Hamburg: Green Logistics Capital

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Hamburg: Green Logistics Capital Landesfachkommission Logistik und Infrastruktur

DIE STIMME DER SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT


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Landesfachkommission Logistik und Infrastruktur

Hamburg: Green Logistics Capital Thesen zur intelligenten Weiterentwicklung der Infrastruktur für eine nachhaltige Logistik in der Metropolregion Hamburg Hamburg, 01. September 2011

Kommissionsvorsitz:

Prof. Dr. Peer Witten

Mitglieder der Kommission:

Jens Beckmann, Marcus Bönning, Heinrich Goller, Werner Gruhl, Peter Hoffie, Prof. Dr. rer. pol. Wolfgang Kersten, Jan Kopfmann, Michael Kubenz, Ina Luderer, Ute Plambeck, Burkhard D. Sommer, Dr. Jürgen Vogt.

Mitarbeit:

Philipp Arndt

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Hamburg: Green Logistics Capital

INHALT

Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Zusammenfassung der Thesen und Forderungen des Wirtschaftsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5-6 Detailbericht Logistik ist Wachstumsmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Hamburg, die führende Logistikmetropole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7-8 Sechs Thesen und Forderungen zur Weiterentwicklung der Logistikmetropole Hamburg 1. Bereits die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur bietet erhebliche Wachstumspotentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8-9 2.

Langfristige Wettbewerbsfähigkeit erfordert den intelligenten Ausbau der Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10-11

3.

Green Logistics bietet eine dauerhaft ökonomische Perspektive für Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 – Green Transportation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12-15 – Green Facilities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15-16 – Green Ports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16-18

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Verlässliche Rahmenbedingungen sind Voraussetzungen für eine stabile Zukunftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

5.

Durch Schulterschluss von Wirtschaft und Wissenschaft wird eine Innovationsführerschaft in der Logistik erreicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18-20

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Organisatorische Konsequenzen und Präsenz nach Außen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22


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Päambel Hamburg versteht sich bereits heute als grüne Logistikmetropole. Durch die frühzeitige politische Ausrichtung auf umweltschonendes Wirtschaften konnte sich Hamburg in den letzten Jahren schrittweise zu einer grünen Logistikhauptstadt entwickeln. Dies wird auch durch die Vergabe des Titels „Europas Umwelthauptstadt 2011“ von der Europäischen Kommission belegt: I

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Die Hansestadt Hamburg hat mit ihrem Stadthafen eine exzellente Infra- und Suprastruktur. Aufgrund der günstigen geographischen Lage erreicht das Schiff intermodale Schnittstellen für den interkontinentalen Warenhandel für Nordeuropa, die weit in das Festland reichen. Hamburg hat eine beispielhafte Schienenanbindung und verfügt über den größten Rangierbahnhof Europas. Der Stadtflughafen bietet internationale Verbindungen und ist schnell erreichbar. Zahlreiche öffentliche und private Projekte haben in der Metropolregion eine Vorreiterrolle in der grünen Logistik eingenommen. Seit längerem folgen sie dem Grundgedanken der Nachhaltigkeit.

Zusammenfassung der Thesen und Forderungen des Wirtschaftsratesl Hamburg hat bereits in den vergangenen Jahren bewiesen, dass der wachsende ökologische Anspruch nicht im Wiederspruch zur Ökonomie steht, im Gegenteil: „Green Logistics“ schafft eine dauerhafte ökonomische Perspektive. Die Politik sollte hierfür die Unternehmen bei ihren ökologischen Aktivitäten unterstützen und Innovationen fördern. Mit dem Titel Umwelthauptstadt kann sich Hamburg international positionieren und muss diese Chance zur weiteren Stärkung nachhaltigen Wirtschaftens nutzen. Zur Sicherung und Weiterentwicklung Hamburgs als Green Logistics Capital sind jedoch konsequente Schritte notwendig, die in folgenden Thesen zusammengefasst sind: 1. Bereits die effizientere Nutzung vorhandener Infrastruktur bietet erhebliche Wachstumspotentiale I Unter Einsatz von Telematiksystemen sollte ein intelligentes Verkehrsmanagement ausgebaut werden, durch das der Verkehrsfluss besser gesteuert und höhere und gleichmäßige Auslastungsgrade ermöglicht werden. I Baustellen- und Unfallstörmanagement müssen beschleunigt und der Lang-LKW zugelassen werden. I Durch die Einrichtung einer Bahnleitzentrale im Hamburger Hafen wird die Schienenkapazität merklich erhöht. 2. Langfristige Wettbewerbsfähigkeit erfordert den intelligenten Ausbau der Infrastruktur I Die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe ist aufgrund der Schiffsgrößenentwicklung unerlässlich. I Die Verlängerung der A 26 und der Bau der A 252 (Hafenquerspange) sind für die Landanbindung dringend erforderlich. I Langfristig ist der Autobahnring samt Ost-Umgehung notwendig. I Der umweltschonende Schienengüterverkehr sowie die Leistungsfähigkeit des Hafens müssen mit der Y-Trasse gestärkt werden.

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3. Green Logistics bietet eine dauerhafte ökonomische Perspektive für Hamburg Langfristiges Wirtschaftswachstum ist in Hamburg nur mit grüner Logistik möglich: I Die Seeschifffahrt ist weiter zu stärken, Emissions-Grenzwerte müssen in Europa einheitlich sein, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. I Intermodale Schnittstellen zur Bahn sind auszubauen. I Die Schiffbarkeit von Unter- und Oberelbe muss gewährleistet werden. I Im Hafenhinterlandverkehr sind Investitionen in die Infrastrukturanbindung der Schiene erforderlich, um die Schiene in bi- und trimodale Transportketten effizienter einzubinden. I Der kombinierte Verkehr ist durch Schnittstellenoptimierung und verkehrsübergreifende Informationsbereitstellung zu fördern. I Im Straßengüterverkehr sind innovative Ansätze zum Umweltschutz zu fördern. Langfristig bedarf es des flächendeckenden Ausbaus der Suprastruktur für Elektro-, Hybrid- und Erdgasfahrzeuge. 4. Verlässliche Rahmenbedingungen sind Voraussetzungen für eine stabile Zukunftsentwicklung I Der Wirtschaftsrat spricht sich gegen eine mögliche Einbeziehung von Hafendienstleistungen in eine allgemeine europäische Richtlinie zur Regelung von Konzessionen aus. I Der Wirtschaftsrat appelliert an den Hamburger Senat, seine Zusagen gegenüber den betroffenen Hafenunternehmen in der heutigen Freizone einzuhalten und drängt auf einen wirtschaftsfreundlichen Transformationsprozess. 5. Durch Schulterschluss von Wirtschaft und Wissenschaft wird eine Innovationsführerschaft in der Logistik erreicht I Dringend erforderlich ist der Aufbau eines Lehrstuhls für Verkehrs- und Transportwirtschaft in Hamburg, der auf national und international wettbewerbsfähigem Spitzenniveau angesiedelt werden muss. I Institutionalisierung des Austauschs zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zur besseren Berücksichtigung industrieller Bedarfe in Forschung und Lehre. I Durch weitere Förderung des Clusters Logistik sollte eine noch bessere Vernetzung aller Akteure erfolgen und gleichzeitig eine Kaderausbildung erreicht werden. 6. Organisatorische Konsequenzen und Präsenz nach Außen Eine Bündelung der Kräfte nach innen und eine aktivere Präsenz nach außen stärkt Hamburgs Position in der Logistik: I Die Bereiche Wirtschaft, Infrastruktur und Verkehr sollten in einer Behörde zusammengefasst werden. I Hamburg sollte seine Präsenz in Berlin und Brüssel verstärken und seine Netzwerke weiter ausbauen. I Die Wirtschafts- und Logistikmetropole Hamburg sollte international noch stärker vermarktet werden. Hierzu bedarf es eines geschlossenen Marketingkonzepts aus einer Hand.

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Detailbericht Logistik ist Wachstumsmotor Deutschland wurde im vergangenen Jahr in dem von der Weltbank veröffentlichten Logistics Performance Index, der die Attraktivität von 155 Ländern als Logistikstandort bewertet, erstmals zum besten Logistikstandort der Welt gekürt. Die Einwohnerzahl, der hohe Wohlstand, die zentrale Lage in Europa, die vergleichsweise gut ausgebaute Infrastruktur sowie die polyzentrische Wirtschaftsstruktur unterstützen Deutschland als Logistikweltmeister. In den letzten fünf Jahren betrug das nominelle Wachstum der Logistikindustrie im Durchschnitt jährlich sieben Prozent und liegt damit deutlich über dem Bruttoinlandsprodukt. Auch in den nächsten zehn Jahren kann die Logistik mit einem nominalen Wachstum von rund vier Prozent pro Jahr rechnen. Es ist Aufgabe der Wirtschaftspolitik, durch Modernisierung und Ausbau für eine leistungsfähige Infrastruktur zu sorgen und umweltpolitisch Verantwortung wahrzunehmen. Nur eine effiziente Infrastruktur ermöglicht bei geringen physischen Transportkosten eine höhere Produktivität, steigert die Beschäftigung und fördert das Wirtschaftswachstum. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind Zukunftsinvestitionen und bilden das Rückgrat unserer Exportnation. Sie sind eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum, Wohlstand, Klimaschutz und Lebensqualität. Auch wenn durch die vergangene Finanz- und dadurch ausgelöste Wirtschaftskrise die globalen ebenso wie die regionalen Warenströme zurückgegangen sind, gehen Wirtschaftsexperten mittel- und langfristig von einer weiteren Zunahme des Güterverkehrs aus. Bereits in 2010 wurde ein deutliches Wachstum des nominalen Umsatzes realisiert und für das laufende Jahr auf über fünf Prozent veranschlagt, sodass das Verkehrsaufkommen wieder das Niveau vor der Wirtschaftskrise erreichen würde. Der im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel berechnete Logistik-Indikator verbesserte sich im vierten Quartal 2010 zum sechsten Mal in Folge. Deutschland wird jedoch den Titel Logistikweltmeister verlieren, wenn die Infrastruktur der rasant wachsenden Verkehrsleistung nicht mehr gerecht wird. Die Logistikindustrie steht vor mittelfristigen Herausforderungen und der politische Handlungsbedarf ist groß: Engpässe in der Infrastruktur, höhere Anforderungen an den Klimaschutz und der drohende Fachkräftemangel. Der unlängst vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) aufgelegte „Aktionsplan Güterverkehr und Logistik“ sieht Investitionen in Höhe von fast 12 Milliarden Euro für eine nachhaltige und umweltgerechte Verkehrsinfrastruktur vor. Er nennt fünf Kernziele: I den Logistikstandort Deutschland stärken, I die Effizienz aller Verkehrsträger steigern, I Verkehrsträger durch optimal vernetzte Verkehrswege nutzen, I die Vereinbarkeit von Verkehrswachstum und Umwelt- und Klimaschutz fördern, I gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen im Transportgewerbe unterstützen.

