WR Mitgliedermagazin der Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein

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Landesverband Hamburg und Landesverband Schleswig-Holstein

AUSGABE 4 | 2015

DAS MAGAZIN FÜR DIE WIRTSCHAFT

S T A D T E N T W I C K L U N G

Fotos: HHLA

Seiten 6-12

Von Start-ups und sozialem Engagement Seiten 28-29

#refugeeswelcome: Warum es so einfach nicht ist Seiten 32-34

Qualifikation von Flüchtlingen und ihre Arbeitsmarktchancen Seiten 56-58 copy-druck GmbH, Neumann-Reichardt-Str. 27-33, 22041 HH PVST 55030 Entgelt bezahlt DPAG



Editorial

Konsequent auf Wachstum setzen wie Toleranz, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit – zu akzeptieren und zu leben. Die Interessen der Religion und die Interessen der Familie haben hinter die staatlichen Gesetze zurückzutreten. Diese Werte müssen wir durchsetzen und dauerhaft bewahren.

Gunnar Uldall, Senator a.D. Landesvorsitzender Hamburg

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er Traum von Olympia auf den Elbinseln ist geplatzt. Mit dem vorzeitigen Nein zu Olympia wurde die einmalige Chance vertan, die Stadtentwicklung – quasi auf einen Schlag – für Jahrzehnte positiv zu beeinflussen. Jetzt muss es so gehen. Der Senat ist gefordert, die für Olympia ohnehin vorgesehenen 1,2 Milliarden Euro in das Wachstum und die Modernisierung Hamburgs zu investieren. Auch ohne Olympia stehen Hamburg große Veränderungen bevor. Der hohe Flüchtlingszustrom wird unsere Stadt im nächsten Jahr und darüber hinaus in jeder Hinsicht viele Anstrengungen kosten. Für uns als Gesellschaft kommt es darauf an, dass wir die Integration derer, die dauerhaft in unserer Stadt bleiben, erfolgreich gestalten. Integration heißt aber nicht nur, eine fremde Sprache zu lernen, einen Beruf auszuüben und am Alltagsleben teilzunehmen. Integration bedeutet vor allem auch, europäische Grundwerte –

Natürlich ist es eine Herkulesaufgabe, diese Flüchtlingskrise zu bewältigen. Gleichzeitig muss sich Hamburg auch als Wirtschaftsmetropole des Nordens behaupten und als Wohnort für alle Bevölkerungsschichten attraktiv bleiben. Daher kann das Erfolgskonzept der Stadt nur lauten: konsequentes Wachstum. Den Flüchtlingszustrom müssen wir als Katalysator für ein beschleunigtes Wachstum nutzen. Wachstum betrifft die Wohn- und Gewerbeflächen. 6.000 Wohnungen pro Jahr – die Zielvorgabe vom „Bündnis für das Wohnen“ – reichen nicht aus. Jährlich müssen mehr als 12.000 Wohnungen entstehen, um den chronischen Wohnraummangel auf Dauer einigermaßen in den Griff zu bekommen. Der Bedarf an neuen Gewerbeflächen liegt jedes Jahr bei rund 100 Hektar, die bereitgestellt werden müssen.

Wachstum bedeutet, sich ein Stück weit neu zu definieren. Heute steht Hamburg vor allem für Hafen, Logistik und Luftfahrt. Es gilt, sich als Standort für weitere Cluster, wie Life Sciences, Nanotechnologie oder Sensorik, zu profilieren. Dazu müssen anwendungsnahe Forschungsinstitute angesiedelt und Technologieparks aufgebaut werden. „Citius, altius, fortius“: schneller, höher, stärker. So lautet das Olympische Motto. Es soll die Athleten motivieren, stets ihr Bestes zu geben. Auch, wenn nun feststeht, dass das Olympische Feuer nicht über Hamburg leuchten wird, ist das doch genau die richtige Einstellung, um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern. In diesem Sinne verabschiedet sich der Wirtschaftsrat Hamburg für dieses Jahr und freut sich, Sie in 2016 wieder begrüßen zu dürfen. Im Namen des gesamten Landesvorstandes wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein gesegnetes Weihnachtsfest und erholsame Feiertage. „Rutschen“ Sie gut in ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr. Ihr

Wachstum verlangt den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur. In dem Maße, wie Hamburg bevölkerungsmäßig wächst, nachverdichtet und Wohn- sowie Gewerbeflächen schafft, steigen die Anforderungen z.B. an die Verkehrsinfrastruktur. Allein mit neuen Verkehrsführungen und Umleitungen lässt sich die zunehmende Überlastung der Straßen nicht lösen. Die Stadt braucht ein elektronisch gesteuertes, „smartes“ Verkehrsnetz, wie es die HPA zurzeit im Hafengebiet testet.

Ausgabe Dezember 2015 | Landesverband Hamburg

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INHALT TITELTHEMA

STADTENTWICKLUNG HAMBURG Höhenangst überwinden Ein Kommentar von Stefan Spilker . . . . . . . . . . . . . . 7 Keine Zeit für Katerstimmung – Ein Blick auf Hamburgs Zukunftsagenda von Julian Petrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Zurück zum Konzept der Wachsenden Stadt von Hauke Harders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Ambitionierte Bebauungspläne für mehr Klimaschutz und Energieeffizienz von Jan-Christoph Maiwaldt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Industrie gehört zur Stadt! von Achim Georg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

BERICHTE & SATIRE Satire Ihr Kinderlein kommet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Förderpreis: Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen . . . . . . . . . . . . 45 Preisverleihung: Ein Skål! auf die Kronprinzessin . . . . . . . . . . . . . . 46 Interview mit dem Schwedischen Botschafter Lars Danielsson . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Herbstempfang: Sozial-Oskar beim Hamburger Herbstempfang verliehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

AUS DEN LANDESVERBÄNDEN Neumitgliederabend Willkommen im Wirtschaftsrat! Kennenlernen in der Landesgeschäftsstelle Hamburg

Ein neues Mitglied stellt sich vor . . . . . . . . . . . . . . 50

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Im Übrigen – Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . 65

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Informationen aus der Landesgeschäftsstelle Hamburg . . . . . . . . . . . . . . .50

Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein | Ausgabe Dezember 2015


VERANSTALTUNGEN Hapag-Lloyd – neuer Kurs in Richtung Zukunft mit Rolf Habben Jansen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Von Start-ups und sozialem Engagement: Ein Leben nach dem Top Management mit Dr. Bernd Kundrun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Wirtschaftsrat vor Ort: Hinter den Kulissen des Norddeutschen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Politikberatung: Wissenschaftliche Wirtschaftspolitikberatung: Elfenbeintürme versus schwarze Löcher? mit Jörg Asmussen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Veranstaltung der Sektion Nordfriesland: Sicherheit und Integration werden die zentralen Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Veranstaltung der Sektion Segeberg: Qualifikation von Flüchtlingen und ihre Arbeitsmarktchancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Veranstaltung der Sektion Nordfriesland: Kommunales Flüchtlingsmanagement: Basisversorung ja, aber Kapazitätsengpässe für integrative Massnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

LANDESFACHKOMMISSIONEN Immobilienwirtschaft Positionspapier zur Reform des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

#refugeeswelcome Warum es so einfach nicht ist mit Annegret Kramp-Karrenbauer Seite 32 Veranstaltung der Sektion Schleswig-Flensburg: Neue Allianzen in Flensburg . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Veranstaltung der Sektion Kiel: Impulse für die Mittelstandspolitik in Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Veranstaltung der Sektion Pinneberg: Drohnen im Anflug – den Luftraum offen halten! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Veranstaltung der Sektion Lauenburg: Ansiedlungserfolge im Herzogtum Lauenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

RUBRIKEN Editorial Hamburg: Konsequent auf Wachstum setzen . . . . . . . . . . . . . . 3 Editorial Schleswig-Holstein: Optimistische Formeln hemmen notwendige Anpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Internet und Digitale Wirtschaft Aus der Arbeit der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . 40 Leseempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Junger Wirtschaftsrat Hamburg Junger Wirtschaftsrat vor Ort bei ThyssenKrupp Marine Systems . . . . . . . . . . . . 38 Jahresausklang des Jungen Wirtschaftsrates . . . 38 Fragen an ein neues Mitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Neue Mitglieder in den Landesverbänden . . . . . 48

Wachstum & Innovatin Das Smartphone kann auch Therapie sein . . . . . 42

Veranstaltungsvorschau Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Energiewirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Nachlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Gesundheitswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015


Stadtentwicklung Hamburg

Höhenangst überwinden Ein Kommentar von Stefan Spilker Vorsitzender der Landesfachkommission Immobilienwirtschaft Die Höhe von Gebäuden ist ein sehr sensibles Thema in Deutschland. In „Mainhattan“ sind Hochhäuser für Büros und nunmehr auch Wohnungen akzeptiert, in Berlin könnte es auf längere Sicht ebenfalls Poten-

Stefan Spilker Vorsitzender der Landesfachkommission Immobilienwirtschaft, Wirtschaftsrat der CDU e.V. / Landesverband Hamburg

zial dafür geben. Mit dem Begriff Hochhaus verbinden wir häufig die Hochhaussiedlungen an den Rändern der Großstädte aus den 1960er und ‘70er Jahren, die zu sozialen Brennpunkten geworden sind und ein extrem negatives Image haben. Erst mit der aktuellen Diskussion über Wohnhochhäuser scheint es, dass sich die öffentliche Meinung positiv wandeln könnte.

Wie das Thema von den Bürgern antizipiert wird, zeigen die Auseinandersetzungen über Hochhäuser in München, Traufkanten in Berlin oder der Hochhausrahmenplan in Frankfurt. Stadtplaner müssen sich diesbezüglich sehr intensiv mit der öffentlichen Meinung auseinandersetzen und nicht selten verselbständigen sich solche Prozesse im Handumdrehen. In München führte diese Dynamik letztendlich zu einem Bürgerentscheid, der die Höhe von Hochhäusern auf unter 100 Meter festgelegt hat. Die Wahrnehmung in Hamburg verändert sich insbesondere durch die

Entwicklungen in der HafenCity. Ein Hochhausquartier wie in Frankfurt oder anderen europäischen Städten gibt es in Hamburg nicht. Die Idee der Entwicklung eines Hochhausquartiers an den Elbbrücken als sogenanntes „Chicago Square“ ist eine Vision, deren Realisierungschancen stark angezweifelt werden dürfen. Die generelle Diskussion über die Bauhöhe ist ein Dauerbrenner in der Hansestadt und begleitet die Stadtplanung auf Schritt und Tritt – obwohl Hochhäuser nur punktuell im Stadtbild vorkommen. Innerhalb des Ring 1 finden sich kaum welche, erst im Anschluss daran. Bauprojekte werden in Hamburg nach wie vor mit großer Sensibilität im Kontext der Stadtsilhouette, der Türme der Hauptkirchen sowie dem Rathaus beurteilt. Erst jüngst war dies im Zuge der Bebauung an der Hauptkirche St. Katharinen zu erleben. Trotz dieses sehr vorsichtigen und behutsamen Umgangs mit der Materie vergeht kaum ein Monat, in dem sich niemand öffentlich zu diesem Thema äußert. Das ist insbesondere dann nicht hilfreich, wenn die Argumente über die Presse ausgetragen werden. Sobald wir uns aber von den Hochhäusern nach internationalem Maßstab lösen, bekommt die Höhen- und die damit einhergehende Dichtediskussion eine ganz andere Qualität.

Denn wachsende Städte – insbesondere ein Stadtstaat wie Hamburg – müssen Lösungen für die drängende Frage nach neuem Wohnraum finden. Ist vor diesem Hintergrund eine überwiegend drei- bis sechsgeschossige Bebauung heute überhaupt noch adäquat, in einer Stadt, die klare Wachstumszieleund perspektiven hat? Die Antwort lautet ganz klar: Nein. Bereits während seiner ersten Legislaturperiode hatte Olaf Scholz eine Entwicklung der Stadt in die Höhe angemahnt und gefordert – also weit vor dem massiven Flüchtlingszustrom und der dadurch nochmals verschärften Situation auf dem Wohnungsmarkt. Aus seinen Äußerungen war abzuleiten, dass es ihm nicht um klassische Hochhäuser geht, sondern um eine moderate und „vertretbare“ Entwicklung der Quartiere in die Höhe. Im gewerblichen Bereich haben wir diese Entwicklung in den letzten Jahren in der Innenstadt erleben können. Ganze Baublöcke sind hier um drei und mehr Geschosse in die Höhe gewachsen und lassen die Hansestadt nun deutlich großstädtischer wirken. Was ist aus Olaf Scholz‘ Forderung in den überwiegend wohngenutzten Stadtteilen geworden? Es gibt Ergebnisse und Fortschritte, aber eine große Dynamik ist nicht erkennbar. Berichte in den Tageszeitungen und die Diskussionen über Bauprojekte und Entwicklungsgebiete in Hamburg zeigen, dass sich Politik, Behörden und Bürger schwertun mit dem Thema. Es ist offenbar keines, das sich politisch

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Stadtentwicklung Hamburg

positiv nutzen lässt. Im Gegenteil, es führt eher ins politische Abseits. Blicken wir zurück und schauen auf historisch gewachsene Stadtteile in Hamburg: Diese sind ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie technischer Fortschritt und Bevölkerungswachstum die Gebäude nach oben getrieben haben. Sehr deutlich ist das erkennbar anhand von Fotoaufnahmen aus den 1920er und ‘30er Jahren, bevor die Kriegszerstörungen eine ganz andere Situation geschaffen haben. Die gegenteilige Entwicklung ist in Städten wie New York und London zu beobachten, wo Projektentwickler in immer neue Höhen vorstoßen. In der Neuzeit demonstrieren die Megametropolen Asiens, wie eine moderne Stadtentwicklung aussehen kann und nicht zwingend mit einem Verlust an Lebensqualität einhergeht. Können wir von diesen Städten lernen oder müssen wir einsehen, dass Derartiges in Deutschland und Hamburg nicht umzusetzen ist? Ausgehend von Werten wie Tradition, Geschichts- und Denkmalbewusst-

sein sind radikale Lösungen weder durchsetzbar noch wünschenswert. Die Abkehr von Bürgerbeteiligung und konsensualen Lösungen entspricht nicht unserem heutigen gesellschaftlichen Selbstverständnis. Das sollte uns aber auch nicht so weit blockieren, dass wir in Schreckstarre verharren und rückwärtsgewandt agieren. Wer mit offenen Augen durch Hamburg geht, kommt zu zwei interessanten Beobachtungen: Die Stadt war bis 1945 dichter und höher gebaut. Bauten aus den 1950er Jahren wirken oftmals wie kleine Geschwister der heute allseits beliebten Gründerbauten und erzeugen häufig skurril anmutende Straßenzüge in den etablierten Wohngegenden. Die Auflösung alter Strukturen oder der klare Bruch – städtebaulich in den Nachkriegsjahrzehnten gewollt – wirkt heute eher mutwillig und teilweise befremdlich. Dieses wird vor allem dann klar, wenn wir über die Anmut des Pariser Städtebaus von Haussmann diskutieren und dieser nahezu gesamtgesellschaftlich höchste Wertschätzung genießt.

Die Herausforderung ist, Lösungen zwischen diesen Polen zu erarbeiten und die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg der Weiterentwicklung mitzunehmen. Zwischen teilweise diametralen Standpunkten und berechtigten Sichtweisen könnte der Ansatz liegen, die Stadt wieder im wahrsten Sinne des Wortes nach oben zu entwickeln. Dieser Ansatz würde vielleicht die Möglichkeit geben, auf diverse Hinterhofbebauungen zu verzichten sowie die Kombination von Höhe und Grün in den Vordergrund zu stellen. Neben den diversen Förderprogrammen sollte Hamburg konsequent und zeitnah ein Programm auflegen, dass die Aufstockung der Nachkriegsbauten, sofern dieses möglich ist, zum Ziel hat. Wieso motivieren wir die Eigentümer nicht zur Rückkehr der verlorenen Geschosse und geben der Stadt damit ein Stück Identität zurück? Stefan Spilker

Beispiel Feldstraße: Extremer Höhenunterschied zwischen stattlichem Wohngebäude und niedrigen Flachbauten

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015


Landesfachkommission

Immobilienwirtschaft

Positionspapier zur Reform des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes Wirtschaftsrat Hamburg fordert: Mehr Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung für den Hamburger Denkmalschutz Als Kauffmanns- und Handelsstadt hat Hamburg es immer verstanden, sich schnell wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Änderungen anzupassen. Inmitten dieses Wandels stellt das 2013 novellierte Hamburgische Denkmalschutzgesetz den Anspruch, das kulturelle Erbe der Stadt – und damit seine Identität und Attraktivität – zu bewahren. Tatsächlich hat die Neuregelung aber in der Praxis zu Unzufriedenheit und Unsicherheit geführt.

Es herrscht Rechtsunsicherheit aufgrund nicht nachvollziehbarer gesetzgeberischer Vorgaben. Ein schützenswertes Baudenkmal zeichnet sich nämlich nicht mehr durch die Zustellung eines entsprechenden Bescheides aus, sondern ist „automatisch“ bereits dann geschützt, wenn es die gesetzlichen Merkmale eines Denkmals erfüllt. De facto bedeutet dies, dass jeder Betroffene nun selbst prüfen muss, ob sein Gebäude unter den Denkmalschutz fällt. Die Prüfung stellt für Laien ein schwieriges Unterfangen dar, bedenke man Kriterien wie die künstlerische und wissenschaftliche Bedeutung oder Relevanz des Gebäudes für das Stadtbild. Die Erfahrung zeigt zudem, dass sich von den zuständigen Behörden je nach Auslegung fast jeder Ausgang der Prüfung begründen lässt. Im Ergebnis herrscht nicht nur Unverständnis über die divergierenden Denkmalschutzentscheidungen, sondern die Baugenehmigungsverfahren werden auch unnötig in die Länge gezogen. An diesem Punkt setzt die Landesfachkommission mit einem Positionspapier „Zur Reform des Hamburgischen Denkmalschutzes“ an, das die Debatte zum Denkmalschutz auf eine neue Ebene führen soll. Will Hamburg weiter vom Wandel profitieren und sich entwickeln, braucht die Stadt eine Modernisierung und Professionalisierung des Denkmalschutzes auf allen Ebenen. Die Kernforderung der Kommission lautet: Mehr Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung für den Hamburger Denkmalschutz. Zur Zielerreichung werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen: ■ Die Zusammenarbeit zwischen Denkmalschutzbehörde, Denkmalrat

und Stadtplanung muss unter Einbindung der Bezirke verstärkt werden. ■ Die den Denkmalschutz betreffenden Zuständigkeiten müssen klar abgegrenzt werden. ■ Unter Einbeziehung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen muss der Denkmalrat gestärkt und neu strukturiert werden. ■ Der Denkmalrat muss Leitlinien für die grundsätzlichen Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege festlegen. ■ Die aktuelle, starre Denkmalliste muss, insbesondere in Hinblick auf die Nachkriegsbebauung, überprüft und gezielt fortgeschrieben werden. AG

Die finale Version des Positionspapiers wird Anfang nächsten Jahres veröffentlicht und steht dann auf der Homepage des Wirtschaftsrates Hamburg zum Abruf bereit.

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Stadtentwicklung Hamburg

Keine Zeit für Katerstimmung Ein Blick auf Hamburgs Zukunftsagenda Kann Hamburg Zukunft? Nach dem Hamburger Olympia-Referendum herrscht Verunsicherung, ob diese Stadt bereit für Veränderungen ist. Dabei ist das längst keine Frage des Wollens. Die Veränderung ist Julian Petrin berät als Urbanist Kommunen und Akteure der Stadtentwicklung. Er ist Gründer des Büros urbanista und des Stadtlabors Nexthamburg sowie Mitglied diverser Beiräte zum Thema Zukunftsstadt und Smart City.

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Realität, hervorgerufen durch Trends und Ereignisse, die außerhalb der Reichweite lokalen Handelns liegen. Und der Veränderungsdruck wird nicht kleiner werden. Es ist höchste Zeit für einen neuen Orientierungsrahmen. 1. Die Zukunft kommt uns näher Definiert man Gegenwart als jenen Teil der Zeitachse, auf dem wir uns relativ sicher sind, dass unser Wissen uns trägt, dann beginnt Zukunft ab dem Zeitpunkt, ab dem wir vermuten, dass unser heutiges Wissen ins Leere greift. Dieser Definition folgend, scheint die Zukunft immer näher an die Gegenwart heranzurücken. Zwar verfügen wir über so viel Wissen wie nie zuvor und dieses Wissen wird weiter exponentiell wachsen. Zugleich verlieren wir aber zunehmend die Orientierung. Jedes Jahr erschüttern neue gesellschaftspolitische Großkrisen unser gerade erst neu justiertes Koordinatensystem. Ökonomische Kräfte, ja ganze Branchen können über Nacht durcheinandergewirbelt werden, politische Krisenherde brechen fast im Quartalstakt auf und erzeugen immer neue Herausforderungen für die Städte Europas. Nichts scheint mehr sicher. Noch vor dreißig Jahren konnten die Akteure der Stadtentwicklung davon ausgehen, dass ihre Pläne und Programme für die eigene Generation tragfähig sein würden. Diese Gewissheit ist heute in Frage gestellt, auch in Hamburg. Werden mehr oder wieder weniger Zuwanderer in die Stadt kommen? Altert die Gesellschaft oder wird sie sich durch Zuwanderung radikal verjüngen? Wird Hamburgs Hafen in die zweite oder gar dritte Liga abrutschen, oder kommt übermorgen eine neue geopolitische Konstellation, die einen erneuten Boom anfacht? Wird das Europa des freien Handels Bestand haben, oder muss sich Hamburg in einem neuen ökonomischen Gefüge

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

anders verorten? Solche und andere Fragen haben sich in Phasen großer Veränderung immer gestellt. Neu ist, dass der Zeitpunkt, an dem die Veränderungen kommen könnten, nah ans Heute herangerückt sind. Die relativ statische politisch-ökonomische Tektonik des mittleren 20. Jahrhunderts ist nachhaltig ins Rutschen gekommen. 2. Was Hamburg tut – und was nicht Hamburg hat sich seit fast 20 Jahren einem offensiven, optimistischen Kurs verschrieben. Wachsende Stadt, HafenCity, internationale Bauausstellung, zweimal der Anlauf zur Olympiabewerbung – das ist nur die Spitze des Eisbergs aus Programmen und Initiativen, die Hamburg in der Wahrnehmung von Akteuren aus anderen Regionen zu einem Vorbild an stadtentwicklungspolitischer Dynamik machen. Angesichts dieser Dichte an Aktivitäten und Projekte verwundert es, dass der Stadt fehlt, was für fast alle große europäischen Metropolen eine Selbstverständlichkeit ist: ein den Projekten „ebenbürtiges“, integriertes Stadtentwicklungskonzept, das für die Stadt insgesamt und ihre steuernden Akteure verbindliche Ziele definiert. Nun kann man argumentieren, eine solche Planung wäre ohnehin bereits überholt, bevor sie gedruckt wäre. Es geht nicht um starre Pläne. Es geht um einen Orientierungsrahmen, der die Schwerpunkte für die nächsten 10 bis 20 Jahre festlegt und einen Blick in die fernere Zukunft wagt. Ein Teil dieser integrierten Vorausschau wurde mit den bezirklichen Entwicklungskonzepten an die Bezirke


delegiert, die der Aufgabe aber bisher (bis auf Eimsbüttel) kaum nachkommen können. Es fehlen mitunter schlichtweg die Ressourcen. Dann gibt es noch das räumliche Leitbild, seit 2007 als Entwurf vorliegend. Darin werden Ziele und ein tragfähiges Raumgerüst definiert, wichtige Handlungsfelder der Stadtentwicklung bleiben aber außen vor. Kein Wunder: Das Leitbild ist das Ergebnis eines Prozesses einer Fachbehörde, nicht der gesamten Verwaltung. Die Möglichkeiten des Hineinregierens in andere Fachbereiche aus der Linie heraus ist nun mal begrenzt. Wo aber werden die Ziele der Stadtentwicklung über die Verwaltungssilos hinweg integriert – die Ziele des Verkehrs, der sozialen Stadt, der wirtschaftlichen Entwicklung und anderer Politikfelder? Nur durch einen integrierten Prozess lassen sich die DauerStellungskriege befrieden, die die Stadt immer wieder lähmen. Wohnungsbau versus Gewerbeentwicklung, Hafen gegen Stadt, Verkehr gegen Umweltschutz. Gefragt ist mehr als ein Plan: Ein Stadtmanagementprozess, der die unterschiedlichen Akteure und Interessen in einen dauerhaften Dialog bringt. Während dessen verändert sich Hamburg weiter – und Politik muss reagieren. Die Stadt wächst so stark wie seit den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr. Die Entwicklungen im Hamburger Osten sind ein Versuch, darauf zu reagieren. Aber welchen strategischen Zielen folgt dieser Schwenk von der Süd- auf die Ost-Achse der Stadt? Wer will dort überhaupt wohnen? Müssen wir nicht in Wahrheit konstatieren, dass die lange geschmähte Stadtentwicklung auf der „grünen Wiese“ wieder Realität wird? Dass die Flüchtlinge nun in großen Stadtrandquartieren von bis zu 3.000 Einwohnern untergebracht werden, mag man pragmatisch nennen. Bundesweit schüttelt man eher den Kopf über diese Art des Hau-RuckUrbanismus. Dazu kommen Themen, die nichts mit Flächenverteilung und Wohnungsbau zu tun haben: Die Spaltung der Gesellschaft wird immer stärker spürbar, die Ökonomie befindet sich im Sturm des digitalen Wandels, der Verkehr nimmt zu und verändert sich zugleich – um nur einige Phänomene

zu nennen. Es gibt einige gute Programme und Politiken, die einzelne dieser Herausforderungen adressieren. Sie bleiben aber unverbunden. 3. Was die Stadt braucht Hamburg braucht einen Agendaprozess, der die Politikfelder zusammenbindet und dabei deutlich partizipativer ist. Ein solcher Prozess entfaltet eine kommunikative Wirkung, die gerade nach Olympia besonders wichtig ist: Er kann die Energie der Bürger und vielen Akteure, die sich aktiv in die Stadtpolitik einbringen wollen, in Wert setzen und eine breit getragene Vision der Stadt von morgen ausbreiten. Der Olympia-Bewerbungsprozess hat gezeigt, zu welchen Leistungen und welcher Leidenschaft die Stadtgesellschaft fähig ist, sowohl auf der Seite der Befürworter oder der Skeptiker. Ob Münchner Perspektive, Leipzig weiter denken, Hannover 2030 oder Braunschweigs „Denk Deine Stadt“: für Städte aller Größe sind stadtweite Meinungsbildungsprozesse zur zukünftigen Entwicklung eine Selbstverständlichkeit. Düsseldorf hat aufgrund der Dynamik seiner Entwicklung sein Stadtentwicklungskonzept innerhalb weniger Jahre gleich zweimal aufgesetzt. Allein im Jahr 2015 haben sich im Rahmen des Wissenschaftsjahrs Zukunftsstadt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung etwa 50 Kommunen Deutschlands aufgemacht, mit ihren Bürgern nachhaltige ZukunftsLeitbilder zu entwickeln. Hat Hamburg derartiges nicht nötig? Hamburg wird in den nächsten 20 Jahren mit Sicherheit vor neue Herausforderungen gestellt. Die Digitalisierung der Ökonomie, aber auch der Hardware der Stadt wird neue Formen der städtischen Infrastrukturen hervorbringen, neue Geschäftsmodelle und Branchen – aber auch eine neue Dimension von „Big Data“, die von vielen bereits als das Öl des 21. Jahrhunderts beschrieben wird. Wem wird dieser Rohstoff gehören? Den Bürgern? Den Unternehmen, die helfen, die Stadt zu „smartisieren“? Zugleich wird sich Hamburgs ökonomische Basis erneuern müssen. Der Hafen wird hoffentlich weiter wichtig bleiben, es braucht aber

starke zusätzliche Standbeine – Wissenschaft, Life Sciences, Nanotechnologie. Kann Hamburg hier seinen Rückstand gegenüber anderen Metropolregionen aufholen? Denn eine Garantie für das Funktionieren des „Geschäftsmodells Hafenstadt“ gibt es nicht. Ebensowenig gibt es eine Garantie für den sozialen Frieden. Ohne massives Gegensteuern wird die Schere zwischen arm und reich weiter auseinandergehen. Trotz massiven Wohnungsbaus bleiben Teile der Stadt abgehängt. Kaum eine Stadt Deutschlands ist derart sozial polarisiert wie Hamburg. Dass Polarisierung der Nährboden für Terrorismus sein kann, wurde mit den Anschlägen von Paris schmerzlich ins Gedächtnis gerufen. Bei all diesen Herausforderungen stellt sich die Frage nach der Verfasstheit der lokalen Demokratie neu. Bürger verlangen nicht mehr nur nach mehr Mitsprache. Sie wollen als „Stadtmacher“ die Dinge selbst in die Hand nehmen, die Stadt selber gestalten. Dazu braucht es Spielräume im wahrsten Sinne des Wortes – und eine Stadtpolitik, die sich als Ermöglicher versteht und nicht für sich reklamiert, den Masterplan für alle Fragen selber zu haben. Zugegeben, es ist nicht einfach, diesen allzu leicht formulierten Forderungen zu genügen, zumal nicht in Zeiten, in denen bereits jedes einzelne Bauvorhaben eine Welle des Protests auslösen kann. Vielleicht kann und will Hamburg tatsächlich aber mehr Veränderung, als es scheint. Vielleicht muss man das Ganze nur mal richtig anpacken – als ganzheitlichen, stadtweiten Zukunftsdialog, der die Öffentlichkeit und die fachlichen Vordenker der Stadt, derer es wahrlich genug gibt, mit einbezieht, ebenso wie die Akteure der Wirtschaft und der Wissenschaft. Der Zeitpunkt war selten so passend wie jetzt, nach Olympia. Die Zukunft jedenfalls wartet nicht. Julian Petrin

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Stadtentwicklung Hamburg

Zurück zum Konzept der Wachsenden Stadt Olympia adé! Und zugleich die riesige Chance der Stadt einen besonders aktuell wichtigen Wachstumsimpuls zu bescheren. Innerhalb von nur neun Jahren hätte Hamburg nun endlich den Sprung über die Elbe Hauke Harders Landesgeschäftsführer, Wirtschaftsrat der CDU e.V. / Landesverband Hamburg

geschafft, viele Millionen Euro wären in längst notwendige Infrastrukturvorhaben geflossen. Den zahlreichen Unternehmen aus der Tourismus-Branche bleibt nun ein attraktives internationales Publikum verwehrt – und den Hamburgern erspart, die Olympia-Gegner freuen sich: es bleibt alles wie es ist… Und genau das darf nicht passieren! Nie zuvor stand die Hansestadt vor derart großen Herausforderungen: Der ungebremste Zustrom von Flüchtlingen zwingt zum schnellen Umdenken und Handeln in nahezu allen politischen Fragestellungen. Die bisherigen Prognosen zum Einwohnerwachstum scheinen ins Leere zu laufen, die ohnehin angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt verschärft sich weiter. Gleichzeitig muss Hamburg als Wirtschaftsmetropole des Nordens weiter wachsen und als Wohnort für alle Bevölkerungsschichten attraktiv bleiben. Das heißt: Hamburg muss als Metropolstadt auf konsequentes Wachstum setzen und sich auf wachstumsrelevante Themenfelder fokussieren. Dr. Wolfgang Peiner, zwischen 2001 und 2006 Finanzsenator der Hansestadt, formulierte vier Kernziele für das seinerzeit sehr erfolgreiche Konzept „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“:

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

■ Erhöhung der Einwohnerzahl ■ Förderung des Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums ■ Erhöhung der Verfügbarkeit von Wohnbau- und Gewerbeflächen ■ Steigerung der internationalen Attraktivität und Bekanntheit Hamburgs Erhöhung der Verfügbarkeit von Wohnbau- und Gewerbeflächen Aktuell setzt das „Bündnis für das Wohnen“ jährlich den Neubau von 6.000 Wohneinheiten um. Trotzdem verliert Hamburg Jahr für Jahr eine wichtige Klientel, vor allem erfolgreiche, junge Familien und Gutverdiener, in den umliegenden Speckgürtel. Der seit Jahren anhaltend hohe Zuzug in die Hansestadt täuscht insgesamt darüber hinweg, dass Hamburg unter einem negativen Wanderungssaldo mit seinem Umland leidet. Mit Senats-Mehrheit hat die Hamburgische Bürgerschaft zum 01. Juli 2015


flächendeckend die sogenannte „Mietpreisbremse“ eingeführt. Ein fatales Signal, das keineswegs zu mehr Wohnraum führt. Auf konkrete Maßnahmen zur Entspannung der Lage am Wohnungsmarkt – schnellere Planungsund Genehmigungsverfahren für den Bausektor oder die Abschaffung restriktiver Anforderungen bei innerstädtischen Bauprojekten – wartet man vergeblich. Der aktuelle Genehmigungsstau im Bereich der Bauwirtschaft ist in vielerlei Hinsicht eine Bremse für den Wirtschaftsstandort Hamburg. Unternehmen der Baubranche befinden sich in einem teils unkalkulierbaren Markt und haben es schwer, verlässliche Planungen aufzustellen. Besonders die Genehmigungszeiten im Bereich der Gewerbeflächen führen dazu, dass nicht ausreichend attraktive Areale für Unternehmen aus dem Ausland zur Verfügung stehen – Hamburg verliert hierdurch Jahr für Jahr wichtige Arbeitgeber! Der Flüchtlingsstrom erhöht noch zusätzlich den Bedarf an Arbeitsplätzen und Wohnraum: nur so kann Integration erfolgreich gelingen! Hier müssen schnellstens Maßnahmen ergriffen werden. Es gilt, markwirtschaftliche Instrumente zwingend vor ordnungspolitischen Maßnahmen auszuschöpfen – die Immobilienbranche ist bereit und auch in der Lage, in kurzer Zeit deutlich mehr Wohnraum in Hamburg zu errichten. Der Senat ist gefordert, schnellstens die Rahmenbedingungen hierfür schaffen und die Wohnungsbauziele stark nach oben korrigieren.

