trend Nr. 126 Ausgabe Juli 2011

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Juli 2011 | Nr. 126 | 33. Jahrgang | www.trend-zeitschrift.de

Die Zeitschrift für Soziale Marktwirtschaft

Wirtschaftstag 2011

Deutschland: Motor in Europa – Seite 6 Industrieland mit Zukunft Statement

Nicht aus dem Blickfeld verlieren Seite 22

WachstumsRegionen

WR-Kampagne

Seite 24

Seite 44

Die Donaustrategie

Mehr Privat für einen starken Staat


Wirtschaftstag 2011

Wir werden den scheinbaren Widerspruch von Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftskraft auflösen Von Angela Merkel

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ie Bewertung des Restrisikos von Kernenergie hat sich für mich durch die Ereignisse in Fukushima geändert. Nicht etwa, weil ich glaube, dass wir mit einem Tsunami oder einem vergleichbaren Erdbeben rechnen müssen – mich hat aber erschüttert, dass ein hochindustrialisiertes Land wie Japan mit einer solchen Hilflosigkeit vor dieser Situation stand. Es war zeitweilig nicht mehr erkennbar, ob die Katastrophe im Zaume gehalten werden kann oder nicht.

Wir werden ein Netzaus­ baubeschleunigungs­­gesetz auf den Weg bringen. Deshalb hat sich die Bundesregierung entschlossen, die Brücke in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien zu verkürzen. Es ergibt natürlich keinen Sinn, eine Energieversorgung anzubieten, bei der wir am Schluss Nettoenergie-Importeur werden und vielleicht sogar Kernenergie aus anderen Ländern benötigen. Wir werden Teil des europäischen Binnenmarktes bleiben. Deshalb sage ich „Nettoimporteur“. Das heißt, wir müssen netto das erzeugen, was wir brauchen, aber das wird immer wieder Austauschprozesse mit anderen europäischen Ländern beinhalten. Im Zentrum stehen Versorgungssicherheit, Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit.

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Mir ist sehr wohl bewusst, dass eine Million Arbeitsplätze in Deutschland in der energieintensiven Industrie angesiedelt sind. Deshalb werden wir in Brüssel auch sehr harte Verhandlungen führen. Hier brauchen wir ein gleiches Wettbewerbsumfeld. Wenn wir aus der Kernenergie aussteigen wollen, müssen wir sicherstellen, dass wir auch irgendwo einsteigen. Wir werden Ersatzinvestitionen brauchen. Das wird die CO2-Emission erhöhen. Das wiederum wird von uns verlangen, dass wir zum Beispiel im Bereich der Gebäudesanierung schneller voranschreiten. Und wir brauchen neue Netze. Deshalb werden wir in Absprache mit den Ländern ein „Netzausbaubeschleunigungsgesetz“ auf den Weg bringen. Die Soziale Marktwirtschaft war immer eine gesellschaftliche Ordnung, die scheinbar nicht Zusammengehöriges zusammenbrachte. Der große Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft war, dass der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit überwunden wurde. Und natürlich ist ökonomisch betrachtet jede Sozialmaßnahme zuerst einmal eine Verteuerung des Faktors Arbeit. Trotzdem hat es sich auf die lange Sicht als richtig herausgestellt, den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit nicht eskalieren zu lassen. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass die Union in der Lage ist, den scheinbaren Widerspruch zwischen Umweltfreundlichkeit und Wirt-

Dr. Angela Merkel MdB Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

schaftskraft aufzulösen. Das ist der Ansatz, den wir suchen – im Ordnungsgefüge der Sozialen Marktwirtschaft. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten und, wo notwendig, auch gemeinsam streiten – damit Deutschland auf einem guten Weg bleibt. Aus Rede Wirtschaftstag 2011


Wirtschaftstag 2011

„I was here two years ago, invited by Professor Lauk, and the discussion was incredible, stimulating and very, very interesting. And I expect exactly the same today.” Prof. Mario Draghi, Governor, Banca d’Italia & Chairman, Financial Stability Board

WIRTSCHAFTSTAG 2011

Deutschland: Motor in Europa – Industrieland mit Zukunft

„Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft leistungsfähige, sachkundige Akteure haben. Und der Wirtschaftsrat ist sicher einer der wichtigsten dabei.“ Dr. Hans Peter Friedrich MdB, Bundesminister des Innern

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„Der Wirtschaftsrat ist unverzichtbar für die wirtschaftspolitische Kompetenz der CDU, für die Verbindung und Verwurzelung zu den Unternehmen und Unternehmern im Land. Darum ist er ganz wichtig in Gegenwart und Zukunft für die CDU.“ Dr. Norbert Röttgen MdB, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