Hamburg, die führende Logistikmetropole Hamburg ist Deutschlands Logistikhauptstadt und gehört zu den attraktivsten Logistikzentren in Europa. Aufgrund der geographischen Lage übernimmt die Stadt eine zentrale Funktion in den Handels- und Verkehrsströmen in Deutschland und Europa. Die Bruttowertschöpfung im Verkehrssektor ist mit rund zehn Prozent mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Zwei von drei Containern, die durch Deutschland rollen, beginnen oder beenden ihre Reise in Hamburg. Für eine Exportnation mit hohem Industrialisierungsgrad muss die wirtschaftliche Stärkung der Logistikindustrie ein politisches Ziel sein. Nur so kann die Stadt dem wachsenden Verkehrsaufkommen gerecht werden. Der Hamburger Hafen, Deutschlands größter Seehafen, Europas drittgrößter Containerhafen und einer der bedeutendsten Warenumschlagsplätze der Welt, ist mit ca. 165.000, inklusive Umland mit knapp 280.000 direkt und indirekt Beschäftigten der größte Arbeitgeber der Metropolregion. Begünstigt durch die Containe7


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risierung der Gütertransporte, dem Einsatz größerer Schiffe bei abnehmenden Stückkosten, der Zunahme internationaler Warenströme sowie die Anbindung zu den schnell wachsenden Volkswirtschaften des Baltikums und Osteuropas, konnte sich Hamburg als wichtiges Drehkreuz in Nordeuropa etablieren und Hub-andSpoke-Transportnetzwerke mit intermodalen Schnittstellen aufbauen. Das hohe Umschlagvolumen erlaubt ferner eine effizientere Bündelung und Beladung von Zügen im Hinterlandverkehr und von Feederschiffen. Als Universalhafen mit einem Umschlag von 121 Millionen Tonnen im Jahr 2010 und seiner in Europa einmalig ausgebauten Hinterlandinfrastruktur bietet der Hafen Hamburg exzellente Umschlagsbedingungen. Hinzu kommen eine beispielhafte Schienenanbindung mit dem größten Eisenbahngüterbahnhof in Maschen, einem Stadtflughafen mit internationalen Flugverbindungen sowie ein dichtes Straßennetz. Durch die Verknüpfung der Verkehrsträger hat sich die Metropolregion Hamburg zu einer bedeutenden Drehscheibe interkontinentaler Warenverkehre für Nord- und Osteuropa entwickelt. Dies zeigt sich am erheblichen Anteil der Transshipmentverkehre wie auch dem wesentlichen Anteil der überregionalen Hinterlandverkehre. Entsprechend ist Hamburg nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland die wichtigste Schnittstelle von Güterverkehren, sondern auch für angrenzende Regionen und Nationen. Die verstärkte länderübergreifende Kooperation der fünf Nordländer Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen ist von entscheidender Bedeutung, um auf politischem Wege die Wettbewerbsfähigkeit des Logistiksektors in Deutschland zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Das seit Januar 2011 gestartete Maritime Cluster Norddeutschland ist ein Beispiel, vertrauensvoll in der maritimen Wirtschaft zusammenzuarbeiten und Norddeutschland zu einem innovativen und leistungsstarken Zentrum der maritimen Wirtschaft in Europa zu entwickeln. Trilaterale Projekte können hohe Synergieeffekte erzielen, die eine Multiplikatorwirkung auf sämtliche Wirtschaftssektoren ausüben.

Sechs Thesen und Forderungen zur Weiterentwicklung der Logistikmetropole Hamburg 1. Bereits die effizientere Nutzung vorhandener Infrastruktur bietet erhebliche Wachstumspotenziale Deutschland verfügt grundsätzlich über eine gute Infrastruktur, jedoch können kurzfristig realisierbare Maßnahmen den Verkehrsfluss erheblich steigern. Ziel ist eine gleichmäßige durch Informationsaustausch vernetze Verkehrsauslastung. Alle Unternehmen wirken dabei in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich aktiv darauf hin, dass der fließende Wirtschaftsverkehr möglichst störungsfrei und ohne zeitliche Einschränkungen funktioniert. Vorhandene Kapazitäten müssen bestmöglich genutzt und staatliche Restriktionen weitestgehend abgebaut werden. Bereits eine intelligente Nutzung der vorhandenen Infrastruktur kann in erheblichem Umfang Engpässe reduzieren und gleichzeitig die ökologischen Belastungen verringern. Folgende Maßnahmen sind erforderlich: Kapazitätsbeschränkende Regulierungen der öffentlichen Hand, wie z.B. das Sonntagsfahrverbot im Zulauf des Hafens, müssen aufgehoben und ein übergreifend gesteuertes Baustellenmanagement für die Metropolregion eingeführt werden. Verkehrsstörungen (z.B. bei Unfällen) müssen von Polizei und Leitstellen schnell aufgelöst werden. Die zeitintensive mündliche und schriftliche Dokumentation zur Beweisaufnahme sollte durch den Einsatz moderner Technik abgelöst werden. Darüber hinaus muss ein übergreifendes Verkehrslenkungssystem zur flexiblen Ampelschaltung, Spurzuweisung und Umleitung in hoch ausgelasteten Verkehrsbereichen eingesetzt werden. Die Bereitstellung von Verkehrsinformationen für Transportunternehmen führt ebenfalls zur gleichmäßigeren Auslastung der Infrastruktur. Der Einsatz von Telematiksystemen muss in Zukunft eine übergeordnete Verkehrssteuerung und eine bessere Dispositionsmöglichkeit der Verlader ermöglichen. Als Konsequenz können diese ihre Betriebszeiten so einrichten, dass Verkehrsspitzen vermieden und schwach ausgelastete Tageszeiten mit den darin liegenden Kapazi-tätsreserven besser genutzt werden. Hierbei bedarf es eines leistungsfähigen IT-Systems, um akteursübergreifend transportrelevante Daten bereitzustellen.

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Die Einrichtung einer Bahnleitzentrale im Hamburger Hafen, derzeit in der Pilotphase, führt zu einer essentiellen Kapazitätssteigerung des Verkehrsträgers Schiene: Die Planungs- und Betriebssteuerung der Schieneninfrastruktur erfolgt partnerübergreifend über eine neutrale Institution im Hafen und ist Koordinator bei Planabweichungen, in der Tagesdisposition und im Störfallmanagement. Die Etablierung einer Lokmeldestelle im Hamburger Hafen ist in der Planung. Sie soll ca. 400 Lokleerfahrten pro Woche zwischen Maschen und Waltershof reduzieren, Trassen entlasten, unnötige Standzeiten verringern und die Ressourcenplanung verbessern. IT-gestützte Bahn-Logistikknoten (BLK) verbessern die Kommunikation des Hafenbahn-Verkehrs und das Slotverfahren (Zuführung und Abholung von Zügen). Vorstellkapazitäten müssen im östlichen Hafen HamburgWilhelmsburg und westlichen Hafen Hamburg-Unterelbe noch geschaffen werden. Eine größere Zuglänge sollte zur effizienteren Ressourcennutzung weiterhin in Betracht gezogen werden; so sollen anstatt der in Deutschland üblichen 750 Meter Länge zur Steigerung der Transportkapazität 835 Meter lange Güterzüge zwischen Padborg (DK) und Maschen eingesetzt werden. Die Erhöhung der Zuglänge ist der technischbetriebliche Hebel für die Verbesserung der Produktivität. Dieser Ansatz ist auch im Aktionsplan Güterverkehr und Logistik der Bundesregierung als Maßnahme „2 H Durchführung eines Feldversuchs mit langen Güterzügen“ verankert. Obwohl der Hamburger Hafen aufgrund seines überdurchschnittlichen Bahn-Anteils im Seehafenhinterlandverkehr als „Eisenbahn-Hafen“ bezeichnet wird, hat dennoch der LKW einen Anteil von über 60 Prozent am landseitigen Gesamtaufkommen. Der LKW dominiert überwiegend auf kurzen Strecken im Umkreis von 150 Kilometern rund um den Hamburger Hafen und kann durch andere Verkehrsträger nicht ersetzt werden. Eine Stärkung der Leistungsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit des Verkehrsträgers ist zur Stärkung des Hafenstandortes Hamburg in Europa notwendig und gleichzeitig Voraussetzung zur Bewältigung der weiter wachsenden Gütermenge. Seit 1993 sind Investitionen im Straßengüterverkehr weniger stark gestiegen als die Nachfrage. Zur Vermeidung von Verkehrsüberlastungen an neuralgischen Punkten mit entsprechenden ökologischen und volkswirtschaftlichen Schäden durch Staus, kann eine nach Zeit und Strecke differenzierte LKW-Maut auf Bundesautobahnen beitragen. Eine Zunahme der LKW-Verkehre führt ebenso zur Steigerung des ruhenden Verkehrs und erfordert ein höheres Parkplatzangebot. Fahrzeugführern muss entlang der Haupttransportrouten sowie in Ziel- und Quellorten ausreichender Parkraum zur Verfügung gestellt werden. Der Einsatz von LangLKW führt zu positiven externen Effekten: Neben der Verringerung des Ausstoßes um mehr als 30 Prozent bei gleicher Transportleistung (darunter Kohlenstoffdioxid, Stickstoffoxide und Rußpartikel) reduzieren sich Bedienerfrequenz und Straßenbelastung. Die Kosten können um 15 bis 20 Prozent gesenkt werden. Vor dem Hintergrund drohender Fahrerknappheit wird bestehendes Fahrpersonal optimal eingesetzt. Das zwischen Hamburg und Lübeck durchgeführte Pilotprojekt hat die Verkehrssicherheit derartiger Fahrzeuge bewiesen. Der modulare Aufbau von Transportbehältnissen (diese müssen kranbar und für vorhandene KV-Tragwagen geeignet sein) kann dazu beitragen, den Vor- und Nachlauf in intermodalen Transportketten zu optimieren und damit den kombinierten Verkehr als Ganzes zu stärken.

