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Wohlstand für alle muss erwirtschaftet werden
Erneuerung in sozialer Verantwortung und im gesellschaftlichen Konsens Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident des Freistaates Bayern, Kanzlerkandidat der CDU und CSU eutschland hat kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit. Wir hören die Forderungen der Experten, unser Land brauche eine Entlastung von Steuern und Abgaben, von Bürokratie, von Regulierungen. Wir sehen die Beispiele von Ländern, die besser mit den Herausforderungen der Globalisierung fertig werden als Deutschland. Trotzdem handeln wir nicht konsequent danach. Diese Kluft zwischen dem Wissen um die Notwendigkeit von Reformen und der Enttäuschung durch tatsächlichen Stillstand und teilweise Rückschritt ist ein wesentlicher Grund für die Politikverdrossenheit vieler Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Deshalb geht es darum, den Menschen wieder den Glauben daran zurück zu geben, dass wir
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gegen die schleichende Erstarrung und Aushöhlung unserer Leistungsfähigkeit nicht machtlos sind. Unsere Botschaft muss sein: Wir können etwas bewegen. Wir können Zukunft aktiv gestalten. Quittung für falsche Politik Rot-Grün ist 1998 angetreten mit dem Programm: „Innovation und Gerechtigkeit“. Schröder hat angekündigt: „Wir werden Deutschland entschlossen modernisieren“ (Regierungserklärung vom 10. 11. 98). Tatsächlich haben die vergangenen vier Jahre vielfach Rückschritte gebracht. Rot-Grün hat den Arbeitsmarkt immer weiter verriegelt. Rot-Grün hat die Bürokratielasten nicht vermindert, sondern erhöht. Rot-Grün hat das Steuersystem nicht nur ... trend 7
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Wer die Sorgen der Menschen nicht ernst nimmt, handelt unverantwortlich
... komplizierter, sondern auch ungerechter gemacht. Entlastet wurden vor allem die Kapitalgesellschaften. Die Arbeitnehmer und der Mittelstand sind dagegen auf der Strecke geblieben. Die Quittung für diese falsche Politik hat Deutschland mehrfach bekommen: Spitzenreiter bei der Neuverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts in ganz Europa, Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in Europa, Schlusslicht beim Beschäftigungswachstum, Spitzenreiter bei den Unternehmenspleiten – diese Schlusslichtposition hat Deutschland nicht verdient. Die Menschen wollen und können etwas leisten, aber die Politik setzt nicht die richtigen Rahmenbedingungen und Anreize, sondern richtet Hürden auf und bremst. Auch das schürt Politikverdrossenheit. Politik muss wieder von Glaubwürdigkeit bestimmt sein Noch größer allerdings ist die Enttäuschung über den Mangel an Visionen, an Perspektive, an Zukunftsorientierung. Unter Rot-Grün ist Politik zum Krisenmanagement verkommen. Der Machterhalt wurde zur obersten Maxime. Schröder selbst hat davon gesprochen, Rot-Grün sei zu sehr zum „Pragmatiker und Techniker der Macht“ geworden. Deutschland braucht eine Zukunftsoffensive! Deutschland braucht eine Regierung, die sich den 8
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Herausforderungen stellt und unserem Land seine wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit zurück gibt! Wir haben nicht ewig Zeit, die Weichen richtig zu stellen. Das Tempo von Wettbewerb und Wandel in der Globalisierung nimmt zu. Nicht alle sind dem gewachsen. Der Zuwanderungsdruck nimmt ebenfalls zu. Das stellt neue Anforderungen an die Steuerung der Zuwanderung und an die Integration. Dramatisch ist aber vor allem die Veränderung der Altersstruktur unserer Bevölkerung. Bereits in 10 bis 15 Jahren ist die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger über 50 Jahre alt. Und es ist absehbar, wann ein aktiv Erwerbstätiger für einen Rentner aufkommen muss. Bereits heute sind die Rentenkassen leer, die rotgrüne Rentenreform Makulatur und unser Gesundheitssystem überlastet. Trotz Beitragssteigerung beträgt das Defizit der Krankenkassen im ersten Quartal bereits wieder über 800 Millionen €. Wir müssen die Weichen heute stellen – bevor die gesellschaftlichen Spannungen zu groß werden und die Handlungsspielräume zu klein. Der Rechtsruck in vielen unserer europäischen Nachbarländern sollte uns eine Warnung sein: Wer Problemlösungen aufschiebt, wer die Sorgen der Menschen nicht ernst nimmt, wer Politik nicht als Zukunftsgestaltung, sondern als Machtspiel begreift, der handelt unverantwortlich. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wieder darauf vertrauen können, dass politisches Handeln auf einem festen Fundament beruht und einer konsequenten Linie folgt und nicht in Beliebigkeit oder bloßes Krisenmanagement verfällt. Politik muss wieder von Glaubwürdigkeit bestimmt sein, nicht von gebrochenen Versprechen. Wir lösen unsere Versprechungen ein Das ist unsere Stunde. CDU und CSU können mit ihren Erfolgen in den Ländern glaubwürdig vermitteln: Wir haben die richtigen Konzepte und wir versprechen nicht nur, sondern wir lösen unsere Versprechen auch ein. CDU und CSU haben ein festes Wertefundament, von dem sie sich im politischen Handeln leiten lassen. Wir wissen um die Bedeutung von Freiheit, Eigenverantwortung und Subsidiarität als Motor einer leistungsfähigen Gesellschaft. Wir wissen aber auch um die Bedeutung von Solidarität ... III. Quartal 2002
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Bürokratie abbbauen Für mehr Dynamik müssen wir auch Bürokratie abbauen. Initiative und Unternehmergeist dürfen nicht in Bürokratie erstickt werden. Gerade der Mittelstand leidet überdurchschnittlich unter diesen Lasten. Ich bin gerade vor diesem Hintergrund froh, dass ich Lothar Späth für mein Kompetenzteam gewinnen konnte. Er hat die notwendige politische Erfahrung als erfolgreicher Ministerpräsident. Er hat die notwendige unternehmerische Erfahrung als erfolgreicher Unternehmensführer.
Initiative und Unternehmergeist dürfen nicht durch Bürokratie erstickt werden
... und sozialer Sicherheit als Garant für eine menschliche und gerechte Gesellschaft. Es sind CDU und CSU, die für die Soziale Marktwirtschaft als erfolgreiche und tragfähige Verbindung zwischen Markt, Wettbewerb und sozialem Ausgleich stehen. Diese Soziale Marktwirtschaft muss neu belebt werden. Lassen Sie mich einige wesentliche Ansatzpunkte herausgreifen. Offensive für Existenzgründer Deutschland braucht eine Offensive für Existenzgründer. Nach einer Studie des Weltwirtschaftsforums beträgt allein der Zeitaufwand für eine Existenzgründung in Deutschland 30 Tage, in Großbritannien sind es sieben Tage. Von der Verfügbarkeit von Wagniskapital und unternehmerischem Klima generell will ich gar nicht reden. Vor allem im Osten müssen wir mehr Existenzgründungen anstoßen. Dem Osten laufen die Menschen weg – leider vor allem die jungen, innovativen. Wir brauchen eine „Offensive Zukunft Ost“ mit gezielter Förderung von Existenzgründern in Handwerk, High-Tech und Dienstleistung. Wer Arbeitsplätze will, braucht auch Arbeitgeber, und das heißt: Existenzgründer und innovative Unternehmer. 10 trend
Wachstum und Beschäftigung fördern Vor allem aber müssen Reformen auch ineinander greifen. Deshalb werden wir das Wirtschaftsressort neu zuschneiden. Wirtschaftspolitik, Ordnungspolitik und Arbeitsmarktpolitik müssen in einer Hand liegen. Schließlich wird immer klarer: Deutschland braucht nicht nur mehr Wachstum, um seine Arbeitslosigkeit abzubauen. Deutschland braucht auch umgekehrt mehr Beschäftigung, um sein Wachstumspotenzial zu mobilisieren. Wer Wachstum und Beschäftigung fördern will, der muss Einstellungen erleichtern. Wenn Unternehmen nicht auf Überstunden ausweichen, sondern Neueinstellungen vornehmen sollen, dann brauchen sie mehr Flexibilität. Wir werden gerade in der Arbeitsmarktpolitik dafür sorgen, dass Einstellungshürden beseitigt, effizienter gefördert und neue Chancen für neue Arbeitsplätze eröffnet werden. Besonders dringend sind finanzielle Anreize zur Arbeitsaufnahme im Niedriglohnbereich. Arbeit muss sich lohnen! Wir wollen nicht Arbeitslosigkeit finanzieren, sondern den Einstieg in Arbeit und damit zugleich den Ausstieg aus der blühenden Schwarzarbeit! Was werden wir tun? Erstens: Die Grenze für geringfügige Beschäftigung wird von 325 auf 400 Euro angehoben. Die Bürokratie fällt komplett weg. Der Arbeitgeber führt eine Pauschalsteuer von zwanzig Prozent ab, die den Sozialversicherungen zufließt. Zweitens: Zwischen 400 und 800 Euro sollen die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer nur allmählich von Null auf den Normalbetrag ... III. Quartal 2002
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... von 20,5 Prozent steigen. Drittens: Zuschüsse zum Lohn sollen die Einhaltung des Lohnabstandsgebots sicherstellen und damit Anreize für Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger verbessern, eine Arbeit anzunehmen. Viertens: Wir müssen qualifizieren und fördern, aber im Gegenzug auch die Sanktionen für die verschärfen, die arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig sind. Fördern und Fordern gehören zusammen! Mit diesem Programm können bis zu 800.000 neue Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Darüber hinaus wollen wir betriebliche Bündnisse für Arbeit erleichtern. Und wir werden neue Chancen für ältere Arbeitslose schaffen, indem wir ihnen ein Wahlrecht zwischen dem bestehenden Kündigungsschutz und einer Abfindungszusage des Arbeitgebers einräumen. Mehr Luft für den Mittelstand Stichwort Steuerpolitik: Die Belastungsunterschiede von Personenunternehmen gegenüber den Kapitalgesellschaften müssen beseitigt werden. Der Mittelstand braucht Luft für mehr Investitionen und für mehr neue Arbeitsplätze, und zwar nicht erst 2005. Deshalb wollen wir schon zum 1. 1. 2004 eine große Steuerreform in Kraft setzen, die auch den Mittelstand entlastet. Politik der drei mal vierzig Deutschland braucht eine offensive Politik der drei mal vierzig, das heißt: Erstens Senkung des Spitzensteuersatzes von 48,5 Prozent auf 40 Prozent und damit eine Entlastung auf der ganzen Linie, die allen zugute kommt. Zweitens Senkung der Staatsquote auf unter 40 Prozent. Drittens Senkung der Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 Prozent. Ich weiß, das sind ehrgeizige Ziele. Wir können sie nur mittelbis langfristig erreichen. Aber CDU und CSU haben nach der Regierungsübernahme 1982 bis zur Wiedervereinigung schon einmal bewiesen, dass sich die Staatsquote senken lässt. Niemand ist arm geworden, sondern im Gegenteil: Das Steueraufkommen ist in diesen Jahren trotz einer umfassenden Steuerreform um 90 Milliarden € gestiegen. Das verfügbare EinIII. Quartal 2002
Der Mittelstand braucht Luft für mehr Investitionen und Arbeitsplätze
kommen der Haushalte ist um 275 Milliarden € gestiegen. Das Sozialbudget ist um hundert Milliarden € gestiegen. Damit haben wir zum Beispiel das Bundeserziehungsgeld einführen und so vielen Familien helfen können. Die Zahl der Beschäftigten ist um zwei Millionen gestiegen, die Arbeitslosigkeit um zwei Prozentpunkte gesunken. Dahinter steckt nichts anderes, als die Grundeinsicht der Sozialen Marktwirtschaft: Wohlstand für alle und soziale Sicherheit für alle müssen erwirtschaftet werden. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist der tragende Pfeiler, auf dem alles ruht. Jahrzehnte des wirtschaftlichen Erfolgs haben uns diesen Pfeiler der Sozialen Marktwirtschaft zur Selbstverständlichkeit werden lassen. Wir haben uns nur noch auf die Verteilung konzentriert. Jetzt ist dieser Pfeiler ins Wanken gekommen. Unser Ziel ist es, ihn wieder tragfähig zu machen. Bei Reformen die Menschen mitnehmen Die Mehrheit der Menschen spürt, dass dazu Reformen notwendig sind. Doch Reformen verunsichern gleichzeitig auch. Viele haben Angst, dass sie ... trend 11
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In der Arbeitsmarktpolitik Einstellungshürden beseitigen und Chancen für neue Arbeitsplätze eröffnen
... den Anforderungen des globalen Wettbewerbs nicht gewachsen sind. Trotz aller Unzufriedenheit und trotz aller Forderungen nach Reformen ist deshalb die Haltung, mit der die Politik konfrontiert ist: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Deshalb wird eine Reformpolitik nur dann erfolgreich sein, wenn sie die Menschen mitnimmt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen darauf vertrauen können, dass es bei den Reformen gerecht zugeht. Sie müssen darauf vertrauen können, dass ihr Bedürfnis nach sozialer Sicherheit ernst genommen wird. Auch in diesem Punkt hat Rot-Grün versagt. Es mag erstaunlich für eine sozialdemokratisch geführte Regierung sein, die die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit sogar zum Schwerpunkt im Wahlkampf 1998 gemacht hat: 83 Prozent der Bürgerinnen und Bürger beklagen einen Verlust an sozialer Gerechtigkeit in Deutschland. Ich muss in diesem Zusammenhang aber auch einen Appell an die Wirtschaft richten, denen das Regierungsprogramm von CDU und CSU in einigen Punkten nicht weit genug geht: Sie dürfen die Reformbereitschaft der Menschen nicht überfordern. Maximalforderungen werden schnell zur Überforderung und provozieren Totalverweigerung. Nur wenn das soziale Gleichgewicht erhalten bleibt, sind die Menschen für die notwendigen Reformen zu gewinnen. 12 trend
Den Föderalismus stärken Wir brauchen diese Reformen und ich bin sicher: Wir werden sie auch erreichen. CDU und CSU werden bei einem Wahlsieg am 22. September in der Lage sein, auch auf eine Mehrheit der CDU/CSUregierten Länder im Bundesrat bauen zu können. Das wird Reformen wesentlich erleichtern. Doch wo es um die Fähigkeit zur Gestaltung der Zukunft unseres Landes geht, dürfen wir nicht auf Zufälligkeiten bauen. Wir müssen die Grundlagen für neue Handlungsfähigkeit der Regierung nachhaltig und durch institutionelle Reformen verbessern. Dazu gehört ganz wesentlich die stärkere Trennung von Aufgaben und Kompetenzen zwischen Bund und Ländern, zwischen Bundestag und Bundesrat. Wir müssen den Föderalismus stärken! Die dringend notwendige Entflechtung der Zuständigkeiten im Hochschulrahmengesetz ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Wenn ich zum Bundeskanzler gewählt werde, werde ich einen Konvent einberufen, der eine solche grundsätzliche Reform der Institutionen vorbereiten soll. Nur ein Land, das schnell, flexibel und zukunftsorientiert auf neue Anforderungen reagieren kann, hat im globalen Wettbewerb eine Chance. Meine Agenda für Deutschland heißt: Erneuerung unseres Landes in sozialer Verantwortung und im gesellschaftlichen Konsens. 앬 Aus Rede Wirtschaftstag 2002
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Wirtschaftspolitisches Leuchtfeuer entfachen
An der Seite Amerikas zu stehen, ist deshalb bei weitem nicht allein ein Gebot der Solidarität oder der Dankbarkeit. Beides wäre schon Grund genug. Es ist vielmehr mindestens genauso ein Gebot der Verantwortung für unser Land und für unsere Freiheit, mit Amerika entschlossen den Kampf gegen den religiös-fundamentalbegründeten, aber in Wahrheit aus keiner Religion dieser Welt begründbaren Terror aufzunehmen und entschlossen fortzusetzen. Die militärische Bekämpfung des Terrors ist das eine. Aber auch die Gestaltung der Globalisierung zum Vorteil aller Staaten dieser Welt und ihrer Völker ist nach dem 11. September noch stärker als bisher die gemeinsame Aufgabe von Amerikanern und Europäern.
Ordnungspolitisch richtige und notwendige Antworten geben Friedrich Merz MdB, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
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erade Berlin, aber auch ganz Deutschland, verdankt Amerika sehr viel. Ohne Amerika wären wir heute gewiss nicht mit Bundestag und Bundesregierung in Berlin. Nach den schrecklichen Ereignissen des 11. September 2001 dürfen die Zusicherungen, dass wir beim Kampf gegen den Terror fest an der Seite Amerikas stehen, nicht zu hohlen Phrasen werden. Diese Terroranschläge haben tiefe Spuren in Amerika und in der ganzen Welt hinterlassen. Dieses Datum wird noch in 200 Jahren jedes Kind in Amerika genauso wie die Gründungsgeschichte des eigenen Landes kennen. Amerika ist tief verletzt. Und Amerika wird seine Schlussfolgerungen ziehen.
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An der Seite Amerikas Die neuartige Bedrohung durch Selbstmordattentate hat gerade im transatlantischen Verhältnis neue Gemeinsamkeiten und Verantwortungen geschaffen. Sie hat bestehende Gemeinsamkeiten und Verantwortungen deutlich aufgewertet. Präsident Bush hat in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag deutlich gemacht, dass die weltweite Bekämpfung des Terrors für die Vereinigten Staaten, für die Europäische Union und für alle zivilisierten Länder dieser Welt zu einer gemeinsamen großen politischen Aufgabe geworden ist.