Förderung des Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums Der Hafen gehört zu den leistungsfähigsten Universalhäfen der Welt und ist auch heute noch das Herzstück der Hamburger Wirtschaftskraft. Zum einen muss seine Position nachhaltig gefestigt werden, zum anderen müssen weitere Cluster aufgebaut und stärker in den Fokus gerückt werden. Zu nennen sind hier an erster Stelle die Cluster Erneuerbare Energien, Luft- und Raumfahrt, Medien und Medizintechnik.

„Verwalten ist gut, Handeln ist besser!“ Nur mit einer durchdachten Strategie zur Stärkung des Innovationsund Wissenschaftsstandortes kann sich Hamburg für die Ansiedlung neuer Unternehmen profilieren und langfristig von anderen Städten absetzen. Mittelmäßigkeit kann sich die Stadt hier nicht länger leisten. Steigerung der internationalen Attraktivität und Bekanntheit Hamburgs International ist Hamburgs Bekanntheitsgrad – außerhalb der maritimen Branchen – als eher gering einzuschätzen. Sowohl die Hamburg Marketing GmbH als auch die Hamburg Tourismus GmbH sind mit einigen guten Ansätzen bereits bemüht, den Tourismusstandort an der Elbe auch im Ausland besser zu vermarkten. Die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 hätten den Bekanntheitsgrad, allein in der Bewerbungsphase, erhöht – dies muss jetzt

auf anderen Wegen geschehen. Speziell im wirtschaftlichen Umfeld sind die internationalen Aktivitäten aber eher niedrig. Hier sind ganz konkrete Maßnahmen notwendig, um ausländische Unternehmen auf die Vorzüge der Stadt aufmerksam zu machen. Delegationsreisen, die Anwerbung von international angesehenen Wissenschaftlern oder die Ansiedlung von Spitzenclustern sind nur ein paar Möglichkeiten, um den Bekanntheitsgrad im Unternehmerumfeld zu steigern. Darüber hinaus ist es erforderlich, die föderalistischen Grenzen aus den Köpfen zu bekommen und verschiedenste Themen norddeutsch zu denken. Die Entwicklung der gesamten Metropolregion Hamburg ist für die nachhaltige Entwicklung der Hansestadt unerlässlich. Auch der Hafen würde besonders durch eine Stärkung der Metropolregion profitieren und langfristig Arbeitsplätze sichern. In Zeiten einer immer schneller voranschreitenden Globalisierung kann es sich Hamburg nicht leisten, nur innerhalb der eigenen Stadtgrenzen zu denken und zu agieren. Es muss ein Konzept erarbeitet werden, das ausschließlich der ökonomischen Realität folgt und besonders die angrenzenden Bundesländer mit einbezieht. Wenn Hamburg sich fit für die Zukunft machen möchte, muss es sich konzeptionell auf diese Themen konzentrieren. Hamburg muss mehr tun, um nicht links und rechts überholt zu werden. Hierzu muss die Politik die zwingend erforderlichen Impulse setzen und Rahmenbedingungen schaffen. Verwalten ist gut, handeln ist besser! HH

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Stadtentwicklung – Bedeutung für Hamburg

Städte werden smart Vom Internet der Menschen zum Internet der Dinge Web 2.0-Technologien (auch: „Internet der Menschen“ oder „Internet zum Mitmachen“) sind bereits zum Standard unseres gesellschaftlichen Lebens und Arbeitens geworden. So werden auch in der Verwaltung zunehmend digitale Informations-, Kommunikations- und Transaktionsmöglichkeiten genutzt. Das Web 2.0 ist schon über zehn Jahre alt. Aus heutiger Sicht wird sich die Zukunft im „Internet der Dinge“ abspielen. Dort werden Gegenstände intelligent: die physikalische Welt verschmilzt mit der virtuellen Welt. Für Staat und Verwaltung entstehen dadurch neue Herausforderungen und Chancen. Insbesondere der Einsatz smar ter Objekte mit Sensoren und Kommunikationseinheiten kann das urbane Leben verändern.1 Die smarte Stadt wird die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts auch mit digitalen Lösungen meistern, um die Lebensqualität für Bewohner und Besucher in vielen Lebensbereichen zu erhöhen und insbesondere zum Beispiel nachhaltig energieeffizient zu agieren:2 ■ Vernetzte und intelligente Infrastrukturen können anhand von Sensoren und anderen digitalen Messgerä-

Olaf Buske Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Leiter Öffentlicher Sektor KPMG Hamburg

ten die Mobilität in der Stadt erleichtern. Technisch gestützt wird in Echtzeit die infrastrukturelle Situation und die Verkehrslage in der Stadt erfasst, analysiert und optimiert. Mögliche Nutzungsszenarien beinhalten VerkehrsApps, Schnittstellen zu Navigationssystemen, automatisierte Abrufe von „Zusatzbussen und -bahnen“ und zahlreiche weitere Elemente. ■ Weiterhin können Bürgerinnen und Bürgern sowie Besucher der Stadt Meinungen und Anregungen adressieren, in dem sie sich z.B. über Smartphones direkt an die zuständigen Stellen richten und verstärkt in den Entscheidungsprozess von Politik- und Verwaltung einbezogen werden können. ■ Eine smarte Stadt wird zudem ökologisch effizienter und klimaneutral sein. Smarte Stromnetze sollen zukünf-

Franziska Holler wissenschaftliche Mitarbeiterin im von KPMG geförderten Institut für den öffentlichen Sektor

tig ein intelligentes Energiemanagement ermöglichen, d.h., für eine erhöhte Informationstransparenz und eine optimierte Ressourcennutzung sorgen. Smartes Hamburg Auch Hamburg will „smart“ werden. Die Stadt hat am 30. April 2014 gemeinsam mit dem Telekommunikationsunternehmen Cisco Systems ein Smart City Memorandum of Understanding unterzeichnet. Im Fokus dieser Zusammenarbeit steht der Hamburger Hafen. Im Smart Port soll es zahlreiche intelligente Infrastrukturlösungen geben, z.B. eine intelligente Stellplatzsteuerung für LKW, um die Verkehrs- und Parksituation zu bessern; eine integrierte Steuerung der Verkehrsströme; intelligente Weichen, deren Sensoren Daten über den Verschleiß verkehrskritischer Weichen der Hafenbahn liefern; Allzwecksensoren, die Objekte im Hafen und deren Bewegungsprofile aufzeichnen, gleichzeitig aber auch Informationen zu Windstärken, Elbströmung, Luftverschmutzung oder Temperatur liefern sowie ein zentrales Überwachungssystem, das Daten zu Schiffspositionen, Pegeldaten, Brückenhöhen oder aktuellen Baustellen integriert und zentral abrufbar macht. 1 Vgl. Lucke, J. (2015): Unser Weg zu einem intelligent vernetzten Regierungs- und Verwaltungshandeln. In: PublicGovernance Herbst 2015, S. 4-5 2 Vgl. Kaczorowski, W. (2015): Smart City: intelligent

Sensorgesteuerte, vernetze Logistiksysteme sind zukunftsweisend

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

vernetzt, ökologisch und bürgerbezogen. In: PublicGovernance Herbst 2015, S. 6-12


Chancen für die Industrie

Bereits heute arbeitet die Hamburger Hochbahn energieeffizient, indem sie mit Wasserstoff angetriebene Brennstoffzellenbusse einsetzt. Außerdem arbeitet sie an einem zukunftsfähigen Mobilitätskonzept für 2030 – ein Mix aus Stadträdern, Mietautos und Nahverkehr soll das erhöhte Verkehrsaufkommen bei gleichzeitiger Reduzierung der Autos im Stadtgebiet bewältigen. Herausforderungen smarter Städte Die Konzeption einer Smart City ist als umfassender, dauerhafter Prozess zu verstehen. Es gilt dabei drei wesentliche Hürden zu überwinden. Zunächst sind relevante Handlungsfelder zu identifizieren, d.h., es ist zu klären, welche Veränderungen grundsätzlich möglich und gewünscht sind und welche Bereiche diese betreffen. Die reine Mög-

Bewohner und Besucher können vom Angebot der Smart City profitieren

Daten entstehen intelligente Infrastrukturen. Dabei sind eine Vielzahl von Risiken und Vorgaben zu beachten, sowie ökonomische Machbarkeitsanalysen durchzuführen. Letztlich ist die Sicherheit eine wesentliche Determinante der erfolgrei-

Herausforderungen im Rahmen der Digitalisierung

lichkeit, eine Technologie zu nutzen und gar Nutzerdaten zu erheben, sollte die Umsetzung durch die öffentliche Hand nicht allein motivieren. Die Frage nach dem Nutzen für den Bürger sollte im Zentrum stehen. Weiterhin ist zu klären, welche Auswirkungen eine Veränderung hat und welche Maßnahmen anzustoßen sind. Bei der Umsetzung sind verschiedene Geräte, Gegenstände und Anwendungen unterschiedlicher Hersteller technologisch, aber auch auf rechtlicher Grundlage miteinander zu vernetzten. Denn erst durch die systematische Vernetzung, Sammlung und Analyse von

chen Entwicklung: Städte werden als Smart City wahrgenommen, wenn die Einrichtung intelligenter Infrastrukturen und die Sammlung und Auswertung von Daten transparent, sicher und nutzbringend für die Bürger erfolgt. Das oberste Gebot muss dabei die Datensicherheit sein, an die die Bürger gegenüber dem öffentlichen Bereich oftmals höhere Anforderungen als gegenüber der Privatwirtschaft stellen. Dies beinhaltet den Schutz der eigenen Daten vor Missbrauch ebenso wie die Gewährleistung stabiler Systeme, um Ausfälle und Manipulationen zu verhindern.

Letztlich sind natürlich nicht nur die Bewohner und Besucher von Smart Cities Nutznießer der Digitalisierung. Insbesondere Technologiekonzerne sehen den Trend zu „smart“ als Chance. Sie erhoffen sich durch die Nachfrage nach modernsten Informations- und Kommunikationstechnologien wirtschaftliche Vorteile. Seien es Technologien für Smart Cities, für Smart Homes oder intelligente Stromnetze (Smart Grids). Damit in smarten Städten zukünftig auch smart produziert wird, unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die deutsche Industrie mit dem Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Die Produktion von Waren soll durch intelligente Systeme so effizient und flexibel wie möglich erfolgen. So kann auch die Industrie außerhalb des Technologiesektors vom „Internet der Dinge“ profitieren – und ihre Waren schließlich über smarte Häfen, smarte Straßen und smarte Schienen verteilen. Grundvoraussetzungen müssen stimmen Grundlage für smarte Städte ist eine digitalisierte und vernetzte Infrastruktur. Zur systematischen Nutzung und Steuerung sind diese Strukturen auf Hochgeschwindigkeitsnetze wie z.B. Glasfasernetze angewiesen. Hier sind laut dem Report Digitale Wirtschaft 2014 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Deutschland weitere Investitionen erforderlich. Von noch größerer Bedeutung ist für die Entwicklung smarter Städte die persönliche Überzeugung politischer Entscheider, digitale Lösungen nutzbringend einsetzen zu wollen und sich für neue Möglichkeiten zu öffnen.3 Hamburg gehört mit seiner Smart City Initiative zu den Vorreitern in Deutschland und wird diesen Vorsprung nutzbringend ausbauen. ■ Mehr zum Thema SmartCity in der Ausgabe Herbst 2015 der Fachzeitschrift PublicGovernance oder unter: www.publicgovernance.de 3 Vgl. ebd.

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Stadtentwicklung Hamburg

Ambitionierte Bebauungspläne für mehr Klimaschutz und Energieeffizienz:

Projektentwickler für Immobilien profitieren von energetischer Quartiersentwicklung aus einer Hand

Projektentwickler stehen zunehmend vor der Herausforderung, energetisch anspruchsvolle Objekt- und Quartiersentwicklungen wirtschaftlich umzusetzen. Neue Modelle vereinen Outsourcing der Energie-Infrastrukturentwicklung mit langfristiger Betriebsführungskompetenz. Sie sollen helfen, eine Wärme- und Stromversorgung in Neubauquartieren aufzubauen, ohne Projektentwickler mit zusätzlichen Kosten, Projektrisiken und Haftungsfragen zu belasten. Jan-Christoph Maiwaldt ist Vorstandsvorsitzender des Energiedienstleisters URBANA sowie des Schwesterunternehmens KALO, einem der führenden Messdienstleister Deutschlands

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Um die von der Bundesregierung gesteckten Klimaziele zu erreichen, definiert der Gesetzgeber immer weiter wachsende Anforderungen an die Energieversorgung neu zu erschließender oder zu modernisierender Quartiere. Regelungen wie die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) sowie Landesrecht und kommunale Vorgaben in Bebauungsplänen machen

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immer häufiger komplizierte technische Lösungen notwendig, die Projektentwickler bewältigen müssen. Die energetisch anspruchsvolle Grundstücksentwicklung, beziehungsweise der entsprechende Neubau oder die Sanierung großer Objekte, treibt die Preise in die Höhe und können die Attraktivität von Bauprojekten negativ beeinflussen. Sie bergen Haftungs-, Planungs-, sowie Finanzierungs- und


Kostenrisiken bei der Entwicklung und dem Verkauf der Immobilien. Die Projektentwickler stehen deshalb vor der Herausforderung, Mindeststandards umzusetzen, ohne dabei die Wirtschaftlichkeit aus den Augen zu verlieren. Um diese Ziele zu erreichen, lagern Projektentwickler gerne die komplette Energie-Infrastrukturentwicklung inklusive Planung und Bau aus. Nebst diesem bewährten Modell setzen sie aber jetzt zunehmend auch auf eine umfassendere Aufstellung bei der Projektierung der Wärme- und Stromversorgung, die insbesondere die technische, kaufmännische und vertragliche Betriebsführungs- und Stromvermarktungskompetenz externer Dienstleister beinhaltet. Diese integrative Herangehensweise minimiert das Erschließungsrisiko sowie die Investitionskosten für Grundstücks- und Objektentwickler. Gleichzeitig profitieren Projektentwickler durch die höheren Energiestandards ihrer Grundstücke und Objekte von einer Wertsteigerung bei der Weitervermarktung. Lösungen für Wohnobjekte und Quartiere durch anspruchsvolle Wärme- und Stromversorgung Für die Projektentwickler wird die Auslagerung der Wärme- und EnergieInfrastrukturentwicklung ab einem Bauvolumen von 20 Millionen Euro und mehr interessant. Solche Summen treffen in der Regel auf die Entwicklung und Bebauung von Objekten ab 50 Wohneinheiten sowie ganzer Quartiere zu, insbesondere von Flächen oder Brachen, die mit Wohnungen, öffentlicher Einrichtungen, Büroflächen, Hotels und Einzelhandelsgeschäften bebaut werden; kurzum Wohnobjekte und Quartierinfrastruktur mit einem gehobenen Anspruch an die Wärme- und Stromversorgung. Wie groß die Entlastung für die Projektentwickler durch das Outsourcing der Wärme- und Stromversorgung ist, hängt stark von den Maßnahmen ab, die umgesetzt werden sollen. Ein Mittelwert: Bei einem Investitionsvolumen von beispielsweise 100 Millionen Euro entfällt ein Anteil von etwa 1,5 Millionen Euro auf Wärmeund Stromversorgung.

Herausforderungen steigen mit Verschärfung der Energieeinsparverordnung Um solch große Projekte umzusetzen, definieren Bebauungspläne und die ihr zugrunde liegenden Gesetze und Verordnungen für die Entwickler verpflichtende Mindeststandards, die bei der Bebauung der Quartiere eingehalten werden müssen. Ein steigender Anteil an Erneuerbaren Energien bei der Energie- und Wärmeinfrastruktur sowie Regeln zum zulässigen Energieverbrauch beziehungsweise der Energieeffizienz sind vorgeschrieben. Vorgaben initiieren auf technischer Seite die Nutzung von beispielsweise Solarthermie, Kraft-Wärme-Kopplung, Erdwärme oder Holzpellets, die dazu beitragen sollen, den vereinbarten Primärenergiefaktor zu erreichen. Werden technische Vorgaben in den Bebauungsplänen nicht explizit benannt, können sich die Projektentwickler selbst überlegen, ob sie den Primärenergiefaktor durch solche Energiebereitstellungsarten oder durch Dämmung und mechanische Be- und Entlüftung erreichen wollen. Mit der von der Bundesregierung im Oktober 2013 verabschiedeten Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) steigen die Anforderungen weiter. Ab 01.01.2016 greifen die verschärften Anforderungen für den energetischen Standard bei Neubauten, sowohl für Wohn- als auch für Nichtwohngebäude. Für neue Wohnhäuser mindert die Verordnung den zulässigen Höchstwert für den JahresPrimärenergiebedarf um weitere 25 Prozent. Die Auslagerung der Energie-Infrastrukturentwicklung ist ein Weg, mit dem Projektentwickler dieser Herausforderung begegnen. Externe Dienstleister können so beispielsweise in den Quartieren eine zentrale Energieinfrastruktur errichten und betreiben, die auf Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) basieren. Die Dienstleister haben den Vorteil, dass sie alle möglichen Maßnahmen im Wärme- und Energiebereich aus einer Hand entwickeln, fertigstellen und betreiben und diese bestmöglich aufeinander abstimmen können. Das beinhaltet auch die notwendigen Verträge mit den

Kommunen, die etwa Wegenutzungsrechte für öffentliche Flächen, durch die entsprechende Leitungen gebaut werden, umfassend regeln. Zudem übernimmt der Dienstleister nach Fertigstellung auch die Instandhaltung, den Betrieb und das Energiemanagement der Anlagen. Grundstücksentwickler profitieren so von Energieversorgungslösungen mit gutem Primärenergiefaktor für jedes Grundstück und optionalem Zusatznutzen wie zum Beispiel Mieterstrom. Insbesondere KWK-Anlagen ermöglichen Projektentwicklern zudem mehr Freiheiten beim Bau der Immobilien, da der gute Primärenergiefaktor nicht nur durch Dämmung realisiert wird. Enorme Potenziale im Wärmemarkt Die Energiewende ist nicht nur eine Stromwende, sie ist vor allem eine Wärmewende. Hier liegen riesige Potenziale, denn fast 90 Prozent der Energie in Privathaushalten werden für Heizung und Warmwasser verwendet. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EE-WärmeG) gibt vor, dass Neubauten ihre Wärmeversorgung anteilig mit erneuerbaren Energien decken müssen. Bei öffentlichen Gebäuden gilt dies auch bei grundlegender Sanierung. Das Gesetz lässt dem Projektentwickler verschiedene Optionen, um diese Nutzungspflicht zu erfüllen. Zugelassen sind Solarenergie, Geothermie, Biomasse sowie Umweltwärme. Wer sich für Biomasse entscheidet, muss mehr als 50 Prozent seines Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Zulässig sind jedoch auch klimaschonende Maßnahmen wie die Nutzung von Wärme aus KWK-Anlagen oder der Anschluss an ein Nah- oder Fernwärmenetz, sofern dieses Netz teilweise mit erneuerbaren Energien oder überwiegend auf der Basis von Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird. Dienstleister können so beispielsweise gerade für Wohnquartiere eine effiziente Wärmeversorgung gewährleisten, die mehr als 50 Prozent der Jahreswärmemenge aus KWK erzeugt. Die KWKAnlage befindet sich dabei im Baugebiet, verfügt über Anschluss zum eigenen Nah-, bzw. Fernwärmenetz des Quartiers und den Hausanschlusslei-

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Stadtentwicklung Hamburg

tungen und Hausübergabestationen. Damit die Projektentwickler dieses Modell wählen, müssen marktfähige Preise garantiert werden. Im Gegensatz zum Strom hat der Endverbraucher bei der Wärme keine freie Wahl beim Anbieter. Deshalb wird die Wärme aus dezentral erzeugten KWK-Anlagen immer zu vergleichbaren Kondition wie Fernwärme oder Eigenbetrieb bereitgestellt. Versorgung von Mietern und Eigentümern durch Vor-Ort-Strom Die BHKW ermöglichen gleichzeitig eine Vor-Ort-Stromversorgung. Projektentwickler können so zusätzlich die Lieferung vom dezentral, vor Ort erzeugtem BHKW-Strom an die Bewohner im Quartier anbieten. Hunderte Wohneinheiten in urbanen Quartieren können so durch die klimaschonende KWK neben günstiger Wärme auch direkt mit dem vor Ort erzeugten Strom versorgt werden. Auf der Suche nach kostendämpfenden Lösungen versetzen die Projektentwickler damit die

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zukünftigen Eigentümer und Wohnungsunternehmen in die Lage, für die Endverbraucher eine von Großkraftwerken unabhängige, klimaschonende Vor-Ort-Stromerzeugung anzubieten. Ein Effekt dieser Versorgungslösung ist: Die große Mehrheit der Bewohner kann so erstmalig an den Vorteilen der Energiewende teilhaben, statt sie nur zu finanzieren. Dieses Angebot hat vor allem in den Metropolregionen einen wertsteigernden Wert für die Weitervermarktung oder Vermietung von Wohnraum. Ausblick: Umsetzung von energetischen Modellquartieren Die Auslagerung der Energie-Infrastrukturentwicklung erleichtert es Bauherren, trotz steigender Anforderungen von Bebauungsplänen die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten und energetische Modellquartiere zu entwickeln. Dienstleister garantieren die Umsetzung komplexer Anwendungen im Bereich Wärme und Energie aus einer Hand. Die zentrale Planung ermöglicht

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effizientere, aufeinander abgestimmte Vorhaben. Das Modell berücksichtigt dabei alle Eigentums- und Nutzungstypen und wird so der vielfältigen Kundenstruktur in urbanen Wohnquartieren gerecht. Jan-Christoph Maiwaldt


Stadtentwicklung

Levantehaus: Hamburgs schönste Fassade 1912 errichtete Franz Bach in der kurz zuvor neu geschaffenen Mönckebergstraße das Levantehaus, eines der fortschrittlichsten Kontorhäuser seiner Zeit.

Lifestyle, Lebensart und Lebensfreude „Gediegen“ ist wohl eine gute Umschreibung für die Atmosphäre im Levantehaus. Das Gebäude verläuft entlang der Mönckebergstraße und wird von Passanten auch direkt als Ziel angesteuert. Darum geht es dort etwas ruhiger und gelassener zu als in der sonst eher quirligen Hamburger Innenstadt. Die Läden sind handwerklich-künstlerisch ausgerichtet, große Ladenketten passen nicht in die hochkarätige Atmosphäre.

Um diese Atmosphäre zu erfahren und die Vielfalt der Geschäfte selbst zu erleben, sollte man die Passage einmal in ganzer Länge durchwandern, zunächst im Erdgeschoss bummeln und dann über die geschwungene Treppe am anderen Ende der Passage ins Obergeschoss wechseln. Sehenswert sind die Tierornamente – erhalten aus der Entstehungszeit – im Fries am Haupteingang. Von hier aus kann man auch das Bleiglasfenster, das in die Decke des Daches eingelas-

Das Levantehaus Hamburg ist stolz auf seine Auszeichnungen:

sen ist, bewundern. Regelmäßig finden interessante und sehenswerte Kunstausstellungen, Lesungen und Handwerkspräsentationen statt. Auch gastronomisch hat das Haus einiges zu bieten: internationale Kaffeespezialitäten, Frühstück, Brunch oder Mittagessen, oder man geht in die „BarLevante“ auf einen Absacker nach der anstrengenden Einkaufstour. Im ParkHyatt-Hotel, das ins Levantehaus integriert ist, befindet sich die edle, für jedermann geöffnete Apples-Bar. EJH

Fotos: Levantehaus

In den Kontoren des Levantehauses residierte die Deutsche Levante-Linie, deren Schiffe im Mittelmeer gen Osten, also dem Levante, dem Sonnenaufgang, entgegenfuhren. Deshalb ist die aufgehende Sonne bis heute das Markenzeichen des Levantehauses Hamburg. Das historische Levantehaus befindet sich an der Mönckebergstraße, einer der größten Shoppingmeilen in Hamburg. Das ehemalige Kontorhaus wurde ab 1995 in zwei Jahren zu einem Luxushotel und einer exklusiven Einkaufspassage aufwändig umgebaut, die feierliche Eröffnung war im November 1997. Die Mönckebergstraße kann nur dauerhaft attraktiv bleiben, wenn durch den lokalen Einzelhandel Leben in der Stadt bleibt und dieser Boulevard zum attraktiven Ziel wird. Die Gesellschafter der Grundstücksverwaltung Bach, zu der auch das Levantehaus gehört, achten schon deswegen auf einen guten und interessanten Branchenmix und legen Wert auf die Qualität der Mieter. Sie wissen, dass das Bild und die Qualität der Gebäude und der Straße erst eine Atmosphäre schaffen, die wesentlich zum geschäftlichen Erfolg beiträgt. Sie entwickeln Ideen und investieren, um das Innenstadt-Quartier immer weiter positiv zu entwickeln. Für das Levantehaus bedeutet dies, dass den Besuchern reichlich Platz zum Wohlfühlen, Entspannen und Genießen geboten wird. Das Haus ist ein gutes Ziel für Einkäufe mit traditionellen und überraschenden Angeboten auf hohem Niveau und bietet Raum für Kunst und Kultur, die regelmäßig präsentiert wird. Das Haus – so das Ziel des Managements – soll den Menschen Inspiration geben. Und so werden Ideen und Konzepte umgesetzt:

Das Levantehaus ist eines der klassischen Baukörper Hamburger Kontorhausarchitektur.

