WR-Luftfahrtbroschüre

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Luftfahrt unter Druck Die Luftverkehrsteuer und ihre Folgen f端r den Standort Deutschland DIE STIMME DER SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT


Vorwort

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illionen Menschen nutzen Jahr für Jahr den Luftverkehr, um in Länder in aller Welt zu reisen. Auch die deutsche Wirtschaft ist auf Flugverbindungen zu Märkten weltweit angewiesen, um Geschäftsbeziehungen aufzubauen bzw. zu pflegen und um Waren zu ex- und importieren. Trotz dieser großen Bedeutung für individuelle Mobilität und wirtschaftliche Prosperität wurde der Luftverkehr mit Einführung der Luftverkehrsteuer im nationalen Alleingang belastet. Seit den ersten Überlegungen zu ihrer Einführung ist die Ablehnung gegenüber dieser Steuer unverändert groß: Zahlreiche Fachpolitiker der Großen Koalition im Wirtschaftsund Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags haben aufgrund der einseitigen Benachteiligungen für Unternehmen des Luftverkehrsstandorts Deutschland unmissverständlich die Abschaffung der Steuer gefordert, ebenso der Bundesrat. Und nicht zuletzt Fluggesellschaften und Flughäfen, Gewerkschaften sowie die gesamte deutsche Industrie haben mehrfach verdeutlicht, wie die Steuer ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinträchtigt und daher die Abschaffung der Steuer gefordert. In der vorliegenden Broschüre fasst der Wirtschaftsrat nochmals die entscheidenden Aspekte der Diskussion zur Luftverkehrsteuer zusammen und formuliert darauf aufbauend seine Schlussfolgerungen. Berlin, im November 2014

Wolfgang Steiger Generalsekretär

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Dr. Werner Kook Vorsitzender der Bundesfachkommission Verkehrspolitik, Logistik und Infrastruktur


Inhaltsverzeichnis

Was ist die Luftverkehrsteuer?

Vorwort.........................................................................................................................................................1 Was ist die Luftverkehrsteuer?............................................................................................................. 3 Welche Auswirkungen hat die Luftverkehrsteuer?........................................................................ 3 Auswirkung 1: Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Fluggesellschaften....................................... 4 Auswirkung 2: Passagierverluste zu Lasten deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften.......................……7 Auswirkung 3: Volkswirtschaftliche Nachteile durch die Luftverkehrsteuer......................................................9 Auswirkung 4: Doppelbelastung durch die Luftverkehrsteuer.............................................................................. 11 Schlussfolgerung: Die Luftverkehrsteuer schadet dem Standort Deutschland.......................................................12

Laut Luftverkehrsteuergesetz (LuftVStG) müssen Fluggesellschaften seit 1. Januar 2011 für jeden ihrer Passagiere, der mit einem Abflug von einem deutschen Flughafen seine Reise beginnt, eine Steuer an das Bundesfinanzministerium entrichten. Die Höhe richtet sich in der Regel nach der zurückgelegten Entfernung bis zum Endziel der Flugreise: O 7,50 € für Flugreisen mit Endziel in Ländern insbesondere in Europa O 23,43 € für Flugreisen mit Endziel in Ländern insbesondere im Nahen Osten O 42,18 € für Flugreisen mit Endziel in Ländern insbesondere in Amerika, Asien und Afrika.1 Mit der Luftverkehrsteuer wollte und will der Bund jährlich rund eine Milliarde Euro ­einnehmen. Ein Ziel, das seit 2011 in jedem Jahr nahezu erreicht wurde.

Welche Auswirkungen hat die Luftverkehrsteuer? Das Forschungsunternehmen Intraplan, das regelmäßig auch für das Bundesverkehrsministerium Verkehrsprognosen und -analysen erstellt, hat im Frühjahr 2012 einen Bericht über die Auswirkungen der Luftverkehrsteuer vorgelegt.2 Auch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) war nach § 19 Absatz 4 LuftVStG dazu verpflichtet, dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2012 eine Evaluierung der Steuer vorzulegen. Diesem Auftrag ist das Ministerium fristgerecht nachgekommen und hat einen Evaluierungsbericht erstellt. Dieser beruht im Wesentlichen auf Erkenntnissen des auf Verkehrsanalysen spezialisierten Schweizer Forschungsinstituts INFRAS, dessen umfassende Analyse als Anhang Bestandteil des BMF-Gutachtens ist.3 Beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis: Die Luftverkehrsteuer verursacht O Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Fluggesellschaften und O Passagierverluste zu Lasten deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften.