„Ich versuche mich persönlich in den Wirtschaftsrat einzubringen, denn er ist ein ganz wichtiges Sprachrohr innerhalb Deutschlands gegenüber der Politik.“ Detlev Seeliger, Geschäftsführender Gesellschafter der MAPCO Autotechnik GmbH

„Wenn man sich anschaut, wen der Wirtschaftsrat zu seinen Veranstaltungen nach Berlin zieht, sowohl Gäste als auch Redner, zeigt sich deutlich die Qualität des Wirtschaftsrates. Diese Veranstaltungen tragen zur politischen und wirtschaftlichen Meinungsbildung bei.“ Klaus Schäfer, Vorstandsvorsitzender E.ON Ruhrgas AG

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Hohe Auszeichnung im Wirtschaftsrat:

Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in Gold für Fredrik Reinfeldt

„Soziale Marktwirtschaft – der Europäische Lebensweg“

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urt Lauk: „Es ist mir eine besondere Ehre, Fredrik Reinfeldt mit der Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in Gold auszeichnen zu dürfen. Schweden hat verantwortungsvoll und richtig auf die Wirtschaftskrise reagiert. Unter

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der Führung von Ministerpräsident Reinfeldt hat das Land wegweisende Reformen durchgeführt. Dabei hat Schweden drei Prioritäten gesetzt, die aus dem Lehrbuch der Sozialen Marktwirtschaft stammen könnten. Priorität 1: Konsolidie-


Kernkraft revidiert. Herr Ministerpräsident: Mit dieser Standfestigkeit haben Sie Ihr lange Zeit sozialdemokratisch geprägtes Land grundlegend verändert. Sie sind der Inbegriff eines Verantwortungsträgers, wie ihn sich Ludwig Erhard sicherlich gewünscht hätte. Wir freuen uns, mit Ihnen einen überzeugten Mitstreiter für eine neue Stabilitätskultur an unserer Seite zu wissen. Deshalb haben Präsidium und Bundesvorstand des ­Wirtschaftsrates einvernehmlich beschlossen, Ihnen die Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in Gold zu verleihen, die ­Ehrung für Ihre großen Verdienste um die Soziale Marktwirtschaft.

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ngela Merkel, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland: „Auch von meiner Seite ein ganz herzlicher Glückwunsch an Fredrik Reinfeldt für die Auszeichnung mit der Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in Gold. Lieber Herr Ministerpräsident, lieber Fredrik Reinfeldt: Sie haben sie verdient. Und Schweden hat sie verdient, weil Schweden eine gute Regierung hat. Manchmal wäre es gar nicht so schlecht, wenn wir alle in Europa so argumentieren würden wie Fredrik Reinfeldt es uns heute vormacht. Denn es ist erstens logisch – und zweitens auch noch richtig.“

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rung der öffentlichen Finanzen. Gesunde Staatsfinanzen schaffen Freiraum. Priorität 2: Erreichen von Vollbeschäftigung. Die Erfolge sprechen für sich. Priorität 3: Verbesserung des Unternehmensklimas. Schweden ist nach dem Ranking des Weltwirtschaftsforums nun auf Platz 2 der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt. Dazu gratulieren wir ganz herzlich! Ihre politischen Überzeugungen zeugen von Geradlinigkeit. Ihre Politik zeichnet sich durch Klarheit und Ordnung aus. Sie verweigerten die massiv geforderte Staatsbeteiligung für die Autobauer Volvo und Saab. Sie haben keine Steuergelder ausgegeben, um Unternehmen zu retten, die nicht wettbewerbsfähig sind. Das Ergebnis: Schwedens Staatsschulden waren Ende letzten Jahres geringer als im Jahr 2006. Auch in der Energiedebatte sind Sie Ihren Prinzipien treu. 2010 hat Schweden seinen Ausstieg aus der