„Levantehaus Tradition und Moderne“ Sportmerkur 2009 Kulturmerkur 2004 Deutscher Kulturförderpreis Hamburgs schönste Fassade (Denkmalschutzamt Hamburg 2000)

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PR-Bericht

Vertell, vertell…. An einem Freitag (13.11.2015) auf dem MEISSNER Impulstag in der Hamburger Speicherstadt vertellt Bruno Meißner den gut 80 Teilnehmern unter dem Thema „Story telling im Live-Marketing“ seine Geschichte: Vor knapp 40 Jahren gründet Meißner sein erstes Unternehmen im Bereich Messebau und Display-Systeme. Bruno Meißner (65) ist einer der Pioniere der Messe-Display-Systeme im deutschsprachigen Markt und baut eine international agierende Messebaufirma auf. 2005 zieht er sich aus der Geschäftsführertätigkeit zurück, betreut über einen Beratervertrag die wichtigsten Kunden weiter und wird als Trainer und Berater freiberuflich tätig. 2007 „zerlegt“ sich die mittlerweile als Gesellschafter fungierende anglo-amerikanische Firmengruppe und die deutschen Firmen der Gruppe werden mit in die Insolvenz gezogen. Bruno Meißner und seine Frau Barbara kaufen Ende 2007 vom Insolvenzverwalter ihre alte Firma zurück und stellen sie als MEISSNER EXPO GmbH wieder neu auf und somit wird Meißner, mit 57 Jahren unverhofft wieder zum „Jung-Unternehmer“. Mit dieser neu gegründeten Unternehmung nahm Meißner die alten bestehenden Fäden wieder auf. Meißner steht für langjährige Fachkenntnis in der Branche und für hanseatische Zuverlässigkeit, die alten Kunden blieben dem „wiedererstandenen“ Familienunternehmen treu, und neue konnten hinzugewonnen werden. Im Jahr 2014 übernimmt mit Nikolaus Meißner, Jahrgang 1984, die nächste Generation die operative Verantwortung in dem Unternehmen. Aus seiner Geschichte definiert das Unternehmen das Thema „Nachhaltigkeit“ – neben Zuverlässigkeit, Fairness, Glaubwürdigkeit, Treue – als weiteren Wert. Nachhaltigkeit, mit seinen drei Säulen – Ökologie – Ökonomie – Soziales, steht in jeder Beziehung vor Ge-

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winnmaximierung! Und daraus wurde dann im Jahr 2008 das Thema für den ersten Impulstag: Nachhaltigkeit oder Gewinnmaximierung? Es folgten Jahr für Jahr weitere Impulstage: VerMESSung der Welt – wie VerMESSEn sind wir eigentlich? (2009), Messe in Balance – interkulturelle und ökologische Herausforderungen (2010), Interaktive Erlebnisse mit ökologischem Touch – Ausstellung Friedensreich Hundertwasser (2011), Räume für Begegnungen – treffsicher – interkulturell – verbindlich! (2012), Multisensorik im Einsatz – sensuale Erlebnisse bei Ihren Messeauftritten und Events (2014). Und zum diesjährigen Impulstag unter dem Motto „Storytelling im LiveMarketing“ waren Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter und Partner, wohlwollende Begleiter des Unternehmens – eben alles „Stakeholder“ – eingeladen, an diesem interaktiven, themenzentrierten Event teilzunehmen, Erfahrungen auszutauschen und zu „networken“. „Wie kann Storytelling helfen, meine Marke nachhaltig auf Messeständen, bei Events, in Social-Media zu präsentieren und im Gedächtnis der Zielpersonen zu verankern?“, „Wie inszeniert man eine erfolgreiche Geschichte?“, „Storytelling mit Bewegtbildern?“ – um diese Fragen rankten sich die nachfolgenden Präsentationen. Diese Aufgabenstellungen werden auch für Mittelständler zunehmend wichtig und MEISSNER CONCEPT will hierfür als Beratungspartner zur Verfügung stehen: Marke verstehen, CI und CD diskutieren, das Messedesign in ein möglicherweise bestehendes oder entstehendes „Brandbook“ einpflegen, für internationale und globale Aktivitäten

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Bilder von oben: Vortragsraum bei der Fa. komma-tec in der Speicherstadt, Barbara und Bruno Meissner, Teilnehmer werden von komma-tec und eyefactive über die Möglichkeiten von Multi-Touch-Tischen beraten

die interkulturellen Verschiedenheiten herausarbeiten und im Messekonzept berücksichtigen, die Inszenierung der Marken-Story (Szenografie) entwerfen. Wenn das steht, dann ist die Herstellung eines nachhaltigen Messestandes (modular, skalierbar, interkulturell) die lösbare Aufgabe für das Team von MEISSNER EXPO.


Stadtentwicklung

BID Nikolaiquartier wächst Abbildung: Art-Invest / Cadman

Einkaufsboulevard Alter Wall Sorgfältiges Lead-Management führt zum Erfolg Woran es häufig mangelt, ist… …eine frühzeitige und umfängliche Einbeziehung des Messeteams in die Planungen. MEISSNER EXPO bietet hierfür Workshops, Standpersonal-Trainings und Standbriefings an. Wenn der Stand oder das Event eine Geschichte des Unternehmens oder der Marke erzählt und alles sauber inszeniert ist, dann ist der Erfolg abhängig davon, dass das Standpersonal über die Konzeptionsideen und die Hintergründe der Gestaltung informiert ist und es auch versteht! …eine rechtzeitige Planung der begleitenden Maßnahmen, angefangen bei zieladäquaten Einladungen, Aktionen während der Messe, Kontakte betreuen. In Marketing-Deutsch: Lead-Management ist einer der hauptsächlichen Erfolgsfaktoren für Messe- und LiveMarketing-Aktivitäten. Etwas laxer ausgedrückt: „wichtig ist, was hinten ´raus kommt!“ Live-Marketing-Aktivitäten werden zwar meistens von der Marketing-Abteilung organisiert und durchgeführt, müssen aber Ergebnisse für den Verkauf und den Unternehmenserfolg bringen! …die Vorstellungskraft, dass auch ein kleiner Messestand eine große Wirkung haben kann, wenn die Botschaft klar inszeniert worden ist. Das ist eine der Spezialitäten von MEISSNER EXPO: kleine bis mittelgroße Messestände (12 – 300 m²) skalierbar (in der Größe anpassbar) und modular (wiederverwendbar) zu konzipieren und zu realisieren. Seit über 30 Jahren ist MEISSNER EXPO eine Marke, die für umfassende Dienstleistungen im Bereich der Messe- und Ausstellungsgestaltung steht. Professioneller Messe-, Ausstellungs- und Innenausbau sowie die Konzeption und Realisierung erlebnisorientierter Marketingauftritte sind ihre Kernkompetenzen. Seit 2013 spezialisiert sich der Bereich MEISSNER CONCEPT auf Konzeption und Design von Messen, Markenräumen und Ausstellungen sowie die Organisation von Kongressen. EJH

Die Immobilien- und Projektentwicklungsgesellschaft Art-Invest Real Estate engagiert sich im größten BID Europas, dem BID Nikolaiquartier, und baut einen prachtvollen Einkaufs- und Bürogebäudekomplex mitten in Hamburgs City – samt Tiefgarage, Fleetbrücke und neuer Flanierzone. Am Rathausmarkt, Alter Wall 2-32, wird seit Mitte 2014 für 250 Mio. Euro Gesamtinvestitionssumme das Projekt „Alter Wall“ auf einer 3.500 qm großen Baustelle in drei Bauabschnitten realisiert, Fertigstellung: voraussichtlich Anfang 2018. Das Projekt ist Bestandteil des Business Improvement Districts Nikolaiquartier, das aus elf Straßenzügen mit 70 Grundstücken besteht. Die Grundeigentümer investieren bis 2019 insgesamt 9,3 Millionen Euro in dieses gigantische Bauvorhaben. Das ehemalige Vereins- und Westbank-Gebäude wird nach der Fertigstellung des Umbaus über 18.000 m² Büro- und 12.000 m² Retail-Segmentflächen verfügen. Eine fünfgeschossige Tiefgarage bietet 220 Stellplätze, ein durchgehendes gläsernes Atrium erstreckt sich über eine Länge von über 80 Metern. Ganz neu wird eine Fußgängerbrücke über das Fleet gebaut, so dass es

erstmals eine direkte Verbindung zwischen Rathaus und Neuer Wall geben wird. Alt und bekannt: die denkmalgeschützte Fassade der Frontseite. Hinter dieser vertrauten Vorderseite ist dann Platz für 12 bis 18 Läden – ausgestattet als hochwertige Einzelhandelsflächen, gemischt mit stilvoller Gastronomie. Der Abriss der Gebäudeteile, die dem Neubau weichen müssen, ist bereits abgeschlossen, und die aufwändigen Aushubarbeiten der Baugrube für das Fundament des neuen Gebäudekomplexes werden bis Frühjahr 2016 vollendet. Die exklusive Lage wird wie bereits um 1900 wieder zu einem wichtigen Bestandteil der Einkaufserlebnisse in Hamburg. Das Elend, den Alten Wall in den letzten Jahrzehnten nur noch als Parkplatz zu nutzen, wie es Oberbaudirektor Jörn Walter kürzlich ausdrückte, wird damit passé sein, denn die Parkplätze befinden sich ab 2018 unter der Erde. Über der Erde wird dann wieder Platz zum Flanieren, Verweilen und Genießen sein. EJH

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Stadtentwicklung Hamburg

Industrie gehört zur Stadt! Achim Georg (Georg Consulting Immobilienwirtschaft | Regionalökonomie) über die Trends der Gewerbeflächennachfrage in Deutschland und in Hamburg.

Bundesweit und insbesondere in großen Metropolen wie Hamburg stellen wir einen Trend zur Dienstleistungsund Wissensökonomie fest. Diese Entwicklung beeinflusst zusammen mit den soziökonomischen Veränderungen, wie dem demografischen Wandel, der anhaltenden Internationalisierung und Digitalisierung der Wirtschaft sowie dem veränderten Konsumverhalten, die Gewerbeflächennachfrage. Im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen wird immer wieder die Frage gestellt, welche Bedeutung Industrie, Industriebeschäftigung und damit auch Gewerbeflächen in Zukunft noch haben werden? Fakt für Hamburg ist: In den direkt gewerbeflächenrelevanten Bereichen (Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe

Achim Georg ist Geschäftsführer von Georg Consulting Immobilienwirtschaft | Regionalökonomie. Für Hamburg hat Georg Consulting Studien zum Gewerbeflächenbedarf 2025 und zum Bedarf an Technologieparks erstellt. www.georg-ic.de

Beschäftigungsentwicklung in gewerbeflächenrelevanten Wirtschaftszweigen in Hamburg

Gewerbeflächenrelevate Wirtschaftszweige (WZ)

Beschäftigte 2008 2014

Verarbeitendes Gewerbe

99.079

99.332

+0,3 %

Baugewerbe

28.338

29.248

+3,2 %

Verkehr und Lagerei

75.451

79.614

+5,5 %

insgesamt

202.868

208.194

+2,6 %

Gesamtbeschäftigung in HH

797.999

892.508

+11,8 %

25,4 %

23,3 %

Anteil gewerbeflächenrelevanter WZ an Gesamtbeschäftigung

Veränderung 2008-2014

Quellen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015); Georg Consulting (2015)

und Verkehr & Lagerei) arbeitete im Jahr 2014 knapp jeder vierte Beschäftigte in Hamburg. Über vertikale Verflechtungen dürfte sogar jeder dritte Arbeitsplatz in Hamburg abhängig von einer quantitativ und qualitativ ausreichenden Gewerbeflächenversorgung sein. Dies ist ein wichtiger Grund,

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

sich einmal näher mit den Trends der Flächennachfrage in Deutschland und in Hamburg zu befassen. Strukturwandel der Flächennachfrage Im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels hat sich auch die Gewerbeflächennachfrage in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Georg Consulting befragt quartalsmäßig bundesweit alle regionalen Wirtschaftsförderer zu Nachfragetrends. Im Ergebnis unserer laufenden Marktbeobachtung zeigt sich, dass die Flächennachfrage in erster Linie der konjunkturellen Entwicklung und den Produktivitätsfortschritten in der Industrie folgt. Darüber hinaus wird die Flächennachfrage durch Branchenentwicklungen beeinflusst. Es finden einerseits betriebliche Konzentrationsprozesse statt – zum Beispiel im Druckereigewerbe, die dazu führen, dass Produktionsstandorte aufgegeben werden. Andererseits nimmt die funktionale räumliche Arbeitsteilung weiter zu. In Folge dieser gegenläufigen Prozesse sind neue Logistikkonzepte entstanden, die ebenfalls einen entsprechenden Einfluss auf die gewerbliche Flächennachfrage ausüben. Logistik trägt, neben der Distributionsfunktion, zu einem erheblichen Teil zu den Produktivitätsfortschritten in der Industrie bei und ist zum Treiber der exogenen Gewerbeflächennachfrage geworden. In Hamburg kommt hinzu, dass eine leistungsstarke Logistik Grundlage für eine funktionierende Hafenwirtschaft ist. Industrielle Großansiedlungen kommen bundesweit eher selten vor. Der Mittelstand und das Handwerk haben Großunternehmen als wichtige Nachfragegruppe abgelöst, sodass das Nachfragegeschehen stark endogen bestimmt wird. Rund 80 Prozent der Flächenanfragen kommen von ortsansässigen Unternehmen. In Folge dessen gewinnt auch die Fortentwicklung


bestehender Industrie- und Gewerbegebiete an Bedeutung, um wachsende Unternehmen an den Standort zu binden und Abwanderungen zu vermeiden. In Hamburg betrifft dies, neben dem Hafen, zum Beispiel auch das große, traditionelle Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort. Inwiefern die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft die Gewerbeflächennachfrage beeinflussen wird, ist aktuell nicht eindeutig zu klären. Einerseits kann eine erhöhte Flächennachfrage durch Unternehmen erfolgen, die durch Industrie 4.0 an Produktivität gewinnen und wachsen. Andererseits kann sich die standortunabhängige Vernetzung zum Beispiel mit industriellen Zulieferern und Abnehmern restriktiv auf die Bildung räumlicher Industriecluster und damit auf die Flächennachfrage vor Ort auswirken.

Gewerbeflächenumsatz in Hamburg zwischen 2009 und 2014

250 221 200 165 145

150

127

100

72

62 50 0 2009

2010

2011

2012

Gewerbeflächenumsatz (ohne Pachtflächen) im Städtevergleich (in Hektar)

in ha 70 60

66

2013

2013

2014

Quellen: Gutachterausschuss Hamburg (2015); Georg Consulting (2015).

2014

53

50 40 30

Stark schwankende Nachfrage in Hamburg Die Beschäftigungsentwicklung in den direkt gewerbeflächenrelevanten Bereichen ist in Hamburg im Zeitraum 2008 bis 2014 deutlich um 2,6 Prozent auf insgesamt 208.194 Beschäftigte angestiegen. Der gesamte Beschäftigungszuwachs in Hamburg betrug in diesem Zeitraum 11,8 Prozent. Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigem (Produktivität) im Verarbeitenden Gewerbe konnte im Zeitraum 2005 bis 2013 um 9,8 Prozent zulegen, während sie für Hamburg insgesamt um knapp drei Prozent rückläufig war. Auch dies zeigt die starke Stellung der Industrie in Hamburg. Im fast gleichen Zeitraum zeigt sich für Hamburg eine stark schwankende Gewerbeflächennachfrage. So wurden im Jahr 2009 rund 6,2 Hektar an Industrie- und Gewerbeflächen verkauft, im Jahr 2011 rund 22,1 Hektar und im Jahr 2014 lag der Flächenumsatz bei 14,5 Hektar. Im Vergleich zu Berlin und München fällt der Gewerbeflächenumsatz in Hamburg niedrig aus. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass die vermarkteten Flächen im Hafen statistisch nicht berücksichtigt werden konnten, da es sich hierbei um gepachtete und nicht um gekaufte Gewerbeflächen handelt. Nach Angaben der städtischen

in 1.000 m2

27 19

20

13

15

10 0 Berlin

München

Gutachterausschüsse hat Berlin im Jahr 2013 fünfmal und im Jahr 2014 fast viermal so viele Gewerbeflächen vermarktet wie Hamburg. Im dicht besiedelten München lag der Gewerbeflächenumsatz im Jahr 2013 um das Zweifache und im Jahr 2014 um rund ein Viertel höher als in Hamburg. Strategische Flächenpolitik wichtig! Die stark schwankende Gewerbeflächennachfrage in Hamburg hängt nicht zuletzt mit dem ebenfalls schwankenden Flächenangebot zusammen. Unsere Analyse der gewerblichen StadtUmland-Wanderungen in der Metropolregion Hamburg zeigt, dass die Möglichkeit, Flächen kurzfristig erwerben zu können, ein wichtiger Aspekt bei der Standortwahl von Unternehmen ist. Die Schwankungen auf der Nachfrageseite sprechen für das Vorhalten von Vorratsflächen, um zeitnah auf Unternehmensanfragen reagieren zu können. Hamburg sollte diesem Umstand Rechnung tragen und in gewissem Umfang eine angebotsorientierte Flächenpoli-

Hamburg

tik anstreben. Dies trägt nicht nur zur Bestandssicherung bei, sondern hilft auch, die Position Hamburgs bei überregionalen und internationalen Unternehmensakquisitionen zu verbessern. Die Standort- und Grundstücksanforderungen der flächennachfragenden Unternehmen steigen. Dies betrifft zum Beispiel die verkehrliche Anbindung und Erschließung, die Möglichkeiten für einen ungestörten 24-Stunden-Betrieb sowie die städtebaulichen Qualitäten der Gebiete. Insbesondere die veränderte qualitative Nachfrage erfordert eine stärker strategisch ausgerichtete Gewerbeflächenpolitik und -entwicklung. Industrie- und Gewerbegebiete sollten über eine klare Standortprofilierung für die unterschiedlichen Unternehmenstypen (Produktion, Logistik, Technologie, Handwerk etc.) verfügen, damit industrielle Arbeitsplätze erhalten und weiter ausgebaut werden können – schließlich ist Hamburg nach wie vor einer der bedeutendsten Industriestandorte in Deutschland. Achim Georg

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Foto: Hapag-Lloyd

Veranstaltung

Hapag-Lloyd – neuer Kurs in Richtung Zukunft Im Juli 2014 übernahm der Niederländer Rolf Habben Jansen das Ruder bei Hapag-Lloyd, der viertgrößten Linienreederei der Welt. Einmal klar Schiff machen, lautete seine Mission. Und das hat er auch:

Der Erfolg gibt Habben Jansen Recht. Auf welchem guten Weg sein Unternehmen ist, zeigte sich nicht zuletzt am 29. September 2015. An diesem Tag titelte das Hamburger Abendblatt „Kurs auf die Börse“ und der Vorstandsvorsitzende erklärte im Zeitungsinterview: „Das ist ein bedeutender Meilenstein in der

Der Verlust von € 173 Millionen im zweiten Quartal 2014 hat sich ein Jahr später in einen Gewinn von € 157 Millionen verwandelt. Fast schon ungläubig berichten die Medien vom neuen frischen Wind, der durch das Unternehmen am Ballindamm weht – von Nachmittagen ohne Krawatte und von E-Mails, die mit „Rolf“ unterschrieben sind, ist die Rede.

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Gunther Bonz, Staatsrat a.D., Vorstandsmitglied des Wirtschaftsrates Hamburg

Geschichte von Hapag-Lloyd.“ Dass der Niederländer ausgerechnet an diesem Tag auch beim Wirtschaftsrat Hamburg der Vortragende sein sollte, freute die rund 150 Mitglieder und Gäste im Ehemaligen Hauptzollamt Hafen Hamburg umso mehr. „Das war natürlich alles so

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

Rolf Habben Jansen Vorstandsvorsitzender der Hapag-Lloyd AG, berichtete beim Wirtschaftsrat über die Neuaufstellung des Hamburger Traditionsunternehmens

geplant“, sagte Gunther Bonz, Vorstandsmitglied des Wirtschaftsrates, augenzwinkernd bei der Begrüßung. „Bei den Gesprächen zum Zusammenschluss mit CSAV gab es ein Thema, über das wir mit allen Partnern nie verhandelt haben – und das war unser Hauptsitz Hamburg. Es ist der wichtigste Hafen für unsere Reederei, dafür stehen wir. Und wir sind stolz darauf, ein deutsches und ein Hamburger Unternehmen zu sein“, betonte Habben Jansen. Der Logistikexperte ging in seinem Vortrag auf die Branche der Containerschifffahrt allgemein ein, berichtete von der Neuaufstellung und -strukturierung seines Unternehmens und erläuterte die Erfolgsfaktoren der Zukunft. Als reine Container-Reederei befinde sich Hapag-Lloyd, gemessen an der Kapazität, weltweit unter den Top 4


Unternehmen. Das Unternehmen unterhalte knapp 190 Containerschiffe mit rund einer Million TEU (Twenty-foot Equivalent Unit, zu Deutsch Standardcontainer) Stellplätzen. Weltweit beschäftige Hapag-Lloyd rund 10.000 Mitarbeiter und betreibe neben dem Sitz in Hamburg 350 weitere Standorte. Mittelfristig gesehen, sei die Containerschifffahrt eine „attraktive Branche“. Auch, wenn man in der Presse der letzten Jahre eher negative Schlagzeilen gefunden habe, so Habben Jansen. Die Containerschifffahrt habe in den letzten 15 Jahren jährlich ein durchschnittliches Wachstum von vier bis fünf Prozent erzielt, was immerhin mehr als das weltweite Wirtschaftswachstum gewesen sei. Nur 2009 in der Weltwirtschaftskrise sei das Transportvolumen gesunken. Die Zukunftsprognose liege in einer ähnlichen Größenordnung. Das Bruttoinlandsprodukt und die Fundamentaldaten zum Nachfragewachstum blieben größtenteils beständig, weshalb drei bis fünf Prozent Wachstum durchaus realistisch seien. Seinen Optimismus zieht der Hapag-Lloyd Chef vor allem aus drei Entwicklungen: ■ Erstens hätten sich die Bestellungen von Neubauten auf einem sehr nachhaltigen Niveau stabilisiert, nachdem sie vor fünf bis sieben Jahren außergewöhnlich hoch gewesen seien. ■ Zweitens werde der Vorteil von immer größeren gegenüber kleinen Schiffen geringer. ■ Drittens profitiere das Unternehmen von der Verbreiterung des Panamakanals, der ab dem nächsten Jahr für größere Schiffe nutzbar sei.

Anneke Hagel und Tim Faustmann

Zu den Stärken des Hamburger Traditionsunternehmens zählt Habben Jansen, dass es die viertgrößte Reederei der Welt und Teil der zweitgrößten Allianz, der „G6 Alliance“, ist. Mitglied einer Allianz zu sein, „ist die einzige Möglichkeit, Transportkosten auf einem wettbewerbsfähigen Niveau zu haben“, erklärte Habben Jansen. „Fast alle Reedereien sind zu klein, um allein diese ganz großen Schiffe zu betreiben.“ Hapag-Lloyd profitiere außerdem von einem sehr guten Netzwerk und sei eine führende, weltweit tätige Reederei mit ausgewogener Streckenzusammensetzung. Das ist wichtig, denn „in der Containerschifffahrt ist es eines der großen Probleme, dass nicht jedes Fahrtgebiet jedes Jahr sehr profitabel ist“, so der Niederländer. Außerdem könne ein Fahrtgebiet, das heute sehr profitabel sei, morgen vielleicht von den Frachtraten eine Katastrophe sein. Deutschlands größte Reederei hänge nicht von einem Fahrtgebiet ab, sondern zeige überall Präsenz, was für ein stabiles Wachstum unerlässlich sei. Die Schiffe der Flotte hätten ein Durchschnittsalter von etwa sieben Jahren, was im Vergleich mit den Branchenführern sehr jung und modern sei. Das wirke sich auch auf den Treibstoffverbrauch positiv aus. „Es ist eine gute Flotte, die Größe der Schiffe liegt über dem Durchschnitt. Von daher sollten wir schon wettbewerbsfähig sein“, betonte Habben Jansen. „Wie andere in unserer Branche auch, besitzen wir viele der großen Schiffe und chartern eher die kleineren Schiffe zusätzlich in die Flotte ein.“ Allerdings betrage die Eigentumsquote bei den Containern nach

v.l.: Dr.-Ing. Thorsten Machner, Ian Karan, Senator a.D., und Hauke Harders

Petra und Bernd Volkmann

dem Zusammenschluss mit der CSAV Werte, die für Hapag-Lloyd ungewöhnlich niedrig seien. Hier sieht der Vorstandsvorsitzende Verbesserungspotenzial. Für die Zukunft hat Hapag-Lloyd fünf Schlüssel-Initiativen gestartet, die das Unternehmenswachstum sichern und stärken sollen. Das Projekt CUATRO, die Fusion mit der chilenischen CSAV, wurde im Sommer abgeschlossen. Der Integrationsprozess wurde laut Habben Jansen schneller abgeschlossen als geplant, was er an drei Punkten festmachte: ■ Gute Vorbereitung und Planung: 50 bis 100 Mitarbeiter waren ausschließlich mit der Vorbereitung der Fusion befasst. ■ Training von mehreren tausend Mitarbeitern des chilenischen Unternehmens auf den Hapag-Lloyd-IT-Systemen durch rund 200 Mitarbeiter von Hapag-Lloyd. ■ Frühe und genau überwachte Entscheidungen. Deswegen habe Hapag-Lloyd die Erwartungen an die Synergieeffekte von $ 300 Millionen auf $ 400 Millionen jährlich angehoben. Ein zweites Projekt trägt die Bezeichnung OCTAVE. „Das ist vor allem ein kostensenkendes Programm, weil es schon sehr deutlich ist, dass wir bei Hapag-Lloyd eine Kostenlücke im Vergleich zu einigen Wettbewerbern haben“, räumte Habben Jansen ein. Dieses Projekt sehe Maßnahmen zur Verbesserung von allen betrieblichen Bereichen vor und beruhe auf der Definition von acht Arbeitsgruppen. Es seien bereits Veränderungen in der

Martina Grigoleit und Joachim Hädel

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Veranstaltung

v.l.: Erhard J. Heine und Walter Conrads

v.l.: Axel Tilz und Frank Gerber

Struktur und bei den Zuständigkeiten umgesetzt worden. Es handele sich bei der Containerschifffahrt um eine „kapitalintensive Industrie, und das bedeutet, dass man investieren muss“, sagte der Logistikexperte. In gerade für Lateinamerika geeignete, neue Schiffe sei bereits investiert worden, um die dortige Marktführerschaft zu konsolidieren. Außerdem liefen Gespräche mit den Partnern der G6-Alliance, wie die Wettbewerbsfähigkeit auf den Ost-West-Routen durch weitere Investitionen gesteigert werden könne. Auch werde es einen neuen Sales-Ansatz geben, der die Umsatzqualität um mindestens zwei Prozent erhöhen soll. Hierfür existierten bereits Pilotprojekte, deren Ergebnisse ab 2016 eingegliedert und um-

gesetzt werden sollen. Davon erwarte man ein signifikantes Wachstum und eine erhebliche Steigerung der Ertragskraft. Zur Erfolgsgeschichte von HapagLloyd zählt Habben Jansen u.a. die Verringerung der Kosten, die deutlich stärker sichtbar sei als bei vergleichbaren Reedereien. CUATRO, OCTAVE und die strukturellen Veränderungen hätten

bereits eine erhebliche Verbesserung der Kostenstruktur mit sich gebracht. „233 US-Dollar/TEU Kosteneinsparung gegenüber 2014 ist schon eine beeindruckende Zahl, aber noch wichtiger ist, dass, wenn man den Vergleich zieht mit Kollegen aus unserer Branche, wir uns viel mehr verbessert haben. Das ist am Ende, was zählt, denn das macht uns wettbewerbsfähig“, erklärte Habben Jansen. Im ersten Halbjahr 2015 habe Hapag-Lloyd ein äußerst gutes Ergebnis in einem herausfordernden Umfeld erzielt. Tatsächlich seien die Bedingungen am Markt ähnlich wie 2009, dem Krisenjahr der Schifffahrt, gewesen. Das Unternehmen habe jedoch im ersten Halbjahr 2015 ein viel besseres Ergebnis zustande gebracht als vor sechs Jahren. Das zeige, „dass das Unternehmen viel erreicht hat in den letzten fünf bis sechs Jahren“, befand Habben Jansen. Des Weiteren habe sich die Rentabilität der

Die Vorstandsmitglieder Ulf Gehrckens und Astrid Lurati (links) sowie Christina Block und Gunther Bonz (rechts) mit Rolf Habben Jansen

Traditionsfirma im Inner-Branchen-Vergleich von Position 12 in 2014 auf Platz 3 im Jahre 2015 sprunghaft verbessert. „Das bedeutet nicht, dass wir fertig sind. Und das bedeutet nicht, dass wir keine Sachen mehr vor uns haben. Aber das bedeutet schon, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, resümierte Rolf Habben Jansen. Diese Entwicklung sei ein Indiz dafür, dass Hapag-Lloyd gute Zukunftsaussichten habe. Dem Vortrag schloss sich eine rege Fragerunde an, bei der es u.a. um die Bedeutung des Standorts Hamburg für Hapag-Lloyd und die Neustrukturierung des Managements ging. Vertieft wurden die Gespräche beim anschließenden Get-together. CS / Svenja Schwartz Foto: Hapag-Lloyd

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015


Stadtentwicklung

Der HVV wurde 50 Jahre Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) ist 50 Jahre alt. Anlässlich des Jubiläums gab es für die Öffentlichkeit eine Ausstellung im November in der Europa-Passage.