1 Die ursprünglichen Steuersätze lagen für die jeweiligen Entfernungsklassen mit 8 €, 25 € und 45 € zunächst höher. Sie wurden aufgrund neuer Einnahmen aus der Einbeziehung des Luftverkehrs in den Europäischen Emissionshandel abgesenkt. 2 Intraplan (2012): Untersuchung zur verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Wirkung der Luftverkehrsteuer, München. 3 Bundestagsdrucksache 17/10225: Bericht an den Deutschen Bundestag über die Auswirkungen der Einführung des Luftverkehrsteuergesetzes auf den Luftverkehrssektor und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der Luftverkehrsteuer.

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Auswirkung 1: Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Fluggesellschaften Warum kann die Luftverkehrsteuer den Wettbewerb verzerren, schließlich müssen doch auch ausländische Fluggesellschaften die Steuer für Passagiere entrichten, die auf einem deutschen Flughafen in ihre Flugzeuge steigen? Entscheidend für die Beantwortung ist, inwieweit die Weitergabe der Steuer an die Passagiere möglich ist. Denn grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die Steuer wird ganz an den Passagier weitergegeben, das heißt der Ticketpreis wird um den Steuersatz angehoben, den die Fluggesellschaft für diesen Passagier entrichten muss. 2. Die Steuer wird nur unvollständig oder gar nicht an den Passagier weitergegeben. Die Fluggesellschaft muss dann die Steuer selbst teilweise oder ganz tragen.

Das Ministerium zieht aus diesen Erkenntnissen als „eigene Einschätzung“ den Schluss: „Unter dieser Prämisse [das heißt einer angenommenen Kostenüberwälzung zu 80 Prozent des jeweiligen Steuersatzes] belaufen sich die aufgrund der Einführung der Luftverkehrsteuer von den deutschen Luftverkehrsunternehmen als Gewinnreduktion oder Defizitvergrößerung zusätzlich zu tragenden Kosten auf bis zu 100 Millionen [Euro pro Jahr].“6 Welche gravierenden Auswirkungen eine solche – vermeidbare – Zusatzbelastung auf die Ergebnissituation der deutschen Airlines hat, zeigt eine Aufstellung des Luft­ verkehrsverbandes BDL. Demnach betrug die operative Marge der Lufthansa-­PassageGruppe und der Airberlin-Gruppe in den Jahren vor Einführung der Luftverkehrsteuer zusammengenommen im Schnitt 2,2 Prozent. Nach Einführung der Steuer fällt sie auf 0,8 Prozent. Die Steuerbelastung durch die Luftverkehrsteuer beträgt gleichzeitig 1,7 Prozent des Umsatzes. Vergleich der durchschnittlichen Operative Marge von Lufthansa Passage- und Air­berlin-Gruppe in den Jahren 2006 – 2010 und in den Jahren 2011 – 2013 (in %)

Die Wettbewerbsverzerrung durch die Luftverkehrsteuer resultiert daraus, dass Airlines mit Sitz im Ausland die zu zahlende deutsche Luftverkehrsteuer durch ihre Flugumsätze weltweit kompensieren und auf Preiserhöhungen im deutschen Verkehr verzichten können. Deutsche Unternehmen können dies so nicht, da sie im Gegensatz zu ausländischen Airlines den Großteil ihres Umsatzes durch der Steuer unterliegende Abflüge von deutschen Flughäfen erzielen. Heimische Anbieter stehen damit unter erheblichem Druck:

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O entweder die Steuer auf die Ticketpreise voll zu überwälzen – mit der Folge, Marktanteile gegenüber ausländischen Konkurrenten zu verlieren,