FORDERUNGEN DES WIRTSCHAFTSRATES I I I I I

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Abbau von Einschränkungen (z.B. das generelle Sonntagsfahrverbot) und effizientere Gestaltung des Baustellen- und Unfallmanagements durch aktive Steuerung. Telematiksysteme müssen in Zukunft eine verkehrsträgerübergreifende Funktion erfüllen und transportrelevante Daten bereitstellen. Strecken- und Zeitdifferenzierung der LKW-Maut, um Verkehrsspitzen zu entlasten. Einrichtung eines Parkleitsystems und bedarfsgerechter Aus- und Neubau von LKW-Parkplätzen mit den dazugehörigen sanitären Anlagen und Verpflegungsmöglichkeiten rund um den Hamburger Hafen. Zulassung von Lang-LKWs für übergeordnete Straßennetze aus ökologischen und ökonomischen Gründen. Da in vielen Transportbereichen die Transportbehältnisse eher volumen- als gewichtsausgelastet sind, sollten lediglich die höheren Leergewichte und maximal zulässigen Gesamtgewichte um 4 Tonnen auf 44 Tonnen bzw. 48 Tonnen im kombinierten Verkehr angepasst werden. Die Etablierung einer Bahnleitzentrale im Hamburger Hafen ist zu forcieren.

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2. Langfristige Wettbewerbsfähigkeit erfordert den intelligenten Ausbau der Infrastruktur Neben der effizienten Nutzung vorhandener Infrastruktur ist ihr weiterer Ausbau von entscheidender Bedeutung, um den ökonomischen Anforderungen gerecht zu werden. Mit einem Güterverkehrswachstum von rund 70 Prozent binnen der nächsten 15 Jahre sind sofortige Investitionen notwendig, die trotz intelligentem Verkehrsmanagement unabdingbar sind und im Rahmen der „Ahrensburger Liste“ (siehe Anhang) besondere Priorität haben. Die Exportnation Deutschland muss ihre Attraktivität als Logistikstandort halten und hierfür ihre Infrastruktur so ausbauen, dass der wachsende Güterstrom ohne Engpässe abgewickelt werden kann. Der Ausbau muss bedarfsgerecht erfolgen und nicht nach ideologischen Gesichtspunkten, z.B. durch einseitige Bevorzugung eines Verkehrsträgers. In welchen Häfen die Güter umgeschlagen werden, entscheidet der Reeder nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Für die Wahl des Anlaufhafens spielen die Kosten der gesamten Transportkette, die Auslastung der Schiffe sowie der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle. Da See- und Hinterlandverkehre komplementäre Dienstleistungen sind, müssen die Kapazitäten dieser nacheinander gelagerten Transportwege gleichermaßen ausgebaut werden. Bei dauerhaften Restriktionen der seewärtigen Zufahrt erhöht sich das Risiko eines Verlustes von ganzen Linienverbindungen. Für Hamburg hätte dies in mehrfacher Hinsicht schwerwiegende wirtschaftliche Folgen: Neben der Umschlagsdienstleistung geht zugleich Wertschöpfung aufgrund geringerer Transportmengen im Vor- und Nachlauf (Feeder, Bahn, LKW) sowie bei den Dienstleistungen rund um die Ladung (wie z.B. Containerpacken) verloren. Mittelbar sind neben dem Verkehrsgewerbe auch Handel, Banken und Versicherungen mit ihren spezifischen Dienstleistungen für die Hafenwirtschaft betroffen. Die Reduzierung der Wertschöpfung bedeutet letztlich eine Gefährdung der Arbeitsplatzsicherheit von Beschäftigten in den genannten Dienstleistungsbereichen. Eine optimale Anbindung und seewärtige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens sind daher unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass der Hafen auch künftig seine Rolle als wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Impulsgeber für die Metropolregion erfüllen kann. Die starke Rolle Deutschlands im Welthandel ist untrennbar mit der Leistungsfähigkeit ihrer Seehäfen verbunden, von der die gesamte Bundesrepublik mit ihrer Vielzahl von komplementären Industrie- und Dienstleistungsbereichen profitiert, die in allen Regionen und Wirtschaftssektoren angesiedelt sind. Vor diesem Hintergrund ist die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe das wichtigste Infrastrukturprojekt für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens. Die Elbe lässt derzeit nur Tiefgänge von max. 12,50 Metern bei tideunabhängiger Fahrt bzw. max. 13,50 Metern bei Fahrt im Zeitfenster der Flutwelle zu. Begegnen sich zwei Schiffe auf der Elbe, darf eine maximale Breite beider Schiffe von zusammen 90 Metern nicht überschritten werden. Bereits heute gibt es einen gewichtigen Anteil von Schiffen mit einer Breite von mehr als 45 Metern und Tiefgängen über 13,50 Meter, die Hamburg nur innerhalb eines eng bemessenen Tidefensters oder nicht voll beladen anlaufen können. Dabei wird die Schiffsgröße wegen steigender Skalenerträge weiter zunehmen. So werden alleine bis 2014 weltweit rund 160 Containerschiffe mit einer Kapazität von jeweils mehr als 10.000 TEU (Twenty-foot equivalent unit) gebaut. Zu diesem Zeitpunkt wird der Anteil der Groß-Containerschiffe an der Gesamtzahl bei etwa 15 Prozent liegen (2009: knapp 4 Prozent). Berücksichtigt man, dass bereits Schiffe mit einer wesentlich geringeren Stellplatzkapazität Tiefgangseinschränkungen unterliegen, so wird deutlich, wie dringlich eine zeitnahe Umsetzung der Elbvertiefung ist. Unterbliebe der Ausbau, würde Hamburgs Rolle als Logistikdrehscheibe Nordeuropas abnehmen. Zusätzlich würden bestehende Kostenvorteile durch Bündelung von Containern für den Transshipment- und Hinterlandverkehr sinken und anderen Standorten ein schnelleres Wachstum ermöglichen, wodurch wiederum der Standortvorteil Hamburgs weiter geschwächt würde. Insgesamt würde Hamburg sukzessive seine Drehkreuzfunktion verlieren. Weil sie die Wirtschaftsregionen miteinander verbindet, begrüßt der Wirtschaftsrat außerdem die Realisierung der Fehmarnbeltquerung. Die Verlängerung der A 26 ist eine dringend erforderliche zusätzliche Ost-West-Verbindung zwischen Drochtersen und dem Anschluss an die A 7. Durch die Realisierung wird die B 73, über die der heutige und künftige Verkehr im Unterelberaum zwischen Hamburg und Cuxhaven abgewickelt wird, als regionale Straßenverbindung ersetzt. Mit der Verlängerung ist ebenso der Bau der A 252, die sogenannte Hafenquerspange

