TREND - Magazin für Soziale Marktwirtschaft - Ausgabe 2/2019

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41. JAHRGANG 3 / 2019

Mobilität 4.0: Logistikstandort Deutschland fördern TOP-INTERVIEW

Friedrich Merz

GESUNDHEITSSYSTEM

Weichen für die Zukunft stellen WIRTSCHAFTSTAG

Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa


Weil Technik nicht alles ist. Ganzheitliche Strategien für eine erfolgreiche Transformation der Gesundheitsbranche

Pharmaindustrie, Krankenhäuser oder die gesetzliche Kranken­ versicherung: Das gesamte Gesundheitswesen in Deutschland ist im Umbruch. Denn auch hier sorgen digitale Lösungen und neue Technologien für umfassende Veränderungen. Umso wichtiger ist, dass das, worum es eigentlich geht, nicht auf der Strecke bleibt. Eine erfolgreiche Transformation kann nur als Ganzes gelingen, wenn Mensch und Technologie im Einklang miteinander stehen. Deshalb steht diese Verbindung im Zentrum all unserer Überlegungen. So schaffen wir gemeinsam mit unseren Mandanten Lösungen, die auch in Zukunft Bestand haben. Technologisch. Menschlich. Nachhaltig. Kontaktieren Sie uns noch heute auf www.pwc.de/gesundheit

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EDITORIAL

Foto: Nell Killius

z Astrid Hamker Präsidentin des Wirtschaftsrates der CDU e.V.

um ersten Mal wende ich mich als neugewählte Präsidentin an dieser Stelle an Sie. Auf dem Wirtschaftstag haben wir Werner M. Bahlsen für sein Engagement mit anerkennendem Abschiedsapplaus gedankt sowie mit der Ludwig-­ErhardGedenkmünze ausgezeichnet. Ebenso wie er werde ich mich für die Fami­ lienunternehmen und den Mittelstand im Land besonders einsetzen. Sie brauchen als Rückgrat unserer Wirtschaft und Garant des Erfolgsmodells Soziale Marktwirtschaft mehr Aufmerk­samkeit in der Politik.

Titelbild: Fotolia.com ©adempercem

„Die Politik muss der Wirtschaft ausreichend Gestaltungsspielraum lassen und ihrer Leistungsfähigkeit vertrauen.“ Das hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nun auch erkannt, der kürzlich seine Mittelstandstrategie vorgestellt hat, die eine Vielzahl an Vorschlägen des Wirtschaftsrates beinhaltet. Auf dem Fundament der Sozialen Marktwirtschaft, mit dem Mittelstand und Familienunternehmen, um die uns die Welt beneidet, haben wir eine gute Ausgangsposition, um auch in Zukunft als Industrienation in einer globalen Welt einen führenden Tabellenplatz zu besetzen. Die Politik muss der Wirtschaft ausreichend Gestaltungsspielraum lassen und ihrer Leistungsfähigkeit vertrauen. Unsere Leistungsträger brauchen Wertschätzung und Anerkennung! Deshalb wäre es mehr als erforderlich, eine Steuerreform auf den Weg zu bringen. Viele Industriestaaten wie etwa die USA, Großbritannien und Schweden, haben inzwischen breite Steuersenkungen für ihre Wirtschaft beschlossen. Hierzulande wird die überfällige Reform der Unternehmenssteuern immer weiter verschoben und der verbleibende Soli eiskalt zur neuen „Mittelstandssteuer“ gemacht.

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Es gibt kaum ein Land, das seine Leistungsträger auch sonst so schlecht behandelt: Ab rund 56.000 Euro zahlen hier schon alleinstehende Facharbeiter Spitzensteuersatz und ab rund 74.000 Euro soll die Soli-Entlastung nicht mehr gelten. Es darf nicht wundern, dass in der Mitte unserer Gesellschaft, bei den Fleißigen, der Frust über die Große Koalition steigt. Zumal auch in der Klima-Debatte zusätzliche Steuern gefordert werden. Wir müssen unser Koordinatensystem neu justieren, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand zu sichern. Dazu benötigen wir ein Denken in Chancen und nicht ein Herbeireden von Risiken. Die Bedenkenträger müssen durch mutige Gestalter ersetzt werden! Der Wirtschaftsrat als Gestalter und Mahner kann dazu mit seiner ordnungspolitischen Expertise einen wichtigen Beitrag leisten. Politik ist kein Selbstzweck. Unser langjähriger Bundestagspräsident Norbert Lammert hat einmal den Satz geprägt „Wohlstand steht nicht unter Denkmalschutz“. In diesem Sinne gilt es, die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln in einer globalen, dynamischen und vernetzten Welt zukunftsweisend zu gestalten. Das möchte ich gemeinsam mit unserem neugewählten Präsidium und Bundesvorstand sowie unserem Hauptamt tun. Dabei freue ich mich auf unsere Begegnungen und vertraue auf Ihre Unterstützung. In diesem Sinne verbleibe ich mit den besten Grüßen

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INHALT

Inhalt

START EDITORIAL 3  Astrid Hamker AUSSENANSICHT 6 Das Versagen Junckers  Thomas Sigmund

TITEL 8 TOP-INTERVIEW „Deutschland muss ein starker Wirtschaftsstandort bleiben“ TREND sprach ausführlich mit dem Vizepräsidenten des Wirtschaftsrates, ­ Friedrich Merz, über den Industrie­ standort Deutschland, welche Wirtschaftspolitik Deutschland jetzt braucht, Steuerentlastungen, eine CO2-Bepreisung und ob wir jetzt alle öko werden müssen.

MOBILITÄT 12 Mobilität 4.0: Logistikstandort fördern  Peter Hahne

AKTUELL INTERVIEW 8 „Deutschland muss ein starker Wirtschaftsstandort bleiben“  Friedrich Merz AUSZEICHNUNG 10 Dr. Wolfgang Schäuble – ein ordnungspolitischer Anker STIMMUNGBAROMETER 18 Wirtschaftsrat zieht Halbzeitbilanz

28 Grundpfeiler Europas stärken  Peter Altmaier MdB  Günther Oettinger  Alexander Stubb  Burkhard Balz  Sir Paul Tucker 30 Die Digitalisierung ist der ­Todfeind der Mittelmäßigkeit  Joe Kaeser GESUNDHEITSSYSTEM 31 Kassenwettbewerb als Innovationstreiber: aber bitte fair  Dr. Jens Baas 32 Mit Reformen die Weichen auf Effizienz und Qualität stellen  Dr. Thomas Gebhart MdB 34 Bessere Koordination durch sektorenübergreifende ­Versorgung  Prof. Dr. Wolfgang Greiner 36 Medizin ist eine nationale Schlüsselkompetenz  Martin Fensch 38 Diagnose und Therapieplan  Michael Burkhart 39 Kein Markt wie jeder andere  Dr. Albrecht Kloepfer

TREND-GRAFIK 22 Königsweg: Wettbewerbsfähiger Klimaschutz

NEUER AUFBRUCH FÜR DEUTSCHLAND UND EUROPA 12 TITEL Mobilität 4.0: Logistikstandort fördern Digital vernetzte Verkehrsangebote prägen die Mobilität der Zukunft. Um die Klimaziele zu erreichen und die wachsende Mobilität zu bewältigen, ist ein marktwirtschaftliches Gesamtkonzept erforderlich, dass sich an den Realitäten und den Anforderungen der Wirtschaft an den Logistikstandort orientiert.

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24 Deutschland muss die großen Herausforderungen angehen  Annegret Kramp-Karrenbauer  Jens Spahn MdB 26 Welche Wirtschaftspolitik Deutschland braucht  Christian Lindner MdB  Thomas Jarzombek 27 Europa muss Brücken bauen  Manfred Weber

31 GESUNDHEITSSYSTEM Kassenwettbewerb als Innovationstreiber: aber bitte fair Deutschlands Gesundheitssystem gilt als eines der besten weltweit. Damit dies so bleibt müssen jetzt die Weichen auf ­Zukunft gestellt werden. Dazu sind Reformen notwendig, die auf Qualität ­ und Effizienz setzen. Digitalisierung und mehr Wettbewerb können dabei helfen.


INHALT

WIRTSCHAFTSRAT WIRTSCHAFTSTAG 2019 40 Impressionen

AUSZEICHNUNG 46 Sektionen des Jahres

BUNDESDELEGIERTENVERSAMMLUNG 42 „Unternehmer leben nicht im luftleeren Raum“  Werner M. Bahlsen 44 Mit klarem Kompass für Europa  Wolfgang Steiger

ENGAGEMENT 48 Fan der Sozialen Marktwirtschaft Astrid Hamker

10, 24, 40, 42, 43 WIRTSCHAFTSTAG Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa Die Welt steckt in einer Zeitenwende: Technologische Umbrüche, die Neuordnung jahrzehntelang bewährter Ordnungssysteme sowie internationaler Machtgefüge und Organisationen – selten zuvor war die Politik in Friedenszeiten so herausgefordert wie heute. Deutschland kann sich keinen Stillstand leisten und Europa muss zu neuer Stärke finden. Gerade in Zeiten konjunktureller Schwäche sind Wirtschaft und Politik gefordert, mit Weitblick verlässliche Rahmenbedingungen zu gestalten.

JUNGER WIRTSCHAFTSRAT 51 Jungunternehmer entwickeln Positionen

SCHLUSS AUS DEN LÄNDERN 52 Rückblick | Einblick | Ausblick 56 Impressum

FORUM 57 Im Spiegel der Presse 58 Zahlen des Quartals 58 Spindoktor

Jetz im ne t u Desig en n

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INNENANSICHT 45 Neues aus den Kommissionen

STANDPUNKT STEIGER 50 Italien bringt den Euro an eine Weggabelung

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F.A.Z.

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AUSSENANSICHT

Das Versagen Junckers U

rsula von der Leyen rückt an die Spitze der EU-Kommission auf. Für die frühere Verteidigungsministerin fängt in Brüssel dann die Arbeit erst richtig an. Zuerst braucht sie ein Team, mit dem sich die großen Aufgaben auch stemmen lassen. Ihr Vorgänger Jean-Claude Juncker war umtriebig und hat auch einiges angepackt. Erinnert sei an seinen EU-Investitionsfonds. Aber der lebenslustige Luxemburger hat vieles liegenlassen. Wir blicken deshalb heute auf ein überfordertes Europa. Nicht nur wegen der Migrationskrise, wie die ungelöste Flüchtlingsverteilung und der Dauerstreit mit Italien über ein schärferes EU-Asylrecht zeigt. Die Sicherung von Wohlstand und Arbeit wird einfach immer schwieriger. Auf den Handels- und Währungskrieg zwischen China und den USA kann Brüssel wenig Einfluss nehmen, der Scha-

Thomas Sigmund Foto: Handelsblatt

Ressortleiter Politik und Leiter Hauptstadtbüro Handelsblatt

„In Brüssel fehlt der Mut für radikale Reformen, für ein klares Bekenntnis zur Zukunft und den unverstellten Blick nach vorn.“

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den ist dennoch da. Umso wichtiger ist es, auch angesichts des drohenden Brexit-Chaos, die eigenen Hausaufgaben entschlossen anzupacken, um sich für eine weitere Eskalation der beiden wirtschaftlichen Supermächte zu wappnen. Doch unser Kontinent wirkt wie aus der Zeit gefallen. Die EU-Kommission unternahm in den letzten Jahren rechnerische Klimmzüge, um zu belegen, dass mehr Geld in Bildung und Forschung fließt. Doch das überdimensionierte System von Agrarhilfen und Regionalbeihilfen im EU-Haushalt wirkt immer noch wie ein Anachronismus. Wie wird Europa in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Sicher nicht als wirtschaftlich mächtig und technologisch an der Spitze liegend. Das Politikversagen ist in vier zentralen Bereichen zu beobachten. Es gibt keinen europäischen Energiemarkt, die Dienstleistungsbranche ist unterentwickelt, die Kapitalmärkte sind zersplittert und die Digitalwirtschaft ist weit davon entfernt, als global wettbewerbsfähig zu gelten. Es fehlt der Mut für radikale Reformen, für ein klares Bekenntnis zur Zukunft und den unverstellten Blick nach vorn. In Brüssel dominieren die Ingenieure des Status quo, die das Einigungsprojekt der Vergangenheit optimieren, nicht aber grundlegend hinterfragen. An welchen Stellen muss die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit ihrem Team ansetzen? Erstens brauchen wir mehr Investiti-

Foto: European Union, 2019

Was die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sofort anpacken muss.

onen in Europa – private wie öffentliche. Es geht um Brücken, Straßen und Schienen. Geld muss aber auch in die Bildung sowie die digitale Infrastruktur fließen. Das ist nicht nur eine wohlfeile Forderung, sondern dafür sollten auch die Prioritäten geändert werden. Es müssen nicht alle Haushalte in Europa gesprengt und auch nicht die schwarze Null aufgegeben werden, wie in der aktuellen Klimaschutzdebatte in Deutschland gefordert wird. Natürlich gibt es in Zeiten historisch niedriger Zinsen gute Argumente dafür. Öffentliche Investitionen in die digitale Infrastruktur, in die Grundlagenforschung von Künstlicher Intelligenz und in Bildung sind wichtig, damit Deutschland den Anschluss an den Rest der Welt nicht verliert. Trotzdem gilt: Bund, Länder und Kommunen nehmen 2019 voraussichtlich 800 Milliarden Euro Steuern ein. Ein Rekord des Steuerstaats, der damit aber immer noch nicht auskommt. Dabei sollten aber viele Aufgaben, auch in Europa, finanzierbar sein. Zweitens sind die Unterschiede in der Energiepolitik frappierend. Frankreich setzt weiter auf Kernenergie, Deutschland steigt aus der Strom-

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AUSSENANSICHT

produktion mit Atom und Kohle aus und Polen hält auf absehbare Zeit an der Kohleverstromung fest. Ursula von der Leyen sollte nichts unversucht lassen, um aus den Unterschieden in der Energiepolitik einen europäischen Energiemix zu machen. Doch auch hier müsste die nationale Souveränität in der Energieversorgung aufgegeben und die Verantwortung von der nationalen auf die europäische Ebene verschoben werden. Das gilt übrigens auch für die Leitungsnetze. Ein Quantensprung in der Energie- und in der Klimapolitik wäre möglich, wenn es

denn eine politische Mehrheit dafür gäbe. Drittens hat Europa in der Digitalwirtschaft kaum etwas anzubieten. Es gibt weder ein deutsches noch ein europäisches Google. SAP ist mit Abstand der größte Softwarekonzern Europas. Auf der Weltbühne strahlen neben den amerikanischen Datengiganten nur noch chinesische Konzerne. Die neue EU-Kommission muss also den europäischen Binnenmarkt in das digitale Zeitalter übertragen. An der derzeitigen Lage wird sich allerdings kaum etwas ändern, wenn der

Quelle: EU-Kommission

Ergebnis der Europawahl 2019 für das Europäische Parlament

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(Sitzverteilung)

Breitbandausbau und die 5G-Mobilfunktechnologie nicht schneller vorangebracht werden. Zudem ist es ein großes Missverständnis, wenn sich die Digitalisierung in Deutschland vor allem um die „Old Economy“ dreht. Wenn es um die Regeln der Digitalisierung geht, werden die in erster Linie von amerikanischen und asiatischen IT-Konzernen gemacht. Und beim digitalen Handel konkurrieren Alibaba und Amazon um die Vormachtstellung. Solange der europäische Dienstleistungssektor so verriegelt bleibt, wird auch keine weltweit wettbewerbsfähige Handelsplattform entstehen. Nicht zu Unrecht ist in letzter Zeit der Ruf nach europäischen Champions vor allem durch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier laut geworden – er ist per se auch nicht falsch. Ursula von der Leyen muss nun loslegen, damit viele Bürger Mut und Optimismus in Bezug auf Europa zurückgewinnen. Es werden auf die neue Kommission schwierige Debatten zukommen. Wenn sie mit Maß und Mitte geführt werden, sollten wir sie nicht scheuen. Wir müssen über die Zukunft Europas reden, bevor es die l Populisten tun.

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AKTUELL Interview

sprach ausführlich mit dem Vizepräsidenten des Wirtschaftsrates, Friedrich Merz, über den Industriestandort Deutschland, welche Wirtschaftspolitik Deutschland jetzt braucht, Steuerentlastungen, eine CO2-Bepreisung und ob wir jetzt alle öko werden müssen.

– Herr Merz, seit Juni sind Sie Vizepräsident des Wirtschaftsrates. Was treibt Sie an? Friedrich Merz: „Es geht nicht nur mir, sondern dem ganzen Wirtschaftsrat um die zentrale Frage, wie Deutschland ein starker Wirtschaftsstandort bleibt. Wir müssen alle darauf achten, dass unser Land auch in Zukunft ein attraktiver Investitions- und Arbeitsstandort ist. Wir hinken bei Forschung und Entwicklung etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz gegenüber anderen Ländern weit hinterher. Zudem befinden wir uns bereits hinter der Kurve des wirtschaftlichen Aufschwungs und müssten dringend vorsorgen, damit in der nächsten Krise die Arbeitsplätze hierzulande erhalten bleiben. Denn trotz der guten Konjunktur ist die Abgabenbelastung für Arbeitnehmer und Betriebe immer weiter gestiegen, während viele Länder um uns herum die Steuern gesenkt haben. Auch das schwächt unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit.

tur und den hohen Steuermehreinnahmen überschreiten die ­Sozialausgaben in diesem Jahr erstmals die ­Summe von einer Billion Euro. Mehr als jeder zweite Euro im ­Bundeshaushalt wird heute für Soziales ausgegeben. Und trotzdem entdecken Sozialpolitiker aller Parteien immer neue „­ Gerechtigkeitslücken“, für die dann noch mehr Geld gebraucht wird. Damit unser aller Wohlstand erhalten bleibt, muss die Politik einen Perspektivwechsel vornehmen und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft wieder in das Zentrum ihrer Politik rücken, statt immer nur mehr Geld auszugeben. Der Satz des Bundesfinanzministers, „wir können uns fast alles leisten“, stimmt heute weniger denn je.

Foto: privat

Das Interview führte Armin Peter.

– Gerade wird stattdessen über die Einführung einer neuen CO2-Steuer diskutiert … Es hat niemand etwas dagegen, dass wir darüber sprechen, wie der CO2-Ausstoß am besten und am schnellsten

„ Deutschland muss ein starker Wirtschaf – Wie könnte eine Agenda 2030 für Deutschland aussehen? Die Bundesregierung muss zur Halbzeit der Wahlperiode ihre Prioritäten neu ordnen. Es kann nicht so weitergehen, dass jedes Jahr die Sozialausgaben steigen und gleichzeitig die Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen und private Haushalte schneller steigt als die Wirtschaftsleistung unseres Landes. Insofern gibt es jetzt wirklich Grund und Anlass genug, über eine Begrenzung der Sozialausgaben und eine Steuerreform nachzudenken. Der erste Schritt müsste sein, den Solidaritätszuschlag ganz und für alle abzuschaffen. – Nach zehn Jahren Aufschwung schwächelt die ­Konjunktur. Ist denn da Spielraum für Entlastungen? Es gibt für eine Steuerreform und für Steuersenkungen nie den optimalen Zeitpunkt. Mit der guten Konjunk-

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r­eduziert werden kann. Aber es bezweifeln doch sehr viele – und ich tue dies auch – ob eine solche Steuer die erhoffte Lenkungswirkung hat. Da gibt es wahrscheinlich über eine Ausweitung der Zertifikate auf weitere Sektoren ­bessere ­Mittel, um das absolut notwendige Ziel der CO2-­ Reduktion zu erreichen. Und im Übrigen fehlt der Bundesregierung derzeit leider auch fast jede Glaubwürdigkeit in ­Steuerfragen. – Was meinen Sie damit? Wenn die Bundesregierung eine zweckbestimmte Steuer wie den Solidaritätszuschlag nicht auch wieder abschafft, wenn der Zweck erfüllt ist, dann ist der Bevölkerung doch nicht zu vermitteln, dass nun eine neue zweckbestimmte Steuer eingeführt werden soll. Zur Erinnerung: Der Soli wurde im Jahr 1991 eingeführt, „zweckbestimmt und begrenzt auf ein

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AKTUELL Interview

– Klimaaktivisten propagieren persönlichen Verzicht. Müssen wir jetzt alle „öko“ werden? Ein öffentlicher Überbietungswettbewerb, wer denn von uns nun am ökologischsten lebt, nutzt dem Weltklima überhaupt nicht. Die Antwort kann nicht in weiteren Verboten oder einer noch stärkeren Regulierung des Alltags der Menschen und der Unternehmen bestehen. Stattdessen müssen wir in der gesamten Bandbreite der Lösungsmöglichkeiten ergebnisoffen, auch technologieoffen, zügig und trotzdem ohne Panik daran arbeiten, die großen Ursachen für den Klimawandel sinnvoll und nachhaltig zu reduzieren. Dazu kann Deutschland weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus vor allem einen technologischen Beitrag leisten. Jahr“, so hieß es damals in der Gesetzesbegründung. Ende 2019 läuft der Solidarpakt II aus, und trotzdem soll der Soli bis 2021 fortgeführt und dann auch nur teilweise abgeschafft werden, nach fast dreißig Jahren! So verspielt der Steuerg­esetzgeber das Vertrauen in seine Zusagen. Dann ist es keine Überraschung, wenn es in der Bevölkerung große Skepsis gibt gegen eine neue, angeblich ebenfalls zweck­ gebundene Steuer.

– Sie blicken auf eine erfolgreiche Karriere zurück. Warum haben Sie sich nochmals entschlossen, in die Politik zu gehen? Ich habe drei Kinder und vier Enkelkinder. Ihnen möchte ich auch in zwanzig Jahren noch guten Gewissens in die Augen schauen können, wenn sie mich fragen, was unsere Generation denn unternommen hat, um auch ihnen eine Welt zu hinterlassen, die so frei und friedlich ist, wie wir sie bisher erlebt haben.

ftsstandort bleiben“ – Vor allem die Grünen profilieren sich mit radikalen Forderungen als „Klimaschutzpartei“. Was würden Sie Ihnen entgegensetzen? Ihren Umweltpopulismus und ihre latente Technikfeindlichkeit würde ich mit der Wirklichkeit konfrontieren. Die Grünen schwimmen auf einer Welle von Sympathie, weil sie eine schöne neue Welt versprechen und auf komplexe Fragen sehr einfache Antworten geben. Dazu würde ich ihnen die Frage stellen, ob sie ernsthaft glauben, dass die deutschen Grünen das Weltklima retten können, und ich würde sie auch und vor allem fragen, wie und wovon unsere Kinder und Enkelkinder denn in 20 oder 30 Jahren eigentlich leben sollen? Heute wird rund ein Viertel unseres Wohlstands mit Industriearbeitsplätzen erwirtschaftet. Wie sieht denn die Industriebasis unseres Landes nach Ansicht der Grünen im Jahr 2030 und danach aus?