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O oder die Steuer – wie ihre ausländischen Konkurrenten – nicht auf die Passagiere zu überwälzen – mit der Folge, die fällige Steuer selbst zu begleichen. Das Gutachten des Bundesministeriums der Finanzen bestätigt diese Wettbewerbsverzerrung: „Im Unterschied zu den Unternehmen mit Sitz in Deutschland gaben die Unternehmen mit Sitz im Ausland an, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt werde … Zudem betonen die ausländischen Luftverkehrsunternehmen die Ausweichmöglichkeiten.“4 Unternehmen mit Sitz in Deutschland beklagen hingegen unisono eine Verschlechterung ihrer internationalen Wettbewerbsposition.5

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Quelle: BDL Quelle: BDL 6 Ebd., S. 42.

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2006-2010

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2006-2010

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Vergleich der durchschnittlichen Belastung durch die LuftVSt am Anteil des Umsatzes in den Jahr Vergleich der durchschnittlichen Belastung durch die LuftVSt am Anteil Jahren 2011-2013 (in %) Vergleich der durchschnittlichen Belastung durch die LuftVSt am Anteil des Umsatzes in den Jahr des Umsatzes in den Jahren 2006 – 2010 und in den Jahren 2011 – 2013 (in %) Jahren 2011-2013 (in %) 3

Beides belastet ihr operatives Ergebnis erheblich.

4 Ebd., S. 153. 5 Ebd., S. 162.

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0 2006-2010

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2006-2010

2011-2013 Quelle: BDL


Es wäre sicherlich zu einfach, diese augenfällige Ergebnisverschlechterung allein auf die Luftverkehrsteuer zurückzuführen. Doch angesichts der ausgewiesenen hohen Belastung und der selbst durch das Bundesfinanzministerium bescheinigten Ergebnisbelastung ist davon auszugehen, dass die Luftverkehrsteuer zumindest einen großen Anteil an dieser negativen Entwicklung hat.7

wanderungen „auf dem Luftweg“ identifiziert und sogar als bedeutsamer klassifiziert als Abwanderungen „auf dem Landweg“.10

Starts auf deutschen Flughäfen (2010 – 2013): Deutsche Fluggesellschaften vs. euro­pä­ische Netzwerkcarrier (in %) Starts auf deutschen Flughäfen (2010-2013): Deutsche Fluggesellschaften vs. europäische Netzw

Wie groß das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung durch die Luftverkehrsteuer ist, ­belegt auch die Tatsache, dass deutsche Luftfahrtunternehmen – dies sind im Wesentlichen vier Airlines bzw. Airline-Gruppen – 55 Prozent der Steuerschuld zu tragen haben, während sich der Rest der Steuer auf über 100 insbesondere ausländische Airlines verteilt. Dass die Unternehmen der deutschen Passagierluftverkehrswirtschaft in einem inten­ siven internationalen Wettbewerb stehen, ist unbestritten: 81,4 Prozent der Passagiere, die 2013 auf einem deutschen Flughafen in ein Flugzeug stiegen, hatten als Reiseziel einen Flughafen im Ausland.8 Die Passagiere haben die Auswahl, mit welcher Fluggesellschaft, einer in- oder ausländischen, sie dorthin fliegen. Deutsche Fluggesellschaften stehen hier mit ausländischen Airlines in erheblicher Konkurrenz. Dies gilt nicht nur für Verkehre mit Start- oder Endziel Deutschland, sondern auch für sogenannte Umsteigerverkehre, zum Beispiel europäische oder interkontinentale Gäste, die mit deutschen Fluggesellschaften über deutsche Hubflughäfen ihre Zieldestination erreichen können – oder aber eben mit ausländischen Airlines über ausländische Hubflughäfen. Der Luftverkehr unterscheidet sich durch diese hohe Wettbewerbsintensität von anderen Verkehrsträgern erheblich, wie zum Beispiel der Schiene, die fast ausschließlich national stattfinden und auf denen kein oder kaum Wettbewerb herrscht. Die einseitigen Belastungen führen durch die Ergebnisbelastung dazu, dass die heimischen Fluggesellschaften längst nicht mehr die Wachstumstreiber an deutschen Flughäfen sind: Vergleicht man die Angebotsentwicklung von deutschen Unternehmen mit wichtigen Wettbewerben – jeweils an deutschen Flughäfen – ist erkennbar, dass die deutschen Unternehmen zwischen 2010 und 2013 ihr Angebot um 4,8 Prozent zurückfahren mussten, wohingegen europäische Konkurrenten ihr Angebot um zehn Prozent erhöht haben.9 Offensichtlich nutzen europäische Netzwerkcarrier die Schwäche der deutschen Konkurrenz, um Umsteigepassagiere aus Deutschland über ihre Drehkreuze fliegen zu lassen. Auch das Gutachten des Bundesfinanzministeriums hatte diese Ab7 Auch die Europäische Kommission weist in einer Analyse der europäischen Luftverkehrswirtschaft auf die ­negativen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit solcher nationalen Steuern hin, vgl. KOM(2012) 556. 8 Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 6 für das Jahr 2013. 9 Vgl. BDL (2014): Dritter Evaluierungsbericht.