Hamburger Innenstadt: Die Verkehrsführung in der Hansestadt der 1960er-Jahre bietet viel Raum für den Individualverkehr. – Gegen den automobilen Trend jener Zeit stärkt der HVV den öffentlichen Personennahverkehr im Verbundraum mit einem einheitlichen Fahrplan für alle Verkehrsmittel und attraktiven Tarifen. Heute ist der Individualverkehr stark eingeschränkt; die Busse im HVV dagegen haben freie Fahrt. Fotos: HVV

„Die Geschichte des HVV ist Ausdruck des Wachstums der Metropolregion Hamburg“, sagte Senator Horch bei der Eröffnung. „Der Verbund ist Garant dafür, dass die Menschen hier mobil sein können – auch in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln“, so Horch weiter. Das war auch Grundlage bei der Verbundgründung: Ein Tarif, eine Fahrkarte, ein Fahrplan. Das Prinzip hat sich bis heute bewährt. Drei Länder sowie sieben Kreise mit mehr als 3,5 Millionen Einwohnern; 30 Verkehrsunternehmen brachten im Jahr 2014 mehr als 738 Millionen Fahrgäste zuverlässig ans Ziel. Die Gründung des HVV fiel in eine Zeit, die durch den Autoboom geprägt war und dem öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) abnehmende Fahrgastzahlen bescherte. Die Unternehmen Hamburger Hochbahn (HHA), die Deutsche Bahn (DB), die Hafen-Dampfschifffahrt AG (HADAG) und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) beschlossen ein attraktives auf einander abgestimmtes ÖPNV-Angebot, das zum Erfolg wurde. Hamburg war somit Pionier eines systemübergreifenden integrierten öffentlichen Nahverkehrs und blieb viele Jahre Vorbild für weitere Zusam-

HIGHLIGHTS AUS DER HISTORIE DES HVV

1965 Am 29. November wird der HVV durch vier Gesellschafter gegründet 1967 tritt der erste HVV-Tarif in Kraft 1973 Einweihung des Schnellbahnknotenpunktes Jungfernstieg 1978 Am 1. Oktober verabschiedet sich Hamburg von den Straßenbahnen 2001 Ab Juni gibt es das MetroBusNetz, der 10-Minutentakt bis 21 Uhr wird eingeführt 2002 Ab Dezember erweitert der HVV sein Angebot nach Norden, zu den bisher 11 Verkehrsunternehmen kommen 15 weitere Unternehmen dazu 2004 Verbundausweitung nach Süden, jetzt sind alle sieben Umlandkreise voll integriert 2007 Eröffnung der S-Bahnstrecke nach Stade 2008 Die S-Bahn zum Flughafen wird eröffnet 2010 Die Fahrkarte zum Selbstausdrucken ist im HVV-Onlineshop erhältlich 2012 Einführung der HVV-App und des mobilTickets. Die U 4 wird eröffnet

menschlüsse von Verkehrsverbünden in Deutschland und der Welt. Diese Vorteile nutzten in Gründerzeiten 2,4 Millionen Einwohner des rund 3.000 Quadratkilometer großen HVV-Gebietes. Selbst in Weltstädten wie London und Paris gab es nichts Vergleichbares. Der heute durch den Verbund auf 8.600 Quadratkilometer angewachsene Verkehrsraum steht Jung und Alt zur Verfügung. Und gerade diesem unterschiedlichen und sich verändernden Mobilitätsverhalten dieser Altersgruppen gilt es sich entsprechend anzupassen. Auch wenn sich die Gewohnheiten der HVV-Kunden verändern und der Verbund sich den erforderlichen Marktanforderung anpasst, hat sich ein Phänomen in der Hamburger Verkehrsgeschichte nicht geändert: Die Untergrundbahn mit ihren gesamten Linien heißt Hochbahn. Das geht auf die Ursprünge der ersten U-BahnRingstrecke (heutige U3) zurück, die 1912 eröffnet wurde und in einigen Streckenabschnitten auch heute noch auf einem eisernen, hochgelegten Viadukt verläuft. EJH

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Veranstaltung

Von Start-ups und sozialem Engagement

Dr. Bernd Kundrun ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Gruner + Jahr AG, sprach beim Wirtschaftsrat Hamburg über sein Leben nach der Managerkarriere

Ein Leben nach dem Top Management „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“, erklärte einst der berühmte amerikanische Unternehmer und Automobil-Pionier Henry Ford. Für Bernd Kundrun ist diese Erkenntnis zu einer Art Lebenscredo geworden. Beim Wirtschaftsrat Hamburg blickte der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Gruner + Jahr AG auf 25 Jahre im Bertelsmann-Konzern zurück und gewährte einen sehr persönlichen Einblick in sein Leben nach der Managerkarriere.

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Der promovierte Betriebswirt begann seine Laufbahn bei Bertelsmann Mitte der 1980er Jahre und übernahm 2000 den Vorstandsvorsitz der Gruner + Jahr AG, dem damals größten Zeitschriftenverlag Europas. Zugleich war Kundrun Vorstandsmitglied der Bertelsmann AG. Acht Jahre hielt es ihn an der Spitze von Gruner + Jahr. Nach 100 Vorstandssitzungen und 50 Lebensjahren entschied der gebürtige Wuppertaler, dass die Zeit für Veränderung gekommen sei. Anlässlich seines 50. Geburtstags nahm Kundrun auf der Bühne des Varietés in der Speicherstadt Platz und begann mit einem altmodischen Telefon ein fiktives Gespräch mit seinem besten Freund. Es ging um den Sinn und Wert des Lebens, um Freundschaft und Verlässlichkeit. Und um die Frage, wie man die Welt ein bisschen besser machen könnte. Dann verriet er seinem imaginären Gesprächspartner – und der geladenen Festgesellschaft – seinen Plan: Aus seinem Privatvermögen werde er eine Million Euro für einen wohl-

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

tätigen Zweck spenden. Unschlüssig hätten seine Gäste auf das Ihnen dargebotene Schauspiel reagiert, so Kundrun. Ihn störte das wenig. Schon länger verschickte er zu Weihnachten lieber Marc Aurels „Selbstbetrachtungen“ als Karten. „Viele sind hartnäckig in Bezug auf den einmal eingeschlagenen Weg, wenige in Bezug auf das Ziel“, bemühte der Wahlhamburger den Denker Friedrich Nietzsche. Bedeutungsschwere Zitate zogen sich durch Kundruns Vortrag wie das große Interesse für Philosophie sein Leben. 2009 verließ er schließlich Gruner + Jahr „mit einem großen Knall.“ Denn „die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert“, so Albert Einstein. Und so auch Bernd Kundrun. Also eine typische Aussteigergeschichte? Nein, Kundrun betonte, im Guten gegangen und mit dem Vorstand sowie der Familie Mohn im Reinen zu sein. Er erinnere sich gern


an seine Zeit bei Gruner + Jahr und bereue nichts. Man werde von ihm kein schlechtes Wort über das Unternehmen hören, aber damals habe sich für ihn etwas ändern müssen. Für die eine Million Euro, die er an seinem Geburtstag zu spenden versprochen hatte, suchte Kundrun nach einem Verwendungszweck. In seiner Zeit beim Gruner + Jahr habe er im Rahmen der alljährlichen Weihnachtsspende bereits Kontakt mit einigen sozialen Initiativen gehabt. Oft habe er es bedauert, dass in Deutschland nur einige wenige soziale Projekte wirklich bekannt seien. Tausende vollbrachten im Hintergrund Großartiges, ihnen fehle nur die Lobby. Dies zu ändern, wurde zur Intention von Bernd Kundrun. Dabei setzte er auf das Internet, dessen Macht ihm aus seiner Zeit bei Gruner + Jahr nur zu gut bekannt war. So suchte er nach Plattformen für soziale Initiativen, die er unterstützen konnte – und stieß auf betterplace.org. betterplace.org ist mittlerweile Deutschlands größte Spendenplattform im Internet. Soziale Projekte aus der ganzen Welt können darüber kostenlos Geld- und Zeitspenden einsammeln.

Carl-Thomas Epping und Birgit von Have

v.l.: Uwe Fendler und Andreas Berneike

Das Ziel ist, Menschen, die helfen möchten, direkt mit denjenigen zusammenzubringen, die Unterstützung brauchen. Dafür stellt betterplace.org kostenlos digitale Tools bereit, mit denen auch kleine Projekte online Fundraising betreiben können. Seit dem Start 2007 haben über 15.000 Projekte aus mehr als 170 Ländern die Werkzeuge der Plattform genutzt, mehr als 25 Millionen Euro Spenden sind insgesamt schon zusammengekommen. Und es ist

sichergestellt, dass die Spenden zu 100 Prozent in den vorbestimmten Verwendungszweck fließen. Besonders effektiv ist die Plattform im Katastrophenfall, wie z.B. nach dem Erdbeben in Haiti 2010. Betrieben wird betterplace.org von der gemeinnützigen Aktiengesellschaft gut.org, einem Sozialunternehmen mit Sitz in Berlin. Einer der Aktionäre, die betterplace.org unterstützen, wurde Bernd Kundrun. Damit hatte er eine geeignete Investition für seine Millionenspende gefunden. Doch hatte er nach eigener Ansicht noch nicht genug „Spuren hinterlassen“. So wurde Kundrun auch Gesellschafter der Hanse Ventures BSJ GmbH, die Start-ups von der Gründung an unterstützt und zum Erfolg führen will. Daraus gingen Start-up Unternehmen wie Pflege.de oder Toptranslation.com hervor. Er habe in seiner Karriere nach Gruner + Jahr bereits 400 Arbeitsplätze geschaffen. In den nächsten Jahren bis zu seinem 60. Geburtstag wolle er die 1000-Arbeitsplätze-Marke erreichen, so das selbst gesteckte Ziel des Wuppertalers. betterplace.org hält der wortgewandte Kundrun jedoch nach wie vor

diente er sich der Worte Friedrich Schillers: „Solche wähle zu Begleitern auf des Lebens Bahn, die dein Herz und deinen Geist erweitern.“ Im Weiteren berichtete Kundrun von seinem Engagement für die „Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen“, in der er als Vorsitzender des Kuratoriums tätig ist. Er sei kein Kunstexperte, gab er offen zu, aber ein „sehr interessierter Laie“, dem viel daran läge, Kunstwerke in die Hamburger Sammlungen zu bringen. Schließlich kam der ehemalige TopManager auf ein Thema zu sprechen, das seit Monaten die Medienberichterstattung bestimmt, die Flüchtlingskrise. Auch hier gab Kundrun sich optimistisch und zupackend. Er berichtete, dass betterplace.org gerade dabei sei, ein gesondertes Flüchtlingsportal fertigzustellen. Schon jetzt seien über 180 Flüchtlingsprojekte auf der Spendenplattform zu finden. Er wolle tun, was er kann, um mitzuhelfen. Etwas anderes käme ihm nicht in den Sinn. Der Ausgang der gesamten Situation sei ungewiss. Und noch einmal kam Henry Ford zu Wort: „Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst

v.l.: Dr. Bernd Kundrun mit den Vorstandsmitgliedern Christina Block und Reinhold von Eben-Worlée

für seine beste Investition, denn er könne so für die Gemeinnützigkeit und für die Kleinen kämpfen. Einen gewissen Hang zum Weltverbesserer kann man dem ehemaligen Verlagschef deswegen unterstellen. Pathetisch wirkt er aber keinesfalls. Er habe nichts gegen den Kapitalismus, betonte Kundrun, schließlich arbeite er mit Kapital. Doch die Rendite, die er durch betterplace.org erhalte, bestehe für ihn vor allem aus „Sinn“. Um seine Motivation zu erklären, be-

Detlev Wahl im Gespräch

es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten.“ Abschließend entschuldigte sich Kundrun für die Eitelkeit, die es ihm erlaubt habe, einen Vortrag nur über sich selbst zu halten und bot Gelegenheit für Fragen, die sich um Gruner + Jahr, das betterplace-Projekt und seine persönliche Zukunft drehten. Diese wurden beim anschließenden Get-together noch weiter vertieft. CS / Svenja Schwartz

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Veranstaltung

Neumitgliederabend: Willkommen im Wirtschaftsrat! Kennenlernen in der Landesgeschäftsstelle Hamburg „Herzlich willkommen“ hieß es am 04. November für die neuen Mitglieder im Landesverband Hamburg. Die Geschäftsstelle in den Colonnaden hatte zum Neumitgliederabend eingeladen. In entspannter Atmosphäre hatten sie hier Gelegenheit, sich mit den anderen „Neuen“ bekannt zu machen, mit Vertretern des Landesvorstandes ins Gespräch zu kommen und das Team der Landesgeschäftsstelle kennenzulernen. Der Landesvorsitzende des Wirtschaftsrates Hamburg, Gunnar Uldall, sagte zur Begrüßung: „Wir freuen uns, dass wir in diesem Jahr viele neue Mitglieder und Top-Unternehmen für den Wirtschaftsrat gewinnen konnten. Wir bieten Ihnen eine Plattform für den Gedankenaustausch und zum Aufbau eines Netzwerks, in dem wir uns gemeinsam für die Soziale Marktwirt-

Im Vordergrund: Der Landesvorsitzende des Wirtschaftsrates Hamburg, Gunnar Uldall, Senator a.D., begrüßt die Neumitglieder; im Hintergrund v.l.n.r: Christian Peters, Prof. Dr. Albrecht von Arnswaldt und Landesgeschäftsführer Hauke Harders

schaft einsetzen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Geschäftsstelle sind eigentlich Ihre Mitarbeiter. Scheuen Sie sich nicht, mit Rat und Tat, mit Vorschlägen oder auch Kritik an sie heranzutreten. Unser Team freut sich, wenn es Ihnen helfen kann.“

Vorstandsmitglied Dr. Hubert Baltes berichtet vom Innovationsforum in Berlin; im Vordergrund Friederike Hagenbeck, im Hintergrund Jens Kabisch

v.l.: Kai-Momme Osburg, Andreas Weinberger und Karl-Heinz Warnholz MdHB

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v.l.: Kristina Beyer, Assistentin des Landesgeschäftsführers, Anna Geyer, studentische Mitarbeiterin, im Gespräch mit Neumitglied Raphael Neuburg

v.l.: Torsten Peters und Mohammad Ali Rahimi

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

Nach dem offiziellen Teil des Abends stand das gegenseitige Kennenlernen im Vordergrund. Bei Wein und kaltem Buffet wurden angeregte Gespräche geführt und fleißig Visitenkarten ausgetauscht. CS

Hans-Jürgen Glüsing und Ingrid Harré-Eichmann


PR-Bericht

Tradition & Innovation Wenn die allerfeinsten Aromen der zartbitteren Mandelsplitter lange köstlich nachwirken, wenn die reflektierenden Lichter der glänzenden Schokokugeln im Adventsgesteck oder aus dem Christbaum ihre weihnachtlichen Botschaften signalisieren, ist Feiertagsstimmung. Die Signale haben Kopf und Gaumen erreicht, die Kernbotschaften des Wahlstedter Unternehmens arko sind angekommen: anbieten, verschenken, sich und andere belohnen und verwöhnen. Warum ist eigentlich nicht jeder Tag solch ein Feiertag? Die vielfältigen feinen Confiserie-Produkte des Hauses können nämlich Jung und Alt jeden grauen Alltag zu allen Jahreszeiten verschönern, ja, zum Festtag machen. Im arko-Umfeld ist die Marktsituation sehr komplex und bietet eine Vielzahl an Herausforderungen. „Der Preiskampf im Lebensmitteleinzelhandel, die Preisentwicklung am Rohstoffmarkt – insbesondere Nüsse, Schokolade und Zucker – und der insgesamt hohe Wettbewerb machen es erforderlich, das Unternehmen neu auszurichten und auf die heutigen Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden an ein Einkaufserlebnis einzustellen“, so Geschäftsführer Patrick G. Weber. Mit einem einzigartigen Angebot aus feinen Confiserie-Produkten – von Pralinen und Trüffeln über Edel-Schokoladen bis hin zu Marzipan, Gebäck und Süßwaren, ergänzt um Kaffee aus eigener Röstung – verwöhnt das mittelständische, norddeutsche Unternehmen mit seinen rund 220 eigenen Filialen und Franchise-Nehmern seine Kunden. Bei dem Unternehmen im Dreieck zwischen Hamburg – Lübeck – Neumünster sind rund 750 Mitarbeiter beschäftigt. Vom Wahlstedter Logistikzentrum wird das Filialnetz in Nord-, Ostund Mitteldeutschland beliefert, ebenfalls die Franchise-Partner in Prag, Brünn und Innsbruck. arko, eine Kurzform für „Arbeitsgemeinschaft für den Vertrieb von Konsumgütern“, geht auf die Gründung von Cuno Rothfos zurück, einem

Die süßen Grüße: köstliche Kleinigkeiten mit liebevollen, lustigen oder feinsinnigen Nachrichten im jungen, modernen Design. 16 unterschiedliche Produkte mit Botschaften für verschiedene Anlässe ergänzen bei arko die große Auswahl an verlockenden Geschenkideen.

arko-Geschäftsführer Patrick G. Weber ist von der weiteren positiven Entwicklung überzeugt: „Wir handeln nicht mit Schokolade, sondern mit Emotionen!“

Hamburger Kaffeehändler, der 1948 mit seinem Vater das Geschäft aufbaute. Getreu der Marke und der Idee der Gründer hält man auch heute noch an der hauseigenen Kaffeerösterei fest. Die arko GmbH mit Sitz im schleswigholsteinischen Wahlstedt verarbeitet Rohkaffees aus internationalen Anbaugebieten und veredelt sie zu hochwertigen Kaffees. Das Sortiment reicht von Ursprungs-Raritäten mit sortentypischem und unverfälschtem Charakter über Kaffeespezialitäten bis hin zu fein abgestimmten Kaffeemischungen. Um sowohl langjährige als auch neue Kunden immer wieder mit neuen Ideen zu begeistern, wird das Sortiment regelmäßig um besondere Produkte, neue Geschmacksvarianten und moderne Verpackungsdesigns erweitert. Das Ziel ist klar definiert: Neue Käuferschichten ansprechen und zeitgleich den treuen Stammkunden weiterhin das zu bieten, was sie von der Marke arko erwarten. Neben Qualität, Markentreue und Produktnutzen gilt es natürlich auch, weitere Kaufanreize zu schaffen. Insbesondere jüngere Kunden stellen deutlich andere Anforderungen an ihr persönliches Einkaufserlebnis und erwarten ein zeitgemäßes Sortiment, das sich anlassbezogen präsentiert. Das bedeutet, dass Einkaufsimpulse hier weniger der Bedarf an Kaffee, Schokolade, Gebäck oder Süßwaren sind, sondern Anlässe zum Anbieten, Verschenken

oder sich selbst Belohnen beziehungsweise Verwöhnen. Seit knapp 20 Monaten gibt es einen neuen Eigentümer: Das Wahlstedter Traditionsunternehmen arko GmbH wurde im April 2014 von der arko Holding GmbH, einem Beteiligungsunternehmen der Familie Morzynski, Hannover, übernommen. Paul Morzynski ist durch seine beiden Unternehmensbeteiligungen an der Halloren Schokoladenfabrik AG in Halle/Saale und dem Grand Hotel Heiligendamm bekannt als erfolgreicher Unternehmer, der sich Herausforderungen stellt, wenn es darum geht, traditionsreiche Unternehmen weiter auszubauen und zum Erfolg zu führen. Mit Patrick G. Weber steht seit 2014 ein langjähriger Vertrauter der Familie Morzynski an der Spitze, der jetzt sein besonderes Augenmerk auf die arko GmbH lenkt: „Das ist ein Unternehmen mit langer Historie und Tradition, für das es sich lohnt, vollen Einsatz zu geben.“ Dafür wird die Unternehmensspitze neue Strukturen etablieren und dem Sortiment und der Vermarktung verstärkt hohe Aufmerksamkeit widmen. Mit einer Fünf-Jahres-Strategie werden die Ziele angegangen. Derzeit werden alle arko-Filialen sukzessive neu gestaltet. Dabei wird auf ein modernes und großzügiges Design gesetzt – Naturtöne in vielen Nuancen und ein raffiniertes Beleuchtungskonzept verleihen den Geschäften dabei ein warmes und einladendes Ambiente. Die klare und übersichtliche Sortierung nach Produktgruppen führt die Kunden durch die Auswahl der edlen Confiserie-Artikel. Besonderes Highlight in den Filialen: die einladende Pralinentheke mit bis zu 60 erlesenen Confiserie-Spezialitäten. ■

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Veranstaltung

#refugeeswelcome: Warum es so einfach nicht ist Seit Monaten dominiert der Flüchtlingszustrom die politische Agenda von der Europa- bis hin zur Kommunalebene. In den Medien scheint es bisweilen kein anderes Thema mehr zu geben. Die Flüchtlingskrise droht

Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach beim Wirtschaftsrat Hamburg über die Herausforderungen des Flüchtlingszustroms

zur ernsthaften Zerreißprobe für die Europäische Gemeinschaft zu werden: Die ungarische Idee vom Grenzzaun macht Schule, osteuropäische Staaten wie Polen verweigern die Aufnahme von Flüchtlingen komplett. Auch der „Brexit“ scheint keine Utopie mehr zu sein. Nicht zuletzt haben die Pariser Terroranschläge das Thema unter dem Sicherheitsaspekt zusätzlich angeheizt. Deutschland steht im Fokus des Flüchtlingszustroms. Inner- und zwischenparteilich wird heiß diskutiert und mit teils harten Bandagen um Lösungen gerungen. Als Ministerpräsidentin des Saarlandes ist Annegret Kramp-Karrenbauer mittendrin im Geschehen. Beim Wirtschaftsrat Hamburg sprach sie über die Herausforderungen der Flüchtlingskrise und stellte sich den kritischen Fragen der Mitglieder. Gleich zu Beginn ihres Vortrags stellte die Politikerin klar, dass die gegenwärtige Situation nicht von heute auf morgen im September durch freundliche Worte oder den herzlichen Empfang durch Freiwillige an den Bahnhöfen entstanden sei: „Tatsache ist, dass wir

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schon in den letzten Jahren ein zunehmend ansteigendes Maß an Flüchtlingen hatten. Tatsache ist auch, dass, solange das andere Länder betroffen hat, wir dies in Deutschland wohlwollend betrachtet haben, ohne uns in einem überbordenden Maße europäisch zu engagieren.“ Dies gehöre zur Wahrheit dazu, so Kramp-Karrenbauer. Gleichzeitig räumte sie ein, dass Bund und Länder es versäumt haben, darauf frühzeitig zu reagieren. Die Landesvorsitzende der CDU Saar machte auch keinen Hehl daraus, dass das Flüchtlingsthema „uns noch eine ganz geraume Zeit beschäftigten wird“, sowohl im Hinblick auf die Zugangszahlen und deren Reduktion als auch in

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

Sachen Integrationsarbeit. Die Bereitschaft der Menschen, ihr Land zu verlassen und sich auf die Flucht zu begeben, werde auf mittlere Sicht andauern. Ändern lässt sich das nur, so die Botschaft der gebürtigen Saarländerin, wenn sich die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern entscheidend verbessern. Hier sieht sie Deutschland und Europa gefordert, „dass wir ein hohes Maß an Engagement und auch an Geld zeigen müssen.“ Im Rahmen der Wirtschafts- und Finanzkrise hatte Bundeskanzlerin Merkel vor den beiden Häusern des britischen Parlaments gesagt: „Es kann nicht ausreichen, diese Krisen nur irgendwie überstehen zu wollen […] Unser Anspruch muss sein, stärker aus den Krisen herauszukommen, als wir in sie hineingegangen sind.“ Dies müsse auch jetzt das Gebot der Stunde sein, sagte Kramp-Karrenbauer und sprach sich dafür aus, im Zuge der Flüchtlingskrise abgesenkte Baustandards- und vorgaben auf Dauer beizubehalten – nicht


nur, um einfacher Wohnraum für Flüchtlinge, sondern auch für Studierende oder sozial Schwache zu schaffen. Für die langjährige Innenministerin des Saarlands muss der Flüchtlingszustrom besser geordnet und begrenzt werden als bisher. Dabei zeigte sie sich mit Blick auf ihre eigene Partei selbstkritisch. Die CDU habe nach außen den Eindruck erweckt, dass die größten Meinungunterschiede nicht mit anderen Parteien, sondern untereinander bestehen. „Dann darf es uns nicht wundern, wenn wir in den Umfragen nach unten gehen“, so Kramp-Karrenbauer. Die Unterstützer und Mitglieder der CDU würden erwarten, dass man sich hinter den Kulissen vernünftig mit dem Thema auseinandersetze und dann an einem Strang ziehe. Diese Leistung habe man bisher noch nicht genügend gezeigt. „Das gilt, was die Debatte innerhalb der CDU betrifft. Das gilt aber auch, was das Regierungshandeln anbelangt“, sagte die Unionspolitikerin. Daher habe sie es sehr begrüßt, dass das Kanzleramt die Koordination der Krise übernommen habe. Gegenüber der immer wieder laut werdenden Forderung nach einer Flüchtlingsobergrenze zeigte sich die Referentin sehr skeptisch. Sie könne diesen Wunsch vieler Menschen zwar ver-

Hanns Heinrich Supthut und Bernd Michael Rosenberger

batte monatelang zu führen, ohne, dass tatsächlich etwas umgesetzt werden könne, sei ein kritisches Signal: „Wir laufen dann hohe Gefahr, dass viele Menschen sich gerade dann auf die Flucht begeben, weil sie befürchten, dass es in Deutschland zu massiven Einschränkungen kommt und sie versuchen, dieses Fenster noch zu erwischen“, warnte Kramp-Karrenbauer. Neben den Verhandlungen mit den EU-Partnern kommt es für die saarländische Ministerpräsidentin vor allem auf die Verhandlungen mit der Türkei an, um die Zuwanderung zu begrenzen. Man müsse mit dem Land, wo derzeit zwei Millionen Flüchtlinge leben, eine Einigung erzielen. Europa solle einerseits einen Teil der dortigen Flüchtlinge in einem geordneten Verfahren, in sogenannten Kontingenten, übernehmen, und sich andererseits für eine bessere Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge vor Ort engagieren. In einem Rücknahmeabkommen müsse es dann möglich sein, Flüchtlinge, die über andere Wege nach Europa kämen, in die Türkei zurückzuführen. „Ich bin der Auffassung, Solidarität ist keine Einbahnstraße“, sagte KrampKarrenbauer mit Bezug auf die Verweigerungshaltung einiger Länder. Wenn Staaten, etwa in Osteuropa, bisher in

Ekkehard Anders und Patrick London

stehen, fragte aber: „Können wir in unserem System eine solche Obergrenze definieren und können wir sie vor allen Dingen durchsetzen?“ Natürlich könne man darüber reden, dass Asylrecht in Deutschland abzuschaffen oder einzuschränken. Aber im Moment gebe es „keinerlei Hinweis darauf, dass wir die verfassungsändernde Mehrheit dafür zusammenbekämen.“ Diese De-

bilde sich ab in seinen Werten, in seiner Wirtschafts- und Währungsunion und im sogenannten Schengenraum. Wenn jeder beginne Zäune zu errichten, bedeute dies, dass am Ende des Tages einer der wesentlichen Grundpfeiler Europas, nämlich die Reisefreiheit, nicht aufrechterhalten werden könne. „Das ist wirklich eine reelle Bedrohung.“ Aber nicht nur in Europa, auch innerhalb Deutschlands ist viel Sand im Getriebe. Die Bevölkerung ist beunruhigt über Meldungen, dass nicht klar ist, wie viele Flüchtlinge tatsächlich nach Deutschland kommen und welche Identität sie haben. Die Registrierung erfolgt unzureichend, viele Flüchtlinge machen sich eigenständig auf den Weg durch die Bundesrepublik. Angesichts dieser Situation stellte die Ministerpräsidentin einerseits klar, dass dafür gesorgt werden müsse, dass die Flüchtlinge für die Dauer ihres Aufenthaltsverfahrens dort bleiben, wo ihr Antrag bearbeitet wird. Andererseits sprach sie sich dafür aus, jeden Flüchtling per Fingerabdruck zu registrieren: „Wir haben im Saarland ein solches System für unsere Behörden installiert“, so Kramp-Karrenbauer. Der Knackpunkt ist: Teilweise kann weder die Bundespolizei noch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darauf zugreifen, geschweige denn EURODAC,

Im Gespräch: Der Landesvorsitzende Gunnar Uldall, Senator a.D., mit Dietrich Wersich MdHB, Erster Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft, und Annegret Kramp-Karrenbauer

großem Maße von solidarisch gefüllten Fördertöpfen profitiert hätten, aber nicht bereit seien, auch bei der Lastenteilung Solidarität zu bieten, müssten künftige Förderprogramme Sanktionsmöglichkeiten vorsehen. „Wenn wir diese europäische Solidarität nicht organisieren können, dann muss man sich fragen, was das für Europa bedeutet“, gab die Politikerin zu bedenken. Europa

Florian Bauer und Karsten Seebrandt

eine europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken. „Die Hauptaufgabe, die vor uns liegt, wird das Thema Integration sein“, erklärte die Unionspolitikerin und machte deutlich, dass dies so schnell wie möglich beginnen müsse. Das betreffe vor allem das Lernen der deutschen Sprache und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Hier sieht sie auch

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Veranstaltung

Heidi Futterer

Gunnar Uldall, Senator a.D., Landesvorsitzender Wirtschaftsrat Hamburg

die Unternehmen gefordert, „dass sie wirklich den engen Schulterschluss suchen“ mit Behörden und Arbeitsverwaltung. Viele Unternehmer seien bereit, Flüchtlinge über Praktika oder Ausbildungsplätze aufzunehmen, aber die hohen Hürden der Bürokratie verhinderten dies. Das Maß an Verunsicherung sei groß: Was kann ich tun, wann kann ich ein Praktikum anbieten, wie ist das mit dem Status? Kramp-Karrenbauer appellierte, der Politik konkrete Hürden aufzuzeigen und Beispiele zu nennen, damit Bundestag und Bundesrat die Gesetze so anpassen, dass „wir die Dinge positiv verändern können.“ Abschließend betonte die saarländische Ministerpräsidentin ausdrücklich, dass das deutsche Asylrecht eine

Medaille mit zwei Seiten sei: Wer anerkannt wird, solle bleiben können und schnell integriert werden. Wer aber kein Recht auf Asyl habe, müsse das Land auch genauso schnell und konsequent wieder verlassen. Dies habe man in der Vergangenheit schleifen lassen. Angesichts der hohen Zahlen könne sich Deutschland das aber nicht mehr erlauben. „Deswegen gehören Abschiebungen genauso zu unserer Aufgabenstellung“, so Kramp-Karrenbauer. Im Anschluss an den Vortrag nutzte das Publikum die Gelegenheit, der Ministerpräsidentin eigene kritische Fragen zur Flüchtlingsthematik zu stellen. Dabei ging es um die Rolle der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, um die langfristige Entwick-

Karl-Josef Mondorf

lung der Arbeitsmarktsituation, die „Leitkultur“-Debatte und um den Umgang mit sogenannten „Gefährdern“. Im Zusammenhang mit letzteren warnte die Referentin vor „vorauseilendem Gehorsam.“ In der Vergangenheit habe man in einem falsch verstandenen Sinne von Toleranz zu früh Positionen geräumt. Integration erfordere auch, unsere Regeln und Werte genau zu definieren und diese selbstbewusst zu vertreten. „Da hat es in der Vergangenheit oft gefehlt“, sagte die Politikerin und ergänzte: „Jeder ist eingeladen, diese Regeln zu befolgen. Wenn er sich dazu nicht in der Lage sieht, dann kann er auf Dauer auch kein aktiver Teil dieser Gesellschaft werden. Das sollten wir unmissverständlich klar machen.“ CS

MESSE-VORSCHAU 2016 Hamburg Messe und Congress 27.12. – 30.12.2015

CCH

32C3: 32. Chaos Communication Congress Chaos Computer Club e. V.

