Landesverband Hamburg: Zurück zum Programm „Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“

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Zurück zum Programm „Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“ Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Hamburg

Positionspapier zur Stadtentwicklung

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Vorwort

Hamburg steht vor einer historischen Herausforderung: Der anhaltend hohe Zustrom an Flüchtlingen lässt alle bisherigen Prognosen zum Einwohnerwachstum der Stadt ins Leere laufen und setzt den Wohnungsmarkt wie nie zuvor unter Druck. Einerseits steht außer Frage, dass Hamburg für die vielen Schutzsuchenden möglichst schnell menschenwürdige Unterkünfte mit Perspektive schaffen muss. Andererseits darf die Situation aber nicht dazu führen, dass die Stadt in ihrer Entwicklung gebremst wird, weil zu viele Ressourcen und Projekte der Bewältigung der Flüchtlingskrise untergeordnet werden. Hamburg muss als Wirtschaftsmetropole des Nordens weiter wachsen und als Wohnort für alle Bevölkerungsschichten attraktiv bleiben. Umso bedauerlicher ist es, dass Hamburgs Olympia-Pläne und damit die einmalige Chance, das internationale Standing, die Wirtschaftsleistung und die Stadtentwicklung – quasi auf einen Schlag – für Jahrzehnte positiv zu gestalten, mit dem Referendum am 29. November 2015 ein jähes Ende gefunden hat. Nun muss sich unsere Stadt ohne die Perspektive auf die Spiele für die Zukunft rüsten. Der Senat ist in der Pflicht, mit den Olympia-Millionen ein groß angelegtes Image- und Stadtentwicklungsprogramm aufzulegen. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Mittel von rund € 200 Millionen pro Jahr nicht

für anderweitige, fortlaufende Ausgaben eingesetzt werden. Die alles entscheidende Frage lautet, wie Hamburg die gegenwärtigen Herausforderungen meistern und sich gleichzeitig als moderne, zukunftsorientierte Stadt aufstellen kann. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im konsequenten Wachstum. Der Wirtschaftsrat plädiert dafür, ohne Einschränkungen wieder zum bewährten Programm der „Wachsenden Stadt“ zurückzukehren, das vom früheren Finanzsenator Dr. Wolfgang Peiner schon vor eineinhalb Jahrzehnten entwickelt wurde. Das vorliegende Papier baut einerseits auf Vorschlägen der Handelskammer Hamburg auf und stützt sich andererseits auf Unterlagen der Becken Development GmbH, die dankenswerterweise Material bereitgestellt hat. Es gilt, die Flüchtlingskrise als Wachstumschance zu begreifen und die ohnehin notwendigen, immensen Investitionen, z.B. im Bereich des Wohnungsbaus, intelligent und effizient zum Wohle der Stadt einzusetzen.

gunnar uldall, senator a.D. Landesvorsitzender Wirtschaftsrat Hamburg


Ausgangssituation Hamburgs Bevölkerung wächst rasant. Ende 2014 verzeichnete das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein eine Einwohnerzahl von 1.762.791 – gegenüber dem Vorjahr ein Wanderungsgewinn von 13.376 Personen1. Der Trend in dieser Größenordnung hält seit Jahren an. Schon ohne Berücksichtigung des massiven Flüchtlingszustroms in 2015 und dessen weiterer Entwicklung, rechnet das Amt bis 2035 – je nach Szenario – mit einem Anstieg der Einwohnerzahl auf bis zu 1.897.0002. Im Jahr 2015 kamen rund 61.600 Flüchtlinge nach Hamburg3, für 2016 rechnet der Senat mit einem Bedarf an Unterkünften für 80.000 Menschen4. Dass diese Zahl im Jahresverlauf nach oben korrigiert werden muss, kann nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr nicht ausgeschlossen werden – im Gegenteil.