Gemeinsame Aufgaben Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union sind gegenwärtig die beiden größten Wirtschaftsräume der Welt. Zusammen produzieren beide mehr als die Hälfte des weltweiten Sozialprodukts. Sie vereinigen 37 Prozent des Güterwelthandels und sogar 45 Prozent des weltweiten Handels mit Dienstleistungen auf sich. Die wirtschaftliche Verflechtung beider Seiten ist so eng wie nie zuvor. Europa insgesamt ist trotz der Hinwendung der Amerikaner zum pazifischen Raum für die USA nach wie vor der größte Investor, der größte Arbeitgeber und auch, abgesehen von Kanada, der größte ausländische Handelspartner. Das Gesamtvolumen der gegenseitigen Investitionen beträgt derzeit rund 750 Milliarden €. Etwa 60 Prozent der ausländischen Investitionen in den USA stammen aus der Europäischen Union. 45 Prozent aller Auslandsinvestitionen der Amerikaner gehen in die Europäische Union. Beide Seiten wickeln annähernd zwanzig Prozent ihres jeweiligen Handels miteinander ab. Und all denjenigen, die nach wie vor die Ursachen für die deutsche Wirtschaftsschwäche vor allem in Übersee suchen, sei gesagt: Die deutschen Exporte in die USA sind im zurückliegenden Jahr 2001 mit neun Prozent kräftig gewachsen und haben sogar deutlich stärker zugenommen als die deutschen Ausfuhren insgesamt. Die USA bleiben für uns also noch lange Zeit zweitwichtigster Handelspartner nach Frankreich. III. Quartal 2002
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... Verantwortung übernehmen Von uns als europäische Mittelmacht und als bevölkerungsreichstes Land Europas in der strategischen geopolitischen Mitte des Kontinents wird also zu recht erwartet, dass wir ein erhebliches Maß an europäischer, aber auch an internationaler Verantwortung übernehmen. Dies können wir nur, wenn wir im eigenen Land die anhaltende Wachstumsund Beschäftigungskrise, wenn wir die Lethargie bei der notwendigen Veränderung unserer strukturell begründeten ökonomischen Schwäche überwinden: Wir müssen endlich bereit sein, wie es übrigens die Benchmarking Gruppe im Auftrag des Bündnisses für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit dem Bundeskanzler schon vor Jahresfrist aufgeschrieben hat, uns in viel stärkerem Maße einem kritischen Vergleich mit unseren Partnerländern und Wettbewerbern in Europa aber auch außerhalb Europas zu stellen, um zu sehen, was andere besser machen als wir. Eine im Wesentlichen angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, flexible Arbeitsmärkte, der Zugang zu Risikokapital, risikobereite Unternehmer, eine positive Grundstimmung und Optimismus: Das alles hat in Amerika ganz nachhaltig dazu beigetragen, die amerikanische Volkswirtschaft leistungsfähiger und widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse zu machen. Fatale Gewohnheiten Umgekehrt haben wir uns in Deutschland schon viel zu sehr an die übermächtige Zahl von staatlichen Eingriffen und Reglementierungen, an diese schreckliche Überbürokratisierung fast aller Lebensbereiche und einen damit zwangsläufig einhergehenden fatalen ungeheuren Verlust öffentlicher Finanzmittel gewöhnt. Mehr und mehr geht die Vorstellungskraft in diesem Land dafür verloren, dass auch und gerade die Kräfte des Marktes viel mehr als wir glauben zur Lösung unserer strukturellen Probleme beitragen können. Es muss endlich ein Ruck durch dieses Land gehen – in der Wirtschaftsund Arbeitsmarktpolitik, in der Neuausrichtung der Sozialpolitik, in der Bildungspolitik, in der Finanz- und Steuerpolitik, in der Familienpolitik und nicht zuletzt in der Gesellschaftspolitik. III. Quartal 2002
„An der Seite Amerikas zu stehen ist auch ein Gebot der Verantworung für unser Land“
Mut hat sich bewährt Ludwig Erhard hatte 1948 den Mut, die Deutsche Mark einzuführen und die staatliche Bewirtschaftung der Lebensmittel abzuschaffen. Anfang der 60er Jahre hatte ein Wohnungsbauminister Paul Lücke den Mut, in Westdeutschland die staatliche Bewirtschaftung des Wohnraums abzuschaffen. Beide Entscheidungen, die von Ludwig Erhard wie die von Paul Lücke, mussten gegen den erbitterten Widerstand der Sozialdemokraten und der Gewerkschaften in Deutschland durchgesetzt werden. Alle Behauptungen, es käme zu einer Unterversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Wohnraum, haben sich als völlig falsch erwiesen. Vor zwölf Jahren hatten zwei Postminister in Deutschland den Mut, die staatliche Bewirtschaftung der Postdienstleistungen aufzuheben. Beide, Christian Schwarz-Schilling und Wolfgang Bötsch, sind heute noch Mitglieder unserer Bundestagsfraktion. Das Ergebnis ihrer Politik war nicht die von vielen befürchtete Ausdünnung des ländlichen Raums mit Post und Telefon, sondern eine rasante technologische Entwicklung, eine Systemführerschaft in Europa, ein Vorbild für die ganze Welt und eine Versorgung bis in den letzten Winkel unserer Republik mit Post und Telekommunikations-
dienstleistungen in einem Umfang und in einer Qualität, die sich noch vor fünf Jahren niemand von uns hätte vorstellen können. Wenn diese historischen und ökonomischen Erfahrungen richtig sind, wenn die Aufhebung der Bewirtschaftung mehr Freiräume für mehr Wettbewerb schafft und das richtige Rezept ist, dann müssen wir in Deutschland jetzt den Mut haben, die staatliche Bewirtschaftung unseres Arbeitsmarktes Schritt für Schritt zurückzuführen. Wir bewirtschaften die Arbeitslosigkeit in Deutschland mit rund 90 Milliarden € im Jahr, davon allein 50 Milliarden € für eine sogenannte aktive Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Daran müssen wir, daran wollen wir, und daran werden wir etwas ändern. Klare Alternativen Unsere Vorschläge zur Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik liegen auf dem Tisch. Sie sind eine klare Alternative zum rot-grünen Regierungsprogramm. Sie sind eine klare Alternative zur weiteren Verfestigung der Wachstumskrise, der Arbeitslosigkeit und der damit zwangsläufig einhergehenden Perpetuierung der strukturellen Überforderungskrise aller öffentlichen Haushalte. Wir wollen als wirtschaftspolitisches Leuchtfeuer, an dem wir uns orientieren und auf das wir
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Blauer Brief als Abschlussbilanz Ich will klar und deutlich sagen: Es wird mit einer unionsgeführten Regierung zu keinem Zeitpunkt der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt in Frage gestellt. Die Verabredung zur Stabilität, die Einhaltung der Maastrichtkriterien, insbesondere was das laufende Defizit in den öffentlichen Hauhalten betrifft, dürfen im Interesse des politischen Vertrauens und der ökonomischen Stabilität in unsere Währung, in den Euro, weder von Deutschland noch von Frankreich noch von sonst einem europäischen Land in Frage gestellt werden.
„Die neuartige Bedrohung hat neue Gemeinsamkeiten und Verantwortungen geschaffen“
... Schritt für Schritt zugehen, eine Rückführung der Staatsquote auf 40 Prozent. Ein Gesamtkonzept, das die Zusammenhänge richtig erkennt und in politisches Handeln umsetzt, ist der entscheidende Schlüssel zum Erfolg. Dies will ich am Beispiel der Familienpolitik kurz erläutern: 1. Die Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern ist angesichts der festzustellenden zunehmenden moralischen und seelischen Verwahrlosung in unseren Familien und bei unseren Kindern überfällig. 2. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gerade für Frauen, die in der deutschen Wirtschaft angesichts der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dringender denn je gebraucht werden, muss gestärkt werden. 3. Ein Familiengeld, das die Leistungen für Familien mit Kindern in Deutschland deutlich gegenüber dem gegenwärtigen Stand erhöht, ist erforderlich. Eine Million Kinder in Deutschland lebt ganz oder teilweise von Sozialhilfe. Mittlerweile haben wir Sozialhilfekarrieren in Deutschland in der zweiten und zum Teil in der dritten Generation. Wir sprechen in der Politik über Kombilohn 18 trend
und übersehen dabei ganz offensichtlich, dass ein Kombilohnsystem seit Jahren und Jahrzehnten hervorragend funktioniert – nämlich die Kombination aus sozialen Transfereinkommen und Erwerbseinkommen in der Schattenwirtschaft. Warum aber, so fragen viele Sozialhilfeempfänger, sollen sie denn aus der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung wechseln, wenn sie auf dem Weg dorthin die Hälfte der Leistungen für ihre Kinder verlieren. Weil diese Zusammenhänge auch von uns lange Zeit nicht richtig gesehen worden sind, haben unsere Vorschläge zur Familienpolitik nicht nur etwas mit der finanziellen Lage der Familien zu tun. Sie sind die ordnungspolitisch richtige und notwendige Antwort auf die Herausforderungen, die sich auf dem ersten Arbeitsmarkt für uns stellen. Nur wenn das Existenzminimum der Kinder unabhängig vom Beschäftigungsrisiko der Eltern gesichert wird, haben wir eine Chance, die Schwelle zum Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt wieder so weit abzusenken, dass sich Arbeit im ersten Arbeitsmarkt auch wieder lohnt. Die Devise muss lauten: In diesem Land muss derjenige wieder mehr Geld verdienen, der im ersten Arbeitsmarkt arbeitet, als derjenige, der nicht arbeitet und soziale Transferleistungen bekommt.
Die gegenwärtige Finanzpolitik, die gegenwärtige Haushaltspolitik und die gegenwärtige Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der gegenwärtigen Bundesregierung werden dazu führen, dass wir schon in diesem Jahr größte Schwierigkeiten haben werden, das laufende Defizit unter drei Prozent zu halten. Wir werden als Abschlussbilanz der rot-grünen Bundesregierung zum Jahresende 2002 den „Blauen Brief“ 2001 von Brüssel, der nie abgeschickt wurde, aber doch irgendwie angekommen ist, 2002 endgültig bekommen. Das wird die Bilanz sein, vor die wir gestellt sind, wenn wir Regierungsverantwortung in Deutschland wieder übernehmen werden. Es bleibt beim Dreiklang der Union Deshalb bleibt es beim Dreiklang: 왎 Erst den Arbeitsmarkt in Ordnung bringen, 왎 dann mehr Wachstum in Deutschland schaffen und 왎 anschließend eine grundlegende Steuerreform, beginnend mit dem Jahre 2004, vornehmen. Dann kann das Schwungrad in Gang gesetzt werden, das uns wieder zu den europäischen Ländern, die ihren Weg längst gegangen sind, aufschließen lässt. Und das Schwungrad muss auch in Gang gesetzt werden, so kräftig, dass es seinen Namen wirklich verdient. Die Menschen in Deutschland sind zu einem solchen Aufbruch bereit. 앬 Aus Rede Wirtschaftstag 2002
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BundesdelegiertenVersammlung 2002
Deutschlands Weg an die Spitze Fit für die nächste Generation Kurt J. Lauk
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er Wirtschaftstag 2002 findet in einem grundlegend veränderten politischen Umfeld und Klima statt. Wir richten unseren Blick schon fest auf die Bundestagswahl am 22. September. Der fulminante Erfolg der Union in Sachsen-Anhalt gibt uns allen ein Hoffnungssignal, dass es im September zu einem politischen Richtungswechsel in Deutschland kommen wird. III. Quartal 2002
Mit Freude und Zustimmung nehmen wir zur Kenntnis: Die Unionsparteien haben sich unter dem Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber kraftvoll neu aufgestellt. Wir bezeugen Angela Merkel unseren Respekt. Sie hat sich in bester Tradition der Union ganz in den Dienst der gemeinsamen Sache gestellt. Durch die Union ist buchstäblich ein Ruck gegangen.
Die große Geschlossenheit der Unionsparteien trägt heute dazu bei, dass neue Kräfte mobilisiert werden. Mit dem gemeinsamen Regierungsprogramm legt die Union das Fundament für dringend notwendige Reformen:
쐽 in unserem Staat, 쐽 in unserer Wirtschaft und 쐽 in unserer Gesellschaftsordnung. Wir unterstützen nachhaltig die Forderung der Unionsparteien, das Wirtschaftsministerium und das Arbeitsressort zusammenzulegen und wieder mit einem Unionsvertreter zu besetzen. Dies entspricht einer frühzeitigen Empfehlung des Wirtschaftsrates. Es ist Zeit, dass nach 35 Jahren die Union mit Lothar Späth wieder einen eigenen Wirtschaftsminister und Arbeitsminister stellt. Lothar Späth
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Diese Konzeption wird mit dem Wirtschaftstag 2002 fortgesetzt. Das Präsidium des Wirtschaftsrates hat mit der Fraktionsspitze der Union Ende Januar rechtzeitig über die Konzeption eines Regierungsprogrammes 2002 beraten. Wir haben dies in zwei Strategieklausuren getan. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und sehen uns in der Anlage des Regierungsprogramms bestätigt. Viele zentrale Punkte des Wirtschaftsrates wurden in das Regierungsprogramm aufgenommen. Allerdings ist zuzugeben, noch nicht alle.
... ist der geeignete Mann, Wirtschaft und Arbeit zu verbinden und den Aufbau Ost wieder voranzubringen. Lothar Späth hat die Kompetenz und die Kreativität, hier entscheidend neue Impulse zu setzen. Die Union hat eine lange Geschichte wirtschaftlicher Kompetenz in diesem Land vorzuweisen.
쐽 Mit Konrad Adenauer und Ludwig Erhard hat die Union den Wiederaufstieg Deutschlands erfolgreich gestaltet. 쐽 Mit Helmut Kohl, Gerhard Stoltenberg und Theo Waigel wurde die europäische Einigung vorangetrieben. 쐽 Der Wohlstand wurde gesichert und die deutsche Wiedervereinigung erreicht. Mit Edmund Stoiber und Lothar Späth verbinden wir heute die Hoffnung, dass die dringend notwendigen Reformen von Staat und Wirtschaft ab Herbst 2002 auf den Weg gebracht werden. Die Soziale Marktwirtschaft muss weiter entwickelt werden Die Soziale Marktwirtschaft muss weiter entwickelt werden. Die freiheitliche Grundordnung darf dabei nicht verloren gehen. Nur so können wir die Zukunftsaufgaben bewältigen. Aus diesem Grund sagen wir heute ein grundsätzliches „Ja“ zum Regierungsprogramm der Union. 76 trend
Im Februar 2002 hat der Wirtschaftsrat seine Vorstellungen für die kommende Legislaturperiode als erster Verband rechtzeitig vorgelegt. Unser Leitmotto lautet: „Deutschlands Weg an die Spitze! Zehn Leitlinien zum Regierungsprogramm 2002-2006“. Die Reformagenda ist pointiert auf die wirtschaftspolitische Erneuerung ausgerichtet. Wir brauchen eine wachstumsorientierte Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik. Ohne die Zurückdrängung des Staatsinterventionismus wird eine erfolgreiche Reformagenda nicht möglich sein. Überregulierender Staatsinterventionismus ist ein Kennzeichen der rotgrünen Koalition und hat unser Land auf die europäische Schlusslichtposition gebracht: Wir haben die rote Laterne! Für Deutschland, auf dem Weg von der Industrie- in die Wissensgesellschaft, ist dies ein Schandfleck. Deutschland hat eine bessere Regierung verdient! Eine Regierung, die uns wieder auf die europäische Spitzenposition bringt und Deutschland fit macht für die nächste Generation. Auf den Wirtschaftstagen 2000 und 2001 haben wir begonnen, neue Perspektiven zu entwickeln. Wir haben besonderes Gewicht darauf gelegt,
쐽 die Außenansicht Deutschlands und 쐽 das internationale Benchmarking zu verstärken.
Das Präsidium hat in diesem Jahr einen Beirat des Wirtschaftsrates berufen. Wir konnten maßgebliche Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft für diesen Beirat gewinnen. Wir bedanken uns bei Dr. Karl-Hermann Baumann, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Siemens AG; Dr. Rolf Breuer, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutsche Bank AG; Dr. Klaus Mangold, Vorsitzender des Vorstandes der DaimlerChrysler Services AG; Klaus-Peter Müller, Sprecher des Vorstandes der Commerzbank AG. Als ständige Gäste nehmen teil: Hans Reichenecker, Storopack Hans Reichenecker GmbH & Co KG; Professor Dr. Bernhard Schäuble, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Merck AG. Vier Bundessymposien haben wir veranstaltet und uns mit großer Resonanz zum Aufbau Ost positioniert. Wir haben Reformkonzepte vorgelegt für unsere Staatsordnung, für die Energiepolitik und für die Zukunftsmärkte der Information und Kommunikation. Im Namen des Präsidiums und des Bundesvorstandes danke ich allen Vorsitzenden unserer Bundesfachkommissionen und den über 500 Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Sie alle haben uns mit ihrem Sachverstand kontinuierlich beraten. Wir danken unseren ehrenamtlichen Landesvorsitzenden, den Sektionssprechern und unseren Delegierten für Ihre engagierte Unterstützung! Mein ebenso herzlicher Dank gilt unserem Landesverband in Brüssel und III. Quartal 2002
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... seinem engagierten Vorstand für die vorzügliche Arbeit in der Europapolitik. Mein herzlicher Dank gilt schließlich unserem Hauptamt, den engagierten Mitarbeitern auf Bundes- und Landesebene. Paradigmenwechsel für den Weg aus der Krise Die Wirtschaftspolitik im vergangenen Jahrhundert hatte ein zentrales Thema: Die Erkenntnis, dass der Staat eine Rolle in der Wirtschaftspolitik spielen kann und muss. Keynes war der große Theoretiker dieser Erkenntnis. Zu der politischen Leistung des letzten Jahrhundert gehörte es, eine möglichst große Zahl von Bürgern an den Erfolgen der Wirtschaft teilhaben zu lassen. Staatliche Wirtschaftspolitik und Wohlfahrtsstaat sind dabei die zentralen Begriffe geworden. Nicht umsonst hat deshalb in der ersten Wahlperiode des Deutschen Bundestages die Sozialpolitik eine zentrale Rolle gespielt. Die Soziale Marktwirtschaft von Ludwig Erhard hat hier ihre historischen Wurzeln und ihre politischen Grundlagen. In den folgenden Jahrzehnten hat die Ausgestaltung der Sozialen Marktwirtschaft aber nicht nur mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Wohlstand für alle erreicht, sondern auch über die Jahrzehnte zu enormen Rigiditäten geführt. Überbürokratisierung ist der Ausdruck dafür, dass zu viele Dinge in Wirtschaft und Gesellschaft vom Staat geplant und verwaltet werden. Dies hat dazu geführt, dass erforderliche grundlegende Strukturveränderungen nicht mehr stattfinden: Der Staat beschäftigt sich vor allem mit sich selbst, statt Leistungen für den Bürger zu erbringen. Für den Weg aus dieser Krise brauchen wir einen Paradigmenwechsel. Die notwendigen gesellschaftlichen Umbrüche in Deutschland sind unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in einem radikalen Neuanfang erzwungen worden. Heute muss die Kraft zur grundlegenden Strukturveränderung aus der Gesellschaft selbst kommen. Wir müssen uns die Fragen beantworten: III. Quartal 2002
쐽 Wie kann unsere Gesellschaft wettbewerbsfähig bleiben und gleichzeitig ihren sozialen Zusammenhalt und ihre politische Freiheit bewahren?
wusstsein verloren hat. Die politische Stimmung ist ausgesprochen wechselhaft. An die Stelle mutiger Reformen treten Selbstblockaden.