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Deutsche Fluggesellschaften Europäische Netzwerkcarrier Quelle: BDL

Quelle: BDL

Auswirkung 2: Passagierverluste zu Lasten deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften Die jeweiligen Gutachten von Intraplan und INFRAS (BMF) identifizieren als Folge der Luftverkehrsteuer Passagierverluste in Millionenhöhe: Demnach sind (potentielle) Passagiere aufgrund der Steuer entweder nicht geflogen oder (in geringem Maße) auf andere Verkehrsmittel ausgewichen oder aber (im stärkeren Maße) auf ausländische Flughäfen (und somit zu ausländischen Fluggesellschaften) abgewandert. Doch handelt es sich bei den identifizierten Passagierverlusten um Einmaleffekte oder wirken diese Schädigungen auch in den Folgejahren fort? Hierzu hatte das Bundesfinanzministerium erneut INFRAS um ein Folgegutachten gebeten. Ein zentrales Ergebnis ist: Die identifizierten Passagierverluste sind auch im Folgejahr 2012 zu beklagen.11 10 Bundestagsdrucksache 17/10225, S. 40. 11 „Aufgrund der im Grundlagenbericht festgestellten Dämpfung des Passagierwachstums besteht … ein – im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleichbleibender – Niveaueffekt der Gesamtpassagierzahl fort. Damit ergibt die … Forstschreibung, dass der im Jahr 2011 feststellbare Niveaueffekt [auch 2012] in etwa bestehen bleibt.“ Bundestagsdrucksache 17/10985: Bericht an den Deutschen Bundestag über die Auswirkungen der Einführung des LuftVStG auf den Luftverkehrssektor und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der Luftverkehrsteuer – Fortschreibung, Aktualisierung und Ergänzung, S. 41.

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Auch würde das Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen – und bei deutschen Fluggesellschaften – ohne Luftverkehrsteuer jedes Jahr höher liegen als mit Luftverkehrsteuer. Doch die Luftverkehrsteuer bremst nicht nur das Luftverkehrswachstum in Deutschland, sondern kurbelt es gleichzeitig im benachbarten Ausland an. Ein Vergleich der verkehrlichen Entwicklung an grenznahen Flughäfen in Deutschland und im benachbarten Ausland bestätigt dies. Zwischen 2010 und 2013 erlitten deutsche Flughäfen absolute Passagierverluste (minus 0,4 Prozent); ausländische Flughäfen konnten hingegen im besagten Zeitraum ein außergewöhnlich hohes Wachstum vorlegen (plus 35,8 Prozent). Wachstum (2010 – 2013) grenznaher Flughäfen in Deutschland und im benachbarten Ausland (in %) Wachstum (2010-2013) grenznaher Flughäfen in Deutschland und im benachbarten Ausland (in %)

