1 2017 WIR im Norden

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WIRIM NORDEN AUSGABE 1 | 2017

Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein

D A S

M A G A Z I N

F Ü R

D I E

W I R T S C H A F T

+ + + K E Y FA C T S + + + G E S U N D H E I T S W I RT S C H A F T H A M B U R G + + + K E Y FA C T S + + +

162.000

8,2

Milliarden Euro Bruttowertschöpfung

3.882

Euro Gesundheitsausgaben pro Kopf

Erwerbstätige in der Gesundheitswirtschaft

89

706

Prozent gesetzlich versichert

22.195 1.895 Geburten in Hamburger Krankenhäusern

Apotheker in Hamburg

Ärzte auf 100.000 Einwohner

rd. 10.000 Ärzte, Zahnärzte, Physiotherapeuten

+ + + K E Y FA C T S + + + G E S U N D H E I T S W I RT S C H A F T H A M B U R G + + + K E Y FA C T S + + + Seite 34

Neujahrsempfang mit Prof. Dr. Norbert Lammert

Seite 38

Dr. Michael Otto: Digitalisierung heißt auch Kulturwandel

Seite 64

Umweltschutz versus Infrastrukturentwicklung

copy-druck GmbH, Neumann-Reichardt-Str. 27-33, 22041 HH PVST 55030 Entgelt bezahlt DPAG



EDITORIAL

Gunnar Uldall, Senator a.D. Landesvorsitzender Hamburg

mit meinem Ausscheiden aus der Hamburgischen Bürgerschaft im Jahre 2008 hatte ich mich aus dem politischen Leben weitgehend zurückgezogen. Dass ich als Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates noch einmal „einsteigen“ und mich in neuer Funktion für die wirtschaftspolitischen Belange unserer Stadt einsetzen durfte, hat mich mit großer Freude und auch ein bisschen Stolz erfüllt. Nun ist dies mein letztes Editorial und ich schaue dankbar auf 21 spannende Monate zurück. Wer an die größte Wertschöpfung und die meisten Arbeitsplätze in Hamburg denkt, hat wohl zuallererst den Hafen in Verdacht. Schließlich gilt er seit jeher als Herzstück unserer Wirtschaft. Tatsächlich aber ist es die Gesundheitswirtschaft, die sich zur wichtigsten Wachstumsbranche und zum stärksten Jobmotor in Hamburg entwickelt hat. 2013 waren rund 162.000 Erwerbstätige in der Branche tätig und erwirtschafteten 9,4 Prozent der Bruttowertschöpfung der Stadt. Zum Vergleich: Im Jahre 2005 lagen die Werte noch bei 139.000 und 8,4 Prozent.

sequenz ist, dass wir es mit einer „Verkonsumentung“ medizinischer Geräte und einer „Medikalisierung“ von Konsumprodukten zu tun haben. Für viele medizintechnische Unternehmen erschließen sich dadurch ganz neue Zielgruppen und Geschäftsmodelle, ein Multi-Milliarden-Markt! Am 24. September wird ein neuer Bundestag gewählt und die sogenannte Bürgerversicherung steht – wieder einmal – auf der Agenda der SPD. Ein zugegebenermaßen dankbares Wahlkampfthema: Schaffen wir die Private Krankenversicherung ab, sorgen wir für mehr Gerechtigkeit zwischen den Patienten, so die verführerische Argumentation. Dabei wird völlig vergessen, dass die PKV einen unverzichtbaren Beitrag für das gesamte Versicherungssystem leistet. Vorteile im Sinne einer besseren und gerechteren Gesundheitsversorgung würde eine Bürgerversicherung nicht bringen. Im Gegenteil, sie öffnet Tür und Tor für undurchsichtige Parallelstrukturen mit exklusiven Privatpraxen und vermögenden Barzahlern.

Die Gesundheitswirtschaft hat sich zur wichtigsten Wachstumsbranche und zum stärksten Jobmotor in Hamburg entwickelt. Die Gesundheitswirtschaft wird auch in Zukunft kräftig wachsen. Insbesondere der sogenannte „zweite Gesundheitsmarkt“ hält einige Expansionsreserven bereit. Durch den immer größer werdenden Anteil älterer Menschen steigt die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen für eine bessere Gesundheit. Gleichzeitig steigt das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung insgesamt, d.h. auch jüngere Generationen fragen Güter und Gesundheitsdienstleistungen nach, vor allem präventiver Art. Nicht zuletzt ist es die Digitalisierung, die zugleich Treiber und Grundlage für die Entwicklung neuer, hochinnovativer Gesundheitsprodukte und -services ist. So arbeitet die Life-Science-Industrie längst daran, Monitoring und Diagnostik durch sogenannte PI-Technologies zu revolutionieren. Diese Technologien überlassen dem Patienten die Verwendung seiner Daten (Patientempowering) und ermöglichen es, die Informationen über den Gesundheitszustand in sinnvolles, patientenrelevantes Wissen (Information-leveraging) zu übersetzen. Ein simples Beispiel ist die Smartphone-App, die den Herzschlag überwacht. Die Kon-

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Bei der Mitgliederversammlung am 29. März werde ich mich mit dem guten Gefühl verabschieden, dass der Landesverband Hamburg wieder exzellent aufgestellt ist. Bei Ihnen, liebe Mitglieder und Freunde des Wirtschaftsrates, bedanke ich mich für zwei Jahre des Vertrauens und der Unterstützung. Als mein Nachfolger bewirbt sich Dr. Henneke Lütgerath, der nicht nur den Hamburger Unternehmergeist verkörpert, sondern dem Wirtschaftsrat auch seit vielen Jahren als Präsidiumsmitglied eng verbunden ist. Ich hoffe, dass Sie auch dem neuen Landesvorsitzenden nach der Wahl das gleiche Vertrauen entgegenbringen wie mir, damit der Wirtschaftsrat in Hamburg weiter vorankommt. Dem gesamten neuen Landesvorstand wünsche ich viel Fortune und Erfolg. Auch ohne Amt und Würden bleibe ich dem Wirtschaftsrat selbstverständlich treu. Sie auch, hoffe ich!

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MOMENTAUFNAHME Im Miniatur Wunderland Hamburg stand sie schon eine Woche lang, die „great, great wall“ von US-Präsident Donald Trump. Was wohl sein Amtsvorgänger Ronald Reagan, von 1981 bis 1989 im Oval Office, dazu gesagt hätte... ? Foto: Miniatur Wunderland Hamburg

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INHALT

START

TITEL

VERANSTALTUNGEN

EDITORIALS

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

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PLENARWAHL DER HANDELSKAMMER POLARISIERT WIE NIE

Landesverband Hamburg u Gunnar Uldall, Senator a.D.

57 Landesverband Schleswig-Holstein u Dr. Christian von Boetticher

MOMENTAUFNAHME Miniatur Wunderland Hamburg Foto: Johannes Arlt

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Den Kreislauf positiver Wechselwirkung in Schwung halten Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

10 Medizintechnik ist einer der Hauptmärkte für den 3D-Druck u Katharina Weingärtner 13 Fachkräftemangel im Gesundheitswesen u Christian Baumann 14 Die PKV: Starke Säule für das Gesundheitswesen und bedeutender Wirtschaftsfaktor u Dr. Volker Leienbach 16 key facts Gesundheitswirtschaft Hamburg

32 POLITISCHES FRÜHSTÜCK

IN DER GLOBALISIERTEN WELT GIBT ES KEIN ZURÜCK 34 Neujahrsempfang mit Prof. Dr. Norbert Lammert

DIGITALISIERUNG HEISST AUCH KULTURWANDEL 38 mit Dr. Michael Otto

ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSNOVELLE LÄHMT DEUTSCHEN INDUSTRIESTANDORT 58 Sektion Dithmarschen

KLARES BEKENNTNIS ZU DEN

Medizintechnik ist einer der Hauptmärkte für den 3D-Druck Noch ist der Einsatz Pionierarbeit einzelner Unternehmer, mehr – aber noch nicht genug – passiert in der Forschung Katharina Weingärtner Seite 10

18 Wie sieht die Versorgungslandschaft BERUFLICHEN SCHULEN der Zukunft aus? 59 Sektion Stormarn u Babette Brennecke 20 Gesundheitswesen zu langsam für die Digitalisierung u Dr. Andreas Meusch 22 Jeder Mensch braucht einen Boxenstopp u Nadine Sieders 24 BGM 2.0 – Ausgangslage und Handlungsbedarf 26 Qualität und Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus – kein Selbstläufer 28 Mit verändertem Lebensstil in eine gesündere Zukunft

Veranstaltung: Digitalisierung heißt auch Kulturwandel mit Dr. Michael Otto Seite 38

29 „da Vinci Xi“-System: einzigartig in der Metropolregion Hamburg 30 Tradition, Wandel und Innovation als Erfolgsfaktoren

INNOVATIVER WÄHRUNGSWETTBEWERB 61 Sektion Lübeck

VON DER SCHNITTSTELLE ZWISCHEN OSTKÜSTEN- UND SÜDLINK 62 Sektion Segeberg

ZUR FINANZSCHWÄCHE DER KREISFREIEN STÄDTE 66 Sektion Schleswig/Flensburg

NICHT JEDER IST IN DER DIGITALEN WELT ANGEKOMMEN 69 Sektion Nordfriesland

WIRTSCHAFTSRAUM NEUMÜNSTER IM AUFWIND 70 Sektion Neumünster

Industrielle Abwärmenutzung Beitrag zur Wärmewende in Hamburg von Ulf Gehrckens Seite 40