쐽 Und wie können wir zwischen diesen drei Zielen einen Weg finden, der Lebenschancen und Wohlfahrt der Bürger erhöht?
International gibt es gleichwohl Gesellschaften, die die Kraft zur Erneuerung aus sich selber heraus hervorgebracht haben. Sowohl Ronald Reagan als auch Margaret Thatcher stehen für diese Neustrukturierung der Gesellschaft. Auch in Deutschland müssen wir auf neue Herausforderungen neue Antworten geben – genauso, wie es im vergangenen Jahrhundert Konrad Adenauer und Ludwig Erhard mit der Sozialen Marktwirtschaft getan haben.
쐽 Längst sind massive Konflikte um diese Balance ausgebrochen. Die Mehrzahl der Bevölkerung ist davon betroffen: Insbesondere die sogenannte Mittelschicht, die in Industriegesellschaften gut 70 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Diese große Gruppe wird zunehmend ängstlich, weil sie einer ungewissen Zukunft entgegensieht. Sie erkennt keine glaubwürdige Perspektive mehr zur Verwirklichung ihrer Lebensentwürfe. Zum ersten Mal seit Generationen müssen Eltern ihren Kindern sagen: „Es wird euch möglicherweise nicht mehr so gut gehen wie uns.“ Das Gefühl, dass große Reformen notwendig sind, aber nicht angegangen werden, ist allgegenwärtig. Die Angst, bei den Veränderungen zu den Verlierern zu gehören, ist beherrschend. Dies ist der tiefere Grund dafür, dass die bürgerliche Mitte an Selbstbe-
Konvent zur Staatsreform Was will der Wirtschaftsrat vor diesem Hintergrund erreichen? Deutschland braucht einen Konvent zur Staatsreform, der noch in den ersten einhundert Regierungstagen der neuen Legislaturperiode einen ordnungspolitischen Kassensturz und eine Generalrevision der Staatsaufgaben in Angriff nimmt. Die Ziele müssen sein:
쐽 bis 2010 die Absenkung der Staatsquote auf unter 40 Prozent, 쐽 bis spätestens 2006 der völlige Abbau des Staatsdefizits, 쐽 klare Zuständigkeiten der Gebietskörperschaften nach der Devise: „Wer bestellt, bezahlt“, sowie ... trend 77
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sen doch: Das Kaufkraftargument ist tot und selbst im internationalen Gewerkschaftslager begraben. In den ökonomischen Lehrbüchern der Welt spielt es längst keine ernsthafte Rolle mehr. Ein tatsächlicher Tarifabschluss in einer Größenordnung von vier Prozent treibt die Arbeitsplätze weiter aus dem Land. Wie ernst meinen wir es eigentlich mit der Sozialen Marktwirtschaft?
쐽 Das erstarrte Tarifkartell und die Politik haben seit Jahren keinen wirksamen Weg mehr zum Abbau der strukturell hohen Arbeitslosigkeit gefunden. 쐽 Deshalb: Der Wirtschaftsrat lehnt ein Tariftreuegesetz ab, auf Bundes- wie auf Landesebene.
... 왎 die Entflechtung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern. Lebensperspektiven wieder selbst gestalten Öffentliche Hände greifen letztlich immer in private Taschen. Unsere Steuerund Abgabenlast wird längst als konfiskatorisch empfunden. Bürger können ihre Lebensperspektive und die ihrer Kinder nicht mehr ausreichend selbst gestalten. Das Leitbild des „aktivierenden Staates“ ist das rot-grüne Versprechen des letzten Jahrhunderts. Es ist von uns scharf kritisiert worden. Im neuen Wahlprogramm reißt sich die SPD selbst die Maske vom Gesicht, in Gewerkschaftsmanier wird formuliert: „Der Staat hat Lenkungsfunktion.“ Das ist die Philosophie des letzten Jahrhunderts. Das letzte Jahrhundert ist allerdings zu Ende gegangen. Offenbar haben das noch nicht alle bemerkt. Der Wirtschaftsrat setzt dagegen auf den freiheitlichen Staat, der den Bürgern wieder Luft zum Atmen lässt. Der Wirtschaftsrat fordert: Die Blockaden auf dem Arbeitsmarkt müssen unmittelbar nach der Bundestagswahl eingerissen werden. Die Rigiditäten des Arbeitsmarktes fördern vor allem die Schwarzarbeit. Nur sie hat in Deutschland Konjunktur. Sie erreicht im Jahr 2002 einen Anteil von 16 Prozent des Bruttoinlandsproduk78 trend
tes oder 350 Milliarden Euro. Dadurch gehen uns 500.000 reguläre Arbeitsplätze verloren. Diese verheerende Bilanz ist das gemeinsame Ergebnis rot-grüner Politik und des verantwortungslosen Verhaltens der Gewerkschaften im Tarifkartell. Neue Dynamik auf dem Arbeitsmarkt erfordert eine Dreifachstrategie: die Sprengung der Riester-Ketten, betriebliche Bündnisse für Arbeit mit Mehrheit der Belegschaft – aber ohne Vetorecht der Gewerkschaften, die Schaffung eines attraktiven Niedriglohnsektors – das Ziel lautet: Arbeit muss sich stärker lohnen als Nicht-Arbeit! Wille zu grundlegenden Reformen fehlt Wir erleben erneut, dass der Wille zu grundlegenden Reformen des Arbeitsmarktes fehlt. Der diesjährige Lohnabschluss fügt sich lückenlos ein in eine lange Kette von Absurditäten ein, die Kennzeichen eines reformunfähigen Systems sind. Wieder haben wir erlebt, wie die Gewerkschaften in wirtschaftlich schwieriger Situation sich aus ihrer Verantwortung für die Beschäftigung stehlen wollen. IGMetall-Chef Zwickel hat jüngst zu den 6,5-prozentigen Lohnforderungen erklärt: „Wir streiken für mehr Geld, um den Aufschwung zu fördern.“ Damit kann er nur den Aufschwung im Ausland gemeint haben. Auch unsere Gewerkschaften wis-
Unternehmen, gerade aus den neuen Bundesländern, sollten nicht von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, nur weil sie keine Tariflöhne zahlen können! Die Union sollte gerade wegen der aktuellen Steuerschätzung und der schwachen Konjunktur nicht von ihren Steuerplänen abrücken. Selbst nach der neuesten Prognose werden 2006 rund 90 Milliarden € mehr in die Staatskassen fließen – ein Zuwachs von 20 Prozent gegenüber 2001. Zur Überwindung der hohen Arbeitslosigkeit und als Grundlage für neues Wachstum braucht dieses Land wieder eine Steuerpolitik, die einfach, transparent und zukunftsorientiert ist. Nur dann haben die Bürger wieder eine Chance, ihre Lebenschancen für sich und die nächste Generation selber zu gestalten. Unsere Kernforderung ist:
쐽 Mehr Netto für Bürger und Unternehmen, um die Investitionskraft und die Fähigkeit zur privaten Vorsorge zu stärken. Eine umfassende Steuerreform muss schon im ersten Regierungsjahr parlamentarisch verabschiedet werden. Der Wirtschaftsrat setzt sich konkret für folgendes Reformkonzept ein: III. Quartal 2002
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... 쐽 Erste Stufe 2003: Aussetzen der Ökosteuer-Erhöhung.
쐽 Zweite Stufe 2004: Abschaffung der Gewerbesteuer und Senkung des Einkommensteuer-Spitzensatzes auf 42 Prozent. 쐽 Dritte Stufe 2005: durchgängige Absenkung des Einkommensteuertarifs und Reduzierung des Spitzensatzes auf 35 Prozent. Die bisherige steuerliche Benachteiligung von Personengesellschaften muss schnellstens beseitigt werden.
쐽 Eine mittelstandsfreundliche Steuerreform darf im Gegenzug nicht zu höheren Lasten für Kapitalgesellschaften führen. 쐽 Die von der Union angekündigte Überprüfung der Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne zwischen Kapitalgesellschaften sollte im Ergebnis auf keinen Fall zur Doppelbesteuerung führen. 쐽 Für jede Gesetzesänderung muss eine ausreichende Karenzzeit gelten. 쐽 Ziel bleibt die Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften, und das mit einem international wettbewerbsfähigen Steuersatz. In engster Beziehung zur Steuerpolitik steht die Unternehmensfinanzierung. Die Verschärfung der Kreditbedingungen durch Basel II ist eines der drängendsten Probleme, das gelöst werden muss. Andernfalls werden wir ein großes Mittelstandssterben in diesem Land erleben.Die Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen liegt heute im Schnitt unter 18 Prozent. In vielen mittelständischen Unternehmen werden nicht einmal zehn Prozent erreicht. Die US-Firmen liegen dagegen bei einer Quote von durchschnittlich 45 Prozent. Im internationalen Wettbewerb haben sie so bei Investitionen die Nase vorn und sind wesentlich resistenter gegen Krisen. Wir können entweder die Steuersituation für die mittelständischen Unternehmen verbessern, Eigenkapital aufbauen und dann Basel II einführen oder Basel II ohne Steuerreform einführen und damit III. Quartal 2002
auch den Mittelstand zum Auswandern bewegen. Der Wirtschaftsrat wird sich zu diesem Thema mit Nachdruck einbringen. Ferner werden wir uns für die längst überfällige Reform der Unternehmensfinanzierung mit eigenen Vorstellungen zu Wort melden. Demographische Zeitbombe entschärfen Von besonderer Wichtigkeit ist, dass wir endlich die demographische Zeitbombe in unseren Sozialsystemen entschärfen: Bereits im Jahr 2011 wird über die Hälfte der Bevölkerung über 50 Jahre alt sein. Wir sind damit das älteste Volk dieser Welt. Explodierende Abgabenlasten erdrosseln schon heute unsere Wettbewerbsfähigkeit. In 30 Jahren werden einhundert Erwerbstätige 73 Rentner versorgen müssen – fast doppelt so viele wie heute. Wir bringen unsere Kinder um ihre Zukunftschancen, wenn wir die Alterssicherung nicht auf neue Beine stellen. Ohne grundlegende Reformen drohen Sozialversicherungsbeiträge von 65 Prozent und mehr! Notwendig sind deshalb:
쐽 internationale Standards und mindestens 40 Prozent Kapitaldeckungsanteil bei der Alterssicherung sowie 쐽 der Einstieg in die kapitalunterlegte Pflege- und Krankenversicherung.
Die Reformen bei Rente und Gesundheit müssen schon im ersten Regierungsjahr auf den Weg gebracht werden! Private Kapitaldeckung ist notwendig Wir haben Verständnis für die Verunsicherung und Ängstlichkeit der breiten Masse unserer Bürger. Die Bürger haben ein gutes Sensorium dafür, dass tiefgreifende Reformen notwendig sind. Die Bevölkerung ist in diesem Punkt weiter als viele Politiker glauben möchten: Die Politik muss aufhören, dem Bewusstsein der Bürger hinterherzuhinken. Die Union ist im Gegensatz zur SPD hier in der richtigen Richtung unterwegs. Enttäuschend bleibt jedoch: Im Wahlprogramm der Union fehlt die Forderung nach privater Kapitaldeckung im Gesundheitswesen. Die Union hat schon bei der Rente den Einstieg in die international übliche Kapitaldeckung verpasst. Bei der Gesundheitspolitik sollte sie nicht den gleichen Fehler machen. Bildungssystem braucht mehr Wettbewerb Bei Bildung und Innovation muss Deutschland wieder internationale Spitzenpositionen erreichen. PISA stand früher für den schiefen Turm. Heute denken dabei alle an die Schieflage unseres Bildungssystems. Die Wettbewerbsfähig-
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쐽 Wissenschaft und Praxis müssen durch die Förderung von Unternehmensausgründungen aus den Universitäten wieder enger verzahnt werden. Wir können es uns in Deutschland nicht länger leisten, uns auf die Ausbildung von Museumswärtern zu konzentrieren. In den letzten zehn Jahren ist
쐽 der Anteil der Sprach- und Kulturwissenschaftler unter den Studenten auf über 20 Prozent angestiegen, 쐽 während im Ingenieurwesen der Anteil auf weniger als 18 Prozent gefallen ist.
... keit einer Industrienation beruht auf Wissensträgern, die gut ausgebildet und kreativ sind. Unsere Zukunft beruht auf bester Bildung. Es ist überhaupt nicht einzusehen,
쐽 dass ein Handwerker, der die Meisterausbildung anstrebt, für die Prüfungsvorbereitung und die Prüfungsgebühren einen beachtlichen Anteil der bis zu 13.000 € aus eigener Tasche zu zahlen hat, 쐽 solange Ärzte, Juristen und Ingenieure an Universitäten ohne Gebühren studieren können. Nicht nur das Bundesministerium für Bildung und Forschung, sondern auch die Kultusministerkonferenz sollten hier endlich für Abhilfe sorgen. Ein bedeutender Politiker dieser Republik musste sich einmal entschuldigen für den Satz: „Im Vergleich zur Kultusministerkonferenz ist der Heilige Stuhl eine reformfreudige Veranstaltung.“ Wenn die Kultusministerkonferenz schnelle Reformen verweigert, dann wird es in Zukunft keinen Anlass mehr geben können, sich für eine solche Aussage zu entschuldigen. Sinn der Studiengebühren ist es, unser Bildungssystem wieder leistungsfähiger zu machen. Der Grundsatz dabei muss natürlich bleiben, dass keiner, der von seinen Fähig80 trend
keiten und seiner Leistungsbereitschaft her zum Studium geeignet ist, aus finanziellen Gründen daran gehindert wird. Es gibt heute genügend Finanzmodelle, die es den später besser Verdienenden erlauben, einen Teil der Kosten, die die Gesellschaft für ihre Ausbildung aufgebracht hat, wieder zurückzuzahlen. Roman Herzog hat 1997 in seiner Bildungsrede auf dem Berliner Gendarmenmarkt nachdrücklich gewarnt: „Wer glaubt, auf Leistungen der Schule verzichten zu können, schafft Kuschelecken, aber keine Bildungseinrichtungen für das 21. Jahrhundert!“ Unser Bildungssystem braucht dringend mehr Internationalität, mehr Wettbewerb und mehr Leistungsorientierung sowie eine gezielte Elitenförderung. Wie weit ist es eigentlich in Deutschland gekommen, wenn es im Wesentlichen nur noch drei Institutionen gibt, die sich ihre Klientel nicht selbst suchen können: Schulen, Hochschulen und Gefängnisse!
쐽 Im Jahr 2004 werden nur sechs Prozent der Studenten einen Abschluss im Schlüsselbereich Informatik aufweisen. Verheerend wirkt sich aus, dass bei uns ein Informatikstudium an der Universität sieben Jahre dauert – im europäischen Ausland sind es nur vier Jahre. Zugleich liegt die Abbrecher-Quote in diesem Fach bei 70 Prozent. Mitschuld daran ist auch die Praxisferne unserer Universitäten. Wenn wir diese fundamentalen Mängel nicht schleunigst beseitigen, vergeuden wir unsere wichtigste Ressource für Wachstum und Fortschritt und damit die Zukunft der nächsten Generationen. Mut macht attraktiv – Mut schafft Gerechtigkeit Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut. Ohne Mut wird uns die neue Balance, die Balance für das 21. Jahrhundert zwischen Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Wettbewerbsfähigkeit nicht gelingen. Die Sozialdemokratie hat uns mit ihrer Philosophie aus dem letzten Jahrhundert von Wachstum und Innovation weggeführt.
Deshalb:
쐽 Die Universitäten müssen sich ihre Studenten selbst auswählen können. 쐽 Lehrer und Professoren sollten nur noch in Ausnahmefällen verbeamtet werden und nur nach Verdiensten in Forschung und Lehre.
Wir alle sind gefordert, ein Beispiel zu geben und ein mutiges Profil mit Ecken und Kanten in das neue Regierungsprogramm einzubringen. Es geht um unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder und unserer Mitarbeiter. Es geht um den Fortschritt in Deutschland. Mut macht attraktiv. Mut schafft Gerechtigkeit. 앬 III. Quartal 2002
Abends wird der Faule fleiĂ&#x;ig
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Dem Prinzip der Verantwortung entsprechen Vornehmste Aufgabe demokratischer Politik Rüdiger von Voss
verbessert werden. Deshalb werden wir auch als nächste Aufgabe unsere EDVInfrastruktur den modernen Erfordernissen anpassen. Hierfür sind auch Rücklagen gebildet worden. Hinweisen darf ich auf unsere Zeitschrift „trend“. Sie können aus den letzten Nummern ersehen, dass wir unseren Auftritt auch hier deutlich verbessert haben. Zum Jahreswechsel belief sich der Mitgliederbestand auf 9.493 Mitglieder. Wir haben einen Nettozuwachs von 3,1 Prozent erreicht und setzten damit den Aufwuchs des Mitgliederbestandes der letzten Jahre fort. Wir müssen auch in Zukunft unsere Anstrengungen fortsetzen, das Fundament des Wirtschaftsrates weiterhin zu stärken, damit wir den auf uns zukommenden Aufgaben gewachsen sind. Mit 1.114 Veranstaltungen im Jahre 2001 legen wir eine Veranstaltungsbilanz vor, die dem gesteigerten Informationsund Kommunikationsbedarf unserer Mitgliedschaft entspricht.
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it der dritten Bundesdelegiertenversammlung in Berlin kann vermeldet werden, dass der Wirtschaftsrat seinen Platz im Umfeld des Parlamentes und im Konzert der unternehmerischen Berufsverbände gefunden hat. Mit dem Ablauf dieses Jahres werden wir auch die Lasten des Umzuges erfolgreich bewältigt haben.