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– Was entgegnen Sie Kritikern Ihres Einkommens oder Vermögens? Es ist doch ziemlich erstaunlich: Man gerät unter Recht­ fertigungszwang, wenn man in seinem Beruf erfolgreich ist. Zugleich muss man sich in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr erklären, wenn man ohne Berufsabschluss und ohne jeden beruflichen Hintergrund ein politisches Mandat wahrnimmt und dann von der Politik wirtschaftlich völlig abhängig wird. Eigentlich sollte doch der Grundsatz gelten: Wer im Beruf Erfolg hat, taugt grundsätzlich auch für die Politik. Ich habe meinen Beruf gern und nicht ganz ohne Erfolg ausgeübt, und in diesem Land auch immer meine Steuern bezahlt. Das ist in Ordnung so, aber ich will mich l dafür nun nicht auch noch entschuldigen müssen.

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AKTUELL Auszeichnung

Foto: Hans-Christian Plambeck

Präsidium und Bundesvorstand des Wirtschaftsrates zeichneten den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble, auf dem Wirtschaftstag für seine Verdienste um die Soziale Marktwirtschaft mit der Ludwig-ErhardGedenkmünze in Gold aus.

Dr. Wolfgang Schäuble

– ein ordnungspolitischer Anker

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evor Dr. Wolfgang Schäuble das zweithöchste Amt im Staate übernommen hat, gestaltete er in entscheidenden Positionen und Zeiten unser Land mit, sagte Roland Koch, Vorsitzender des Aufsichtsrats der UBS Europe SE. Dabei ist er stets ordnungspolitischer Anker, der Wettbewerb, Wachstum und Wohlstand in den Blick nimmt. Er war auch maßgeblicher Mitgestalter der Deutschen Einheit. Große Herausforderung war dabei die Transformation einer Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft. Als Verhandlungsführer beim Einigungsvertrag hatte er wesentlich Anteil daran, dass die Soziale Marktwirtschaft den wirtschaftspolitischen Kompass für ganz Deutschland bildet, so Roland Koch. Als Bundesfinanzminister führte Wolfgang Schäuble den Bundeshaushalt nach der Finanzkrise in ruhige Fahrwasser, betonte Roland Koch. Mehr noch: Unter seiner Regie wurde 2014 nach mehr als vier Jahrzehnten der erste ausgeglichene Haushalt verabschiedet. Wie kein anderer stand

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Wolfgang Schäuble in der EU-Staatsschuldenkrise für eine solide Haushaltspolitik. In den Auseinandersetzungen mit Griechenland und Italien hat er Rückgrat bewiesen. Gerade als Finanzminister hat er sich unschätzbare Verdienste um die Wirtschaftsordnung Ludwig Erhards erworben! Wolfgang Schäuble ist eine Autorität im besten Sinne, aber vor allem ein Politiker mit einem feinen Gespür für das Mögliche, unterstrich Roland Koch. Deshalb ist es in Zeiten, in denen Populisten das politische Koordinatensystem Deutschlands durchrütteln, so wichtig, einen Mann wie Wolfgang Schäuble an der Spitze unseres Parlaments zu wissen. Er hat sich in besonderer Verantwortung für unser Land und die Soziale Marktwirtschaft eingesetzt und um Deutschland verdient gemacht. Außerordentlich freue ich mich, dass die Bundesdelegiertenversammlung des Wirtschaftsrates auf Empfehlung von Präsidium und Bun­ desvorstand Dr. Wolfgang Schäuble die Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in

Gold verliehen hat, sagte Astrid Hamker. Damit werden seine besonderen Verdienste um die Soziale Marktwirtschaft gewürdigt. Für den Wirtschaftsrat ist Wolfgang Schäuble einer der maßgeblichen Verhandler der Deutschen Einheit. Aber auch der Vater der Schuldenbremse und ein überzeugter Europäer. „Die Welt steckt voll unermesslicher Chancen, wenn wir es verstehen würden, sie zu nutzen”, d ­ avon war Ludwig Erhard, der Vater der Sozialen Marktwirtschaft, überzeugt. Wolfgang Schäuble hat die Chancen in Umbruchzeiten immer wieder erkannt und im Dienste Deutschlands und Europas genutzt. Er ist als Vorbild heute wichtiger denn je, ist Astrid Hamker überzeugt. Ich fühle mich sehr geehrt und bedanke mich für diese große Auszeichnung, sagte Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble. Mit Ludwig Erhard saß ich zusammen im Bundestag, damals als Mitglieder der baden-württembergischen Landesgruppe. Erhard hat in den 1960er Jahren sehr darunter gelitten, dass die Soziale

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AKTUELL Auszeichnung

Marktwirtschaft ihr Grundziel, Maß und Mitte zu bewahren, zu verlieren drohte. Menschen und menschliche Ordnungen neigen zu Übertreibungen, immer wieder. Das konnte man auch während der Finanzkrise gut beobachten. Auch ich war für die Deregulierung der Finanzmärkte – je weniger Regulierung, desto besser für den Finanzstandort Deutschland, dachte ich. Das hat sich als Irrtum erwiesen. Als alles dereguliert war, mussten wir mit dem am wenigsten intelligenten Instrument, dem Bundeshaushalt, die Finanzmärkte davor bewahren, sich selbst zu zerstören. Maß und Mitte waren verloren gegangen. Oswald von Nell-Breuning hat einmal gesagt: „Die Soziale Marktwirtschaft ist die dem Menschen am meisten gemäße Ordnung, weil sie ihn moralisch weder über- noch unterfordert”, zitierte Dr. Wolfgang Schäuble. Nimmt man noch Barack Obama “die einzige Gefahr für die Demokratie ist, dass wir sie für selbstverständlich halten” hinzu, dann haben wir eine

ziemlich gute Analyse, warum die westlichen Demokratien aus unterschiedlichen Gründen mit verschiedenen Erscheinungen derzeit in der Krise stecken. Das muss uns nicht resignieren lassen. Krisen sind Chancen – wir können sie meistern. Aber wir müssen ihre Ursachen begreifen und uns damit auseinandersetzen. Mir gefällt es, wenn junge Menschen sich engagieren wie bei den „­Fridays for Future“. Wenn es zur Dauereinrichtung wird, machen wir halt den Samstag wieder schulpflichtig und freitags wird demonstriert. Aber die Antworten auf die großen Fragen können wir nicht von den Jungen verlangen. Die Antworten müssen wir liefern – also alle, die in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in besonderer Verantwortung stehen. Die, die auch ein bisschen mehr Erfahrung haben. Erfahrung ist nicht alles, aber ohne Erfahrung ist es schwierig. In dieser Welt unbegrenzt verfügbarer Informationen ist es nicht einfach, eine gemeinsame Öffentlichkeit herzustellen. Es gibt sie nicht

mehr, und ohne sie wird es schwieriger, gemeinsame Antworten zu finden. Übrigens glaube ich nicht, dass wir bei der Betrachtung unserer Probleme bei der Kommunikation anfangen sollten, sondern uns zunächst auf die Inhalte und Antworten konzentrieren sollten. Deshalb ist richtig, was Roland Koch gesagt hat, unterstrich der Bundestagspräsident. Man kann nicht nur in großen Zusammenhängen denken, sondern muss auch Entscheidungen fällen und umsetzen. Auch auf die ­Gefahr hin, dass etwas schief geht. Wer nichts entscheidet, verweigert sich Führung und Zukunft. Wer Autorität verweigert, verliert Vertrauen. Und ohne Vertrauen kann eine freiheit­ liche Gesellschaft nicht funktionieren. Freiheit, Schutz der Menschenwürde, ökologische Nachhaltigkeit und sozialer Ausgleich – das alles funktioniert nur in einer parlamentarischen Demo­kratie. Es ist Zeit zu handeln: für Freiheit, Demokratie und Rechts­ l staatlichkeit. Quelle: Auszüge aus den Reden Wirtschaftstag 2019

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TITEL Mobilität

Mobilität 4.0: Logistikstandort fördern Text: P eter Hahne

D

ie Zukunft der Mobilität ist in Deutschlands Großstädten angekommen. In Berlin, Frankfurt oder Köln flitzen seit Juni E-Scooter durch die Straßen und sorgen für reichlich Gesprächsstoff. Die Elektroroller, so die Hoffnung optimistischer Verkehrsplaner, könnten künftig integraler Bestandteil multimodaler Verkehrsangebote sein, bei der Nutzer das jeweils beste Verkehrsmittel wählen. Situativ, spontan und gepoolt. In Teilen ist die digitale Zukunft der Mobilität längst Realität. Die E-Scooter sind aber nur der sichtbarste Mosaikstein einer Reihe digital gesteuerter Verkehrsangebote, die sich Schritt für Schritt in Deutschland durchsetzen. Digitale Konzepte ermöglichen eine flexible Nutzung und Kombination verschiedener Verkehrsmittel. Verkürzte Debatte Die öffentliche Debatte ist jedoch meist stark verkürzt. Sie konzentriert sich auf Verkehrsangebote für Großstädter und auf Ballungsräume. Dabei drängen immer mehr Menschen in die Großstädte und deren unmittel-

bares Umland, der ländliche Raum droht ohne attraktive Verkehrsangebote – gerade für Pendler – weiter an Boden zu verlieren. Deshalb müssen integrale Verkehrskonzepte auch die Frage beantworten, wie die Menschen jenseits der Ballungsräume zu ihrem Arbeitsplatz kommen und sich der zunehmende Güterverkehr effizient und klimaschonend organisieren lässt. Die viel beachteten E-Roller, mehr Lifestyle-Spielzeug für Großstädter als ernst zu nehmende Alternative oder Ergänzung für Pendler, werden die Verkehrsfragen der Zukunft jedenfalls nicht lösen. Fest steht gleichwohl: Ohne digitale Plattformen und umfassende Vernetzung der Verkehrsangebote ist die Mobilität der Zukunft nicht denkbar. „Mit der Digitalisierung können wir den Verkehr effizient steuern“, ist Andreas Scheuer überzeugt. „Sie kann uns dabei helfen, Umweltschutz und mehr Mobilität miteinander in Einklang zu bringen,“ hält der Bundesverkehrsminister im „Aktionsplan Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in der Mobilität“ der Bundesregierung fest. Die digitale Vernetzung, so drückt es der

ADAC aus, wird zum „Enabler“ einer neuen Mobilität und zur Voraussetzung innovativer Infrastrukturen. Logistikstandort fördern Der Wirtschaftsrat setzt sich deshalb dafür ein, die infrastrukturellen Voraussetzungen von Mobilität 4.0 auch im Bundesverkehrswegeplan abzubilden. Dabei wird berücksichtigt, dass auch Güter- und Pendlerverkehre jene Aufmerksamkeit bekommen, die ihnen zusteht. Einheitliche internationale Rechtsstandards etwa für die Zulassung und Haftung beim automatisierten Fahren sind für Mobilitätskonzepte ebenso wichtig wie die Schaffung standardisierter offener Schnittstellen für Anlagen der Verkehrssteuerung. „Staus, Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß können verringert werden“, betont Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates. Bei aller Dringlichkeit, die Individualverkehre zu optimieren, gilt der Wirtschaft und damit den Grundlagen des Wohlstands besondere Aufmerksamkeit. Deutschland ist Logistik-Weltmeister und in der Mitte Europas Drehscheibe für den inter-

Digital vernetzte Verkehrsangebote prägen die Mobilität der Zukunft. Um die ­Klimaziele zu erreichen und die wachsende Mobilität zu bewältigen, ist ein marktwirtschaftliches Gesamtkonzept erforderlich, dass sich an den Realitäten und den Anforderungen der Wirtschaft an den Logistikstandort orientiert. 12

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TITEL Mobilität

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TITEL Mobilität

nationalen Güterverkehr. „Für die Wirtschaft ist eine funktionierende Infrastruktur lebenswichtig”, hält das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) fest. Doch immer mehr Unternehmen klagen über Mängel, zeigt eine Studie des Instituts. „Rund zwei Drittel der deutschen Unternehmen werden regelmäßig von Infrastrukturmängeln behindert”, berichtet IW-Experte Michael Grömling. Marode Straßen und Brücken, fehlende Kapazitäten für den Güterverkehr und ein enormer Auf-

holbedarf bei der digitalen Infrastruktur verstärken sich gegenseitig. Investitionsstau auflösen Im Verkehrssektor hat sich ein Investitionsstau aufgebaut, der trotz aller Aufstockungen der Verkehrsetats noch lange nicht beseitigt ist. Soll die Butter auch künftig verlässlich im Kühlregal ankommen, der Stahlträger pünktlich zur Baustelle geliefert und der Müll aus der Stadt transportiert werden, muss die Infrastruktur

CO2-Emissionen in der EU nach Sektoren in 2016 Anteil in % der CO2-Äquivalente Energie- und Wärmeerzeugung

14,7

Industrie Sonstiger Verkehr**

29,9 10,8

Pkw Landwirtschaft

Quelle: Quelle: IW; EEA, 2018 (v21)

Andere Sektoren

13,4 21,3

14

9,9

** ohne internationalen Luft- und Seeverkehr. Diese werden im Rahmen der KyotoBerichterstattung nicht als nationale Emission gewertet.

auf allen Ebenen ausgebaut werden. Der Wirtschaftsrat schlägt deshalb eine übergeordnete Bedarfsplanung mit Projektprioritäten vor. Grundlage muss ein umfassender Netzzustandsund Leistungsbericht sein, der deutlich macht, wo der Bedarf am dringlichsten ist und an welchen Stellen Investitionen den höchsten Nutzen stiften – aus verkehrsplanerischer und ökologischer Sicht. Ein effektiver Einsatz öffentlicher Gelder setzt zudem ein mehrjähriges Verkehrsbudget voraus, um das nötige Maß an Planungssicherheit zu gewährleisten. Schiene ertüchtigen Mit Blick auf die Schieneninfrastruktur sollte der Fokus auf die Beseitigung von Engpässen, die Verknüpfung transeuropäischer Netze, den zweigleisigen Ausbau bisher eingleisiger Strecken und die Ertüchtigung des Schienennetzes für 740-Meter-Güterzüge gelegt werden. „Beim CO2-Ausstoß schlägt der Güterzug den LKW um Längen”, betont Wolfgang Steiger. PKW und LKW emittieren zwar heute weniger Treibhausgase als 1995, wie das Umweltbundesamt feststellt. Die kilometerbezogenen CO2-Emissionen der LKW sanken um stattliche 30 Prozent. Weil aber mehr Lastwagen unterwegs sind, stiegen die Kohlendioxid-Emissionen um 20 Prozent. „Deshalb ist Politik für die Schiene aktive Klimaschutzpolitik”, betont der Wirtschaftsrat. Attraktive Angebote und sinkende Kosten im Güterverkehr lassen sich jedoch nur mit einem echten Wettbewerb auf der Schiene realisieren. Dazu gehört eine strikte Trennung von Betrieb und Netz, mithin eine größere Unabhängigkeit der Betreiber der Schieneninfrastruktur wie der DB Netz AG. In einer Machbarkeitsstudie für das Bundesverkehrsministerium gelangt McKinsey zu dem Schluss, dass das deutsche Schienennetz durch eine konsequente Digitalisierung bis zu 20 Prozent zusätzliche Kapazität im Personen- und Güterverkehr abwickeln könnte. Hierzu müsste es jedoch ganz mit der europäischen Leit- und Sicherungstechnik (ETCS) und digitalen Stellwerken ausgerüstet werden.

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TITEL Mobilität

Die meisten Elektroautos werden in Skandinavien verkauft* Quelle: iwd Medien/ iwd, Automobile Importers & Distributors Association, China Association of Automobile Manufacturers, European Automobile Manufacturers Association, Inside EV‘s

Anteil an neuen PKW 2018 in %

*Elektroautos und Plug-in-Elektroautos

1 Norwegen

49,1

2 Island

19,1

3 Schweden

8

4 Niederlande

6,7

5 Finnland

4,7

6 China

4,4

7 Portugal

3,4

8 Schweiz

3,2

9 Österreich

2,5

10 Vereinigtes Königreich

2,5

… 17

2

Deutschland 0

10

Foto: Fotolia.com ©artemegorov

Der volkswirtschaftliche Gesamtnutzen ist laut McKinsey beträchtlich. Nicht nur würde das System Schiene durch die Digitalisierung zur Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene und zur Aufnahme weiteren Verkehrswachstums ertüchtigt. Die Berater erwarten auch mehr Zuverlässigkeit, Effizienz, weniger CO2-Ausstoß und durch die Harmonisierung der Systeme in Europa einen spürbar verbesserten Schienenverkehr über die Grenzen hinweg. Der Wirtschaftsrat regt außerdem einen Deutschland-Takt mit bundesweit kombinierten Nah- und Fernver-

20

30

40

kehrsangeboten an, ergänzt um Trassenkapazitäten. Schließlich sollte sich der Gesetzgeber dazu durchringen, den Mehrwertsteuersatz im Fernverkehr auf den im Nahverkehr üblichen Satz von sieben Prozent zu senken. Das ist nicht nur steuersystematisch geboten, Bahnreisen würden attraktiver. Sollen individueller Verkehr und Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) enger verzahnt werden, müssten die Investitionen in den ÖPNV massiv aufgestockt und konsequent in Infrastruktur, Technik, Personal und Netzdichte investiert werden.

Kommunikation im Gesundheitswesen unter einem Dach

3/2019 TREND

www.ix-media.de 15


Foto: Fotolia.com ©Tierney

TITEL Mobilität

Andreas Scheuer Bundesminister für Verkehr und Infrastruktur

A

soll er bis 2030 nur noch zwischen 95 und 98 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausstoßen, gut 60 Millionen Tonnen oder 40 Prozent weniger als heute. Das kann gelingen, aber nicht mit einer Förderung der Schiene al-

Mobilitätswende innovativ und techno­lo­gieoffen gestalten

ll jene, die für einen vernünftigen, marktwirtschaftlichen Klimaschutz eintreten, sind in die Defensive geraten. Die entscheidende Frage ist, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen und trotzdem seinen Wohlstand erhalten kann. Das geht ­ nur über Innovationen. Allein der Anteil der PKW-Emissionen am gesamten CO2-Ausstoß macht 60 Prozent von 160 Millionen Tonnen aus. Der LKW-Verkehr trägt 35 Prozent bei. ­ Luftverkehr, Schiene und Wasserstraße liegen zusammen bei nur fünf Prozent. Das heißt, wir müssen bei PKW und LKW ansetzen. Wir lassen uns derzeit treiben, nur auf die Elektromobilität zu setzen, obwohl wir Wasserstofftechnologie „Made in Germany” seit Jahren haben. Das Bundesverkehrsministerium hat alternative Antriebstechnologien mit 5,2 Milliarden Euro ge­ fördert. Nicht nur die Elektromobilität, und nicht nur PKW, sondern vor allem Technologien für LKW. Wir möchten technologieoffen bleiben, werden aber die Elektromobilität prioritär behandeln. Plan ist jetzt ein großes Paket zum Produkthochlauf Elektromobilität

16

Marktwirtschaftliches Gesamtkonzept Wer sich über Klimaschutz und Mobilität Gedanken macht, kommt nicht an einem marktwirtschaftlich fundierten Gesamtkonzept der CO2-Vermeidung vorbei. Der Leitgedanke sollte sein, dass die nachhaltigste Art der CO2-Vermeidung immer

vorzulegen, damit wir nicht die lähmende Henne-Ei-Diskussion haben. Das wird Geld kosten, weil wir an vielen Stellschrauben drehen müssen wie der Ladeinfrastruktur, der Förderpolitik oder der Mehrwertsteuerreduktion bei den ­Fernbahnverbindungen. Die Spitze der Bahn AG habe ich dazu aufgefordert, die Klimaziele für die Schiene nicht erst 2050 zu ­er­reichen, sondern schon 2038, damit wir parallel zum Kohleausstieg unterwegs sind und 100 Prozent Ökostrom anbieten können. Wir bauen die Infrastruktur aus, wir gehen in alternative Antriebe, auch alternative Kraftstoffe. Wir bauen eine strombasierte Kerosin­ anlage in Leuna, um für den Flugverkehr am Leipziger Flughafen klimaverträglichen Treibstoff zu haben. Dazu brauchen wir aber eine Anpassung der EEG-Umlage beim Wasserstoff, weil die Gewinnung derzeit zu teuer ist. Wasserstoffgetriebene LKW und Busse will ich auf unseren Straßen sehen, nicht Elektrobusse „Made in China”. „Made in Germany” muss Nummer l Eins ­bleiben. Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

TREND 3/2019

Foto: Hans-Christian Plambeck

Alle Verkehrsträger stärken Nimmt Deutschland seine Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen und dem nationalen Klimaschutzplan 2050 ernst, kommen auf den Verkehrssektor gewaltige Anstrengungen zu. So

lein, sondern nur mit einer insgesamt leistungsfähigen Infrastruktur aus Straßen, Schienen, Wasserwegen und Flugkorridoren. So muss der europäische Luftraum besser genutzt werden, durch eine Etablierung des effizienten Single European Sky. Seewärtige Zufahrten zu den deutschen Seehäfen sollten ausgebaut, Engpässe bei der Anbindung im Seehafenhinterland beseitigt, die Hub-Funktionen der Binnenhäfen für die Seehäfen stärker berücksichtigt werden. Und weil die Zeit drängt, gilt es auch Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.


TITEL Mobilität

Europas Anteil an der Produktion von Treibhausgasen sinkt stark Emissionen aus Brennstoffnutzung in Millionen Tonnen 20.502 45

23.884

46,7

32.314 47

45,9

Quell: IW; IEA, CO2-Emissions from Fuel Combustion – 2018

40 35 30 28,2

25 23,4

20 15

23,2

19,6 16,1

10

14,8

15

10,3

9,9

5 0

1990

Rest   der   Welt

2002

EU

noch der Faktor technische Innovation ist – unabhängig von der Art der CO2-Bepreisung. Ist politisch eine

2016

USA

China

CO2-Bepreisung gewollt, muss sie marktwirtschaftlich ausgestaltet sein, denn nur die Effizienz des Marktes

garantiert treffsichere und verlässliche Einsparquoten sowie Anreize, in Innovationen zu investieren. Der Emissionshandel, den der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung langfristig einer CO2-Steuer vorzieht, erfüllt diese Kriterien. Die Einführung einer CO2-Bepreisung ist in jedem Fall an drei Bedingungen zu knüpfen: Erstens sollte sie als internationale, zumindest aber europäische Lösung ausgestaltet sein. Zweitens muss sie verbunden werden mit dem grundlegenden Umbau des heutigen Systems umweltbezogener Steuern und Abgaben sowie umfangreichen Steuer- und Abgabenstreichungen. Und drittens ist eine Zweckbindung unabdingbar. Die aus der CO2-Bepreisung eingenommen Gelder müssen in Klimainvestitionen für die einzelnen Sektoren fließen, etwa Infrastrukturmaßnahmen, Forschungsvorhaben l oder Förderprogramme.