Vollkommen ungewiss ist, wie lange der starke Zustrom noch anhalten wird. Die Frage nach dem Familiennachzug ist dabei noch gar nicht gestellt. Die letzten offiziellen Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung Hamburgs wurden binnen weniger Monate von der Realität überholt. Abb. 1: Längst überholt: Prognose zur Bevölkerungsentwicklung in Hamburg für den Zeitraum 2015 bis 2035 Szenario W1 Szenario W2 1.900.000 1.875.000 1.850.000 1.825.000 1.800.000 1.775.000 1.750.000

2015

2035

Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein 2015

1 http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Statistische_Berichte/bevoelkerung/A_I_1_j_H/A_I_1_j14_HH_endg%C3%BCltig.pdf [Letzter Zugriff: 27.10.2015]. 2h ttp://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Statistische_Berichte/bevoelkerung/A_I_8_j_HH/A_I_8_j15_HH.pdf [Letzter Zugriff: 27.10.2015]. 3 Drucksache 21/2836. 4 Drucksache 21/2479.


Bildquelle: shutterstock, © blvdone

Das Problem ist zum Teil hausgemacht. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln wurden zwischen 2010 und 2014 in Hamburg 34.600 Wohnungen zu wenig gebaut. „Und das auch ohne all die Flüchtlinge, für die momentan noch einmal zusätzlicher Wohnraum nötig wird“5, stellt das Institut klar. Seit mehreren Jahren steigt zwar die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen an, gleichzeitig hinkt die Zahl der tatsächlichen Fertigstellungen aber deutlich hinterher6 (s. Abb. 2).

Abb. 2: Baugenehmigungen und Baufertigstellungen von Wohnungen in Hamburg 2010 bis 2014 n Baugenehmigungen n Baufertigstellungen 12.000

10.012

10.000

8.162

8.000 6.000 4.000

10.923

6.407 4.129 3.520

5.061

3.729

6.974

3.793

2.ooo 0

2010

2011

2012

2013

2014

Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein 2015

FORDERUNG DES WIRTSCHAFTSRATES Die Situation auf dem ohnehin seit Jahren angespannten Wohnungs­ markt hat sich durch den Flüchtlingszustrom dramatisch verschärft. Das Wohnungsbauprogramm des Senats („Bündnis für das Wohnen“) mit 6.000 neuen Wohnungen pro Jahr reicht bei Weitem mehr nicht aus. Der Wirtschaftsrat fordert, dass die Zielsetzung für den Neubau auf 12.000 bis 15.000 fertiggestellte Wohnungen pro Jahr angehoben und realisiert wird. 5 http://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/immobilienmarkt-metropolen-haben-boom-verschlafen-243283?highlight=wohnungen [Letzter Zugriff: 28.10.2015]. 6 https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Statistische_Berichte/arbeit_und_soziales/F_II_1_2_4_j_H/F_II_1_2_4_j14_HH.pdf [Letzter Zugriff: 28.10.2015].


KONSEQUENTES WACHSTUM ALS METROPOLE Um die immensen Herausforderungen zu meistern, muss Hamburg als Metropole zum bewährten Konzept der „Wachsenden Stadt“ zurückkehren und darf sich nicht in Bedenken zu Weitsicht und Nachhaltigkeit verlieren. Konsequentes Wachstum lautet das Erfolgskonzept. Hamburg ist schon jetzt eine pulsierende Stadt mit großer Anziehungskraft, was sich im starken Wanderungsgewinn ausdrückt. Der Flüchtlingszustrom bedeutet enorme Anstrengungen, kann aber gleichzeitig Katalysator für ein beschleunigtes Wachstum sein. Diese Chance gilt es zu ergreifen, die Zeit drängt!

plädiert der Wirtschaftsrat deshalb für die Unterbringung in kleineren, dezentralen Wohnquartieren.