rederik Reinfeldt: „Ich fühle mich sehr geehrt, die Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in Gold zu erhalten. Es ist über 60 Jahre her, dass Ludwig Erhard Wirtschaftsminister wurde. Aber ich bin sicher, dass er und seine Überzeugungen über freie und verantwortliche Märkte heute genauso relevant sind wie damals. Auch in einer heute sehr schnelllebigen Welt, in der wir schnelle Antworten auf schnelle Fragen suchen, gilt es, sich an Prinzipien von Ludwig Erhard zu erinnern. Man braucht erstens ein Konzept über das Individuum. Nach meiner Auffassung trägt jedes menschliche Individuum den Willen in sich, sich zu entwickeln. Jeder Mensch hat die Kapazität und die Fähigkeit dazu. Deshalb brauchen wir Reformen, die dynamisch und integrativ sind. Man benötigt zweitens ein Regelwerk für nachhaltiges Wachstum. Ich bin überzeugt, dass wir tief verwurzelte Institutionen brauchen, wie wir sie in Europa haben: Demokratie, freies Unternehmertum, Privateigentum, Redefreiheit, Marktwirtschaft und die Herrschaft des Gesetzes. Wenn es gelingt, Arbeitsplätze für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen, dann kann man von einem integrativen Wachstum sprechen. Und schließlich muss man eine Idee davon haben, wie man eine integrative Gesellschaft schafft. Denn eine ungleiche Gesellschaft erzeugt Spannungen. Deshalb muss man alles dafür tun, um Jobs und Aufstiegschancen zu haben. Die Basis dafür sind gute Bildung und Ausbildung. Wenn man Ungleichheit abbauen will, muss man vor allem ein gutes Bildungssystem haben. Das kann man Soziale Marktwirtschaft nennen – oder den Europäischen Lebensweg.

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Die europäische Dimension nicht außer Acht lassen

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uch Deutschland hat die währungs- und finanzpolitischen Folgen der Krise noch nicht überwunden. Wir haben jedoch die wirtschaftlichen Einbrüche wieder aufgeholt. Unsere starke Industrie hat uns aus der Krise gezogen. Wir sind industriell sogar gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Diese enorm positive Entwicklung der Industrie und der Wirtschaft insgesamt hat sich bislang allerdings noch nicht auf dem Konto der Regierungsparteien niedergeschlagen. Woran liegt das? Unsere Regierungsparteien stecken in einer der schwersten Identitäts- und Orientierungskrisen ihrer Geschichte. Das Verblüffende daran ist, dass bislang niemand den Mut hatte, das offen auszusprechen. Wir tun das. Wir müssen das tun. Bindewirkung hat eine Partei nur dann, wenn sie langfristig an Grundsätzen festhält und diese offensiv vertritt. Kurzfristige Taktik bindet nicht.

Der Wirtschaftsrat ist noch nie kurzfristigen Stimmungen und Modeerscheinungen erlegen. Wir haben uns stets für eine starke Industriebasis ausgesprochen – und immer davor gewarnt, die industrielle Basis zu schwächen. Die USA und Großbritannien leiden heute darunter, dass sie keinen starken industriellen Kern mehr haben. Man erfährt dort schmerzhaft: De-Industrialisierung geht schnell. ReIndustrialisierung hingegen ist ein langer und steiniger Weg. Diese Einsicht sollte uns auch bei der Energiewende leiten. Wir sagen Nein zu weiter steigenden Energie­ preisen für Industrie und Haushalte. Wer aussteigt, muss auch einsteigen. Wir brauchen einen nationalen Konsens für den Einstieg in neue Netze und Speichertechnologien. Und: Die CDU als Europapartei tut gut daran, die europäische Dimension des Themas Atomenergie nicht außer Acht zu lassen.

Prof. Dr. Kurt J. Lauk Präsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V.

Managing the Legacy of the Crisis

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ie koordinierte Reaktion der Welt auf die globale Finanzund Wirtschaftskrise war sehr effektiv. Die Antwort der Regierungen und Zentralbanken bestand in einem bislang nie da gewesenen fiskalischen und monetären Impuls. Die Stabilität des Finanzsystems konnte weitgehend gesichert werden. Mindestens ebenso wichtig war es, dass die Einbußen bei Wirtschaftsleistung und Beschäftigung relativ überschaubar blieben. Dennoch hat uns die Krise schwere Bürden hinterlassen. An erster Stelle stehen die hohen Staatsschulden. Zweitens müssen wir uns den Gefahren einer hohen Inflation stellen. Hohe Inflationsraten könnten das globale Wachstum gefährden. Angesichts der wachsenden Inflationsrisiken wächst die Notwendigkeit, zu einer

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Prof. Mario Draghi Governor, Banca d‘Italia & Chairman, Financial Stability Board

normalisierten Geldpolitik zurück­ zukehren. Überhitzung ist gegenwärtig eine klar erkennbare Gefahr. Und schließlich müssen wir die Herausforderung bewältigen, dass die wirtschaftliche Erholung in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich verläuft. Um globale Ungleichgewichte in den Zahlungsbilanzen zu finanzieren, benötigen wir gut funktionierende globale Kapitalmärkte. Ich bin überzeugt, dass die Soziale Marktwirtschaft auch heute noch wichtige Lektionen für uns bereithält. Die Krise hat uns gelehrt, dass ein dogmatischer Glaube in die Selbstheilungskräfte der Märkte gefährlich und riskant ist. Aber ebenso wahr ist, dass Prosperität von individueller Verantwortung abhängt. Freiheit und Wettbewerb sind die ­Motoren des Wachstums.