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35,8

sagier die Luftverkehrsteuer entrichten. Mit dem Angebot (Fluggesellschaften) verlagert sich dann auch die Nachfrage (Passagiere) ins Ausland.13 Somit gehen dem Standort Deutschland unnötig Beschäftigungs- und Wertschöpfungschancen verloren: Flugzeuge starten nun – auch mit in Deutschland lebenden Passagieren – vermehrt auf Flughäfen im benachbarten europäischen Ausland, statt in Deutschland. Angesichts dieser auch beschäftigungspolitisch negativen Folgen ist es nicht verwunderlich, dass auch die Beschäftigten der Luftverkehrswirtschaft zunehmend gegen die Steuer aufbegehren. So haben in einer der zahlenstärksten Petitionen in der Geschichte des Deutschen Bundestags Piloten, Flugbegleiter und weitere Mitarbeiter mit 135.719 Unterschriften auf die negativen Auswirkungen der Steuer aufmerksam gemacht. Zudem haben die Gewerkschaften gemeinsam mit den Betriebsräten und Arbeitgebern in einer so noch nie da gewesenen industriepolitischen Zusammenarbeit einen gemeinsamen Forderungskatalog vorgestellt, der unter anderem die Forderung nach einer sofortigen Abschaffung der Luftverkehrsteuer enthält.14

Auswirkung 3: Volkswirtschaftliche Nachteile durch die Luftverkehrsteuer -0,4 Flughäfen grenznah D

Quelle: BDL

Neben den zuvor beschriebenen Auswirkungen auf den Luftverkehrssektor hat die Luftverkehrsteuer auch Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Denn Luftverkehr findet nicht aus Selbstzweck statt, sondern weil Bürger wie die Unternehmen Luftverkehrsleistungen nachfragen. Und jede Beeinträchtigung des Luftverkehrs hat daher auch Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft.

Flughäfen benachbartes Ausland Quelle: BDL

Diese „Wachstumsschere“ zwischen grenznahen deutschen Flughäfen (inkl. des Flughafens Düsseldorf) und grenznahen Flughäfen im westeuropäischen Ausland hat sich allein zwischen 2012 und 2013 von 23 Prozent auf 36,2 Prozent schlagartig erhöht. Die Entwicklung der ersten sechs Monate 2014 zeigt, dass sie sich auch in diesem Jahr weiter öffnen wird.12 Doch es sind nicht nur nachfrageseitige Abwanderungen von Passagieren, sondern auch angebotsseitige Abwanderungen von Airlines, die die Verkehrsentwicklung auf deutschen Flughäfen negativ und auf benachbarten ausländischen Flughäfen positiv beeinflussen: Viele Fluggesellschaften entscheiden sich bei geplanten Angebotserweiterungen gegen deutsche Flughäfen. Denn nur hier müssen sie für jeden abfliegenden Pas12 Vgl. BDL (2014): Dritter Evaluierungsbericht.

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O Passagiere: Wenn Flugverteuerungen oder geringere bzw. ins Ausland abgewanderte Flugangebote aufgrund der Steuer dazu führen, dass Bürger gar nicht mehr fliegen oder aber auf Flughäfen im Ausland ausweichen müssen, ist dies gleichbedeutend mit einem Wohlfahrtsverlust im Vergleich zur Situation ohne Steuer. Denn die Optionen „Nicht-Fliegen“ oder „von einem ausländischen Flughafen Abfliegen“ hätten sie auch ohne Steuer schon wählen können. Offenbar wollten sie dies nicht. Müssen sie es nun wegen der Steuer, sind sie gegenüber der Ausgangslage ohne Steuer schlechter gestellt. 13 Eine Studie belegt, dass die grenzüberschreitende Konkurrenzsituation von Flughäfen aufgrund solcher Abwanderungen von Passagieren und Fluggesellschaften zugenommen hat, vgl. Copenhagen Economics (2012): Airport Competition in Europe. 14 Vgl. „Kernanliegen der deutschen Luftverkehrswirtschaft: Unsere gemeinsame Agenda von Unternehmen, Betriebsräten und Gewerkschaften“; unter: http://www.bdl.aero/download/730/gemeinsame-erklarung_luftfahrt-und-verbande_11042013.pdf (abgerufen am 19.9.2014).