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INHALT

AKTUELLES INDUSTRIELLE ABWÄRMENUTZUNG 40 mit Ulf Gehrckens

6. NORDDEUTSCHER WIRTSCHAFTSTAG IN HAMBURG 48 Vorschau

LANDESFACHKOMMISSIONEN Hamburg

ENERGIE- UND INDUSTRIEPOLITIK 43 Innovationsallianz NEW 4.0 – Der Energiewende auf der Spur u Ulf Gehrckens

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

Foto: Grand Elysée Hotel Hamburg

44 Bürgerversicherung? Nein, danke! u Dr. Ulrich Möllers

WACHSTUM & INNOVATION 45 E-Health – Digitalisierung der Medizin u Dr. Hubert Baltes

JUNGES HAMBURG 6. Norddeutscher Wirtschaftstag in Hamburg „Innovatives Norddeutschland – Gemeinsam in die Zukunft“ im Grand Elysée Hotel Hamburg

AUS DEM MITGLIEDERKREIS 54 Ein neues Mitglied stellt sich vor u willy.tel 56 Neue Mitglieder in den Landesverbänden

AUS DER LANDESGESCHÄFTSSTELLE

46 Quo vadis Blockchain? u Dr. Christian Conreder

LANDESFACHKOMMISSIONEN 47 Personelle Änderungen

ENERGIEWIRTSCHAFT 63 Heimische Öl- und Gasförderung u Dr. Stefan Liebing

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

54 Hamburg: Im Übrigen... 73 Schleswig-Holstein: Im Übrigen...

VERKEHRSINFRASTRUKTUR

JUNGER WIRTSCHAFTSRAT

64 Umweltschutz versus Infrastrukturentwicklung u Martin Henze

42 Jahresauftakt Bankhaus Lampe

FRAGEN AN EIN MITGLIED

BITCOINS

Schleswig-Holstein

63 Big Data im Gesundheitswesen u Florian Friedel

ÖKONOMISCHER AUSBLICK AUF 2017

Sektion Stormarn Klares Bekenntnis zu den beruflichen Schulen „Der Mensch fängt nicht erst mit dem Abitur an zu sein“, so Daniel Günther, Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein und Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten. Seite 59

IMMOBILIENWIRTSCHAFT 65 Landesplanung gründlich flexibilisieren u Wolfgang Weinschrod

Sektion Lübeck Innovativer Währungswettbewerb Dabei reizt nicht die Spekulation, sondern die in der neuartigen Währung steckende Blockchain-Technologie, die zukünftig auch in anderen Bereichen zu bahnbrechenden Innovationen führen kann. Seite 61

42 Ina Schacht Schleswig-Holstein

MEHR EXPERIMENTE WAGEN 67 Junger Wirtschaftsrat wählt DIE VILLA als Stammlokal

POLITIK 4.0 – PARTEIEN IM TECHNOLOGIEWETTBEWERB 68 Wie sich der Wahlkampf verändert hat

In Sachen Wahlkampf ist nichts mehr so, wie es einmal war. Seite 68

ZU GUTER LETZT VERANSTALTUNGSVORSCHAU 55 Landesverband Hamburg 74 Landesverband Schleswig-Holstein 74 Impressum 7


TITEL Gesundheitswirtschaft

Kreislauf positiver Wechsel in Schwung Foto: BMG / Jochen Zick (action press)

Den

Ein Gastbeitrag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zum Thema Gesundheitswirtschaft für das Magazin „WIR IM NORDEN“

Die Gesundheitswirtschaft ist inzwischen einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland, ein echter Wachstums- und ein Jobmotor. Wurde das Gesundheitswesen in der Vergangenheit noch als „Klotz am Bein“ der ökonomischen Entwicklung wahrgenommen, hat in den letzten Jahren ein deutlicher Bewusstseinswandel stattgefunden: Es ist klar geworden, dass wir es mit einem Kreislauf positiver Wechselwirkungen zu tun haben.

Z um einen ist die Gesundheitswirtschaft ein wichtiges Standbein der Volkswirtschaft. Nach Umsatz ist sie mittlerweile die zweitgrößte Branche in Deutschland. Innovationen „Made in Germany“ treiben diesen Wachstumsmarkt national wie international an. Die Gesundheits8

wirtschaft wächst schneller als der Rest der Wirtschaft und hat sich während konjunkturell schwieriger Phasen als krisenfest erwiesen. Zum anderen werden Ausgaben für die medizinische Versorgung zunehmend auch als Investitionen in die Gesundheit

der Bevölkerung wahrgenommen. Eine gute Gesundheitsversorgung ist in erster Linie im Interesse jedes einzelnen Menschen. Sie trägt gleichzeitig aber auch dazu bei, dass die Menschen bei guter Gesundheit länger unbeschwert leben – und damit arbeiten – können und Arbeits- und Fachkräfte für die Unternehmen zur Verfügung stehen. In Zeiten des demografischen Wandels wird dies immer wichtiger. Kurz: Eine gute Gesundheitsversorgung steigert auch die Wirtschaftskraft unseres Landes. Und schließlich ist ohne die Dienstleistungen und Produkte der Gesundheitswirtschaft und nicht zuletzt ohne ihre zukunftsweisenden Ideen wiederum eine gute Gesundheitsversorgung, die mit den aktuellen Herausforderungen Schritt hält, undenkbar. Hier schließt sich der Kreis. Dass wir heute in Deutschland auf eine stark entwickelte Gesundheitswirtschaft blicken, verdanken wir nicht nur guten Entscheidungen der Unternehmen, sondern auch den guten Standortbedingungen, die sie bei uns vorfinden: Wir haben hervorragend ausgebildete Fachkräfte, hochqualifizierte Wissenschaftler und gute Forschungsbedingungen. Der Gesundheitsmarkt in Deutschland fußt auf dem umfassenden Leistungsanspruch und der Absicherung der gesamten Bevölkerung in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. Über 70 Prozent aller Gesundheitsausgaben werden verlässlich durch die GKV und PKV getragen. Medizinischer Fortschritt findet in Deutschland schnell Eingang in die Versorgung der gesetzlichen und privaten

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TITEL Gesundheitswirtschaft

wirkung halten Krankenversicherung und steht damit den Versicherten, die ihn benötigen, zur Verfügung. Damit einher geht allerdings auch die klare Vorgabe an die Gesundheitswirtschaft: Fortschritt ja, aber zum Wohle der Menschen. Innovationen werden nur dann zum medizinischen Fortschritt, wenn sie die Versorgung der Patienten spürbar verbessern, also einen Nutzen haben. Der Gesundheitsmarkt ist ein besonderer Markt. Denn hier geht es um die Gesundheitssicherung der Menschen. Deshalb müssen wir hohe Anforderungen an Qualität und Sicherheit stellen. Außerdem müssen wir das Gleichgewicht halten zwischen innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen und der nachhaltigen Finanzierbarkeit der Gesundheitsversorgung. Ein so innovationsgetriebener und exportstarker Sektor wie die Gesundheitswirtschaft reagiert empfindlich auf wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Gerade deshalb haben wir uns für stabile Arbeitgeber-Beiträge zur Krankenversicherung eingesetzt. Wir haben ganz bewusst dafür gesorgt, dass die Finanzierung des Gesundheitswesens im Einklang mit der Förderung der Wirtschaftskraft in Deutschland stehen kann. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft können noch so gut sein, es muss Menschen geben, die diesen Rahmen auch ausfüllen. Nur mit ihrem Wissen, ihrem Forschergeist, wird „Made in Germany“ eine Zukunft haben. Um Nachwuchs zu gewinnen und Fachkräfte gleichzeitig in ihrem Beruf zu halten, brauchen wir attraktive Ausbildungsbe-

dingungen und eine gute Arbeitssituation für alle Beschäftigten. Der Anteil älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Die Betriebe stehen hier vor einer großen Herausforderung: Die Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe müssen so gestaltet werden, dass Menschen im Verlauf ihres gesamten Arbeitslebens zufrieden und gesund bleiben. Nur so werden sie auch gute Leistungen erbringen können. In vielen großen Betrieben hat man die Gesundheit der Beschäftigten bereits als Wettbewerbsvorteil erkannt und ist auf einem guten Weg. Nachholbedarf gibt es jedoch bei den kleinen und mittleren Betrieben. Mit dem Präventionsgesetz haben wir dafür gesorgt, dass sich die Angebote der Gesundheitsförderung der Krankenkassen künftig verstärkt auch an diese Betriebe richten. Dazu haben wir die Leistungen der Krankenkassen zur betrieblichen Gesundheitsförderung mehr als verdoppelt. Zudem sollen Koordinierungsstellen der Krankenkassen in Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmensorganisationen wie Industrie- und Handels- oder Handwerkskammern den Zugang zu Präventionsleistungen der Krankenkassen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen erleichtern. Für mich ist klar: Der Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Versorgung muss für alle Menschen bestehen – unabhängig von Wohnort, Alter und Geldbeutel. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch künftig eine gut erreichbare, flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten in allen Regionen Deutschlands auf hohem Niveau sichergestellt wird. Dabei geht es auch darum, dass zukunftsweisende Ideen und Produkte schnell den Weg in die Versorgung finden. Wir wollen die Suche nach den besten Ideen im ganzen Land noch stärker entfachen. Deshalb haben wir einen Innovationsfonds auf den Weg gebracht. Ziel ist es, die Versorgungsprozesse und -strukturen im Gesundheitswesen weiter zu verbessern. Und auch die Versorgungsforschung, die dafür neue Erkenntnisse ans Licht bringt, wird gefördert werden. Seit 2016 stehen 300 Millionen Euro pro Jahr dafür bereit. Die praktische Umsetzung ist bereits in vollem Gange.