Es gibt also allen Anlass, dem Präsidium, dem Bundesvorstand und der gesamten Bundesdelegiertenversammlung herzlich für die Begleitung zu danken. Es steht uns auch gut an, noch einmal unserem Ehrenpräsidenten, Dieter Murmann, und unserem ehemaligen Schatzmeister, Hartwig Piepenbrock, für ihre jeweils langen und erfolgreichen Amtszeiten zu danken. Beide sahen es als eine persönliche Verpflichtung an, selbst noch den Umzug 82 trend
nach Berlin mitzuvollziehen. Dieses hohe Engagement ist von Dr. Kurt Lauk, dem neuen Präsidium sowie unserem neuen Schatzmeister, Dr. Carl Hermann Schleifer, fortgesetzt worden. Auch ihnen gilt unser herzlicher Dank für die Unterstützung in der zurückliegenden Zeit.
Mit der Einrichtung einer Landesgeschäftsstelle für den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin ist eine wesentliche Organisationslücke geschlossen worden. Der deutlich gewachsene Landesverband Hessen, der jetzt auf einen Bestand von 1.000 Mitgliedern zugeht, ist mit einem Referenten personell verstärkt worden. Wir gehen davon aus, dass mit dieser Personalverstärkung die deutlich intensivierte Arbeit des Landesverbandes erfolgreich fortgesetzt werden kann.
2001 haben wir unseren Bericht schwerpunktmäßig auf das mediale Umfeld konzentriert, in dem wir uns mit unserer Arbeit bewegen. Mit der in der Zwischenzeit vollzogenen Erneuerung und ständigen Pflege unseres Internetauftrittes haben wir neue Kommunikationsebenen betreten, die auch in Zukunft ausgebaut werden müssen.
Unter der Leitung von Dr. Lauk hat sich das Präsidium in zwei Klausurtagungen eindringlich mit allen Fragen der Organisation, der Finanzen und der sachpolitischen Arbeit des Wirtschaftsrates beschäftigt. Der Bundesschatzmeister, Dr. Schleifer, behandelt in einer Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Bundesgeschäftsführung und der Landesverbände Fragen der Mitgliederwerbung und der inneren Kommunikation.
Das Fundament weiterhin stärken Die Vernetzung zwischen der Bundesebene und den Landesverbänden muss
Der Wirtschaftsrat ist unternehmerischer Berufsverband mit der satzungsmäßigen Aufgabe, III. Quartal 2002
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... 쐽 aktiv und möglichst kompetent an der Erhaltung und Fortentwicklung einer Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft mitzuwirken, 쐽 deutlich Position zu beziehen und für die Anliegen seiner Mitglieder einzutreten sowie 쐽 an der Formulierung einer modernen Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft im Kontext einer globalisierten Weltwirtschaft gestaltend mitzuwirken. Bei allen unseren großen Tagungen, insbesondere bei den Wirtschaftstagen nach dem Umzug nach Berlin sind wir deshalb bestrebt, die Außenansicht auf Deutschland zu akzentuieren und gleichzeitig neue Begründungen für dringend notwendige Reformen unserer Wirtschafts- und zugleich Staatsordnung auf den Weg zu bringen. Auch wir danken unseren acht Bundesfachkommissionen herzlich für die Arbeit im Jahr 2001. Deutschland leidet unter Wahrnehmungslücken Mit der Einrichtung vertraulich tagender „Sachverständigengespräche“ wenden wir uns mit Intensität den aktuellen Themen der Finanz-, Wirtschaftsund Sozialpolitik zu. Außerhalb öffentlicher Wahrnehmung werden hier die Sachfragen behandelt, die von Konflikten und von einem hohen Abstimmungsbedarf gekennzeichnet sind. Dies alles spiegelt eine Lage wieder, die Deutschland in besonderer Weise charakterisiert. Nach wie vor müssen wir leider feststellen, dass Deutschland anders als andere vergleichbare Staaten unter Wahrnehmungslücken leidet. Diese führen entweder zu Blockaden bei Reformvorhaben oder aber zeigen, dass es uns kaum gelingt, pragmatische und zeitnahe Schlussfolgerungen aus Fehlentwicklungen zu ziehen, die inzwischen dazu geführt haben, dass dieses Land eine uns alle besorgende Wachstumsschwäche ausweist. Russlands Präsident Putin beklagte jüngst in seiner Botschaft zur Lage der Nation die Reformblockaden in seinem Land. Seine Warnung lautet: „In der heutigen Welt will uns niemand mehr befehden. Aber auf uns wartet auch niemand. III. Quartal 2002
Um einen Platz an der Sonne müssen wir selber kämpfen!“ Diese Worte könnte man auch im Deutschen Bundestag sagen. „Ordnungspolitisches Gewissen“ neu gefordert Aufmerksame, ausgesprochen gutwillige Beobachter und Begleiter des Wirtschaftsrates weisen uns heute darauf hin, dass neue Anstrengungen unternommen werden müssen, um die ordnungspolitischen, historisch gewachsenen Wissensbestände der Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft zu bewahren und für die Zukunft als Gestaltungsmodell einer modernen und zugleich aufgeschlossen Wirtschaftsordnungspolitik zu erhalten. Insoweit ist der Wirtschaftsrat als „ordnungspolitisches Gewissen“ neu gefordert, damit die „Akten der Sozialen Marktwirtschaft“ nicht in Vergessenheit geraten. Jeder, der sich jemals intensiv mit den Denkschriften der Freiburger Schule, mit den Programmschriften von Ludwig Erhard und Müller-Armacks beschäftigt hat, weiß, dass eine gestaltende Politik ohne eine geistig tragfähige Fundamentierung nicht lebensfähig ist. Der Generalsekretär der CDU, Laurenz Meyer, sagte in einem erläuternden Schreiben zur sogenannten „Stoiber Kampagne“ vom 4. April d. Jahres: „Wir müssen die Wählerinnen und Wähler davon überzeugen, dass die Union die besseren Ideen hat, um die Probleme Deutschlands zu bewältigen.“ Dies ist richtig und verlangt, dass intensiv daran zu arbeiten ist, dass die Ideengrundlagen und die hierauf basierenden Vorschläge einer „Ordnungspolitik der Sozialen Marktwirtschaft“ plausibel begründet sind. Aus einer solchen Anlage von Reformpolitik muss neue Glaubwürdigkeit entspringen, die nicht nur Wähler überzeugt, sondern auch Ausweis dafür ist, dass dieses Land aus einer lang anhaltenden Blockade ihrer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik befreit werden kann. Mut macht attraktiv Wir sagen überzeugt: Mut macht attraktiv! Es bleibt auch dabei: Politische Führung bedeutet im Kern, den Vorentwurf in die Zukunft zu wagen, ohne sicher sein zu können, dass Mehrheiten zu gewinnen sind.
Wir wissen heute: Hätte man den NATO-Doppelbeschluss „Runden Tischen“, „Konsensrunden“ welcher Art auch immer ausgeliefert, so wäre diese existentielle Entscheidung für unser Land niemals so ausgefallen, wie sie dann doch gefällt worden ist. Hätte man den „Euro“ den Widersprüchen und Gegnerschaften ausgeliefert, die im Zuge der Formulierung dieser Politik zu Tage traten, wäre diese Schwelle zu einer Neuformierung europäischer Politik niemals erfolgreich überschritten worden. Nicht die „Mehrheitsfrage“ war bei diesen Entscheidungen ausschlaggebend. Entscheidend war der politische Wille, diesen Weg einzuschlagen, von dem die Überlebensfähigkeit und Existenzkraft unseres Landes und der Europäischen Gemeinschaft abhing. Wir sehen heute: Diese Politik war nicht nur richtig. Sie war zugleich eine Vorbereitung für die Osterweiterung der Europäischen Gemeinschaften. Es mag ja richtig sein, dass bei der Formulierung von Rechten eine Regierung, wie es General de Gaulle gesagt haben soll, „kurz und dunkel“ sein soll, um der Regierung Bewegungsspielraum zu lassen. Wir bleiben aber davon überzeugt, dass Bürger einer Politik bereitwillig folgen, die Zukunftsaufgaben auch dann klar beschreibt, wenn Opfer verlangt werden müssen. An diesem Punkt wird sich mitentscheiden, ob bei der Bundestagswahl zukunftsfähige Mehrheiten gewonnen werden können. Hierzu können wir nur das unterstreichen, was Dr. Lauk deutlich werden ließ: Vornehmste Aufgabe demokratischer Politik ist und bleibt es, dem Prinzip „Verantwortung“ zu entsprechen. Politische Verantwortung in einer Demokratie entscheidet sich an der Frage, ob Parteien und Regierung Wahrheiten so beschreiben, dass dem Bürger Mitverantwortung für das Schicksal seines Landes abgefordert werden kann. Abkehr und Misstrauen gegenüber der Politik ereignen sich immer dann, wenn demokratische Politiker nicht den Mut besitzen, den Bürgern unabweisliche Entscheidungen und damit auch Veränderungen der Politik so darzustellen, dass sie darauf mit einem klaren Ja oder Nein antworten können.
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Das hat sich an der Rentenpolitik der letzten Regierung überaus deutlich gezeigt. Das erleben wir heute bei der Steuerpolitik und insbesondere bei der Sozialpolitik dieses Landes, die heute schon den sozialen Rechtsstaat an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit führt. Wer allerdings glaubt, schwierigen Entscheidungen durch Verschweigen oder gar Täuschung ausweichen zu können, wird die Glaubwürdigkeit der demokratischen Ordnung und damit der Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft in unverantwortlicher Weise beschädigen. Aus diesem Grunde sagen wir: Nur mit einem gesteigerten Engagement der Verantwortungsträger, der ehrenamtlich Mitwirkenden, der Unternehmer vor Ort, der Mitarbeiter des Wirtschaftsrates auf Bundesebene und auf Länderebene werden wir imstande sein, unserer Verantwortung zu entsprechen, die in unserer Satzung eindeutig beschrieben ist. „Überzeugungsgemeinschaft“ Der Wirtschaftsrat ist im Kern seiner ordnungspolitischen Grundüberzeugungen eine „Überzeugungsgemeinschaft“. Nicht der einzelwirtschaftliche und der einzelbetriebliche Nutzen ist die Existenzfrage an den Wirtschaftsrat.Entscheidend bleibt die in seinem Gesamtauftritt deutlich werdende Fähigkeit, für eine Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft unter
veränderten Bedingungen kraftvoll arbeiten zu können. Der eigentliche Nutzen unserer Arbeit ist die „Rückversicherung“ für freiheitliche Betätigung und soziale Mitverantwortung. Wer einer Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft zu dienen bereit ist, dient der Freiheit der Unternehmer und zugleich der freiheitlichen Gestaltung unserer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik für alle Bürger. Er dient unserem Lande und auch einer freiheitlichen Gestaltung europäischer Politik. Wenn wir nächstes Jahr am 17. Juni 2003 das 40-jährige Bestehen des Wirtschaftsrates begehen, werden wir diesen Anforderungen neu entsprechen und diese überzeugend darstellen müssen. Nur wenn wir aus einer solchen inneren Überzeugung handeln, wird sich die Kraft für die Aufgaben mobilisieren lassen, die wir für morgen benötigen. Unternehmer zu sein, heißt Zukunft zu erkennen und vorab zu gestalten. Aus diesem Grunde sind wir von einem kraftvollen Optimismus für die Zukunft des Wirtschaftsrates getragen. Revision der Staatstätigkeit muss auf die Agenda Unsere Konzeption verdeutlicht zum einen unsere Grundüberzeugungen. Zum anderen beschreibt sie die von uns für not-
wendig gehaltenen Reformen unserer Staats- und Wirtschaftsordnung. Unser programmatisches Bemühen war insbesondere darauf konzentriert, für die Reformen des sozialen Rechtsstaates neue Plausibilitäten zu finden. Zugleich ist es der Versuch, Strategien gegen das Staatsversagen zu beschreiben, das wir glauben diagnostizieren zu müssen. In einer Hommage zum 10. Todestag des Ökonomen und Sozialphilosophen Friedrich August von Hayek erinnert uns Kurt Leube in einem Aufsatz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an die Warnung Hayeks, dass auch der „betreuende Wohlfahrtsstaat“ in einer unbeschränkten Demokratie keinerlei Garantien für die Aufrechterhaltung individueller Freiheit biete. Wolfgang Reinhard beschreibt in seiner bedeutsamen „Geschichte der Staatsgewalt“ den modernen Interventions- und Sozialstaat als eine „totale Endstufe von Staatsgewalt“. Wolfgang Kersting spricht in seinem schwergewichtigen Buch zu den „Theorien der sozialen Gerechtigkeit“ von dem „überbeanspruchten Sozialstaat“, der in seiner Wirkung individuelle Freiheiten beschädigt und die Leistungsfähigkeit der Demokratischen Ordnung als Ganzes in Frage stellt. Seine kritische Beschreibung des staatlichen Mandats zur Verteilung wird von uns geteilt, wenn er sagt: „Nur innerhalb des durch politische Solidarität gezogenen Rahmens der bedürfnisorientierten mitbürgerlichen Hilfsbereitschaft gibt es legitimes staatliches Verteilungshandeln.“ Die Tarifverhandlungen des Jahres 2002 legen die Vermutung nahe, dass die Gewerkschaftsmacht nicht mehr davor zurückscheut, den Staat als Ganzes zu provozieren. Damit ist die Frage der Gewerkschaftsmacht in unserem Staate zu einer kritischen Masse geworden, mit der wir uns über die Mitbestimmung hinaus streitfähig beschäftigen müssen. Über unsere Positionierung hinaus glauben wir sogar, dass in der nächsten Legislaturperiode eine Gesamtrevision der
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... Staatstätigkeit auf die Agenda der Politik kommen muss. Die Gefahr von Staatsversagen ist aktuell Die Gefahr von Staatsversagen ist aktuell. Die Neuverschuldung des Staatshaushaltes weist darauf hin, dass staatliche Ausgaben nicht ausreichend effizient betrieben werden. Die Folge ist, dass der demokratische Staat zunehmend vor der Gefahr des Versagens seiner Institutionen steht. Die Auseinandersetzungen um die Organisationsreform der Bundesanstalt für Arbeit ist nur ein Signal unter vielen anderen. Die Verschwendung von Transferleistungen, die Unfähigkeit, den Sozialstaat auf Bedürftigkeitskriterien neu auszurichten, sind alles Zeichen dafür, dass der demokratische Staat von Gruppeninteressen usurpiert wurde. Damit werden die politischen Gestaltungsspielräume immer enger eingegrenzt. Uns wird die Chance genommen, neue Zukunftsaufgaben rechtzeitig aufzugreifen und zu gestalten. Die bisherige Familienpolitik unseres Landes liefert Hinweise darauf, dass wir die Zukunft unseres Staates gefährden, wenn nicht bald neue Prioritäten gesetzt werden. Das Wahlprogramm der Union weist in eine neue Richtung und deshalb müssen auch wir uns damit beschäftigen.
Es geht um die persönlich zuzuordnende Verantwortung für gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die heute immer deutlicher in den Vordergrund tiefgreifender Auseinandersetzungen geraten. Die Frage nach Freiheit und Solidarität Wir sprechen deshalb auch von der Notwendigkeit einer umfassenden Organisationsreform der Bundesregierung und der Bundesverwaltung. Gleiches gilt für das Regierungs- und Verwaltungshandeln auf Länderebene und auf der Ebene der Kommunen. Jürgen Jeske fordert zurecht eine „Staatsordnungspolitik“, um die Ordnungspolitik der Sozialen Marktwirtschaft zukunftsfest zu machen. Dies meint: Freiheit und Gerechtigkeit müssen an den Prinzipien der Marktkonformität orientiert werden. Um es deutlich zu sagen: Weitere Reformen der Renten- und Sozialversicherungen müssen auf den Weg gebracht werden. Wir werden in der kommenden Legislaturperiode vor die Frage gestellt sein, ob es gelingt, die Staatstätigkeit als Ganzes zum Gegenstand kompetenter und zugleich kritischer Auseinandersetzungen zu machen. Voraussetzung dafür ist, dass eine solide Debatte nicht wiederum mit ideologischen Vorbehalten befrachtet wird, die jede Reform von Anbeginn an diskreditieren.
Es mag provozierend klingen, aber wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, ob der Sozialstaat in zunehmendem Maße zu einer bloßen „Verteilungsmaschine“ degeneriert ist. Friedrich August von Hayek sprach in diesem Zusammenhang von der Gefahr einer „Wohlstandsdiktatur“. Wolfgang Reinhard spricht vom „Zusammenhang von Sozialstaat und Totalstaat“. Wolfgang Kersting formuliert überaus eindrucksvoll, wenn er sagt: „Die Gleichheitspolitik der Verteilungsgerechtigkeit beruht auf einer systematischen Verletzung, der dem Liberalismus heiligen Grenze zwischen dem Inneren und dem Äußeren, dem Privaten und dem Gesellschaftlichen.“ Er sagt dann: „Diese Gleichheitspolitik sprengt die personale Einheit auf, sie beraubt den Menschen seiner Individualität und reduziert ihn auf eine Maschinerie volksproduktiver Eigenschaften, die zuerst einer ökonomischen Evaulation und dann einer kompensatorischen Egalisierung unterzogen werden.“ Es ist eben keine Provokation, sondern eine Wahrheit, wenn Wolfgang Kersting sagt: „Der Wohlfahrtsstaat setzt die Atomisierungstendenzen der kapitalistischen Wirtschaftsgesellschaft fort. Der Wohlfahrtsstaat ist eine bürokratische Meisterleistung der Versorgungstechnik, aber er ist darum zugleich auch ein effek-
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Insgesamt gilt: Ohne eine Organisationsreform der Staatstätigkeit wird es nicht gelingen, die Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft auf neue Zukunftsaufgaben einzurichten. Aus diesem Grunde schlagen wir eine Kommission für die Modernisierung des Landes unter einer neuen Regierung vor. Dann allerdings müssen Kernkompetenzen der Staatstätigkeit, die Privatisierung der öffentlichen Aufgaben, die Neuausrichtung gesellschaftlicher Verantwortung und individueller Mitverantwortung auf die Tagesordnung gesetzt werden. Dazu gehören eine umfassende Verschlankung der Gesetzgebungs- und Verwaltungsregeln, die Straffung des Beamtenrechtes sowie eine Neudefinition der „Durchgriffsverantwortung“ für politische Tätigkeit und für Verwaltungshandeln. III. Quartal 2002
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das ernste Motiv, auch bei Streitfragen, Mut und Zivilcourage zu beweisen. Fähig zu ehrlicher Kritik Wir müssen auch gegenüber eigenen Freunden zu ehrlicher und aufrichtiger Kritik fähig sein. Wir wollen damit den ethischen Geboten entsprechen, die den Gründern unserer Republik ermöglicht haben, Demokratie und Soziale Marktwirtschaft für dieses Land durchzusetzen. Wohlstand für alle war ein Programm für persönliche Freiheit und zugleich persönliche Verantwortung. Hieraus erst erwuchs die Dynamik des Erhard’schen Programms „Wohlstand für Alle“.