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(Westumgehung), zur Verbindung der A 1 und A 7 im Hamburger Hafen aus Sicht der Hafen- und Verkehrswirtschaft unverzichtbar, um eine anforderungsgerechte Abwicklung der Verkehre mit Blick auf die sich verschärfende Wettbewerbssituation in der Nordrange zu ermöglichen. Sie ist ferner ein Baustein für einen zukünftigen Autobahnring um Hamburg, der mittelfristig mit der A 21 anzustreben ist. Die Y-Trasse Hamburg/Bremen – Hannover sieht eine Eisenbahn-Neubaustrecke von Hannover über Walsrode nach Hamburg und Bremen vor. Durch die Trennung von Personen- und Güterverkehr im betrieblichen Ablauf (tagsüber schnelle Personenzüge, nachts Güterzüge auf der Y-Trasse) und die für den Güterverkehr frei werdenden Trassen auf bestehenden Abschnitten (heute auch für Personenzüge genutzt), werden zusätzliche Kapazitäten für den Güterverkehr frei und wird die Pünktlichkeit verbessert. Bereits Ende 2009 gab der Bund Planungsmittel in Höhe von 20 Millionen Euro frei. Die zur Verfügung stehenden Bundesmittel für die Planung werden voraussichtlich bis 2012 ausreichen. Am 1. November 2010 erklärte sich das Land Niedersachsen bereit, zehn Millionen Euro der weiteren Planungskosten für die Neubaustrecke vorzufinanzieren. Bremen und Hamburg kündigten Mitte Dezember 2010 an, sich ebenfalls an der Vorfinanzierung der Planungskosten zu beteiligen. Eine zukunftsgerechte Schienengüterverkehrsanbindung wird gleichzeitig die Hafenpolitik im internationalen Wettbewerb und die Leistungsfähigkeit der deutschen Seehäfen stärken. Hamburg Airport ist der größte Verkehrsflughafen Norddeutschlands und ein entscheidender Wirtschaftsfaktor innerhalb der Metropolregion: mit ca. 13 Millionen Passagieren und 72.000 Tonnen umgeschlagener Luftfracht jährlich stellt er einen bedeutenden Knotenpunkt für die internationale Vernetzung der Metropolregion dar und ermöglicht den schnellen Transport hochwertiger Güter. Mit insgesamt 15.000 Beschäftigten zählt der Flughafen zu den größten Arbeitgebern innerhalb der Metropolregion Hamburgs. Luftfracht und Logistik spielt für Hamburg Airport und die ansässigen Unternehmen eine wichtige Rolle; auch wenn der Status eines Air Cargo Hubs nicht im Vordergrund der Entwicklung steht, so ist die Leistungsfähigkeit des Angebots für import- und exportorientierte Unternehmen von großer Bedeutung: Hamburg Airport entwickelt derzeit gemeinsam mit Logistikunternehmen ein neues Luftfrachtzentrum, das den aktuellen Anforderungen im Bereich der Luftfracht und des Green Building-Gedankens Rechnung tragen wird. Bereits 2009 wurden mit dem Ausbauprogramm HAM21 die kompletten Terminalanlagen erneuert oder ausgebaut sowie die Erreichbarkeit für die Passagiere und die 15.000 Beschäftigten mit der neuen S-Bahn wesentlich verbessert.

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Schnelle Realisierung der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe. Die seewärtige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens für Schiffe der neusten Generation ist eine unabdingbare Voraussetzung, damit der Hafen auch künftig seine wichtige Rolle als wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Impulsgeber für Hamburg und die Metropolregion ausfüllen kann. Die norddeutschen Küstenländer sind aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit die für Norddeutschland wichtige und notwendige zusätzliche Ost-West-Verbindung durch die Hafenquerspange mit direktem Anschluss an den Neubau der A 26 in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes aufgenommen und eine Finanzierung durch den Bund sichergestellt wird. Auf dieser Grundlage sollte das Planfeststellungsverfahren noch in diesem Jahr eingeleitet werden. Langfristig ist neben der West- auch die Ostumgehung (Autobahnring) notwendig. Die Y-Trasse muss aufgrund ihres hervorragenden Kosten-Nutzenfaktors im Interesse des Bundes sofort umgesetzt werden, um den Verkehrsträger Bahn wie auch die deutschen Seehäfen im supranationalen Wettbewerb zu stärken. Bedarfsgerechter Ausbau des Hamburger Flughafens im Bereich der Luftfracht.

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3. Green Logistics bietet eine dauerhafte ökonomische Perspektive für Hamburg Die Metropolregion Hamburg zeichnet sich durch ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum aus, begünstigt durch einen ausgewogenen Branchenmix. Dennoch belasten insbesondere Industrie- und Logistik die Umwelt nur in vertretbarem Rahmen. Die Auszeichnung Hamburgs durch die Europäische Kommission zur „European Green Capital“ ist hierfür sichtbarer Ausdruck. Auch in Zukunft ist es notwendig, eine Balance zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit zu halten. Damit positioniert sich Hamburg als „Green Logistics Capital“: Alle künftigen Investitionen werden diesem Anspruch unterworfen, ohne die Wirtschaftsdynamik zu gefährden, sondern neue Chancen durch Nachhaltigkeitsorientierung zu ergreifen und damit zusätzliches Wachstum zu generieren. Mehrere kürzlich durchgeführte Studien über Green Logistics (BME/DHBW, INVL, Steria Mummert) belegen den Trend unter Logistikanbietern und deren Kunden zu mehr Nachhaltigkeit. Eine erfolgreiche Reduzierung der Treibhausemissionen erfordert eine aktive Beteiligung der Privatwirtschaft, deren Investitionen durch wirtschaftliche Anreize gestärkt werden: Laut Studie Green Trends Survey von 2010 könne das Unternehmensimage verbessert, die Unternehmensverantwortung durch Öffentlichkeitsarbeit dargestellt und Kostensenkungen realisiert werden. Nachhaltigkeit wird zu einem wichtigen Faktor für Wettbewerbsfähigkeit und ein zentraler Faktor für die Unternehmensreputation und das Markenimage. Seit dem 15. Dezember 2010 trägt Hamburg offiziell den Titel der „Umwelthauptstadt Europas 2011“ und muss diese Auszeichnung zur verstärkten Konzentration nachhaltig wirtschaftender Logistikunternehmen für sich als Wirtschaftsstandort nutzen. Im Folgenden sind ökologische Schwerpunkte und Gestaltungsmöglichkeiten für einzelne Verkehrsträger, Logistikimmobilien, den Hafen und den Flughafen Hamburg angesprochen. Dabei wird deutlich, dass der Logistikstandort Hamburg heute schon eine überragende Rolle spielt und deshalb zu Recht den Titel „Green Logistics Capital“ trägt.

Green Transportation Die Schifffahrt transportiert rund 90 Prozent des Welthandelsvolumens und ist mit lediglich drei Prozent für globale CO2-Emissionen verantwortlich. Entsprechend ist das Seeschiff hinsichtlich der Energieeffizienz und des CO2-Ausstoßes, bezogen auf seine Transportleistung, der umweltfreundlichste Verkehrsträger. Darüber hinaus gilt seit Juli 2010 für den gesamten Schiffsverkehr in den Fahrtgebieten Nordsee, Ostsee und Ärmelkanal eine reduzierte Schwefeloxid-Obergrenze. Diese Regionen zählen zu den sogenannten SECAGebieten (Schwefelemissions-Überwachungs-Gebiete), für die die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO eine Absenkung des Schwefelgehaltes von 1,5 Prozent auf 1,0 Prozent beschlossen hat. In einer zweiten Stufe soll ab 2015 der Schwefelanteil ein weiteres Mal auf 0,1 Prozent limitiert werden. Die reduzierten Grenzwerte für den Ausstoß von Schwefel sind ökologisch sinnvoll, dürfen jedoch nicht zur Ungleichbehandlung zu Lasten der nordeuropäischen Häfen führen, da die reduzierten Grenzwerte für den Ausstoß von Schwefel nur für die Nord- und Ostsee verpflichtend sind. Für alle anderen Fahrtgebiete gilt weiterhin eine Schwefelobergrenze von 4,5 Prozent, ab 2012 von 3,5 Prozent. Dies ist ein klarer Wettbewerbsnachteil beispielsweise gegenüber Häfen im Mittelmeerraum. Darüber hinaus belegen jüngste nordeuropäische Studien, dass die Absenkung des Schwefelgehaltes von 1,0 Prozent auf 0,1 Prozent zu einer Verteuerung des Treibstoffes führen würde mit der Folge, dass die Frachtkosten um bis zu 40 Prozent ansteigen. Eine solche Kostenentwicklung würde zu einer Verlagerung der Güterverkehre vom Schiff zurück auf den LKW führen. Zurzeit wird nach Alternativen geforscht: Neben der Beimischung von Wasser zum Treibstoff oder das Einsprühen von Wasserdampf in den Zylinderraum, kann Marinegasöl statt Schweröl die Emissionen reduzieren. Diese kostenintensiven Umbaumaßnahmen der Antriebsmotoren führen zu Wettbewerbsnachteilen und erfüllen dennoch nicht die Grenzwerte. Lediglich Flüssiggas als Schiffstreibstoff (Liquefied Natural Gas, LNG) kann die Grenzwerte unterbieten und Schwefeloxide um rund 90 Prozent, Stickoxide um über 80 Prozent und CO2 um 25 bis 30 Prozent senken. Nach derzeitigem Stand ist jedoch nicht zu leugnen, dass die Handhabung und die Betankung komplex sind, die Technik noch nicht marktreif ist, höhere Sicherheitsbestimmungen erforderlich werden und der Treibstoff größeren Laderaum zu Lasten der Transportmenge beansprucht.

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Als Massentransportmittel genießt das Seeschiff auch unter ökologischen Gesichtspunkten ein besonderes Augenmerk; eine Stärkung des Hafens sowie intermodale Schnittstellen sind deshalb voranzutreiben. Ordnungspolitische Vorgaben müssen mit Augenmaß festgesetzt werden und dürfen weder zu erheblichen Kostensteigerungen bei den Unternehmen, noch zu Wettbewerbsverzerrung führen mit der Folge, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährdet wird. Der Wirtschaftsrat fordert den Senat und die Bundesregierung auf, nationale Standortbedingungen zu sichern und Wettbewerbsnachteile der deutschen Seehäfen zu vermeiden: Dies bezieht sich insbesondere auf einheitliche Emissions-Grenzwerte in Europa. Die politische Förderung emissionsarmer Technologien ist dem traditionellem Regulierungsansatz mit Zufahrtsbeschränkung durch Vorgabe fester Grenzwerte vorzuziehen, um regionale Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Auch wenn das Schiff ökologisch vorbildlich ist, werden von der maritimen Industrie erhebliche Fortschritte angestrebt: Slow-Steaming, SkySails, Wind-Rotoren und neue Anstriche sind Beispiele und sollen auf ihre Wirtschaftlichkeit evaluiert werden.