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O Unternehmen: Luftverkehrsleistungen stellen einen wichtigen Produktionsfaktor von Unternehmen in einer stark arbeitsteilig geprägten Weltwirtschaft dar. Gerade für exportorientierte deutsche Unternehmen spielt der Luftverkehr eine große Rolle, wie eine repräsentative Umfrage des ifo Instituts München ergeben hat: Demnach ist für drei Viertel aller Industrieunternehmen in Deutschland Luftverkehr wichtig oder sehr wichtig.15 F lugverteuerungen aufgrund der Steuer, die insbesondere im weniger preissensitiven Businesssegment zu beachten sind,16 führen aber zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Unternehmen. Der Geschäftsreiseverband, VDR, der die Unternehmen der produzierenden Wirtschaft in Deutschland vertritt, schätzt diese durch die Luftverkehrsteuer bedingten direkten Kosten für ihre Unternehmen auf 400 bis 550 Mil­ lionen € – pro Jahr.17 Befürworter der Luftverkehrsteuer argumentieren, dass auch andere europäische Staaten solche Flugabgaben erheben würden. Fakt ist vielmehr, dass die Niederlande ihren nationalen Alleingang mit einer Flugabgabe bereits nach einem Jahr im Juli 2009 beendet haben.18 Auch Irland hat zum 1. April 2014 die nationale Air Travel Tax auf null € abgesenkt und somit de facto abgeschafft. Ziel ist, durch ein stärkeres Flugangebot insbesondere auch den Incoming-Tourismus von den dämpfenden Fesseln der Steuer zu befreien.19 Eine Belebung des luftverkehrsbedingten Geschäftstourismus und somit des internationalen Handels mit britischen Unternehmen verspricht sich auch die Regierung des Vereinigten Königreichs. Sie schafft zum 1. April 2015 die beiden höchsten Steuerklassen der air passenger duty (APD) ab. Im Vorfeld dieser Entscheidung hatte eine Studie die volkswirtschaftlichen Kosten der APD ausführlich beschrieben und den möglichen volkswirtschaftlichen Nutzen einer Abschaffung als höher quantifiziert als eine Beibehaltung.20

15 Vgl. BDL (2013): Luftverkehr und Wirtschaft. 16 Vgl. Intraplan (2012): Untersuchung zur verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Wirkung der Luftverkehrsteuer, München, S. 31. 17 Vgl. VDR (2014): Geschäftsreiseanalyse, 12. Ausgabe, S. 7. 18 Vgl. KiM Netherlands Institute for Transport Policy Analysis (2011): Effects of the Air Passenger Tax. 19 Vgl. http://www.bbc.com/news/world-europe-24556448 (abgerufen am 18.9.2014). 20 Vgl. PriceWaterhouseCoopers (2013): The Economic Impact of Air Passenger Duty.

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Im Gegensatz zu diesen Ländern, deren Verantwortliche aus den negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen nationaler Alleingänge im Luftverkehr gelernt haben, verharrt Deutschland (und mit ihm Österreich21) weiterhin auf seinem nationalen Alleingang mit der Luftverkehrsteuer. Zu einer volkswirtschaftlichen Analyse der Auswirkungen der Luftverkehrsteuer zählt nicht zuletzt auch die Betrachtung der durch die Steuer veränderten Verteilung der Steuereinnahmen. Denn die eine Milliarde Euro pro Jahr aus der Luftverkehrsteuer fließen ausschließlich dem Bundeshaushalt zu. Der Bund selbst, aber vor allem auch Länder und Gemeinden haben zeitgleich Mindereinnahmen zu beklagen, zum Beispiel aus geringeren Umsatzsteuer- und Gewerbesteuereinnahmen durch geringe Umsätze an Flughäfen. Diese Effekte sind umso größer, je mehr Passagiere auf ausländische Flughäfen und zu ausländischen Fluggesellschaften ausweichen. Denn die dort, statt in Deutschland, stattfindenden Geschäfte entziehen sich komplett der deutschen Besteuerung.