... tives Unternehmen der Bürgerverhinderung.“ Übersetzen wir diese zugegebener Maßen zugespitzten Formulierungen, so stehen wir heute vor der Frage: Welches Verständnis haben wir von individueller Freiheit, von persönlicher Handlungsmöglichkeit? Welches Verständnis haben wir von Freiheit und Solidarität im demokratischen Staat und der auf ihn angelegten Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft? Wer alles dies heute sagt, steht erneut vor dem Vorwurf, den Umbau des sozialen Rechtsstaates nur mit dem Ziel zu verfolgen, soziale Errungenschaften abzubauen, und damit die Erwartungen auf soziale Gerechtigkeit in unserer Ordnung zu verringern. Wir sollten uns auf diesen Streit einlassen, weil diese Totschlag-Argumente jedes Bemühen um eine chancenreiche Zukunft verschütten. Mit Kraft die Bedürftigkeitsfrage stellen Der soziale Rechtsstaat ist auf Existenzsicherung in einer Weise angelegt, keinen Bürger so in Not geraten zu lassen, dass er aus dem Solidaritätszusammenhang freier Bürger herausfällt. Wer dies allerdings ernst nimmt, muss alles tun, damit die Ausweichreaktionen der Bürger in den schwarzen Markt und 86 trend
den Missbrauch von Transferleistungen verhindert werden. Denn diese beschädigen die solidarische Ordnung der Demokratie in einer Weise, die nicht mehr verantwortbar ist. Wer den sozialen Rechtsstaat zukunftsfähig machen will, muss die Kraft besitzen, die Bedürftigkeitsfrage im Interesse der solidarischen Mitverantwortung aller Bürger zu stellen. Wer den demokratischen Staat in seiner Handlungsfähigkeit erhalten will, muss die Ordnungspolitik der Sozialen Marktwirtschaft durch eine „Staatsordnungspolitik“ ergänzen.
Herbert Kremp warnte davor, Polarisierungsfallen zu umgehen und den politischen Anspruch auf Regierungstätigkeit aus der „Tiefe der Leere“ zu erheben. Auch der Wirtschaftsrat ist also geistig gefordert, seine programmatischen Vorstellungen notfalls im streitbaren Widerspruch zu begründen, um damit an der programmatischen Gestaltung zukünftiger Regierungstätigkeit konstruktiv und kritisch mitwirken zu können.
Wir haben vor längerer Zeit von der Notwendigkeit einer neuen „Ethik der Generationenverantwortung“ gesprochen:
Ein festes Fundament für unsere Kinder und Kindeskinder Ludwig Erhard sagt am Ende seines bedeutsamen, heute wieder gültigen geistigen Vermächtnisses in seinem Buch „Wohlstand für Alle“: „Unser Tun dient nicht nur der Stunde, dem Tag oder diesem Jahr. Wir haben die Pflicht, in Generationen zu denken und unseren Kindern und Kindeskindern ein festes Fundament für eine glückliche Zukunft zu bauen. Ich lege vor jedem Bürger unseres Volkes das Versprechen ab, all meine Kraft, mein Wissen und meine ganze Erfahrung für die Sicherung unserer inneren und äußeren Freiheit, für die Festigung des demokratischen Lebens und für das Wohlergehen des Deutschen Volkes einzusetzen. In einer sich bewegenden Welt werden wir nicht erstarren dürfen, aber wir haben die Pflicht, in der Verfolgung der Ziele unserer Politik fest zu bleiben.“
Eine solche Ethik stellt sich der Frage, ob wir zu unserer Zeit imstande gewesen sind, die Freiheitschancen und Handlungsmöglichkeiten für die nach uns kommenden Generationen zu gewährleisten und zu stärken. In dieser Frage liegt
Er schließt mit den Versen: „Denn der Mensch, der zur schwankenden Zeit auch schwankend gesinnt ist, der vermehret das Übel und breitet es weiter und weiter. Aber wer fest auf dem Sinne beharrt, der bildet die Welt sich.“ 앬
Das Ziel ist klar: Es geht im Kern um die „innere Souveränität“ des demokratischen Staates, wenn wir heute über Reformen sprechen, die Voraussetzung dafür sind, dass wir neue Aufgaben bewältigen und unseren Staat zukunftsfähig werden lassen können.
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Ludwig-ErhardGedenkmedaille und Ehrenmitgliedschaft Egon Klopfleisch ausgezeichnet Präsidium und Bundesvorstand des Wirtschaftsrates beschlossen einstimmig, Egon Klopfleisch mit der Ehrenmitgliedschaft und der Ludwig-Erhard-Gedenkmedaille auszuzeichnen. Der Präsident, Dr. Kurt J. Lauk, erklärte in seiner Laudatio vor der Bundesdelegiertenversammlung u. a.: „Es ist eine gute Tradition des Wirtschaftsrates, seinen Dank und Respekt für besondere Leistungen im ehrenamtlichen Engagement im Interesse unserer Organisation zum Ausdruck zu bringen und zu bezeugen. Die Bundesdelegiertenversammlung ist auch der Ort, um erkennbar werden zu lassen, welche Bedeutung wir der unternehmerischen Einsatzbereitschaft in unserer Organisation zumessen.
beigetragen, dass wir unsere Organisationsstrukturen in den neuen Bundesländern schnell und zügig aufbauen und handlungsfähig werden lassen konnten. Im Frühjahr dieses Jahres hat er sich aus dem Präsidium zurückgezogen. Wir haben an seiner Stelle Hermann-Josef Lamberti in das Präsidium berufen. Als Ehrenmitglied des Wirtschaftsrates wird Egon Klopfleisch auch in Zukunft als Ratgeber an unserer Seite stehen und uns helfen, die besonderen Interessen unserer Freunde in den neuen Bundesländern im Auge zu behalten. Bald wird er nun auch den Landesvorsitz in Thüringen an seinen Nachfolger übergeben. Sie, lieber Herr Klopfleisch, zeigen einmal mehr mit dieser
Entschlossenheit, für die Zukunft vorzusorgen, in beispielhafter Weise Verantwortungsbewusstsein und die Sie so überaus kennzeichnende noble Gesinnung. Wir danken Ihnen für Ihren Einsatz für den Wirtschaftsrat der CDU. Sie haben sich um den Aufbau der marktwirtschaftlichen Ordnung in den neuen Bundesländern verdient gemacht. Wir hoffen sehr, dass Ihr Vorbild unsere Mitglieder nicht nur in Thüringen, sondern weit darüber hinaus ermuntert, uns auch in der vor uns liegenden Zeit zu helfen, den Wirtschaftsrat zu stärken und als Anwalt der Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft kraftvoll zu arbeiten.“
Es ist mir eine besondere Freude, unser Mitglied des Präsidiums und Vorsitzenden des Landesverbandes Thüringen, unseren Freund Egon Klopfleisch, mit Ihrer aller Zustimmung zum Ehrenmitglied und Träger der Ludwig-ErhardGedenkmedaille des Wirtschaftsrates der CDU in Silber zu berufen. Egon Klopfleisch ist Mitglied des Wirtschaftsrates seit dem 1. September 1990. In der Gründungsphase der Landesverbände in den damals noch so neuen Bundesländern hat sich Egon Klopfleisch als damaliges Mitglied des Vorstandes der Umform- und Kunstofftechnik AG Erfurt bereiterklärt, den Landesvorsitz im Wirtschaftsrat Thüringen zu übernehmen. 1991 wurde er zum Mitglied des Präsidiums des Wirtschaftsrates berufen und hat dann maßgeblich dazu III. Quartal 2002
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Wirtschaftstag 2002
Freiheit für Bürger und Märkte Reformagenda Soziale Marktwirtschaft Prof. A. Michael Spence Ph. D. Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 2001, Stanford University
Die transatlantische Partnerschaft vor neuen Aufgaben Der amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Michael Spence, hob den Einfluss der rasanten Entwicklung in der Informationstechnologie in den vergangenen zehn Jahren auf die Produktivität der Volkswirtschaften hervor. Schon in den 40 Jahren zuvor habe sich zwar die Leistung von Computerprozessoren alle 18 Monate verdoppelt. Jedoch hätten Ökonomen keinen signifi88 trend
kanten Einfluss der Informationstechnologie auf die Produktivität hoch entwickelter Volkswirtschaften messen können, betonte Spence. Die Verbreitung des Internets habe hingegen die ökonomischen und gesellschaftlichen Beziehungen weltweit stark verändert, sagte der Wirtschafts-Nobelpreisträger des vergangenen Jahres. Dies sei zwar keine Revolution, wie oft behauptet werde, „gleichwohl aber
eine enorm schnelle, bis vor zehn Jahren weder gekannte noch erahnte evolutionäre Entwicklung für die Produktivität wirtschaftlicher Prozesse“. Die entscheidende Veränderung durch die Entwicklung eines Standardübertragungsprotokolls, das dem weltweiten Datennetz zu Grunde liegt, sei aus ökonomischer Sicht der rasante Rückgang so genannter Transaktionskosten. Durch das World Wide Web seien III. Quartal 2002
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... Datenbanken auf der ganzen Welt simultan und zu jeder Zeit verfügbar – ganz gleich ob Anwender oder Programmierer von den USA, Europa oder dem asiatischen Kontinent aus auf Informationen zugriffen. Das Internet habe aus dieser Sicht regelrecht für eine Überwindung von zeitlichen und räumlichen Distanzen gesorgt. Friktionen wie etwa Suchprozesse, die ökonomische Prozesse verlangsamen und verteuern, würden durch das Internet deutlich verringert. Potenzielle Marktpartner fänden über das Netz schneller zusammen, erläuterte Spence. Dies führe auch dazu, dass mehr und mehr Arbeiten aus den Unternehmen ausgegliedert werden könnten, etwa weil es kaum noch eine Rolle spiele, ob ein Programmierer von Indien oder den USA aus seiner Arbeit nachgehe. Noch bedeutender aber seien die bis vor wenigen Jahren kaum vorstellbaren Produktivitätsfortschritte, die durch das weltweite Datennetz in wissensbasierten Volkswirtschaften Einzug hielten. Hätten zurzeit der industriellen Revolutionen noch Wachstumsraten von rund einem Prozent aus wirtschaftlicher Sicht eine neue historische Epoche eingeläutet, seien heute wegen des Produktivitätsschubs Wachstumsraten von bis zu zehn Prozent möglich, betonte Spence. Dies wiederum habe gravierende Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. In Volkswirtschaften, die mit rund einem
Prozent pro Jahr wachsen, hätten Arbeitnehmer die Gewissheit, nur einmal im Laufe ihres Lebens einen Beruf erlernen zu müssen und diesen im Laufe ihres Erwerbslebens auch nicht wechseln zu müssen. Wachse eine Wirtschaft dagegen über einen längeren Zeitraum mit vier Prozent pro Jahr, entwickele sich die Gesellschaft durch den langfristig weit höheren Wachstumspfad aufgrund des jedes Jahr akkumulierten Wachstums ganz anders. Arbeitnehmer, betonte der Wirtschaftswissenschaftler, müssten viel flexibler sein als früher, weil sie im Laufe ihres Lebens aufgrund des beschleunigten Strukturwandels mindestens zwei Mal einen neuen Job erlernen müssten. Voraussetzung für eine solche Entwicklung seien allerdings flexible Arbeitsund Kapitalmärkte, unterstrich Spence. Menschen und Kapital müssten die Freiheit haben, sich ungehindert dorthin zu bewegen, wo sie ihre höchste Produktivität entwickeln könnten. Aus Sicht der Entwicklungsländer besteht allerdings das Problem extrem hoher Fixkosten, die der Aufbau eines Datennetzes verschlinge. Spence rief die Industrieländer darum dazu auf, die Entwicklungsländer beim Aufbau einer Infrastruktur für die Informationstechnologie zu unterstützen. Offene Grenzen und marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnungen, ein funktionierendes Rechtssystem und gesi-
cherte Eigentumsrechte seien heute allenfalls noch eine notwendige, in Zukunft aber keine hinreichende Bedingung mehr für Wachstum und Wohlstand. Eine weitere Voraussetzung für ein dauerhaft nachhaltiges Wachstum einer Volkswirtschaft sei ein Produktivitätsschub, der heute mehr und mehr von der Ausstattung mit einer zeitgemäßen Informationsinfrastruktur abhänge. Unterstützten die Industriestaaten die weniger weit entwickelten Länder, täten sie auch etwas zur Bereitstellung eines internationalen öffentlichen Gutes, erklärte Spence, weil Wachstum in weniger reichen Ländern auf lange Sicht einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung des weltweiten Terrorismus beitrüge. „Ich glaube nicht nur, dass wir etwas Gutes tun, wenn wir diesen Ländern helfen. Ich bin überzeugt, dass es unsere Pflicht ist, ihnen mehr finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen“, sagte der Wissenschaftler. Spence erinnerte zudem an die heterogene Gruppe der Globalisierungsgegner, die sich heute rund um den Erdball zu Protesten zusammenschlössen. Auch diese müssten wie die Entwicklungsländer von den Vorteilen offener Märkte und der Globalisierung überzeugt werden. „Das marktwirtschaftliche System und offene Volkswirtschaften sind starke Waffen im Entwicklungsprozess“, betonte Spence. Sie seien so wichtig, „weil sie nötig sind für einen effizienten Umgang mit knappen Ressourcen“. Aber es sei eben falsch, heute so zu diskutieren, als seien ein kapitalistisches Wirtschaftssystem und offene Märkte schon hinreichend, um den wirtschaftlichen Aufholprozess in Entwicklungsländern zu sichern. „Und diese Theorien und Überzeugungen sagen uns auch nicht, wo wir ansetzen müssen, um den Entwicklungsländern zu helfen.“ Aus Sicht des Ökonomen ist der wichtigste Punkt, an dem die Industriestaaten ansetzen sollten, das Datennetz, weil es die Voraussetzungen für einen Produktivitätsschub schaffe, aber auch zur Verbreitung von Bildung und Information beitrüge.
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Orientierungspunkte Richtungswechsel: Wachstumspolitik statt Staatsinterventionismus
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eutschland braucht den Richtungswechsel weg vom rot-grünen Staatsinterventionismus hin zu einer wachstumsfördernden Wirtschaftspolitik.
Unser Wohlstand ist seit 1990 von 80 auf 70 Prozent des US-Niveaus gesunken. Wer wirtschaftlich zurückfällt, wird bald auch sozial absteigen. Die Rückkehr Deutschlands an die
쐽 mehr Eigenverantwortung und Kapitaldeckung bei Rente und Gesundheit, 쐽 eine neue Strategie für den Aufbau Ost sowie 쐽 die Stärkung von Bildung und Forschung.
Anforderungen Regierungsprogramm 2002-2006 Verpasste Reformchancen habenan die das Spitze der erfolgreichen WirtschaftsnatioMassenarbeitslosigkeit zementiert, die soziale Sicherung gefährdet und Wachstum verhindert. Deutschland ist EU-Spitzenreiter bei den Unternehmenspleiten und Letzter bei den Unternehmensgründungen.
nen erfordert deshalb vor allem:
쐽 eine Generalrevision der Staatsaufgaben, 쐽 die Auflösung der Arbeitsmarktblockaden, 쐽 eine neue umfassende Steuerreform,
Im Gegensatz zur SPD setzt die Union mit ihrem Regierungsprogramm ein klares Zeichen der Erneuerung. Dieses Signal sollte durch einen straffen Zeitrahmen und schärfere Konturen der Reformvorhaben gestärkt werden.
Anforderungen an das Regierungsprogramm 2002-2006 1. In den ersten 100 Tagen nach der Bundestagswahl sollten ein ordnungspolitischer Kassensturz und ein „Konvent zur Staatsreform“ in Angriff genommen werden Alle europäischen Länder, die in den vergangenen Jahren ihr Haushaltsdefizit und ihre Staatsquote konsequent zurückgeführt haben, erzielen heute die höchsten Wachstumsraten. Die Ziele des Staatskonvents müssen deshalb sein:
쐽 bis 2010 die Reduzierung der Staatsquote von derzeit rd. 49 auf unter 40 Prozent; 쐽 bis spätestens 2006 der völlige Abbau des Defizits von Staats- und Bundeshaushalt; 쐽 klare Zuständigkeiten der Gebietskörperschaften nach der Devise: Wer bestellt, bezahlt; 쐽 die Entflechtung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern. Öffentliche Hände greifen immer in private Taschen. Privatisierung, Subventionsabbau, Einschnitte in den Staatskonsum sowie der Abbau von Gesetzesflut und Genehmigungsbürokratie müssen genutzt werden, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands wieder zu erhöhen. 90 trend
2. Arbeitsmarktblockaden beseitigen – betriebliche Bündnisse für Arbeit stärken Die jüngsten Tarifabschlüsse in der Metall- und Elektroindustrie liegen weit oberhalb des Produktivitätszuwachses und treiben die Arbeitsplätze weiter ins Ausland. Unser Arbeitsmarkt ist inzwischen so stark reguliert, dass erst ab einem realen Wachstum von rund 2,5 Prozent neue Arbeitsplätze jenseits der Schwarzarbeit entstehen, während die Beschäftigungsschwelle in den Vereinigten Staaten nur bei 0,5 Prozent Wachstum liegt. Neue Arbeitsmarkt-Dynamik erfordert unmittelbar nach der Bundestagswahl:
쐽 Die Gesetze zu Scheinselbstständigkeit, befristeten Arbeitsverhältnissen und Teilzeitarbeit müssen zurückgenommen werden. 쐽 Wir brauchen eine echte Modernisierung der betrieblichen Mitbestimmung, die dem Bedarf an flexiblen und schnellen betrieblichen Entscheidungen gerecht wird. 쐽 Der Niedriglohnsektor sollte so ausgebaut werden, dass sich Arbeit künftig stärker lohnt als Nicht-Arbeit. 쐽 Die Bundesanstalt für Arbeit sollte auf Kernkompetenzen konzentriert werden.