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Die Gesundheitswirtschaft ist auch eine Hightech-Branche und spielt deshalb eine wichtige Rolle für den technischen Fortschritt. Es ist bemerkenswert, dass deutsche Medizintechnik-Unternehmen rund ein Drittel ihres Umsatzes mit Produkten erwirtschaften, die weniger als drei Jahre alt sind. Aber diese Entwicklung ist kein Selbstläufer. Wir brauchen einen besseren und engeren Austausch zwischen Industrie, Existenzgründern, der Wissenschaft und den Krankenkassen. Nur so findet Fortschritt schnell Eingang in die Versorgung der Versicherten. Ziel muss sein, solche Innovationen in der digitalen Gesundheitswirtschaft zu fördern, die einen echten Mehrwert für die Versicherten bringen und idealerweise zugleich Kostenentlastungen für das Gesamtsystem ermöglichen. Gerade hier liegen große Chancen der Digitalisierung. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir eine eHealthInitiative ins Leben gerufen, an der Verbände der Unternehmen, Vertreter der Forschung und die Spitzenorganisationen der Ärzte und Krankenkassen beteiligt sind. Wir wollen diejenigen, die gute Ideen und Ansätze für neue Arzneimittel und Medizinprodukte haben, besser unterstützen. Dazu haben wir erst kürzlich den Startschuss für ein Innovationsbüro gegeben, das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelt ist. Es ist eine erste Anlaufstelle für Startups, Forscher und Entwickler, die Beratung zu den formalen Anforderungen des Gesundheitsmarktes brauchen. Damit tragen wir dazu bei, dass zukunftsweisende Entwicklungen wie medizinische Apps oder neuartige Arzneimittel mit einem echten Nutzen für die Patientinnen und Patienten in Deutschland noch schneller zur Verfügung stehen. Die Beispiele zeigen: Mit unserer Gesetzgebung setzen wir überall dort an, wo wir den eingangs erwähnten Kreislauf positiver Wechselwirkungen besonders in Schwung halten wollen. Durch zukunftsfeste und gesundheitsförderliche Arbeitsplätze, durch gesunden Lebensstil, durch die Sicherung der Fachkräfte für unser Gesundheitswesen und durch ein Gesundheitswesen, das eine gut erreichbare, qualitativ hochwertige und gut vernetzte Versorgung bietet. Dafür sorgen wir in der Gesundheitspolitik mit den richtigen ■ Rahmenbedingungen. 9


TITEL Gesundheitswirtschaft

Medizintechnik

ist einer der Hauptmärkte für den

Foto: Johannes Arlt

3D-Druck

Durch das schichtweise Auftragen von Kunststoff entsteht im 3D-Drucker zum Beispiel ein Modell eines Aneurysmas. Um möglichst viele Verfahren und Materialien testen zu können, werden zur Entwicklung des Gefäßmodells nicht nur die beiden institutseigenen, sondern weitere 3D-Drucker außerhalb des Campus genutzt.

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TITEL Gesundheitswirtschaft

Noch ist der Einsatz Pionierarbeit einzelner Unternehmer, mehr – aber noch nicht genug – passiert in der Forschung Text: Katharina Weingärtner

Z ahnbrücken, Kniegelenke, menschliches Gewebe und Organe. Die 3DDruck-Technologie ist auch in der Medizintechnik, einem ihrer künftigen Hauptmärkte, angekommen – als Thema. In der unternehmerischen Praxis und im Klinikbetrieb ist der 3D-Drucker bislang aber noch eher eine Seltenheit. Seitens der Politik und Verbände wird in Hamburg und Schleswig-Holstein nach Kräften für mehr Hard- und Software geworben. Auf die Betriebe jedoch ist der Funke noch nicht übergesprungen, zeigen sich Industrie und Handwerk zögerlich. Umso mehr passiert in der Forschung und Entwicklung, doch auch dort noch nicht genug. „Wir im Norden“ stellt einige der Pioniere der neuen Technologie vor. Ein Labor an der TU Hamburg: Ingenieure entwickeln gemeinsam mit Ärzten des Universitätsklinikums Eppendorf am Rechner Modelle für Blutgefäße auf Basis individueller Daten von Patienten. Hintergrund: Aneurysmen, Aussackungen von Hirngefäßen, können zu lebensgefährlichen Hirnblutungen führen. Ihre operative Behandlung ist höchst anspruchsvoll. Deshalb üben Ärzte vorher an Modellen. Denn der Erfolg einer OP steht und fällt mit der Genauigkeit. Und da scheinen die auf Basis von Computertomografie-Daten erstellten Unikate aus dem Drucker unschlagbar zu sein. Sie bilden selbst feinste Verästelungen und kleinste Hohlräume ab. Ingenieure des Instituts für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik sowie Ärzte der Klinik und Poliklinik für Neuroradiologische Diagnostik und Intervention haben erfolgreich fünf Jahre lang zusammengearbeitet und treten nun in eine neue Phase. Das Bundesforschungsministerium finanziert die Forschung des interdisziplinären Teams für weitere drei Jahre. Das Gefäßmodell wird nunmehr mit einem Sensor ausgestattet werden, um den Druck messen zu können, den das Be-

Was ist 3D-Drucken? Im Prinzip funktioniert das 3DDrucken ähnlich wie das Drucken mit einem herkömmlichen Tintenstrahldrucker. Dabei trägt eine Düse Schicht für Schicht das Material auf, das dann aushärtet und einen festen Körper bildet. Das Drucken steuert ein Computerprogramm nach vorgegebenen Daten. Am häufigsten werden dabei Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle verwendet – in flüssiger beziehungsweise geschmolzener oder pulverförmiger Form. Die Verfahren sind dabei unterschiedlich: Abhängig vom Ausgangsmaterial werden das so genannte additive Verfahren, das so genannte selektive Lasersintern/SLSDruck, FDM-Verfahren oder die Stereolythographie eingesetzt.

handlungsinstrument und mit ihm die Kraft der ärztlichen Hand auf die äußerst verletzlich dünne Gefäßaußenwand ausüben. Die Weiterentwicklung des Modells kann die Vorbereitung von AneurysmaOperationen und in Folge diese selbst deutlich verbessern. Doch mit dem Projekt wird noch ein anderes Ziel verfolgt: Wenn man mit den Gefäßmodellen aus dem 3D-Drucker auch den Druck messen kann, ließen sich möglicherweise in Zukunft die bis dato üblichen Übungen an Gefäßen von Kaninchen, das heißt also Tierversuche, vermeiden. Ein Labor für Biomechanik auf dem Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein: Bereits Praxis im OP-Alltag bei Knie- und Hüftverletzungen sind lasergesinterte Bohrschablonen aus einem 3D-Drucker. Dieser steht allerdings nicht in Schleswig-Holstein, sondern in den USA. „Wir schicken unsere Daten dorthin und bekommen 14 Tage später das Unikat zurück“, sagt Dr. Robert Wendtland, ingenieurwissenschaftlicher Laborleiter in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Seit geraumer Zeit arbeiten die Forscher am Campus Lübeck mit einer Firma in Buxtehude zusammen, die für Bohrschablonen ein anderes 3DDruckverfahren anwendet, mit der bereits eine hohe Genauigkeit erreicht wurde und die deshalb bald bei Operationen eingesetzt werden könnte.

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Berufsunfallkrankenhaus Boberg: Der 3D-Drucker für Kunststoffe im Labor für Biomechanik druckt Gehäuse für biomechanische Konstruktionen, die Patienten eingesetzt werden. Auch Kunststoffknochen werden mit der zukunftsweisenden Technik auf Basis individueller Patientendaten hergestellt – noch als Modell zur Vorbereitung von Operationen. „Man bekommt auf die Schnelle mehr Informationen für eine OP, wenn man einen Knochen in der Hand halten kann mit genau den Maßen des Patienten“, sagt Oberarzt Dr. Klaus Seide vom Unfallkrankenhaus Boberg. Ein Unternehmen in Hamburg: Seit mehr als 100 Jahren stellt die Flussfisch GmbH

Wie alles begann Der erste 3D-Drucker wurde bereits Mitte der 80er-Jahre in den USA unter dem Namen „additive manufacturing“ zum Patent angemeldet, dort ist heute der Sitz der meisten Hersteller für 3D-Drucker – für Kunststoffe. In der Herstellung der Metall einsetzenden 3D-Drucker hingegen steht Deutschland, Marktführer im Maschinenbau, an der Spitze (München, Lichtenfels, Lübeck). Ursprünglich wurde 3D-Drucken unter dem Begriff „Rapid Prototyping“ für die Industrie entwickelt zur Herstellung von Prototypen, Mustern oder Modellen. Seit der Jahrtausendwende beginnt sich der bis dato auf wenige Gebiete der industriellen Fertigung beschränkte Markt, vor allem des Automobilbaus sowie der Luftund Raumfahrt, zu entwickeln. Noch sind es vorwiegend Prototypen und Modelle, die aus dem 3D-Drucker kommen. Doch alle Experten sind sich einig, dass die neue Technologie schon bald in der industriellen Massenproduktion zum Einsatz kommen wird.