Globalisierung nach der Krise

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ie Krise ist noch nicht vorbei. In Deutschland ist sie indes schneller verkraftet worden als man erwartet hatte. Unter anderem deshalb, weil die deutsche Volkswirtschaft in den letzten zehn Jahren wesentlich flexibler geworden ist. Es sind die richtigen Entscheidungen getroffen worden. Diese kamen aus den Unternehmen selbst, und die Politik hat sich dem angeschlossen. Aus diesem Zusammenwirken ist ein Erfolgsmodell geworden. Die Krise ist noch nicht vorbei, aber offenbar spürt man sie in Deutschland nicht mehr so sehr. Wir haben jedoch ernste Probleme an der europäischen Peripherie. Ich hätte nie gedacht, dass Mitglieder unserer Währungsunion eines Tages auf die finanzielle Unterstützung anderer Länder und des IWF

Prof. Dr. Jürgen Stark Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank

angewiesen sein werden. Ich bin heute froh, dass der Währungsfonds dabei ist. Ich hätte es allerdings bevorzugt, wenn die Europäer ihre Probleme alleine hätten lösen können – indem sie sie erst gar nicht hätten entstehen lassen. Niemand soll sagen, es hätte zuvor keine Warnungen gegeben. So hat zum Beispiel die Europäische Zentralbank (EZB) vor den wachsenden Ungleichgewichten im Euroraum gewarnt. Ebenso evident war, dass sich einige Länder des Euroraums durch zu hohe Lohnstückkosten aus dem internationalen Wettbewerb herauskatapultiert hatten. Man hat diese Entwicklungen durchaus gesehen – aber es gab keine Bereitschaft, dies politisch zu adressieren.

Kein Industriestandort ohne wettbewerbsfähige Energieversorgung

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ie Energiewende bedeutet eine gewaltige wirtschaftspolitische Zäsur, die uns Deutsche in Kontrast zu unseren europäischen Partnern setzt. Sie ist nicht nur eine Frage des politischen und gesellschaftlichen Willens. Sie ist vor allem auch eine Frage der wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit. Ich bin Ingenieur. Und deshalb habe ich größten Respekt vor dem Erfindungsreichtum der Menschen unseres Landes. Aber mir fehlt die Phantasie, mir vorzustellen, wie wir in nur zehn Jahren Verkehr, Stromnetze und Kraftwerke schlagartig modernisieren sollen. Ich plädiere weiterhin entschieden dafür, keine fixen Termine für Ein-, Aus- oder Umstiege in der Zukunft zu benennen.

Der Energiepreis ist der Brotpreis unserer Tage. Er entscheidet über die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie – und damit über den Wohlstand für uns alle. Trotz aller Hindernisse bin ich davon überzeugt, dass wir die Ener­ giewende hinbekommen, wenn wir unsere Gräben verlassen und die drohende Ökodiktatur abschütteln. Der kulturelle Schritt nach vorne lautet: Statt Entweder-oder ein Sowohl-alsauch. Das kleine Stadtwerk und der große Energieversorger können sich ebenso sinnvoll ergänzen wie ein modernes Kohlekraftwerk und ein Windpark. Es gibt mehr Gemeinsamkeiten als wir denken. Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit kann man durchaus versöhnen, wenn beide Seiten aufeinander zugehen.

Dr. Jürgen Großmann Vorsitzender des Vorstands, RWE AG

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PODIUM I

Globalisierung nach der Krise: Weltwirtschaft zwischen Währungsdumping und neuem Protektionismus

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ie Einrichtung eines europäischen Stabilisierungsmechanismus zur Bewältigung der Verschuldungskrise in zahlreichen europäischen Ländern ist richtig. Aber dieser europäische Stabilisierungsmechanismus wird die Probleme nicht lösen. Er wird nur Zeit kaufen. Darum muss in dieser gewonnenen Zeit ein angemessener Mechanismus zur Restrukturierung dieser betroffenen Staaten entwickelt werden. Wir wollen diese Staaten nicht insolvent gehen lassen. Aber diese Staaten müssen restrukturiert werden. Vielleicht gehört zu einer solchen Restrukturierung auch ein geordnetes Verfahren zur Entschuldung auf der Zeitachse. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass die Griechen, mögli-