16.01. – 18.01.2016

Messegelände A-Gelände (Hallen A1, A3, A4) B-Gelände (Hallen B1, B2-B4 EG, B6 und B7)

Nordstil – Regionale Ordertage Hamburg Messe

23.01. – 24.01.2016

Messegelände Halle B7

Hochzeitstage Hamburg – Informieren – Anprobieren – Kaufen

26.01. – 29.01.2016

Messegelände Halle A1, A3 und A4

NORTEC

05.02. – 07.02.2016

Messegelände Halle A4

Hanse Golf – Die Publikumsmesse im Norden

05.02. – 07.02.2016

Messegelände Halle B1

5. Hanse Spirit – Die Verbrauchermesse

05.02. – 07.02.2016

Messegelände Halle B7

BABYWELT Hamburg – Die Messe rund um Ihr Kind

05.02. – 06.02.2016

CCH

3. Hamburger Energietage 2016 Energiekongress & Messe GmbH

10.02. – 11.02.2016

Messegelände Halle B4

maintenance Hamburg 2016 Fachmesse für industrielle Instandhaltung

16.02. – 17.02.2016

CCH

DSAG – Technologietage 2016 DSAG Dienstleistungs GmbH

17.02. – 21.02.2016

Messegelände Halle A1, A4, B1 – B5, B7

REISEN HAMBURG – Die Messe für Urlaub, Caravaning, Outdoor und Rad

26.02. – 28.02.2016

Messegelände Halle B1 (EG), B2 – B5

HMT – Hamburger Motorrad Tage

26.02. – 27.02.2016

Messegelände Halle B6

Einstieg Hamburg 2015 – Die größte Messe für Ausbildung und Studium im Norden

26.02. – 27.02.2016

CCH

Unfallmedizinische Tagung – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015


WIRTSCHAFTSRAT vor ORT

Hinter den Kulissen des Norddeutschen Rundfunks „Das gibt eine Fortsetzung“, hatten die Programmacher des Wirtschaftsrates Hamburg nach der sehr guten Einschaltquote im März entschieden: Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr hatten Mitglieder des Landesverbandes im Rahmen der Reihe WIRTSCHAFTSRAT vor ORT die Möglichkeit, hinter die Kulissen der NDR-Fernsehstudios in Lokstedt zu schauen.

„Kameramann“ Erhard J. Heine

Die Besichtigung war alles andere als eine langweilige Wiederholung: Jürgen Heuer, Politik-Chef des Hamburg Journal, und sein Kollege Thomas Wilhelm, Planer und Redakteur vom Dienst beim Hamburg Journal, standen den rund 35 Besuchern des Wirtschaftsrates Rede und Antwort. Dieter Becken, Geschäftsführer der BECKEN DEVELOPMENT GmbH und Vorstandsmitglied des Wirtschaftsrates Hamburg, begrüßte zuvor

lungen zu erwarten sind und inwieweit das Internet bzw. die sozialen Medien die Arbeit der Fernsehmacher verändern. Bei einem ausführlichen Rundgang durch Studios und Regieplätze konnten die Gäste des Wirtschaftsrates dann Fernsehluft schnuppern. Dabei traf man auf das eine oder andere bekannte Gesicht: Im Studio der Vorabendsendung DAS! – bekannt durch das charakteristische Rote Sofa – kamen die Besucher mit Yared Dibaba, u.a. Moderator von Mein Nachmittag und Ganz schön dreist, ins Gespräch. Kurz vor der anstehenden Sendung gab es schließlich noch Gelegenheit, sich das Studio des Hamburg Journal anzuschauen. Im Gegensatz zum vollautomatisierten Hightech-Studio der Tagesschau, arbeiten hier noch „echte“ Kameraleute, es gibt keinen virtuellen Hintergrund und der Teleprompter wird von Hand bedient. Der Qualität der Sendung tut das keinen Abbruch, fanden auch die

Moderator Yared Dibaba (rechts) nimmt sich Zeit für die Besucher des Wirtschaftsrates

die Gäste und würdigte den NDR als ein „Sinnbild für die norddeutsche Kultur, das aus der Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken ist.“ Neben Fragen zur aktuellen Berichterstattung rund um die Flüchtlingskrise, die Terroranschläge in Paris und den Staatsakt für Helmut Schmidt, wollten die Besucher wissen, wie es mit der politischen Neutralität in den Redaktionen aussieht, welche technischen Entwick-

Mitglieder des Wirtschaftsrates. Dennoch wird das Studio in den nächsten Jahren modernisiert werden, wie Thomas Wilhelm erklärte. So ist geplant, z.B. die alten SD- durch neue HD-Kabel zu ersetzen. Nach rund zwei Stunden Sendezeit war auch diese Folge von WIRTSCHAFTSRAT vor ORT beim NDR vorbei. Ob es eine weitere Fortsetzung geben wird? Nicht ausgeschlossen… CS

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Politikberatung

Wissenschaftliche Wirtschaftspolitikberatung:

Elfenbeintürme versus schwarze Löcher? Am 08. Oktober 2015 hatte die Handelskammer Hamburg zur „Konferenz politische Ökonomie der Wirtschaftspolitikberatung“ eingeladen. Als

Jörg Asmussen Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Foto: Handelskammer Hamburg / Ulrich Perrey

prominenter politischer Vertreter sprach Jörg Asmussen, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, über die Bedürfnisse und den Bedarf von Wirtschaftspolitikern an Beratung. Seine Kernbotschaft: Moderne Politik kann ohne wissenschaftlichen Ratschlag nicht mehr existieren, sollte wissenschaftliche Erkenntnisse jedoch mit Vorsicht genießen. „Politiker benutzen Ökonomen wie Betrunkene Laternen: Sie suchen Halt, nicht Licht.“ Mit diesem Zitat von John Maynard Keynes führte Asmussen in die Problematik der Zusammenarbeit von Wirtschaftswissenschaft und Politik ein. Erstere versuchten als Elfenbeintürme die Welt zu erklären, um letztendlich zur wissenschaftlichen Wahrheit zu gelangen, während Politiker bei gerechter Verteilung den Wohlstand maximieren wollten – und als schwarze Löcher ihre Macht erhalten

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und vergrößern. Aus dieser Zielsetzung resultiere die Erwartung der Politik, dass die Wissenschaft eine Meinung publizieren solle, die genau ihre eigene Position unterstütze, während die Wirtschaftsberater eine 1-zu-1 Umsetzung ihrer Vorschläge erwarteten. Nichtsdestotrotz stellte Asmussen fest, dass sich die „Politik heute mehr denn je auf Wissenschaft und damit auch auf Wirtschaftswissenschaft beruft“, der Beratungsbedarf wachse ständig. Die Ursache hierfür liege zum

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

einen an den verbesserten Forschungsmethoden: Mit der steigenden Datenverfügbarkeit gingen auch realistischere Modelle mit passgenauen Einschätzungen einher. Zudem führten die derzeitigen politischen Herausforderungen zu großer Unsicherheit und einem stärkeren Wunsch nach externer Beratung. Nicht zuletzt nähmen die Transparenzansprüche an die Politik ständig zu, sodass Rechtfertigungen auch auf der Basis weltweit verfügbarer Forschungsergebnisse nachvollziehbar bleiben müssten. Als Allheilmittel dürften wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen jedoch keineswegs betrachtet werden. Schließlich gäbe es „die eine“ Wahrheit auch in der Wissenschaft nicht – diese sei stets von den getroffenen Annahmen und Erwartun-


Verkehrsentwicklung

DriveNow gen abhängig. Viele praktische politische Fragen seien schlichtweg zu komplex. „Wie wirkt der Mindestlohn?“ sei ein typisches Beispiel. Zur Beantwortung benötigten Wissenschaftler Details wie Dimension und Zeitraum. Damit umfasse die Empfehlung jedoch nicht die Vielschichtigkeit der Realität und somit nicht alle entscheidungsrelevanten Informationen. Zudem handele es sich in der Beratung traditionell um ex post Evaluation vergangener Entwicklungen. Viel interessanter sei jedoch die Frage, wie man wissenschaftliche Beratung auch ex ante für Entscheidungen nutzen könne. Asmussen benannte dafür sechs Erfolgsfaktoren. Zunächst sei für konstruktive Vorschläge die Unabhängigkeit der Politikberater unantastbar. Selbstverständlich seien auch Wissenschaftler Menschen mit politischen Überzeugungen und Prägungen. Jedoch müssten diese Einflüsse erkannt und beachtet werden – in Abgrenzung zum Lobbyismus. Weitergehend müsse eine hohe Forschungsqualität gewährleistet werden, welche eine Einbindung in aktuelle internationale Forschungsdiskussionen beinhalte. Die Politik müsse in ihrer Entscheidungsfindung zudem stets das gesamte verfügbare Wissen verwenden, unabhängig vom vorherrschenden Mainstream und sich dabei den Grenzen der Aussagen bewusst bleiben. Die ideale Politikberatung zeichne sich durch Ergebnisoffenheit und die Vorgabe neuer Prämissen aus. Insbesondere für Außenstehende sollten zur Einordnung der Ergebnisse getroffene Annahmen dabei explizit genannt und das Komplexitätsniveau niedrig gehalten werden. Beratenden Wissenschaftlern gab Asmussen eine Abwandlung des kategorischen Imperativs mit auf den Weg: „Empfehle nur solche Maßnahmen, bei denen du zugleich wollen kannst, dass sie tatsächlich ein allgemeines Gesetz werden.“ Schließlich wüssten die Ökonomen, was Effizienz sei, aber das Empfinden von Gerechtigkeit in der Gesellschaft stelle etwas ganz anderes dar. Über allem stünde die Grundmaxime: „Wissenschaft soll die Politik begleiten, aber Politik soll auch nicht Wissenschaft instrumentalisieren“. AG

ein Carsharing-Beitrag zur städtischen Verkehrsentwicklung Seit nahezu 30 Jahren gibt es Carsharing in Deutschland. Jahrelang als Nischenerscheinung von nur wenigen Nutzern praktiziert, erlangte das Carsharing erst mit dem Markteintritt der beiden großen stationsunabhängigen Carsharing-Anbieter vor etwa fünf Jahren größere Aufmerksamkeit und einen bedeutenden Wachstumsschub. Nahezu dreiviertel der heute über eine Million Carsharing Nutzer in Deutschland sind Kunden der stationslosen Anbieter.

Einer der beiden großen ist DriveNow. Das Joint Venture von BMW und Sixt betreibt in derzeit neun Städten in Europa eine Flotte von insgesamt etwa 4.000 Fahrzeugen. Weit über 500.000 Kunden verzeichnet das Unternehmen derzeit. In Deutschland können DriveNow Kunden das Angebot in Berlin, Hamburg, München, Köln und Düsseldorf nutzen. DriveNow bietet hier nicht nur verschiedene BMW und MINI Modelle zur spontanen Kurzzeitnutzung an, die an beliebigem Ort im städtischen Geschäftsgebiet angemietet und wieder abgestellt werden können. DriveNow geht mit dieser Mobilitätsform einen Schritt weiter. Das Unternehmen versteht sich als Partner der Städte und des öffentlichen Nahverkehrs, will gemeinsam Verkehrsprobleme lösen. Mit Autos? Was auf den ersten Blick paradox klingt, belegen erste wissenschaftliche Studien. Jedes DriveNow Fahrzeug hat demzufolge bereits drei private Autos ersetzt und damit Parkraum freigemacht. Bei derzeit über 500 DriveNow Fahrzeugen in Hamburg sind das 1.500 PKW, von denen die Stadt permanent befreit ist. Denn je verlässlicher, flächendeckender und spontaner Fahrzeuge verfügbar sind, wenn sie gebraucht werden, und je attraktiver das gesamte urbane Mobilitätsangebot gestaltet wird, desto eher trennt sich ein Stadtbewohner von

seinem privaten Auto. Im Hamburg verknüpft man die Angebote bewusst mit „switchh“. In das Angebot der Hamburger Hochbahn werden ab kommendem Frühjahr alle großen Carsharer eingebunden, so dass an mehreren Verkehrsknotenpunkten einfach zwischen verschiedenen Mobilitätsformen „geswitcht“ werden kann. Bereits mehrere Jahre hat DriveNow elektrische Fahrzeuge im stationslosen Flottenbetrieb getestet. In diesem Jahr folgte nun der nächste Schritt. Die Ergänzung der Flotten in allen Städten mit elektrischen BMW i3. In Kopenhagen betreibt das Carsharing-Unternehmen eine rein elektrische Flotte aus 400 BMW i3. Hier ist die Ladeinfrastruktur bereits flächendeckend ausgebaut. Ende 2015 soll bei DriveNow 20 Prozent der Gesamtflotte elektrisch sein, in Deutschland 15 Prozent. Allein 70 Stromer entfallen auf die Flotte in Hamburg. Analog des Ausbaus der Ladeinfrastruktur in den Städten will DriveNow seinen Elektroanteil weiter ausbauen. Mit der Mischung aus Stromern und Verbrennern wird also nicht nur weiterer Parkraum frei, sondern auch zunehmend CO2- und Lärmemissionen reduziert. EJH

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aus dem Jungen Wirtschaftsrat

J U N G E R WI RTS C H A F TS R AT

Junger Wirtschaftsrat vor Ort bei ThyssenKrupp Marine Systems Zu einer Betriebsbesichtigung der etwas anderen Art machte sich der Junge Wirtschaftsrat Hamburg am 02. Oktober auf. Der Weg führte dieses Mal in den Norden zur ThyssenKrupp Marine Systems GmbH (TKMS) mit Sitz in Kiel. Gemeinsam mit den Kollegen des Jungen Wirtschaftsrates Schleswig-Holstein erwartete die Mitglieder ein spannender Einblick hinter die Kulissen der gut gesicherten und bewachten Werftanlage. Eingangs präsentierte Herr Andreas Gabriel einige eindrucksvolle Zahlen sowohl zum Unternehmen im Allgemeinen als auch im Speziellen zu den dort gefertigten U-Booten. Die TKMS konzipiert und produziert die U-Boote für den internationalen Markt. Ihre Besonderheit: Der Brennstoffzellenantrieb. Er sorgt mit Hilfe Wasserstoff für sicheren und ökologischen Betrieb der Boote, nachhaltiger also als der Kernenergie Antrieb älterer Konkurrenzmodelle. Die Unterwassergefährte sind heute komplexe Konstrukte aus Stahl und High-Tech. Sie sind mit modernster Elektronik ausgestattet, die von Inge-

Die Mitglieder des Jungen Wirtschaftsrates hatten Gelegenheit zu einer exklusiven Führung über die Werftanlage der ThyssenKrupp Marine System GmbH in Kiel

nieuren der Atlas Elektronik mit Sitz in Bremen entwickelt wird. Bei dem anschließenden Werft- und Produktionsrundgang ließen sich die Dimensionen erst richtig fassen. Gleich zum Einstieg präsentierte sich am Eingang ein Bohrwerk in der Größe eines Einfamilienhauses. Im weiteren Verlauf ließ sich deutlich der Schichtaufbau der U-Boote und die eingesetzten Techniken begutachten, auffällig auch hier die unterschiedliche Größe der produzierten Boote und damit einhergehend die Flexibilität des Herstellers, obwohl die Zeitspanne zwischen Planung und Fer-

tigstellung auch bei kleineren Exemplaren Jahre in Anspruch nimmt. Die Werft an der Kieler Förde mit Zugang zur Ostsee ermöglicht den Booten nach der Fertigung direkte Fahrt in ihre Heimatgewässer. Die produktive und durch den Ausblick auf das Wasser offene Umgebung bietet den Mitarbeitern ein außergewöhnliches Arbeitsambiente. Zukünftig soll die Werft weiter ausgebaut werden, um der steigenden internationalen Nachfrage nach diesen einzigartigen Werken der Ingenieurskunst gerecht zu werden. Tim Albrecht / Mohammad Ali Rahimi

Jahresausklang des Jungen Wirtschaftsrates Nach zahlreichen spannenden Veranstaltungen und viel inhaltlicher Arbeit haben Mitglieder und Freunde des Jungen Wirtschaftsrates das Jahr 2015 gemeinsam ausklingen lassen. Bei herrlichem Blick über den Alsterfleet traf man sich im „The Coffee Shop“, um bei Feuerzangenbowle und Snacks die letzten zwölf Monate Revue passieren zu lassen. Die ersten Ideen für das neue Jahr wurden auch schon gesammelt… Neben allem „fachlichen“ Austausch – das gescheiterte Olympia-Referendum

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Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

war natürlich immer noch ein großes Gesprächsthema – stand die Geselligkeit, wie es sich für einen Jahresausklang gehört, im Vordergrund. Im Namen des Landesvorstandes des Jungen Wirtschaftsrates Hamburg wünsche ich Ihnen und Euch ein frohes Weihnachtsfest, besinnliche Feiertage und einen guten „Rutsch“ in das Jahr 2016. Wir danken unseren Mitgliedern und Freunden für die großartige Unterstützung und freuen uns, Sie bald wieder bei uns zu begrüßen. Tim Albrecht


FRAGEN AN EIN NEUES MITGLIED des Unternehmers – nachhaltige und soziale Marktwirtschaft, die die gesamte Gesellschaft weiterbringt.

Mohammad Ali Rahimi (vorne) Geschäftsführender Gesellschafter Seamless Interaction GmbH & Co. KG

Wer bin ich? Mit Seamless Interaction stellen mein Team und ich uns jeden Tag den Herausforderungen der digitalen Transformation. Es sind Herausforderungen, die neue cross-funktionale und transdisziplinäre Arbeit erfordern. Wir haben ein Team von Informatikern, Designern, Elektrotechnikern und Mechatronikern zusammengestellt und entwickeln in einem strukturierten und kreativen Prozess einfach bedienbare Software und Services. Für Unternehmen der Luft- und Schifffahrt, sowie Automobil- und Maschinenbauindustrie entwickeln wir Produkte von Industrie 4.0 bis Internet der Dinge. Die Lösungen reichen von Automatisierungsteuerungen auf Touchscreens bis hin zu mobilen Apps für Smartphones, Tablets, Smartwatches und Daten-Brillen. Warum sind Sie Mitglied im jungen Wirtschaftsrat? Der junge Wirtschaftsrat bietet mir die Möglichkeit des offenen und ehrlichen Austausches unter Unternehmerinnen und Unternehmern. In keiner anderen Vereinigung habe ich einen so starken Zusammenhalt erlebt. Die ausgezeichneten Veranstaltungen des Wirtschaftsrats inspirieren und ermutigen zu Engagement und Mitarbeit, zur Gestaltung von Markt und Gesellschaft. Denn das obliegt, meiner Ansicht nach, der Verantwortung der Unternehmerin und

Welche Themen sind Ihnen besonders wichtig? Digitales Geschäft! Aber das Thema ist nicht trivial, deshalb Eingangs einige Aussagen, die zum Nachdenken anregen. Das wertvollste Beförderungsunternehmen der Welt besitzt keine Taxen (Uber). Die größten Kommunikationsanbieter der Welt besitzen keine Telekommunikationsinfrastruktur (Skype & WeChat). Der größte Übernachtungsanbieter besitzt keine Betten (AirBnB). Die größten Softwareanbieter schreiben ihre Apps nicht selber (Apple & Google). Der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft durch die digitale Transformation stellt nicht nur deutsche Unternehmen vor große Herausforderungen. Heute sind es nicht mehr nur Anlagegüter die einem Unternehmen zu wirtschaftlichem Erfolg verhelfen. Internationale Unternehmen nutzen die Basistechnologie Internet, um Güter transparenter und vergleichbar zu machen und das für jeden der einen Browser oder ein Smartphone bedienen kann. Mein wichtigstes Anliegen ist es mit unserem Unternehmen den Marktakteuren Teilhabe an der wirtschaftlichen Erschließung dieses Wandels zu ermöglichen. Ihnen die Furcht vor Veränderung zu nehmen und sie ein Stück weit auf dem Weg zur Erstellung neuer digitaler Dienste und Produkte zu begleiten. Gesellschaftlich gehört für mich dazu Schulen bei der Bereitstellung von und IT Infrastruktur zu helfen, und ältere Menschen beim Umgang mit dem Internet zu unterstützen. Hierfür engagiere ich mich persönlich in umliegenden Schulen und bei Altersheimen. Die Fragen stellte Tim Albrecht

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Landesfachkommission

Internet und Digitale Wirtschaft Der Mensch in der virtuellen Welt Als wir 1994 dem damaligen Geschäftsführer des WR Hamburg, dem geschätzten Herrn Dr. Ernst Werdermann, die Idee für eine Kommission ITK Informations- und Kommunikationstechnologie vorschlugen, erhielten wir grünes Licht mit dem Zusatz „Ich weiß nicht viel über dieses Thema, aber machen Sie mal“. Seit nunmehr 21 Jahren gestalten wir diese Kommission, die sich aus ehrenamtlich engagierten Unternehmern, Managern und Medienschaffenden zusammensetzt. Der Zeit entsprechend hat sich diese Kommission auf Internet und Digitale Wirtschaft umbenannt. Einige Ideengeber und Gründer dieser Kommission sind heute noch an Bord und gestalten diese Kommission. Heute ist das Internet ein Weltmedium. Die ITK ist kein Wirtschaftszweig unter vielen, sondern beeinflusst ganz maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft insgesamt, wie auch die Leistungsfähigkeit von öffentlicher Verwaltung, Bildungssystem und Wissenschaft. Die ITK-Branche ist der Enabler, mit über 100 Milliarden EURO trägt sie einen maßgeblichen Anteil am BIP und ist eine Wachstumsbranche. Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Laut einer Untersuchung von Accenture besitzen rund vier Milliarden Menschen ein Smartphone aber nur dreieinhalb Milliarden eine eigene Zahnbürste! Oder: Längst werden mehr Smartphones als PCs verkauft und immer mehr Menschen gehen mobil online, anstatt am Schreibtisch sitzend mit dem Rechner. Diese zwei Beispiele zeigen, dass all das enormen Einfluss auf unsere Art zu konsumieren, unsere Art zu wirtschaften und natürlich auch auf unsere Art der Kommunikation – also eigentlich auf alles, was unsere Gesellschaft – auch unsere Werte – ausmacht. Was bedeutet dieser Wandel für die einzelnen Lebens- und Wirtschaftsbereiche? Wie gehen wir mit ihm um? Vor welchen

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Gefahren müssen wir uns schützen, aber auch: Welche Chancen bieten uns diese neuen Möglichkeiten der Informations- und Telekommunikation und wie können wir sie nutzen? Und eines ist klar: Auch wenn sich die ITK längst als wichtiger Wachstumsfaktor etabliert hat und der größte Teil unserer Wirtschaft ohne den massiven Einsatz von IT und TK nicht mehr denkbar ist, bleibt nach wie vor viel zu tun, bis das erklärte Ziel einer vierten industriellen Revolution erreicht ist. Beispielhafte Stichworte hierzu sind: Infrastruktur, Viren, Cyber-Attacks, Schuldenkrise. Das sind die Fragen, die unsere Kommission Internet und Digitale Wirtschaft (ITK) des Wirtschaftsrats Hamburg von jeher – seit Gründung dieser Kommission im Jahr 1994 – beschäftigen und umtreiben. Und dies sowohl aus wirtschafts- als auch gesellschaftspolitischer Sicht. Deswegen treffen wir uns – viele von uns seit vielen Jahren – regelmäßig einmal im Monat. Wir beraten und diskutieren – und nicht zuletzt scheint uns das eine oder andere Thema dann so interessant, dass wir beschließen, eine Studie dazu zu machen. Seit Gründung dieser Kommission wurden die Ergebnisse ihrer Arbeit in bislang sechs Studien zusammengefasst und publiziert, und zwar: „change(at)web 2.0. Prozesse in der ITK im Wandel“ (ET 2008), „Die Verantwortung der Medien in der Demokratie“ (ET 1996), „Wirtschaft und Gesellschaft im Multimedia-Zeitalter“ (ET 1999), „wirtschaft (at) umbruch.de“ (ET 2001), „Digitale Trends. Erwartungen, Realität und Perspektiven“ (ET 2004), „change(at)web 2.0. Prozesse in der ITK im Wandel“ (ET 2008) und die neuste Studie namens „Innovationstreiber IT. Entwicklung der vernetzten Gesellschaft“. Alle Studien stehen hier als PDF zum Lesen und zum Download zur Verfügung. Zusammenfassend: Die Welt hat und wird sich noch weiter maßgeblich verändern. Die digitale Vernetzung ist in das Leben der Einzelnen vorgedrungen – und nicht mehr wegzudenken. Bereits jeder Zweite nimmt seine Um-

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

welt nur noch durch den Bildschirm seines mobilen Endgeräts wahr. Dies eröffnet den Content-Lieferanten ungeahnte Werbemöglichkeiten, die aufgrund von Bewegungsprofilen und Nutzerdaten heute zu 95 Prozent ins Schwarze treffen. Dies ist die neue Welt – bestens nachzulesen bei George Orwell „1984“ – angewendet auf die Neudefinition des transparenten Konsumenten.

Industrie 4.0 Es gibt viele Neuerungen in der digitalen Revolution. Umgesetzt werden diese vornehmlich von etablierten Konzernen und von visionären Garagenunternehmen, die die Art des Wirtschaftens im neuen Jahrtausend definieren. International steht Industrie 4.0 heute für die Digitalisierung der Industrie. Für den Mittelstand, also denjenigen Unternehmen, die „den wirtschaftlichen Karren ziehen“, ist Industrie 4.0 derzeit immer noch eine Forschungsagenda. Es gibt heute nur sehr wenige Produkte oder Umsetzungsleitfäden, die Investitionsentscheidungen erleichtern. Noch nicht definierte Standards erlauben derzeit auch noch keine belastbaren Aussagen, welche Technik sich wirklich als zukunftsfähig erweist. Der größte Teil der Wertschöpfung im Maschinenund Anlagenbau, aber auch in der Automatisierung, besteht heute schon aus der Softwareentwicklung. Deren Komplexität nimmt weiter stark zu. Softwaresysteme für Industrie 4.0 müssen ökonomisch tragfähig produziert werden, leistungsfähig und zuverlässig sein und trotz wachsender Komplexität beherrschbar bleiben. Staatliche Bildungseinrichtungen werden zwar Standards definieren, jedoch scheitert es an den hoch verschuldeten Haushalten, diese Investitionsfelder nachhaltig zu schließen. Zum Glück gibt ein umfangreiches Netzwerk an privaten Investoren, die bereit sind, massiv in Zukunftstechnologien zu investieren. Siehe Tesla Motors oder Elon Musk, um nur zwei Beispiele zu


nennen. Die Branchen Technologie, Internet, Kommunikation & Medien sowie Industrie werden an diesem Megatrend der kompletten Digitalisierung teilhaben.

Dafür engagiere ich mich mit viel Herzblut, im engen Dialog mit den Bürgern vor Ort.

Aus der Arbeit der Kommission Internet und Digitale Gesellschaft In der September-Sitzung haben wir uns mit dem Thema „Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft. Sind wir schneller, als wir sind?“ befasst. Matthias Kammer, Direktor des DIVSI Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet, betrachtete eindrucksvoll wie sich die Einstellung der Bürger zu den Möglichkeiten des digitalen Zeitalters darstellt.

Ludolf Baron von Löwenstern und Carsten Ovens (v.l.)

Das Thema „Dark Sides of Digitalization. Handlungsfelder für eine moderne Digitalpolitik“ beschäftigte uns in der Oktober-Sitzung. Carsten Ovens, Landesvorsitzender der Jungen Union Hamburg, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und Fachsprecher für Wissenschaft und Digitale Wirtschaft, betrachtete die digitale Welt und mit welchen Weichenstellungen sich die Politik beschäftigen muss. Und dies gemäß seinem Credo: In der Politik geht es darum, für konkrete Probleme passende Lösungen zu finden – ob im Wahlkreis oder über Hamburgs Grenzen hinaus. Als Abgeordneter wurde mir diese Aufgabe auf Zeit übertragen und damit die Möglichkeit gegeben, die Entwicklung unserer Stadt aktiv mitzugestalten.

Ludolf Baron von Löwenstern und Thorsten Stuke (v.l.)