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TITEL Gesundheitswirtschaft

Ein Revolutionär Der 3D-Druck gilt laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2013 als eine von „zwölf Technologien der Zukunft“. „Das sind Technologien, die bestehende Branchen umwerfen und neue gebären werden“, schreibt Christoph Keese in seinem Buch „Silicon Germany“. An erster Stelle der so genannten disruptiven Technologien steht das Mobile Internet, gefolgt von Künstlicher Intelligenz, dem Internet der Dinge über Robotertechnik und selbstfahrende Autos bis zu 3D-Druck und modernen Materialien. Der 3D-Druck bringt neuartige Produkte auf den Markt – ohne Werkzeuge, ohne Abfall, mit geringen Energie- und Entwicklungskosten, in kürzerer Zeit. Dies könnte dazu führen, dass sich die regionale Produktion wieder rechnet. Adidas zum Beispiel stellt die Sohle seines Laufschuhs bereits im 3D-Druck-Verfahren her und hat in diesem Zuge die nach Asien verlagerte Produktion in die fränkische Heimat zurückgeholt. Denkbar ist eine solche Entwicklung auch im Bereich der Medizintechnik zum Beispiel in der Zahntechnik.

Materialien und Systeme für moderne Zahntechnik bereit. Seit 2008 werden dort Zähne gedruckt. Zahnärzte und Labore aus ganz Deutschland schicken via Internet Daten ihrer Patienten zur Herstellung von 3D-Modellen der Zähne von Patienten. Zwölf Stunden später sind die jeweiligen Produkte, passgenaue Kronen und Brücken, aus Kobalt-Chrom-Pulver abholbereit. Das Geschäft lohnt sich für Flussfisch trotz der hohen Anschaffungskosten für die beiden 3D-Drucker. Tendenz steigend. In der Zahnmedizin wird auf diesem Gebiet ein rasantes Wachstum erwartet. „Derzeit findet die Technik primär in der Diagnostik Anwendung“, teilt die Zahnärztekammer Hamburg mit. Möglich aber sei viel mehr: „3D-Techniken können in der Zahnarztpraxis und im zahntechnischen Praxis-Labor vielfältig zum Einsatz kommen. Von der Diagnostik über die 12

Planung bis zur Herstellung des kompletten Zahnersatzes ist der Einsatz von 3D-Technik denkbar.“ „Die Technik öffnet eine neue Tür. Durchgehen muss man selbst.“ Mit diesem Satz (FAZ, 16.11.2016) des AerotecForschungsleiters Marc Schimmler hat der Ingenieur aus Varel die Situation, in der sich die neue Technik heute befindet, treffend beschrieben. „Die Politik hat das Thema auf der Uhr“, sagt Professor Claus Emmelman, anerkannter Experte auf diesem Sektor. Der Maschinenbauingenieur hat das Laser Zentrum Nord (LZN) aus der Taufe gehoben und dank entsprechenden Rückenwindes nimmt dieses Spin-Off aus dem Institut für Laser- und Anlagentechnik der TU Hamburg immer mehr Fahrt auf. Inzwischen werden in einer Kooperation zwischen dem Flugzeughersteller Airbus und dem LZN Titanbauteile von 3D-Druckern produziert. „Die Möglichkeiten des 3D-Laserdrucks werden aber in der Breite der Unternehmen noch nicht genutzt“, heißt es in einer Umfrage unter mehr als 280 Betrieben. Demnach hat sich mehr als die Hälfte der Befragten mit dem 3D-Druck bislang nur theoretisch beschäftigt, nur eine Minderheit nutzt diese auch, und wenn, dann für Prototypen. „Der 3DDruck muss wie jedes neue technologische Verfahren die Hürde der Wirtschaftlichkeit nehmen“, sagt Rainer Treptow, Geschäftsführer der Eppendorf Instrumente GmbH in einer entsprechenden Studie der Handelskammer. Deshalb sei man von einer Massenproduktion zum Beispiel von Laborpipetten noch weit ent-

fernt. Größtes Hindernis sind laut Umfrage hohe Anschaffungskosten von bis zu 500.000 Euro und mehr für einen 3DDrucker. Es muss sich für jeden rechnen. Darum wünscht sich die Handelskammer Hamburg deutlich mehr Geld für die Forschung vom Staat. Laut Carsten Ovens, in der Hamburger CDU-Fraktion zuständig für die Bereiche Wissenschaft und Digitale Wirtschaft, steht der 3DDruck als zu fördernde Technologie bislang ohne verbindliche Ansagen nur auf dem Papier. „Bis 2020 sind keine konkreten Projekte seitens des Senats geplant“, kritisiert er und fordert, „mehr technische Infrastruktur in der Forschung und den Kompetenzausbau im Mittelstand“. Auch die Studie der Handelskammer stellt einen Mangel im „Know-how in 3D-DruckMaterialien, -Technik und -Konstruktion“ fest. Die Lücke könne mit einem Art Technikum geschlossen werden, einem Ort, in dem der 3D-Druck als neue Technologie erlebbar gemacht, experimentiert, Wissen erworben und ausgetauscht werden kann. Nach dem Vorbild des LZN könnten Interessierte – vom Auszubildenden bis zum Unternehmenschef – Kompetenzen im 3D-Druck erwerben. „Wir müssen die Unternehmen viel stärker darüber informieren, was mit dieser Technologie in der Medizintechnik möglich ist“, sagt Ralf Siebert von der Copynet Innovationsgesellschaft mit Sitz in Hamburg. Schließlich gilt die Medizin als eine der wichtigsten Anwendungsgebiete des 3D-Druckens. „Der 3D-Druck hat ein erhebliches Potenzial auch in der Medizintechnik“, sagt Ovens. „Das ist ein Riesenfeld“, meint auch Emmelmann. Zwar ist seine Domäne das laserbasierte 3D-Druck-Verfahren, doch der Pionier ist längst bundesweit ein gefragter Experte in anderen Sparten des 3D-Drucks, darunter auch von Unter■ nehmen der Medizintechnik.

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TITEL Gesundheitswirtschaft

Fachkräftemangel im Gesundheitswesen Das deutsche Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen. Bereits seit längerem fällt es der Branche deutlich schwerer, Vakanzen mit adäquatem Personal zu besetzen. Ein bis drei Monate kann es dauern, bis ein passender Kandidat gefunden wird. Christian Baumann Geschäftsführer pluss Personalmanagement GmbH Mitglied im Bundesvorstand des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. iGZ Landesbeauftragter Hamburg

B

ereits in absehbarer Zeit könnten nicht mehr genug Fachkräfte zur Deckung des Personalbedarfs zur Verfügung stehen. Selbst durch längere Arbeitszeiten ließe sich diese Herausforderung nicht lösen. Eine Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat ergeben, dass im Jahr 2035 in Pflege- und Gesundheitsberufen voraussichtlich rund 270.000 Fachkräfte fehlen. Als Gründe hierfür werden die schwache Lohnentwicklung in diesem Berufsfeld und die steigende Nachfrage nach Pflege- und Gesundheitsleistungen infolge der demografischen Entwicklung angeführt. Prognostiziert wird aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen ein um vier Prozentpunkte sinkender Anteil derer, die im erlernten Pflege- und Gesundheitsberuf verbleiben und eine entsprechende Abwanderung in andere Tätigkeitsfelder. Dagegen steigt die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen durch eine zunehmend älter werdende Gesellschaft, die über Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität) klagt, verschärft durch die 2030 in

Rente gehenden Jahrgänge der Babyboomer und eine rückläufige Anzahl von Berufsanfängern. Wissenschaftlicher Wissenszuwachs und Weiterentwicklungen in der Medizinund IT-Technologie bringen zwar auch Entlastung, bedingen auf der anderen Seite aber höher qualifiziertes, interdisziplinär agierendes Personal, das sich nicht von heute auf morgen generieren lässt. Aktuell werden insbesondere examinierte Fachkräfte und Spezialisten in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie Geburtshilfe gesucht (19.441 offene Stellen) sowie examinierte Fachkräfte und Spezialisten der Altenpflege (13.351 offene Stellen). Zusammen mit der Berufsgruppe der Humanmediziner (4.858 offene Stellen) und Fachkräften/Meistern der Orthopädie-, Rehatechnik und Hörgeräteakustik (3.845 offene Stellen) sind über 40.000 Stellen zu besetzen. Deutlich wird: Nicht nur die Krankenund Altenpflege, mit einem Anteil von rund 55 Prozent im Berufsfeld, ist gefordert, aktiv zu werden. Mit Maßnahmen, die geeignet sind, die Attraktivität der Branche zu stärken, Personal zu halten und Nachwuchs auszubilden. Eine wichtige Rolle dabei spielen Vergütung, bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen, mehr Anerkennung und eine bessere Work-Life-Balance. „Wir sind überzeugt, dass die Arbeitswelt erfüllend sein kann und schaffen daher echte Partnerschaften zwischen Menschen und Unternehmen“, so gibt Christian Baumann, Geschäftsführer der

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pluss Personalmanagement GmbH, in Kurzform die Philosophie des Personaldienstleisters wieder, der sich mit seinem Geschäftsbereich Care People auf die Gewinnung und den Einsatz von Fachkräften für Medizin und Pflege spezialisiert hat. Seit 1984 und an über 30 Standorten in Deutschland fokussieren sich die Personalexperten auf die Überlassung und Vermittlung von Mitarbeitern. Gleichermaßen orientiert an den Wünschen und Anforderungen von Kunden und Kandidaten. „Die Zeichen der Zeit und die Begehrlichkeit der Qualifikation haben wir rechtzeitig erkannt und Maßnahmen umgesetzt, mittels derer wir Pflegefachkräften attraktive Beschäftigungsformen, Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten bieten können und auf der anderen Seite Einrichtungen und Institutionen als zuverlässiger Partner effizient zur Seite stehen – auch weiterhin“, so Baumann. Festhalten lässt sich, dass insbesondere die Möglichkeiten, unterschiedliche Betriebe kennenzulernen, Arbeitszeiten den persönlichen Lebensumständen anzupassen sowie Freizeit planbar zu machen und leistungsgerechte Konditionen zu erhalten, wichtige Faktoren für Kandida■ ten und Mitarbeiter sind.“

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TITEL Gesundheitswirtschaft

Die PKV:

Starke Säule

für das Gesundheitswesen und

Wirtschafts

Deutschland hat eines der besten Gesundheitssysteme weltweit. Es bietet ein flächendeckendes Netz von niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken. Die Wartezeiten sind kurz, die Zuzahlungen gering und die Teilhabe am medizinischen Fortschritt ist gesichert.