Gemeinsam machen wir das deutsche Gesundheitssystem zu einem TRENDder Welt. Erfahren Sie mehr unter www.pkv.de/linda der 3/2019 besten

17


AKTUELL Stimmungsbarometer

Wirtschaftsrat zieht Halbzeitbilanz Der Wirtschaftsrat hat seine Mitglieder zur Halbzeit der Legislaturperiode der Großen Koalition in seinem WR-Politpuls dazu befragt, was politisch passieren muss, damit Deutschland zukunftsfest gemacht wird und wettbewerbsfähig bleibt. TREND hat dazu fast 1.700 individuelle Antworten ausgewertet und daraus die zentralen Forderungen der Wirtschaft für einen zukunftsfähigen und wettbewerbsfähigen Industriestandort zusammengestellt.

Deutschland 2.0

Demografie

Unser Land gehört auf den

­Reform-TÜV. Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung, vereinfachtes Steuersystem, Abschaffung des Soli, Entlastung der mittleren Einkommen, ein gerechteres Gesundheitssystem zwischen Kassen- und Privatpatienten – was hindert uns daran, uns zukunftsfit zu machen?“

Sabine Christiansen

Steuern

nser Land braucht eine „  UUnternehmenssteuerreform einschließlich der Senkung des Niedrigsteuersatzes von 25 auf beispielsweise 15 Prozent und eine Option für Personengesellschaften wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden.“

B ildung

„ Durch die Alterung unserer

„ Deutschland benötigt drin-

gend eine stringente Änderung in der Bildungspolitik, um die nächsten Generationen fit zu machen für die ­anstehenden Aufgaben.“

Karin Wolniczak

Digitalisierung

Der digitalen Infrastruktur gilt es oberste Priorität einzuräumen, sonst verlieren wir den Anschluss. Gleichzeitig müssen wir die Datenschutzrichtlinie an den digitalen Fortschritt anpassen.“

Dr. Jürgen Geissinger

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EUROPA

Ein Ziel mit höchster Priorität muss sein, dass die Bundesregierung endlich etwas gegen die ruinöse Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank und die versteckte Haftung der Deutschen Bundesbank gegenüber den Banken Süd­ europas über die Targetsalden unternimmt.“

Daniela Kelm

Gesellschaft brauchen wir dringend gut qualifizierte Nachwuchskräfte in der ­Pflege. Das Problem, mehr junge Menschen zu motivieren sich für den Pflegeberuf zu ­entscheiden, muss politisch angegangen werden.“ Julia Reznitcaia

Thomas Fritzen

TREND 3/2019


AKTUELL Stimmungsbarometer

Populismus

„ Die Menschen lassen sich

durch populistische Sprüche gerade extremer Parteien stark beeinflussen, was wir nur durch permanente ­Aufklärung und hohe Präsenz eines jeden Abgeordneten beim Wähler in den Griff ­bekommen können.“ Albert H. Weiler MdB

Energiewende

Zur Energiewende muss k­ urzfristig ein in sich geschlossenes ­Konzept entwickelt werden. Das ist ohne einen Einstieg in die Wasserstofftechnologie nicht denkbar.“

Deutschland 2.0

Unser Land braucht nicht nur Lust

auf Zukunft, sondern auch den Willen zu Lösungen. Die Große Koalition erschöpft sich in Scheckbuchpolitik und ist ausgelaugt. Ein Regierungswechsel hat Priorität.“

Soziale Marktwirtschaft

Prof. Hans Helmut Schetter

Innovation

Wolfgang Hartmann

Deutschland braucht eine staatliche Anlaufstelle als Ideen-Rampe für Erfinder und Entwickler, wo sie Hilfe und neutrale Beratung erhalten, damit keine neue Idee für unsere Wirtschaft verloren geht.“

Prof. Dr. Hans-Peter Wilke

sollten große Teile des „ Wir ­Güterverkehrs auf die Schiene v­ erlagern und ein separates Schienennetz für Hochgeschwindigkeitszüge aufbauen, um die Straße zu e­ ntlasten.“

Marion Bräuer

Bürokratie

Hätten vor 45 Jahren die ­heutigen Vorschriften ge­ golten, hätte ich meinen ­Betrieb nie gegründet, der heute 85 Mitarbeiter zählt.“ Herbert Kaut Winterlinger

3/2019 TREND

Bürokratie

Es bedarf dringend der Entbü­rokratisierung in allen Bereichen bis hin zum Bau­ recht. Die Bürokratie und ihre Kosten stehen in keinem ­Verhältnis mehr zum Nutzen und lähmen Unternehmen.“ Wolfgang Spitz

EUROPA

Deutschland und Frankreich sollten eine gemeinsame Initiative ergreifen, in der Macrons Vorschläge für eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik kombiniert werden mit einer marktwirtschaftlichen Erneuerung Europas.“

Dr. Andreas Stute

Verkehr

Vergessen wird, dass der Kuchen, der verteilt wird, jeden Tag neu gebacken wer­ den muss. Deutschland ist in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ­deutlich zurückgefallen. Wir brauchen jetzt eine ­tatkräftige Umkehr.“

Thomas Kopsch

Nachhaltigkeit

„Politik und Wirtschaft

müssen sich wieder trauen, über ­Quartale, Jahresergebnisse oder Legislaturen hinaus Entscheidungen zu treffen.“ Daniel Rheinwalt

STEUERPOLITIK: Für wie wichtig halten Sie es, den Solidaritätszuschlag in dieser Legislaturperiode für alle Steuerzahler abzuschaffen? 50,9 % 29 % 15,4 % 1,3 %

Sehr wichtig Wichtig Weniger wichtig Gar nicht wichtig

19


AKTUELL Mitgliederumfrage

DIGITALISIERUNGSPOLITIK: Für wie wichtig halten Sie ein flächendeckendes schnelles Breitbandinternet in Deutschland? 78,1 %

Sehr wichtig

19,2 %

Weniger wichtig

0,3 %

Gar nicht wichtig

Soziale Marktwirtschaft

Es ist schockierend wie unver­hohlen über Enteig­ nungen von Privatvermögen in der Öffentlichkeit dis­ kutiert wird und die Politik hier nicht entschieden wider­ spricht.“

Klima

Günter H. Kugler

Infrastruktur und Bildung, Steuersenkungen, die Abschaffung des Soli sowie eine deutliche Entlastung der mittleren Einkommen. Zugleich sollten wir technikoffene Klimaschutzziele festlegen, die in Einklang mit Naturwissenschaft, Forschung und Industrie stehen und über eine Ausweitung des europaweiten Zertifikatehandels erreichen. Deutschland braucht wieder eine klare ordnungspolitische Ausrichtung am Grundgerüst der Sozialen Marktwirtschaft.“

Dr. Johannes Kirchhoff

Deutschland 2.0

Wir müssen endlich wieder ein

positives Umfeld für wirtschaftliche Entwicklung und individuelle ­Sicherheit schaffen.“

Innovation

Wir müssen Forschung und Innovationen in Zukunftstechnologien stärken.“

Detlev Seeliger

Lutz Diederichs

ENERGIE- UND KLIMAPOLITIK: Sollte angesichts steigender Strompreise durch staatliche Umlagen eine marktwirtschaftliche Neuausrichtung der Energieund Klimapolitik erfolgen? 81,9 % 11,2 %

20

Ingo Dreher

Wir brauchen mehr Investitionen in

Wir brauchen eine Versach­ lichung der Klimapolitik statt Klimahysterie.“

Deutschland 2.0

Matthias Grafe

Mit unsauberen Datenlagen wird eine technologisch ein­ seitig ausgerichtete Klima­ politik betrieben, die unserer Schlüsselindustrie, der Auto­ mobilindustrie, das Messer an die Kehle setzt.“

Wichtig

2%

B ildung

„ Die deutsche Gesellschaft

braucht einen Paradigmenwechsel, der Bildung einen gänzlich anderen Stellenwert zukommen lässt und nicht mehr vernachlässigend zum Spielball der Politik macht.“

Thorsten Bund

Bürokratie

Der Weg von der Idee bis zur Umsetzung ist für Großpro­ jekte viel zu lang und zu bü­ rokratisch geregelt, ganz gleich ob es sich um Ver­ kehrswege, Gebäude, techni­ sche Anlagen oder Energie­ trassen handelt.“ Dr. Jan B. Berentzen

Digitalisierung

Wir brauchen mehr Investitionen in Bildung und Forschung, vor allem in Künstliche Intelligenz.“

Ja, sollte erfolgen Nein, sollte nicht erfolgen

Industrie

Martin Hübner

TREND 3/2019


AKTUELL Mitgliederumfrage

Energie

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz kann abgeschafft werden. In den USA sind die gleichen Windräder wie in Deutschland schon ab 1,5 Cent/Kwh wirtschaftlich.“

Thomas Mock

Wohnungsmarkt

„Entschlackung aller Bauvorschrif­ ten, um den Wohnungsbau an­zu­ kurbeln.“

B ildung

„ Die Gewichtung des Bundes-

haushalts ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten: Wir subventionieren Armut anstatt Ausbildung zu fördern.“

Bernd Nonnenmacher

Soziale Marktwirtschaft

Das Fach Wirtschaft in die Schulbildung einbinden, um Schülern zu vermitteln, dass nur verteilt werden kann, was zuvor erwirtschaf­ tet wurde und die Soziale Marktwirtschaft mit ver­ antwortlich handelnden Unternehmern ohne über­ triebene Gängelung durch Bürokratie unseren Wohl­ stand sichert.“

Florian Horbach

Bürokratie

Unsere Institutionen, Ver­wal­ tungen, Kammern, Hoch­schu­ len und Unternehmen müssen schneller, agiler und schlanker werden – ein wesentlicher Schlüssel zur Si­cherung un­ serer Wett­­bewerbs­fähigkeit in der Zukunft.“ Georg Maringer

Dr. Andreas Zubrod

3/2019 TREND

Der Breitbandausbau in Deutschland ist beschämend.“

Wolfgang Dahlmann

international wettbewerbsfähig bleiben. Es wäre ein starkes politisches Signal, ausgewählte Steuern öffentlichkeitswirksam zu streichen, statt immer neue zu erfinden.“ Dr. Martina Brämswig

Mittelstand

ie Politik sollte den FamilienD unternehmer nicht als Klassenfeind sehen, sondern in seiner Verantwortung als sozialen Grundpfeiler ausdrücklich würdigen. Die sozialste Tat der Gesellschaft ist eine gesunde Wirtschaft.“ Robert Ellinghoven

Was mir seit Jahren fehlt, ist eine

Steuern

Deutschland 2.0

Strategie, die Antworten auf die Fragen gibt, wo Deutschland in fünf bis zehn Jahren stehen soll und was zu tun ist, damit Europa ein stabiler Wirtschaftsblock bleibt.“

Ulrich Kreher

Deutschland muss auch steuerlich

Dr. Winfried Hulde

Mittelstand

I n Deutschland gibt es Unternehmen nicht wegen, sondern trotz des Staates, staatlicher Industriepolitik, Enteignungsdiskussionen und ökonomisch strangulierender Steuern bis hin zu einem verfassungsrechtlich an Komplexität nicht mehr zu rechtfertigendem Steuersystem.“

Digitalisierung

Verkehr

in der Verkehrs­ „ Investitionsstau infrastruktur auflösen.“

Thomas Öchsner

RENTENPOLITIK: Wie bewerten Sie die Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung? 79,7 % 17 %

Eher richtig Eher falsch

Mitgliederumfrage WR-Politpuls von Mai 2019, 3.112 Teilnehmer. Von 100 Prozent abweichende Werte ergeben sich durch „keine Angaben“ bzw. durch Rundungen.

21


AKTUELL TREND-GRAFIK

Königsweg: Wettbewerbs­fähiger Klimaschutz Text und Grafiken: A rmin Peter

Am deutschen Wesen wird das Weltklima nicht genesen: Die Bundesrepublik ist für unter drei Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Auch beim Energiebedarf liegt Deutschland weit hinter den größten Emittenten China, USA, Indien und Russland zurück. Seit 1990 ist der Kohlendioxid-Ausstoß hierzulande mit 385 Millionen Tonnen um rund ein Drittel gesunken. In den verschiedenen Sektoren ­bestehen noch weitere Einsparpotentiale. Weltweit wird unser Weg aber nur als „Königsweg“ betrachtet werden, wenn es Deutschland gelingt, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang zu bringen. Hier liegt die große Herausforderung, wenn nicht Deindustrialisierung die Folge sein soll. Daher gilt es, die ­Klimaschutzinstrumente auf ihre Wirk­ samkeit zu überprüfen, sie effizient und kostenschonend e­ inzusetzen und jede Lösung zumindest europäisch – besser weltweit – zu denken.

Nationen mit dem größten Energiehunger (in Mtoe*)

Die größten Klimasünder der Welt

*Mtoe = 11,63 Terrawattstunden

Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen 2016, absolut betrachtet

USA

Quelle: Enerdata

6,2

Russland

744

Japan

16

Indien

934

Russland

28,2

USA

2.201

Indien

22

China

3.105

4,5

Japan

429

3,7

Deutschland

314

Deutschland

2,2

Südkorea

296

Südkorea

1,8

Brasilien

291

Iran

1,7

Kanada

287

Kanada

1,7

Iran

253

Saudi-Arabien

1,6

Frankreich

243

Indonesien

240

Alle anderen Länder zusammen

0

1.000

2.000

3.000

4.000

32,4 0

5

10

15

20

25

30

35

TREND 3/2019

Quelle: Germanwatch

China

(in Prozent)


AKTUELL TREND-GRAFIK

Treibhausgas-Emissionen seit 1990 nach Gasen

(Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente)

Emissionen ohne Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft *Ziele 2020 bis 2050: Energiekonzept der Bundesregierung (2010); **Schätzung 2018, Emissionen für F-Gase gesamt 1.251 1.200 1.000

907 866

800

751 563

600

375

400

weitgehende Treibhausneutralität

Quelle: Umweltbundesamt

200 0

1990

1995

2000

Kohlendioxid (CO2)

2005

2010

Methan (CH4)

2018 **

Ziel 2020 *

Ziel 2030 *

Ziel 2040 *

Ziel 2050 *

Distickstoffoxid (Lachgas, N2O)

Wasserstoffhaltige Fluorchlorkohlenwasserstoffe (H-FKW)

Perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW)

Schwefelhexafluorid (SF6)

F-Gase gesamt (2018)**

Stickstofftrifluorid (NF3)

Private Haushalte verbrauchen in Deutschland mehr Energie* als die Industrie

Emissionshandel ist das günstigste Klimaschutzinstrument

Anteil in Prozent

Implizite Kosten je eingesparter Tonne Kohlendioxid in Euro. EEG: Strom aller bisher installierten Anlagen

Haushalte 475

Strafe für CO2-Regulierung im Straßenverkehr

26

Verkehr

415

EEG-Photovoltaik

16

345

EEG-Geothermie EEG-Wind offshore

252

EEG-Biomasse

252

28

Gewerbe *Endenergie

Private Haushalte 30

167 Prämie für Elektrofahrzeuge

108 EEG-Wasserkraft

Raumwärme

13

106 EEG-Wind onshore

75

7 Emissionshandel 100

3/2019 TREND

200

300

Warmwasser

12

68 EEG-Deponie Klär- und Grubengas

0

Industrie

400

500

Elektrogeräte  / Beleuchtung

Die Heizung wird energietechnisch oftmals unterschätzt.

Quelle: dena/Energiedaten Bundeswirtschaftsministerium

Quelle: I W Köln; Berechnungen IW-Köln auf Basis von BDEW (2017) und Umweltbundesamt (2016a)

2015

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AKTUELL Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa

Technologische Umbrüche, die Neuordnung jahrzehntelang bewährter Ordnungssysteme ­ sowie internationaler Macht­gefüge und Organisationen – selten war die Politik in Friedens­ zeiten so herausgefordert wie heute. Gerade in Zeiten konjunktureller Schwäche, müssen Wirtschaft und Politik verlässliche Rahmenbedingungen mit Weitblick gestalten. ­ Deutschland muss die großen Herausforderungen jetzt entschlossen ­anpacken, will es auch in ­Zukunft ­seinen Wohlstand sichern.

Deutschland muss die großen Herausforderungen angehen D

er Wirtschaftsrat ist der Stachel im Fleisch der CDU. Und das ist gut so. Wenn er nicht wäre, würden wir uns an mancher Stelle zu bequem einrichten. Bequemlichkeit ist aber nicht das, was wir in der CDU oder in Deutschland brauchen. Wir leben in einer Zeit, in der wir die Weichen in Deutschland noch entschiedener als bisher stellen müssen. Das gilt für Deutschland und insbesondere für Europa. Deshalb steht die CDU zu ihrer Verantwortung, die die Wähler ihr übertragen haben. Das macht unseren bürgerlichen Kern aus. Klar ist aber Annegret Kramp-Karrenbauer Bundesvorsitzende der CDU Deutschlands

„Die CDU krempelt die Ärmel auf.“

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auch, dass diese Koalition kein Selbstzweck sein kann. Sie muss immer so angelegt sein, dass sie im Auftrag für Deutschland Handlungs- und Zukunftsfähigkeit beweist. Die Digitalisierung und die Globalisierung verändern unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftsmodell. Darauf müssen wir Antworten geben – mutige und inspirierende. Allerdings müssen sie auch kontrovers sein, das ist die Kehrseite der Medaille. Wenn wir in der CDU ehrlich sind, müssen wir sagen, dass wir manche inhaltliche Positionierung und programmatische Weiterentwicklung nicht konsequent vorangetrieben haben, weil wir die Kontroverse in den eigenen Reihen gescheut haben. Das darf in Zukunft nicht mehr passieren. Zum Thema Abbau des Solidaritätszuschlags: Wir haben im Koali­ tionsvertrag vereinbart, dass der Soli für 90 Prozent der Steuerzahler abgebaut werden soll. Und es ist kein

Geheimnis, dass die CDU auf ihrem Parteitag festgelegt hat, dass der Soli zu hundert Prozent und für alle abgeschafft werden soll. Dieses Ziel ist und bleibt richtig. Denn in den letzten zehn Prozentpunkten stecken die ­Personengesellschaften. Damit ist der vollständige Abbau des Soli auch ein Stück Wirtschaftsförderung. Aber richtig ist auch, dass diese letzten zehn Prozentpunkte über das hinausgehen, was wir im Koalitionsvertrag ver­einbart haben und über das, was in der mittel­fristigen Finanzplanung ­finanziert ist. Deswegen kommt es jetzt zunächst darauf an, die ­verein­barten 90 Prozent gesetzgeberisch auf den Weg bringen. Es bleibt viel zu tun. Die CDU ­krempelt die Ärmel hoch. Und ich bin sicher, der Wirtschaftsrat wird dafür sorgen, dass wir sie so schnell nicht wieder h ­ eruntergekrempeln l ­werden. Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

TREND 3/2019


AKTUELL Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa

Jens Spahn MdB Bundesminister für Gesundheit

„Wir haben es mit einem neuen Systemwettbewerb um die Freiheit zu tun.“ Durch den Erhalt unserer Wettbewerbsfähigkeit entsteht ein Gefühl der Sicherheit, dazu gehört auch ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl. Ich würde mir wünschen, dass wir über einen stärkeren Patriotismus reden, der immer einladend, nie ausgrenzend ist. Nicht zuletzt muss es uns als Politikern gelingen, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, auch in der Großen Koalition. l Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

Foto: Fotolia.com ©bluedesign

ich mir wünschen, dass wir die Freiheit stärker zu einer Debatte machen, wie wir unsere freiheitliche Demokratie nach außen, aber auch nach innen gegen linke, rechte und religiöse Extremisten verteidigen. Das bringt mich zum zweiten Punkt: Sicherheit schaffen. Dabei geht es für viele zunächst um einen funktionierenden Staat, auch was Rechtssicherheit, Ordnung und die Dienstleistungen an der Gesellschaft angeht. Es geht auch darum, wie wir uns wettbewerbsfähig halten. Nach zehn Jahren Aufschwung gibt es zu viel Vertrauen, dass es schon irgendwie gut gehen wird. Ich glaube auch nicht, dass der Klimaschutz diesen Populismus des Verzichts braucht. Gerade unser Land sollte darauf Vertrauen, Wohlstand und Klimaschutz durch innova­ tive Lösungen zusammenzubringen.

Fotos: Jens Schicke

M

eine Wahrnehmung ist, dass in der Bevölkerung ein großes Bedürfnis nach Sicherheit besteht. Dieses Bedürfnis paart sich vielfach mit dem Gefühl dafür, dass es uns zwar wirtschaftlich ziemlich gut geht, wir aber die großen Themen wie den demografischen Wandel, die Digitalisierung und die veränderte Weltlage nicht richtig adressieren. Wir reden zu wenig über die Frage, wie wir das, was wir uns erarbeitet haben, erhalten können. Das Thema Freiheit und ihre Bewahrung bewegt sich heute im internationalen Kontext. Weil ein russischer, türkischer und auch ein chinesischer Autokrat mit unserer Art zu leben und zu wirtschaften nicht nur nichts am Hut haben will – sondern sie verächtlich macht. Wir haben es mit einem neuen Systemwettbewerb um die Freiheit zu tun. Deshalb würde

3/2019 TREND

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AKTUELL Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa

Welche Wirtschaftspolit Die Politik muss sich wieder an der Sozialen Marktwirtschaft orientieren.