1. Schneller und günstiger Wohn­ raum für Flüchtlinge: Übergangs­ wohnungen Der Senat hat am 06. Oktober 2015 beschlossen, bis Ende 2016 in den sieben Bezirken insgesamt 5.600 Wohnungen für mehr als 20.000 Flüchtlinge zu bauen.7 Dabei setzt Rot-Grün auf separate Großsiedlungen für Flüchtlinge. So sollen etwa in Billwerder (Mittlerer Landweg) und in Rissen (Suurheid) jeweils 800 Wohneinheiten für 4.000 Flüchtlinge entstehen. Die Gefahr, dass bei solchen Größenordnungen „Ghetto-Siedlungen“ entstehen, ist nicht von der Hand zu weisen. Unter integrations- und stadtentwicklungspolitischen Gesichtspunkten

Es braucht schnell zusätzlichen, günstigen Wohnraum, der nur in enger Zusammenarbeit zwischen Stadt und privater Immobilienwirtschaft geschaffen werden kann. Die Lösung bieten sog. Übergangswohnungen. Diese sind durch eine höhere Belegung pro Quadratmeter und einfachere Ausstattung (unter Einhaltung aller Auflagen für Brandschutz und Fluchtwege) gekennzeichnet. Derartige Wohnungen dienen zunächst nur der Unterbringung von Flüchtlingen. Später können und sollen sie zu dauerhaft öffentlich geförderten Wohnungen umgebaut werden. Aus drei Übergangswohnungen werden dann zwei normale.

7 Drucksache 21/1899.

Bereits im Dezember hat sich zudem abgezeichnet, dass der Senat sein Wohnungsversprechen ohnehin nicht wird einhalten können. Die Vorbereitungen für die vorgesehenen Wohnungsbauprojekte hinken dem Zeitplan weit hinterher, Eigentumsfragen sind ungeklärt und teilweise fehlen Investoren. Und selbst, wenn die geplanten 5.600 Wohnungen einmal fertiggestellt sind, wird die Unterbringungsnot damit nicht gelöst sein.


Abb. 3: Grundriss der Übergangs­ wohnungen (Beispiel)

Tab. 1: Wirtschaftliche Eckdaten der Übergangswohnungen (erste Schätzung) Investition

€ / m2 Wohn­ fläche netto

€ / m2 Wohn­ fläche brutto

Grundstück

100 €

100 €

Erschließung

Baukosten

1.100 €

1.310 €

Baunebenkosten

330 €

390 €

Summe

1.530 €

1.800 €

€ / m2 Wohn­ fläche netto

€ / m2 Wohn­ fläche brutto

5,37 €

6,32 €

Miete

Voraussetzung für Übergangswohnungen ist, dass die Stadt Hamburg einerseits geeignete Baugrundstücke zu einem niedrigen Preis verkauft und andererseits gewisse Bauanforderungen, z.B. in puncto Energieeffizienz, Schallschutz, Mindestraumgröße, Stellplätze, Barrierefreiheit oder Belichtung aussetzt, um schnelles und günstiges Bauen zu ermöglichen. Für die erfolgreiche Bewältigung des Flüchtlingszustroms ist es wichtig, dass die Unterbringung der Menschen mit Integration einhergeht. Daher sollten Übergangswohnungen in dezentralen, gemischten Quartieren entstehen, wo es z.B. auch geförderte und Kleinstwohnungen für Auszubildende, Studenten etc. gibt. Das Ziel muss sein, nicht einfach schnellen und günstigen Wohn-

raum aus dem Boden zu stampfen, sondern mit langfristiger Perspektive heterogene Quartiere zu gestalten. Von den Übergangswohnungen profitiert die Stadt Hamburg gleich doppelt: Einerseits wird zu niedrigen Herstellungskosten kurzfristig dringend benötigter Wohnraum geschaffen, andererseits ermöglichen die niedrigen Unterbringungskosten, mittel- und langfristig mehr finanzielle Mittel für Integrationsleistungen einzusetzen. Langfristig wird außerdem das geförderte Wohnen ausgebaut.