G aranten dieser Leistungsstärke sind die rund 5 Millionen Beschäftigten, die sich dafür kompetent und mitfühlend einsetzen. Ihnen sagt die Private Krankenversicherung mit der aktuellen Informationskampagne „Für unsere Gesundheit“ Dankeschön. Unverzichtbar für die Qualität der Versorgung ist aber auch das Zusammenwirken von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung (PKV). Unser zweigegliedertes Versicherungssystem führt nämlich eben nicht zu Zwei-KlassenMedizin, sondern ist im Gegenteil die beste Prävention gegen eine Behandlung in Abhängigkeit vom privaten Geldbeutel: Alle Versicherten in Deutschland – gesetzlich wie privat – haben grundsätzlich Zugang zu denselben hochklassigen Versorgungseinrichtungen. Dagegen gibt es in Ländern mit einheitlichem Sicherungssystem gravierende Ungleichheiten. In der Praxis ist die Versorgung dort meist von erheblichen Rationierungen sowie separaten Strukturen für Arm und Reich geprägt: Wer es sich leisten kann, organisiert seine Behandlung am dürftigen Einheitssystem vorbei. Das deutsche, zweigegliederte System wirkt einer solchen Entwicklung entgegen. Als Wettbewerber zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist die PKV dabei ein wichtiger Innovationsmotor – und ein 14

Vergleichsmaßstab, der es der Politik schwerer macht, Leistungen in der GKV zu kürzen. Und noch aus einem weiteren Grund ist der hohe Standard für alle ein Verdienst eines lebendigen Systemwettbewerbs: Privatversicherte zahlen für viele medizinische Leistungen höhere Honorare. Dadurch fließen im Jahr mehr als 12 Milliarden Euro zusätzlich ins Gesundheitssystem. Diese Einnahmen ermöglichen es Ärzten und Krankenhäusern, in moderne Geräte und Behandlungsmethoden zu investieren. Die kommen wiederum allen zugute: privat und gesetzlich Versicherten. Hier wird übrigens neben der gesundheitspolitischen auch die ökonomische Relevanz der PKV deutlich: Denn neben ihrer Bedeutung für die Gesundheitsversorgung der Menschen stellen die Dualität und darin insbesondere die PKV einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. So ist das Gesundheitssystem einer der größten Wirtschaftssektoren Deutschlands. Der Anteil der Gesundheitswirtschaft an der Gesamtwirtschaft beträgt 12 Prozent. Die Private Krankenversicherung ist in diesem System eine unverzichtbare Größe. So arbeiten allein rund 68.000 Menschen im unmittelbaren Umfeld der PKV – das entspricht der Bevölkerung einer mittelgroßen Stadt. Von diesen Arbeitsplätzen gingen einer Studie der gewerk-

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bedeutender Foto: PKV

faktor

Dr. Volker Leienbach PKV-Verbandsdirektor

schaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge in einer „Bürgerversicherung“, die die PKV abschaffen will, – je nach Einstiegsszenario – zwischen 22.700 und 51.000 verloren. Das entspräche dem 2,8fachen bis 6,4-fachen der bei Kaiser’s-Tengelmann bedrohten Belegschaft. Die Zahlen der Studie belegen die Bedeutung der PKV für den deutschen Arbeitsmarkt. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifor berücksichtigt darüber hinaus auch die indirekten Effekte in anderen Branchen durch die Wertschöpfung der PKV. Diese ergibt sich aus dem Gesamtwert der erstellten Waren und Dienstleistungen abzüglich der dafür notwendigen Vorleistungen. Demnach entstand im Jahr 2015 in Deutschland durch die Geschäftstätigkeit der PKV eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 8,6 Mrd. Euro. Gleichzeitig waren rund 115.900 Erwerbstätigenverhältnisse von den wirtschaftlichen Aktivitäten der PKV abhängig. Von Interesse sind in diesem Zusammenhang der sogenannte Bruttowertschöpfungs- als auch der Erwerbstätigenmultiplikator: Entlang der Wertschöpfungskette entstehen durch jeden zusätzlichen Euro an direkter Bruttowertschöpfung durch die PKV weitere 2,10 Euro in der Gesamtwirtschaft. Damit weist die PKV eine um 1,00 Euro höhere Ausstrahlwirkung als beispielsweise die Branche der Medizintechnik auf. Und: Durch ein direktes Erwerbstätigenverhältnis innerhalb der PKV entstehen 4,6 weitere Erwerbstätigenverhältnisse in anderen

Bereichen der Volkswirtschaft. Die PKV weist somit eine höhere Ausstrahlwirkung auf den Arbeitsmarkt auf als z.B. die Automobilindustrie. Der ökonomische Fußabdruck der PKV, die Wertschöpfungsstärke und damit der Beitrag der PKV zum Wohlstand in Deutschland sind auf einen starken Dienstleistungs- und Inlandsbezug der Branche zurückzuführen. Während andere von der Öffentlichkeit typischerweise als stark betrachtete Branchen häufig industriell geprägt sind und ihre Vorleistungen auch aus dem Ausland beziehen, entfaltet sich die Wertschöpfungskette der PKV insbesondere im Inland und im personalintensiven Dienstleistungsbereich. Zudem hat die PKV auch einen mittelbaren Einfluss auf die Stabilität der Lohnzusatzkosten: Einer Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zufolge entlasten Privatversicherte die Arbeitgeber um jährlich 1,33 Milliarden Euro. Denn dadurch, dass die Arbeitgeberbeiträge für freiwillig gesetzlich versicherte Angestellte meist höher sind als für Privatversicherte, werden Lohnzusatzkosten vermieden. Infolgedessen können die Unternehmen mehr investieren oder Arbeitskräfte einstellen. Die durch die Private Krankenversicherung nicht entstandenen Lohnzusatzkosten entsprechen rechnerisch rund 40.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Und in diesem Zusammenhang ganz besonders wichtig: Der Wettbewerb von GKV und PKV verhindert eine Erhöhung

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oder Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze durch den Gesetzgeber, wie es die Verfechter einer „Bürgerversicherung“ planen. Das würde bei qualifizierten Beschäftigten ab einem Einkommen von aktuell 52.200 Euro zu einem Beitragssprung führen. Allein die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau in der Rentenversicherung (76.200 Euro) würde die Lohnzusatzkosten für gesetzlich Versicherte um bis zu 46 Prozent erhöhen. Schließlich ist die kapitalgedeckte PKV auch angesichts unserer alternden Bevölkerung unverzichtbar: Denn fast 9 Millionen Privatversicherte treffen mit ihren Beiträgen Vorsorge für die im Alter steigenden Gesundheitsausgaben und sichern so die Generationengerechtigkeit. Für sie müssen unsere Kinder und Enkel nicht aufkommen. Bis jetzt hat die PKV für ihre Versicherten rund 230 Milliarden Euro für höhere Gesundheitsausgaben im Alter aufgebaut. Jedes Jahr kommen mehrere Milliarden Euro hinzu – der jeweils aktuelle Stand kann übrigens im Internet unter www.zukunftsuhr.de aufgerufen werden. Damit tragen die Alterungsrückstellungen maßgeblich zum Investitionsvolumen und damit zum hohen Wohlstandsniveau in Deutschland bei. Unser Gesundheitssystem, um das wir in nahezu der ganzen Welt beneidet werden und das auch von großer Bedeutung für die Gesamtwirtschaft ist, ist viel zu kostbar, um es mit Radikaloperationen zu gefährden. Die Menschen in Deutschland erkennen die großen, grundsätzlichen Vorzüge unseres Gesundheitssystems, das dank seiner Vielfalt und Wahlfreiheiten allen Versicherten eine individuelle und gute Versorgung bietet. Regelmäßige Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Allensbach belegen die anhaltende Zustimmung auf höchstem Niveau. Die Vehemenz, mit der sich manche für einen radikalen Systemwechsel in der Gesundheitskostenfinanzierung einsetzen, verwundert also nicht zuletzt, weil solche Überlegungen völlig am Empfinden der ■ Bürger vorbei gehen.