Bundesvorsitzender der FDP, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion

„Es sind die Kevin ­Kühnerts dieser Welt, die Deutschland in Geiselhaft nehmen.“

Fotos: Hans-Christian Plambeck

D

eutschland befindet sich am Ende eines langen Aufschwungs. In Europa werden die Weichen neu gestellt. USA und China setzen sich auseinander. Und wir haben keine handlungsfähige Bundesregierung, was wichtiger denn je wäre. Die Sozialdemokratie ist instabil, das lähmt die Große Koalition. Wird sich die SPD ihre Leiden in der Regierung nicht auch weiter teuer bezahlen lassen mit Abermilliarden an immer neuen Umverteilungsmaßnahmen? Es sind die Kevin Kühnerts dieser Welt, die Deutschland in Geiselhaft nehmen. Die FDP schlägt vor: Wenn die Union ein Signal für mehr Wettbewerbsfähigkeit setzen will, und im Deutschen Bundestag die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags beantragt, stimmt die FDP zu. Die Große Koalition will ausgerechnet bei der wichtigsten Zukunftsaufgabe,

Thomas Jarzombek MdB

Foto: Jens Schicke

„Das Kartellrecht ist das neue ­Datenschutzrecht.“

26

W

ie sieht eine vernünftige Wirtschaftspolitik in Zeiten der Digitalisierung aus? Investitionen in Köpfe und Infrastruktur sind die wichtigste Voraussetzung für Wachstum –sogar wichtiger als Steuersenkungen.

bei der es auch um sozialen Zusammenhalt geht – bei Bildung und Forschung die öffentlichen Ausgaben kürzen. Wenn die Union im Bundestag den Antrag stellt, die Bildungs­investitionen zu erhöhen und eine Exzellenz­initiative für berufliche Bildung zu beschließen, stimmt die FDP ebenfalls zu. Die Frage der Klimapolitik ist in der ­Mitte der Gesellschaft angekommen. Wenn die Leute mehr Klimaschutz wollen, bieten wir das. Aber bitte nicht über das EEG. ­Dessen Bilanz nach mehr als einem Jahrzehnt ­ Planwirtschaft ist: Die höchsten Vermeidungskosten weltweit, KlimaCO2-­ schutzziele nicht erreicht, höchste Strompreise. Wenn die CDU im Bundestag ein marktwirtschaftliches, sektorübergreifendes und technologieoffenes System für den Klimaschutz beantragt, stimmt die FDP auch zu. Warum gibt es nicht mehr Initiativen für freien Handel? Das Handelsabkommen Ceta mit Kanada liegt seit Jahr und Tag zur Ratifizierung vor. Wenn die Union einen ­ Antrag stellt, das Abkommen zu ratifizieren, die FDP stimmt zu. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Union hat die Chance, ein Momentum für eine neue Konstellation in Deutschland zu gewinnen, die die drängenden Probleme l ­tatsächlich angeht.

Das Deregulieren von Märkten ist ein ganz entscheidender Faktor. Beispiel Fernbusmarkt: Als wir vor gut fünf Jahren das Verbot für Fernbusse geknackt haben, ist Flixbus entstanden. Venture Capital: Im Bereich der Seed-Finanzierung haben wir viel hinbekommen und sind gut aufgestellt. Aber: In Deutschland wird bei der Finanzierung immer noch nach dem Business Case und dem Break Even gefragt. Im Silicon Valley hingegen: Was ist Deine Vision, was ist Dein Ziel? Da müssen wir hin. Und wir brauchen größere

Foto: Fotolia.com ©etfoto

Christian Lindner MdB

TREND 3/2019


AKTUELL Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa

tik Deutschland braucht Finanzierungstöpfe, um Technologien nach vorne zu bringen. Daran arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium. An einem milliardenschweren Topf, in den auch privates Geld fließen soll. Das Kartellrecht ist das neue Datenschutzrecht. Es ist das einzige Mittel, um Märkte wieder zu öffnen. Wer glaubt mit dem Datenschutzrecht die Übermacht von Google oder Facebook zu knacken, irrt. Das Kartellamt muss dort, wo es Markteintrittsbarrieren gibt, die Möglichkeit bekommen, den Datenzugang zu öffnen und für Inter­ operabilität zu sorgen.

Auch der Staat ist ein Enabler – und zwar als Nachfrager. Wir sind in der Robotik weltweit Spitze. Warum bestellt der Staat nicht mal 10.000 Roboter für Pflegeheime? Das würde unseren Startups eine Chance geben, in den Markt zu kommen. Letzter Punkt: Wir brauchen noch mehr Agilität in der Gesetzgebung. Mehr kleine Schritte statt großer komplizierter lang­ wieriger Gesetzgebungsverfahren. Dann können wir die Digitalisierung beherrschen und Vorreiter im digitalen Binnenmarkt l werden.

Europa muss Brücken bauen

Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

3/2019 TREND

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Foto: Hans-Christian Plambeck

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Manfred Weber ie europäische Demokratie lebt. Die Wahlbeteiligung bei der Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament Europawahl ist sprunghaft gestiegen. Das Europäische Parlament „Die EU muss das hat damit ein starkes demokratisches ­Wohlstandsversprechen Mandat bekommen und die Rechten sind nicht gestärkt worden. Wo steht auf Grundlage der Sozialen Europa heute wirtschaftlich? Europa Marktwirtschaft erneuern.“ ist mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als zwei Prozent und mehr als 13 Millionen neuen Arbeitsplätzen in den letzten zehn Jahren zurück. Aber mit China wächst eine neue Macht im globalen Kontext heran. 2050 wird China von der Wirtschaftskraft her wohl doppelt so groß sein wie die Europäische Union (EU). Zur Bestandsanalyse gehört auch, dass wir den Menschen in Europa bei der Reformpolitik viel abverlangt haben. Wenn wir über Europa reden, dürfen wir nicht nur über die Einhaltung von Defizitgrenzen reden, sondern müssen auch darüber reden, wie die Jugend in Spanien, Griechenland und Italien wieder eine Zukunft bekommt. Die EU muss das Wohlstandsversprechen für die Menschen erneuern, Grundlage dafür ist die Soziale Marktwirtschaft. Ich wünsche mir ein Europa, dass Lust hat, Zukunft zu gestalten. Lust auf Zukunft heißt für mich, dass wir Regulierungen auf den Prüfstand stellen und Luft ­reinlassen ins System. Zur Lust auf Europa gehört auch Lust auf Innovationen. Und wir müssen die ­Digitalisierung gestalten. Ich will eine Digitalisierung, die die europäischen Werte, Privatheit, Datenschutz, auch in der digitalen Welt umsetzt. Wenn ich an Europa denke, denke ich an ein Europa, das Brücken baut zu seinen Partnern in der Welt. Das ist die Wohlstandsgrundlage für l uns Europäer.


AKTUELL Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa

Grundpfeiler Europas stärken Europa muss stärker werden, wenn es die großen Herausforderungen unserer Zeit lösen will.

Bundesminister für Wirtschaft und Energie

„Die EU muss einiger und schneller werden.“

Fotos: Jens Schicke, Hans-Christian Plambeck

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er Wirtschaftsrat hat Tradition in EU-Debatten. Das ist auch notwendig, weil wir mit dem Binnenmarkt eine intensive europäische Integration haben. Ein Land allein kann seine Interessen nicht durchsetzen, sondern nur in Verantwortung mit allen. Die EU hat Rückschläge verkraften müssen: den Brexit, den Konflikt in der Ukraine, Handelsstreit mit den USA. Doch es gibt auch einen kollateralen Benefit: Europa wurde den Bürgern wieder als Wertegemeinschaft, als Anker für Stabilität und Frieden in Erinnerung gerufen. Die Europawahlen waren ein eindrucksvolles Signal für das pro-europäische Engagement der Bürger. Wenn die EU sich den großen Herausforderungen dieser Zeit stellen will, muss sie die Budgetfrage rasch lösen und auch schneller werden. Sie muss einiger werden und imstande sein, eine Position in aktuellen Entwicklungen wie etwa im Handelskonflikt zu bestimmen. Und wir müssen in Europa dringend diskutieren: Wo liegen die Quellen unseres Wohlstands? Viele EU-Staaten haben ihre industriellen Kerne verloren. Zu einem erfolgreichen Europa gehört jedoch, dass wir unsere technologische Souveränität verteidigen. Und nicht zulassen, dass es ausgerechnet einen Ausverkauf an Technologieunternehmen gibt, die den Weg in die Zukunft gehen können. Darüber werden wir in der neuen EU-Kommission nicht nur diskutieren, sondern brauchen Entscheil dungen.

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enn Europa in Zukunft eine Rolle spielen will, muss es stärker werden. Ich träume von einem FBI Europas und von einer europäischen Armee. Und ich setze mich für den Schutz der EU-Außengrenzen ein, aber bitte keine Kontrollen zwischen Salzburg und Bayern. Freizügigkeit im Inneren und wirksamer Schutz in Bulgarien, Malta, ­Zypern, Griechenland, Italien, Spanien. Das muss der Leitgedanke sein. Ich träume von einer EU-Forschungsgemeinschaft. Denn Günther Oettinger Kommissar für Haushalt und Personal, Europäische Kommission

„Europa muss stärker werden.“ kein Land, auch nicht Deutschland, und kein Unternehmen allein, kann gegen Google oder Huawei konkurrieren. Auf EU-Ebene aber haben wir die Ressourcen. Gleiches gilt für die Infrastruktur. Wir brauchen eine leistungsfähige, grenzüberschreitende Infrastruktur. Deshalb sollten wir auch G5 europäisch koordinieren, ebenso wie die Energiepolitik. Donald Trump macht mit dem Dollar Politik. Europa braucht auch deshalb eine starke Währung. Der Euro muss durch eine Banken- und Kapitalmarktunion vollenl det werden.

Foto: European Union, 2018 - Lukasz Kobus

Peter Altmaier MdB

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AKTUELL Bundestagswahl

Alexander Stubb Vizepräsident, Europäische Investitionsbank, Premierminister Finnland a.D.

„Unsere freiheitliche Demokratie steht heute im Feuer.“

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as Jahr 2016 hat alles verändert: Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und der Entschluss der Mehrheit der Briten, die EU zu verlassen. Bis dahin lebten wir in einer Illusion – glaubten an freiheitliche Demokratisierung, Marktwirtschaft und Globalisierung. Der Teppich wurde uns unter den Füßen weggezogen. Unsere Werte stehen heute im Feuer und müssen sich ständigen Angriffen erwehren. 2016 hat drei gewichtige Konsequenzen gebracht, mit denen sich Europa auseinandersetzen sollte. Erstens, den Niedergang und die Marginalisierung Großbritanniens. Und: Die USA haben sich von ihrer globalen Führungsrolle verabschiedet. Dadurch entstehen mehrere Machtvakua – bei den Werten, beim Multilateralismus sowie den Themen Handel und Klima. Dritte Konsequenz ist eine neue geopolitische und -ökonomische Situation. Was kann und sollte Europa tun? Wir können zwei Botschaften an die EU-Kommission senden. Erstens: Wir wollen uns auf uns selbst zurück­ ziehen und nationalistische Interessen in den Mittelpunkt rücken. Die Konsequenz: Europa würde sich marginalisieren. Zweitens: Unser Blick wendet sich nach außen und wir übernehmen Führungsverantwortung im Klimaschutz, bei der Digitalisierung und bei der Verteidigung einer multilateralen Welt­ ordnung. Dazu gehört auch eine Führungsl rolle Deutschlands in Europa.

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er Brexit ist geopolitisch ein tiefer Einschnitt in Europas Machtbereich. Gerade da China und Indien nach vorne rücken. Europa sollte sich deshalb öffnen. Zugleich gilt es Fehler zu vermeiden wie etwa, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wie derzeit als steuerpolitischer Wachhund für das EU-Projekt fungiert. Politiker brauchen den Mut, diese Lücke zu füllen. Sonst gerät der Euro erneut ins Schlingern und die EZB wird sich wieder neu erfinden. Das wäre nicht gut Sir Paul Tucker Präsident Systemic Risk Council, Senior Fellow Harvard University, Former Deputy Govenor, Bank of England

„Die Grundpfeiler der EU müssen gestärkt werden.“ für die langfristigen Aussichten Europas. Deshalb müssen die Grundpfeiler der EU gestärkt werden. Das liegt auch im Interesse Großbritanniens. Zur Diskussion über die Kapitalmarktunion: Es ist keine rein finanzpolitische Erwägung. Es geht darum, Europa zu einem einheitlichen Kapitalmarkt zu machen. Der ist in den USA das Bindeglied der Volkswirtschaft. Braucht Europa solche Visionen? Meines Erachtens müssen nicht alle EU-Länder dem Euro beitreten. Eine Chance liegt vielmehr darin, Europa auf verschiedenen Ebenen unterl schiedlich stark zu integrieren.

Burkhard Balz Mitglied des Vorstands, Deutsche Bundesbank

„Europa muss seine Kräfte besser bündeln.“

Fotos: Hans-Christian Plambeck

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ie Frage ist nicht, ob wir aus Deutschland heraus den Wettbewerb mit China und den USA aufnehmen. Wir werden den globalen Herausforderungen nur europäisch begegnen können. Es bleibt nicht mehr viel Zeit sich dem ­Wettbewerb zu stellen. Es gibt großartige Unternehmen in der EU, Deutschland glänzt mit seinen „hidden champions“. Aus Sicht der Bundesbank muss Europa seine Kräfte allerdings besser bündeln. Das gilt für fast alle Sektoren und Branchen. Als Vorstand der Bundesbank fällt der Zahlungsverkehr in meinen ­Zuständigkeitsbereich. Hier ist die Zeit des Durchwurschtels vorbei. Wir müssen uns jetzt eindringlich die Frage stellen, ob wir Chinesen und Amerikanern den europäischen Markt überlassen wollen. Wenn nicht, müssen wir europäische l ­Alternativen entwickeln. Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

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Die Digitalisierung ist der Todfeind der Mittelmäßigkeit E

uropa ist in den letzten Jahren deutlich unter seinen Möglichkeiten geblieben. Wir haben an Boden verloren. Die EU muss wieder auf Augenhöhe mit China und den USA kommen. Dazu brauchen wir Brückenbauer, das ist sehr wichtig. Politik und Wirtschaft gehören zusammen, wir sind in einer symbiotischen Beziehung. Je mehr wir das Miteinander gestalten, desto erfolgreicher werden Wirtschaftsnationen sein. Gerade jetzt ist die Zeit, in der Wirtschaft und Politik die Zukunft gestalten müssen. Joe Kaeser

Vorsitzender des Vorstands, Siemens AG

„Wir haben eine unübertroffene Innovationskraft und eine einzigartige Wirtschaftsstruktur.“ Die Aufgaben sind dabei klar verteilt: Die Politik setzt den Rahmen, und die Wirtschaft muss die Ausführung leisten. Dazu braucht die Wirtschaft eine Strategie, weil die Welt in einem nie dagewesenen Wandel steckt.

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Rasanter Wandel Dazu kommt, dass wir die Geschwindigkeit dieses Wandels höchstens erahnen, aber kaum mehr begreifen können. Im Gegensatz zu den drei industriellen Revolutionen zuvor können wir in der vierten industriellen Revolution die Verbesserungen nicht mehr so leicht erfassen, wir sehen es in der virtuellen Welt nicht mehr unmittelbar. Wir müssen die Soziale Marktwirtschaft jetzt aktualisieren und an die neuen Bedingungen der vierten industriellen Revolution anpassen. Jedes Unternehmen ist betroffen, ob internationale Konzerne oder kleine Handwerksbetriebe. Wer glaubt, er wäre von der Digitalisierung nicht betroffen, hat im Grunde schon verloren. Es gibt keine Bestandsgarantien mehr; alles was zählt in der Welt von heute ist die Wettbewerbsfähigkeit. Die ­Digitalisierung ist der Todfeind der Mittelmäßigkeit. Denn genau dort wird man die Effizienzsteigerungen suchen, die die Welt von Grund auf verändern. Kein Modetrend Das Internet erreicht die industriel­le Welt, und das ist alles andere als ein

Modetrend. Wir müssen das alle miteinander verstehen, weil wir antizipativ verstehen müssen, was sich in unseren Märkten abspielt. Es reicht auch nicht, sich nur das eigene Unternehmen anzuschauen. Wir müssen auf die ganze Wertschöpfungskette blicken. Wer sagt denn, dass unsere Kunden in fünf Jahren noch am Markt sind. Das ist das Thema, was die Unternehmenswelt am meisten beschäftigen wird – die Veränderung der Wertschöpfungsketten. Deshalb machen wir auch so viel in unserem Unternehmen, eine Art ständige Zellteilung, und deshalb hat Siemens in den letzten drei Jahren die besten ­Ergebnisse in seiner Unternehmensgeschichte erzielt. Irgendwas müssen wir also ­ richtig machen. Auch bei Innovationen und Patentanmeldungen sind wir die Nummer 1 in Europa. Weil die Innovation die Lebensader der deutschen Wirtschaft ist. Deutschland hat etwas, worum uns die ganze Welt beneidet. Wir haben eine unüber­ ­ troffene Innovationskraft und eine einzigartige Wirtschaftsstruktur. Das macht uns gemeinsam im Grunde l ­unschlagbar! Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

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Foto: SAP AG - Reto Klar

AKTUELL Neuer Aufbruch für Deutschland und Europa


AKTUELL Gesundheitssystem

Kassenwettbewerb als Innovationstreiber: aber bitte fair

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Wettbewerbs: Während die Allgemeinen Ortskrankenkassen deutlich mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds erhalten als zur Versorgung ihrer Versicherten notwendig ist, sind andere Kassenarten „unterdeckt“. Mit dem Entwurf des „Faire-Kassenwahl-Gesetzes“ hat sich der Bundesgesundheitsminister zum Ziel gesetzt, hier für faire Ausgangsbedingungen aller Teilnehmer zu sorgen. Dazu gehören neben einheitlichen Regeln, die Manipulationen verhindern sollen und dem Ausgleich regionaler Kostenunterschiede, auch eine einheitliche Aufsicht. Bislang stehen nur Kassen, die in mehr als drei Bundesländern geöffnet sind, unter Aufsicht des Bundesversicherungsamtes (BVA). Die übrigen Kassen verantworten sich vor den Behörden der Länder. Diese, die Grundprinzipien eines fairen Wettbewerbs außer Kraft setzenden Rahmenbedingungen, möchte Minister Spahn korrigieren. Dagegen protestieren lautstark die Allgemeinen Ortskrankenkassen, die ganz offen den Erhalt dieser Diversität in der Aufsicht fordern. Der Zuspruch für diese Sichtweise auf Länderebene ist erschreckend groß. Dem zu folgen, würde jedoch

Dr. Jens Baas Vorstandsvorsitzender Techniker Krankenkasse Foto: TK

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ie Lahnsteiner Beschlüsse von 1992 ermöglichten eine freie Kassenwahl für GKV-Versicherte und legten den Grundstein für den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Davon hat die Versorgung in Deutschland klar profitiert. Der seitdem bestehende Druck, dass die Kassen sich um die Gunst ­ ihrer Versicherten bemühen müssen, ist ein wesentlicher Antrieb für Innovationen im Service- und Leistungsangebot. Die Ergebnisse von über zwanzig Jahren Wettbewerb sind vielfältig und reichen von speziellen Behandlungsangeboten für Menschen mit chronischen Erkrankungen über Wahltarife und dem Einsatz von Telemedizin in strukturschwachen ­ Gebieten bis hin zur elektronischen Gesundheitsakte. Derzeit erleben wir jedoch eine Debatte, in der – zumindest von einzelnen Akteuren – gerade dieser Wettbewerb um die beste Versorgung infrage gestellt wird. Stattdessen wird eine regionale Monopolisierung gelobt, die angeblich der einzige Weg zu guter Versorgung sei. Diese Argumentation geht an der Realität völlig vorbei. Denn einerseits erleben wir seit Jahren massive Verzerrungen des

Foto: Fotolia.com ©fiedels

Der Grundsatz „Konkurrenz belebt das Geschäft“ gilt auch für den Wettbewerb zwischen den Gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Die über 70 Millionen gesetzlich Versicherten profitieren so von Innovationen und Ideen. Leider gerät dieser Aspekt in der Debatte um das Faire-Kassenwahl-Gesetz (GKV-FKG) aus dem Fokus.

„Das ,Faire-Kassenwahl-Gesetz‘ stellt den Wettbewerb auf eine faire Basis.“ bedeuten, eine große Chance zu vergeben: Nach über zehn Jahren systematischer und wachsender Schieflage im Kassenwettbewerb, wäre es nun möglich, mit dem „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ den Innovationsmotor Wettbewerb mit einer einheitlichen Aufsicht endlich auf eine faire Basis zu stellen. Diese Chance dürfen wir uns l nicht entgehen lassen.

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AKTUELL Gesundheitssystem

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it dem Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung, das Anfang Mai 2019 in Kraft getreten ist, wird die Gesundheitsversorgung in ganz Deutschland schneller, besser und digitaler. Kern ist der Ausbau der Terminservicestellen. Zudem wird die Versorgung insbesondere im ländlichen Raum etwa durch obligatorische regionale Zuschläge für Ärzte oder die Verpflichtung für Kassenärztliche Vereinigungen, bei Versorgungsengpässen eigene Praxen zu eröffnen oder Versorgungsalternativen anzubieten, verbessert. Das Leistungsspektrum wird ausgeweitet. Dies reicht von mehr Leistungen und besserer Versorgung bei Hilfsmitteln, Heilmitteln, Impfstoffen und Zahnersatz bis zur besseren Betreuung von Pflegebedürftigen

zu Hause. Und die Digitalisierung des Gesundheitswesens kommt einen wichtigen Schritt voran. Krankenkassen sind verpflichtet, bis spätestens 2021 ihren Versicherten elektronische Patientenakten anzubieten. Wer möchte, soll auch ohne den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte mit Smartphone oder Tablet auf medizinische Daten zugreifen können. In der Krankenhausversorgung werden mit dem am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals durch eine bessere Pflegepersonalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege nachhaltige Verbesserungen erreicht. Zudem wird der mit dem Krankenhausstrukturgesetz eingeführte Krankenhausstrukturfonds fortgeführt und stärker auf

die Förderung strukturverbessernder Maßnahmen ausgerichtet. Gefördert werden können jetzt etwa auch länder­ übergreifende Vorhaben, Vorhaben zur Bildung von Zentren mit besonderer medizinischer Kompetenz für seltene oder schwerwiegende Erkrankungen, von zentralisierten Notfallstrukturen und von Krankenhausverbünden, insbesondere in Form telemedizinischer Netzwerke. Krankenhäuser in dünn besiedelten Regionen werden ab nächstem Jahr mit zusätzlich 400.000 Euro pro Klinik gefördert. Etwa 120 Krankenhäuser im ländlichen Raum erhalten so wirksame und unbürokratische Hilfestellung bei der Sicherung der Versorgung. Auch dies geht auf Regelungen des Pflegepersonalstärkungsgesetzes zurück.

Das Gesundheitsministerium unter Bundesminister Jens Spahn arbeitet mit vielfältigen Reformen daran, die Weichen für ein Gesundheitssystem zu stellen, das ­patientenfreundlich, ­qualitätsorientiert, effizient und ­zeitgemäß ist sowie eine gut erreichbare, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in ganz Deutschland sicherstellt – auch in ländlichen und strukturschwachen Regionen.