FORDERUNG DES WIRTSCHAFTSRATES Bau von sog. Übergangswohnungen; erfordert seitens der Stadt Hamburg

n günstigen Verkauf geeigneter Baugrundstücke (100 € / m2 Wohnfläche netto) n Aufhebung bestimmter Bauanforderungen n Anmietung der Wohnungen zu geringem Mietzins (ca. 5,37€/m2 netto) Keine Großsiedlungen: Unterbringung der Flüchtlinge in kleineren, dezentral verteilten Wohnquartieren mit heterogenem Umfeld

2. Wachsen entlang der „Bille-Achse“ Die Stadt muss für alle Bevölkerungsschichten attraktiv bleiben und Wohnraum in allen Ausstattungslevels, Lagen und Preisklassen bieten. Der seit Jahren anhaltende hohe Wanderungsgewinn täuscht insgesamt darüber hinweg, dass Hamburg unter einem negativen Wanderungssaldo mit seinem Umland leidet, d.h. erheblich mehr Menschen ziehen aus Hamburg in die sechs umliegenden Kreise (Segeberg, Stormarn, Herzogtum Lauenburg, Harburg, Stade, Pinneberg) als umgekehrt aus diesen in die Hansestadt. Allein zwischen 2009 und 2013 lag der Saldo der Umlandwanderung bei rund -32.000. Mangels bezahlbarer Eigenheime und Baugrundstücke im mittleren und unteren Preissegment auf dem Hamburger Stadtgebiet, zieht es insbesondere junge, gute qualifizierte Menschen nach der Familiengründung fast zwangsläufig ins Umland. Diesen Trend gilt es zu stoppen, denn: Fehlt attrak-

tiver Wohnraum, verliert Hamburg an Anziehungskraft für schlaue Köpfe. Nicht zu vergessen ist, dass Hamburg durch den Fortzug von Familien und Gutverdienern Steuereinnahmen verlorengehen. Allein durch Nachverdichtung und Innenentwicklung lässt sich das Problem nicht beheben. Es müssen bezahlbare Grundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser bereitgestellt werden. Geeignete Flächen gibt es u.a. entlang der Bille-Achse. Abb. 4: Gesamtwanderungs-Saldo und Umlandwanderungssaldo für Hamburg 2009 bis 2013

n Wanderungssaldo gesamt n Saldo der Umlandwanderung

15.000

11.870

10.000 5.000

12.235

15.011

11.959

2.468

0 -5.000 -10.ooo

-5.556

-5.670

2009

2010

-6.944

-6.661

-7.225

2011

2012

2013

Quelle: Handelskammer Hamburg / Statistikamt Nord


FORDERUNG DES WIRTSCHAFTSRATES Im Kontext des negativen Umland-Wanderungssaldos fordert der Wirt­ schaftsrat die Umsetzung des im Juni 2015 von der Handelskammer Hamburg vorgestellten Entwicklungskonzepts Leben und Arbeiten entlang der Bille-Achse, das weit über das von der Stadt Hamburg geplante Entwicklungsgebiet Stromaufwärts an Elbe und Bille hinausgeht. Im Vergleich zum städtischen Konzept schöpft die Handelskammer durch die Erweiterung des Planungsraums in Richtung Bergedorf die großen Potenziale im Hamburger Osten erst richtig aus. Dort liegen die größten Eigentumsanteile der Stadt und das Gebiet ist infrastrukturell bereits sehr gut erschlossen.

3. Mietpreisbremse aussetzen Seit dem Jahr 2010 sind in Hamburg die Mieten für Geschosswohnungen im Bestand um 11 Prozent gestiegen. Der Grund ist, „dass die Nachfrage schneller steigt als das Angebot an Wohnungen.“8 Die übereilig vom Senat zum 01. Juli 2015 eingeführte Mietpreisbremse wirkt als Bremsklotz und geht am Kern des Problems – dem mangelnden Wohnraum – komplett vorbei. Die Ausweitung des Angebots ist die einzige Lösung für die Übernachfrage. Um den privat finanzierten Wohnungsbau attraktiver zu machen, braucht es neben geeigneten Flächen weitere Anreize. Die aber fehlen aktuell. Statt in die Vertragsfreiheit der am Mietvertrag beteiligten Parteien über die Mietpreisbremse einzugreifen, sollte der Bausektor durch schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Ab-