Die November-Sitzung haben wir dem Thema „Urbane Mobilitätskonzepte – Verkehrssteuerung im Zeitalter von Industrie 4.0 – Eine Herausforderung für Logistik und Individualverkehr“ gewidmet. Der Vortrag von Thorsten Stuke, Inhaber diverser Patente im Bereich M2M, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der m2m Tailors, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Mobilität ist eine Grundvoraussetzung einer modernen Gesellschaft. Die Zentralisation auf den urba-

nen Raum stellt jedoch eine enorme Herausforderung an alle Verkehrssysteme und deren Nutzer. Urban Mobility ist keine Vision. Die Vernetzung der Verkehrssysteme ist im Kontext Industrie 4.0 der am weitesten fortgeschrittene Bereich und zugleich der mit dem wohl größten Nutzen für die mobile Gesellschaft. Die digitale Vernetzung und das Internet of Things ist eine, wenn nicht sogar die Chance diese Herausforderungen zu meistern und die bereits bestehenden Systeme so zu vernetzen, dass ein Gleichgewicht aus Ökologie, Ökonomie und Komfortanspruch des Nutzers gewährleistet werden kann. Der Vortrag zeigte an vielen praktischen Beispielen wie dies gelingen kann.

Kommissionsvorsitzender Ludolf Baron von Löwenstern Chairman CC Holding Verwaltungsgesellschaft

Leseempfehlung Zukunftsthema Postwachstum Ohne Wirtschaftswachstum gibt es angeblich keinen Wohlstand, keine Freiheit, keinen Erfolg. Weil es aber auf einem begrenzten Planeten kein unbegrenztes Wachstum geben kann, nimmt nicht nur in den reichen Industrieländern die Skepsis zu – die Suche nach Alternativen hat begonnen. In Zusammenarbeit mit dem Kolleg Postwachstumsgesellschaften der Universität Jena wurde diese Ausgabe des Atlas der Globalisierung erarbeitet und veröffentlicht. Namhafte Wissenschaftlerinnen und Journalisten analysieren die verheerenden Auswirkungen der Wachstumsökonomie und machen Vorschläge für die Postwachstumsgesellschaft der Zukunft: Ulrike Herrmann warnt vor den selbstzerstö-

rerischen Kräften des Kapitalismus; Stephan Lessenich blickt auf die goldenen Jahre des Wachstumsstaats zurück; Hilal Sezgin beschreibt, was die industrielle Produktion von Fleisch, Milch und Eiern für Kühe, Schweine und Hühner bedeutet; Kiran Pereira erklärt, warum ausgerechnet Sand eine knappe Ressource ist; Jürgen Reuß entlarvt die Strategien der Geplanten Obsoleszenz, und Hans Diefenbacher stellt alternative Wohlstandsindikatoren vor. Dieser Postwachstumsatlas besticht auch durch seine Infografiken und Karten. Sie machen die komplexen Sachverhalte erst anschaulich, von den Risiken des Klimawandels und dem Nutzen der Kreislaufwirtschaft bis hin zur globalen Gerechtigkeit und dem Fall Griechenland. Dieser Atlas ist bundesweit im Buchhandel erhältlich. ■

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Landesfachkommission

Wa c h st u m & I n n o vat i o n

Das Smartphone kann auch Therapie sein „Tinnitracks“ und „Easy-Trigger“: Innovationen in der Medizintechnik Am 18. November hatte die Landesfachkommission Wachstum & Innovation unter dem Motto „Hamburg Innovation Highlights“ Mitglieder und Gäste des Wirtschaftsrates zu einer offenen Sitzung eingeladen. Prof. Dr. med Ulrike Wedegärtner, Fachärztin für Diagnostische Radiologie / MRI Ultrasound GmbH, und Jörg Land, CEO des Hamburger Start-ups Sonormed GmbH, präsentierten ihre Innovationen aus dem Bereich der Medizintechnik. Nach der Begrüßung durch den Gastgeber des Abends, Joachim Lahl von der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, gab der Kommissionsvorsitzende Dr. Hubert Baltes eine kurze Einführung

Dr. Hubert Baltes Vorsitzender der Landesfachkommission Wachstum & Innovation

in den Markt der Medizintechnik und zeigte auf, welche Entwicklungen – getrieben durch die Digitalisierung – bevorstehen. „Power to the patient“ ist einer der großen Trends im Medizinbereich. Dabei geht es um die Frage, wie sogenannte PI Technologies (patientempowering, information-leveraging technologies) die Gesundheitsversorgung verändern. PI Technologies sind z.B. mit Sensoren ausgerüstete Geräte,

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soziale Medien und Smartphone Apps, die es erlauben, den Gesundheitszustand – Puls, Blutdruck, Blutzucker etc. – über lange Zeit zu überwachen. „In der Konsequenz kommt es zu einer ‘Verkonsumentung‘ medizinischer Geräte und einer ‘Medikalisierung‘ von Konsumprodukten. Das heißt, Objekte des täglichen Lebens helfen Menschen, ihre Gesundheit zu verwalten“, so Baltes. Damit werden PI Technologies die Grenzen zwischen medizinischen Geräten, Diagnostik und Gesundheits-IT verwischen. Sie machen die Dienstleistung Gesundheitsfürsorge effizienter und „stellen die MedTech-Industrie auf den Kopf“, ist sich der Vorsitzende der Landesfachkommission Wachstum & Innovation sicher. Für die meisten MedTech-Firmen würden sich völlig neue Zielgruppen und damit Geschäftsmodelle erschließen. Die (End-)Kundennähe werde den Markterfolg bestimmen, denn im Kern gehe es um Lifestyle Produkte. Smartphone + App + Kopfhörer = Medizinprodukt. So lautet die Erfolgsformel hinter „Tinnitracks“, einer App bzw. PI Technology zur musikbasierten Tinnitusbehandlung, die Jörg Land vorstellte. Das Funktionsprinzip von Tinnitracks ist denkbar einfach: Zunächst muss der Patient seine individuelle Tinnitus-Frequenz eingeben. Im zweiten Schritt filtert, analysiert und optimiert die App die eigene Musik – sofern geeignet – therapiegerecht für eben diese Frequenz – fertig. Der Patient muss nur noch die Kopfhörer aufsetzen. Tinnitracks verschafft Linderung, in dem es aus der Musik die Frequenz des Störgeräuschs im Ohr herausfiltert und dem Gehirn so hilft, das Geräusch abzutrainieren. Die Nutzung der App kostet 19 Euro pro Monat und wird als erste App überhaupt auf Rezept verschrieben (bei der Techniker Krankenkasse). Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen gewann die Sonormed GmbH 2015 für ihre Innovation den

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

renommierten Gründerpreis der Technologiekonferenz SXSW in der Kategorie „Digital Health & Life Sciences Technologies“. Der Markt der Audiologie bietet ein riesiges Potenzial, wie Jörg Land erläuterte. So leide ein Fünftel der Menschheit unter Hörverlust. Selbst in den westlichen Märkten seien aber nur 17

Jörg Land CEO des Start-ups Sonormed GmbH

Prozent kompensiert, sodass die Hörgeräteindustrie erst weniger als ein Fünftel des Marktes erschlossen habe. Die Ursache liegt für den IT-Spezialisten in der oligopolistischen Struktur des Marktes, der zwischen sechs großen Anbietern, fünf europäischen und einem amerikanischen, aufgeteilt ist. Aufgrund der Margenstruktur seien die Unternehmen von einem einzigen Vertriebskanal, den Hörgeräteakustikern abhängig. Das sei zwar sehr profitabel, „bringe aber keinerlei Innovationen hervor, weil sie aus diesen Strukturen nicht herauskommen“, so Land. Die Lösung seines Unternehmens senke die Kosten dramatisch. Man müsse keine Hardware kaufen, man habe sie schon bei sich, erklärte der Referent den großen Vorteil von Technologien wie Tinnitracks gegenüber konventionellen, technisch sehr aufwendigen und schwierigen Lösungen. Der CEO von Sonormed zeigte sich daher optimistisch, die festgefahrenen Strukturen auf dem Audiologiemarkt in Bewegung bringen zu können. Dafür bereitet das Unternehmen auch den Schritt nach Amerika vor.


Mit „Easy-Trigger“, einem Zusatzgerät für die Herzbildgebung im MRT, stellte Ulrike Wedegärtner anschließend eine Innovation aus dem Bereich der klassischen Medizintechnik vor. Es ist das weltweit erste und einzige MRTtaugliche Doppler-Ultraschallgerät, das Kombinationsuntersuchungen von MRT und Ultraschall möglich macht. Darüber hinaus hat das Gerät ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Es ist sowohl für die fetale Bildgebung geeignet – nach Wedegärtner ein „kleiner, aber wachsender Markt“ – als auch für die Anwendung bei Erwachsenen. Insbesondere für erstere ist das ein wich-

Prof. Dr. med Ulrike Wedegärtner Fachärztin für Diagnostische Radiologie / MRI Ultrasound GmbH

tiger Fortschritt, weil „pränatale Diagnostik von Herzanomalien insuffizient“ ist, so die Radiologin. Der Markt für Easy-Trigger ist groß: Wie Wedegärtner erläuterte, existieren weltweit 30.000 MRT-Geräte, von denen 95 Prozent mit dem Zusatzgerät kompatibel sind. Bei nur 40 Prozent Marktdurchdringung rechnet ihr Unternehmen, die MRI Ultrasound GmbH, mit einem Umsatz von 85 Millionen Euro. Potenzielle Interessenten seien Hersteller, Zulieferer und Betreiber von MRTs, Unikliniken, aber auch Radiologen, Gynäkologen und Kardiologen. Die Technik von Easy-Trigger ist ausgereift und funktioniert. Die einzige Herausforderung liegt für das Unternehmen noch darin, diese in ein kompaktes, anwenderfreundliches Gehäuse zu verbauen. Die Erkenntnis des Abends: Vom Medizinsektor, ob im klassischen Bereich oder über neue PI Technologies, geht ein enormes Innovationspotenzial aus, das letztlich den Patienten zugutekommt und ihren Alltag erleichtert. CS

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Satire

Ihr Kinderlein kommet Das christliche Weihnachten kommt Jahr für Jahr immer so plötzlich. Damit das in diesem Jahr nicht so ist, wurden die ersten Konsumartikel schon Anfang September und der Hamburger Weihnachtmarkt bereits am 23. November, also noch im Herbst mit wunderschön gefärbten Blättern an Baum und Boden, in Betrieb genommen. Zusammen mit einem in die Jahreszeit passenden organisierten Kinderlaternenumzug Laterne, Laterne singend. Irgendwie war da ein geistiger Missklang zwischen den gesungenen Kinderliedern und elektronisch verstärktem Weihnachtgedudel. Kling, Glöckchen, klingelingeling! Mich wundert, dass vor lauter Geschäftemachen und Konsumdenken nicht wieder der vom Hamburger evangelischen Theologen und Lehrer Johann Hinrich Wichern 1839 in seinem „Rauhen Haus“ erstmals aufgehängte Adventskranz mit 23 Kerzen eingeführt wird, das gibt doch weiteren Umsatz. Der Sinn von „Advent“ (lateinisch adventus = Ankommen/Ankunft), ist die Zeit in der zumindest die Christen sich auf die Geburt und das Wiederkommen von Jesus Christus von Nazareth, also Weihnachten, vorbereiten. Aber wer will das noch wissen. Die Erwachsenen sehen darin die Zeit des Geschenke Kaufens und die Kinder erwarten Weihnachten als das Fest des Geschenke Auspackens. Früher nannte man das „Bescherung“. Kinder schreiben auch keinen Wunschzettel mehr, nur noch Bestelllisten in Excel. Mailen, googeln, twittern, whatsappen, Facebook, Youtube oder Instagram sind die Vokabeln der Sprösslinge. O Tannenbaum, schöne Bescherung. Adventslieder wie „Macht hoch die Tür, das Tor macht weit...“ werden oberflächlich auf die Kaufhäuser umgedeutet. Ebenso das „Ihr Kinderlein kommet“ (herein). Das Negative sind der allerorts vorhandene Kaufzwang (haben Sie schon alle Sachen gekauft? Nein? Oh, oh). Die Hetze der Menschen in den weihnachtlich geschmückten Einkaufsstraßen (Alles nur Mimikry). In den Konsumtempeln herrscht Gewusel und Ausverkaufsstimmung. Die Gesichter der Menschen sind, hastend Tüten tragend und Kinder hinter sich her zer-

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rend, missmutig. Oder ist das der Gedanke an die bevorstehende Firmenweihnachtsfeier? Es gibt zum Advent auch mahnende Bedenkenträger die befürchten, wenn das fünfte Licht erst brennt, hast du Weihnachten verpennt. Halleluja, welch positiver Gedanke. Der angenehme Teil der Adventszeit ist der Gedanke an Glühwein, Feuerzangenbowle, Kartoffelpuffer und Stollen, den Oma noch „Klöben“ nannte. An Geselligkeit mit so schwermütigen Themen wie „weißt du noch?“ Und, dass auf den stets extrem überfüllten, lauten und kinderfeindlichen Weihnachtsmärkten Kosum angesagt ist. Stille Nacht, heilige Nacht.

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

Für viele der selbständigen Unternehmer und Firmen ist diese Adventsund Endjahreszeit noch verbunden mit Hochkonjunktur in den Büros, in der Produktion und den Lagerhallen. Die Ware muss pünktlich raus. Die Rechnung dazu möglichst schon vor dem Versand abgeschickt. Dabei noch ein Wort zu den kommenden schriftlichen Jahresabschlüssen, der Steuererklärung, und den unüberschaubaren vielen anderen fremd aufgedrängten Formularen: Die Buchhaltung ist schon 3.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung nachzuweisen. Die Sumerer (Das sind die, die das Geld erfunden haben) hatten Ein- und Ausgaben von Waren auf Tontafeln festgehalten. Auch bei den Babyloniern und den alten Ägyptern sind entsprechende Hinweise gefunden worden. Sie haben also buchhalterisch antike Vorfahren. Die Römer führten viele Begriffe wie „Buchen“ und „Posten“ ein. Sie arbeiteten allerdings mit den „römischen Zahlen“. Das war bei langen Ziffern ziemlich schwierig. Erst Leonardo Fibonacci (um 1200) brachte die „arabischen“ Zahlen von seinen Reisen mit nach Europa. Wir rechnen noch heute damit. Ich wünsche Allen eine Rückbesinnung auf Körper, Geist und Seele und Vorfreude auf den Geburtstag von Jesus von Nazareth. In warmen Gestaden und südamerikanischen Ländern finden zur Feier des Tages Strandpartys statt. Hoffnung gibt es ab Anfang des neuen Jahres: „Über allen Gipfeln ist Ruh“ (Johann Wolfgang v. Goethe 17491832, beim abendlichen Ausblick aus dem Dachgeschoss des Waldhauses.) Frohe, feinfühlige – und wenn Sie noch mögen – zu Hause auch friedliche Weihnachten.

Wilfried H.H. Remmers


Förderpreis

Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen Foto: J.J. Darboven

Darboven-IDEE-Förderpreis 2015 für von Frauen gegründeten Start-up-Firmen vergeben Dr. Henning Voscherau und Albert Darboven mit den drei Preisträgerinnen

Anfang November wurde im großen Festsaal des Hotels Grand Elysee wieder der Darboven IDEE-Förderpreis an die innovativste Gründungsidee vergeben. Die Jury siebte aus 215 bundesweit eingereichten Konzepten die Finalistinnen aus. Diese seit 1997 ausgegebene besondere Auszeichnung wendet sich ausschließlich an hochmotivierte Frauen, die sich eine eigene Selbstständigkeit und Existenz aufbauen wollen. Grundlagen für den Preis sind zukunftsträchtige Geschäftsideen mit Schaffung von Arbeitsplätzen. Der Hamburger Kaffeeröster stiftet hierfür im ZweiJahres-Rhythmus für die jeweilige Spitzenidee drei Geldpreise zur erfolgreichen Etablierung am Markt. Die hochkarätige Jury unter Leitung des früheren Bürgermeisters Dr. Henning Voscherau, sowie den weiteren Mitgliedern Prof. Dr. Rolf Eggert, Dr. Willi Hausmann, Dr. Necla Kelek, Norbert Leopoldseder, Dr. Anita Plantikow und den Preisträgerinnen aus 2013 hatte es unter den eingereichten Geschäftsideen sehr schwer, die drei Siegerinnen zu ermitteln. Ferner wurde ein vierter Platz und ein fünfter Platz über ein Publikumsvoting in Kooperation mit Brigitte.de als zusätzliche Gewinnerinnen ermittelt. Peggy Bärenklau führt die Firma Heracle GmbH mit dem Produkt einer kundenspezifischen Spezialfaserlösung für Anwendung in Medizin, Industrie und optischer Sensorik. Das Publikumsvoting erhielt Anna Yona (Wildling Shoes) für die Idee, spezielle Kinderschuhe zu entwickeln. Diese leichtgewichtigen Schuhe haben eine anatomische Passform, sind sehr weich und passen sich dem Fuß an. Schon in den vorigen Jahrhunderten gab es erfolgreiche und selbständige Frauen. Erinnert sei hier an Hildegard von Bingen als Universalgelehrte (10981179) oder an Dorothea Christiane Erxleben-Leporin (1715 - 1762). Sie war die

erste promovierte deutsche Ärztin und Kämpferin für das Frauenstudium. Auch die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, „Die Judenbuche“ (1797-1848), ist unvergessen. Melitta Bentz (1873-1950) kennen wir vom Kaffeefilter, 1908 meldete sie das papierne Ding zum Patent an. Eine unvergessene Idealistin ist auch Margarethe Steiff. Sie gründete 1880 ihr Geschäft und schenkte uns 1895 den Jahrhundert-Teddy. So erhielt 1911 Marie Curie den Nobelpreis in Chemie. Selma Lagerlöf bekam 1909 den Nobelpreis in Literatur für den Klassiker „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“. Aus der jüngeren Zeit ist Alice Schwarzer mit Ihrer 1977 gegründeten Frauenzeitschrift „EMMA“ zu nennen. Ebenso Annemarie Dose, die 1994 die Hamburger Tafel gründete und 2002 die gleichnamige Stiftung für die Hamburger Tafel ins Leben rief. Den ersten Preis in Höhe von 50.000 Euro erhielt Dr. Jelena Stojadinovic mit ihrer Firma Membrasenz GmbH. Mit ihrer Promotion im Bereich Materialwirtschaft war sie prädestiniert für die Geschäftsidee, einen innovativen Gas-

separator der Wasserstoff-/Sauerstofftrennung zu entwickeln. Der zweite Preis, dotiert mit 10.000 Euro, ging an die studierte Wirtschaftsingenieurin Julia Römer. Die junge Firma „Coolar“ (Cooling based on solar) bietet ein patentiertes, unabhängiges Adsorptionskältesystem, in dem mit Silicagel und destilliertem Wasser die Energie für kompakte Kühlsysteme gewonnen wird. Preis Nummer drei, mit 5.000 Euro dotiert, erhielt Sandra Herbst mit ihrer als GmbH gegründeten Softwareunternehmen „HygieneApp.“ Entwickelt wurde ein App-basierendes Hygiene-Management mit Hilfe von Tablets in Lebensmittelbetrieben. Damit gehört die „Zettelwirtschaft“ der Vergangenheit an. Die Anzahl von 215 eingereichten Konzepten zeigte eindrucksvoll das vorhandene Potential der Existenzgründerinnen und Jungunternehmerinnen in Deutschland. Aus Hamburg kamen 30 Anträge und in Schleswig-Holstein reichten 8 Unternehmerinnen Anträge ein. Alle Frauen haben gemeinsam den Willen zum Erfolg und das nötige Quäntchen Glück zur richtigen Zeit. Der Stiftungsspender und Kaffeeröster Albert Darboven meinte bei der Preisverleihung: „… und ich gebe den Medien und der Gesellschaft Recht, wir brauchen mehr weibliche Vorbilder, wir brauchen mehr gemischte Teams und mehr Frauen in verantwortlichen Positionen.“ Im Interesse unserer freiheitlichen sozialen Marktwirtschaft etablieren sich kompetente, erfolgreiche Frauen immer mehr. Schon Kurt Tucholsky (1890-1935) meinte „Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen“. Und Albert Einstein (1879-1955) wusste: „Der Kopf ist rund damit unsere Gedanken die Richtung ändern können!“ Wilfried H.H. Remmers

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Ein Skål! auf die Kronprinzessin Die Schwedische Handelskammer, das „Business Sweden“ und die Schwedische Botschaft verleihen jährlich den Schwedischen Unternehmerpreis an drei erfolgreiche schwedische Unternehmen auf dem deutschen Markt. Bei einem Galaabend im „Emporio“ in Anwesenheit vom Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, Botschafter Lars Danielsson und dem schwedischen Staatssekretär Conny Wahlström wurden der LKW-und Busbauer Scania, die TePe Mund hygienprodukter AB in Malmö, mit einem Tochterunternehmen in Hamburg, sowie die 2005 von Studenten gegründete Firma Klarna (Zahlungssysteme) ausgezeichnet. Klarna punktet mit einem einfachen Online-Einkauf ohne Passwort und Log-In. Den Ehrenpreis erhielt der schwedische Pionier Gunnar Grosse, Gründer der ostdeutschen KOMSA Kommunikation Sachsen AG. Grosse wurde für sein Lebenswerk geehrt und dankte mit einer sehr emotionalen Rede mit Lob für seine Angestellten. Die Komsa-Gruppe ist nach eigenen Aussagen der größte deutsche Telekommunikations-Distributor. Die Festrede hielt Peter Agnefjäll, Konzernchef der IKEA Konzernchef. „Die Grundpfeiler unseres Unternehmens sind die Bedürfnisse und Träume der Menschen von einem besseren Leben im Allgemeinen und in ihrem Zuhause. Ich bin stolz, einem Konzern vorzustehen, dessen Ziel es ist, Produkte von hoher Qualität und gutem Design zu Preisen anzubieten, die für so viele Menschen wie möglich erschwinglich sind“. Er will die Wachstumsstrategie des Konzerns fortführen und bis 2020 doppelt so groß und mehr Menschen zugänglich zu machen. Der Schwedische Botschafter Lars Danielsson meinte in seinem mitreissenden Vortrag schmunzelnd: „Wenn die deutsche Wirtschaft um ein Prozent

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v.l.: Philipp Pudelko (Fa.Klarna), Lars Danielsson (Schwedischer Botschafter), Helen Richenzhagen (Fa. TePe), Peter Agnefjäll (IKEA), Alexander Vlaskamp (Scania), Gunnar Grosse (Fa. Komsa), Thomas Ryberg (Schwedische Handelskammer), Anna Nordström (Business Sweden), Dr. Gerrit Seidel (Fa.Klarna)

wächst, wächst Schweden automatisch um 0,6 Prozent.“ Aber auch: „Was macht eine Nation zum wichtigen Land. Ein Land dass sich für seine Grundrechte stark macht.“ Und zu den schwedischen Firmen: „Unsere Unternehmen sind sehr stark.“

„Wenn die deutsche Wirtschaft um ein Prozent wächst, wächst Schweden automatisch um 0,6 Prozent.“ Bürgermeister Olaf Scholz meinte in seiner Rede zu den Gästen: „Für die Umsetzung des Tunnels machen wir uns in Hamburg stark.“ Und: „Deutschland und Schweden haben schon sehr viele Flüchtlinge aufgenommen und werden sie noch aufnehmen. 45 Tausend werden wir noch aufnehmen.“ Er wusste auch. „Wir müssen Wachstum erzeugen.“ Am 1. Januar 1995 trat Schweden der Europäischen Union bei. Seitdem nehmen die schwedischen Unternehmen am Europäischen Binnenmarkt und der Zollunion teil. Wie andere Industrieländer ist auch Schweden stark vom internationalen Handel abhängig. Mehr als die Hälfte des schwedischen Exports geht in die Länder der Europäischen Union. Infolge dessen spielt Schweden heute u.a. in den Technologiebereichen drahtlose Kommunikation und Biotechnologie eine führende Rolle in der Welt. Deutschland ist Schwedens wichtigster Handelspartner: Zehn Prozent aller schwedischer Exporte gehen allein

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

nach Deutschland, 17 Prozent des Importes nach Schweden stammt aus Deutschland. Allein der Außenhandel Hamburgs entspricht dem des gesamten Landes Schweden. Die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder werden durch rund 1.500 schwedische Tochtergesellschaften in Deutschland, davon allein 200 in Hamburg und etwa 1.000 deutsche Niederlassungen in Schweden gestärkt. Die Kronprinzessin Victoria von Schweden ist Schirmherrin der Schwedischen Handelskammer in Deutschland. Thomas Ryberg, Präsident der Schwedischen Handelskammer mit Hauptsitz in Düsseldorf, dankte auf dem Podium der Kronprinzessin im Namen des Präsidiums, des Vorstandes und aller Mitglieder für die Übernahme der Schirmherrschaft: „Wir haben in ihr eine überzeugende Unterstützerin unserer Tätigkeiten gefunden…“ Die Schwedenkammer ist Partner für schwedische Unternehmen, die in Deutschland aktiv werden wollen. Auf Grund der Schirmherrschaft der Kronprinzessin wurde bei einem Glas Sekt zusammen mit den Gästen stehend ein Toast ausgebracht. Der gemeinsame Text lautete „Låt oss tillsammans med allra största vördnad utbringa en skål till Svenska Handelskammarens beskyddarinna, Kronprinsessan Victoria av Sverige, Kronprinsessan skål. Deutsch etwa: „Lassen Sie uns gemeinsam mit der größten Hochachtung, einen Toast auf die Schirmherrin der schwedischen Handelskammer, Kornprinzessin Victoria von Schweden aussprechen. Zum Wohl Victoria!“ Wilfried H.H. Remmers

Foto: Frank Erpinar für die Schwedische Handelskammer

Preisverleihung


Interview

Interview mit dem Schwedischen Botschafter Lars Danielsson Seit wann sind Sie mit Ihrer Familie in Deutschland? Was treibt sie an? Ich bin am 1. September in Berlin angekommen. Ich will die guten deutschschwedischen Beziehungen noch weiter vorantreiben, nicht zuletzt im wirtschaftlichen Bereich. Deutschland ist bereits unser wichtigster Markt, aber ich würde gern noch mehr deutsche Investitionen in Schweden sehen. Wie sehen Sie aus schwedischer Sicht die Zukunft des Welthandels? Für Schweden ist der Freihandel ein Grundstein unseres Wohlfahrtssystems. Leider sind viele Jahre lang keine Fortschritte in den globalen Handelsverhandlungen möglich gewesen. Stattdessen haben wir aber gesehen, dass eine ganze Reihe regionaler und bilateraler Abkommen unterzeichnet worden sind. Diese Entwicklung gibt doch Anlass für einen gewissen Optimismus. Was ist Ihre Meinung zu TTIP? Ich sehe, ebenso wie eine überwältigende Mehrheit in Schweden, das TTIPAbkommen sehr positiv. Es ist ein Beispiel für ein Abkommen zwischen zwei der stärksten Wirtschaftsregionen der Welt, das zu wachsendem Wohlstand beitragen wird. Die Befürchtungen, die nicht zuletzt in Deutschland hinsichtlich der Auswirkungen von TTIP bestehen, müssen natürlich ernst genommen werden, aber ich bin überzeugt davon, dass ein Abkommen langfristig sowohl für Europa wie auch für die USA von Vorteil ist. Wie stehen Sie zur derzeitigen Europaund Eurokrise? Europa befindet sich gerade in einer Phase sehr großer Herausforderungen. Die Flüchtlingskrise zeigt, dass wir in manchen Gebieten mehr europäische Zusammenarbeit brauchen, nicht weniger. Gleichzeitig zeigt die Eurokrise, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaften, die nicht ganz konvergent sind, Schwierigkeiten bereithalten kann. Auch wenn Schweden nicht Teil der

Lars Danielsson Schwedischer Botschafter Foto: Christian T. Jørgensen / EUP Berlin.com

Eurozone ist, haben wir ein großes Interesse daran, dass der Euro als gemeinsame Währung funktioniert. Welche wirtschaftlichen Interessen hat Schweden an Deutschland? Sehr große Interessen. Wir sagen immer, wenn Deutschlands Wirtschaft ein Wachstum von einem Prozent hat, wächst die schwedische Wirtschaft um 0,6 Prozent, ohne, dass wir etwas tun müssten. Es freut mich, dass so viele schwedische Unternehmen Deutschland als einen ihrer wichtigsten Märkte sehen und dass für Deutschland einer der größten ausländischen Investoren Schweden in ist. Über Ihre Website geben Sie ausführliche Informationen für Auswanderer aus Deutschland, Haben Sie Erfolg? Ja, die Nachfrage nach diesen Informationen ist groß. Deutschland ist eines unserer großen „Einwandererländer“. Viele Deutsche arbeiten und Leben eine Weile in Schweden, genauso wie Schweden das in Deutschland tun. Das ist gut so und selbstverständlich in einem grenzenlosen Europa. Was ist für deutsche Firmen beim Export nach Schweden zu beachten oder erwünscht? Es müsste eigentlich ziemlich einfach für deutsche Firmen sein, nach Schweden zu exportieren. Was den Deutschen bei Ihren Geschäftskontakten mit Schweden vielleicht ein wenig ungewöhnlich erscheinen kann, ist die relativ wenig förmliche Art, miteinander umzugehen.