Mit Reformen die Weichen auf Effizienz und Qualität stellen 32

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AKTUELL Gesundheitssystem

Telekonsilen auch über Sektorengrenzen hinweg. Wichtig ist auch: Mit dem DVG wird der Innovationsfonds mit 200 Millionen Euro jährlich bis zum Jahr 2024 fortgeführt und weiterentwickelt. Darüber hinaus wird ein Verfahren zur Überführung erfolgreicher Ansätze aus Projekten des Innovationsfonds in die Regelversorgung geschaffen. Etwa 300 Projekte werden bisher aus dem Innovationsfonds gefördert. In fast 70 Prozent der geförderten neuen Versorgungsformen werden innovative Ansätze mit Einsatz digitaler und technologischer Komponenten erprobt, die durch neue Formen der Zusammenarbeit die Herausforderungen einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und wohnortnahen Gesundheitsversorgung aufgreifen

setz soll Anfang 2020 in Kraft treten. Weitere Reformen sind in Vorbereitung. Hierzu gehört eine Reform der Notfallversorgung, damit die Patienten rasch und zielgenau die Versorgung erhalten, die sie benötigen. Gemeinsame Notfallleitstellen der Länder, der Kommunen und der Kassenärztlichen Vereinigungen, integrierte Notfallzentren an Krankenhäusern und die Etablierung des Rettungswesens als eigenständiger Leistungsbereich im Fünften Buch S­ozialgesetzbuch sind die wesentlichen Stellschrauben, die

Dr. Thomas Gebhart MdB Parlamentarischer Staats­ sekretär beim Bundesminister für Gesundheit Foto: BMG

Mehr Unterstützung bei ihrer wichtigen Funktion für eine flächen­ deckende und qualifizierte Arzneimittelversorgung der Bevölkerung werden künftig auch Apotheken erhalten. Für zusätzliche Dienstleistungen und Notdienste sollen sie mehr Geld bekommen. Dies sehen der Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken und die Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung vor, die vom Kabinett beschlossen wurden und Anfang 2020 in Kraft treten sollen. In der Digitalisierung und in innovativen Versorgungsstrukturen liegen große Chancen für eine bessere Gesundheitsversorgung in Deutschland. Durch das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und In-

Foto: Fotolia.com ©Gorodenkoff

„Die Überwindung der Sektoren­grenzen wird ein wesentliches Thema sein, dem sich die ­Gesundheitspolitik widmen muss.“

novation (DVG) wird hier ein weiterer wichtiger Schritt gemacht. Stichworte sind Apps auf Rezept, interessante Angebote zu Online-Sprechpunkten und Ausweitung der Möglichkeiten von

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– auch mit Blick auf die ländlichen und strukturschwachen Gebiete. Der Gesetzentwurf zum DVG ist vom Kabinett beschlossen und wird nun parlamentarisch beraten. Auch dieses Ge-

wir derzeit intensiv insbesondere mit den Ländern erörtern. Denn dies ist eine Reform, die an der Wurzel ansetzt und daher möglicherweise sogar eine Grundgesetzänderung nötig macht. Ein erster Arbeitsentwurf eines Gesetzes ist erarbeitet und wird nun zu einem Referentenentwurf weiterentwickelt. Insgesamt wird die Überwindung der Sektorengrenzen ein wesentliches Thema sein, dem sich die Gesundheitspolitik weiterhin widmen muss und wird. Die auf Grund des Koalitionsvertrages eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll zu diesem wichtigen Vorhaben bis 2020 Vorschläge vorlegen. Denn auch hier liegt ein wichtiger Schlüssel dazu, das Gesundheitssystem patientenfreundlich, qualitätsorientiert, effizient und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Ich bin überzeugt, dass uns dies in gemeinsamer Anstrengung aller Akteure im Gesundheitswesen gelingen wird. l

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AKTUELL Gesundheitssystem

Bessere­ Koordination durch sektorenübergreifende Versorgung V ersorgungsbrüche beim Sektorenübergang sind insbesondere bei multimorbiden Patienten in höherem Alter und mit chronischen Erkrankungen keine Seltenheit. Die mangelnde Koordination und Kooperation an ­ den jeweiligen Schnittstellen zwischen den weitgehend abgeschotteten Sektoren ist dabei nicht in erster Linie auf Unwillen der Behandler zurückzuführen, sondern hat sich über Jahr­ zehnte in Deutschland durch eine immer detailliertere Regulierung der Einzelsektoren entwickelt. Zwar wurde in den letzten Jahren das Entlas­ sungsmanagement in den ­Krankenhäusern – nicht zuletzt aufgrund gesetzlicher Vorgaben – verbessert, strukturell hat sich aber an der Bedeutung der Sektorengrenzen und den damit verbundenen nega­ tiven

Prof. Dr. Wolfgang Greiner

Foto: privat

Gesundheitsökonom Universität Bielefeld und Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen

Schon Regierungserklärungen der 70er Jahre wiesen auf die Sektorenabschottung im deutschen Gesundheits­wesen hin. Die unsichtbaren Mauern zwischen ambulanter und statio­närer Behandlung, zwischen Prävention, Pflege und Reha­bilitation führen zu hoher Ineffizienz im System mit vermeidbaren Kosten und Verlusten bei der Behandlungsqualität.

möglichen Folgen für die Behandlungsqualität wenig verändert. Ein funktionierender Wettbewerb wäre eine wichtige Voraussetzung für die Behebung von Schnittstellenproblemen. Erwartbare Wirkungen eines funktionierenden Schnittstellenmanagements, wie beispielsweise geringere Wiedereinweisungsraten, eine erhöhte Patientenzufriedenheit sowie versorgungsprozessübergreifende Einsparungen, würden denjenigen Anbietergruppen zukommen, die ihre Schnittstellen bestmöglich aufeinander abgestimmt haben. Gleichzeitig bestehen hier auch Möglichkeiten für einen qualitätsorientierten Wettbewerb unter den Krankenkassen,

„Ein funktionierender Wettbewerb wäre eine wichtige ­Voraussetzung für die Behebung von Schnittstellen­problemen.“

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die durch spezielle Verträge mit Leistungserbringern mit einem gut ­ funktionierenden Entlassungsmanagement attraktiv für Versicherte sein können. Hinzu kommt, dass der medizinische Fortschritt zunehmend mehr ambulante Eingriffe ermöglicht. Dieser globale Trend zur Ambulantisierung kann die Qualität und Effizienz der Versorgung verbessern helfen und dürfte in der Regel auch den Prä­ ferenzen der Patienten entsprechen. Ein funktionsfähiger Qualitäts- und Preiswettbewerb an der Schnittstelle ambulant/stationär zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern setzt allerdings gleiche Rahmenbedingungen voraus. Dazu gehören insbesondere eine Vereinheitlichung der Qualitätsanforderungen, der Vergütung und spezieller, sektorenspezifischer Regulierungen,

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Foto: Deutscher Bundestag - Marc-Steffen Unger

AKTUELL Gesundheitssystem

wie etwa Mindestmengen, Mengenbegrenzungen oder gesperrte Bereiche im Rahmen einer Bedarfsplanung. Im Gesetz sind heute schon eine ganze Reihe von Möglichkeiten vorgesehen, mit denen die Kooperation zwischen den Sektoren verbessert werden kann, beispielsweise in bestimmten Situationen die Öffnung von Krankenhäusern für ambulante Behandlungen, Praxisnetze und Medizinische Versorgungszentren, in denen Krankenhausärzte auch ambulant tätig sein können. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus dem Jahr 2018 ist vorgesehen, diese vorhandenen Möglichkeiten noch auszuweiten.

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Dazu ist eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gebildet worden, die bis 2020 Vorschläge machen soll, wie Bedarfsplanung, Zulassung, Honorierung, Kodierung, Dokumentation, Kooperation der Gesundheitsberufe und Qualitätssicherung weiterentwickelt werden könnten. Die bislang bekannt gewordenen Eckpunkte lassen vermuten, dass, ähnlich wie vom Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinem Gutachten aus dem Jahr 2018 vorgeschlagen, ein gemeinsamer fachärztlicher Versorgungsbereich geschaffen werden könnte, der mit einheitlichen Vorgaben organisiert

wird und dazu beiträgt, dass Patienten zukünftig dort behandelt werden, wo dies qualitativ und wirtschaftlich am sinnvollsten ist. Die Verhandlungen über Rahmenbedingungen für einen solchen gemeinsamen Bereich werden aber sicher nicht einfach sein, denn zahlreiche wichtige Akteure werden dabei mitverhandeln, darunter die Länder, die Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Hier besteht großes Potential, die Verhandlungen zu verzögern, wenn bei einzelnen Beteiligten der Eindruck entsteht, die neue Ordnung könnte auch zu ökonomischen Verlierern gegenüber dem Status-Quo führen. Wie erfolgreich eine solche Verzögerungsstrategie sein kann, zeigt das Beispiel der elektronischen Gesundheitskarte, deren Einführung ebenfalls im Widerstreit der Interessen im Gesundheitswesen über Jahre ausgebremst worden ist. Die Politik hat darauf mit verstärkten Vorgaben an die Selbstverwaltung nebst Drohung mit Ersatzvornahmen oder Honorarkürzungen reagiert. Vieles spricht dafür, dass dies auch bei dem neuen sektorenübergreifenden fachärztlichen Bereich kaum vermeidbar sein wird. Dabei sollte die Politik nicht über das Ziel hinausschießen: Rahmenvorgaben müssen umgesetzt werden, Detailregelungen gehören aber in die Hände der regionalen Verhandlungspartner, damit Akzeptanz und Umsetzbarkeit gegeben sind. Das ist ein schwieriger Balanceakt für die Gesundheitspolitik, von der erwartet wird, dass sie einer effektiveren sektorenübergreifenden Versorgung endlich zum Durchbruch verhilft, aber andererseits nicht überreguliert. Ob dies gelingt, ist derzeit noch offen, die Chancen waren aber lange nicht so groß wie derzeit, weil bei fast allen Akteuren die Einsicht gewachsen ist, dass die bisherige Politik mit kleineren punktuellen Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat. Es ist zu wünschen, dass das derzeitige Momentum genutzt werden kann, das Gesundheitssystem nachhaltig zu einer besseren Kooperation zwischen l den Sektoren umzugestalten.

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AKTUELL Gesundheitssystem

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nser ganzer Stolz steht in Freiburg im Breisgau: eines der modernsten, vielleicht das modernste Werk der Welt zur Entwicklung und Herstellung von festen Arzneimitteln. Hier werden nicht nur die neuesten Errungenschaften im Kampf gegen den Krebs oder gegen Infektionen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen herge­ stellt, sondern auch viele bewährte Medikamente, die aus der heutigen Versorgung von Patienten nicht mehr wegzudenken sind. Ein paar Zahlen zur Illustration: 1.200 Mitarbeiter, 5 Milliarden Tabletten und Kapseln,

gute Position im internationalen Wettbewerb weiter ausbauen. Deutschland und der Wettbewerb Die Wettbewerber für unser Werk in Freiburg, sowohl innerhalb unseres Unternehmens wie auch außerhalb, haben ihren Sitz in Indien, China oder in Ländern mit niedrigen Steuersätzen wie Irland. Im Ringen um Investitionen und Aufträge hat Deutschland erhebliche Nachteile bei den Kosten. Diese Nachteile konnten wir bislang durch Innovation, Innovation, Innovation kompensieren. In unserem Werk in Freiburg entsteht aus Wissen

Medizin ist eine nationale Schlüsselkompetenz Die Politik muss handeln um diese in Deutschland zu sichern. 260 Millionen Arzneimittel­packungen für weltweit über 150 Länder. HighTech aus Baden für die Welt. Tradition und Zukunft in Freiburg vereint Das Arzneimittelwerk wurde in den 1960er Jahren von Gödecke und Co. aufgebaut, die seit Ende der 20er Jahre zur amerikanischen William W. Warner Company, später Warner-Lambert, gehörten. Seit der Fusion von Pfizer mit der Warner-Lambert-Gruppe im Jahr 2000 gehört der Standort zu Pfizer. Auf ihn setzen wir auch in Zukunft – das zeigen die rund 190 Millionen Euro, die wir seit 2015 in das Werk investieren und damit seine

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Wertschöpfung. Daran beteiligt ist ein Netzwerk aus lokalen und internationalen Maschinenbauern, Ingenieuren, Forschern und engagierten, talentierten Mitarbeitern, die es schaffen, die Automatisierung, Digitalisierung und Effizienz immer weiter zu steigern. Das ist allerdings kein Selbstläufer. Rahmenbedingungen müssen passen Wenn in Deutschland weiterhin solche Leuchttürme der Wirtschaft Bestand haben sollen, dann dürfen sich Rahmenbedingungen nicht verschlechtern. Zu diesen zählen nicht nur Steuern und Lohnkosten, sondern auch Energiekosten, die Verfügbarkeit von Fachkräften auf dem Arbeits-

markt und auch das Markt- und Forschungsumfeld. Ein paar Anmerkungen zu den beiden letzten Aspekten: Wenn wir auf die neuesten ­Entwicklungen in der Medizin schauen, fällt auf, dass Deutschland und Europa nur noch eine nachgelagerte Rolle spielen. Betrachten wir beispielsweise die Forschung zu innova­tiven Krebsimmuntherapien mit CAR-T­ Zellen, zählt eine Übersichtsarbeit im Feld der Gentherapien 97 Studien in den USA, 66 Studien in China und drei Studien in Deutschland. Es wird deutlich, dass Deutschland zwar Spitzenforschung im Land hat, verglichen mit der Dichte und der Wertschöpfung in den USA und China bei kom-

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AKTUELL Gesundheitssystem

plexen Innovationen wie der CAR-TZelltherapie ­ allerdings nicht mehr mithalten kann. Hinsichtlich des Marktes für ­moderne Arzneimittel ist insbesondere zu beklagen, dass das so genannte AMNOG-Verfahren, jener Prozess der in Deutschland letztlich zu Erstattungspreisen führt, für forschende Unternehmen nicht nur äußerst komplex, teuer und aufwändig, sondern auch unzuverlässig und unwägbar geworden ist. Methodisch und zwischen den Polen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits­ wesen und dem Gemeinsamen Bundesausschuss festgefahren, ist dieser Prozess immer weniger in der Lage, dem dynamischen Forschungsgeschehen und den Fortschritten in der Medizin gerecht zu werden. Auffallend von vergleichbaren Ländern abweichende Bewertungen und Niedrigpreise sind nicht geeignet, Deutschland international als verlässlichen Investitions­ standort für Forschung, Entwicklung

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und Vertrieb von Arzneimitteln zu empfehlen. Dringend sollte Deutschland daher sein ­ Forschungsumfeld weiter stärken. Und dringend sollte das AMNOG-Verfahren überprüft werden, dahingehend, ob es seine ­Ziele erfüllt oder ihnen eher schadet. Ökonomie und Ökologie Stolz sind wir auf unser Werk in Freiburg noch aus einem anderen Grund. Die Kollegen vor Ort haben ihre Expertise nicht allein dafür genutzt, Effizienz zu steigern. Sie haben das Werk auch mit über 200 Maßnahmen zu einem Ort umgebaut, an dem Ökonomie und Ökologie in einer Win-Win-­ Situation zusammenkommen. Zum Beispiel hat Pfizer in Freiburg Europas größten Holzpellet-Heizkessel gebaut, nutzt Solarenergie zur Aufbereitung von Prozessluft und hat eine Geothermie-Anlage errichtet. So kann unter anderem die am Standort benötigte Energie zu über 90 Prozent aus nachhaltigen Quellen erzeugt werden. l

zählt weltweit zu den modernsten Produktionsstätten der pharmazeutischen Industrie und zu den am stärksten automatisierten Fabriken. Es ist das größte A ­ bpackwerk fester Arzneiformen von Pfizer. Bis voraussichtlich 2020 entsteht derzeit am Standort eine neue Fertigungsanlage für feste, hochwirksame ­ Arzneimittel. Jährlich können dann bis zu sieben Milliarden Tabletten unter höchsten Qualitätsstandards produziert werden. Als „Grünes Werk“ steht der Standort Freiburg gleichzeitig für Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Pfizer setzt hier seit Jahren konsequent ein nachhaltiges Energiekonzept um. Mit dem Werk ist Pfizer als Vertreter der industriellen Gesundheitswirtschaft der größte privatwirtschaftliche Arbeitgeber in Freiburg. Im Jahr 2019 wurde der Standort erneut mit der Auszeichnung „Jobmotor“ von der Badischen Zeitung, den Industrie- und Handelskammern Freiburg, Schopfheim und Villingen-Schwenningen, der Handwerkskam­ mer Freiburg und dem Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden gewürdigt. 2017 wurde der Standort als einer der „100 Betriebe für Ressourceneffizienz“ ausgezeichnet und ist ebenso einer der „100 Orte Allianz 4.0“ auf Landes- und Bundesebene.

Martin Fensch ist seit 2012 Mitglied der Ge­schäftsführung der Pfizer Deutschland GmbH und der Pfizer Pharma GmbH. Er verantwortet die Be­ reiche Communications, ­ Policy Affairs und Corporate Social Responsi­bility (CSR) bei ­P ­fizer in Deutschland sowie ein ­Produkt-Portfolio aus dem Bereich Internal M ­ edicine. Sowohl als Mitglied der Atlantik-Brücke als auch der American Chamber of Commerce in Deutschland setzt sich Martin Fensch für die Förderung der liberalen transatlantischen Beziehungen in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien ein. Er ist zudem Beiratsmitglied der Partner für Berlin Holding und Mitglied im ­Kuratorium der Überleben – S ­ tiftung für Folter­ opfer.

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Foto: Pfizer

Foto: Pfizer

Das Pfizer-Werk in Freiburg


AKTUELL Gesundheitssystem

Foto: Fotolia.com ©Gina Sander

Diagnose und Therapieplan

1. M onistische Finanzierung gegen Investitionsstau Bundesländer und Krankenkassen liegen bei der Krankenhausfinanzierung im Clinch. Einig sind sie sich darin, dass es einen Investitionsstau von bis zu mindestens 50 Milliarden Euro gibt. Deshalb plädiere ich für eine monistische Klinikfinanzierung durch die Krankenkassen. Der politische Widerstand dagegen seitens der Länder kann nachlassen, wenn auch folgende Maßnahmen greifen: 2. Pro-Einwohner-Finanzierung Unter anderem der hohe Verwal­ tungsaufwand durch das Fallpau­ schalen­System bringt insbeson­dere

Michael Burkhart

Foto: PwC

Leiter des Bereichs ­Gesundheitswirtschaft PwC Germany

„Aus 16 Studien mit 15.000 Befragten wissen wir: Unser Gesundheitswesen gilt den Menschen als eines der besten der Welt.“

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Unser Gesundheitswesen kränkelt. Es braucht Reformen, weil eine abnehmende Behandlungsund Versorgungs­qualität absehbar ist. Was vielen Reformvorschlägen fehlt, sind konkrete Therapie­ ideen. PwC hat fünf Vorschläge entwickelt.

kleinere Kliniken in wirtschaftliche Probleme. Bei einer Pro-Einwohner-Finanzierung wäre eine Klinik für Patienten in einem Umkreis von beispielsweise 30 Kilo­metern zuständig. Für deren Behandlung erhielte sie einen Festbetrag pro Einwohner. Prävention würde belohnt. Denn: Je weniger Menschen eine Klinik ­behandeln muss, desto profitabler ist sie. Und ließen sich ­Patienten außerhalb ihres „Heimatkrankenhauses“ behandeln, würde sie eine „Strafgebühr“ an die „heimische“ Klinik zahlen. So bestünde für jede Klinik der Anreiz, in ihrem Umkreis die beste zu sein. Uni-Kliniken und akademische Lehrkrankenhäuser sollten von der (monistischen) Finanzierung ausgenommen werden, um Forschung und Lehre nicht einzuschränken. 3. Systemrelevant oder marktwirtschaftlich? Systemrelevant sind Kliniken, die notwendige Leistungen erbringen ­ und in ihrem Zuständigkeitsradius keine Wettbewerber haben. Für solche ­ wären Verlustausgleiche durch den Träger erlaubt, aber – trotz monistischer Finanzierung – nur mit ­Zustimmung ihres Bundeslandes. Alle anderen Einrichtungen wären marktwirtschaftlich, ihre Verluste dürften nicht mit öffentlichem Geld ausge­

glichen werden. Dies würde vor allem Großstädte und Ballungszentren mit hoher Klinikdichte treffen, ohne dass die Versorgung eingeschränkt würde. 4. Anreize für Landärzte Eine „Landarztquote“ halten 90 Prozent der von uns Befragten für geeignet, um die Versorgung in ländlichen Regionen zu verbessern. Doch vielen Medizinern ist eine Praxis dort wirtschaftlich zu riskant. Abhilfe können Ärztezentren schaffen, in denen sich mehrere Ärzte die Risiken teilen. Gründungen ließen sich zum Beispiel finanziell fördern. 5. IT für sichere Arzneimittel und mehr Last but not least – an dieser Stelle plädiere ich für mehr moderne IT-­ ­ Lösungen. Zum Beispiel gehen drei bis fünf Prozent aller Todesfälle auf Neben- oder Wechselwirkungen von Medikamenten zurück. Zehn bis 15 Prozent davon gelten als prinzipiell vermeidbar. Medikationsfehler lassen sich mit Technologie um mehr als 80 Prozent verringern. Als Gesamtpaket umgesetzt, könnten diese und weitere Vorschläge klare Qualitäts- und Kostenvorteile bringen und dem schleichenden Qualitäts­ verlust im Gesundheitswesen entgel genwirken.

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Foto: Jens Schicke

AKTUELL Gesundheitssystem

Kein Markt wie jeder andere B

Innovationspotentiale über Wettbewerbsanreize heben.

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wettbewerbliche Instrumente den jeweiligen Themen gar nicht angemessen sind? Für das Gesundheitswesen fehlt diese umfassende und systematische Beleuchtung der einzelnen Bereiche, was zur Folge hat, dass wir Gesundheitsversorgung immer wieder mit Wettbewerbsmechanismen zu gestalten versuchen, die für das Themenfeld Gesundheit nicht angemessen sind. ­ Ein Mengenwettbewerb beispielsweise, der für die Konsumwirtschaft passend erscheint, führt in der „Gesundheitswirtschaft“ zu Überversorgung und Mengenausweitung, wie wir sie gegenwärtig in der Hüft- und Knieendoprothetik erleben müssen. Ein reiner Preiswettbewerb, der beim Verkauf von Produkten erfolgreich sein kann, führt bei Krankenkassen keineswegs zu richtigen, der Patientenversorgung angemessenen Entscheidungen sondern zu einer „Billigstrategie“, an deren Ende taktische Überlegungen zur erfolgreichen Leistungsverweigerung stehen mögen. Nach wie vor unerledigte Aufgabe der Gesundheitspolitik ist also die Formulierung einer spezifisch gesundheitswirtschaftlichen Wettbewerbsordnung und die Ausrichtung

der politischen Rahmensetzung an den hier als adäquat erkannten Wettbewerbsparametern und Wettbewerbsfeldern. Der Dialog hierzu steckt auch nach 20 Jahren wettbewerblicher Erneuerungsversuche im deutschen Gesundheitssystem noch in den Kinderschuhen. Dr. Albrecht Kloepfer Publizist, Gründer und Leiter des iX-Instituts für Gesundheitssystem-Entwicklung

Foto: privat

undesgesundheitsminister Jens Spahn hat mehrfach gezeigt, dass er das Innovationspotential unseres Gesundheitssystems durch die Gemeinsame Selbstverwaltung – vor allem den Gemeinsamen Bundesausschuss und seine Trägerorganisationen – für gering erachtet. Ausdruck dieser Einschätzung ist beispielsweise die Übernahme der politischen Verantwortung für die Prozesse der Gematik. Wenig Beachtung finden derzeit dagegen die Innovationspotentiale des Systems über Wettbewerbsanreize. Das mag auch damit zusammenhängen, dass jenseits der akademischen Forschung über richtige und falsche wettbewerbliche Anreizmechanismen im Gesundheitswesen kaum systematisch nachgedacht wurde, um daraus die richtigen politischen Schlüsse für eine funktionierende Wettbewerbs­ ordnung im Gesundheitswesen zu ziehen. Klar ist nämlich, wenn auch vielleicht erst auf den zweiten Blick, dass dem Begriff des Wettbewerbs in verschiedenen Feldern ganz unterschiedliche Wettbewerbsparameter zugrunde liegen müssen: Ist der Preis das angemessene Kriterium? Ist es die Qualität? Gibt es Bereiche, in denen

„Das Gesundheitssystem braucht eine spezifische Wettbewerbsordnung.“ Eine Plattform wie die iX-Media bietet sich hier zum Austausch um die besten Lösungen an. So wurde beispielsweise das Thema um den richtigen Kassenwettbewerb in einer Folge der Zeitschrift iX-Forum zusammengefasst, die sich unter www.ix-media. de/forum findet. Eine Podiumsdiskussion zum gleichen Thema zeigt ein Video der Reihe iX-Spotlight unter l www.ix-media.de/spotlight.