쐽 Den Betriebsparteien muss die Abweichung vom Flächentarifvertrag bei qualifizierter Mehrheitsentscheidung der Belegschaft ermöglicht werden – aber ohne Veto-Recht der Gewerkschaften. Der Wirtschaftsrat lehnt ein Tariftreuegesetz auf Bundes- oder Landesebene ab. Ein solches Gesetz ist wettbewerbsfeindlich und vernichtet weitere Arbeitsplätze, gerade in den neuen Bundesländern. Statt Unternehmen außerhalb des Flächentarifvertrages zu benachteiligen, brauchen wir dringend mehr betriebliche Bündnisse – die schaffen Arbeit! 3. Umfassende Steuerreform zu Beginn der Legislaturperiode verabschieden! Die Union sollte gerade wegen der jüngsten Steuerschätzung nicht von ihren Steuerplänen abrücken und schnellstmöglich ein Wachstumssignal für die bisher benachteiligten mittelständischen Unternehmen geben. Selbst nach der neuen Prognose nimmt das Steueraufkommen Jahr für Jahr weiter zu. 2006 werden rund 90 Milliarden € – oder 20 Prozent mehr Steuern gezahlt werden müssen als 2001. Nachhaltige Steuersenkungen sind III. Quartal 2002
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... zugleich der entscheidende Schlüssel, um ein neues Mittelstandsterben durch Basel II zu verhindern. Noch im ersten Regierungsjahr sollte ein dreistufiges Gesamtkonzept zur Steuerreform parlamentarisch verabschiedet werden.
쐽 Erste Stufe 2003: Aussetzen der weiteren Ökosteuer-Erhöhung. 쐽 Zweite Stufe 2004: Abschaffung der Gewerbesteuer und Senkung des Einkommensteuer-Spitzensatzes auf 42 Prozent. 쐽 Dritte Stufe 2005: durchgängige Absenkung des Einkommensteuertarifs und Reduzierung des Spitzensatzes auf 35 Prozent ab einem Einkommen von 65.000 €. Das Bruttofinanzierungsvolumen dieser Steuerreform beträgt insgesamt 41 Milliarden €. Zur Gegenfinanzierung setzen wir auf globale Ausgabenkürzungen in allen öffentlichen Haushalten, die Rückführung von Subventionen, die Privatisierung, die Streichung von Steuervergünstigungen sowie die Selbstfinanzierung durch neue Wirtschaftsdynamik. Die von der Union angekündigte Überprüfung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen zwischen Kapitalgesellschaften sollte im Ergebnis keinesfalls zu einer Doppelbesteuerung führen. Für jede Gesetzesänderung muss eine ausreichende Karenzzeit gelten. Ziel bleibt die Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften, und das mit einem international wettbewerbsfähigen Steuersatz. 4. Eigenvorsorge und Kapitaldeckung bei Rente und Gesundheit ausbauen! Explodierende Sozialabgaben erdrosseln unsere Wettbewerbsfähigkeit schon heute. Im Jahr 2011 wird über die Hälfte der Bevölkerung über 50 Jahre alt sein. In 30 Jahren werden 100 Erwerbstätige 73 Rentner versorgen müssen – doppelt so viele wie heute. Ohne weitere Reformen drohen Sozialversicherungsbeiträge von 65 Prozent. Notwendig sind deshalb vor allem:
쐽 mehr Eigenvorsorge bei der AlterssiIII. Quartal 2002
cherung nach internationalen Standards, die Zulassung von reinen Beitragszusagen und der schrittweise Ausbau des privaten Kapitaldeckungsanteils auf mindestens 40 Prozent; 쐽 mehr Eigenvorsorge bei der Krankenversicherung und die generelle Einführung einer Kapitaldeckung von zehn Prozent bis 2010 und insgesamt 30 Prozent bis 2030; 쐽 die langfristige Begrenzung des Beitrags zur gesetzlichen Pflegeversicherung auf 1,7 Prozent und der Einstieg in eine private Versicherung auf Kapitalbasis. Die von Sozialdemokraten und Gewerkschaften geforderte Anhebung der Versicherungs-Pflichtgrenze ist genau der falsche Weg: Sie erstickt den dringend benötigten Wettbewerb und baut die Zwangsmitgliedschaft im alten Kollektivsystem zu Lasten der privaten Krankenversicherungen aus. Die zugleich vorgeschlagene Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze würde zu Beitragssteigerungen um bis zu 33 Prozent führen. 5. Neue Wege und Öffnungsklauseln für den Aufbau Ost erschließen Das seit der Wiedervereinigung erstmalige Negativwachstum im letzten Jahr ist mitverantwortlich dafür, dass die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland mit fast 20 Prozent inzwischen zweieinhalb
mal so hoch wie in Westdeutschland ist. Der Wirtschaftsrat fordert:
쐽 Öffnungsklauseln für Bundesgesetze sollten durchgesetzt werden, um den Osten vom Ballast überzogener Regulierungen insbesondere im Gewerbe-, Bau- und Umweltrecht zu befreien. 쐽 Eine verfrühte West-Ost-Lohnangleichung beim öffentlichen Dienst überfordert die öffentlichen Haushalte und gefährdet wegen ihrer falschen Signalwirkung Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft. Die Lohnentwicklung sollte von Wirtschaftlichkeit und Produktivität in den Betrieben abhängig bleiben. 쐽 Die Förderpolitik nach dem Gießkannenprinzip muss beendet werden. Die Erhöhung der niedrigen Selbstständigenquote in Ostdeutschland könnte vor allem durch eine Konzentration der Förderung auf Wachstumszentren und Hochschulstandorte erreicht werden. 쐽 Eine generelle Verschlechterung der Kreditkonditionen für den deutschen Mittelstand durch Basel II muss verhindert werden. Zudem sind die Novellierung des Gesetzes zur Verbesserung der Zahlungsmoral und der Übergang zur Ist-Besteuerung bei der ... trend 91
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erfordert die eigenständige Auswahl von Studenten und Professoren durch die Hochschulen, sozialverträgliche Studiengebühren sowie die Straffung der Studieninhalte. Hochschullehrer sollten nur noch in Ausnahmefällen und bei besonderen Verdiensten in Forschung und Lehre verbeamtet werden.
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Mehrwertsteuer erforderlich. 6. Bildungspolitik an den international erfolgreichsten Vorbildern orientieren Die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft beruht auf High-Potentials, Wissen und Kreativität! Unser Bildungssystem braucht deshalb auf allen Ebenen dringend mehr Internationalität, Wettbewerb, Leistungsorientierung und eine gezielte Elitenförderung:
쐽 Wir brauchen in den Schulen eine Stärkung der mathematisch-naturwis-
senschaftlichen Fächer und der bilingualen Ausbildung sowie die generelle Abiturprüfung nach zwölf Jahren.
쐽 Lediglich neun Prozent der Schüler von zwölf bis 19 Jahren verfügen bisher über einen PC in ihrem Klassenraum, obwohl die deutsche Wirtschaft im EU-Vergleich einen Spitzenplatz bei der Finanzierung von Schul-PC’s und Internet-Anschlüssen belegt. Die öffentliche Hand sollte hier noch deutlich nachlegen. 쐽 Eine innovative Hochschulpolitik
7. Forschung und Entwicklung stärken – Innovationen schneller in neue Produkte umsetzen Die deutsche Grundlagenforschung ist weltweit anerkannt. Gleichwohl ist der deutsche Weltmarktanteil bei der Ausfuhr von Spitzentechnologie auf 9,4 Prozent gesunken und erreicht damit gerade einmal ein Drittel des Anteils der Vereinigten Staaten. Deutschland rangiert bei den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gemessen an der Wirtschaftskraft weltweit lediglich an siebter Stelle – hinter Korea. Kernelemente einer neuen Forschungspolitik müssen werden:
쐽 Die Vernetzung zwischen Hochschulen und Unternehmen sollte durch eine Steigerung der Drittmittel-Forschung und der Unternehmensausgründungen aus den Universitäten ausgebaut werden, um die Vermarktung von Forschungsergebnissen zu beschleunigen. 쐽 Durch gemeinsame Internet-Plattformen von Unternehmen und Hochschulen können die Transaktions- und Suchkosten reduziert sowie die Chancen für die Verwertung von Forschungsergebnissen erhöht werden. 쐽 Die Innovations- und Verwertungsleistung von Forschungseinrichtungen muss durch eine leistungsabhängige Bezahlung und ein flexibles Haushalts- und Dienstrecht verbessert werden. 쐽 Bereits beim Einstellungsverfahren sollten zwischen Hochschule und Forscher das Recht auf Patentanmeldung und die Beteiligung an den Verwertungserlösen geregelt werden. Gerade in den Schlüsselbereichen Pharma- und Gentechnologie sollten wir unsere Zukunftschancen nicht durch überzogene Gesetze verbauen, sondern uns an den Maßstäben wichtiger Konkur-
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Osterweiterung der Europäischen Union: Mehr Wettbewerb statt Protektionismus
Podium I In das Thema „Osterweiterung der Europäischen Union: Mehr Wettbewerb statt Protektionismus“ führten ein aus Sicht der Beitrittsländer: Wojciech Kostrzewa, Vorsitzender des Vorstandes BRE Bank SA Warschau sowie aus Sicht der Europäischen Union: Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering MdEP, Vorsitzender der EVP-ED-Fraktion im Europäischen Parlament in Brüssel. Unter der Moderation von Dr. h.c. Horst Teltschik, Beauftragter des Vorstandes der BMW Group AG, diskutierten: Dr. Burckhard Bergmann, Vorsitzender des Vorstandes Ruhrgas AG, Stellvertretender Vorsitzender des OstAusschusses der Deutschen Wirtschaft; Dr. Klaus Friedrich, Chefvolkswirt der Allianz Gruppe und Dresdner Bank AG; S.E. Gergely Pröhle, Botschafter der Republik Ungarn in Deutschland sowie Dr. Wolfgang Schäuble MdB. III. Quartal 2002
renzländer orientieren. 앬 Dr. Burckhard Bergmann Vorsitzender des Vorstandes Ruhrgas AG, Stellv. Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft
blem des Erweiterungsprozesses sein. Ohne institutionelle Reformen wird die EU dem Erweiterungsprozess nicht gewachsen sein. Was jetzt schon – wie etwa die Agrarpolitik – bei 15 Ländern ein
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,,... Die Osterweiterung der EU wird von der Industrie voll mitgetragen. Aus Sicht der Wirtschaft bietet sie mehr Chancen als Probleme. Nur ist die Wirtschaft etwas vorsichtiger in der Beurteilung der wirtschaftlichen Konsequenzen als die Politik. Die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Beitrittskandidaten und der Europäischen Union ist bereits auf einem sehr dynamischen Weg, und dieser Weg wird auch weiter gegangen. Der Beitritt ist aus Sicht der Wirtschaft aber kein Quantensprung mehr, sondern gewissermaßen das I-Tüpfelchen einer Entwicklung, die schon sehr weit voran geschritten ist. Sorge bereitet allerdings die innere Struktur der Europäischen Union. Das wird das größte Protrend 93
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Dr. Wojciech Kostrzewa Vorsitzender des Vorstandes BRE Bank SA, Warschau Für den Vorstandschef der polnischen BRE Bank, Wojciech Kostrzewa, beinhaltet die Osterweiterung der Europäischen Union auch große Chancen für die bisherigen Mitgliedsländer. So könne die Osterweiterung in den heutigen EUStaaten wegen des verschärften Wettbewerbs zum Beispiel einen Anstoß geben, verkrustete Strukturen in der öffentlichen Verwaltung und auf den Arbeitsmärkten aufzubrechen. „Vor ihnen liegen Länder, die seit zwölf Jahren das Beste tun, um sich nach 50 Jahren Planwirtschaft der Marktwirtschaft anzupassen“, sagte Kostrzewa. Parallel dazu müssten binnen kürzester Zeit auch die Rechtssysteme an die Bedingungen einer liberalen Gesellschaftsordnung und an die Verhältnisse in der EU angepasst werden. Dies sei heute in einer globalisierten Weltwirtschaft aber deutlich schwieriger als nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich die westlichen Länder auf den Weg in die offene Gesellschaft und die Marktwirtschaft gemacht hätten. „Polen, Tschechien und Ungarn haben es heute mit einer komplexeren Umwelt zu tun verglichen mit den fünfziger und sechziger Jahren“, hob
Kostrzewa hervor. „Und wir müssen vieles parallel machen, wofür sie 50 Jahre Zeit hatten“, erinnerte Kostrzewa. Der Bankvorstand begrüßte die Festlegung eines festen Zeitrahmens für die Beitrittsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern. „Das Nennen eines festen Datums ist notwendig, um das politische Momentum in diesen Ländern zu behalten, da die Unterstützung für die europäische Idee auch nicht ewig anhält“, betonte Kostrzewa. Denn die Beitrittsländer hätten neben den Vorteilen eines EU-Beitritts auch erhebliche Anpassungslasten zu bewältigen. Darum sei es verständlich, dass sich angesichts der anspruchsvollen Beitrittskriterien auch Widerstand in der Öffentlichkeit der Beitrittsländer rege und die Zahl der Euroskeptiker zunehme. „Das sind beunruhigende Tendenzen“, sagte Kostrzewa. Dennoch sprächen sich zum Beispiel in Polen und in Ungarn nach wie vor zwei Drittel der Bürger für einen EUBeitritt aus. Kostrzewa hob hervor, dass die Öffnung der Märkte einen verschärften Wettbewerb und damit einen erheblichen Anpassungsdruck vor allem in den traditionellen Industriezweigen Stahl, Kohle und in der Schwerindustrie mit sich brächte. Dies beinhalte aber auch die
Chance für sinkende Preise, mehr Qualität und Effizienz. Weniger beachtet werde in der Öffentlichkeit dagegen der ebenso wichtige Bereich der Dienstleistungen. Auch hier nehme der Wettbewerb zu, und im Unterschied zu den traditionellen Branchen seien im Dienstleistungssektor viel größere Wanderungsbewegungen sowohl der Arbeitskräfte als auch der Unternehmen zu beobachten. „Die modernen Industrien sind flexibel und kaum standortgebunden“, sagte Kostrzewa. „Und das bedeutet auch, dass die Menschen, die in diesen Industrien arbeiten, einfach in den Westen gehen können und die Unternehmen von Westen nach Osten abwandern können.“ Dennoch rechnet Kostrzewa nicht damit, dass die Öffnung der Grenzen zu Wanderungsbewegungen in großem Stil führen werden. „Wenn selbst in Polen innerhalb eines Landes mit gleicher Sprache, gleicher Kultur und gleichem Rechtssystem die Menschen aus monetären Gründen kaum den Wohnort wechseln, warum sollten sie dann in Scharen nach Deutschland, Frankreich oder Österreich auswandern?“, fragte Kostrzewa. Dies sei eine Vorstellung von Mobilität, die mit der Realität nur wenig zu tun habe. Es sei vielmehr damit zu rechnen, dass vor allem, junge, hoch qualifizierte Menschen aus den Beitrittsländern eine Zeit lang in den Westen gingen, um berufliche Erfahrungen zu sammeln. „Sie kommen aber nicht nur nach Deutschland, sondern werden auch nach England, Frankreich und in die Vereinigten Staaten gehen“, prognostizierte Kostrzewa. Auf diese Weise trügen die vermehrten Migrationsbewegungen auch zur Flexibilität und zur Überwindung der verkrusteten europäischen Arbeitsmärkte bei. Kostrzewa betonte zudem, dass sich das polnische Bankensystem inzwischen auf EU-Standard bewege. Beim Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge sei Polen sogar weiter als viele westeuropäische Länder, sagte Kostrzewa.
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Dr. Hans-Gert Pöttering MdEP Vorsitzender der EVP-ED-Fraktion im Europäischen Parlament „Die Europäische Union steht vor einer Herausforderung, wie sie in dieser Dramatik noch nie zu bewältigen war“, sagte der Vorsitzende der EVP-ED-Fraktion im europäischen Parlament, HansGert Pöttering. Gleichwohl sei die geplante Erweiterung der europäischen Union um zehn neue Mitgliedsländer im Jahr 2004 für Deutschland ein großes Glück. „Denn wir haben zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Chance, mit allen unseren Nachbarn im Norden, im Süden, im Westen und im Osten in Partnerschaft und Freundschaft zu leben.“ Pöttering betonte, die Beitrittsländer hätten gewaltige Anstrengungen zu bewältigen, weil sie sich den hohen Idealen der EU-Wertegemeinschaft und dem Wettbewerb auf dem europäischen Binnenmarkt stellen müssten. Zum Teil werde es auch sehr harte und schwierige Verhandlungen geben, etwa hinsichtlich der Frage der Agrarsubventionen. Nach Ansicht Pötterings müssen die Unterstützungszahlungen in der Europäischen Union zu einem erheblichen Teil schrittweise vom Süden in die Mitte Europas, vor allem nach Polen, umgelenkt werden. Im Gegenzug verlange die EU zu Recht, dass die Beitrittskandidaten eine rechtsstaatliche Ordnung und eine funktionierende öffentliche Verwaltung aufbauten.