Was ist zu beachten um in Schweden eine Niederlassung zu Gründen? Hier kann ich nur noch einmal sagen, dass es recht einfach ist, in meinem Land eine Niederlassung zu eröffnen. Es kann aber oft sehr hilfreich sein, die Hilfe von Personen oder Institutionen in Anspruch zu nehmen, die sich mit den lokalen Verhältnissen auskennen. Die deutsch-schwedische Handelskammer in Stockholm macht beispielsweise eine sehr gute Arbeit und hilft deutschen Unternehmen, sich in Schweden zu etablieren. Welche Fachkräfte und Branchen werden gesucht? Es ist schwierig, eine Branche besonders herauszugreifen. Hat man ein gutes Produkt oder eine gute Dienstleistung, gibt es immer gute Möglichkeiten in Schweden. Wir sind ja traditionell „early adapters“, also willig, neue Dinge auszuprobieren. Wie hoch in Prozent ist die Einkommensteuer eines Angestellten in Schweden? Achtzig Prozent der schwedischen Erwerbstätigen bezahlt nur kommunale Steuern, meist etwas mehr als 30 Prozent. Die anderen Personen mit höherem Einkommen bezahlen außerdem noch eine staatliche Steuer, die zwischen 5 und 15 Prozent liegt. Und dabei sollte man immer auch bedenken, was man für seine Steuergelder zurück bekommt. Und wie hoch die Sozialabgaben? Normalerweise bezahlt ein Arbeitgeber 32 Prozent Sozialabgaben. Es gibt verminderte Beiträge für beispielsweise jüngere Angestellte und Einwanderer. Was ist Ihr Leitsatz? Ich versuche, dem Wahlspruch des chinesischen Führers Deng Xiaoping zu folgen:„Suche die Wahrheit in den Fakten“ (Seek the truth from facts). Unwissen oder die Unfähigkeit, sich Fakten anzueignen, sind unser ärgster Feind. Das Interview führte Wilfried H.H. Remmers

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Neues aus dem Landesverband

WIR BEGRÜSSEN ALS NEUE MITGLIEDER IN DEN LANDESVERBÄNDEN HAMBURG UND SCHLESWIG-HOLSTEIN LANDESVERBAND HAMBURG Judith Bauer Manager Public Relations und Social Media Wer liefert was? GmbH Karsten Bischoff Geschäftsführer THREENET GbR Florian Crefeld Berater GET AHEAD AG Karen Gruel Bereichsleitung Firmenkunden Hamburger Volksbank eG Oguzhan Güngör Geschäftsführender Gesellschafter Telex Mobile Friederike Hagenbeck Geschäftsführerin Tierpark Hagenbeck gGmbH Andreas Höth Wirtschaftsprüfer / Steuerberater TPW Todt & Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Jörg Ide Leiter des Stabsbereiches Techniker Krankenkasse Hamburg Sven Jacob Leiter der Hauptstadtrepräsentanz Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH Tim Langanke Geschäftsführer THREENET GbR Felix Li Geschäftsführer CBCH China Business Center Hamburg GmbH & Co. KG

Dr. Karsten Liebing Geschäftsführender Gesellschafter HAMMONIA Reederei GmbH & Co. KG

Karl-Heinz Warnholz Geschäftsführer WARNHOLZ Immobilien GmbH

Andreas Mahlberg Repräsentant Institut für Wärme und Oeltechnik e.V.

Marcus Weinberg MdB Sprecher für Familie, Senioren, Deutscher Bundestag CDU/CSU-Fraktion

Andreas Maier Repräsentant Institut für Wärme und Oeltechnik e.V. Dr. Georg Mecke Vice President Airbus Operations GmbH Lutz Mertens Repräsentant Institut für Wärme und Oeltechnik e.V. Bettina von Oesterreich Geschäftsführende Gesellschafterin BVO Consult GmbH Oliver Pegelow Gesellschafter TPW Todt & Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Christian Peters Partner TPW Todt & Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ina Peters Gesellschafterin TPW Todt & Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Thies Rixen Vice President T-Systems International GmbH Dipl.-Kfm. Mihai Stefanita Partner JRK Global Consultants Thomas Uber Repräsentant Institut für Wärme und Oeltechnik e.V.

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Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein | Ausgabe Dezember 2015

Andreas Weinberger Bankdirektor DONNER & REUSCHEL AG Dr. Martin Zentgraf Geschäftsführer DESITIN Arzneimittel GmbH

LANDESVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN Martin Aye Geschäftsführender Gesellschafter ASF GmbH Lübeck Christian Fetter Manager Port Operations Sartori & Berger GmbH & Co. KG Brunsbüttel Markus Knöfler Geschäftsführer Praxisnetz Herzogtum Lauenburg GmbH Ratzeburg Tim Holborn Generalbevollmächtigter LEG Entwicklungs GmbH Kronshagen Frank Ulrich Wiener Regionalgeschäftsführer AMEOS Klinika Neustadt und Lübeck Neustadt in Holstein Thomas Zinke Geschäftsführer HKL Baumaschinen GmbH Niederlassung Lübeck Lübeck


Herbstempfang

Sozial-Oskar beim Hamburger Herbstempfang verliehen Bereits seit 21 Jahren lädt der Hamburger Verleger Wolfgang E. Buss zum „HERBSTEMPFANG“ hochrangige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein. Zum siebten Mal traf man sich Ende Oktober im Grand Elysée Hotel. Die persönlichen Beziehungen der beiden Unternehmer, Eugen Block und Wolfgang E. Buss, die beide im Alstertal zu Hause sind, führten zu dieser Kooperation.

Die Preisträger mit den Initiatoren und Förderern und Laudatoren

Im Mittelpunkt des Empfangs stand die festliche Verleihung des Hamburger Sozial-Oskars, den Buss vor einigen Jahren mit Ole von Beust ins Leben rief. Mit ihm werden junge Menschen geehrt, die sich in herausragender Weise sozial engagieren. Zudem standen auch die privilegierten Gäste des Empfangs im Mittelpunkt: „Ihnen eine prominente Plattform für interessante Begegnungen zu schaffen und sich in einer Wohlfühl-Atmosphäre auszutauschen, ist Sinn des Herbstempfangs“, so Buss. Das erwünschte Medienecho ist für den Verleger Musik in den Ohren. Nicht nur für ihn, sondern auch für die zahlreichen Sponsoren, die als starke Partner einen wichtigen Part übernehmen. So auch die Privatbank Donner & Reuschel, die der Unternehmergeist und die klaren Wertvorstellungen der Gründerfamilien bis heute prägen. Sowohl als Unternehmer als auch sozial engagiert folgten sie der Maxime „Nutzen für alle Teile“ und halfen dort, wo die Hilfe auf fruchtbaren Boden fiel. So

kann das Bankhaus über 200 Jahre praktischer Erfahrung mit der erfolgreichen Umsetzung dieses Grundsatzes vorweisen. Vorstandssprecher Marcus Vitt denkt deshalb bereits eine Generation weiter: „Tagtäglich beraten wir anspruchsvolle Unternehmer und Privatkunden bei der Wertanlage. Mit dem Sozial-Oskar investieren wir konkret in gesellschaftliche Werte, wenn sich junge Menschen mit viel Mut und Kreativität für Hilfsbedürftige einsetzen.“ „Soziales Engagement sind große Schätze unserer Gesellschaft. Der Beitrag, den die jungen Preisträger leisten, ist unschätzbar für deren Fortbestand“, sagte Gastredner Edmund Stoiber und beglückwünschte den 19-jährigen Computer-Freak Lukas Thiel von „Netthelp“, sowie Max-Fabian Wolff-Jürgens von der Initiative „Jung gegen Rechts“ und ebenfalls das U-16-Team des Uhlenhorster Hockey Clubs, die für ihren an Krebstod verstorbenen Clubkameraden Julian Harnack, jährlich mit den U-16Teams ein Turnier ausrichten. Die damit

gesammelten Gelder werden dem Kinderkrebs-Zentrum gespendet. Neben diesen Preisen wurde auch der „Nachhaltigkeits-Oskar“ an Felix Finkbeiner verliehen. Für die Organisation „Plant-for-the-planet“ die weltweit agiert, hielt vor dem Hamburger Publikum eine flammende Rede: „Wir Kinder haben verstanden, dass wir unsere Zukunft selber in die Hand nehmen müssen“. Das Ziel: Insgesamt sind 1.000 Milliarden Bäume zu pflanzen, um die Energie in 35 Jahren zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Nach Lob und Dank für all die guten Taten und Ansätze nutzten die Gäste die Möglichkeit mit alten und neuen Bekanntschaften Gespräche zu führen. „Als Gastgeber ist es mir wichtig, Hamburg als Metropole der guten Begegnungen lebendig zu halten. Wenn ich dazu einen Beitrag leisten kann, stimmt es mich dankbar“, so Gastgeber Wolfgang E. Buss. EJH

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Neues aus dem Landesverband

EIN NEUES MITGLIED STELLT SICH VOR

DAS „CBCH“ – CHINA BUSINESS CENTER HAMBURG Felix Li Geschäftsführer, CBCH China Business Center Hamburg GmbH & Co. KG Durch seine Tätigkeiten bei internationalen Branchengrößen der Unternehmensberatung hat Felix Li viel Erfahrung im Bereich des deutsch-chinesischen Geschäftsaustausches gesammelt. Dabei erkannte er, in welchen Marktsegmenten es weiterer und strukturierterer Unterstützung bedarf. Um diese Lücken zu füllen, gründete er das China Business Center Hamburg.

Verbindungen schaffen Werte. Das CBCH (China Business Center Hamburg) versteht sich als ein Knotenpunkt zwischen der Metropolregion Hamburg und China. Es stellt eine moderne Plattform für den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und China dar und ist damit der ideale Ansprechpartner für deutsche und chinesische Unternehmen, die internationale Geschäftsbeziehungen aufbauen oder vertiefen möchten. Zusammen mit unseren Geschäftspartnern bieten wir einen Rundum-Service an und begleiten Sie auf dem gesamten Weg ihres Projektes.

Wir sind ein internationales und weltoffenes Team, das sich durch die Leidenschaft zu China und Deutschland verbunden fühlt und sich z.B. in der Wahl des Studienfaches und durch berufliche Erfahrung auszeichnet. Sowohl in Deutschland als auch in China profitieren unsere Auftraggeber von unserem branchenübergreifenden Netzwerk in Wirtschaft, Politik und Recht. Wir besitzen sowohl eigene Niederlassungen als auch Geschäftspartner und Kontaktpersonen in Ost- und Zentral-China. Damit spannt sich unser Netzwerk neben den bekannten Metropolen wie Beijing oder Shanghai auch auf sogenannte „Second- und Third-tier Städte“. Unser Service-Portfolio lässt sich in folgende drei Bereiche gliedern: 1. Markterschließung. Die Erschließung des chinesischen Marktes schafft deutschen Unternehmen neue Entwicklungspotenziale und damit klare Vorteile. Ebenso können chinesische Unternehmen in großem Maße von der Erschließung des deutschen Marktes profitieren. Wichtig ist, dass der Markteintritt strategisch vorbereitet wird und unsere Auftraggeber die passenden Kontakte im Zielland knüpfen. Wir brin-

gen deutsche und chinesische Unternehmen zusammen. Auf unseren Veranstaltungen in Deutschland und China informieren wir potentielle Investoren und Unternehmer über interessante Investitionsstrategien und Investitionsprojekte. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Ausrichtung und Optimierung von Projekten kleiner und mittelständischer Unternehmen auf und für den chinesischen Markt. 2. Betreuung. Der CBCH-Büroservice und Wohnservice bilden gleich zwei erste Standbeine chinesischer Unternehmen in Deutschland. Nach der Firmengründung bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, ein festes oder virtuelles Büro anzumieten. Der dreisprachigen Service auf Deutsch, Englisch und Chinesisch versteht sich dabei natürlich ganz von selbst. 3. Eventmanagement. Wir kümmern uns um die Planung, Organisation sowie Umsetzung von Veranstaltungen aller Art – und dies auf internationaler Ebene. Unser Ziel ist dabei, die jeweilige Veranstaltung optimal auf die individuellen Bedürfnisse zuzuschneiden und eine bestmögliche Zielgruppenorientierung zu gewährleisten.

Information aus der Landesgeschäftsstelle Liebe Mitglieder, in der Landesgeschäftsstelle haben sich personelle Veränderungen ergeben, die wir Ihnen auf diesem Wege mitteilen möchten. Ursula Magnußen Vom 01.04.1999 – 31.12.2015 Nach 16 Jahren für den Wirtschaftsrat wird Ursula Magnußen im neuen Jahr nun endgültig in den Ruhestand eintreten. Frau Magnußen war bis zuletzt immer noch ein Mal wöchentlich in der Geschäftsstelle, um uns tatkräftig zu unterstützen. Den Mitgliedern wird sie besonders als strahlende Begrüßung auf Veranstaltungen in Erinnerung bleiben. Frau Magnußen möchten wir sehr herzlich für die stets fröhliche und gute

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Zusammenarbeit danken und wünschen ihr viel Freude bei ihren vielfältigen Freizeitaktivitäten, besonders auf dem Golfplatz. Marcella Altersberger Vom 15.02.2010 – 31.12.2015 Marcella Altersberger hat sich nach über 5 Jahren dafür entschieden eine neue Herausforderung anzutreten. Frau Altersberger war als Assistentin über viele Jahre verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation und stand den Mitgliedern sowohl auf den Veranstaltungen, als auch am Telefon als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Wir bedanken uns für die sehr gute Zusammenarbeit und wünschen Frau Altersberger in ihrem neuen Tätigkeitsfeld alles Gute und viel Erfolg.

Landesverband Hamburg | Ausgabe Dezember 2015

Kristina Beyer Ab 01.09.2015 Mit Kristina Beyer haben wir das Team der Landesgeschäftsstelle wieder vervollständigt. Frau Beyer ist als Assistentin des Landesgeschäftsführers zuständig für die Veranstaltungsorganisation und steht den Mitgliedern als erste Ansprechpartnerin zur Verfügung. Zusätzlich kümmert sie sich um die Organisation der Geschäftsstelle. Wir freuen uns auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit! HH


Vorschau Landesverband Hamburg

Nachlese „Wer fragt, muss mit der Antwort leben.“ Benjamin Knaack Redakteur SPIEGEL ONLINE

V E R A N S TA LT U N G S V O R S C H A U 14. Januar 2016 Mittagsveranstaltung mit Prof. Marcel Fratzscher Ph.D. Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)

03. Februar 2016 Neujahresempfang mit Dr. Wolfgang Schäuble MdB Bundesminister der Finanzen

BITTE VORMERKEN 07. April 2016 Mitgliederversammlung

13. Juni 2016 27. Hanseatisches Golfturnier

03. März 2016 POLITISCHES FRÜHSTÜCK mit Prof. Dr.-Ing. Ulrich Malchow Professor für Nautik & Seeverkehr an der Hochschule Bremen zum Thema „Mega-Containerschiffe: Sinn oder Unsinn?“

15. April 2016 Mittagsveranstaltung mit David McAllister MdEP Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten

Änderungen vorbehalten

21. Juni 2016 Wirtschaftstag im Maritim Hotel Berlin

Foto: Christian Kruppa

20. Juni 2016 Parlamentarischer Abend der norddeutschen Landesverbände in Berlin

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Landesverband Schleswig-Holstein

Optimistische Formeln hemmen notwendige Anpassungen

Reimer Tewes Landesvorsitzender Schleswig-Holstein

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eutschland wird sich in den nächsten Jahren drastisch verändern. Je früher diese Veränderungen verstanden und politisch antizipiert werden, desto reibungsloser kann die gesellschaftliche Transformation ablaufen. Unsere politischen Eliten sollten deshalb vorsichtig mit Hoffnungen und Erwartungen sein, die sich dann als trügerisch erweisen.

In verschiedenen Sektionen des Wirtschaftsrates findet derzeit eine Meinungsbildung für Lösungen zur Bewältigung der Flüchtlingsaufnahme statt. Dabei steht das Spannungsfeld zwischen der Qualifikation von Flüchtlingen und den Bedingungen unseres Arbeitsmarktes im Mittelpunkt. Wir werden ganz neue Wege gehen müssen, um die erkennbaren Widersprüche aufzulösen.

In den Nebelschwaden zeichnet sich bereits deutlich ab, daß die Chancen für einen besseren Fachkräftenachwuchs nicht zwingend größer sein müssen als die Risiken einer mißlingende Integration. Das Verhältnis wird entscheidend davon abhängen, wie schnell wir unsere hohen Standards auf dem Arbeitsmarkt effektiv senken können. Jedes Zögern bremst die Integrationsmöglichkeiten und vergrößert die Risiken enttäuschter Erwartungen auf allen Seiten. Wenn die „Fachkräfte von übermorgen“ wirklich in absehbarer Zeit auf unserem Arbeitsmarkt ankommen sollen, dürfen sie auf ihrem langen und beschwerlichen Weg nicht verloren gehen. Optimistische Formeln von berufener Seite verstellen schnell den kritischen Blick auf notwendige Veränderungen. Nicht ermutigend ist die Botschaft unseres Ministerpräsidenten, die Aufnahme von Flüchtlingen werde nicht am Geld scheitern. Das mag zwar auf einer Linie mit seinem Fraktionsvorsitzenden liegen, dem die Schuldenbremse immer schon ein Dorn im Auge war. Eine Verschiebung der aktuell entstehenden, gesellschaftlichen Lasten in die Zukunft, um die politische Meinungsbildung in der Bevölkerung nicht zu trüben, ist grob fahrlässig, wenn im selben Atemzug eine unverminderte Zuwanderung für die nächsten zehn Jahre prophezeit wird. Dann sind ent-

täuschte Erwartungen vorprogrammiert und eine mehrfach überforderte Staatsfinanzierung wird sehr wahrscheinlich. Gerade bei der Flüchtlingspolitik sollten wir uns stärker durch das Prinzip eines vorsichtigen Kaufmanns leiten lassen, um einem Politikerversagen vorzubeugen. Ohne Vertrauen in die Führung wird jede Krisenbewältigung jedenfalls schnell zu einem unkalkulierbaren Risiko. In diesem Sinne hoffen wir auf mehr Offenheit und Ehrlichkeit. Das nächste Jahr dürfte für die gesamte Gesellschaft und unsere Unternehmen große Herausforderungen mit sich bringen. Nutzen Sie die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel für erholsame und besinnliche Stunden im Kreise Ihrer Familien! Ihr

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Veranstaltung der Sektion Nordfriesland

Sicherheit und Integration werden die zentralen Herausforderungen

Gastgeber Marten Jensen (3.v.l.) erklärt dem Hamburger Landesvorsitzenden Gunnar Uldall die weltweit führenden Ausbildungsprogramme der OffTEC Base GmbH & Co. KG

Gunnar Uldall, ehemaliger Wirtschaftssenator der Hansestadt Hamburg und seit einigen Monaten Vorsitzender des Wirtschaftsrates der CDU e.V., sprach am 20.11.2015 bei seinem Besuch der Sektion Nordfriesland Klartext. Eine Integration der Flüchtlinge, die in großer Mehrheit unterhalb des Hauptschulniveaus vorgebildet sind, kann ohne eine funktionierende Wirtschaft nicht gelingen. Das setze erstens finanzpolitische Stabilität voraus: Die schwarze Null muß stehen! Die Erbschaftsteuer dürfe nicht verschärft werden, sonst haue man sich sein Standbein weg. Zweitens dürften die Infrastrukturinvestitionen nicht gebremst werden. Angesichts von 2.000 maroden Brücken sei es allerhöchste Eisenbahn. Und drittens sollten die Rahmenbedingungen stimmen. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro für Flüchtlinge sei inkompatibel, und Leiharbeit dürfe nicht weiter reglementiert werden. Auf diese Punkte sei zu achten, damit die Wirtschaft die Lasten schultern könne, die durch die Flüchtlinge entstehen werden. Daß die Sicherheitsbedürfnisse zukünftig steigen werden, da waren sich alle Teilnehmer der Sektion Nordfriesland einig. Das gelte sowohl für die Bürger, die eine Zunahme der Kriminalität erwarten, als auch für Unternehmen, die durch geschultes Personal Unglücksfälle vermeiden möchten.

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Die Vorstandsmitglieder der Sektion Nordfriesland Nis Richard Richardsen und Rickmer Topf im Gespräch (v.l.)

Marten Jensen hat das früh erkannt und für die Offshore-Windindustrie ein Ausbildungszentrum gebaut. Dieses biete zertifizierte Lehrgänge an, die vom Arbeitgeber für die Betriebsgenehmigung von Offshore-Anlagen nachzuweisen sind. Dazu habe man optimale Trainingsbedingungen geschaffen, vor allem eine Welle von 2,70 Meter Höhe, womit man weltweit als

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einziger Nordseebedingungen simulieren könne. Deshalb seien alle acht Ausschreibungen deutscher Spezialkräfte gewonnen worden und Nachfragen aus weiteren Branchen wie den Kreuzfahrtreedereien eingegangen. Jensen hat der positiven Entwicklung bereits Rechnung getragen und ein Gästehaus im Bau. Derzeit hoffe er auf eine positive Entscheidung der Siemens AG, die ihr Welttrainingszentrum in Enge-Sande oder in Dänemark bauen möchte. Aber Jensen hat noch weitere Eisen im Feuer. Die Easy Wind GmbH bietet Kleinwindanlagen und die GreenTEC setzt komplementär auf den Durchbruch der Elektromobilität als Abnehmer der lokalen Windenergieerzeugung. Alle diese Unternehmungen hätten ihren Sitz auf dem gastgebenden GreenTEC-Campus, einem ehemaligen Bundeswehrgelände, das inzwischen zwölf Firmen angesiedelt habe. Weitere sollen folgen, da ist sich Jensen sicher, nach dem Boom für „safety“ komme jetzt der Ruf nach „security“. Uldall sieht das ähnlich und freut sich sichtlich über die positive unternehmerische Entwicklung, die ihm auf seinem regelmäßigen Weg ins Urlaubsdomizil bisher verborgen geblieben war. BZ



Veranstaltung der Sektion Segeberg

Qualifikation von Flüchtlingen und ihre Arbeitsmarktchancen Eine Profilanalyse der Qualifikation unserer Flüchtlinge in SchleswigHolstein tut Not, um deren Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt einschätzen zu können. Ohne ein klares Bild bleiben auch die notwendigen strukturellen Anpassungen im Dunkeln. Aus diesem Grund hat die Sektion Segeberg am 18. November 2015 Petra Eylander, die neue

Petra Eylander Beauftragte der Geschäftsführung für Integration der Regionaldirektion Nord der Agentur für Arbeit: „Der Spracherwerb und ein Kümmerer sind notwendig für gute Integrationschancen.“

Beauftragte für Integration der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit eingeladen, um über erste Erkenntnisse zu berichten. Eylander stellte einleitend fest, daß sich der Arbeitsmarkt in SchleswigHolstein im Oktober 2015 robust zeige, mit 57.600 offenen Stellen bei 92.800 Arbeitslosen. Gesucht würden zuvorderst Verkaufsberufe, Gesundheits- und Pflegeberufe sowie solche aus der Energie- und Elektrotechnik (siehe Graphik Top Ten). „Dies bildet sich auch in der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen ab, die insgesamt im Vergleich zum Vorjahresmonat betrachtet um 1.000 zurückgegangen ist. Hingegen ist die Arbeitslosigkeit der Ausländer im gleichen Zeitraum um 2.000 Menschen gestiegen, wobei zwei Drittel der Meldungen von Personen aus einem Asylzugangsland stammen. Das Institut füe Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schätzt in seiner Szenariorechnung für

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2016 im Mittel, daß mit ca. 4.500 zusätzlichen Arbeitslosen aus den Asylzugangsländern zu rechnen sei. In diesem Kontext dürfe man jedoch nicht außer

Acht lassen, daß durch den demographischen Wandel von einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung in SchleswigHolstein in den nächsten zehn Jahren um 88.000, in den nächsten 15 Jahren sogar um 198.000 auszugehen sei.“

Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen (Schleswig-Holstein, Oktober 2015) Top-Ten nach Berufshauptgruppen

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Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Stand: 13. November 2015)


Auch wenn zur Alters- und Bildungsstruktur bisher keine repräsentativen Daten vorliegen, waren über die Hälfte der Asylantragsteller im Jahr 2014 unter 25 Jahre alt, 81 Prozent unter 35 Jahre alt. Vor diesem Hintergrund bildet sich bei den Asylbewerbern eine Altersstruktur ab, die genau das durch die demographische Entwicklung entstehende Defizit auffüllen könnte. Allerdings würden die Qualifikationsniveaus überwiegend wohl nicht zueinander passen. Nicht repräsentative Stichproben signalisierten, daß knapp Dreiviertel der Asylbewerber aus Krisen- und Kriegsregionen für Helfer- und Anlerntätigkeiten in Betracht kämen, während weniger als ein Fünftel eine berufsqualifizierende oder eine akademische Ausbildung mitbringen würde. Marc Fellgiebel, berichtet dazu von den Erfahrungen der DEKRA Akademie. Deutsche oder englische Sprachkenntnisse seien die große Ausnahme, dagegen sei bei knapp einem Drittel davon auszugehen, daß sie des Lesens und Schreibens auch im Arabischen nicht mächtig sind. Jedoch sei durch alle

15 Jahren nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben nur anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte. Asylbewerber und Geduldete unterliegen dagegen einem Arbeitsverbot in den ersten drei Monaten, bis zum 15. Monat gelte anschließend eine Vorrangprüfung für Inländer. Grundsätzlich zu beachten seien der gesetzliche Mindestlohn sowie die ortsüblichen Lohnniveaus für Fachkräfte. Mindestlohnfreie Praktika seien streng reglementiert und bedürfen keiner Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit. Dreimonatige berufsorientierende Praktika böten derzeit eine gewisse Grauzone. Ein Ausbildungsplatz für einen Asylbewerber setze eine Arbeitserlaubnis voraus. Eylander stellt abschließend fest, daß der Erfolg und die Geschwindigkeit der Arbeitsmarktintegration von folgenden Faktoren abhängen: ■ Dauer der Asylverfahren ■ Sprachförderung ■ Feststellung von Qualifikationen ■ Investitionen in Bildung und Ausbildung ■ Klärung der Rechtsunsicherheit für Unternehmen ■ personelle Ausstattung der Arbeitsagenturen und Jobcenter

Für die Landesverwaltung in SchleswigHolstein stellt Dirk Gärtner aus dem Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein das Flüchtlingsmanagement vor. Bereits vor zwei Jahren, damals noch in ruhigerer See, habe

Dirk Gärtner stv. Abteilungsleiter IV 2 (Ausländer- und Integrationsangelegenheiten) im Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein: „Wir haben schon vor zwei Jahren für die Verwaltung ein Leitbild für die Willkommenskultur erarbeitet.“

man zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Leitbild für die Zuwanderungsverwaltung entwickelt (siehe Graphik). Ziel sei es jetzt, die Ausländerbehörde an den neuen Herausforderungen auszurichten. Erhellende Daten zur Struktur der Zuwanderer hatte Gärtner nicht zur Hand. Das Innenministerium könne für sein Lagebild auf die Daten anderer Ämter zurückgreifen. Konkret seien die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen um

Leitbild für die Zuwanderungsverwaltung in Schleswig-Holstein Marc Fellgiebel (2.v.r.), Leiter der DEKRA Akademie GmbH aus Kiel: „Wir haben zwar bis zu 30 Prozent Analphabeten, aber die Lernmotivation ist in allen Deutschkursen überragend hoch.“

Deutschkurse ersichtlich, daß eine enorme Lernwilligkeit und hohen Disziplin herrsche, nicht zu vergleichen mit früheren Erfahrungen mit Migranten. Viele hätten sich für die Flucht verschuldet und möchten die Hoffnung ihre Familien nicht enttäuschen. Eylander verweist zu den Chancen einer Arbeitsmarktintegration auf die Ergebnisse einer früheren Migrationsstichprobe, wonach diese in acht Prozent der Fälle im Zuzugsjahr gelang, bei 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren und etwa 30 Prozent auch noch nach

Quelle: Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten Schleswig-Holstein

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Veranstaltung der Sektion Segeberg

650 auf 12.500 angehoben worden. Bis zum Jahresende habe der Ministerpräsident 25.000 Plätze als Ziel angekündigt. Die Landesregierung gehe derzeit davon aus, daß etwa 50 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland bleiben werden. Anschließend diskutierten die Teilnehmer mit den Bundestagsabgeordneten Gero Storjohann MdB und Marc Helfrich MdB über notwendige Konsequenzen. Helfrich forderte einen massiven Personalaufbau bei den Jobcen-

Gero Storjohann MdB „Konsequent abgeschoben wird bisher nirgendwo. Es ist höchste Zeit, bei der Abschiebung in den Ländern auf die Tube zu drücken.“

Mark Helfrich MdB (re.) Mitglied im Ausschuß für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags: „Wir müssen die Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit schnell durch neue Stellen ertüchtigen.“

tern, Storjohann forderte die Bundesländer auf, bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nun endlich „auf die Tube zu drücken“. Karl-Josef Mondorf verweist auf die Diskrepanz der Flüchtlingsentwicklung mit den globalen Digitalisierungsszenarien, die im Einklang mit dem demographischen Schwund einen Rückgang der Beschäftigung für Deutschland vorsehen. Christian Sowada, Sprecher der einladenden Sektion Segeberg, dankt den

Referenten für ihre aufschlußreichen Berichte, die in die flüchtlingspolitische Meinungsbildung des Verbandes einfließen werden. Bei aller Vorsicht der vorliegenden Daten zeichne sich aber bereits deutlich ab, daß 2.000 Praktikumsplätze die Situation nicht entschärfen werden, weshalb intensiv über neue Wege nachzudenken sei. Die Privatwirtschaft werde auch auf mittlere Sicht nur einen kleinen Teil über den Arbeitsmarkt integrieren können. BZ

Karl-Josef Mondorf Geschäftsführer der Hamburger InterSearch Executive Consultants GmbH & Co. KG: „Die demographische Entwicklung stand bisher im Einklang zur Digitalisierungstrategie in Deutschland. Die Wertschöpfung wird sich global neu verteilen.“

Veranstaltung der Sektion Nordfriesland

Kommunales Flüchtlingsmanagement: Basisversorung ja, aber Kapazitätsengpässe für integrative Massnahmen Die Sektion Nordfriesland hat am 06.10.2015 den Bürgermeister der Stadt sowie den Integrationsbeauftragten des Kreises um einen Lagebericht gebeten. Astrid Damerow MdL ergänzte als flüchtlingspolitische Sprecherin der CDULandtagsfraktion zur Situation in Schleswig-Holstein. Die beiden Vertreter der Verwaltung berichteten übereinstimmend, daß man alle Hände voll zu tun habe, die wichtigsten Dinge für die ständig steigenden Flüchtlingsankündigungen zu klären, insbesondere eine passable