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WIRTSCHAFTSRAT Impressionen

Wirtschaftstag 2019:

Neuer Aufbruch für Deuts

Brücke zwischen Wirtschaft und Politik

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ie Welt steckt in einer Zeitenwende: Technologische Umbrüche, die Neuordnung jahrzehntelang bewährter Ordnungssysteme ­sowie internationaler Machtgefüge und Organisationen – selten zuvor war die Politik in Friedenszeiten so herausgefordert wie heute. Deutschland kann sich keinen Stillstand leisten. Gerade in Zeiten einer konjunkturellen Schwächephase müssen Wirtschaft und Politik mit Weitblick verlässliche Rahmenbedingungen gestalten. Vor diesem Hintergrund und den politischen Turbulenzen in der Großen Koalition kam dem Wirtschaftstag 2019 eine besondere Signalwirkung zu. Mehr als 4.000 Gäste, darunter die Bundesminister Peter Altmaier MdB, Jens Spahn MdB, Andreas Scheuer MdB, EU-Kommissar G ­ ünther Oettinger, der Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble, die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und der EVP-Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament, Manfred Weber, diskutierten in Berlin über Herausforderungen und Lösungsansätze für die Zukunft. Fazit: Deutschland muss die großen Herausforderungen jetzt entschlossen anpacken, will es auch in Zukunft seinen ­Wohlstand sichern. Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates, eröffnete den Wirtschaftstag mit mahnenden Worten: „Deutschland darf sich nach Jahren des Wohlstands nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.“ Politik und Unternehmer müssten sich engagiert für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes einsetzen. Bereits Ludwig Erhard habe darauf hingewiesen, dass Wohlstand schwerer zu erhalten als zu erlangen sei. „Europa l muss wieder mit einer Stimme sprechen und eine regelgebundene Politik verfolgen“, forderte Hamker.

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WIRTSCHAFTSRAT Impressionen

Fotos: Hans-Christian Plambeck, Jens Schicke

schland und Europa

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WIRTSCHAFTSRAT Bundesdelegiertenversammlung

„ Unternehmer leben nic Nach vier Jahren im Amt des Präsidenten des Wirtschaftsrates verabschiedete sich Familien­ unter­nehmer Werner Michael Bahlsen auf der diesjährigen Bundesdelegiertenversammlung und reichte den Staffelstab weiter an seine von den Mitgliedern gewählte Nachfolgerin, die aus einem Familien­­unternehmen stammende Unternehmerin Astrid Hamker.

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er Geist ist wie ein Fallschirm. Um zu funktionieren, muss er offen sein.“ Mit diesen Worten habe ich meine Antrittsrede vor vier Jahren eingeleitet, sagte Werner Michael Bahlsen. Offenheit für Neues hat mich überhaupt erst auf diese Bühne gebracht. Und ich denke, Offenheit für Neues ist heute wichtiger als je zuvor. Der Satiriker Nico Semsrott, der für „Die Partei“ bei der Europawahl ins Europäische Parlament gewählt wurde, hat den bemerkenswerten Satz gesagt: „Eine überalternde Gesellschaft ist blind für die Bedürfnisse der Jugend.“ Wir erleben Zeiten, in denen sich die Jugend nicht einfach mit den Parolen zufrieden gibt, die in der Politik und zum Teil auch in der Wirtschaft ausgerufen werden, betonte der Familienunternehmer. Es zeigt sich, dass die Jugend sich von den etablierten Parteien nicht mehr richtig vertreten fühlt. Wenn Sie dann sehen, wie unbeholfen die Politik, gerade die CDU, auf das Rezo-Video reagiert, zeigt sich, dass es eine gewaltige Diskrepanz gibt zwischen dem, was die Jugend bewegt und dem, was die etablierten Parteien anzubieten haben. Engagierte Jugend Es ist großartig, dass sich unsere Jugend engagiert, sagte Werner M. Bahlsen. Und die Worte, die Jugend sei unpolitisch, sind vollkommen falsch. Die Jugend ist sehr politisch, aber sie ist anders politisch als wir das vielleicht kennen. Meine Generation darf nicht arrogant darüber urteilen. Wir müssen diejenigen sein, die nicht an althergebrachten Strukturen festhal-

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ten, sondern wir müssen die sein, die auch über Neues nachdenken. Übertragen auf die Politik heißt das, dass wir gemeinsam mit der Jugend über die Zukunft reden müssen, unterstrich Werner M. Bahlsen. Wir brauchen eine Zukunftsagenda. Die kann nicht die ältere Generation alleine machen, sondern nur zusammen mit der Jugend. Auch das hat unser Gründervater Ludwig Erhard vorgedacht. „Wir dürfen nicht um der Gunst des Augenblicks willen das Glück und die Zukunft derer, die nach uns kommen, aufs Spiel setzen.“

Allzu oft ist in Politik wie Gesellschaft zu erleben, dass Menschen, die Verantwortung tragen, unter dem Deckmantel pragmatischer Entscheidungen ihre Meinung anpassen, ja sogar verleugnen. Ich wünsche mir mehr klare und standhafte Aussagen. Doch stattdessen erlebe ich zu viele halb­ herzige und vorauseilende Kompromisse, bevor die eigenen Standpunkte überhaupt geklärt sind. Hier stehe ich, ich kann nicht anders: Das ist mutig, das ist nicht immer bequem, aber das ist wahrhaftig und kann uns weiterbringen.

Stimme der Wirtschaft Es zeigt sich, dass die Stimme der Wirtschaft wichtig ist und wir uns als Wirtschaftsrat deutlich ausdrücken müssen, verabschiedete sich Werner M. Bahlsen. Für mich ist es nun Zeit, Danke zu sagen. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, mit der Überzeugung zur Sozialen Marktwirtschaft ein Amt zu übernehmen, das mir angetragen wurde. Und es hat Spaß gemacht. Auch wenn es nicht immer einfach war. Man kriegt auch eine Menge Gegenwind ab, und wird manchmal in der Politik in die Mangel genommen. Aber das gehört dazu. Nun übergebe ich das Amt an Astrid Hamker! „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“. Mit diesem denkwürdigen Satz hatte Luther einst zu seinen Überzeugungen gestanden, eröffnete Astrid Hamker ihre Antrittsrede vor den Delegierten des Wirtschaftsrates. Ich muss zugeben, diese Standfestigkeit beeindruckt mich. In vielen Bereichen unseres Lebens scheint solche Prinzipientreue nicht mehr gefragt zu sein.

Aus tiefster Überzeugung für den Wirtschaftsrat Für mich ist heute ein ganz besonderer Tag, sagte Astrid Hamker. Es ist eine ganz besondere Ehre, für das erste Amt einer 12.000 Mitglieder starken und politisch bedeutsamen Unternehmervereinigung nominiert zu sein. Seit mehr als zwanzig Jahren engagiere ich mich aus tiefster Überzeugung im Wirtschaftsrat. Unternehmer leben nicht im luftleeren Raum, betont Astrid Hamker. Die uns umgebenden Rahmenbedingungen sind maßgeblich für unsere Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit, gerade in Zeiten des Umbruchs. Wir Unternehmer und Führungskräfte haben die Verantwortung und sind gefordert, unseren Beitrag zu leisten, damit die Weichen in die richtige Richtung gestellt werden. In eine Richtung, die dafür sorgt, unseren Wohlstand und den der nachfolgenden Generationen zu bewahren. Das vom Wirtschaftsrat verkörperte Wirtschafts- und Gesellschaftsmo-

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WIRTSCHAFTSRAT Bundesdelegiertenversammlung

Foto: Hans-Christian Plambeck

cht im luftleeren Raum“

dell der Sozialen Marktwirtschaft steht für Freiheit, Eigenverantwortung und fairen Wettbewerb, für ein gemeinsames Wertegefüge, unterstreicht die Unternehmerin. Das Alleinstellungsmerkmal unseres Wirtschaftsrates ist es, mit der unglaublichen Expertise der Fachkommissionen im Bund wie in den Ländern richtungsweisende Konzepte erarbeiten zu können. Der Wirtschaftsrat ist als Denkfabrik und Beratungsinstanz einmalig. Ich stehe hier, weil ich mich dafür einsetzen möchte, dass der ordnungspolitische Resonanzkörper in unserem Sinne der Sozialen Marktwirtschaft vergrößert

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wird. Und ich stehe hier, weil ich mich dafür einsetzen möchte, dass es weiter ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Großkonzernen und familiengeführten Unternehmen gibt. Ich stehe auch hier, weil ich mich dafür einsetzen möchte, dass unsere Leistungsträger wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken, unterstrich Astrid Hamker. Die Ausgestaltung der Sozialen Marktwirtschaft ist kompliziert. Werner Michael Bahlsen hat sich während der letzten vier Jahre tatkräftig für die Soziale Marktwirtschaft engagiert. Er ist ein herausragender Familien-

unternehmer und hat als ehrenamtlicher Präsident mit einem klaren marktwirtschaftlichen Kompass den Wirtschaftsrat geführt. Durch sein überzeugtes Handeln und sein g­ roßes persönliches Engagement hat er sich in ganz besonderer Weise um die Gestaltung der freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verdient gemacht. Im Wirtschaftsrat möchte ich künftig gemeinsam mit unseren Mitgliedern als Ihre Präsidentin unserem Land dienen – aktiv und mit klarer l Kante! Quelle: Auszug aus der Rede Wirtschaftstag 2019

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WIRTSCHAFTSRAT Bundesdelegiertenversammlung

Mit klarem Kompass für Europa streiten

„Die Grünen wollen den Bürger in die ideologisch richtige Richtung lenken.“

Foto: Jens Schicke

Gemeinsam für die Soziale Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard eintreten.

Wolfgang Steiger Generalsekretär Wirtschaftsrat der CDU e.V.

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as früher Goethe war, ist heute Ludwig Erhard: der Mann für alle Fälle. Sahra Wagenknecht beruft sich ebenso auf den Vater der Sozialen Marktwirtschaft wie Sigmar Gabriel. Merkwürdig nur, dass Erhards Lehren in der praktischen Politik ignoriert werden. Vor allem seine Forderung, der Staat dürfe nicht willkürlich ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen, geht unter. Führende Politiker begrüßen die Schaffung nationaler Champions, eine strategische Industriepolitik und das Küren von Finanzgiganten. Preiskontrollen in Form von Mindestlöhnen und Mietpreisbremsen werden eingeführt. Soziale Marktwirtschaft heißt aber vor allem Freiheit und Eigenverantwortung des Einzelnen. Von Freiheit und Eigenverantwortung wird je-

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doch kaum noch gesprochen. Soziale Sicherung und soziale Gerechtigkeit heißen die vielfach präferierten Vokabeln. Der Begriff der sozialen Gerechtigkeit markiert jedoch den Abschied von der liberalen Gesellschaft. An die Stelle von Freiheit und Verantwortung treten Gleichheit und Fürsorge. Doppeltes Trugbild Dabei führt ein doppeltes Trugbild die deutsche Politik in die Irre: Der nur scheinbar endlose Aufschwung wird als selbstverständlich angenommen. In Wahrheit gerät der Aufschwung ins Stocken. Die soziale Lage indes wird als düster und ungerecht empfunden. Tatsächlich geht es den Menschen besser als je zuvor. Beide Fehleinschätzungen verleiten die Politik zu falschen Schlussfolgerungen. Umso wichtiger ist darum eine starke Stimme, die ausruft: Nein, es ist wirtschaftlich nicht alles in Ordnung! Diese Stimme ist der Wirtschaftsrat. Wir brauchen klare Kurskorrekturen und tiefgreifende Strukturreformen. Aber die SPD hat aktuell nichts Besseres zu tun, als eine Sozialagenda vorzulegen, die nicht von dieser Welt ist. Damit macht sich die SPD selbst zum

Sozialfall. Stehen dann wenigstens die Grünen auf dem Boden der Sozialen Marktwirtschaft? Ich warne vor dieser falschen Illusion. Ihr Motto lautet: Mit Steuern das Verhalten steuern. Die Grünen wollen den unmündigen Bürger in die ideologisch vermeintlich richtige Richtung lenken. Damit kann das grüne Menschenbild kaum weiter von dem Ludwig Erhards entfernt sein. Erhard schafft Orientierung Denn der Vater der Sozialen Marktwirtschaft stellt Freiheit und Verantwortung der Bürger in den Fokus. Der Wirtschaftsrat schafft Orientierung durch Fakten. Gleichzeitig geben wir Orientierung durch einen klaren Kompass, die Soziale Marktwirtschaft. Mit dieser Zielrichtung setzt sich der Wirtschaftsrat für einen wirtschaftspolitischen Neustart ein – ganz besonders für eine Schärfung des ökonomischen Profils der Europäischen Union. Was kann es Schöneres und Wichtigeres geben als gemeinsam zu kämpfen – für ein starkes Deutschland in einem friedlichen, geeinten und ebenfalls l starken Europa. Quelle: Auszüge Rede Wirtschaftstag 2019

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WIRTSCHAFTSRAT Innenansicht

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NEUES AUS DEN KOMMISSIONEN 

INTERNATIONALER KREIS

ARBEITSMARKT UND ALTERSSICHERUNG

HANDEL, ERNÄHRUNG UND VERBRAUCHERSCHUTZ

Flexible Arbeitszeiten wünschenswert

Grundidee des Verpackungsgesetzes ist positiv

Unter dem Vorsitz von Hans Joachim Reinke hatte die Bundesfachkommission Arbeitsmarkt und Alterssicherung den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und früheren Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe eingeladen, um arbeitsmarktpolitische Herausforderungen im digitalen Zeitalter zu diskutieren. Wichtig ist wegen des Fachkräftemangels für viele Unternehmen die Integration von externen (IT-)Experten über agile Arbeitsmethoden. Deshalb fordert die Kommission einen rechtssicheren Rahmen zu schaffen, um die Abwanderung von Fachkräften ins Ausland zu verhindern. Um Arbeit 4.0 zu erleichtern, sei zudem eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten wünschenswert, betonte Hermann Gröhe.

Die Mitglieder der Bundesfachkommission Handel, Ernährung, Verbraucherschutz diskutierten unter dem Vorsitz von Gerd Chrzanowski mit Florian Pronold MdB, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie Dr. Regina Dube, Leiterin der Abteilung Wasserwirtschaft, Ressourcenschutz und Anpassung an den Klimawandel im BMU, über das Verpackungsgesetz der Bundesregierung sowie die neuen Vorschriften der EU-Kommission zum Thema Abfallvermeidung. Die Grundidee des Verpackungsgesetzes ist positiv zu bewerten: Es ist richtig, auf die privatwirtschaftlich organisierte Produktverantwortung und Wettbewerb zu setzen. Die Kommission bekräftigt daher, dass die Politik unbürokratische und effiziente Rahmenbedingungen schaffen muss, um die Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

Foto: U.S. Embassy Berlin

ternehmen stellten heraus, dass die Unsicherheiten eines chinesisch-amerikanischen Handelskriegs zum Nachteil aller seien. Die Vertreter des Wirtschaftsrates und der US-Botschaft vereinbarten, den fruchtbaren Dialog weiterzuführen und die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft gerade in diesen unruhigen Zeiten zu vertiefen.

Foto: Jens Schicke

Der amerikanische Assistant Secretary, Philip T. Reeker, lud eine kleine Runde international agierender Mitgliedsunternehmen des Wirtschaftsrats aus den unterschiedlichsten Branchen zum exklusiven Gespräch in die US-Botschaft. Reeker, hochrangigster Vertreter für Europa im State Department, betonte die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Freundschaft und des 75 Jahre währenden Friedens in Europa. Gleichzeitig hob er hervor, dass alle Partner des NATO-Bündnisses ihren frei eingegangenen Verpflichtungen nachkommen und zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren. Die Vertreter der deutschen Un-

INDUSTRIEBEIRAT

Mittelstandsstrategie gefragt Stellvertretend für alle Mitglieder des Industriebeirates im Wirtschaftsrat begrüßte Dr. Karsten Wildberger, Chief Operating Officer der E.ON SE, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier MdB zu einem Hintergrundgespräch. Thema war die Agenda des Gremiums für einen starken und innovativen Industriestandort Deutschland in Europa. Handelskonflikte und protektionistische Maßnahmen beeinträchtigten die Absatzchancen deutscher Unternehmen. Daher müsse die Rolle Europas gestärkt und die enge Zusammenarbeit mit Frankreich noch intensiviert werden, merkte der Bundesminister an. Zudem bedürfe es einer industriepolitischen Gesamtstrategie, die die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit in den Mittelpunkt rückt. Damit die Wertschöpfung rund um die Automobilindustrie zu halten ist, seien Fortschritte in der Elektromobilität unabdingbar.

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Der Industriebeirat unterstrich die Bedeutung einer Mittel­ standsstrategie, die zeitgleich mit der Industriestrategie auf denWeg gebracht werden sollte. Dazu forderten die Mitglieder neben dem Ausbau der Digitalen und der Verkehrs-Infrastruktur, ­Inves­titionen in Aus- und Weiterbildung, um den Fachkräftebedarf zu sichern ebenso wie schnellere und einfachere Genehmigungs­verfahren.

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Foto: Jens Schicke

Foto: Jens Schicke

Wiederholung geplant


WIRTSCHAFTSRAT Auszeichnung

Sektionen des Jahres Präsidium und Bundesvorstand zeichnen engagierte Sektionen aus.

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er Wirtschaftsrat hatte am Vortag des Wirtschaftstages in die ehrwürdige Parlamentarische Gesellschaft nach Berlin eingeladen, um besonders engagierte Sektionen auf Vorschlag der Landesverbände im Namen von Präsidium und Bundesvorstand zu ehren. Die nominierten Sektionen zeichneten sich durch die intensive Pflege unternehmerischer und politischer Netzwerke, die Planung spannender Veranstaltungen, herausragende Presseaktivitäten, gute Kampagnen oder den intensiven Dialog mit der regionalen Politik aus. Nicht teilgenommen haben die Landesverbände Brüssel, Hamburg und Saarland, da sie 2019 keine Sektionen hatten. „Der Kern des Wirtschaftsrates sind Sie“, begrüßte Präsident Werner M. Bahlsen die zu ehrenden Sektionsvorsitzenden. „Der Wirtschaftsrat ist bis in den letzten Winkel Deutschlands präsent und damit ganz dicht bei den Unternehmen. Genau diese Verbindung macht uns so stark. Dabei geben Sie dem Wirtschaftsrat ein Gesicht und wir freuen uns über Ihr Engagement und darüber, dass Sie dabei sind“, betonte Präsident Bahlsen. Dank seiner starken Aufstellung und seiner inhaltlichen Expertise könne der Wirtschaftsrat in der politischen Debatte auf zahlreiche Erfolge verweisen. Ob Schuldenbremse, Transparenz in der Altersvorsorge oder Entschärfung der Mietpreisbremse – der Wirtschaftsrat habe Themen auf die Agenda gesetzt, und die Mythen ideologischer Debatten zu Gunsten der Sozialen Marktwirtschaft aufgezeigt. ­Zuerst müsse es um das Erwirtschaften gehen und erst dann um das Verteilen von Geld, mahnte Werner M. Bahlsen. Es

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könne keinen Wohlstand ohne Leistung, Wettbewerb und Freiheit geben. Generalsekretär Wolfgang Steiger verwies ebenfalls auf die entscheidende Rolle der Sektionen, wenn es darum gehe, wirtschaftlichen Sachverstand zu den aktuellen Themen in die politische Debatte einzubringen. Im Anschluss lobte die designierte Präsidentin, Frau Astrid Hamker, den scheidenden Präsidenten des Wirtschaftsrates: „Werner Bahlsen hat als Familienunternehmer den Wirtschaftsrat in einer herausfordernden politischen Großwetterlage mit ­teilweise stürmischer See als Präsident geführt und in den vergangenen Jahren bewiesen, dass ihm die Lehren ­Ludwig Erhards viel bedeuten. Heute ist der Wirtschaftsrat als ­oftmals einzige Stimme der wirtschaftlichen Vernunft nicht mehr wegzudenken.“ Als Ehrengast sprach Alexander Dobrindt, Vorsitzender CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, über das aktuelle politische Geschehen und verlieh seinem Unmut über das Verhalten des Koalitionspartners SPD Ausdruck. „Man muss sagen können, ob man Teil einer Koalition sein will oder nur vielleicht oder gar nicht“, mahnte er. „Wir erwarten, dass die SPD die Verantwortung wahrnimmt, die sie eingegangen ist, als sie in die Regierung eintrat“. Die Tatsache, dass sich die Sozialdemokraten selbst und damit die Bundesregierung regelmäßig in schwierige S­ i­tuationen brächten, könne nicht dazu führen, dass es politische ­Rabatte bei Inhaltsfragen der Großen Koalition gäbe. ­ Anschließend stellte sich der frühere Verkehrsminister den Fragen der l Mitglieder.

