerstationen wird die neue Flachbohrung sein, die Wintershall vor kurzem im südlichen Teil des Ölfelds Bockstedt abgeteuft hat. Sie ist nur rund 215 Meter tief und fördert kein Erdöl, sondern wird nur für diesen Test eingesetzt, um erstmals auch vertikale Signale im Untergrund messen zu können. Dafür wird die Bohrung mit drei speziellen Sensoren ausgerüstet. Diese sind an einem Kabel befestigt, das sich innerhalb der Bohrung befindet. Anders als bei den Sendestationen nehmen die Empfänger lediglich die Signale aus dem Untergrund auf, ohne selbst elektrische Ströme zu erzeugen. Die Elektroden und Magnetfeldsensoren werden im Boden vergraben und nach Abschluss der Messungen wieder entfernt. Späterer Einsatz im Ölfeld Der erste Test in Bockstedt im vergangenen Jahr hat ergeben, dass das Verfahren grundsätzlich die gewünschten Daten für die Ölförderung liefert. Die stillgelegte Bohrung konnte ebenfalls erfolgreich als Elektrode für die Stromeinspeisung eingesetzt werden. Durch die Wiederholung des Tests in diesem Herbst können Wintershall und GFZ die Ergebnisse vergleichen und mögliche Veränderungen in der Leitfähigkeit des Untergrunds feststellen. Mit der Nutzung der Flachbohrung als vertikale Messstation wollen die Partner die Methode außerdem weiterentwickeln. Eine kommerzielle Anwendung von CSEM wäre ab 2017 denkbar. Funktioniert die CSEM-Methode wie geplant, könnte sie künftig die Effizienz von Fördertechniken zur Verbesserung der Ölausbeute überprüfen. Ein Beispiel wäre etwa das Einpressen von Wasser oder auch das Polymerfluten wie mit dem biologisch abbaubaren Verdickungsmittel Schizophyllan: Leitfähigkeits-Messungen zu Beginn und im weiteren Verlauf des Polymerflutens könnten Aufschluss darüber geben, ob das mit Schizophyllan angedickte Salzwasser das Öl wie gewünscht aus dem Gestein verdrängt – oder ob das Verdickungsmittel gegebenenfalls an einer anderen Stelle eingesetzt werden muss. Diese und andere Bilder stehen auf www.wintershall.com in der Mediathek zum Download bereit.

Der erste Test mit der CSEMMethode im Ölfeld Bockstedt verlief erfolgreich. Für die kommerzielle Anwendung in der Ölförderung sind jedoch weitere Untersuchungen nötig.


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