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TITEL

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+ + + K E Y FA C T S + + + G E S U N D H E I T S W I RT S C H A F T H A M B U R G + + + K E Y FA C T S + + + G E S U N D H E I T S W I RT S C H A F T

Gesundheitswirtschaft

+ + + K E Y FA C T S + + + G E S U N D H E I T S W I RT S C H A F T H A M B U R G + + + K E Y FA C T Beschäftigte Marktvolumen Ärzte Apotheken Heilpraktiker Blutspendedienste Notdienste Erwerbstätige in der Gesundheitswirtschaft (Stand 2013) Seniorenheime Physiotherapeuten Akutversorgung Umsatz berufstätige Ärzte auf 100.000 Einwohner – höchste Arztdichte aller Bundesländer (2015) Fitnessbereich Rettungsfahrzeuge Einsätze Fachärzte Krankenschwestern Hubschrauber Krankenhäuser Bettenzahl Verweildauer Unternehmen, die der Handelskammer Hamburg angehören Tropeninstitut Altenhilfe Operationen Pflegedienste Hörgerätemarkt Assistenzärzte Labore Zahnärzte Wellnessbereich Geburtenrate Geburten in Hamburger Krankenhäusern Ausbildung Patientenzahl Arztdichte Hilfsorganisationen Hausärzte Orthopäden Apotheker/innen in Hamburg Arzthelferinnen Anästhesie Apotheken in Hamburg Krankenversicherung Medikamente Prophylaxe Schlaganfallbehandlungen (2015) Krankenkassen Geriatrie Rehabilitation Quellen: Pharmazeuten – http://www.gwhh.de/gesundheitswirtschaft-hamburg/zahlen-und-fakten.html Herzchirurgische Eingriffe – Versorgungsbericht der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (2015) Krankenpfleger – https://statistik.hessen.de/sites/statistik.hessen.de/files/pmweb/pm1354_ Gesundheitsausgaben_2008_2014.pdf Akupunktur Landesverband Hamburg | 1/2017 | WIR IM NORDEN Gesundheit Diagnostik

162.000

706

rd. 6.100

22.195 1.895 414 11.490 5.563


TITEL Gesundheitswirtschaft

T S + + + G E S U N D H E I T S W I RT S C H A F T H A M B U R G + + + K E Y FA C T S + + + G E S U N D H E I T S W

8,2

Milliarden Euro Bruttowertschöpfung (Stand 2013)

Durchschnittlich 21,8 Prozent der Patienten, die von den Hamburger Vertragsärzten und -psychotherapeuten versorgt werden, kommen aus anderen KV-Regionen, davon fast 60 Prozent aus dem Nachbarland Schleswig-Holstein. (Nach Berechnungen des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland.)

3.882 89

Euro Gesundheitsausgaben pro Kopf (niedrigster Wert aller Bundesländer)

Prozent gesetzlich versichert

9

Prozent privat versichert

2 39.753 Prozent nicht versichert

Mitarbeiter in Hamburger Krankenhäusern

56 rd.12.000 3.000 1,7 Betten

Kliniken in Hamburg mit:

Ausbildungsplätzen

Milliarden Euro Jahresumsatz

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In Hamburg wurde mit fast 3.700 Euro je Einwohner die höchste Wertschöpfung je Einwohner aller Bundesländer generiert. Die Hamburger Gesundheitswirtschaft übertraf damit den Wert der bundesweiten Gesundheitswirtschaft um fast 1.000 Euro. Auch zeigt in diesem Zusammenhang der Vergleich mit den wirtschaftsstarken Flächenbundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen, dass in Hamburg die Branche Gesundheitswirtschaft trotz eines geringen Anteils an der Gesamtwirtschaft eine hohe wirtschaftliche Stellung einnimmt. (Studie im Auftrag der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH, Januar 2015) 17


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Wie sieht die Versorgungs Digitalisierung und Telemedizin als neue Wege der Arbeitsteilung ist im stationären Bereich des deutschen Gesundheitswesens derzeit noch ein Fremdwort. Viel eher lautet die Devise alle-machen-alles. Das ist weder kosteneffizient noch vorteilhaft für die Versorgungsqualität der Patienten.

Babette Brennecke Partner, Wirtschaftsprüfer, ist bei KPMG verantwortlich für den Bereich Gesundheitswirtschaft der Region Nord

Im Jahr 2016 zählte das Hamburger Amt für Gesundheit 60 Krankenhäuser auf Hamburger Stadtgebiet und Umland. Den weit überwiegenden Teil stellen dabei die 35 Plankrankenhäuser. Dabei standen rund 680 Betten je 100.000 Einwohner zur Verfügung. Mit dieser relativ hohen Zahl an Krankenhausbetten gehört Hamburg zu den Bundesländern mit den meisten Betten pro Einwohner. Doch kommt auch etwa jeder dritte Patient in den Kliniken der Stadt Hamburg aus den umliegenden Bundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Im nationalen Vergleich haben wir bundesweit eine gute Patientenversorgung. Vergleicht man die Hamburger Krankenhäuser mit technischen Hilfsmitteln wie dem Krankenhausnavigator, weisen die Hamburger Kliniken sogar eine bessere Versorgungsqualität als die Kliniken im Rest des Landes auf. Trotzdem braucht es in Zukunft neue Wege, um Versorgungsstrukturen effizienter und patientenfreundlicher zu gestalten, um aktuellen Trends, wie der Urbanisierung, dem Fachkräftemangel oder der Sicherstellung in strukturschwachen Regionen gerecht zu werden. 18

Digitalisierung wird die Versorgungslandschaft künftig verändern. Der Supercomputer Watson von IBM hat nicht nur bei technikaffinen Menschen Begeisterung ausgelöst. Mit eindrucksvollen Werbevideos weiß der Computer auch IT-Laien zu begeistern. In einem davon sagt Watson zu Serena Williams, er habe ihre wichtigsten Matches analysiert. Und er könne auf Basis dieser und vieler anderer Daten individuelle Trainingsprogramme entwickeln. Überträgt man das Prinzip auf andere Bereiche des täglichen Lebens, könnten künstliche Intelligenzen u.a. einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Strukturprobleme unseres Gesundheitswesens leisten. Wie, das lässt sich anhand eines Fallpatienten mit Knieproblemen veranschaulichen. Der Patient könnte mit seinem Problem bei einem Leistungserbringer seiner Wahl untersucht und durchleuchtet werden. Die Befunde würden anschließend in das Watsongestützte Diagnosezentrum gelangen. Der Computer vergleicht dann auf Basis riesiger Datensätze, ob eine Operation notwendig ist oder gezielte Krankengymnastik ausreichend ist. Im ersten Fall schickt das Krankenhaus den Patienten dann in eine orthopädische Spezialklinik, im zweiten geschieht die konservative Therapie vor Ort. Nicht jedes Krankenhaus muss Vollversorgung leisten. Dass es Arbeitsteilung bisher kaum gibt, liegt daran, dass unser Gesundheitssystem sie nicht honoriert. Trotzdem bin ich aus zwei Gründen optimistisch, dass uns das in naher Zukunft gelingen wird. Erstens dürfte dafür die angespannte Personalsituation sorgen. Zweitens macht die rasant

fortschreitende Entwicklung der Telemedizin sowie Digitalisierung die skizzierte Arbeitsteilung immer einfacher und kostengünstiger und liefert im Sinne des Patienten auch noch bessere Ergebnisse. Krankenhausplanung: Ausgewählte Ansätze zur bedarfsgerechten Versorgung In der Regel braucht es in den Großstädten weniger, dafür aber große und hochkompetente Kliniken, von denen jede auf bestimmte Themen spezialisiert ist. Für mittlere bzw. Kleinstädte sowie in ländlichen Regionen sind kleinere Kliniken und MVZ oft ausreichend, um die Versorgung sicherzustellen und dann bei Bedarf an spezialisierte Einrichtungen zu überweisen. Jedoch sollten neben Urbanisierung, Branchentrends und sich verändernde Rahmenbedingungen bei der Krankenhausplanung Berücksichtigung finden. KPMG ist derzeit unter Federführung von Prof. Dr. Volker Penter, Leiter Health Care bei KPMG, mit der Erstellung eines Gutachtens für die Krankenhausplanung eines Bundeslandes beauftragt. Ein wichtiges Instrument hierbei ist die KPMGDatenbank Krankenhaus 300®, mit der wichtige Benchmarking-Analysen im innerdeutschen Vergleich auf Basis von 60 Millionen Struktur-, Finanz- und Qualitätsdaten der deutschen Krankenhäuser aus öffentlich zugänglichen Quellen erstellt werden können.