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cherweise auch die Portugiesen, ihre Staatsschulden aus eigener Kraft nicht in den Griff bekommen werden. Sie brauchen deshalb auch ein Konzept zur Re-Industrialisierung. Das eigentliche Problem der Länder an der europäischen Peripherie ist nicht allein ihre hohe Staatsverschuldung. Das eigentliche Problem ist – gerade im Vergleich zu Deutschland – eine viel zu geringe Wertschöpfung einer viel zu schmalen industriellen Basis. Politische Union heißt für mich: Integration von Märkten, Beseitigung von Wettbewerbshindernissen und auch Solidarität in Europa. Solidarität allerdings nicht missverstanden als Hilfe in ein Fass ohne Boden, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe, damit Länder und Volkswirtschaften wieder leis-

Friedrich Merz Vorsitzender, Atlantik-Brücke e.V.

tungsfähig werden. Wer sollte ihnen denn dabei helfen, wenn nicht die Europäische Union?


Podiumsdiskussion Wendelin von Boch

Vorsitzender des Aufsichtsrates, Villeroy & Boch

Das deutsche Engineering und die deutschen Manager haben in den letzten Jahren einen unglaublichen Quantensprung fertiggebracht. Warum sind die Chinesen, die Japaner und die Amerikaner so scharf auf europäische Produkte? Wir haben diesen European Lifestyle.

Anton F. Börner

Präsident, Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.

Globalisierung bedeutet, dass die Welt ein großes Dorf geworden ist. Und wenn in einem Dorf irgendwo Unfrieden herrscht, belastet das alle Dorfbewohner. Wenn wir in unserer hoch ent­wickelten Zone dieses Dorfes mit Wohlstand weiterleben wollen, müssen wir die dramatisch wachsende Weltbevölkerung stabilisieren.

Erich G. Fritz MdB

Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages

Die Deutschen sind gerne bereit, alle Vorteile der internationalen Arbeitsteilung als Konsumenten wahrzunehmen. Aber die Zusammenhänge, die dazu führen, dass wir in Europa ein noch nie da gewesenes Konsumniveau haben, werden nicht reflektiert. Im Gegenteil: Globalisierung wird als Bedrohung abgelehnt.

Dr. Werner Langen MdEP

Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament

Die Europäische Union hat den Binnenmarkt, aber wir haben viele Dinge im Binnenmarkt noch nicht geregelt. Jetzt wird es darauf ankommen, dass der neue Pakt für Wettbewerbsfähigkeit greift, so dass man die Wirtschafts- und Finanzpolitik stärker koordiniert.

Dr. Michael Mertin

Vorsitzender des Vorstands, Jenoptik

Wir haben heute eine höhere Produktivität und geringere Lohnstückkosten als viele andere ­Staaten auf der Welt. Ich warne vor den Forderungen nach einer schwächeren Produktivität in Deutschland. Wenn Sie den Einäugigen unter den Blinden verlieren, ist Europa wirtschaftlich verloren.

Moderation Heike Göbel

Verantwortliche Redakteurin Wirtschaftspolitik, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Wir sind noch in der Krise. Die Kosten für die Bankenhilfe und die Konjunkturprogramme waren ein enormer Schuldenschub, so dass wir in vielen Ländern nun eine Krise der öffentlichen ­Staatsfinanzen erleben. Neben hohen Schulden beobachten wir eine Zunahme von staatlichen Eingriffen in den Handel.

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PODIUM II

Weltmarktführer oder Protestnation: Industriestandort Deutschland am Scheideweg

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eltmarktführer und Protestnation müssen in meinen Augen kein Widerspruch sein. Vielmehr muss man beides in Einklang bringen. Wir sind beides: Weltmarktführer und Protestnation. Das spricht aber nicht gegen, sondern für Deutschland – weil bei uns die Ideen und Emotionen der Menschen aufgenommen werden. Und wenn man es richtig macht, münden sie in besseren Leistungen, in besseren Entwicklungen und im Aufbau neuer Strukturen. Das aktuellste Beispiel ist die Energiepolitik. Wir sind nach Fukushima von einer emotionalen Welle überrollt worden. Alle Parteien haben seit 30 Jahren davon gesprochen, dass die Atomener-

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gie eine Übergangstechnologie sei. Aber sie haben die Brücke zur neuen Energiewelt nicht gebaut. Die emotionale Welle zwingt nicht nur alle dazu, einen beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie zu wagen, sondern auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir das Zeitalter der regenerativen Energien erreichen. Das ist technisch höchst anspruchsvoll und herausfordernd. Ob das Experiment gelingt, weiß heute kein Mensch. Aber hier werden die Emotionen genutzt, um neue Kreativität auszulösen und neue technische Lösungen voranzutreiben. Wenn man den Druck aus der Bevölkerung richtig aufnimmt und kanalisiert, wird Deutschland auch künftig beides sein: Protestnation und Weltmarktführer.