Im Sommer nächsten Jahres sollen die Vorschläge für eine grundlegende Reform des europäischen Vertragswerkes vorgelegt werden. „Wir waren nicht zufrieden mit dem Vertrag von Nizza und er hat die Europäische Union nicht wirklich erweiterungsfähig gemacht“, betonte Pöttering. Heute gehe es darum, ein starkes europäisches Parlament zu schaffen. „Wir brauchen ein Parlament, das in allen Fragen der Gesetzgebung mit dem EU-Ministerrat gleichberechtigt ist“, sagte Pöttering. Das EU-Parlament benötige zudem die volle Haushaltsbefugnis, „denn das ist ein Vetorecht jedes Parlaments“, betonte Pöttering. Zudem müsse erreicht werden, dass das Parlament die EUKommission wähle und der EU-Ministerrat öffentlich tage. „Heute tagt der Ministerrat bei Gesetzesentscheidungen hinter verschlossenen Türen. In Zukunft muss das Gremium nicht nur nach der Mehrheit entscheiden, sondern seine Entscheidungen auch transparent machen und gegenüber der Bevölkerung vertreten“, forderte der EuropaParlamentarier. Wichtigstes Ziel der Europäischen Union sei die Vermeidung von politischem Opportunismus, sagte
Pöttering. „Denn dann würde jedes Land das machen, was es will. Wenige Große würden sich zusammen tun und die Kleinen dominieren“, warnte der Europaabgeordnete. In Zukunft sei daher besonders darauf zu achten, dass die politischen Institutionen strikt dem europäischen Recht unterworfen werden. Eine klare rechtliche Grundlage schaffe die Voraussetzungen dafür, dass trotz aller Interessengegensätze in Europa Konflikte künftig friedlich ausgetragen werden könnten. Pöttering erinnerte zudem an den beschwerlichen Weg, den die mittel- und osteuropäischen Länder durch die Unterjochung und anschließende Befreiung von kommunistischen Regimen in den letzten Jahren gegangen seien. Heute stünden die Gesellschaften des ehemaligen Ostblocks auf den Fundamenten der Menschenwürde, der Demokratie und der marktwirtschaftlichen Ordnung. „Lassen Sie uns die Freude über diesen großartigen politischen und geistesgeschichtlichen Prozess niemals nehmen“, sagte Pöttering, „die Herausforderungen vor denen wir heute stehen, stehen in keinem Verhältnis zu diesem historischen Prozess.“
„Da ist wohl auch die schwierigste Aufgabe der Beitrittsländer nach 50 Jahren Kommunismus“, sagte Pöttering. Ein starker europäischer Binnenmarkt sei jedoch gleichzeitig Voraussetzung dafür, auf den Weltmärkten wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Europäer müssten gemeinsam handeln, um ein starker und gleichberechtigter Partner der USA zu werden. Die Beitrittsverhandlungen der mittel- und osteuropäischen Staaten erforderten vor allem eine Weiterentwicklung der europäischen Institutionen, wie sie derzeit der EU-Konvent erarbeitet. „Die Verhandlungen sind öffentlich und wir wollen, dass dieser Konvent eine Verfassung vorschlägt“, sagte Pöttering. III. Quartal 2002
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... großes Problem ist, wird mit 25 Ländern nicht mehr zu lösen sein. Weniger Probleme dürften dagegen die wirtschaftlichen Übergangsfristen bereiten. Jedoch muss man sehr vorsichtig mit ihnen umgehen: Sie sollten zeitlich begrenzt werden und am besten von selber, also ohne einen neuerlichen politischen Entscheidungsprozess, auslaufen. Sonst besteht die Gefahr, dass man sie nicht mehr los wird. Eine Hoffnung ist, dass die Beitrittsländer etwas beitragen zum Abbau der Überregulierung in der Europäischen Union ...“ Dr. Klaus Friedrich Chefvolkswirt der Allianz Gruppe
und Dresdner Bank AG ,,... Aus politischer Sicht ist die Osterweiterung der Europäischen Union un-
eingeschränkt und mit aller Leidenschaft zu begrüßen. Jedoch darf dabei nicht die ökonomische Vernunft auf der Strecke bleiben. Man muss auch leidenschaftlich für die ökonomische Vernunft plädieren, sonst wird der politische Einigungsprozess gefährdet. Die Europäische Union ist auf die Osterweiterung gegenwärtig noch nicht vorbereitet. Das gilt insbesondere für den Finanzplan. Würde zum Beispiel die Agrarpolitik der alten Mitgliedstaaten so auch ohne Einschränkungen auf die Beitrittsländer angewandt, die EU würde einfach überfordert. Die Zusatzkosten der Osterweiterung könnten sich nach einer Studie der Dresdner Bank im Jahr 2005 auf 44 Milliarden € pro Jahr belaufen.
Dabei wurde unterstellt, dass es in der EU nicht zu einer grundlegenden Reform der Förderpolitik kommt. Auch nach dem Gipfel von Nizza ist die EU auf den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder kaum vorbereitet. Sie berücksichtigt bei ihrer Haushaltsplanung nicht ausreichend die Kosten der Erweiterung. Es besteht die Gefahr, dass die Chance einer Neugestaltung der EU-Institutionen und ihrer ineffizienten Fördermechanismen vertan wird ...“ S.E. Gergely Pröhle Botschafter der Republik Ungarn in Deutschland ,,... Im Zuge der Erweiterungsverhandlungen der Europäischen Union ist es von eminenter Wichtigkeit, dass wir uns immer auch ein bisschen in die Lage unserer Verhandlungspartner hineinversetzen. Dabei geht es darum, auch die innenpolitischen und gesellschaftlichen Auswirkungen in den Ländern unseres Gegenübers zu berücksichtigen. Während die Beitrittsländer verstehen müssen, wo die Grenzen der Belastbarkeit bei den heutigen Mitgliedstaaten liegen, müssen diese auch gewisse Empfindlichkeiten in den Beitrittsländern verstehen lernen. Als Beitrittskandidaten können wir selbstverständlich nicht die Regeln des Clubs bestimmen, dem wir noch nicht angehören, dem wir aber gerne beitreten möchten. Die beiden schwierigsten Kapitel der Beitrittsverhandlungen sind zweifelsohne die Bereiche Agrarpolitik und
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nur halten können, wenn wir uns öffnen und wettbewerbsfähig bleiben. Das gilt selbstverständlich auch für die Öffnung nach Mittel- und Osteuropa. Aufgabe der Politik ist es, der Bevölkerung verständlich zu machen, dass die Osterweiterung keine milde Gabe für die Beitrittsländer ist, sondern genauso im Interesse der heutigen Mitgliedsländer liegt. Die Beitrittsverhandlungen werden im Laufe der
... Wettbewerb, denn hier geht es um Geld. Die Ängste vor allzu großen Migrationsbewegungen nach einer Grenzöffnung
centrächtiges Projekt, und zwar in politischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Aus politischer Sicht, weil sie zum Zusammenwachsen des Kontinents beiträgt. Aus ökonomischer Sicht, weil sie die wirtschaftliche Dynamik Europas beschleunigen wird. Gleichzeitig wird die Osterweiterung auch die Deutschen zwingen, sich bei den nötigen Reformen stärker zu bewegen. Wir können nicht mehr alle Besitzstände verteidigen und ich erwarte, dass die Beitrittsländer neuen Schwung in die Europäische Union bringen. Das gegenwärtige Maß an Regulierungsdichte in Europa muss heruntergeschraubt werden. In einer globalisierten Welt werden wir das Wohlstandsniveau
dänischen EU-Präsidentschaft abgeschlossen sein. Dabei geht es auch darum, die Debatte um die Agrarsubventionen künftig ernsthafter zu führen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist eine stärkere Dezentralisierung der Aufgabenverteilung in der EU, um die Effizienz zu stärken...“
sind dagegen eher politisch-psychologischer Natur. Das zeigt auch die Green Card, gerade 400 Ungarn sind nach der Initiative der Bundesregierung nach Deutschland gekommen. Selbst innerhalb Ungarns halten sich die Migrationsbewegungen in sehr engen Grenzen. Das zeigt, dass die Menschen auch in einem Binnenmarkt, der Osteuropa einschließt, nicht in großer Zahl in die Westeuropäischen Länder strömen werden...“ Dr. Wolfgang Schäuble MdB ,,... Die Osterweiterung der Europäischen Union ist ein gutes und chanIII. Quartal 2002
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Globalisierung – gemeinsame Chance für Industrieund Entwicklungsländer
Podium II In das Thema „Globalisierung – gemeinsame Chance für Industrie- und Entwicklungsländer“ führte ein: Hermann-Josef Lamberti, Mitglied des Vorstandes Deutsche Bank AG. Unter der Moderation von Carl Graf Hohenthal, Stellvertretender Chefredakteur, Die Welt, diskutierten: Prof. Dr. Norbert Berthold, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre Universität Würzburg; Andreas de Maizière, Mitglied des Vorstandes Commerzbank AG; Matthias Wissmann MdB, Wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sowie Dr. Wolfgang Ziebart, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes Continental AG. 98 trend
Prof. Dr. Norbert Berthold Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre Universität Würzburg
rung von Wählerstimmen offenbar nicht, die nötigen Reformen einzuleiten, weil sie
,,... Die Globalisierung ist keine Bedrohung, sondern schafft Wohlstand und bringt den Menschen so erst die Voraussetzungen, ihre individuellen Präferenzen besser realisieren zu können. Nötig ist allerdings, dass die Märkte weltweit wirklich geöffnet werden. Wenn wir weltwirtschaftlich über verschiedene Märkte stärker verflochten sind, dann brauchen wir auch größere Anpassungskapazitäten auf nationaler Ebene. Oder wie schon Ludwig Erhardt sagte: Wir brauchen mehr Flexibilität. Mehr Flexibilität bekommt man aber nur durch mehr Wettbewerb. Und obwohl diese Einsicht sich inzwischen herumgesprochen hat, gelingt es der Politik wegen der ihr innewohnenden Fokussierung auf die MaximieIII. Quartal 2002
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Hermann-Josef Lamberti Mitglied des Vorstandes Deutsche Bank AG Deutsche-Bank-Vorstand HermannJosef Lamberti lenkte die Perspektive auf die erste Globalisierung der Weltwirtschaft in den Jahren 1890 bis 1910. Zu dieser Zeit sei die Weltwirtschaft „im Prinzip mindestens schon genauso vernetzt gewesen wie heute“, sagte Lamberti. Auch die Deutsche Bank sei zu dieser Zeit bereits international tätig gewesen, etwa bei der Finanzierung der Eisenbahn in den USA mit einer Bondanleihe. Der Bau der Eisenbahn sei zwar keine technologisch induzierte Produktivitätsrevolution wie heute, habe aber eine Mobilitätsrevolution ausgelöst. „Und diese Mobilitätsrevolution hat dann in den OECD-Staaten letztendlich zu diesem dramatischen Wachstum der Industrieproduktion und zu dem heutigen Bruttosozialprodukt geführt“, betonte Lamberti. Inzwischen stünde die Welt aber vor einer Situation, wo es „nicht mehr weitergeht wie in der Vergangenheit“. Auch und gerade die Deutschen stünden vor der Frage, entweder einen Umbau ihrer Gesellschaftsordnung in Angriff zu nehmen oder aber „abbruchartige Veränderungen“, etwa in den Sozialsystemen, in Kauf nehmen zu müssen. Aus Sicht einer global operierenden Bank seien die stark
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regulierten und bürokratisierten Arbeitsmärkte ein zentrales Problem. Die Globalisierung, wobei es sich im Kern um eine „Entgrenzung wirtschaftlicher Aktivität“ handele, wirke auf jeden Einzelnen, in den Entwicklungsländern wie auch in den Industriestaaten. „Und provoziert bei den Individuen natürlich auch Ängste“, hob Lamberti hervor. Eine zentrale Frage sei darum, woher das Unbehagen rühre und wie dem entgegen getreten werden könne. Aus Sicht der Deutschen Bank heiße Internationalisierung nicht zwingend, weltweit in das so genannte Retail-Geschäft, also durch Eröffnung von Filialen ins Geschäft mit den Endkunden einzusteigen. „Internationalisierung bedeutet, dass wir vor allen Dingen die Kapitalmarktprodukte in den verschiedenen Ländern anbieten“, sagte Lamberti. Diese Kapitalmarktprodukte wie Finanzderivate seien die „spiegelverkehrte Seite“ der Warenströme, die weltweit das Wachstum der internationalen Vernetzung widerspiegelten. Lamberti erinnerte an das „Saysche Theorem“ aus der Volkswirtschaftslehre, wonach sich zwar jedes Angebot seine Nachfrage schaffe, Unterschiedsbeträge aber durch die monetäre Seite, also durch Inflation oder eine Veränderung der Geldmenge
ausgeglichen würden. Finanzprodukte seien ein guter Indikator dafür, um sich ein Bild von der Vernetzung der Weltwirtschaft zu machen. So habe sich das Volumen der weltweit gehandelten Kreditderivate in den vergangenen fünf Jahren versechsfacht. „Wir sprechen von einem Devisenhandelsumsatz von rund 1200 Milliarden Dollar pro Tag“, sagte Lamberti. Dieser Größe stünden allerdings nur rund zwei Prozent in realen Warenströmen gegenüber. „Im Grunde genommen findet also für einen Dollar Welthandel das 50-fache an Devisentransaktionen statt“, betonte Lamberti. Würden diese von Globalisierungsgegnern oft kritisierten Devisenbewegungen jedoch mit einer „Tobin-Tax“ besteuert, könnten die Kapitalströme umgelenkt werden in Länder, die eine solche Abgabe nicht erheben, weil es nicht gelingen werde, eine Tobin-Steuer gleichzeitig in allen OECD-Staaten einzuführen. Zudem sei bei einer solchen Steuer eine Risikoabsicherung bei internationalen Warentransaktionen durch „Hedging-Geschäfte“ nicht mehr möglich, die für eine Risikotransformation im internationalen Warenhandel aber unbedingt notwendig sei. Lamberti hob hervor, dass aus Sicht eines global agierenden Konzerns wie der Deutschen Bank der Begriff „Global Diversity“ eine entscheidende Rolle spiele. Dabei gehe es darum, heterogene Kulturen sowohl in Konzerne als auch in internationale Organisationen wie die Welthandelsorganisation WTO zu integrieren. „Global Diversity bedeutet, dass sie unterschiedliche Sichtweisen zulassen und unterschiedliche strategische Richtungen erlauben“, sagte Lamberti. Die heterogenen europäischen Kulturen seien so zum Beispiel für die Deutsche Bank eine entscheidende Voraussetzung dafür gewesen, das amerikanische Institut Banker´s Trust erfolgreich in den Konzern zu integrieren. Das zentrale Problem beim Aufbau einer globalen Präsenz sei heute aber, „dass die Unternehmen nicht genügend Leute finden, die in der Lage sind, unterschiedliche lokale Strukturen und Märkte zu verstehen“, sagte Lamberti. trend 99
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die wie etwa die Chinesen 60 Stunden pro Woche arbeiten, die Kinder großziehen, die Konsumverzicht üben, haben einen größeren Anspruch auf den Kuchen, der weltweit erwirtschaftet wird. Diesen Prozess können wir gar nicht aufhalten. Es macht also keinen Sinn, sich national abzuschotten, ein international nicht wettbewerbsfähiges Tarifrecht fortzuschreiben oder ähnliches. Wer in einer
... Angst hat, Wähler zu verlieren. Der Aufbau einer internationalen Ordnung für die Globalisierung fängt jedoch zu Hause an. Es macht wenig Sinn, internationale Rahmenbedingungen für die Globalisierung zu fordern, gleichzeitig aber die nötigen Reformen zu Hause nicht anzupacken. Ökonomische und politische Rationalität passen also oft nicht zusammen. Darum hoffe und erwarte ich, dass die Globalisierung uns gewissermaßen zu Hilfe kommt und den Politikern Beine macht, damit diese endlich ihre Hausaufgaben machen ...“ Andreas de Maizière Mitglied des Vorstandes Commerzbank AG ,,... Globalisierung ist die Überwindung von Schranken: wirtschaftlicher,
politischer und kultureller Art. Globalisierung ist nicht nur digital, nicht allein die Beschleunigung von Information und deren simultane Verfügbarkeit rund um den Erdball stehen im Mittelpunkt. Globalisierung ist ganz real und betrifft darum jeden Menschen unmittelbar. Die Risiken bestehen in der Vertiefung von Gräben, die Chancen der Globalisierung bestehen darin, dass Gräben überwunden werden können. In den Industrieländern steht die Sorge im Mittelpunkt, dass Veränderungen zu schnell gehen, vor allem der Verlust von Arbeitsplätzen macht den Menschen Angst. Aus Sicht der Entwicklungsländer ist das Hauptproblem dagegen eine weitere Verschärfung der Armut. Die Völker,
Bewahrungsgesellschaft lebt, an dem läuft die Globalisierung und damit der Wohlstand vorbei. Und das ist in Deutschland in den letzten zehn Jahren ein ganzes Stück weit schon geschehen. Die Politik muss den Mut aufbringen, die Bürger auch mit bitteren Wahrheiten zu konfrontieren und das Beharrungsvermögen gegen Veränderungen zu knacken ...“ Matthias Wissmann MdB Wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ,,... Wir haben in der Bevölkerung ein dramatisches Wissensdefizit über wirtschaftliche Zusammenhänge. Das gilt für internationale Wirtschaftsfragen noch mehr als im nationalen Kontext. Darum besteht ein enormes Verhetzungspotenzial, durch das Menschen mit Vorurteilen gegen die Globalisierung mobilisiert werden können. Aufgabe der Politik, der Medien, der Wissenschaft und der Unternehmen ist es also, für Aufklärung und Verständnis zu sorgen. Je früher, desto besser. Wirtschaftliche Erziehung fängt in den Schulen an, denn auch hier besteht ein erheblicher Mangel an wirtschaftlicher
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... Ausbildung. Die Kernaufgabe der Politik ist die Schaffung internationaler politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, die den rasanten Veränderungsprozess positiv begleiten und unterstützen. Die gegenwärtigen Institutionen sind dem nicht mehr gewachsen. Aber auch das muss kommuniziert werden, um Verständnis zu schaffen. Sonst bekommen wir Akzeptanzprobleme und es entsteht
Dr. Wolfgang Ziebart Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes Continental AG
die Gefahr, dass die Globalisierung aus dem Ruder läuft. Wir sollten nicht glauben, wir könnten die Internationalisierung der Wirtschaft aufhalten. Wir müssen sie begleiten. Gleichzeitig müssen wir uns den Aufgaben auf nationaler Ebene stellen. Und das heißt vor allem, Deregulierung und Entbürokratisierung voran zu treiben ...“
,,... Die Globalisierung ist ein Fakt. Man kann nicht dafür oder dagegen sein, man muss sich der Öffnung der Märkte und der Verflechtung der Weltwirtschaft stellen. Globalisierung ist Gewinn und Bedrohung zugleich, und man muss es offen ansprechen: Globalisierung bedeutet auch einen Export von Arbeitsplätzen. Das ist aber nichts Schlechtes. Ein international operierender Konzern steht nicht etwa vor der Frage, ob er nur in Deutschland produziert und ausländische Märkte allein durch den Export bedient. Er muss den Absatzmärkten folgen, ohne Produktionsstätten in den Ländern, deren Märk-
te bedient werden sollen, ist internationale Geschäftstätigkeit gar nicht möglich. Wir können nicht die Arbeitsplätze in Deutschland halten und unsere Produkte etwa in den USA verkaufen. Die Produktion muss der Nachfrage zu einem gewissen Grad immer auch folgen. Man kann
zwar mit dem Export starten, aber auf lange Sicht ist es eine Illusion zu glauben, ausländische Märkte allein aus dem Heimatland bedienen zu können. Wer behauptet, Produktionsstätten würden allein nach der Frage der Lohnkosten ausgewählt, springt vor diesem Hintergrund zu kurz. Continental hat auch Produktionsstätten in Ungarn und in Tschechien, dies aber als Sozialdumping zu bezeichnen, ist verfehlt: Die Alternative wäre, in diesen Ländern gar nichts zu produzieren ...“ 앬 III. Quartal 2002
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Vision 21: Nationale Reformen für Freiheit und Wettbewerb
Podium III In das Thema „Vision 21: Nationale Reformen für Freiheit und Wettbewerb“ führten ein aus Sicht der Politik: Roland Koch MdL, Ministerpräsident des Landes Hessen sowie aus Sicht der Wirtschaft: Dr. Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V. Unter der Moderation von Dr. Peter Gillies, Journalist Berlin/Bonn, diskutierten: Dieter Althaus MdL, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag; Dr. Adam S. Posen, Senior Fellow, Institute for International Economics, Washington D.C.; Prof. Dr. Heinz Riesenhuber MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, Deutscher Bundestag sowie Wolf Jürgen Röder, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Metall. 102 trend
Dieter Althaus Vorsitzender der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag ,,... Die neuen Bundesländer werden seit 1998 wieder zunehmend vom Westen abgehängt. Die Schere öffnet sich jedes Jahr weiter. Jetzt geht es darum, auch die jungen Länder mitzunehmen. Neben Reformen muss auch dafür gesorgt werden, dass die Menschen in Ostdeutschland motiviert bleiben, damit sie nicht in den Westen abwandern. Darum ist ein Sonderprogramm für den Osten notwendig, das wieder Stimmung bringt und insbesondere die Wirtschaft zu Investitionen motiviert.
