trend Dokumentation zum Wirtschaftstag 2003

Page 1

WIEDERVEREINIGUNG

batschow, der mit der Pere s t roika eine Wende in der sowjetischen Politik eingeleitet habe. „Er ermutigte dadurch auch die demonstrierenden Menschen auf den Straßen und Pl ä t zen in der DDR“, betonte Kohl. Dass sich Gorbatschow in den achtziger Jahren für Menschenrechte und Offenheit entschieden habe, sei eine der entscheidenden Fügungen für die deutsche Geschichte gewesen. Aber auch ohne den damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush wäre die Deutsche Einheit nicht denkbar gewesen. George Bush hatte sich als Freund der Deutschen erwiesen und die Deutsche Einheit ohne Wenn und Aber unterstützt. Sein republikanischer Vorgänger Ro l a n d Reagan habe durch seine kompromisslose Haltung gegenüber den Sowjets erst dazu beigetragen, dass die Sowjetunion zur Abrüstung bereit gewesen sei.

Verantwortung in Freiheit Dr. Helmut Kohl Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland a. D.

F

ür uns ist die Freiheit keine Gn adengabe des Staates und auch keine Ermächtigung zum schrankenlosen egoistischen Denken“, erk l ä rte Bu n d e skanzler a. D. Dr. Helmut Kohl bei der Er ö f f n u n g s veranstaltung des Wi rtschaftstages 2003 in Berlin. „Wir stehen für die Freiheit des Einzelnen und Ve rantwortung für den Nächsten.“ Da rum sei es auch selbstverständlich gewesen, dass die Christdemokraten die Idee der Deutschen Einheit niemals aufgegeben hätten.

Anlässlich des 50. Ja h restages des Volksaufstands am 17. Juni 1953 in der damaligen DDR erinnerte Kohl daran, dass seinerzeit in fast 400 Städten mehr als eine Million Menschen gegen die Unterdrückung des SED-Regimes und für die Freiheit auf die Straße gegangen seien. „ Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 war der erste mutige Versuch, das SEDRegime zu stürzen und die Unfreiheit abzuschütteln“, betonte Kohl. 14 trend

Zwar sei der erste Versuch damals g e s c h e i t e rt. Auf Dauer aber könne keine Diktatur die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit und Selbstbestimmung auslöschen. „ Das haben unsere Landsleute in der DDR bei ihren großen Demonstrationen im Herbst 1989 bewiesen“, sagte Kohl. Anders als 1953 sei es diesmal gelungen, die Ma c h t des SED-Staates zu erschüttern und schließlich zum Ei n s t u rz zu bringen. Kohl erinnerte daran, dass sich hunderttausende Menschen auf Straßen, Plätzen und in den K i rchen zum Protest und Gebet versammelten. „Der Mut und die Entschlossenheit u n s e rer Mitbürger in der damaligen DDR zählte zu den besten Kapiteln deutscher Geschichte“, sagte Kohl. Ohne die Un t e rstützung von Partnern und Freunden im Ausland sei die Deutsche Wi e d e rve reinigung indes nicht möglich gewesen, unterstrich der Bundeskanzler a. D. In diesem Zusammenhang würdigte Kohl insbesondere die Rolle des damaligen sowjetischen Staatschefs Michail Go r-

Ein weiterer wichtiger Punkt für die deutsche Wi e d e rvereinigung war aus Si c h t des damaligen Regierungschefs das Ve rhalten der Ungarn, die im Sommer 1989 i h re Gre n zen öffneten, und ebenso die Rolle Polens, wo die Gewe rkschaft So l idarnosc „als erste an den Ketten der Diktatur gerüttelt“ habe. Kohl sagte, die Deutschen seien in den vergangenen Jahren bei der Wiederherstellung der Einheit bereits weit vo r a n g e k o mmen. „Es ist Gewaltiges geleistet worden.“ Zwar seien auch Fehler gemacht worden, aber schließlich mussten in den Ja h re n 1989 und 1990 „rund um die Uhr En tscheidungen getroffen we rden“. „Wir waren eben nicht im Seminar für Wi rtschafts- und Sozialpolitik, um in nachdenklicher At m o s p h ä re Entscheidungen t reffen zu können“, sagte Kohl. Wer aber heute mit offenen Augen durch die neuen Bundesländer fahre, we rde feststellen, dass d o rt in den zurückliegenden zwölf Jahren ein riesiger Erfolg erreicht worden sei. „Seit der Wi e d e rvereinigung sind in den neuen Bundesländern 550.000 mittelständisch geprägte Unternehmen entstanden, die mehr als 3,2 Millionen Arbeitnehmer beschäftigen“, unterstrich Kohl. Mit enormem persönlichen Einsatz, Fleiß und Hi l f s b e reitschaft seien in den neuen Ländern vielero rts tatsächlich „blühende Landschaften“ entstanden. Zur gleichen Zeit sei die Einigung Eu ro p a s ... III. Quartal 2003


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.