Die Binnenschifffahrt muss für multimodale Verkehre im Hinterland als Alternative zum LKW-Transport stärker eingebunden werden. In Anbetracht des wachsenden Verkehrsvolumens wird dem Binnenschiff mit seinen freien Kapazitäten nicht nur in Hamburg, sondern im gesamten Elbstromgebiet eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Allerdings ist eine stärkere Einbindung des Binnenschiffes im Hinterlandverkehr an die Schiffbarkeit von Mittel- und Oberelbe gebunden. Dies bedeutet eine garantierte Fahrinnentiefe von 1,6 Metern an mindesten 345 Tagen des Jahres. Es handelt sich dabei nicht um einen Ausbau der Elbe, sondern um die Instandsetzung und den Abschluss von zuvor durchgeführten Strombaumaßnahmen, die u.a. auch bereits im Bundesverkehrswegeplan von 1992 beschlossen waren. Darüber hinaus würden ein Ausbau der Schleusen und Schiffshebewerke sowie eine Anhebung der Brückendurchfahrtshöhen die Kapazität und somit die Wirtschaftlichkeit der Binnenschifffahrt merklich erhöhen und ermöglichen die Zielsetzung, ihren Anteil von derzeit zwei auf fünf Prozent zu erhöhen.

FORDERUNGEN DES WIRTSCHAFTSRATES I

Der Wirtschaftsrat setzt sich dafür ein, dass durch Unterhaltungsmaßnahmen die Mittel- und Oberelbe wieder für die Binnenschifffahrt – auch wirtschaftlich tragfähig – befahrbar gemacht wird. Hierfür muss eine Fahrrinnentiefe von 1,6 Metern an 345 Tagen gewährleistet sein und Brückendurchfahrtshöhen dem Schiffsverkehr angepasst werden.

Ein erhöhter Anteil von Bahntransporten führt zu einem umweltschonenden Landtransport. Der seit Frühjahr 2010 von DB Schenker Rail angebotene CO2-freie Schienentransport „Eco Plus“ nutzt Strom aus regenerativen Energien: Auf Wunsch transportiert DB Schenker die Waren der Kunden auf allen deutschen Relationen CO2frei. Dabei stellt DB Schenker sicher, dass der für den Transport benötigte Strom vollständig aus regenerativen Energien ins Bahnstromnetz eingespeist wird. Moderne Einsatzflotten, die Erhöhung der Zugauslastung, die Rückspeisung von Bremsenergie und eine energiesparende Fahrweise erhöhen ebenso die Nachhaltigkeit. Dennoch unterliegt der elektrische Schienenverkehr als einziger Verkehrsträger der Doppelbelastung aus Steuern und Emissionshandelskosten. Die vollständige Versteigerung von Zertifikaten im Stromsektor ab 2013 führt zu einer finanziellen Mehrbelastung im dreistelligen Millionenbereich. Langfristig sind einheitliche europäische Steuer und Bremssysteme notwendig, um einen wesentlichen Anteil am prognostizierten Güterverkehrsaufkommen auf der Schiene zu transportieren.

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Hamburg: Green Logistics Capital

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Eisenbahntransporte genießen aufgrund ökologischer Aspekte besondere Priorität im Hafenhinterlandverkehr. Terminals für den kombinierten Verkehr sind zur Stärkung multimodaler Verkehrskonzepte auszubauen. Konzepte zur Lärmreduzierung müssen erarbeitet werden. Erlöse aus dem Emissionshandel sind zur Stärkung des klimafreundlichen Schienenverkehrs zu verwenden. Die technologische Harmonisierung der europäischen Eisenbahn (Interoperabilität) ist weiter zu vertretbaren Kosten anzustreben.

Der Lastkraftwagen wird auch in Zukunft auf Kurzstrecken der wichtigste Verkehrsträger bleiben. Sein Anteil an der gesamten Verkehrsleistung betrug im vergangenen Jahr 71,9 Prozent. Eine optimale Auslastung, die Reduktion von Leerfahrten und der Ausbau vorhandener Flotten mit Euro-5 LKW wird die CO2-Bilanz reduzieren. Optimierte Tourenplanung, regelmäßige Fahrerschulungen im Bereich ökonomischer Fahrweisen unter Ausnutzung des technischen Entwicklungsstandes bzgl. Aerodynamik, Start-Stopp-Funktionen und alternativen Antriebsarten müssen ebenso ins unternehmerische Kalkül einbezogen werden, wie der Widerspruch, Kundenanforderungen zwischen schneller Lieferzeit und Umweltschutz durch höhere Auslastungsgrade gerecht zu werden. Technische Alternativen, wie z.B. sogenannte Aerodynamikpakete oder rollwiderstandsoptimierte LKWReifen, können zur Umweltschonung beitragen und rentieren sich wirtschaftlich bereits kurz- bis mittelfristig. Biodiesel erzeugt zwar weniger CO2, doch seine Erzeugung ist CO2-intensiv und der Einsatz ökonomisch nur sinnvoll, wenn dieser ca. 12 bis 14 Cent billiger ist als normaler Dieseltreibstoff. Erdgas stößt bei seiner Verbrennung 80 Prozent weniger Stickoxide und Kohlenwasserstoffe aus als Diesel, doch muss aufgrund der nur begrenzt verfügbaren Menge langfristig eine Alternative gefunden werden. Hybrid-Technologien stellen derzeit keine ökonomische Alternative dar, können jedoch mittelfristig von KEP-Dienstleistern (Kurier-, Express- und Paketmarkt) mit hohen innerstädtischem Transport in Betracht gezogen werden. Langfristig sind Antriebe mit unbegrenzt verfügbarem Wasserstoff zu entwickeln. Der deutsche Kurier-, Express- und Paketmarkt (KEP) nimmt mit seiner schnellen Bedienerfrequenz und flexiblen Transport- und Logistikdienstleistungen eine Sonderfunktion in der Transportwirtschaft ein, die der Wirtschaft eine arbeitsteilige Produktion ermöglicht und direkt Privathaushalte mit ihrer enormen Segmentierung beliefert. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch ist bei den leichten Nutzfahrzeugen von 1980 bis 2007 um circa 34 Prozent und bei schweren Nutzfahrzeugen um rund 25 Prozent gesunken. Stickoxid-, Kohlenwasserstoff- und Kohlenmonoxid- sowie Rußpartikelemissionen konnten deutlich reduziert werden; der durchschnittliche Ausstoß von Kohlenwasserstoff sank von 1980 bis 2007 bei leichten Nutzfahrzeugen um 97 Prozent, bei schweren Nutzfahrzeugen um 44 Prozent. Überlange LKWs, der Einsatz von Elektrofahrzeugen, regenerativen Bremssystemen, der Einsatz verschiedener Fahrzeuggrößen zur Steigerung der Auslastung, Hybrid-Fahrzeuge mit Eco-Stopp-Automatik, Erdgastransporter und der Einsatz von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Als Folge dieser Investitionsentscheidungen konnte die Transportintensität (erbrachte Fahrzeugkilometer je Sendung) gesteigert und die CO2-Emissionen je Sendung reduziert werden.

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Unternehmen sollten alle Maßnahmen zur Schonung der Umwelt ergreifen, die sich kurz- bis mittelfristig amortisieren, z.B. die Nutzung von Reifendrucksensoren, Aerodynamikpaketen und eine optimierte Tourenplanung. Langfristig muss der alternative Antrieb gefördert werden, indem die dafür notwendige Suprastruktur zur Energieversorgung für Elektro-, Hybrid- und Erdgasfahrzeuge flächendeckend ausgebaut wird. Der KEP-Markt sollte bei leicht- und mittelschweren Straßentransporten mit Elektromobilität vorstoßen.


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Bei Flugzeugtransporten sind neben voller Kapazitätsauslastung, optimierter Aerodynamik, Windausnutzung und Leichtbauweisen auch kraftstoffsparende Triebwerke einzusetzen. Logistikunternehmen sollten bei weniger zeitkritischen Waren das Hochseeschiff als Alternative in Betracht ziehen, um in Abstimmung mit dem Kunden eine längere Lieferzeit zugunsten der Transportkosten und einer geringeren CO2-Bilanz in Kauf zu nehmen.

FORDERUNGEN DES WIRTSCHAFTSRATES I I

Das Routenmanagement muss stets die Kapazitätsauslastung priorisieren. Bei weniger zeitkritischen Gütern müssen auch alternative Verkehrsträger herangezogen werden.

Intelligente Verknüpfung der Verkehrsträger Erst die Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger liefert einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Multimodale Schnittstellen können das gesamte Verkehrssystem optimal auslasten und die Vorzüge einzelner Verkehrsträger miteinander verbinden. Unternehmen und die öffentliche Hand müssen gleichermaßen zu einer Lösung beitragen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Heterogene Verkehrsnetze schaffen Systembrüche (intramodal, intermodal, international) und damit höhere Umschlagskosten. Diese können nur mit finanziellem Engagement überwunden werden. Grund für diese Reibungsverluste an Schnittstellen ist der hohe Wettbewerb einzelner Verkehrsträger: Im Vordergrund steht die eigene Auslastung anstelle einer Kooperation verschiedener Transportketten. Die Notwendigkeit transportbegleitender Datenströme über Unternehmensgrenzen hinweg wird nicht anerkannt. Innovationen zwischen Systemen werden so verhindert. Unternehmen sollten Allianzen mit gemeinsamer Risikoübernahme und Vermarktung zur Schnittstellenüberbrückung bilden, ihre Umschlagskosten durch hohe Auslastung senken und administrative und technische Hemmnisse abbauen (Begleitpapiere, Signalsysteme und Sicherheitsvorschriften). Informationssysteme können gemeinsam gefördert und die Statusinformationen in der Transportkette bereitgestellt werden.