den Weg gebracht werden und dabei ist besonders darauf zu achten, die Menschen mitzunehmen. Veränderungen in der Bildungspolitik sind dringend nötig. Hochschulen sollten einem stärkeren Wettbe-
Bei den anstehenden gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Reformen darf nicht der Fehler gemacht werden, Wirtschaft und Politik gegen die Menschen zu stellen. Schritt für Schritt müssen die nötigen Veränderungen auf III. Quartal 2002
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Roland Koch Ministerpräsident des Landes Hessen Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warb aus Sicht der Politik für schrittweise Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft. „Ich will etwas erreichen, und deshalb nehme ich mir kleinere Schritte vor“, sagte Koch. Die Politik müsse zwar Visionen, aber auch erreichbare Ziele für eine Legislaturperiode von vier Jahren formulieren. „Das erwarte ich von einem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Er soll nicht beruhigen und sagen, alles bleibt so wie es ist – ich erwarte aber auch kein Idealbild von Deutschland. Er muss pragmatisch sagen, was er von den Menschen verlangt und was sie in vier Jahren dafür bekommen“, sagte Koch. Die Politik sei in den vergangenen Jahren häufig daran gescheitert, den Menschen zu vermitteln, dass Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft den Korridor erweiterten und mehr Wohlstand schaffen könnten. In Deutschland seien viele Bürger mit ihrer Situation im Grunde ganz zufrieden und darum nicht an Veränderungen und Reformen interessiert, weil diese immer auch ein Risiko mit sich brächten. Als Beispiel führte Koch das
Gesundheitswesen an. Bereits heute gebe es eine Zweiklassen-Medizin, die zu Lasten der Geringverdiener ginge. „Und trotzdem empfindet es jeder als eine ungemein gefährliche und sehr schwer verkraftbare Angelegenheit über Modelle wie die Selbstbeteiligung in die eigene Risikoverantwortung zu kommen“, sagte Koch. „Abstrakt wissen wir, dass das Gesundheitssystem für alle günstiger wird, wenn wir es marktwirtschaftlich öffnen. Individuell aber haben nahezu alle in dieser Gesellschaft Angst, dass es für sie privat teurer wird.“ Entscheidend für eine Erneuerung der Gesellschaft und eine Stärkung der Wettbewerbsposition Deutschlands im internationalen Vergleich sei zunächst ein grundlegender Paradigmenwechsel. In den kommenden zehn Jahren müssten die Begriffe Leistung und Wachstum wieder neu definiert werden. So müsse etwa die Bildungspolitik einer Wissensgesellschaft in den Schulen das soziale Umfeld für Kreativität schaffen, gleichzeitig aber auch Leistung und Fähigkeit benotet werden. „Wir brauchen die Mitwirkung der Eltern, aber wir müssen ihnen auch Richtlinien geben“, sagte Koch.
Die deutsche Bildungsbürokratie habe sich aber in den vergangenen 25 Jahren einer sinnvollen Politik verweigert. Die Pisa-Studie, die dem deutschen Schulsystem im vergangenen Jahr im internationalen Vergleich einen Platz unterhalb des Mittelfeldes bescheinigt hat, müsse zum Anlass für einen Reformimpuls genommen werden. Zudem solle über den Begriff Wachstum wieder anders gedacht werden als in den achtziger Jahren, als nach der in den siebziger Jahren vom Club of Rome angestoßenen Debatte vornehmlich über die „Grenzen des Wachstums“ diskutiert worden sei. Heute müsse man sich wieder im Klaren darüber werden, dass es gelte, die Wachstumskräfte einer Volkswirtschaft zu stärken. „Wenn wir diese beiden Paradigmenwechsel hinbekommen, dann hat es die Politik auch ein bisschen einfacher, über Reformen zu sprechen, die wir dann Schritt für Schritt umsetzen müssen“, sagte Koch. Der hessische Regierungschef warb für das so genannte Wisconsin-Modell nach dem Vorbild des gleichnamigen amerikanischen Bundesstaates, mit dem arbeitslose Sozialhilfeempfänger stärker gefördert, gleichzeitig aber auch mehr gefordert werden sollen. Nach Ansicht Kochs hilft das Sozialsystem der USA den Menschen in Wahrheit mehr als das deutsche. Auf dem Arbeitsmarkt seien zwar Reformen und eine „Entriegelung“ notwendig, Koch aber hob auch die Vorzüge des deutschen Systems mit seinem ausgeprägten Kündigungsschutz und der vergleichsweise starken Bindung der Arbeitnehmer an ihre Betriebe hervor. „Ich bin auch immer ein Freund des Flächentarifvertrages gewesen und ich glaube, er wird auch in Zukunft in Deutschland eine friedensstiftende Funktion haben.“ Nicht alles solle aus den USA übernommen werden, „weil wir ein bisschen anders sind als die Amerikaner“, betonte der hessische Ministerpräsident.
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Dr. Michael Rogowski Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, warb für eine neue Balance zwischen Freiheit und Sozialstaat. Zwar plädiere er nicht dafür, die Gesellschaftsordnung der Vereinigten Staaten zu kopieren, „aber der Sozialstaat ist doch nicht dafür geschaffen worden, dass er diejenigen subventioniert, die arbeiten können, aber nicht wollen, sondern denjenigen auf die Beine hilft, die wollen, aber nicht können“, sagte Rogowski. Der BDI-Präsident betonte, dass der Staat künftig wieder dem grundsätzlichen Gedanken folgen müsse, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu fördern. „Ist es etwa sozial gerecht, wenn ein Sozialhilfeempfänger selbst ohne Schwarzarbeit mehr Netto in der Hand hat als derjenige, der eine einfache Tätigkeit ausübt und acht Stunden am Tag arbeitet?“, fragte Rogowski. Der BDI-Chef erinnerte daran, dass durch Schwarzarbeit inzwischen 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet werden, weil es offenbar attraktiver sei, sich dem Staat zu entziehen, als einer steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen.
„Der Staat ist einfach zu teuer geworden“, kritisierte Rogowski. Darum müssten Steuern und Sozialabgaben gesenkt werden. Dies ist aus Sicht Rogowskis auch eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Bürger angesichts der Krise der umlagefinanzierten Sozialkassen in entsprechendem Umfang private Vorsorge betreiben könnten. Rogowski monierte, dass der Staat in Deutschland inzwischen fast 50 Prozent des Sozialprodukts absorbiert: „Das ist keine freie, das ist nicht einmal eine soziale Marktwirtschaft“, sagte Rogowski. Darum sei es dringend geboten, möglichst rasch einen ausgeglichenen Staatshaushalt vorzulegen. Das Ziel sei, dies möglichst schon bis 2004, und nicht wie von der Bundesregierung geplant, erst im Jahr 2006 zu realisieren. „Und wir müssen uns an die Ausgaben heranmachen“, forderte Rogowski. Dabei ginge es vor allem um die Rückführung der konsumtiven Staatsausgaben. „Und man muss den Bürgern offen sagen, dass gar kein Weg daran vorbei führt.“ In Zukunft gelte es, die Beitragssätze in der Sozialversicherung zu senken, jeder müsse mehr aus der eigenen Tasche für seine soziale Sicher-
heit aufwenden. Auf der anderen Seite sei es das Gebot der Stunde, die staatlichen Aktivitäten in eine zukunftsträchtige Richtung zu lenken. Die Investitionsquote, die in den vergangenen zehn Jahren von 16 Prozent des Bruttosozialprodukts auf heute zehn Prozent zurückgefahren worden sei, müsse darum wieder gesteigert werden. Jedes Jahr fehlten rund 2,5 Milliarden € allein für die Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Auch für Forschung, Bildung und Entwicklung, so die Kritik Rogowskis, gäben die Deutschen gemessen an der wirtschaftlichen Leistung weit weniger aus als die meisten anderen OECD-Staaten. „Wir wissen, dass andere Länder, die mehr Wettbewerb in diesen Systemen zulassen, wesentlich weiter kommen“, sagte Rogowski. Und nun schicke sich die Bundesregierung wider jede Vernunft an, Studiengebühren für ein Erststudium generell zu verbieten. „Warum sollen Studiengebühren nicht möglich sein?“, fragte Rogowski. Der BDI-Präsident regte im Bildungssektor zudem mehr projektorientierte Förderung an, weil diese effizienter sei als die alleinige finanzielle Förderung von Institutionen. Die Misere auf dem Arbeitsmarkt lässt sich nach Einschätzung des BDIPräsidenten am effektivsten mit einer Offensive für mehr Selbstständigkeit und weniger Bürokratie beheben. Deutschland habe nur zehn Prozent Selbstständige, mahnte Rogowski, schon ein Prozent mehr aber könne einen enormen Beschäftigungsschub auslösen, weil jeder Selbstständige im Durchschnitt zwei bis drei neue Arbeitsplätze schaffe. Voraussetzung sei allerdings, dass die Bürokratie massiv abgebaut werde: „Mit kleinen Veränderungen werden wir es nicht schaffen.“ Dazu gehören nach Ansicht des Industrie-Präsidenten auch mehr Flexibilität bei den Flächentarifverträgen und Bündnisse für Arbeit in den Betrieben.
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... werb ausgesetzt werden, Studiengebühren dürfen kein Tabu mehr sein. Gleichzeitig ist aber auch über einen sozialverträglichen Ausgleich nachzudenken. Gegen das schlechte Image von Unternehmern, besonders in Ostdeutschland muss etwas getan werden. Bereits jungen Leuten sollte darum vermittelt werden, dass Unternehmer mit großen Risiko und hohem persönlichen Einsatz einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten ...“ Dr. Adam S. Posen Senior Fellow, Institute for International Economics, Washington D.C.
,,... Die Deutschen sollten gewarnt sein vor der Entwicklung in Japan zu Beginn der neunziger Jahre: Überzogenes Beharrungsvermögen, Reformunwillig-
keit und mangelnde Reformanstrengungen im Finanzsektor. Es ist ein großes Problem, dass zuviel de facto negativ realverzinstes Geld der Bürger in uneffiziente Wirtschaftsstrukturen geleitet wird, obwohl es an anderen Stellen viel renditeträchtiger investiert werden könnte. Genau dies ist auch in Japan passiert. Die Japaner haben wegen ihres ineffizienten Finanzsystems viel Geld verloren. Die Reformdebatte in Deutschland ist teilweise deprimierend, weil Interessengruppen und Klientelpolitik im Modell Deutschland nach wie vor eine sehr große Rolle spielen. Auch das Ausbildungssystem muss reformiert werden. Zu stark wird auf die Ausbildung in großen Betrieben gesetzt, zu wenig dagegen auf eine stärkere Position von privaten Bildungs-
trägern und Hochschulen. In einem System, in dem vor allem Großkonzerne hochqualifizierte Beschäftigte ausbilden, haben vor allem kleinere Betriebe Schwierigkeiten, gut ausgebildetes Personal zu akquirieren ...“ Prof. Dr. Heinz Riesenhuber Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, Deutscher Bundestag
,,... Politik muss den Bürgern die Probleme der Sozialsysteme, des Arbeitsmarktes, der Bildungspolitik und deren Reformbedarf auch richtig vermitteln. Bei den drängenden Reformen müssen die Menschen mitgenommen werden. Zwar ist es richtig, auf mittelfristige Sicht anspruchsvolle Ziele zu formulieren. Aber in dem Moment, wo die Politik majesIII. Quartal 2002
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IMPRESSUM
... tätisch startet und die Menschen nicht mitnimmt, bekommt sie Probleme. Es schadet dem Ansehen aller Parteien, wenn etwa vor einer Wahl eine Verdopplung der Forschungsmittel versprochen wird, am Ende einer Legislatur dann aber nur ein Bruchteil davon erreicht worden ist. Darum sind schrittweise Reformen und realistische Ziele notwendig, die sich neben langfristig angelegten Reformprojekten wie das Absenken der Staatsquote, des Spitzensteuersatzes und der Sozialabgaben auf unter 40 Prozent Schritt für Schritt auf das jeweils Machbare konzentrieren. Diese Einzelschritte müssen sich dann an den langfristigen Zielen orientieren und sich immer wieder an diesen messen lassen ...“
Konkurrenz zwischen Mitarbeitern eines Sektors. Eine differenziertere Tarifpolitik ist aber auch aus Sicht der IG-Metall geboten, dies ist in unserem „Zukunftsmanifest“ berücksichtigt. Zu bedenken ist aber ebenso: Manager in Deutschland haben bis zu 150 mal mehr Einkommen zur Verfügung als Facharbeiter. Diese Entwicklung hat nicht gerade die Motivation der Arbeitnehmer und auch nicht die
Wolf Jürgen Röder Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Metall ,,... Die weit verbreitete Kritik, die Gewerkschaften verweigerten sich gesellschaftlichen Reformen oder verhinderten Veränderungen, ist unbegründet. Man muss die Reformen nur mit uns und nicht gegen uns machen. Aus Sicht der Arbeitnehmer ist der Flächentarif auch heute unverzichtbar. Das Günstigkeitsprinzip in seiner heutigen Auslegung, das heißt, dass von tarifvertraglich vereinbarten Mindestlöhnen nur nach oben, also zu Gunsten der Arbeitnehmer, aber nicht nach unten, also zu Lasten des Einkommens abgewichen werden kann, schafft die gleichen Grundvoraussetzungen für alle Arbeitnehmer einer Branche und verhindert die 106 trend
Bereitschaft zu Reformen gefördert. Der Tarifabschluss der IG-Metall, der vielfach als zu hoch kritisiert wurde, ist vor diesem Hintergrund gerechtfertigt. Die Arbeitnehmer der Metall- und Elektroindustrie hatten etwas nachzuholen ...“ Berichterstattung Wirtschaftstag 2002: Peter Hahne
Herausgeber: Dr. Kurt J. Lauk als Präsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V. Schriftleitung: Erwin Lamberts, Chefredakteur (v.i.S.d.P.) Wissenschaftliche Beratung: RA Rüdiger von Voss; Dr. Rainer Gerding Fotos: Ulrich Baumgarten Gemeinsame Postanschrift: Redaktion trend, Luisenstraße 44, 10117 Berlin Telefon: 030/24087-300/301 Telefax: 030/24087-305 Internet: www.trend-zeitschrift.de Verlag: Information für die Wirtschaft GmbH Geschäftsführer: Dr. Hans-Markus Johannsen (v.i.S.d.P.) Luisenstraße 44, 10117 Berlin Telefon: 030/24087-400/401 Telefax: 030/24087-405 Bankverbindung: Deutsche Bank Bonn, 3 105 590 (BLZ 380 700 59) Anzeigenverwaltung, Gesamtherstellung, Vertrieb: STEINBACHER DRUCK GmbH Zum Forsthaus 9, 49082 Osnabrück Tel. 0541/95900-0 / Fax 0541/95900-33 email@steinbacher.de / www.steinbacher.de Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember Anzeigenpreise: Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 8 Bestellungen: Beim Verlag Bezugsbedingungen: Einzelpreis € 7,50 (einschl. MwSt.) Jahresabonnement € 25,– (einschl. MwSt.), zzgl. Versandkosten. Abonnements (vier Ausgaben) werden für ein Jahr berechnet. Kündigungen müssen sechs Wochen vor Ablauf des Abonnements schriftlich vorliegen, andernfalls verlängert es sich für ein weiteres Jahr. Bildnachweis: Argum (Seite 23); Blickle/LH (56); CDU/CSUBundestagsfraktion (17, 18); Focus (4); Krüger/LH (55, 57); Maximilian Universität München (27); Privat (54, 70, 73); Rebenich/LH (56), Schicke (7, 16, 21, 33, 34, 51, 62, 63, 64, 65, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 82, 84, 85, 86, 87, 88, 91, 92, 93, 94, 96, 97, 99, 100, 101, 102, 105, 106); Schöllhorn (47); Süddeutscher Verlag (20); Tank & Rast (66, 68); Technologiepark Münster (58, 59, 60, 61); Universität ErlangenNürnberg (69); Vario-Press/Baumgarten (1, 8, 10, 11, 12, 24, 26, 27, 28, 29, 32, 34, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 44, 46, 48, 50, 52, 53, 54, 57, 67, 68, 71, 72, 89, 95, 98, 101, 103, 104) Umschlagseite: Vario-Press/Baumgarten Karikaturen: J. Partykiewicz (20, 21, 22, 81)
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