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Foto: Fotolia.com ©elen31

Text: P hilipp Schwartz


WIRTSCHAFTSRAT Auszeichnung

Oldenburger Münsterland

Bremen

Jens Sander, Geschäftsführender Gesellschafter, E. Sander GmbH, Tornesch

Victor Thole, BMMG Victor Thole KG, Löningen

Landesgeschäftsführerin des Landesverbandes Bremen, Dr. Barbara Rodewald in Vertretung für Sektionssprecher Udo Siemers, Geschäftsführender Gesellschafter, MackelSiemers GmbH Co. KG, Bremen

Düsseldorf

Junger Wirtschaftsrat Hessen

Pfalz

Dr. Rainhardt Freiherr von L­ eoprechting, Vorsitzender des Vorstands der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW), Mönchengladbach

Sarah Hagenkötter, Vice President, Private Equity and M&A Practice, Marsh GmbH, Frankfurt/Main

Dr. Stefan-Robert Deibel, Senior Vice President, BASF SE Global Technologies, Intermediates, Ludwigshafen, in Vertretung für Dr. Eckart Sünner, Rechtsanwalt

Berlin

Südthüringen

Rügen

Lutz Lehmann, Geschäftsführer, Viessmann Werke GmbH, Berlin

Dr. Wolfgang Müller, Rechtsanwalt, Suhl

Rolf Hoffmann, Geschäftsführender Gesellschafter, Kabel + Satellit Bergen, Kommunikationstechnik GmbH, Bergen

Halle

Freiburg-Emmendingen

Dresden

Udo Unbehaun, Vorsitzender des Vorstandes, Sozial-Konzept Pflege AG, Merseburg

Prof. Dr. Frank O. Bayer, Studiengangsleiter BWL-Industrie, Duale Hochschule, Lörrach

Katrin Pappermann, Office Managerin, PC-COLLEGE, Saxonia Bildungsinstitut GmbH, in Vertretung für Prof. Dr. Steffen Tobisch, Geschäftsführer, Institut für Holztechnologie Dresden gGmbH (IHD), Dresden

Fotos: Jens Schicke

Pinneberg

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WIRTSCHAFTSRAT Engagement

Text: K atja Sandscheper

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nternehmer leben nicht im luftleeren Raum“, sagt Astrid Hamker. Die neu gewählte Präsidentin des Wirtschaftsrates, aufgewachsen in der Unternehmerfamilie Piepenbrock, weiß wovon sie spricht. Gerade in Zeiten des Umbruchs sind politische Rahmenbedingungen entscheidend für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft – besonders für den Mittelstand. „Zu Hause saß das Unternehmen immer mit am Tisch. Schon als Kind wusste ich, was es bedeutet, im Risiko und Haftung zu stehen“, erklärt die Betriebswirtin. Und dass auf den Schultern der Unternehmer auch die Verantwortung für ihre Mitarbeiter und deren Familien lastet, also Freiheit und Verantwortung zusammengehören. Das hat sie nachhaltig geprägt: „Ich bin ein Fan der Sozialen Marktwirtschaft. Für mich ist sie als

Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell das beste Rezept, um zu guten Lösungen zu kommen. Und sie steht für ein gemeinsames Wertegefüge“, sagt die Mutter zweier erwachsener Kinder. „Nur mit Freiheit, Eigenverantwortung und fairem Wettbewerb kann Deutschland die großen Herausforderungen der nächsten Jahre meistern“, ist die neue Präsidentin überzeugt.

„Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“ Dabei denkt sie an Digitalisierung und künstliche Intelligenz ebenso wie an die Erneuerung der EU, die Energiewende, schwierigere internationale Handelsbeziehungen, den demografischen Wandel, die Globalisierung oder den Klimawandel.

„Deutschland muss seinen Wohlstand auch für die nächsten Generationen sichern. Meinen Blick prägt da stets die dynastische Intention des Familienunternehmens. Langfristige Substanz geht immer vor kurzfristigen Mitnahmeeffekten“, sagt Astrid Hamker. Das muss sich ihrer Meinung nach auch wieder stärker in politischen Entscheidungen wiederfinden. Schwarze Null und Schuldenbremse einzuhalten sind das eine, Investitionen in Infrastrukturen wie etwa den flächendeckenden Ausbau des schnellen Internets, die Verkehrsinfrastruktur sowie Bildung und Forschung das andere. Denn nur so kann der Wirtschaftsstandort Deutschland einen Spitzenplatz im internationalen Wettbewerb belegen. „Deshalb ist es so wichtig, dass sich die Wirtschaft einbringt“, mahnt die gebürtige Niedersächsin. Diese Überzeugung hat

Foto: Deutscher Bundestag, Stephan Erfurt

„Ich bin ein Fan der Sozialen Marktwirtschaft“

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Foto: Jens Schicke

WIRTSCHAFTSRAT Engagement

Astrid Hamker ist neue Präsidentin des Wirtschaftsrates, Mutter zweier e­ ­rwachsener Kinder und ein Fan der Sozialen Marktwirtschaft. Als Gesellschafterin und Mitglied des Beirates der Piepenbrock Unternehmensgruppe möchte sie sich besonders für Familie­nunternehmen und den Mittelstand einsetzen, denen die Politik als Rückgrat unserer ­Wirtschaft mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. sie vor 20 Jahren zum Wirtschaftsrat geführt, der sich in ihren Augen am überzeugendsten für die Soziale Marktwirtschaft einsetzt und erfolgreich Brücken zwischen Wirtschaft und Politik baut. „Sicher hat mein Vater den Grundstein für mein wirtschaftliches und politisches Interesse gelegt. Schon er war im Wirtschaftsrat aktiv und hat mir ins Stammbuch geschrieben, dass sich Familienunternehmer gesellschafts­ politisch engagieren sollten“, sagt Astrid Hamker. Unternehmer benötigen einerseits gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Andererseits sollten sie der Gesellschaft etwas zurückgeben, wenn es ihnen gut geht. „Da ist das Ehrenamt eine geeignete Möglichkeit. Deshalb habe ich mit 31 Jahren die Sektion Osnabrück im Wirtschaftsrat übernommen, später den Landesvorsitz in Niedersachsen, mit

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38 Jahren war ich als Mitglied des Präsidiums aktiv, dann Schatzmeisterin und heute Präsidentin“, bilanziert Astrid Hamker. Ihr Lebensmotto: „Man kann dem Leben nicht mehr Tage ­geben, aber den Tagen mehr Leben.“ In ihrer Präsidentschaft möchte Astrid Hamker den ordnungspolitischen Resonanzboden für den Mittelstand vergrößern. „Steuern und Abgaben, eine überbordende Bürokratie, Fachkräftemangel und ausufernde Sozialabgaben haben viele unserer internationalen Wettbewerber schlicht nicht – oder nicht in dieser Höhe. Diese Standortnachteile versuchen Unternehmer selbst auszugleichen, aber sie belasten ganz klar“, sagt die Unternehmensberaterin, die jeden Morgen um 5.45 Uhr aufsteht, um eine Dreiviertelstunde zu laufen. Zugleich möchte sie für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Großkonzernen und familienge-

führten Unternehmen sorgen: „Dank dem Mittelstand ist Deutschland bisher gestärkt durch jede Krise gekommen. Er ist Arbeit- und Perspektivengeber in den Regionen, tief verwurzelt und auf den Weltmärkten aktiv.“ Astrid Hamker hat viele Ideen, wie der Wirtschaftsrat der Bundesregierung beratend und als Korrektiv zur Seite stehen kann. Ein Dauerthema ist sicherlich der Bürokratieabbau. Bundeswirtschaftsminister Altmaier habe das Thema auf der Agenda, ein Vorschlag des Wirtschaftsrates sei als zentraler Punkt in die Mittelstandsstrategie des Ministers eingeflossen. „Ziel muss es jedoch sein, Deutschland als Ganzes auf den Bürokratie-TÜV zu stellen“, erklärte Astrid Hamker. „Weniger ist hier mehr.“ „In Deutschland tickt die demografische Zeitbombe“, ist Astrid Hamker überzeugt „Der Fachkräftemangel ist unsere Wachstumsbremse Nummer Eins.“ Schon heute gibt es ein Überangebot an qualifizierten Arbeitsplätzen und viele Mittelständler, ob im Sauerland oder auf der Schwäbischen Alb, klagen über große Schwierigkeiten, gut ausgebildetes Personal zu finden. Die Wirtschaft muss noch stärker auf qualifizierte Frauen, die in Deutschland oft nur Teilzeit arbeiten, und mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf qualifizierte Zuwanderer zurückgreifen, fordert die neue Präsidentin. Ihre Vision für Deutschland im Jahr 2030: „Wir brauchen ein starkes Europa. Die großen Herausforderungen unserer Zeit werden wir nicht allein bewältigen können.“ Sie will eine EU mit klaren Regeln, die ihre Interessen geeint und kraftvoll vertritt, Innovationen ermöglicht statt in Regulierung zu ersticken, stabil ist und eine starke Währung hat. Zugleich möchte Hamker, dass sich in Deutschland Leistung wieder lohnt. „Dazu müssen wir Anreize schaffen, damit die ­Wirtschaft weiter investiert und die Leistungsträger von ihrem Verdienst mehr behalten können. Daher ihre klare Forderung an die Politik: „Erst an das Erwirtschaften denken, und dann ans Verteilen. Soziale Sicherheit l braucht wirtschaftlichen Erfolg.“

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Foto: Jens Schicke

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„Es ist absolut unverständlich, dass die EU für die Eurozone immer noch keine Brandmauern hochgezogen hat.“

Wolfgang Steiger Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU e.V.

Italien bringt den Euro an eine Weggabelung

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erade so ist Italien um Neuwahlen herum­ gekommen. Doch niemand weiß, wie lange das Bündnis zwischen Cinque Stelle und Sozialdemokraten hält. Trotz neuem Koalitionspartner besteht wenig Hoffnung, dass die Regierung den Kurs der finanziellen Leichtfertigkeit verlässt, der alle Euroländer in Haftung nimmt und Italiens Wettbewerbsfähigkeit weiter mindert, weil Lohnerhöhungen jenseits des Produktivitätswachstums möglich sind. Vorprogrammiert ist eine erneute Eskalation. Spätestens im Oktober, wenn Rom seinen Haushaltsentwurf für 2020 nach Brüssel schicken muss. 23 Milliarden Euro sollen die Italiener einsparen. Klappt das nicht, müssen sie die Mehrwertsteuer ab 2020 von 22 auf 25,2 Prozent erhöhen. Unabhängig von der politischen Konstella­ tion bleiben die dahinter liegenden ökonomischen ­Probleme jedoch ohnehin bestehen. Seit dem zweiten Weltkrieg gab es in Italien mehr Regierungswechsel als in jedem anderen Land der Europäischen Union. Jede neue Regierung macht vermeintlich missglückte Reformen ihrer Vorgänger wieder rückgängig. Neue Gesetze werden so regelmäßig infrage gestellt, bevor sie ihre Wirkung entfalten. Dieses Muster ist ein ­hoher Unsicherheitsfaktor, der dazu führt, dass die privaten Investitionen so gering sind. Dabei haben sich die Entwicklungen lange angekündigt. Italien ist mit dem Euro wirtschaftlich immer weiter zurückgefallen. Überschuldung, Bürokratie, Korruption und Steuerflucht lähmen. ­

Target-Verbindlichkeiten und faule Kredite haben sich lange akzentuiert. Zugleich investiert das Land seit Jahrzehnten zu wenig in die Zukunft, um im Wettbewerb der Industrienationen mithalten zu können. Umso unverständlicher ist es, dass die EU für die Eurozone immer noch keine Brandmauern hochgezogen hat. Es gibt kein Insolvenzverfahren für Staaten oder eine Begrenzung, Verzinsung oder Unterlegung von Target-Forderungen. Auch ist es immer noch nicht gelungen, die unheilige Allianz zwischen Bank- und Staatsschulden etwa durch eine risiko­gewichtete Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen oder Großkreditgrenzen zu durchbrechen. Im Gegenteil: Italiens Banken haben dank der Geldpolitik der EZB ihre Bestände an italienischen Staatsanleihen noch massiv erhöht. Die Schuldenkrise in Italien bringt den Euro jedoch an eine Weggabelung. Wenn die Politik erneut keine ehrliche Debatte führt, sondern sich wieder auf die EZB verlässt, die bereits angekündigt hat die Geldschleusen weiter zu öffnen, zahlt Europa dafür einen hohen Preis. Es wird kaum Reformen geben, dafür jede Menge ineffiziente Investitionen, das Wirtschaftswachstum wird auf niedrigem Niveau verharren und der Euro langfristig geschwächt. Noch schlimmer: Die EZB wird sich vom Verlust ihrer Glaubwürdigkeit nicht erholen, ein Land zu alimentieren, das fahrlässig seine Zahlungsfähigkeit aufs Spiel setzt und die gesamte Eurozone in Geiselhaft l nimmt.

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JUNGER WIRTSCHAFTSRAT Arbeitsgruppentreffen

Jungunternehmer entwickeln Positionen Text: D r. Sven Hildebrandt

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Für die Gruppe „Künstliche Intelligenz“ (KI) konnte Lukas Naab von MINDS-Medical GmbH gewonnen werden, mit dem vor allem darüber diskutiert wurde, adäquate Rahmenbedingungen für KI zu schaffen. Hintergrund dieser Schwerpunktsetzung war es, die Implementierung dieser neuen Technologie über die reine Forschung und Ent­wicklung hinaus möglich zu machen und zu beschleunigen. Die Gruppe „Digitaler Staat“ diskutierte mit Dr. Alexander Bode,

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­ eschäftsführer der CONABO GmbH G und früherer Vorsitzender des Jungen Wirtschaftsrates, über den Umgang mit dem föderalistischen System, das insbesondere die Umsetzung von länderübergreifenden Digitalisierungsprojekten maßgeblich erschwert. Prof. Dr. Stefan Aufenanger, f­ rüher Professor der Universität Mainz, unterstützte die Gruppe „#BildungMachtZukunft“. Diese beschäftigte sich etwa mit der Frage, wie eine größere Transparenz über die in dem Bereich bereits bestehenden dezentralen

und innovativen Angebote geschaffen werden kann. Die Gruppe „Europäische und nationale Finanzmarktpolitik“ diskutierte mit überaus engagierten Mitarbeitern der BaFin die regulatorischen Implikationen der „Token-Economy“ auf die Finanzmärkte. Im weiteren Verlauf werden die Präsentationen der ­einzelnen Gruppen nun in Positionspapieren verdichtet und die Forderungen für die Öffentlichkeit formuliert sowie ­eigene Veranstaltungen sowie -reihen geplant. l

Fotos: Christian Ströder

und 50 Mitglieder des Jungen Wirtschaftsrates versammelten sich für die jährliche Tagung der Arbeitsgruppen in Frankfurt. Die jungen Unternehmer arbeiteten konzentriert an der Weiterentwicklung politischer Positionierungen, die die junge und die nachfolgenden Generationen betreffen. In den Räumen von KPMG schärften sie die bereits im Vorfeld in den Gruppen diskutierten Positionierungen entwickelten sie mit geladenen Experten weiter. Insgesamt arbeiteten vier Gruppen an Positionen, die in Kürze veröffentlicht und von einer Reihe von Veranstaltungen begleitet werden sollen.

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WIRTSCHAFTSRAT Aus den Ländern

Foto: Jens Schicke

Sommerfest mit Bundesminister Jens Spahn Innovationen gelten als wichtigste Faktoren, um die Wirtschaftskraft in Deutschland zu sichern. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn machte sich dafür vor rund 300 Unternehmern stark: „Ich möchte, dass Innovationen in der Gesundheitsbranche aus Deutschland kommen. Wir müssen jetzt den Turbo einschalten, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.“ Spahn sprach neben der Gesundheitspolitik auch über die Politik der Großen Koalition im Bund wie etwa den Solidaritätszuschlag sowie die Politikverdrossenheit hierzulande. Die Landesfachkommission Gesundheitswirtschaft des Landesverbandes überreichte Bundesminister Spahn ein Positionspapier mit Bundesminister Jens Spahn MdB spricht in der zentralen Positionen zur Oran­gerie im Schloss Charlottenburg über Gesundheitspolitik und mehr Gesundheitswirtschaft.

Friedrich Merz: „Steuerbelastung darf nicht mehr steigen“

Foto: Jens Schicke

Der Vizepräsident des Wirtschaftsrates, Friedrich Merz, rief kurz vor der Landtagswahl in Brandenburg vor Mitgliedern in Potsdam zu einer Steuerpolitik der Vernunft auf. „Die Steuerbelastung für private Haushalte und Betriebe darf nicht weiter steigen. Steuererhöhungen sind das Gegenteil von dem, was wir brauchen.“ Neben Merz sprachen auch der Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzende der CDU Brandenburg, Ingo Senftleben MdL und der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger.

v.l.n.r. Friedrich Merz, Sektionssprecher Potsdam und Bundesvorstandsmitglied des Wirtschaftsrates Detlev Seeliger, Ingo Senftleben, Wolfgang Steiger

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Wirtschaftstag mit Ministerpräsident und Wirtschaftsrats-Vize Obwohl der Wirtschaftsrat parteiunabhängig ist, stand der Wirtschaftstag Sachsen ganz im Zeichen der Wahl im Freistaat. Landesvorsitzender Dr. Dirk Schröter betonte: „Viele Sachsen haben die Grundhaltung eines Dissidenten noch nicht gänzlich abgelegt.“ Das liegt wohl auch daran, dass der Freistaat vor dem zweiten Strukturwandel binnen nur einer Generation steht: Der geplante Kohleausstieg bis 2038 stellt Sachsen vor große Herausforderungen. Dr. Schröter warf vor allem den Grünen vor, sich hauptsächlich um Wähler in Großstädten zu bemühen. Die Landbevölkerung werde nicht im selben Maße wahrgenommen: „Der Wald ist grün, aber die Grünen sind nicht im Wald. Aus Perspektive eines in Berlin-Mitte lebenden Besserverdieners, scheint ein industriefreies Umland durchstreift von Wölfen eine befriedigende Denkfigur zu sein. Aber für die Menschen, die dort ­leben, ist das doch keine Lösung!“

Foto: Christian Scholz

Berlin-Brandenburg

Sachsen

v.l.n.r. Dr. Dirk Schröter, Ministerpräsident Michael Kretschmer, Friedrich Merz

Ähnlich äußerte sich Vizepräsident Friedrich Merz: „Wir werden eine schwächere Konjunktur sehen bei weiterhin hoher Beschäftigung. Der Facharbeitermangel bleibt Thema. Allerdings stehen wir vor einem tiefgreifenden Strukturwandel im Hinblick auf Digitalisierung und Globalisierung.“ Merz warnte eindringlich davor, auf komplexe Sachverhalte wie den Klimawandel einfache Antworten zu geben. Stattdessen müsse sich gerade Deutschland fragen: „Trauen wir uns noch zu, modernste Technologien zu fördern, zu nutzen und mit ihnen die Zukunft zu gestalten?“ Diese und weitere Fragen diskutierten Friedrich Merz und Michael Kretschmer. Sachsens Ministerpräsident hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für eine vernunftbasierte Wirtschaftspolitik: „Wir haben nicht zu viel Marktwirtschaft, sondern zu wenig. Unternehmer wollen weniger Bürokratie.“ In einer regen Debatte standen Kretschmer und Merz den Unternehmern Rede und Antwort – vom Verhältnis Deutschlands zu Russland, über den KohleausFriedrich Merz: „Wir stehen vor einem stieg, bis hin zur Frage, wie nach tiefgreifenden Strukturwandel mit der Wahl mit den erstarkten poliBlick auf die Digitalisierung und die Globalisierung.“ tischen Rändern umzugehen sei.

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Foto: Christian Scholz

Rückblick Einblick Ausblick


WIRTSCHAFTSRAT Aus den Ländern

Sachsen-Anhalt

Nordrhein-Westfalen

Landesvorstand besucht Ministerpräsidenten

Jens Spahn MdB: „Gesundheitssystem fällt nicht vom Himmel“

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Landesvorsitzender Dr. Michael Moeskes, Landesvorstand Matthias Freiling und Landesgeschäftsführer Andreas Matt, nutzten die Gelegenheit eines Treffens mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, die Anliegen des Wirtschaftsrates zu drängenden Themen wie dem Strukturwandel, Digitalisierung und Breitbandausbau, dem Ausbau der Infrastruktur, Investitionen in Bildung und Forschung, dem Fachkräftemangel und Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland anzusprechen und Position zu beziehen. Der Ministerpräsident sagte eine intensive inhaltliche Zusammenarbeit zu.

Herausforderungen und Perspektiven in der deutschen Gesundheitspolitik: Unter diesem Titel stand der gut besuchte Dialog der Landesfachkommission Gesundheitswirtschaft. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn umriss die Leitlinien seiner Politik und diskutierte mit den Unternehmern. Der Münsterländer hat Dynamik und Tempo in die Gesundheitspolitik gebracht und bereits viele Gesetzesvorhaben umgesetzt, betonte der Vorsitzende der Landesfachkommission, Dr. h.c. Josef Beutelmann. Drei Themenfelder griff Spahn heraus: Terminvergabe und Notfallversorgung, Fachkräftemangel und Digitalisierung. Besonders bei Letzterem will er Akzente setzen. Für die elektronische Patientenakte pocht Spahn auf das Engagement der Ärzteschaft: „Da muss jeder mitmachen, damit es funktioniert.“ Es gehe darum, jetzt Veränderungen auf den Weg zu bringen, um das Gesundheitssystem zukunftssicher zu machen. „Deshalb finden Sie in mir einen der größten Unterstützer für Wirtschaftswachstum und die Soziale Marktwirtschaft“, unterstrich Spahn. „Unser Gesundheitssystem fällt nicht vom Himmel – wir müssen es uns leisten können.“

v.l.n.r. Annett Hoffmüller, Geschäftsführerin der HR Arena GmbH, Bildungs­ minister Marco Tullner, Dr. Michael Moeskes, Landesvorsitzender; Jens Lücke, Vorsitzender der Landesfachkommissionen Bildung und Arbeitsmarkt

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v.l.n.r. Dr. Georg Kippels MdB, Dr. Andreas Eurich, Bundesminister Jens Spahn MdB, Dr. h.c. Josef Beutelmann, Marlis L. Richter, Jürgen Hardt MdB, Frank-Norbert O ­ ehlert, Dr. Florian Reuther, Faize B ­ erger, Hagen Dörsch

Herbert Reul: „Null-Toleranz-Linie zeigt Wirkung“ „Nordrhein-Westfalen ist so sicher wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Die professionelle Arbeit unserer rund 42.000 Polizisten und unsere Null-Toleranz-Linie mit mehr Polizei-Präsenz, ausgeweiteten Befugnissen und besserer Ausrüstung zeigen Wirkung“, erklärte Innenminister Herbert Reul auf der Regionaltagung des Wirtschaftsrates im Siegerland. Reul sprach auch deutliche Worte: „Clan-Strukturen wurden zu lange unterschätzt. Das hat ein Ende! Jeder Clan-Chef, jeder Terrorist und jeder Pate braucht Geld. Wir haben eine Task Force eingerichtet, NRW-Innenminister Herbert Reul die illegale Geldströme aufdeckt.“

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Foto: Wirtschaftsrat

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Wirtschaftsrat sucht Bildungsminister Marco Tullner auf Der Wirtschaftsrat suchte Bildungsminister Marco Tullner auf, um mit ihm über die aktuelle bildungspolitische Lage im Land zu sprechen und ihm ein Nachwuchsprogramm unter dem Titel „Köpfe und Karriere“ für Sachsen-Anhalt vorzustellen. Letzteres befasst sich mit digitalen Themen in der Schulausbildung, der Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse zur Verringerung des Fachkräftemangels, der Ausbildung von ausländischen Pflegefachkräften bis hin zu Nachwuchsprogrammen in der Ausbildung von Elektro- und Metallberufen. Bildungsminister Tullner zeigte sich beeindruckt von dem Programm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts sagte die Unterstützung seines Ministeriums zu.