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Kombinierter Verkehr ist durch Schnittstellenoptimierung zu fördern. Verkehrsübergreifende Anreize müssen geschaffen und gesetzliche Rahmenbedingungen zum Datenschutz und zur Datensicherung aufgestellt werden, um den unternehmensübergreifenden Informationsaustausch zu erleichtern. Anstelle von Insellösungen müssen nationale Zulassungen innerhalb der EU abgebaut und administrative sowie technische Hemmnisse im internationalen Warenverkehr beseitigt werden.

Green Facilities Unter Green Facilities werden Logistikimmobilien verstanden, die in ihrer Anlagenstruktur und im Betrieb in hohem Maße Umweltaspekte berücksichtigen. Hierunter fallen nicht nur die Nutzung erneuerbarer Energien, sondern auch geringe Bodenversiegelung und Lärmbelästigung, die gemeinsame Nutzung von Parkhäusern oder Kantinen sowie die Schaffung alternativer Grünflächen. Die Entwickler müssen mit ihrem Plankonzept nachweisen, dass weniger Ressourcen verbraucht und Emissionen abgegeben werden als herkömmliche Bauweisen. Logistikzentren erfordern einen hohen Energiebedarf, der aufgrund seiner punktuellen Konzentration mit wenigen Maßnahmen umweltschonend gestaltet werden kann: Tageslicht wird stärker durch Lichtlenksysteme genutzt, energiesparende Leuchtmittel installiert, der Einsatz von Vorschaltgeräten, Reflektoren bis hin zur Umstellung auf Leuchtdioden kann sowohl die Anzahl als auch den Energieverbrauch vorhandener Leuchtmittel optimieren. Logistikzentren sollten sich ebenso konsequent für nachrüstbare Durchflussmengenkonstanthaltern und Sensorwasserhähne einsetzen. Bei entsprechend großen Dächern kann Regenwasser zur (LKW-) 15


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Reinigung, Kühlung und WC-Spülung eingesetzt werden, um den Wasserverbrauch merklich zu reduzieren. Effiziente Photovoltaikanlagen können in Zukunft ebenso einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten. Eine Wärmeerzeugung durch Biomasse kann bereits heute in Erwägung gezogen werden. In der Metropolregion gibt es mehrere Beispiele für grüne Logistikzentren: Im Oktober 2010 wurde die Logistikimmobilie LogPark Hamburg in Rade von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) prämiert und ist damit die erste Logistikanlage mit dem höchsten Gütesiegel in der Metropolregion Hamburg. Der Logistikpark wurde nach ökologischen, ökonomischen, soziokulturellen und funktionalen Aspekten beurteilt. Dunkelstrahlertechnik und Geothermie werden zur Beheizung verwendet, der Tageslichtanteil ist überdurchschnittlich hoch und höchste thermische Isolierung wurde verbaut. Für Mitarbeiter wurde eine Buslinie vom S-Bahnhof Neu Wulmstorf eingerichtet, eine standortgerechte Bepflanzung realisiert und naheliegende Ausgleichsflächen finanziert. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat die Regierung für Unternehmen und Privathaushalte die Möglichkeit geschaffen, ihren Strombedarf selbst zu produzieren. Die Soltau-Logistic-Center GmbH & Co. KG, ein multi-user-Logistikstandort mit einer Lagerkapazität von ca. 55.000 CCG2-Palettenstellplätzen und 60.000 m2 Freilager-, Abstell- und Rangierfläche sowie Gleisanschluss mit Bahnrampe, nutzt zum Beispiel ein Blockheizkraftwerk, das als kompakte Anlage mittels Kraft-Wärme-Kopplung Wärme und Strom erzeugt. So wird benötigte Energie direkt vor Ort erzeugt und überschüssige Energie in ein Nahwärmesystem gespeist. Das Kraftwerk nutzt den nachwachsenden Rohstoff Rapsöl, wobei Rohstofflieferanten mittels besonderer Zertifizierung den Nachweis erbringen müssen, dass die Rapsflächen nur für die Energiegewinnung angelegt wurden, um keine Lebensmittelanbauflächen zu verwerten. Um Anreize für die Anschaffung eines eigenen Kraftwerkes zu schaffen, beinhaltet das EEG Zuschläge für die erzeugten Strommengen. Ein weiteres Beispiel ist der geplante Logistikpark in Hamburg-Bergedorf: Auf einer Gesamtfläche von rund 26,5 ha beabsichtigt die Freie und Hansestadt Hamburg den Bau eines „grünen Logistikparks“, der durch energetisch nachhaltige Bauweise und Bewirtschaftung ein Beispiel für die Vereinbarkeit von Logistik und Umweltschutz werden soll. Das Plangebiet befindet sich östlich vom Curslacker Neuer Deich, südlich der Bahnstrecke Bergedorf – Geesthacht und nördlich der Bundesautobahn A 25. Ziel ist die Ansiedelung von Logistikbetrieben, insbesondere mit Lagerungs-, Verteilungs- und Verpackungsaufgaben, um die Wettbewerbsfähigkeit Hamburgs zu stärken. Die Nachfrage an neuen Umschlags- und Lagerflächen in Hamburg ist zwei bis drei Mal so groß wie das herrschende Angebot und ihr Bau notwendig. Für die Entwicklung des Parks werden geeignete Partner gesucht. Entscheidend für den Zuschlag sei dabei der Charakter eines Gesamtmodells mit einheitlichen und verpflichtenden Umweltstandards.

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Die Politik hat die Rahmenbedingungen zu schaffen, die den wirtschaftlichen Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen. Ökonomische Anreize müssen stets Ressourcenschonung nach sich ziehen. Die Vergabe einer jährlichen Preisauszeichnung – wie zum Beispiel der HANSE GLOBE – kann weitere Unternehmen bestärken, nachhaltiger zu wirtschaften und ihr Markenimage zu verbessern.

Green Ports Der Hafen Hamburg übernimmt als Green Port einen gewichtigen Anteil am verliehenen Titel Green Capital 2011: Mehr als 90 Prozent des interkontinentalen Welthandels werden über den Seeweg abgewickelt. Diese Transportwahl ist aus ökonomischen und ökologischen Gründen sinnvoll: Um die Menge eines einzigen Containerschiffes mit 8.000 Standardcontainern auf dem Landweg zu transportieren, müssten 160 Züge oder 6.400 Lastkraftwagen eingesetzt werden. Die großen Überseeschiffe können aufgrund der günstigen verkehrsgeografischen Lage Hamburgs rund 130 km weit ins Binnenland hineinfahren und damit viel näher als von jedem anderen europäischen Hafen an die sich dynamisch entwickelnden Volkswirtschaften in Mittel- und