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landschaft der Zukunft aus? Grafik Quelle: KPMG

Krankenhausplanung

Bereits jetzt zeigt sich: Die Krankenhausplanung muss bestehende Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen integrieren und überwinden. Hierzu existieren verschiedene Ansätze. Die Weiterentwicklung von Versorgungsnetzwerken und Telemedizin sind dabei zwei zentrale Aspekte, die in Zukunft eine große Rolle spielen werden. Ausbau von Versorgungsnetzwerken: Vor allem in ländlichen Regionen wird zukünftig die Schaffung neuer Versorgungsformen notwendig sein, um eine umfangreiche und qualitativ hochwertige Versorgung gewährleisten zu können. Mit Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) kann beispielsweise die Grundversorgung auf dem Land sichergestellt werden. Bei Bedarf kann vom MVZ an spezialisierte beziehungsweise größere Häuser überwiesen werden. Dazu wird insbesondere eine bessere Verknüpfung zwischen dem ambulanten und stationären Bereich nötig sein, welche durch ein sektorenübergreifendes Versorgungsnetzwerk erreicht werden kann. Durch dieses wird dann die komplette Gesundheitsversorgung einer Region abgedeckt. Verstärkte Nutzung von Telemedizin: In Bezug auf aktuelle Probleme wie der Verbesserung der institutionsübergreifenden vorausschauenden Koordination und Planung von Behandlungen wird Tele-

medizin eine wichtige Rolle einnehmen. Sie ermöglicht sowohl eine Vernetzung von unterschiedlichen Leistungserbringern untereinander, als auch zwischen Arzt und Patienten auf den verschiedenen Ebenen der Gesundheitsversorgung. Die Feststellung der Versorgungssituation und des telemedizinischen Bedarfs stellt dabei eine zwingende Voraussetzung für die Etablierung erfolgsversprechender telemedizinsicher Projekte dar. Standards in Bezug auf telemedizinische Anwendungen tragen zur flächendeckenden Bedarfsermittlung bei. Ein Beispiel für gelungene Telemedizin ist eine im Jahr 2015 eröffnete MRTPraxis am Neuen Wall in Hamburg. Speziell ausgebildetes Personal führt die Untersuchungen in der Hamburger Praxis durch. Dabei wird die MRT-Untersuchung in Echtzeit an Spezialisten in Heidelberg übertragen. Patienten profitieren von der großen Expertise der Heidelberger Spezialisten, ohne lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen. Auf diese Weise wird die Versorgungsqualität wie auch die Effizienz der medizinischen Behandlung verbessert. Eine Verbreitung dieser Modelle ist zu begrüßen. Die Aufnahme von Telemedizinprojekten in die Krankenhausplanung würde hierfür ein positives Zeichen setzen. Dabei hat sich die flächendeckende Einführung und Etablierung zu einem hochkomplexen Thema im deutschen Ge-

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sundheitswesen entwickelt. Viele Faktoren wie rechtliche, technisch-organisatorische Rahmenbedingungen, Datenschutz, Interoperabilitätsaspekte und Vergütung spielen dabei eine Rolle. So ist eine bundesweite Vernetzung nur durch eine allgemeine Definition von technologischen Standards und der Klärung der Rechtslage zu erreichen. Damit die Telemedizin ein unterstützendes Instrumentarium der medizinischen Versorgung sein kann, muss die (Weiter-)Entwicklung künftiger und bestehender Konzepte gefördert werden. In Bezug auf die Ordnungsrahmen müssen Regulatoren konstatiert werden, die insbesondere für medizinische Leistungserbringer finanzielle Anreize für die Vorhaltung telemedizinischer Leistungen ermöglichen. Dann kann die Telemedizin dabei helfen, verschiedene Ziele auf der Makroebene des Gesundheitswesens zu erreichen: Kosteneinsparungen, die durch eine Steigerung der Effektivität erreicht werden sollen, Sicherung und Steigerung der Qualität der Gesundheitsversorgung, Transparenz der Leistungs- und Behandlungsabläufe sowie die Erschließung neuer Märkte durch telemedizinische Anwendungen und der damit einhergehenden Stärkung des Gesundheitswesens. Mit unserer Expertise im Bereich Gesundheitswirtschaft und als Partner bei der Krankenhausplanung sind KPMG die zentralen Herausforderungen in der Gesundheitswirtschaft und deren Planung bestens bekannt. Umso bewusster ist uns das Potenzial von Innovationen in der Gesundheitswirtschaft, das dabei helfen kann, auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung zu gewährleisten. www.kpmg.com/gesundheitswirtschaft 19


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„Gesundheitswesen zu langsam für die Digitalisierung“ Dr. Andreas Meusch Direktor, Wissenschaftliches Institut für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen WINEG, Techniker Krankenkasse

D

ie Gesundheitsakte ist Teil eines umfassenden Digitalisierungskonzepts, das den Patienten in den Mittelpunkt stellt. Es umfasst zehn Punkte: 1. Die Digitalisierung hat das Potenzial, die Effizienz und Transparenz im Gesundheitswesen zu steigern und die Versorgung der Versicherten zu verbessern. Um diese Potenziale zu heben, entwickelt die Techniker Krankenkasse innovative digitale Anwendungen, die neue Branchenstandards setzen. Unser Denken und Handeln messen wir dabei an unserem Grundverständnis – es ist unsere Richtschnur im Umgang mit derzeitigen und zukünftigen Veränderungen im Gesundheitswesen. 2. Wenn wir nicht wollen, dass US-amerikanische Konzerne Richtung, Bedingungen und Inhalt vorgeben, indem sie Fakten schaffen, müssen wir selbst die Initiative ergreifen. Dazu braucht es auch einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, 20

... so ließ sich der Gesundheitsforscher Jürgen Wasem in der Ärzte Zeitung zitieren. Ein Unternehmen aus dem Norden will hier Tempo machen und treibt die Digitalisierung voran: Die Techniker Krankenkasse (TK). Derzeit entwickelt sie zusammen mit IBM eine Gesundheitsakte auf der die Patienten ihre Gesundheitsdaten speichern können.

wie und unter welchen Maßgaben wir die digitalen Herausforderungen angehen, die Chancen nutzen und die Risiken minimieren wollen. 3. Datensicherheit hat höchste Priorität. Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Daten überhaupt. Sie geben Aufschluss über persönlichste Informationen zu einem Menschen. Daher kommt der Sicherheit und dem Schutz dieser Daten eine große Bedeutung zu, die im Zuge der Digitalisierung noch wachsen wird. Datensicherheit ist weit mehr als ein technisches Thema. Der notwendige Diskurs muss auch die gesellschaftlichen, politischen und juristischen Fragen umfassen, wie wir die Chancen der Digitalisierung nutzen können, ohne die Datensicherheit zu gefährden. 4. Alle Krankenkassen sollen verpflichtet werden, eine elektronische Gesundheitsakte anzubieten. Eine elektronische Gesundheitsakte (eGA), die medizinische Daten sicher und gebündelt bereithält, bietet große Vorteile für Versicherte und Patienten. Daher setzt sich die TK dafür ein, dass alle Krankenkassen in Deutsch-

land verpflichtet werden, ihren Versicherten eine solche eGA anzubieten. In ihr sollen klassische medizinische Daten enthalten sein wie zum Beispiel ambulante Diagnosen, Krankenhausbefunde, Röntgenbilder und verordnete Arzneimittel. Zusätzlich soll der Kunde die Möglichkeit haben, eigene Daten einzuspielen. Die elektronische Gesundheitsakte muss technisch bei allen Kassen gleich sein, und der Versicherte muss sie bei einem Wechsel der Krankenkasse mitnehmen können. Zusatzfunktionen können dem Wettbewerb unterliegen und sich zwischen den Kassen unterscheiden. 5. Der Versicherte allein ist Herr seiner Daten. Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine Solidargemeinschaft, die keinem Versicherten ein bestimmtes Verhalten vorschreibt und auch kein Verschuldensprinzip kennt. Daher muss es in der Entscheidungshoheit des Versicherten liegen, ob er die elektronische Gesundheitsakte nutzen möchte oder nicht. Er darf keine Nachteile erfahren, wenn er sich gegen die Nutzung entscheidet – weder in finanzieller Hinsicht noch was seinen Leistungsumfang oder seinen Ver-

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sicherungsschutz angeht. Darüber hinaus muss er die Nutzung auch jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen können. Der Versicherte und Patient allein muss bestimmen dürfen, wem er Einblick in die Daten seiner elektronischen Gesundheitsakte gewährt – und wem nicht. Er kann also auch seine Ärzte und seine Krankenkasse außen vor halten. Ebenso muss er die Möglichkeit haben, die Einblicke inhaltlich und zeitlich zu begrenzen sowie sie jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Er muss seine Entscheidung auch zu keinem Zeitpunkt begründen. 6. Eine Tarifierung auf Basis von Gesundheitsdaten ist mit einem solidarischen Gesundheitssystem unvereinbar. Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein Solidarsystem, und auch jede einzelne Krankenkasse ist eines. Aus guten Gründen richtet sich die Höhe des Beitrags, den ein Mitglied bezahlt, nicht nach seinem Alter, seinem Geschlecht oder seinem individuellen Gesundheitszustand, sondern ganz allein nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit. Die TK lehnt eine Tarifierung auf Basis von Gesundheitsdaten strikt ab. Die Höhe des Beitragssatzes an die Nutzung von Gesundheitsdaten zu knüpfen, wäre nicht nur ein Fremdkörper im Solidarsystem, sondern auch ein Kardinalfehler. Denn dadurch würde das Vertrauen der Versicherten in ihre Interessenvertreter – und das sind die Krankenkassen – nachhaltig untergraben. 7. Die elektronische Gesundheitsakte soll nach den Standards des deutschen Datenschutzrechts entwickelt und betrieben werden. Deutschland ist ein Vorreiter in Sachen Datenschutz. Die Gewissheit, dass sensible Daten hierzulande wirksam geschützt werden und Datenschutz sogar den Status eines Grundrechts hat, ist ein großer Standortfaktor. Den hier lebenden Menschen gibt es die Sicherheit, dass ihre persönlichen Daten durch einen wirksamen rechtlichen Rahmen nicht für Zwecke verwendet werden, die sie nicht kennen und mit denen sie im Zweifelsfall nicht einverstanden sind. Digitalisierungstrends kommen größtenteils aus den USA und hier hauptsächlich von kommerziellen Anbietern. Deren Unternehmenszweck ist oft die kommer-