schaffung restriktiver Anforderungen bei innerstädtischen Bauprojekten – zugunsten einer effektiveren Nutzung von Bauland – gestärkt werden. 4. Vorrat an Gewerbe-, Industrieund Büroflächen schaffen Der Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen wächst aufgrund der Strukturveränderungen der Hamburger Wirtschaft hin zu flächenintensiven Betrieben. In ihrer Spezifikation und Typologie der Gewerbeflächennachfrage bis 2025 in Hamburg (2013) rechnen HWWI und Georg Consulting bis 2025 mit einem Gewerbeflächenbedarf von rund 300 Hektar.9 Die Gewerbeflächenkonzeption für die Metropolregion Hamburg (2011) geht von einer ähnlichen Größenordnung aus.10 Die Handelskammer Hamburg (2015) erwartet bis 2025 sogar einen Bedarf von bis zu 105 Hektar – und zwar jährlich.11

8 http://www.iwkoeln.de/_storage/asset/239760/storage/master/file/7445214/download/Der%20k%C3%BCnftige%20Bedarf%20an%20Wohnungen%20policy%20paper.pdf [Letzter Zugriff: 29.10.2015]. 9 http://www.hwwi.org/fileadmin/hwwi/Publikationen/Studien/Gewerbeflaechennachfrage_2025 [Letzter Zugriff: 15.12.2015]. 10 Metropolregion Hamburg 2011: Gewerbeflächenkonzeption für die Metropolregion Hamburg. 11 Handelskammer Hamburg 2015: Leben und Arbeiten entlang der Bille-Achse.


Im Koalitionsvertrag des rot-grünen Senats heißt es: „Aufgrund der hohen Nachfrage und um angebotsfähig zu bleiben wird angestrebt, den Vorrat an sofort verfügbaren städtischen Industrie- und Gewerbeflächen auf einem Niveau von ca. 100 ha zu halten.“ In der Drucksache 21/1928 gibt der Senat für die Jahre 2015 und 2016 an, dass 99,7 ha an städtischen Gewerbe- und Industrieflächen (Hafengebiet ausgenommen) zur Verfügung stehen. Dabei werden für das Jahr 2015 83,6 ha veranschlagt, für das aktuelle lediglich 16,1 ha. Von 100 ha Vorrat an „sofort verfügbaren“ Gewerbeflächen kann demnach keine Rede sein. Dass der Leerstand an Büroflächen im vierten Quartal 2015 laut Jones Lang LaSalle (JJL) auf 5,9 Prozent12 gesunken ist (Vergleich: Q4 2010 9,6 Prozent) und damit den tiefsten Wert seit Jahrzehnten erreicht hat, untermauert zwar die große Anziehungskraft Hamburgs, bereitet aber auch ernsthafte Sorgen: „Der

Rückgang der Leerstandsquote unter 6 % als Untergrenze für eine notwendige Mobilitätsreserve erhöht den Druck auf den Gesamtmarkt zusätzlich. Die Unterversorgung mit Flächen hat mittlerweile einen kritischen Wert erreicht und die geringe Zahl der Fertigstellungen lässt nicht auf eine schnelle Entspannung hoffen. […] Der Bedarf einiger Nutzer kann so nicht mehr bedient werden, zusammenhängende Flächen, die direkt bezugsfähig wären, sind vor allem in der Innenstadt Mangelware“13, warnte JJL im Januar 2016. Im Zuge der allgemeinen Wohnungsknappheit und der Unterbringungsnot für Asylbewerber im Speziellen zeichnet sich mehr und mehr der Trend ab, Büround Gewerbeflächen zu reduzieren. Sie werden mit viel Aufwand und enormen Kosten zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert14 oder, wie es sich beim ehemaligen Post-Gebäude in der City Nord zeigt, abgerissen und durch Neubauten mit hohem Wohnungsanteil ersetzt.