Auswirkung 4: Doppelbelastung durch die Luftverkehrsteuer Neben den negativen betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen stellt die Steuer zudem eine Abkehr von einer jahrzehntelang erfolgreich verfolgten Luftverkehrspolitik und Finanzierung des Luftverkehrs entsprechend internationalen Völkerrechts dar. Grundlegend für das internationale Völkerrecht im internationalen Luftverkehr ist das Chicagoer Abkommen von 1944, das die Bundesrepublik Deutschland 1956 ratifiziert hat. In dem Abkommen wurden zu Beginn der kommerziellen Luftfahrt weltweit gültige Grundsätze aufgestellt. Einem Grundsatz zufolge soll sich der Luftverkehr über kostendeckende Entgelte finanzieren und eben nicht über Steuern. Deshalb tragen auch in Deutschland die Nutzer des Luftverkehrs über Nutzerentgelte und -gebühren in Höhe von derzeit knapp vier Milliarden Euro pro Jahr die Kosten für Flughafeninfrastruktur, Flugsicherung, Luftsicherheit, CO2-Emissionen und Lärmschutz. Seit Einführung der Luftverkehrsteuer werden die Nutzer des Luftverkehrs nun aber doppelt belastet, da sie zusätzlich zu diesen Kosten nun auch die Luftverkehrsteuer zu entrichten haben.

21 Österreich hat zeitgleich zur deutschen Luftverkehrsteuer eine Luftverkehrsabgabe eingeführt, deren Steuersätze für die jeweiligen Distanzklassen leicht unter den deutschen Steuersätzen liegen: 7 € (Distanzklasse I), 15 € (Distanzklasse II) und 35 € (Distanzklasse III).

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Schlussfolgerung: Die Luftverkehrsteuer schadet dem Standort Deutschland! Die Erhebung einer Luftverkehrsteuer im nationalen Alleingang schadet dem Luft­ verkehrs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Zahlreiche Evaluierungsgutachten be­ legen, dass die Luftverkehrsteuer eine klare Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von Unternehmen darstellt, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt aus Abflügen von deutschen Flughäfen besteht. Dies betrifft zum einen deutsche Fluggesellschaften, die aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität im internationalen Luftverkehr entweder die Luftverkehrsteuer aus dem eigenen Ergebnis begleichen müssen oder aber bei Weitergabe der Steuer mit Marktanteilsverlusten zu kämpfen haben; dies betrifft zum anderen aber auch die deutschen Flughäfen, die massiv unter Abwanderungen auf dem Land- wie auch auf dem Luftweg hin zu Konkurrenzflughäfen außerhalb Deutschlands leiden. Die Luftverkehrsteuer belastet die Nutzer des Luftverkehrs unnötig: (Potentielle) Flugpassagiere haben eine geringere Auswahl an Flügen als ohne die Luftverkehrsteuer. Die deutschen Unternehmen müssen Mehrkosten für flugbedingte Geschäftsreisen in dreistelliger Millionenhöhe tragen. Nutznießer der Steuer ist einzig und allein der Bundeshaushalt. Gemeinden und Länder verlieren hingegen wichtige Steuereinnahmen, da Flüge nun vermehrt im benachbarten Ausland stattfinden. Der Wirtschaftsrat und seine Bundesfachkommission Verkehr, Logistik, Infrastruktur folgen daher insbesondere den Forderungen von Bundesrat, von Fachpolitikern aus Verkehrs- und Wirtschaftsausschuss im Deutschen Bundestag, von Betriebsräten und Gewerkschaften, von führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft, vom Steuer­ zahlerbund und nicht zuletzt von der deutschen Luftverkehrswirtschaft und ihren ­Beschäftigten: Die Bundesregierung sollte die Steuer schnellstmöglich abschaffen!

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Verantwortlich: Wolfgang Steiger, Generalsekretär Dr. Rainer Gerding, Bundesgeschäftsführer Gestaltung und Abwicklung: Katja Sandscheper, Redakteurin Herstellung: STEINBACHER DRUCK GmbH © Wirtschaftsrat 2014

Wirtschaftsrat der CDU e.V. Luisenstraße 44, 10117 Berlin Telefon: 0 30 / 2 40 87-301 Telefax: 0 30 / 2 40 87-305 Internet: www.wirtschaftsrat.de E-Mail: info@wirtschaftsrat.de


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