Dr. Hermann Otto Solms MdB Vizepräsident des Deutschen ­Bundestages, Mitglied der FDP Bundestagsfraktion


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ber alle Sorgen sollten wir nicht vergessen, dass es uns derzeit ausgesprochen gut geht. Die deutsche Wirtschaft boomt – und das ist keine Selbstverständlichkeit. Der Ausbruch der weltweiten ­Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch nicht allzu lange her. Und mir scheint fast, als hätten wir vergessen, dass viele von uns vor drei Jahren noch den Beginn einer langen Durststrecke vorausgesagt haben. Wir alle wissen, es kam anders. Die deutsche Wirtschaft hat das Vorkrisenniveau bereits überschritten. Der jüngste Konjunkturbericht des Wirtschaftsministeriums nennt als einen wichtigen Grund für den Erfolg Deutschlands ganz explizit das Produzierende Gewerbe. Dieselbe Beobach-

tung mache ich auch in meinen ­Gesprächen mit Vertretern der Wirtschaft. Die Konjunkturentwicklung 2010 und 2011 ist nach meiner Auffassung kein zweites Wirtschaftswunder, sie geht vielmehr auf die hohe Wettbewerbs­fähigkeit des Industrie­ standorts Deutschland zurück. Und die speist sich aus der sehr hohen Innovationskraft unserer Unternehmen. Dadurch sind wir besser als andere Volkswirtschaften in der Lage, Krisen zu bewältigen und sogar gestärkt aus diesen hervorzugehen. Allzu selbstzufrieden dürfen wir freilich auch nicht sein. Deutschland braucht massive Investitionen in Bildung, ­Forschung und Infrastruktur, um Technologieführer zu bleiben. Die deutsche Industrie braucht Ansehen und Unter-

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann Sprecher des Vorstands, PricewaterhouseCoopers AG WPG

stützung, um ihrer Rolle als Konjunkturmotor auch künftig gerecht zu werden.

Ludwig-Erhard-Gedenkmünze in Silber an Dr. Hans Christoph von Rohr

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it der Gedenkmünze Ludwig Erhard in Silber ehrte der Wirtschaftsrat sein langjähriges Bundesvorstands- und Präsidiumsmitglied, Dr. Hans Christoph von Rohr, für seine Verdienste um die Soziale Marktwirt-

dervereinigung war beispielhaft. Lauk sagte in seiner Laudatio u. a.: „Seit über 35 Jahren gilt sein Engagement dem Wirtschaftsrat. Von 1988 bis 2003 Mitglied im Bundespräsidium, davon 1989 bis 1997 Vizepräsident. Seit mehr als 30

schaft. Ganz besonders sein Einsatz für marktwirtschaftliche Strukturen in den neuen Bundesländern nach der Wie-

Jahren Mitglied im Bundesvorstand. Er hat maßgeblich die Arbeit der Bundesfachkommission Wirtschaft und Wett-

bewerbspolitik geprägt. Lieber Herr von Rohr, wir alle danken Ihnen. Die Dankbarkeit ist tief empfunden. Von Rohr bedankte sich mit einer engagierten Rede und gab den Mitgliedern und Mandatsträgern des Wirtschaftsrates mit auf den Weg: „Meine große Bitte an die heute Gewählten lautet: Nehmen Sie teil an den Sitzungen, zeigen Sie Profil, riskieren Sie Widerspruch und, wenn es denn sein muss, auch mal einen echten politischen Konflikt. Die 12.000 Mitglieder haben Sie nicht gewählt, damit Sie in einem Abnickgremium „bellafigura“ machen. Gewählt sind Sie, weil der Wirtschaftsrat, weil unser Land auf der Position, zu der man Sie heute berufen hat, Menschen braucht, die einen klaren inneren Kompass haben, die sich für ihre politische Sache „outen“, die nicht zögern, auch mal gegen den „mainstream“ im eigenen Laden zu schwimmen, und die dafür eine Eigenschaft mitbringen, die zu allen Zeiten das vielleicht wichtigste Handwerkszeug guter Politik gewesen ist: Zivilcourage. Halten Sie in Ihrem Reisegepäck nach Berlin davon sicherheitshalber immer ein Stück griffbereit. Sie werden es brauchen.“

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Wirtschaftstag 2011

Podiumsdiskussion Klaus Betz

Geschäftsführer, Imtech Deutschland GmbH & Co. KG

Man sollte aufhören, Ängste zu schüren, weil Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Eine der größten Energiequellen, die wir erschließen können, ist die Energieeffizienz. Damit muss man sich wesentlich mehr befassen.