Foto: Wirtschaftsrat

v.l.n.r. Andreas Matt, Ministerpräsident Dr. Reiner ­Haseloff, Dr. Michael Moeskes, Matthias Freiling


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Baden-Württemberg Sommerempfang mit Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut Der traditionelle Sommerempfang des Landesverbandes fand 2019 im Hohenzollernschloss Sigmaringen statt. Gastgeber und Bundesvorstandsmitglied im Wirtschaftsrat, Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern, lobte den Wirtschaftsrat als Brückenbauer: „Es gibt keinen Verband, der den Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft besser schafft.“

Gastgeber Christoph Eck-Schmidt von Bonial mahnte an, die digitalen Chancen viel stärker zu nutzen. Andreas Jung MdB, Vorsitzender Landesgruppe Baden-Württemberg der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, zeigte die aktuellen politischen ­Herausforderungen auf und warb für den Austausch zwischen Politik und Wirtschaft. Passend dazu hatten die Unternehmer anschließend die Gelegenheit, im Speed-­Dating-Format mit Bundestagsabgeordneten und EU-Kommissar Günther Oettinger ihre drängenden Fragen zu aktuellen Themen zu ­ ­adressieren.

Hessen Modernes Europa neu gedacht

v.l.n.r. 1. Reihe: Parl. Staatssekretär Thomas Bareiß MdB, Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Landes­vor­sitzender des Wirtschaftsrates Baden-Württemberg Joachim Rudolf, Steffen Beck, Detlef ­Bühmann; 2. Reihe: Ehrenvorsitzender des Landesverbandes Prof. Dr. U ­ lrich Zeitel, stellv. Landes­ geschäftsführerin Claudia Welz, Ehrenvorsitzender Sektion Balingen/­ Sigmaringen Reinhold W. Schlegel, Prof. Dr. Mark K. Binz

Auch Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut betonte, wie immens wichtig es in Zeiten tiefgreifenden Wandels sei, dass sich Politik und Wirtschaft nicht in unterschiedlichen Sphären bewegten. Sie forderte zudem, die Zukunftsthemen Künstliche Intelligenz und Mobilität stärker in den Fokus zu rücken. Dies seien die großen Game Changer. „Wenn wir diese Zukunftsthemen nicht mit Priorität angehen, werden wir immer stärker unter Druck gesetzt werden“, warnte die Wirtschaftsministerin.

Speed-Dating mit Bundestagsabgeordneten

Foto: Wirtschaftsrat

Über den Dächern Berlins kamen rund 200 Unternehmer aus Baden-Württemberg zusammen, um sich im Vorfeld des Wirtschaftstages mit Bundestagsabgeordneten auszutauschen.

spektiven 2019“ ermöglicht Michael Burkhart, Standortleiter Frankfurt von PwC, Mitgliedern eine neue Perspektive – diesmal zur Europawahl. Unter der Moderation von Dr. Alexandra Hachmeister, Vorsitzende Landesfachkommission Europapolitik, diskutierten Michael Gahler MdEP, Miriam Dahlke MdL, europapolitische Sprecherin Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion, der Europa-Experte Alfred Höhn und die Europa-Wissenschaftlerin, Prof. Dr. Sandra Eckert, das Thema „Europa für junge Generationen modern und attraktiv gestalten“.

Foto: Wirtschaftsrat

Foto: Wirtschaftsrat

Mit dem Auftakt des Formats Unternehmerforum „Neue Per-

v.l.n.r. Alfred Höhn, Miriam Dahlke MdL, Dr. Alexandra Hachmeister, Prof. Dr. Sandra Eckert, Michael Gahler MdEP

„Es braucht politische Führung“, sagte Gahler. Schwierige politische Zeiten könnten nur mit einem starken Zusammenhalt innerhalb der EU überwunden werden. Höhn hielt die sich ausbreitende Asymmetrie in der Mittelschicht ursächlich für Populismus und Vertrauensverlust in die Politik. „Die Wirtschaft wünscht sich Sicherheit und Klarheit“, fügte er hinzu. Auch das Thema Brexit wurde gestreift. „Was in Großbritannien passiert, ist schlecht für das Vertrauen in Demokratie“, sagte Dahlke, und auch Prof. Eckert meinte, der Brexit zeige eher eine Krise im britischen als im europäischen System.

Digitalisierung muss Zukunft sein

v.l.n.r. EU-Kommissar Günther Oettinger, stellv. Landesvorsitzender Sven Schulz, Gastgeber Christoph ­Eck-Schmidt und Andreas Jung MdB, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

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Thema der ersten Regionalkonferenz in Nordhessen war die „Digitale Schule Hessen“. Gemeinsam mit Prof. Dr. Kristina Sinemus, Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung sowie Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz, wurde über die digitale Zukunft von Schulen und Ausbildungsstätten diskutiert. „Der Erfolg der Digitalisierung ist von der Veränderung des

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Thüringen THÜRINGEN AKTUELL mit Finanzministerin Heike Taubert

Mindsets der Lehrenden und Schüler abhängig“, betonte Prof. Dr. Markus Pfuhl, CDO der Viessmann Werke. Bei digitalen Veränderungen gehe es eher um das Verstehen von Prinzipien als um das Erlernen von Programmen. Prof. Sinemus sagte, bei der digitalen Bildung gehe es um drei Bausteine: Bereitstellung der Infrastruktur, staatliche Beteiligung und Service-Angebote zur Förderung des Querschnittdenkens sowie die Veränderungen in der Berufs- und Weiterbildung. Prof. R. Alexander Lorz setzte einen Schwerpunkt auf ­Kooperationen zwischen Wirtschaft und Schule sowie Bund, Land und Kommunen. Die Digitalisierung verändere das ­Konzept Schule, „die digitalen Neuerungen ermöglichen neue, individuellere Lehrkonzepte“.

Rheinland-Pfalz/Saarland Parlamentarischer Abend mit hochkarätiger Besetzung

Foto: CDU-Landesgruppe Rheinland-Pfalz/Saarland

Auf dem Parlamentarischen Abend vor dem Wirtschaftstag diskutierten die Bundesminister Julia Klöckner und Peter Altmaier sowie der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit, Dr. Thomas Gebhart, unter der Moderation des Landesvorsitzenden in Rheinland-Pfalz, Frank Gotthardt, mit Unternehmern aus Rheinland-Pfalz und aus dem Saarland. Thema waren die Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen ebenso wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlages für alle sowie eine Unternehmenssteuerreform, die der konjunk­ turellen Abkühlung entgegenwirkt.

Frank Gotthardt, Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz, spricht auf dem ­Par­lamentarischen Abend

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Foto: Karsten Seifert

Ministerin und Landesvorsitzende Prof. Dr. Kristina Sinemus zu digitaler Bildung

sowie den neuen Pensionsfonds. Der Haushaltsentwurf der Thüringer Koalition sieht für 2020 Rekordausgaben von 11,1 Milliarden Euro vor. Der Wirtschaftsrat mahnte mit Blick auf die unsichere Einnahmesituation etwa aus Europamitteln nach 2020 einen maßvollen Umgang mit den Haushaltsmitteln an. Nur so ließe sich die Handlungsfähigkeit auch bei sinkenden Steuer- und sonstigen Einnahmen gewährleisten. Investitionsmittel seien auch bei notwendigen Etatkürzungen in voller Höhe vorzuhalten. Einhellig als haushaltsstrategisch vorbildhaft begrüßten die Unternehmer den Pensionsfonds und das bisher nur im Freistaat als Gesetz beschlossene Nachhaltigkeitsmodell zur Absicherung der bis 2040 auf etwa 1,03 Milliarden Euro ansteigenden Pensionsansprüche der Staatsdiener.

v.l.n.r. Mihajlo Kolakovic, Landesvorsitzender; Heike Taubert, Stellvertretende Ministerpräsidentin, Dr. Wolfgang Müller, Sprecher Sektion Südthüringen; Sandra ­ Philipps, Vorsitzende Landesfachkommission „Steuern, Haushalt und Finanzen“, ­ Andreas Elm von Liebschwitz, Landesgeschäftsführer

Saarland Kaminabend mit Bundesminister Altmaier Ehrengast des traditionellen Kaminabends auf Schloss Saar­ eck war Bundesminister Peter Altmaier MdB. Dieser sprach sich für die Abschaffung des Solidaritätszuschlages für alle aus. Zugleich mahnte er bei der Energiewende an, diese stärker auf die Bereiche Verkehr und Gebäude zu konzentrieren, ohne dass dies zu höheren Belastungen führe. Die Strompreise in Deutschland seien bereits mit am höchsten. Beim Thema Entbürokratisierung machte er Defizite aus, die aber mit der SPD nicht abzubauen seien. Nur geringfügige Maßnahmen etwa bei Hotelübernachtungen, der elektronischen Krankmeldung sowie elektronisch erstellbarer Steuerbelege seien erfolgt. Eine spürbare Entbürokratisierung für v.l.n.r. Wolfgang Holzhauer, Landesvorsitzender; die Unternehmen bleibe Bundesminister Peter Altmaier; Dr. Klaus Harste, Stellv. Landesvorsitzender daher auf seiner Agenda.

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Foto: Wirtschaftsrat

Foto: Wirtschaftsrat

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Finanzministerin Heike Taubert sprach über den Haushalt


Schleswig-Holstein

Niedersachsen

CXO-Event Sylt 2019

Unternehmerfrühstück mit dem Bundeswirtschaftsminister

Impressum Herausgeber: Astrid Hamker, Präsidentin, für den Wirtschaftsrat der CDU e.V. Redaktion: Klaus-Hubert Fugger, Chefredakteur / Katja Sandscheper, Redakteurin Wissenschaftliche Beratung: Dr. Rainer Gerding, Bundesgeschäftsführer Gemeinsame Postanschrift: Redaktion Trend Luisenstraße 44, 10117 Berlin Telefon 0 30 / 2 40 87-300/301, Telefax 0 30 / 2 40 87-305 Internet: www.trend-zeitschrift.de

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Bundesminister Peter Altmaier MdB stand Mitgliedern auf dem

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Zum vierten Mal trafen sich 70 Experten führender Mittelständler und Start-Ups zum CXO-Event auf Sylt. Drei hochkarätig besetzte Podien diskutierten u.  a. mit den Bundestagsabgeordneten Dr. Michael von Abercron und Werner Pfeiffer sowie dem Chef des Cyberabwehrzentrums der Bundeswehr über „Künstliche Intelligenz – wie schnell Unternehmer stechen in See lernt der Computer unsere Sprache?“, „Erweitere Realitäten: Chancen für die Arbeitswelt“ und „Cyberkriegsrisiken: Existenzsichernde Vorsorge“. Landesvorsitzender Dr. Christian von Boetticher betonte die großen Chancen für geringer Qualifizierte, durch innovative Techniken höherqualifizierte Tätigkeiten zu übernehmen. Dazu müssten die Regulierungen für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt fundamental überarbeitet werden. Hart ins Gericht ging er mit Blick auf die Risiken eines Cyberkrieges. „Die Szenarien übersteigen in ihren Auswirkungen die eines Blackouts um ein Vielfaches. Wir brauchen vorausschauende AbDr. Christian von Bötticher wehrmaßnahmen und eine technische warnt vor einem Cyberkrieg Krisenvorsorge.“

Unternehmerfrühstück in Hannover zum Thema „Weichenstellungen für weiteres Wachstum – Wirtschaftspolitik in unruhigen Zeiten“ Rede und Antwort. Deutschland sei ein starker, international wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort mit einer starken Industrie. Zudem entwickle sich der Arbeitsmarkt weiter positiv. Dennoch dürften wir uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen. Deutschland müsse in Zukunftstechnologien ­ in­ ­ vestieren, um Arbeitsplätze zu sichern. Altmaier betonte zudem die Bedeutung der Digitalisierung für Wirtschaft und Verwaltung.

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v.l.n.r. Dirk Abeling, Landesgeschäftsführer; Dr. Claudia Ulbrich, Stellv. Landesvor­ sitzende; Bundesminister P ­ eter Altmaier MdB; Anja Osterloh, Landesvorsitzende; Dr. Bernd Althusmann MdL, Stellv. Ministerpräsident Niedersachsen; M ­ arius-­ Quintus ­Jäger, Sektionssprecher Hannover

Bankverbindung: Deutsche Bank AG/Bonn, 3105590 (BLZ 380 700 59) IBAN: DE84 3807 0059 0310 5590 00, BIC: DEUTDEDK380 Verlag: Information für die Wirtschaft GmbH Anzeigenkontakt: Katja Sandscheper, Telefon 0 30 / 2 40 87-301 Gesamtherstellung: STEINBACHER DRUCK GmbH Anton-Storch-Straße 15, 49080 Osnabrück Telefon 05 41 / 9 59 00-0, Telefax 05 41 / 9 59 00-33 Erscheinungsweise: quartalsweise Anzeigenpreise: Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 17

Projektleitung: Information für die Wirtschaft GmbH

Bestellungen: Beim Verlag

Geschäftsführer: Iris Hund Klaus-Hubert Fugger (v.i.S.d.P.) Daniel Imhäuser Luisenstraße 44, 10117 Berlin Telefon 0 30 / 2 40 87-401, Telefax 0 30 / 2 40 87-405

Bezugsbedingungen: Einzelpreis 7,50 Euro (einschl. MwSt.) Jahresabonnement 25,– Euro ­(einschl. MwSt.), zzgl. Versandkosten. Abonnements (vier Ausgaben) ­werden für ein Jahr berechnet. Kündigungen müssen sechs Wochen vor Ablauf des Abonnements schriftlich vorliegen, andernfalls verlängert es sich für ein weiteres Jahr.

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Am 24.05.2019 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung „Vom Hidden Champion im Maschinenbau bis zum Automobilzulieferer bilden diese Betriebe das Rückgrat unserer Industrie. Sie erwarten von der Politik, unter verlässlichen Rahmen­ bedingungen und ohne viel Bürokratie arbeiten zu können“, mahnt Generalsekretär Wolfgang Steiger in einem Gastbeitrag.

Im Handelsblatt vom 04.06.2019 Die neue Präsidentin des Wirtschaftsrats, Astrid Hamker, zeigt sich im Interview überzeugt, dass Unternehmer sich in Gesellschaft und Politik aktiver einbringen und einsetzen sollten. Die Welt am 05.07.2019 „Soll der Stabilitätspakt noch ein Minimum an Glaubwürdigkeit behalten, gibt es angesichts des italienischen Schuldenstands keine andere Möglichkeit, als ein Defizit-Verfahren zu eröffnen, was aber immer wieder verzögert wird“, mahnt General­ sekretär Wolfgang Steiger in einem Namensartikel. In der Bild vom 15.07.2019 „Es wird der Demokratie massiven Schaden zufügen, wenn man sich aus Machttaktik oder Verzweiflung mit den politischen Randparteien von rechts oder links verbündet“, betont Generalsekretär Wolfgang Steiger. Die Börsen-Zeitung vom 26.07.2019 „Eine Marktwirtschaft funktioniert nicht dauerhaft mit negativen Zinsen. Die Geldflut löst Strukturprobleme nicht, sondern verdeckt, vergrößert und verlagert sie lediglich“, mahnt Generalsekretär Wolfgang Steiger im Namensbeitrag.

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Im Spiegel der Presse ImSpiegel

WIRTSCHAFTSRAT Forum

Auf Focus Online am 12.08.2019 Der Wirtschaftsrat unterstützt den Vorstoß Kramp-Karren­ bauers, in der Klimapolitik auf neue Technologien zu setzen und weitere Belastungen zu vermeiden. „Es ist ein gutes und ermutigendes Signal, dass die CDU offenbar nicht den populistischen Forderungen nach höheren Steuern ­hinterherläuft“, erklärt die Präsidentin Astrid Hamker. Im Handelsblatt vom 12.08.2019 Ein entscheidender Punkt für den Aufbau strukturschwacher Regionen gerade im Osten ist laut Experten der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Damit „wird die Zukunft der Rand­ regionen entschieden“, sagt Generalsekretär Wolfgang Steiger. Die Welt vom 20.08.2019 „Ein staatlicher Preisdeckel wie die Mietpreisbremse widerspricht nicht nur den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft, sondern hat auch nachweislich den Anstieg der Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten nicht bremsen können“, mahnt Generalsekretär Wolfgang Steiger. Am 26.08.2019 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung Der Wirtschaftsrat stellt sich entschieden gegen den SPD-Plan für eine Vermögensteuer. Dieser „atmet einen unternehmerfeindlichen Geist“, kritisiert der Generalsekretär Wolfgang Steiger. Im Tagesspiegel vom 30.08.2019 „Wenn dieser Staat mit über 800 Milliarden Euro Steuereinnahmen im Jahr angeblich nicht mehr auskommt, dann ist der Maßstab verloren gegangen, was für unsere Zukunft notwendig ist“, betont Vizepräsident Friedrich Merz. Am 09.09.2019 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung Generalsekretär Wolfgang Steiger warnt, Neuverschuldung und eine Lockerung der Schuldenbremse wären ein „Angriff auf die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland. Die ­Einhaltung der internationalen Klimaschutzziele gelingt nicht mit neuen Schulden, sondern nur durch Schaffung markt­ wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für eine integrierte Energiewende“.

Die WirtschaftsWoche am 08.08.2019 „Deutschland sollte beim Klimaschutz durchaus Vorreiter sein. Aber das betrifft vor allem unser technologisches Knowhow“, erläutert Vizepräsident Friedrich Merz.

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©Klaus Suttmann

Im Handelsblatt vom 18.08.2019 Der Wirtschaftsrat verlangt von den Unions-Spitzen, im Streit mit der SPD über den Abbau des Solidaritätszuschlags und die Grundrente hart zu bleiben. „Die Union kann nicht wieder klein beigeben“, mahnt Generalsekretär Wolfgang Steiger.

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15,25 526.830 Boris Johnson riskiert einen harten Brexit, weil den Tories besonders am ausgehandelten Austrittsabkommen der Backstop nicht schmeckt, der eine harte Grenze in Irland ausschließt. Dafür riskiert der Premier 526.830 Jobs im Vereinigten Königreich und gut 1,2 Millionen im Rest der EU – mehr als 291.000 in Deutschland. Quelle: Universität Leuven

Mehr als 15,25 Billionen Euro an Staatsschulden auf dem internationalen Markt weisen derzeit eine negative Rendite aus. Die Käufer sind bereit für Sicherheit draufzuzahlen. Auch der Bund konnte mit der Versteigerung einer 30-jährigen Anleihe erstmals Geld verdienen. Quelle: n-tv/Spiegel online

50 Der Vorläufer des Internets, das sogenannte Arpanet, ging mit seinem ersten Knoten am 30. August 1969 in Betrieb. 2018 überstieg die Zahl der per Internet vernetzten Menschen erstmals die Hälfte der Weltbevölkerung.

Zahlen des Quartals Quelle: Bitkom

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WIRTSCHAFTSRAT Forum

Aufreger-Interviews im Sommer

5.000.000.000.000 Der von den USA entfachte Handelsstreit mit China ist teuer. Auf 5.000 Milliarden Dollar summierten sich die Verluste für den US-Aktienmarkt bis Ende Mai 2019 seit Beginn der Zollstreitigkeiten. Auch das weltweite Wirtschaftswachstum leidet unter den Handelshemmnissen. Quelle: Binky Chadha, Chefstratege, Deutsche Bank

2 Zum zweiten Mal seit Herbst 2018 schrumpft die deutsche Wirtschaft – ­z­uletzt um 0,4 Prozent. Das Gespenst der Rezession geht um. Schwerer als der Rückgang des Bruttoinlandproduktes wiegt jedoch der starke Auftragsrückgang und die schlechte Stimmung im verarbeitenden Gewerbe. Quelle: Tagesschau

120.000 Für neun von zehn Bürgern soll der Solida­ ritätszuschlag ab 2021 entfallen, der Rest sowie die Unternehmen zahlen ihn jedoch ganz oder teilweise weiter. Das sichert ihm rund die Hälfte der Einnahmen von immer noch rund zehn Milliarden Euro. So will es Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der betonte: „Eine Steuersenkung für Millionäre stehe nicht auf der Tagesordnung“. Dabei fallen auch Jahreseinkommen von 120.000 Euro für Singles darunter. Quelle: NZZ

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100.000 Schallgrenze: Wer weniger als 100.000 Euro auf dem Konto hat, soll von Strafzinsen ausgenommen werden. Das fordert der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Er kündigte an, entsprechende Regelungen in den Bundesrat einzubringen. Zahl­ reiche Banken verlangen schon heute Strafzinsen von Sparern. Quelle: Bild

In der nachrichtenarmen Sommerzeit versuchen Politiker und Medien gemeinsam, aktiv Themen zu setzen. In keiner Zeit läuft das so gut wie im Juli und August. Die schönen Sommer-Interviews der Öffentlich-Recht­lichen – wenigstens da schön ausgewogen – mit allen Parteichefs vor Bergen und Seen füllen Politiksendungen und Abendnachrichten mit ihren Ausschnitten. Dazu versuchen ARD, ZDF & Co. wie ein gutes Dutzend Print­medien mit ihren Interviews über den Ticker zu laufen. Wenn in diesem Wett­ bewerb einzelne Gespräche mit Politikern zu wenig hergeben oder die Interviewten nicht auf den Punkt kommen, werden Nebensätze zu Agenturmeldungen gemacht. So ein verschwurbelter Satz zu einem möglichen CDU-Ausschlussverfahren gegen Ex-Verfassungsschutz­ prä­ sident Maaßen fiel in einem Interview Annegret Kramp-Karrenbauers mit den Zeitungen der Funke-Gruppe, die ihn komplett und korrekt an die Nachrichtenagenturen und andere Medien weitergegeben hatten. Der Satz wurde interpretiert, bekam Beine und plötzlich spekulierte halb Deutschland darüber, ob sie jetzt ein Ausschlussverfahren gefordert hatte oder nicht. Die CDU-Zentrale musste dementieren. Nun muss man wissen: Im Gegensatz zu Interviews mit Fernsehen und Hörfunk, die gesendet wie gesprochen werden, legen Zeitungen ihre Schriftfassungen den interviewten Gesprächspartnern nochmals vor. Das war auch diesmal so. Im Nachhinein hörte man, zu viele Personen hätten das Interview der CDU-Vorsitzenden in der Hand gehabt, bevor es an die Funke-Gruppe gegangen sei.

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