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Osteuropa herangeführt werden. Bei der Fahrrinnenanpassung der Außen- und Unterelbe geht es damit auch um den europäischen Klimaschutz und die Entlastung des Transitlandes Deutschland von LKW-Transporten – ein Aspekt, der in der öffentlichen Debatte ebenfalls bedacht werden sollte. Weil die Umweltverträglichkeit des Gütertransports nicht von einem Verkehrsträger, sondern von der Gesamtbilanz der Transportkette abhängt, ist es ein wesentliches umweltpolitisches Ziel der Hamburger Hafenbetriebe, die gesamte Transportkette ökologisch zu gestalten. Bereits heute wird rund ein Viertel des Zu- und Ablaufverkehrs des Hamburger Hafens per Feederschiff abgewickelt. Vom verbleibenden Ladungsanteil entfallen im Container-Fernverkehr rund 70 Prozent der Transportmenge auf die ebenfalls umweltfreundliche Schiene. Im Hamburger Hafen werden daher nicht nur volkswirtschaftlich ertragreiche und verkehrswirtschaftlich effiziente, sondern vor allem auch umweltverträgliche Transportketten miteinander verknüpft. Darüber hinaus leisten die Hafenbetriebe durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauches: Es wird in umweltfreundliche Technik investiert, ein Umweltmanagementsystem eingeführt und die Energieeffizienz ihrer Prozessabläufe optimiert. Alle aufgelisteten Maßnahmen tragen zur Verringerung des Ressourcenbedarfes und damit zu einem umweltfreundlichen und nachhaltigen Gütertransport bei. Der „sauberste Transportweg“ für den Binnenmarkt führt entsprechend durch Hamburg! Die Flughafen Hamburg GmbH (FHG) hat in den vergangenen Jahren 38 Millionen Euro in Programme zum passiven Schallschutz investiert und realisiert zahlreiche Nachhaltigkeitskonzepte: Seit 1998 besteht ein Lärmkontingent, das eine Obergrenze für Fluglärm vorsieht. Nachtflugbeschränkungen stellen einen wirkungsvollen Kompromiss zwischen ökonomischer Entwicklung des Flughafens und dem Ruhebedürfnis der Anwohner dar. Weiterhin wurden lärmabhängig gestaffelte Landeentgelte eingeführt, welches den Einsatz lauterer Flugzeuge kostenintensiver gestaltet. Seit Anfang 2010 wurde das Entgeltsystem durch Schadstoffemissionen ergänzt – ein zusätzlicher Beitrag zum Erhalt der Luftqualität am Standort, die seit Langem durch niedrige Schadstoffkonzentrationen geprägt ist. Langfristig sollen Treibhausgase von der wirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt und deutlich gesenkt werden. Strategisch verankert ist dieses Vorhaben in der Teilnahme der FHG an dem System der Airport Carbon Accreditation (ACA). Dabei handelt es sich um ein Regelwerk, anhand dessen ein Flughafen seine eigenen CO2Emissionen systematisch und regelmäßig erfassen, bewerten und durch festgelegte Maßnahmen senken kann. ACA soll das seit mehr als 12 Jahren am Flughafen umgesetzte Umweltmanagementsystem in Richtung Klimaschutz ergänzen. Das Umweltmanagementsystem wurde 1999 erstmalig nach EMAS und nach ISO 14.001 zertifiziert. Die FHG war damals der erste Flughafen weltweit, der diese Akkreditierung erreichte. Auch dieses Zertifikat, das jährlich überprüft und erneuert wird, dient dem Ziel, Umweltschutz dauerhaft wirksam und mit hohem Stellenwert vor Ort voranzutreiben. Mit der seit dem Jahr 2003 bestehenden Mitgliedschaft in der Umweltpartnerschaft der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sowie der Teilnahme an Initiativen bei Green Capital 2011 will die FHG verdeutlichen, dass diese Tatsache im Umweltbewusstsein vor Ort berücksichtigt wird. Die Verwendung von Erdgas als Treibstoff für PKW, Gepäckschlepper sowie für Passagierbusse auf dem Vorfeld ist eine weitere Maßnahme, um die Emission von Luftschadstoffen und Treibhausgasen durch den Fahrzeugverkehr am Standort zu senken. Seit Januar 2010 werden Fahrzeuge weitgehend mit Biogas betankt: Dies führt zu einer Reduktion von CO2-Emissionen bis zu 65 Prozent pro Fahrzeug. Erdgas dient hierbei jedoch nur als Zwischenlösung. Langfristig soll der Fahrzeugverkehr nahezu komplett emissionsfrei werden. Treibstoff der Wahl ist dabei Wasserstoff. In einem derzeit laufenden Forschungsprojekt werden drei Fahrzeuge mit Wasserstoff betrieben, um praxisnahe Einsatzmöglichkeiten dieser Technik eingehend zu testen. Neben diesem Projekt befasst sich eine Reihe anderer Forschungsarbeiten mit Lösungsmöglichkeiten zu Umweltfragen des Flughafenbetriebs, die im Rahmen des hamburgischen Luftfahrtclusters von der Bundesregierung gefördert werden, u.a. der Einsatz alternativer Kraftstoffe, alternative Antriebskonzepte und die Energieeffizienz von Flughafenbauten. Ein weiteres Projekt in diesem Rahmen sieht die Entwicklung eines Hilfstriebwerks für Flugzeuge auf Brennstoffzellenbasis vor. In diesen Forschungsvorhaben arbeitet die FHG eng mit Airbus, der Lufthansa sowie einigen Hochschulen zusammen. Hierbei wird deutlich, dass aus Sicht der FHG ein ständiger Innovationsprozess für die nachhaltige Entwicklung des Flughafens entscheidend ist. 17


Hamburg: Green Logistics Capital

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Das Umweltmanagement muss stets die gesamte Transportkette ökologisch ausrichten. Eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Infrastruktur des Airport Hamburg unter ökologischen Gesichtspunkten, darunter der Bau des neuen Luftfrachtzentrums im südlichen Flughafenbereich, ist erwünscht. Weitere Unterstützung der Innovationsprojekte des Flughafen Hamburgs.

4. Verlässliche Rahmenbedingungen sind Voraussetzungen für eine stabile Zukunftsentwicklung Grundlage jeder Investitionsentscheidung privater Unternehmen bilden gesetzliche Rahmenbedingungen zur mittel- und langfristigen Planungssicherheit. Nach mehreren gescheiterten Anläufen in den vergangenen Jahren unternahm die EU-Kommission Mitte 2010 einen erneuten Vorstoß zur Liberalisierung von Hafendienstleistungen, wonach zur Überlassung von Hafenflächen Regelungen der EU über die Vergabe von Konzessionen anzuwenden sind. Die Miet- und Pachtverträge zwischen der öffentlichen Hand und den Seehafenbetrieben zur Nutzung der Terminalflächen sind privatrechtliche Verträge. Bei Konzessionen handelt es sich demgegenüber um eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben an Private, die in der Regel mit engen Vorgaben für die Erbringung einer bestimmten Leistung verbunden ist. Der Hafenumschlag ist keine öffentliche Aufgabe und somit nicht Gegenstand einer Konzession. Eine Regulierung von Hafendienstleistungen durch eine mögliche Konzessionsrichtlinie ist daher nicht notwendig. Die Aufhebung der Freizone im Hamburger Hafen ist beschlossen und wird zum 1. Januar 2013 umgesetzt. Um die Unternehmen in der heutigen Freizone beim erforderlichen Transformationsprozess zu unterstützen, wurden zwischen allen Beteiligten konkrete Rahmenbedingungen vereinbart: Die Vorlage der Durchführungsverordnungen zum „modernisierten Zollkodex“, die Ausschöpfung des Ermessensspielraumes bei der Abforderung der Sicherheitsleistungen zugunsten der Unternehmen und die Vorlage eines Gesamtkonzeptes für den Logistikstandort Hamburg nach dem Prinzip „Zoll zum Kunden“. Grundsätzlich ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen auch davon abhängig, inwieweit es gelingt, gegenüber Mitbewerbern wie beispielsweise Rotterdam oder Antwerpen die besten wirtschaftlichen Konditionen zu bieten. Die Summe aller Kostenbestandteile sollte sich letztlich an den Preisen der Mitbewerber messen lassen, damit sich die deutschen Seehäfen im grenzüberschreitenden Wettbewerb behaupten können.

FORDERUNGEN DES WIRTSCHAFTSRATES I I

Der Wirtschaftsrat spricht sich gegen eine mögliche Einbeziehung von Hafendienstleistungen in eine allgemeine europäische Richtlinie zur Regelung von Konzessionen aus. Der Wirtschaftsrat appelliert an den Hamburger Senat, seine Zusagen gegenüber den betroffenen Hafenunternehmen in der heutigen Freizone einzuhalten und drängt auf einen wirtschaftsfreundlichen Transformationsprozess.

5. Durch Schulterschluss von Wirtschaft und Wissenschaft wird eine Innovationsführerschaft in der Logistik erreicht Wirtschaft Durch Europas drittgrößten Containerhafen und den europaweit größten Rangierbahnhof in Maschen hat sich die Metropolregion Hamburg in den letzen Jahren zur bedeutendsten Güterverkehrsdrehscheibe Nordeuropas entwickelt. Insgesamt arbeiten knapp 330.000 Beschäftigte im Bereich Logistik in der Metropolregion Hamburg. Nach einer Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist die Zahl der in der Metro-

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polregion Hamburg gemeldeten Stellen in der Logistik von Frühjahr bis Herbst 2010 um rund 25 Prozent gestiegen – stärker als auf dem Hamburger Arbeitsmarkt insgesamt. Zuwächse verzeichneten insbesondere Speditionskaufleute sowie Lager-, Transport- und Umschlagsarbeiter. Trotz der starken Nachfrageentwicklung wird die Zahl der erwerbsfähigen Bevölkerung in Hamburg nach Angaben des IAB in den kommenden 20 Jahren um fast 77.000 Menschen schrumpfen: Die Logistik wird von dieser Prognose besonders getroffen, da das Durchschnittsalter der Angestellten höher liegt und mit Ausnahme der Speditionskaufleute ein nur geringer Prozentsatz der Arbeitnehmer unter 25 Jahre alt sind. Es müssen entsprechend größere Anstrengungen unternommen werden, alle Berufsgruppen in der Logistikindustrie attraktiv zu präsentieren und mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Mit der größten Schule für Speditionskaufleute und einer großen Auswahl an logistischen Studiengängen bietet Hamburg bereits eine gute Ausgangslage. Damit Hamburg seine Spitzenposition im europäischen Vergleich behaupten und ausbauen kann, muss die Hansestadt Hamburg ihre Innovation durch Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft forcieren. Auch um dies zu erreichen, haben sich mehr als 450 Unternehmen und Institutionen aus Industrie, Handel und Dienstleistung gemeinsam mit der Freien und Hansestadt Hamburg zur Logistik-Initiative Hamburg e.V. zusammengeschlossen. Ziel dieses PPP-Netzwerkes ist es, Ideen, Anforderungen und Interessen von Unternehmen zu bündeln, um Wachstumshemmnisse zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken. Die Förderung von Innovationen und die Entwicklung neuer Technologien ist ein besonderer Schwerpunkt der LogistikInitiative, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und den Logistikstandort Hamburg zu sichern. Neben der Logistik-Initiative Hamburg e.V. fördert u.a. die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft und Industrie: Sie führt gemeinsam mit Hochschulinstituten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen Projekte durch. Durch die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft soll ein schneller Wissenstransfer ermöglicht und somit die persönliche Kontaktaufnahme bei der Suche nach fundierten Informationen und Fachwissen erleichtert werden. Die wissenschaftliche Lehre wird in Hamburg mit einer großen Auswahl an Studiengängen betrieben. In kaum einer anderen Universitätsstadt ist das Studienangebot im Bereich Logistik so vielfältig und flexibel wie in der Hansestadt Hamburg. Interessenten bietet sich die Möglichkeit an insgesamt neun Hochschulen (vier staatliche und fünf private) Studiengänge als Vollzeitstudium oder berufsbegleitend zu belegen. Das Angebot reicht vom Bachelor-Abschluss mit logistischer Vertiefung über spezielle Logistik-Masterstudiengänge bis hin zu einem geplanten „Executive MBA Logistics Management“ Programm. Logistik ist ein interdisziplinärer Fachbereich mit Querschnittsfunktion, entsprechend sind Anforderungen an das Logistik-Management komplex und spezifisch. Je nach Logistik-Dienstleistung ist ein Know-how auf den Gebieten Betriebswirtschaft, Maschinenbau, Anlagenbau, Schiffbau, Informatik, Mathematik und Materialwirtschaft notwendig. Die universitäre Logistikausbildung muss deshalb disziplin- und damit fakultätsübergreifend ausgerichtet werden. Um den Logistikstandort Hamburg im internationalen Wettbewerb zu sichern, investieren der Bund, die Stadt und die Wirtschaft in die logistische Forschung an den Hochschulen. Insgesamt 18 Professoren an fünf Hochschulen konzentrieren sich in ihrer Forschung auf die Logistik. Die Forschungsschwerpunkte reichen von Finanzen und Controlling über Nachhaltigkeit in der Logistik bis hin zur Verkehrslogistik, wodurch ein breites Spektrum an Forschungsthemen der Logistik abgedeckt wird. Thematisch umfassend aufgestellt ist in diesem Zusammenhang die Technische Universität Hamburg-Harburg mit insgesamt sieben Professuren im Logistikbereich. Eine Vernetzung von Hochschulen und Wirtschaft erfolgt auch bei gemeinsamen Forschungsprojekten, wobei die Förderung hauptsächlich durch Institutionen außerhalb Hamburgs erfolgt: Geldgeber für Forschung sind u.a. Bundesministerien, die EU, die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AIF). Hamburgs Behörden sollten sich in der Forschungsförderung für Hamburgs Schlüsselbranche Logistik stärker engagieren und das Potenzial der ortsansässigen Hochschulen auch durch die Vergabe von Studien und Projekten besser nutzen und aktiv weiterentwickeln. Die Ergebnisse kämen nicht nur kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen, sondern auch dem Logistikstandort Hamburg in seiner Gesamtheit zugute. Neben den Hochschulen finden sich auch reine Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. in Hamburg. Im Dezember 2009 wurde die erste Fraunhofer19