Dr. Michael Fuchs MdB

Stellv. Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand

Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Ereignisse in Fukushima hierzulande mit einer solchen Wucht Veränderungen herbeigeführt haben. Mir fällt dazu nur Voltaire ein, der einmal gesagt hat: Am Grunde eines Problems sitzt immer ein Deutscher.

Tuomo Hatakka

Vorsitzender des Vorstands, Vattenfall Europe AG

Vattenfall ist nicht nur ein „böser“ Energieversorger. Wir sind auch ein Investor. Wir ­investieren in Deutschland in den kommenden fünf Jahren mehr als acht Milliarden E. Die Politik muss aufpassen, dass sie Investoren nicht verunsichert.

Thomas Richterich

Vorstandsvorsitzender, Nordex SE

Im internationalen Vergleich ist die Entwicklung von Großprojekten in Deutschland nicht besonders schwierig. Einzige Ausnahme ist China, aber hier gibt es auch keine demokratischen Strukturen. Wenn wir Netzleitungen quer durch Deutschland ziehen wollen, müssen wir eben einen Interessenausgleich finden.

Prof. Hans Helmut Schetter

Vorsitzender des Aufsichtsrates, Bilfinger Berger Budownictwo S.A.

Stuttgart 21 zeigt, dass Deutschland die Fähigkeit zur Realisierung von Großprojekten ­zunehmend abhanden kommt. Ohne Großprojekte ist es mir um unsere Zukunft bange. Wenn wir die Energiewende hinbekommen wollen, dann haben wir ein Großprojekt vor uns, wie wir bisher noch keins hatten in der Nachkriegsgeschichte.

Moderation Dr. Christian Ramthun

Stv. Leiter Hauptstadtbüro, WirtschaftsWoche

Weltmarktführer oder Protestnation? Die Probleme Fachkräftemangel, Steuern oder auch Akzeptanzmangel bei Großinvestitionen hat es immer schon gegeben – die Frage ist jedoch, ob die Probleme heute eine andere Qualität haben als früher.

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PODIUM III

Innovationsfähigkeit international: Kampf um Rohstoffe, Arbeitsplätze und kluge Köpfe

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icherlich stellen sich auch die Mitglieder und Freunde des Wirtschaftsrates die Frage, wie wir unseren Wohlstand und den sozialen Frieden sichern wollen. Niemand wird guten Gewissens antworten, dass wir einfach alles so belassen sollten wie es ist. Wir leben nicht alleine auf dem Planeten, um uns herum verändert sich alles. Also müssen auch wir uns ständig dem Prozess der Veränderung aussetzen, um im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden. Es kommt nicht nur darauf an, dass sich Deutschland weiterentwickelt, sondern vor allem darauf, wie das geschieht. Wir stehen gegenwärtig vor großen Herausforderungen: Die künftige Energiepolitik und die Gewinnung

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as Kennzeichen der heutigen Zeit ist das Verschwinden alter Gewissheiten. Was bleibt? Der Kampf um Rohstoffe, der Kampf um Arbeitsplätze und der Kampf um die klugen Köpfe. Deutschland hat keine Rohstoffe. Wir sind Weltmeister im Veredeln der Rohstoffe anderer. Deutschland ist Spitzenreiter in der Welt bei Komponenten und Teilen, bei der Beherrschung von komplexen Systemen. Unser Rohstoff sind deshalb die klugen Köpfe. Und die Arbeitsplätze, die die Veredelung bewerkstelligen. Innovation definiert als Kombination von Erfindungen und Markterfolg – frei nach Schumpeter –, hat uns den Wohl-

von Fachkräften für unsere Wirtschaft sind gute Beispiele dafür. Mit der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft hat die Union schon früh gezeigt, dass sie eine klare Grundposition hat. Wir wollen Deutschland gemeinsam erneuern. Wir wollen rund um die Uhr innovativ sein. Wenn wir auch in Zukunft eine führende Rolle als Wirtschafts- und Exportnation spielen wollen, müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass ein innovationsfreundliches Klima vorherrscht. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen dazu an einem Strang ziehen. Wenn wir alle keine Angst vor Veränderungen haben und uns unsere Faszination und unsere Neugier gegenüber technischem Fortschritt bewahren, bin