FORDERUNG DES WIRTSCHAFTSRATES Das Flächenpotenzial ist Hamburg ist enorm – es muss nur konsequent im Sinne der Wachsenden Stadt ausgeschöpft werden. Im Standpunkte­ papier Stadtmobilität in Hamburg 2030 (2014) zeigt die Handelskammer Hamburg auf, dass die Stadt im Zusammenhang mit Ausbaumaßnah­ men des Straßennetzes über neue Gewerbeflächenpotenziale von mehr als 600 ha verfügt (Bille-Achse eingeschlossen). Der Wirtschaftsrat unterstützt die Vorschläge der Handelskammer Ham­ burg und fordert, die von der Handelskammer ausgewiesenen Gewerbe­ flächenpotenziale zu nutzen. 12 http://www.jll.de/germany/de-de/Research/Bueromarktueberblick-Germany-JLL.pdf?0b06e046-9bb2-421c-8c0c-f272490492f5 [Letzter Zugriff: 18.01.2016]. 13 http://www.jll.de/germany/de-de/presse/1772/hamburger-immobilienmarkt-h%C3%A4lt-erfolgskurs-und-%C3%BCbertrifft-sich-erneut [Letzter Zugriff; 18.01.2016]. 14 In 2015 hat die Stadt Hamburg etwa 80.000 m2 leerstehende Büroflächen zur Unterbringung von Asylbewerbern angemietet oder gekauft.


FAZIT

Sowohl kurz- als auch langfristig fehlt es in Hamburg an adäquatem Wohnraum für zehntausende Menschen. Akut betrifft das einerseits die Unterbringung der Flüchtlinge. Der Wirtschaftsrat warnt eindringlich davor, zentrale Großsiedlungen zu schaffen, die zwangsläufig zu Problemen führen werden und der Integration nicht förderlich sind. Es braucht kleinere, dezentrale und heterogene Wohnquartiere in Verbindung mit sog. Übergangswohnungen. Andererseits dürfen unter dem (Ein-) Druck des Flüchtlingszustroms die langfristige Perspektive für das Wachstum Hamburgs und die Bedürfnisse aller Bevölkerungsschichten nicht aus dem

Blick geraten. Dazu gehört z.B. auch, jungen Familien bezahlbare Grundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser auf dem Stadtgebiet anzubieten, um die signifikante Abwanderung ins Umland zu stoppen. Hamburg mangelt es an einem ausreichenden Vorrat an sofort anwendungsgerecht nutzbaren Gewerbe- und Industrieflächen. Die Verfügbarkeit an Büro- und Gewerbeflächen steuert sogar auf einen kritischen Wert zu. Die Attraktivität der Stadt als Wirtschaftsstandort steht auf dem Spiel, wenn Unternehmen und Investoren nicht zeitnah geeignete Flächen angeboten werden können.

FORDERUNG DES WIRTSCHAFTSRATES n Zielsetzung im Rahmen des „Bündnis für das Wohnen“ auf 12.000 bis 15.000 anheben n Schulterschluss zwischen der Stadt Hamburg und der privaten Im­ mobilienwirtschaft zum Bau sog. Übergangswohnungen n Keine Großsiedlungen zur Unterbringung von Flüchtlingen n Umsetzung des Stadtentwicklungskonzepts Leben und Arbeiten entlang der Bille-Achse der Handelskammer Hamburg; negativer Umland­ wanderung durch Wohnraum für junge Familien entgegenwirken n Aussetzung der Mietpreisbremse n Nutzung der Gewerbeflächenpotenziale entsprechend der Vorschläge der Handelskammer Hamburg im Standpunktepapier Stadtmobilität in Hamburg 2030 und dem Stadtentwicklungskonzept Leben und Arbeiten entlang der Bille-Achse


Verantwortlich: Hauke Harders Landesgeschäftsführer Gestaltung und Abwicklung: Christian Ströder, Referent für Wirtschaftspolitik GO-Graphic UG, www.go-graphic.com © Wirtschaftsrat, Februar 2016 Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Hamburg Colonnaden 25, 20354 Hamburg Telefon: 040 / 30 38 10 49 Telefax: 040 / 30 38 10 59 Internet: http://hamburg.wirtschaftsrat.de E-Mail: lv-hh@wirtschaftsrat.de Das Positionspapier Zurück zum Konzept „Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“ baut auf Vorschlägen der Handelskammer Hamburg auf. Außerdem bedanken wir uns bei der Becken Development GmbH für die Bereitstellung diverser Unterlagen.


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