Hamburg: Green Logistics Capital

Einrichtung der Hansestadt, das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML), gegründet. Das Fraunhofer-Center hat zum Ziel, eine leistungsfähige Brücke zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu schaffen und durch einen raschen Technologietransfer Innovationen für Seehäfen, Terminalbetreiber, Reedereien, Speditionen, Behörden und weitere Unternehmen der maritimen Wirtschaft zu entwickeln. Für den Aufbau des CML stehen in den erst fünf Jahren insgesamt neun Millionen Euro (6 Mio. Euro der Hansestadt Hamburg und 3 Mio. Euro aus Auftragsforschung) zur Verfügung. Es ist jedoch festzustellen, dass die Hochschulförderung in Deutschland allgemein – und speziell in Hamburg – signifikant unter dem Durchschnitt liegt. Die öffentlichen Ausgaben für Bildung betragen in Deutschland 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (europäischer Durchschnitt 4,98 Prozent des BIP, 2007), womit Deutschland den 22. Platz im europäischen Vergleich belegt. In einer Studie des Statistischen Bundesamts von 2010 über Hochschulen in Deutschland werden in Hamburg deutliche Defizite im Vergleich zu anderen Bundesländern aufgezeigt. Demnach stehen in Hamburg pro Professur nur 463 Tsd. Euro (13. Platz, Durchschnitt: 543 Tsd. Euro) an Grundmitteln für Forschung und Lehre zur Verfügung. Andere Bundesländer wie z.B. Schleswig Holstein (641 Tsd. Euro) und Niedersachsen (599 Tsd. Euro) investieren mehr in Forschung und Lehre. Als logische Konsequenz ist die Promotionsquote mit 0,77 Promotionen pro Professor/-in (8. Platz) im Vergleich zu anderen Bundesländern ebenfalls gering. Mit der Promotionsquote wird die Leistungsfähigkeit und Effektivität der Universitäten im Hinblick auf die Ausbildung wissenschaftlichen Nachwuchs gezeigt. Durch die geringen Investitionen in die Hochschulen ist es den Lehrstühlen nicht möglich, mehr wissenschaftliche Mitarbeiter zu beschäftigen. Dies beeinträchtigt wiederum die Betreuungsmöglichkeit für Studierende, eine entscheidende Rahmenbedingung für hohe Studienqualität. Zusammengefasst zeigt sich, dass die Wissenslandschaft in der Logistik und die Wirtschaft eindeutig das Potential zum gemeinsamen, interdisziplinären und internationalen Lösen von großen Logistikherausforderungen haben. Denn nur gemeinsam und mit nachhaltigen Investitionen in die Wissenschaft kann der Logistikstandort Hamburg seine Spitzenposition behaupten. Eine zielgerichtete Vermarktung erfordert eine bessere Abstimmung der in Hamburg vorhandenen Vermarktungsinstitutionen, insbesondere auch einer größeren Präsenz auf Messen und Tagungen. Hierfür müssen die erforderlichen finanziellen Mittel durch die Freie und Hansestadt Hamburg bereitgestellt werden. Hamburgs Führungsrolle in der Logistik kann nur durch nachhaltige Investitionen in Forschung und Lehre auf höchstem Niveau verteidigt werden!

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Eine Ausstattung der vorhandenen Logistik-Lehrstühle und Institute auf national und international wettbewerbsfähigem Spitzenniveau ist erforderlich. Insbesondere ist in Hamburg der Aufbau eines Lehrstuhls für Verkehrs- und Transportwirtschaft auf hohem Niveau notwendig. Institutionalisierung des Austauschs zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zur besseren Berücksichtigung industrieller Bedarfe in Forschung und Lehre. Durch weitere Förderung des Clusters Logistik sollte eine bessere Vernetzung aller Akteure erfolgen und gleichzeitig eine Kaderausbildung erreicht werden. Profilierung als Wissenschaftsstandort speziell für die Logistik durch: • Unterstützung der Vermarktung Hamburgs als der Wissenschaftsstandort, • stärkere Ausbildungsquote in Lager-, Transport- und Umschlagsarbeiter, • Ressourcenbereitstellung zum Ausbau des Angebotes an Studienplätzen, • modulare Logistik-Weiterbildungsangebote auf Universitätsniveau, • aktive Nutzung und Weiterentwicklung des Potentials am Wissenschaftsstandort Hamburg durch Vergabe von Studien und Projekten an Hamburger Institute.


Landesverband Hamburg

6. Organisatorische Konsequenzen und Präsenz nach Außen Eine Bündelung der Kräfte nach innen und eine aktivere Präsenz nach außen stärkt Hamburgs Position in der Logistik. Der Prozess einer Weiterentwicklung Hamburgs als Green Logistics Capital erfordert erhebliche Anstrengungen. Neben einer parteipolitisch unabhängigen Entwicklungsstrategie wird es besonders darauf ankommen, Entscheidungsträger und organisatorische Einrichtungen auf das gemeinsame Ziel auszurichten. Insbesondere erscheint eine Ressourcenbündelung notwendig.

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Die Bereiche Wirtschaft, Infrastruktur und Verkehr sollten in einer Behörde zusammengefasst werden. Hamburg sollte seine Präsenz in Berlin und Brüssel verstärken und seine Netzwerke weiter ausbauen. Die Wirtschafts- und Logistikmetropole Hamburg sollte international noch stärker vermarktet werden. Hierzu bedarf es eines geschlossenen Marketingkonzepts aus einer Hand.

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Hamburg: Green Logistics Capital Landesverband Hamburg

ANHANG

Anlage: Ahrensburger Liste Schiene I Y-Trasse (ABS/NBS Hannover – Bremen/Hamburg) I Elektrifizierung Hamburg – Lübeck/Travemünde I ABS Rostock – Berlin I ABS Oldenburg – Wilhelmshaven/Langwedel Uelzen I Dreigleisiger Ausbau Stelle – Lüneburg I ABS Berlin – Pasewalk – Stralsund I ABS Lübeck/Hagenow Land – Rostock – Stralsund (VDE 1) Straße I Sechsstreifiger bzw. achtstreifiger Ausbau der A1 und A7 I A14 Schwerin – Magdeburg I A252 (Hafenquerspange/Südtangente Hamburg) I A281 Eckverbindung Bremen I Weiterbau der A20 von Lübeck (A1) nach Stade (A26) I Neubau der A26 von Stade (A20) bis Hamburg (A7) I Neubau der A39 Lüneburg – Wolfsburg I Neubau der A 22 (Westerstede nach Drochtersen) I Weiterbau der A21 (Ostumfahrung Hamburgs bis zur A250) inkl. Elbquerung Wasserstraßen I Fahrrinnenanpassung Unter- und Außenelbe sowie Unter- und Außenweser I Schleusen Elbe – Lübeck – Kanal I Ausbau der Mittelweser Ergänzungen der KüWiVerMinKo im Herbst 2008 in Ahrensburg I Ausbau der B96 Sassnitz – Berlin I Dreigleisiger Ausbau der Strecke Pinneberg – Elmshorn I Maßnahmen zur Entlastung des Schienenknotens Hannover I Schienenknoten Bremen I Schienenknoten Hamburg

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Verantwortlich: Conrad Seiffert, Landesgeschäftsführer Vorsitzender der Landesfachkommission: Prof. Dr. Peer Witten

Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Hamburg Colonnaden 25, 20354 Hamburg

Titel / WR-Montage aus: fotolia.com, © kameraauge

Telefon: 040-30 38 10 49 Telefax: 040-30 38 10 59

Stand: August 2011

Internet: www.wirtschaftsrat.de E-Mail: LV-HH@wirtschaftsrat.de


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