stand beschert, den wir heute genießen. Wir haben aber auch zum ersten Mal eine Gesellschaft, die das Gefühl hat, wir haben den Zenit erreicht. Das ist fatal. Wir müssen auch künftig um den Faktor produktiver sein, in dem wir im Vergleich zu Anderen teurer sind. In der Vergangenheit hatten wir genügend kluge Köpfe. Aber haben wir auch künftig noch ausreichend Ingenieure? Der demographische Wandel wird zur größten Herausforderung für dieses Land. Die junge Generation ist sehr kosmopolitisch ausgerichtet und empfindet den Standort als Wahlfaktor. Verantwortung für den Standort Deutschland zu tragen heißt auch,

Volker Bouffier MdL Ministerpräsident des Landes Hessen

ich sicher, dass Deutschland auch in Zukunft ein guter Standort für Innovationen sein wird.

Frank Riemensperger Vorsitzender der Geschäftsführung, Accenture GmbH

Verantwortung für unsere Wettbewerbsfähigkeit zu tragen.

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Wirtschaftstag 2011

Podiumsdiskussion Dr. Klaus Harste

Vorsitzender des Vorstands, Saarstahl AG

Die Rohstoffmärkte werden von einigen wenigen Anbietern dominiert. Wir haben heute keine Preisverhandlungen mehr, wir werden mit Preisdiktaten konfrontiert. Wir werden diese Kosten an unsere Kunden weitergeben müssen. Das wird man überall spüren, wo Stahl gebraucht wird.

Dr. Carsten Linnemann MdB

Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages

Wir sind in einer sehr kritischen Phase. Unseren Industriekern müssen wir unbedingt halten. Deshalb müssen wir bei der Energiepolitik auch Wahrheiten aussprechen – wie die, dass wir nach dem Atomausstieg neue Gas- und Kohlekraftwerke brauchen.

Dr. Michael Meister MdB

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Wir sind gut aus der Krise gekommen, weil wir Industrie- und Dienstleistungsstandort sind. Wenn wir diese Stärke behalten wollten, müssen wir auch in Zukunft beides bleiben.

Dr. Richard Pott

Mitglied des Vorstands, Bayer AG

Industrieunternehmen schaffen mit ihren innovativen Produkten echte Werte. Deshalb sollte die Politik die innovativen Industrien wieder stärker in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellen.

Moderation Dr. Martin Kessler

Leitender Redakteur Politik, Rheinische Post

Machen wir uns nichts vor: Wenn wir aus der Atomenergie aussteigen, wird der Strom teurer. Auch das gehört zur Wahrheit. Es stellt sich die Frage, ob energieintensiv produzierende Unternehmen in Deutschland wettbewerbsfähig bleiben.

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Deutschland und Schweden sind zwei Beispiele für die Herausforderungen der Zukunft

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ir beobachten seit einigen Jahren massive Veränderungen in der globalen Wirtschaft. Vor einer Dekade noch standen die reichen Industrieländer für zwei Drittel der weltweiten Wertschöpfung. Heute, nur zehn Jahre später, erwirtschaften wir weniger als die Hälfte des Weltsozialprodukts. Und die Vorhersage fällt nicht schwer, dass es in zehn Jahren weniger als 40 Prozent sein werden. Hinzu kommt: Die reichen Industrieländer leben jenseits ihrer Möglichkeiten. Sie nehmen hohe Schulden für ihren Konsum auf, zugleich altert ihre Bevölkerung. Das schafft auch für die Europäische Union eine schwierige Situation. Die Staatsverschuldung ist im Schnitt auf über 80 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen. Europa hat Schwierigkeiten, im globalen Wettbewerb mit-

Fredrik Reinfeldt Ministerpräsident des Königreichs Schweden

zuhalten. Eine Reihe europäischer Staaten leidet unter einem schwachen Wachstum, niedriger Produktivität und hoher struktureller Arbeitslosigkeit. Wir brauchen mehr strukturelle Reformen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die anderen europäischen Regierungschefs immer zuhören, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel und ich das fordern. Deutschland und Schweden sind nach meiner Auffassung zwei gute Beispiele dafür, wie wir die Herausforderungen der Zukunft in einer multipolaren Welt mit einem schärferen Wettbewerb bewältigen können. Das Stichwort lautet: Soziale Marktwirtschaft, die durch strukturelle Reformen weiterentwickelt werden muss. Wir sollten aber demütig genug sein, um festzustellen, dass eine Menge mehr zu tun bleibt. Vor uns liegt ein steiniger Weg.

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