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Unterbringung sowie ärztliche und amtliche Versorgung. Da die Prognosen in den letzten Wochen mehrfach drastisch nach oben korrigiert worden sind, fahre man auf Sicht. Bisher sei es weitgehend gelungen, die Flüchtlinge aufzunehmen und das werde auch noch bis zum Jahresende gelingen. Sollte der Zustrom im kommenden Jahr so weitergehen, sei guter Rat teuer. Für weitergehende Maßnahmen wie die Versorgung mit Deutschkursen, eine Klärung der Arbeitsmarktchancen oder andere integrative Maßnahme gäbe es derzeit keine Kapazitäten. Hierzu berichtet Susanne Bommarius, Migrationsbeauftragte der Bundesagentur für Arbeit in Flensburg, vom laufenden Programm „early inter-

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Astrid Damerow MdL: „Die Flüchtlingspolitik ist vielfach eine politische Gradwanderung.“

vention“, das die Qualifikation von Flüchtlingen auf freiwilliger Basis erhebt, aufgrund der überwältigenden Zahlen aber von den Erstaufnahmeeinrichtungen auf eine dezentrale Erhebung umgestellt hat. Repräsentative Daten zu den Qualifikationsprofilen lägen jedenfalls noch nicht vor. Neben einer Beschränkung auf Freiwillige


habe man zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Asylbewerber Angst haben, ihre Angaben bei der Bundesanstalt für Arbeit würden mit denen im Asylverfahren abgeglichen. Ein Unternehmer berichtete von einem syrischen Schweißer, der eine Beschäftigung

Uwe Schmitz, Bürgermeister der Stadt Husum: „Wenn der Zustrom 2016 nicht abreist, wird es kritisch.“

hätte erhalten können, was aber am ortsüblichen Lohn für Schweißer gescheitert sei. Ohne Deutschkenntnisse sei seine Wertschöpfung nicht mit einem normalen Facharbeiter vergleichbar. Einige Unternehmer, die in der Hoffnung nach Husum gereist waren, zukünftig arbeitsfähige Asylbewerber bei sich beschäftigen zu können, zeigten sich ernüchtert. Ohne Spracherwerb sei eine Beschäftigung zu den herrschenden Rahmenbedingungen kaum möglich. Dennoch entstand der Eindruck, daß die Situation in Nordfriesland zwar angespannt, aber noch immer unter Kontrolle sei. Teilnehmer aus Hamburg bezeichneten die Verhältnisse im beschaulichen Nordfriesland als paradiesisch. Die Metropole Hamburg ziehe neben den zugewiesenen auch unre-

Peter Martensen Integrationsbeauftragter des Kreises Nordfriesland: „Für integrative Maßnahmen fehlen zur Zeit die Kapazitäten.“

gistrierte Flüchtlinge an und solche, die nicht auf dem Land oder in der Erstaufnahme bleiben möchten und deshalb weiterziehen. BZ

Landesfachkommission Energiewirtschaft Drei Themen waren in der Sitzung am 16. November 2015 aufgerufen: Zunächst berichtete Dr. Ingrid Nestle, Staatssekretärin im Energiewendeministerium, über die Förderprogramme, die für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen genutzt werden können. Der Schwerpunkt in Schleswig-Holstein liege auf der Integration fluktuierender Energien in das Versorgungssystem. Einen Baustein könne die Initiative NEW 4.0 zusammen mit Hamburg bilden. Insgesamt gebe es für den Vorreiter bei den erneuerbaren Energien bei Forschungsprojekten noch Luft nach oben. Das Programm HORIZON 2020 erfordere gemeinsame Anträge aus verschiedenen EU-Ländern und brauche bis zum Jahr 2018 noch Impulse aus der Industrie. Neben der Energieforschung wurden weitere Punkte diskutiert: Eine bundesweite Egalisierung der Netzkostenwälzung sowie eine Regelung der zuschaltbaren Lasten, die einer gebührenbefreiten Nutzung ungenutzter Windstromreserven den Weg ebnen soll. Thomas Gerber, Geschäftsführer der Raffinerie Heide, berichtet einführend von der Entwicklung als Produktionsbetrieb eines Konzerns hin zu einem eigenständigen Industrieunternehmen, das sich als zweitkleinste deutsche Raffinerie behaupten konnte. Dabei hätten sich die U.S.A. durch das Fracking vom Im- zum Exporteur gewandelt, Indien eigene Raffinerien aufgebaut und Rußland seine deutlich modernisiert. Verbesserungen bei der Rohstoffauswahl, der Produktion und der Kundenprofile haben die Raffinerie wettbewerbsfähig gemacht. Allerdings sei man stark von politischen Rahmenbedingungen abhängig. Eine Verteuerung der CO2-Zertifikate von 8 auf 70 Euro pro Tonne sei beispielsweise unmittelbar tödlich ebenso wie eine fehlende Anerkennung der Eigenstromversorgung. Man arbeite an einer Kooperation mit der fluktierenden Energieerzeugung, deren Leistung

Dr. Stefan Liebing Kommissionsvorsitzender

im Verbund mit der Raffinerie stabiler angeboten werden könnte. Daniel Hölder, Geschäftsführer der Clean Energy Flex GmbH, skizzierte den laufenden Paradigmenwechsel in der Stromversorgung: von der Grundlast zur Flexibilität. Als führendes Unternehmen bei der Vermarktung fluktuierender Energien verfüge man über Marktzugänge zu allen maßgeblichen Strombörsen und betreibe virtuelle Regelkraftwerke. Durch steuerbare Stromerzeugung, Speicher und eine angebotsinduzierte Flexibilisierung der Stromverbräuche wolle man die Transformation in der Energiewirtschaft befördern. Allerdings zeigten die Preisspannen im Kurzfristhandel in den letzten Jahren eine rückläufige Nachfrage nach Flexibilität, die sich nach seiner Wahrnehmung aber wieder umkehren werde. Zukünftig interessant für den Regelenergiemarkt seien vor allem die Minutenreserve und die Sekundärregelleistung. Für die kurzfristige Flexibilität wie Einheiten von fünf Minuten kämen dagegen zuvorderst das nachfrageseitige Lastmanagement in Betracht. Kritisch erscheine, daß die steigenden Umlagen auf den Strompreisen die Preissignale insgesamt empfindlich dämpfen würden. BZ

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Veranstaltung der Sektion Schleswig-Flensburg

Neue Allianzen in Flensburg Dr. Frank Markus Döring, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion, gab auf Einladung der Sektion Schleswig-Flensburg am 10.11.2015 Einblicke in die aktuelle politische Situation in Flensburg und die Bewältigung des Flüchtlingsstromes. Drei Themenbereiche beschäftigten die Gäste im November im Ringhotel in Wassersleben bei Flensburg auf Einladung des Wirtschaftsrates: Flüchtlinge, die Oberbürgermeisterwahl in Flensburg und die Verkehrsinfrastruktur. Dr. Frank Markus Döring, Fraktionsvorsitzender der CDU Flensburg und Mitglied der CDU-Ratsfraktion,

Döring, gerne mehr Frauen, gerne „Leute aus dem Leben“. Die Flüchtlingssituation mache Flensburg zu schaffen. Etwa 40 neue Flüchtlinge seien jede Woche dauerhaft unterzubringen, Wohnraum für sie zu beschaffen. Für die Durchreisenden gäbe es inzwischen Behelfsunterkünfte an drei Standorten mit jeweils eini-

den sozialen Wohnungsbau in Arbeit seien, auch und gerade für die Bürger der Stadt. Wünschenswert sei allerdings eine Beschleunigung der Ver fahren durch das Bauamt der Stadt. Man sähe da die Verwaltung nicht in der Spur, das sei eine Schwäche in der Führung der Verwaltung, sprich des aktuellen Oberbürgermeisters. „Wir sollten uns einen starken Partner für Allianzen suchen – und haben ihn auch schon gefunden“, so Döring. Man wolle eine starke Kandidatin und habe sie in Simone Lange gefunden, die zwar der SPD angehöre, aber als Polizistin des gehobenen Dienstes Führungskraft in Flensburg, insbesondere im Rahmen der Bewältigung in Flüchtlingsfragen, bewiesen habe. Gemein-

Dr. Frank Markus Döring (stehend), Vorsitzender der Flensburger CDU-Ratsfraktion erläutert die Position seiner Fraktion im Kreis der Mitglieder Sektion Schleswig/Flensburg des Wirtschaftsrates.

stand Rede und Antwort und schilderte seine Sicht der verschiedenen aktuellen Problematiken – nach der Hälfte der derzeitigen Wahlperiode der Führung eines SSW-Bürgermeisters, Simon Faber, der 2011 ins Amt gewählt wurde. Die CDU Flensburg bilde zwar mit elf Ratsmitgliedern die größte von sieben Fraktionen, habe aber nicht die Mehrheit, müsse also Allianzen suchen, um die nächste Wahl gewinnen zu können. Dazu müsse sich die CDU auch Gedanken machen, wie sie eine jüngere Wählerschaft erreiche. Flensburg sei großstädtisch geprägt, hier würden nicht die klassischen Familienbilder wie in den ländlichen Bereichen gelten. „Neue Vorbilder sind gesucht“, so

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gen hundert Plätzen. 2.000 Asylsuchende befänden sich täglich auf dem Weg nach Norden, 300 bis 400 würden zunächst in Flensburg stranden, da sie nicht weiterreisen könnten. „Sorgen macht uns das Gerücht, daß Schweden die Grenze dichtmachen könnte“, so Döring weiter. Dann müßten alle Turnhallen der Stadt belegt werden, bevor neu verteilt werden könnte. Projektentwickler Torsten Koch vertrat die Sorge, daß die aktuelle Situation bewirken könne, die notwendigen Stadtentwicklungen nicht weiterführen zu können – mit der Problematik, daß es deshalb ein Aufbegehren geben könnte, das man nun gerade angesichts der Flüchtlingsproblematik nicht wolle. Döring bekräftigte, daß Konzepte für

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sam mit der SPD würde man dann 25 von 43 Sitzen im Rat besetzen und damit die Mehrheit für zukünftige Entscheidungen bilden können. Hauke Präger, Mitglied des Sektionsvorstandes Schleswig/Flensburg: „Wir brauchen jemanden, der die Sache der Stadt in die Hand nimmt und das Rathaus führt.“ Zum Thema Infrastruktur: Aus dem Projekt Tunnel 2025 als Ersatz für die marode Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal wurde inzwischen eine neues Brückenprojekt, das auf der Prioritätenliste im Bundesverkehrsplan gelistet und mit deren Baubeginn in zwei bis drei Jahren zu rechnen sei. Für Flensburg als Brücke zu Skandinavien ist das ein bedeutsames Projekt. kp


Veranstaltung der Sektion Kiel

Impulse für die Mittelstandspolitik in Schleswig-Holstein Johannes Callsen MdL, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, kam schnell zur Sache. Das Land sei bei der Gründungsquote bundesweit von Platz 4 auf Platz 10 gefallen, die Standortzufriedenheit der Unternehmen am Standort sei in IHK-Umfragen von 19 Prozent auf 12 Prozent gesunken, und die Investitionen in Grundstücke und Gebäude seien nach Aussagen der Sparkassen ebenfalls rückläufig. Die CDU fordert deshalb ein gründliches Umsteuern in Richtung einer mittelstandsfreundlichen Politik. Dazu habe man einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der bürokratische Gesetze wie das Tariftreue- und Vergabegesetz, das Gesetz zum Korruptionsregister sowie das Landesmindestlohngesetz aufhebe und neben weiteren Vereinfachungen auch eine Clearingstelle Mittelstand und Bürokratieabbau im Wirtschaftsministerium ansiedeln möchte. Callsen sparte bei der Erläuterung nicht mit Kritik am Wirtschaftsminister des Landes. Immer wieder habe dieser

der Wirtschaft bei seinen Auftritten Dinge versprochen, die er anschließend nicht halten konnte. Das gelte für das Tariftreuegesetz, das im weiteren Verfahren sogar noch auf die Kommunen ausgeweitet worden sei, ebenso wie seine Richtlinien für die einzelbetriebliche Förderung, die nach zwei Jahren erst für eines von elf Förderprogrammen vorliegen würden. Die Landesregierung bremse Investitionsprojekte der Wirtschaft aus.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion SchleswigHolstein Johannes Callsen (2.v.rechts) im Gespräch mit der Sektion Kiel des Wirtschaftsrates

In der anschließenden Diskussion zeigte sich der Politiker skeptisch, daß man die Bürokratie über einen Normenkontrollrat auf Landesebene eindämmen könne. Die Bürokratiefolgen für die Bürger und Wirtschaft seien den Politikern überwiegend bewußt, es fehle jedoch der politische Wille, sie zu vermeiden. Das müsse sich wieder ändern. BZ

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Foto: Pinneberger Tageblatt/Tobias Thieme

Veranstaltung der Sektion Pinneberg

Gernot Steenblock Vertriebsleiter Europa der Horizon Hobby GmbH (ganz rechts) begeisterte mit der Vorführung der Drohnen Mitglieder und Gäste der Sektion Pinneberg

Drohnen im Anflug – den Luftraum offen halten! Unbemannte Flugobjekte – sogenannte Drohnen – erleben seit einigen Jahren einen Boom beim privaten Konsum und erreichen für gewerbliche Zwecke zunehmend Marktreife: „Wir spüren einen großen Innovationsdruck im Markt.“, so Klaus Breer, der aus Elmshorn den europäischen Vertrieb des amerikanischen Drohnenanbieters steuert. Obgleich der Hauptumsatz des Familienbetriebs mit weltweit 650 Beschäftigten noch beim privaten Konsum liegt, spüre der serviceorientierte Anbieter eine zunehmende Nachfrage für gewerbliche Nutzungen. Die Produktentwicklung in den U.S.A. arbeite mit 150 Technikern an neuen Anwendungen, beispielsweise für die Landwirtschaft, die dann in China oder Taiwan im Auftrag gefertigt werden. Allerdings: die Innovationszyklen beschleunigten sich, weshalb die Reaktionszeiten für die Herstellung in China zunehmend kritisch erscheinen. Zudem müsse man bei größeren Multikoptern höhere Qualitätsanforderungen in der Produktion erfüllen als sie in China üblich seien. Sönke Klettner, Dezernatsleiter Luftsicherheit im Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr des Landes SchleswigHolstein, sieht unfaßbar viele neue gewerbliche Anwendungsmöglichkeiten. Als Landesbehörde habe man bei der Genehmigung die Bundesgesetzgebung auszulegen, was bisher bundesweit wenig einheitlich stattfinde. Im

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europäischen Ebene eine Regulierung ab, die für ganz Europa einen gemeinsamen Rahmen setzen könnte. In der anschließenden Diskussion standen besondere Fähigkeiten von Drohnen im Mittelpunkt, wie Lastenfähigkeit, Regenanfälligkeit, Akkuleistung, Hinderniserkennung sowie Sicherheitsaspekte wie Identifizierungsmöglichkeiten und elektronisch gesicherte Sperrzonen. Dr. Tilman Giesen lobte die Freiheit des öffentlichen Luftraumes, die es als Wirtschaftsrat zu verteidigen gelte. Der Luftraum beginnt übrigens direkt über dem Boden, stellte Klettner klar, wobei Start- und Landungsplatz die Erlaubnis des Eigentümers voraus-

Sönke Klettner Dezernatsleiter Luftsicherheit im Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr: „Die Zunahme von Drohnen hat bisher nicht zu mehr Unfällen geführt.“

laufenden Jahr habe man in SchleswigHolstein über 250 Anträge auf Erlaubnis stattgegeben, wofür zuvorderst der Versicherungsschutz geprüft werde und je nach Verwendungszweck weitere Voraussetzungen. Die herrschenden Regelungen laufen der technischen Entwicklung hinterher, weshalb in nächster Zeit mit rechtlichen Anpassungen zu rechnen sei. Neben einer länderübergreifenden Genehmigungspraxis in Deutschland zeichne sich auf der

Landesverband Schleswig-Holstein | Ausgabe Dezember 2015

RA und Notar Dr. Tilman Giesen, Mitglied im Landesvorstand des Wirtschaftsrates: „Der Luftraum ist rechtlich noch weithin offen. Wir sollten diese Freiheit wertschätzen und gegebenenfalls verteidigen.“

setzen und eine Nutzung im bodennahen Bereich etwaige Störungen zivilrechtlicher Räume zu beachten habe. Bisher gäbe es jedenfalls auch keine Indizien, daß die zunehmende Nutzung von Drohen zu erhöhten Unfällen geführt habe. BZ


Landesfachkommission

Landesfachkommission – Gesundheitswirtschaft Drei Themen waren in der Sitzung am 19. November 2015 aufgerufen: Thomas Rampolt, Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft Nord, berichtet von dem starken Trend bei jungen Ärzten, die gerne im Team arbeiten, feste Arbeitszeiten in einem Angestelltenverhältnis dem unternehmerischen Risiko vorziehen. Die Folge sind vermehrte Gemeinschaftspraxen und eine Abwanderung der Kassensitze aus der ländlichen Fläche. Jüngst habe nun die Ärztegenossenschaft die Geschäftsführung einer kommunalen Praxis in Büsum übernommen. Die Kommission zeigte sich skeptisch, dem Steuerzahler das unternehmerische Risiko dort zu überlassen, wo es kein anderer mehr übernehmen möchte. Ärztenetze als Leistungserbringer zu ermächtigen, erscheint vorteilhaft, wobei dann wettbewerbspolitische Aspekte zu prüfen wären. Thomas Strizl MdB berichtet aus dem Gesundheitsausschuß des Deutschen Bundestages. Der Gemeinsame Bundesausschuß der Selbstverwaltung habe die Aufgabe erhalten, die Qualität zu definieren, die im Rahmen einer Umsetzung des Krankenhausstrukturgesetzes den Bettenabbau in den Krankenhäusern qualitätsorientiert steuern soll. Die Bettenreduzierung werde durch einen Gesundheitsstrukturfonds begleitet, der mit je 500 Millionen Euro aus dem Bund und den Ländern gespeist wird. Darüber hinaus seien 75 Millionen Euro für die Versorgungsforschung bereitgestellt, mit denen die Grundlagen für eine qualitätsorientierte Vergütung wissenschaftlich begründet werden soll. Mit dem Bundestagsabgeordneten diskutiert wurde darüber hinaus das E-Health-Gesetz, eine klare Trennung von Korruption und Kooperation zwischen einweisenden Ärzten und pay back-Regelungen aufnehmender Krankenhäuser, sowie die Kostenexplosion durch individualisierte Medikamente, die als Innovation nicht durch generica abgebaut werden kann. Hierzu sei ein konstruktiver Dialog mit der Pharmabranche notwendig.

Abschließend berichtet Dr. Johann Brunkhorst, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse, über die Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge. Diese baue bürokratische Hemmnisse ab und böte eine eingeschränkte ärztliche Versorgung für Flüchtlinge. Das Land SchleswigHolstein sei bei der Regelung allerdings einen Sonderweg gegangen. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, daß Ärzte den Status der eingeschränkten Leistung anhand der Karte bisher nicht erkennen können, wobei das Risiko der Mehrkosten

Florian Friedel Kommissionsvorsitzender

bei den Kommunen landen könnte. Die Kommission fordert entsprechend eine unverzügliche, technische Kennzeichnung bei der Ausgabe dieser Karten. BZ

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Veranstaltung der Sektion Lauenburg

Ansiedlungserfolge im Herzogtum Lauenburg Zunächst habe man ihn für verrückt erklärt, als er vor zehn Jahren als neuer Wirtschaftsförderer Schwarzenbeks den Blick nach China richtete, so Andreas Thiede, Bürgermeister der Stadt Lauenburg am 29.09.2015 vor der Sektion Herzogtum Lauenburg. Schon nach wenigen Jahren konnte die Stadt jedoch auf eine gute Handvoll chinesischer Ansiedlungen und auf eine Vielzahl weiterer Kooperationen zurückblicken. Zudem habe man eine Städtepartnerschaft zwischen Schwarzenbek und Haimen aufgebaut und damit zwei Vororte der Metropolen Hamburg und Shanghai zusammengeführt, die wiederum seit 1986 in ähnlicher Art und Weise äußerst erfolgreich kooperieren. Als Bürgermeister der Stadt Lauenburg konnte Andreas Thiede an der positiven Entwicklung anknüpfen und vorhandene Verbindungen weiter zum Wohl der Region einsetzen. Wie im Einzelnen und welche Hürden zu nehmen waren, darüber berichtete er den interessierten Zuhörern. Wenngleich sich nicht alle Pläne im Rahmen der Erwartungen verwirklichen ließen, so scheinen die Möglichkeiten fast grenzenlos – und tatsächlich ist das bislang Erreichte bemerkenswert.

Immer die Chancen im Fokus und unaufhaltsam im Wirken für eine engere Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Kulturen half ihm vor allem das persönliche Vertrauen zwischen den Akteuren. Bürokratische Hindernisse konnten so erfolgreich abgebaut werden. Dafür sei er beispielsweise kurzfristig nach China geflogen, um mit dem deutschen Generalkonsul über die Folgen der Ablehnung eines Visums für die Einreise der Ehefrau eines Investors zu diskutieren. Die Auflagen seien anschließend deutlich gelockert worden. Die Wirtschaftsförderung des Landes hat ihn in seinem Wirken immer unterstützt, und auch in der Welthandelsmetropole Hamburg spüre er inzwischen gegenseitigen Respekt. Im

Chinaexperte Andreas Thiede, Bürgermeister der Stadt Lauenburg, lädt die Mitglieder des Wirtschaftsrates der CDU e.V. zu einer Delegationsreise ins Reich der Mitte ein

Gegensatz zu Unternehmensvertretern gelte er in China als Vertreter der staatlichen Verwaltung, was dort einen anderen Stellenwert habe. Das Budget für diese Aktivitäten sei in Lauenburg mit 10.000 Euro allerdings recht überschaubar. Rudolf Freiherr von Schröder dankte als Sektionssprecher herzlich für die gewonnenen Einsichten und für das Angebot, Mitgliedern des Wirtschaftsrates bei Bedarf den Weg in das Reich der Mitte zu bahnen. BZ

AUS DEM MITGLIEDERKREIS:

Der Immobilienkaufmann bei der Hans Schütt Immobilien, Vincent Schulz, der bereits im September als Berufsbester von der Industrie- und Handelskammer (IHK) geehrt wurde, wurde nun von der Industrie- und Handelskammer zu Kiel als Landesbester des Ausbildungsjahrgangs 2015 ausgezeichnet. Auch sein Ausbildungsbetrieb erhielt als Anerkennung besonderer Verdienste für die Berufsausbildung eine Urkunde. Unser Mitglied Klaus H. Schütt, geschäftsführender Gesellschafter der Firma: „Wir haben Vincent Schulz während seiner Ausbildung unter anderem einen vierwöchigen Aufenthalt in Großbritannien bei einem Immobilienmakler ermöglicht, um praktische Auslandserfahrungen zu sammeln. Zudem hatte er neben vielen anderen Projekten die

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Foto: IHK zu Kiel

Schütt Immobilien bildet Landesbesten aus

v.l.: Kammerpräsident Klaus Hinrich Vater (li.) und Ministerpräsident Torsten Albig (2.v.r.) zeichnen unser Mitglied Klaus H. Schütt (re.) für seinen besonderen Einsatz in der Berufsausbildung und den Landesbesten des Ausbildungsjahrgangs 2015 Vincent Schulz (2.v.l.) aus

Gelegenheit, einen Kurzfilm über die Ausbildung der Immobilienkaufleute in unserem Hause zu produzieren, der sowohl auf unserer Homepage als auch

Landesverband Schleswig-Holstein | Ausgabe Dezember 2015

auf YouTube veröffentlicht wurde.“ Firma Schütt wolle den Absolventen auch während seines Studiums als studentische Kraft weiter beschäftigen.


... IM ÜBRIGEN

Zehn Jahre Politiknachwuchs Parteiübergreifend für Nachwuchs in der Politik werben, politische Prozesse verständlich machen und auch Seiteneinsteigern den Weg in die Politik erleichtern – diese Idee entstand vor zehn Jahren und führte zur Gründung des Vereins zur Förderung der politischen Nachwuchsbildung in SchleswigHolstein. Auf Gut Projensdorf luden die Beteiligten im Juni zu einer Feierstunde ein. Inzwischen konnte der Verein den politischen Nachwuchs des fünften Seminars feierlich verabschieden. Am 19. November erhielten die Absolventen ihre Zertifikate auf dem Gut Projensdorf, nachdem ihnen Dr. Ralf Stegner, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, Tipps für die politische Arbeit mit auf den Weg gegeben hatte. Nicht alle der Absolventen streben einen Weg in die Politik ein. Das Seminar sei ihm jedoch eine gute Schule gewesen, sich argumentativ mit interessanten The-

Der vor zehn Jahren erfolgreich gegründete Verein zur Förderung der Politischen Nachwuchsförderung in Schleswig-Holstein e.V. verabschiedet seine ausgezeichneten Teilnehmer des 5. Absolventenjahrgangs. Die Festrede hielt Ehrengast Dr. Ralf Stegner (5.v.l.)

men auseinanderzusetzen, so ein Teilnehmer. das sei auch ein gutes Rüstzeug für die berufliche Zukunft. Die Bewerbung für das nächste Programm 2016/17 ist ab jetzt möglich. kp Dr. Bertram Zitscher Landesgeschäftsführer

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Vorschau Landesverband Schleswig-Holstein / Impressum

V E R A N S TA LT U N G S V O R S C H A U 25. Januar 2016 · Kaltenkirchen Betriebsbesichtigung der Jungheinrich AG (Logistikzentrum) und Podiumsdiskussion u.a. mit Torsten Albig, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Kiel; Gunter Bonz, Staatsrat a.D., Hamburg; Lars Gunnar Danielsson, Botschafter des Königreiches von Schweden; Prof. Dr. Hans H. Driftmann, Aufsichtsratsvorsitzender der Peter Kölln GmbH & Co. KGaA, Elmshorn; Hans-Georg Frey, Vorstandsvorsitzender Jungheinrich AG; Olaf Scholz, Erster Regierender Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Hamburg; „Sprung in die Champions League – wie gut ist die Metropolregion gerüstet?“ 15. Februar 2016 · Flensburg Simone Lange MdL, Oberbürgermeisterkandidatin Flensburg „Impulse für die Region Flensburg – Sonderjylland“ Hans Philip Tietje, Bürgermeister Region Sonderjylland, Apenrade (Dänemark) „Deutsch-Dänische Zusammenarbeit im Grenzland – Bringt das etwas?“

24.Februar 2016 · Hörsten (RD-ECK) Marit Hansen, Leiterin des ULD, Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein: „Datenschutzrechtliche Aspekte bei der gewerblichen Nutzung von Drohnen“ Jannes Piepgras, Managing Partner der North Frisian Offshore, Pellworm: „Anwendungsbeispiele für die Windenergie“ Brice de Ron, CDO/COO der CProjekt GmbH, Lübeck: „Telematiklösungen in der Bauwirtschaft sowie Sicherheitsapplikationen“ Alexander Flemming Wüst, Geschäftsführer der HP Marketing & Consulting Wüst GmbH, Reinfeld: „Schutzmöglichkeiten durch Störsender“ Moderation: Rechtsanwalt und Notar Dr. Tilman Giesen, Mitglied des Landesvorstandes des Wirtschaftsrates der CDU e.V., Landesverband SchleswigHolstein 04. März 2016 · Kiel Landesfachkommission Gesundheitswirtschaft

09. März 2016 · Kronshagen Landesfachkommission Immobilienwirtschaft 15. März 2016 · Kiel Dr. Aloys Altmann, Präsident des Bundes der Steuerzahler SchleswigHolstein e.V. „Die Haushaltslage des Landes Schleswig-Holstein unter den gegebenen Umständen“ 06. Mai 2016 · Sylt CFO-Event Sylt 2016 18. Juni 2016 · Kiel Regattabegleitfahrt zur Kieler Woche (nur für Mitglieder) Uwe Beckmeyer MdB, Maritimer Koordinator der Bundesregierung (angefragt) 20. Juni 2016 · Berlin Parlamentarischer Abend der fünf norddeutschen Bundesländer

07. März 2016 · Neumünster Landesfachkommission Energiewirtschaft

19. Februar 2016 · Neumünster Ulrike Rodust, Mitglied des Europäischen Parlaments; Dr. Rolf-Oliver Schwemer, Landrat des Kreises Rendsburg-Eckernförde „Ein Bericht aus Brüssel und die EPSAS-Reformpläne“

Bundestagfraktion; Kurt Stürken, Geschäftsführender Gesellschafter der Leuchtturm Albenverlag GmbH „Bericht aus Berlin“

21. Juni 2016 · Berlin Wirtschaftstag mit u.a. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

08. März 2016 · Geesthacht Betriebsbesichtigung der Leuchtturm Albenverlag GmbH Norbert Brackmann MdB, CDU/CSU-

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IMPRESSUM Herausgeber, V.I.S.d.P.: Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Hamburg Hauke Harders Landesgeschäftsführer Colonnaden 25/II. Stock 20354 Hamburg Tel.: 040-30 38 10 49 Fax: 040-30 38 10 59 E-Mail: LV-HH@wirtschaftsrat.de Landesverband Schleswig-Holstein Dr. Bertram Zitscher Landesgeschäftsführer Kleiner Kuhberg 2-6, 24103 Kiel Tel.: 0431-67 20 75 Fax: 0431-67 20 76 E-Mail: LV-S-H@wirtschaftsrat.de

Redaktion: Anna Geyer (AG) Hauke Harders (HH) Ehrhard J. Heine (EJH) Kai Pörksen (KP) Christian Ströder (CS) Dr. Bertram Zitscher (BZ) Erscheinungsweise: 4 x pro Jahr Auflage: 5.000 Exemplare

Herstellung und Anzeigen: copy-druck Gesellschaft für Digital- und Offsetdruck mbH Neumann-Reichardt-Straße 27-33 (Haus 21) 22041 Hamburg Telefon: +49 (0) 40 - 689 45 45 Telefax: +49 (0) 40 - 689 45 444 E-Mail: info@copy-druck.de www.copy-druck.de Satz/Layout: Wolfgang Schlett, KGV

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Landesverband Hamburg und Schleswig-Holstein | Ausgabe Dezember 2015




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