zielle Nutzung von Daten. Schon heute übertragen viele Menschen in Deutschland – vielfach ohne dass sie sich dessen bewusst sind – sensibelste Daten an Konzerne und Start-ups. Hier müssen wir Alternativen bieten. Daher sollten die Entwicklung und der Betrieb einer elektronischen Gesundheitsakte nach den Standards des deutschen Datenschutzrechts geschehen. 8. Die kluge Nutzung von Daten verbessert die Versorgung und bringt die Gesundheitswirtschaft voran. Die nächste medizinische Revolution wird kein einzelnes Medikament sein. Sie wird in der klugen, sicheren und sinnstiftenden Zusammenführung und Nutzung von Daten bestehen. Insgesamt hat die intelligente Datennutzung großes Potenzial, die Qualität der Gesundheitsversorgung deutlich zu verbessern. 9. Auch die Forschung kann profitieren, wenn vorhandene Daten besser genutzt werden. Durch die Digitalisierung werden nicht nur weitaus mehr Daten generiert als es früher der Fall war. Die sinnvolle Nutzung ist im Interesse der Patienten. Dafür benötigen die Wissenschaftler keine personalisierten Daten, sie können die Informationen auch sinnvoll nutzen, ohne die Namen der Patienten zu kennen. Fachleute sprechen hier von pseudonymisierten oder anonymisierten Daten. Um diesen Schatz heben zu können, benötigen wir klare Regeln, unter welchen Voraussetzungen vorhandene Daten für die (Versorgungs-)Forschung genutzt werden dürfen. 10. Die Digitalisierung entlastet Ärzte und Pflegepersonal. Ärzte und Pflegepersonal klagen nicht zu Unrecht über großen Bürokratieaufwand. Auch hier kann die Digitalisierung unterstützen und entlasten. Durch die weitaus bessere Verfügbarkeit von Behandlungsdaten können sich Ärzte viel schneller einen Überblick verschaffen und die Therapie planen. Dokumentationen werden erleichtert und beschleunigt. Telemedizin, Telekonsile und Televisiten werden die bestehenden ■ Versorgungsangebote ergänzen.

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TITEL Gesundheitswirtschaft

Jeder Mensch braucht einen Boxenstopp Die Digitalisierung lässt Raum-Zeit-Grenzen verschwinden. Warum wir dennoch Grenzen brauchen, um gesund zu bleiben.

L

aut Arbeitszeitgesetz sollen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden haben. Soweit die Theorie. Zunehmend verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Feierabend: In einer Studie der Initiative Neue Qualität der Arbeit (inqa) beklagen 29 Prozent der Befragten in Führungspositionen, dass sich Arbeits- und Freizeit immer mehr überschneiden. Mitarbeiter arbeiten zunehmend auch außerhalb der regulären, vertraglich festgelegten Arbeitszeit in Form von Überstunden, Bereitschaftsdiensten, Rufbereitschaften oder „ständiger Erreichbarkeit“. Gerade bei Letztgenanntem handelt es sich um ein Phänomen, das erst durch die technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Kommunikation möglich geworden ist und oft über wirkliche betriebliche Erfordernisse hinausgeht. Ständige Erreichbarkeit in der Freizeit sorgt dafür, dass der Mensch keine ungestörten Erholungsphasen hat, sondern immer ein Stück weit gedanklich im Arbeitsmodus bleibt. Während der Arbeitszeit äußert sich Dauererreichbarkeit in permanenten Unterbrechungen durch neu eintreffende E-Mails und Telefonate, so dass der Arbeitnehmer sich nie zu 100 Prozent auf eine Aufgabe konzentrieren kann. Wer keine Zeit mehr hat, Kraft zu schöpfen, ist irgendwann kraftlos. „Die ständige Erreichbarkeit hat sich zunehmend in das Arbeitsleben eingeschlichen und betrifft immer mehr Be22

Seelische Gesundheit in Zeiten der Digitalisierung Text: Nadine Sieders

schäftigte“, bestätigt Gerlinde Wiemann, Psychologin der ias-Gruppe. „Kommt es über einen längeren Zeitraum zu einer unzureichenden mentalen Distanzierung von der Arbeit, so hat dies negative Auswirkungen auf die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Wer keine Zeit mehr hat, Kraft zu schöpfen, ist schlichtweg irgendwann kraftlos.“ Dass die Erholungsfähigkeit dieser Mitarbeiter leidet und die Schlafqualität abnimmt, zeigt auch die inqa-Studie. Und: Forschungsergebnisse aus Medizin und Neurowissenschaften bestätigen längst die Bedeutung von Pausen und Auszeiten für die geistige und körperliche Gesundheit. Volles Postfach bei Arbeitsantritt Wer dabei der Digitalisierung und den neuen Kommunikationsmedien allein die Schuld an Überlastung, Stress und fehlenden Erholungsphasen gibt, verkennt das eigentliche Problem. Dieses ist weder die Erreichbarkeit an sich, noch das Vorhandensein neuer Kommunikationsmöglichkeiten, sondern die in den Unternehmen oft fehlenden eindeutigen Vorgaben über den gesunden Umgang mit ihnen. Manchmal werden auch Regelungen angewendet, die nur die Symptome bekämpfen: Wenn Betriebe in den Abendstunden, nachts und am Wochenende die E-Mail-Kommunikation blockieren, führt das erfahrungsgemäß zu folgendem Szenario: Die E-Mails werden dennoch geschrieben, aber nicht zugestellt. Volles Postfach bei Arbeitsantritt garantiert. Den Mitarbeitern ist damit keinesfalls geholfen.

Ein Strudel, der sich immer schneller dreht „Oftmals sind es die Mitarbeiter selbst, die aus freien Stücken außerhalb der Arbeitszeit immer wieder die Firmen-Mails checken oder selbst E-Mails schreiben. Sie verlernen dadurch, ihre eigenen Grenzen und Bedürfnisse achtsam wahrzunehmen“, weiß Psychologin Wiemann. Unternehmen rät sie, auch individuelle Verhaltensmuster der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Mitarbeitern, die einfach nicht abschalten können, ob aus Angst, Ehrgeiz oder anderen Motiven, sollten entsprechende Coachings angeboten werden. Gerade hoch engagierte Fach- oder Führungskräfte sind davon häufig betroffen. Die Folge: Das Verhaltensmuster kann sich auf die Mitarbeiter übertragen und damit potenzieren. Ein Strudel der sich immer schneller dreht, bis hin zur kompletten Überlastung einzelner Mitarbeiter oder sogar ganzer Teams. „Wenn eine ständige Erreichbarkeit gefordert wird oder die Unternehmenskultur diese stillschweigend voraussetzt, können die Auswirkungen dieser Reizüberflutung auf die psychische Gesundheit schwerwiegend sein“, weiß die Psychologin. „Ein Phänomen ist die Zunahme der Erholungsunfähigkeit, die in eine depressive Entwicklung oder ein Burn-out münden kann. Aber allein schon die Abnahme der Konzentrationsfähigkeit birgt wirtschaftliche und persönliche Risiken. Der Mensch braucht etwa eine Viertelstunde, um sich in ein Thema hineinzudenken. In dieser Zeit checken Smart-

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Gesundheitswirtschaft Advertorial

Bewegung phone-Nutzer ca. zweimal ihr Telefon und unterbrechen damit ihren Gedankenfluss.“ Und selbst wer sich einmal strikt daran hält, nicht fortwährend (grundlos) auf das Handy zu schauen, wird immer wieder durch eingehende E-Mails oder Telefonate aus seinen Denkprozessen herausgerissen. Lernen, die eigenen Grenzen wahrzunehmen Doch wie können Unternehmen vermeiden, dass die Potenziale, die die neuen Kommunikationstechnologien bieten, wie Arbeit effizienter und zugleich vielschichtiger gestalten, einfach verpuffen und sich allein Negativfolgen zeigen? Psychologen, Ärzte und weitere Experten raten Arbeitgebern, ihren Beschäftigten entsprechende Themenworkshops anzubieten, in denen sie lernen, ihre eigenen Grenzen und Bedürfnisse achtsam wahrzunehmen, zu erkennen, wo sie selbst Raubbau mit ihren Kräften treiben oder sich einem Tempo unterwerfen, das weder ihrer Gesundheit noch ihrer Leistungsfähigkeit guttut. Jeder Mensch braucht einen Boxenstopp „Jeder Mensch braucht seinen persönlichen Boxenstopp, seinen Feierabend“, bestätigt auch Thomas Schneberger, Geschäftsführer der ias Unternehmensberatung. Er nimmt die Unternehmen in die Pflicht: „Die konkrete Ausgestaltung von gesunden und leistungsförderlichen Arbeitsbedingungen liegt in der Verantwortung der Unternehmensleitung. Sie muss die Balance finden zwischen den betrieblichen Anforderungen auf der einen und den Belangen der Beschäftigten auf der anderen Seite“, fordert Schneberger. In der Praxis zeigt sich: Vielen Unternehmen ist der tatsächliche Belastungsgrad innerhalb ihrer Belegschaft gar nicht bekannt und noch viel weniger dessen Ursachen. Ihre Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung und -förderung laufen daher ins Leere. Doch neben der Begeisterung für die neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die Raum-Zeit-Grenzen verschwinden lassen, führt die Digitalisierung bei Beschäftigten möglicherweise auch zu psychischen Belastungen, wie Versagensangst, dem Gefühl eines ständi-

gen „auf Abruf stehen Müssens“ bis hin zu generellen Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Für Klarheit kann hier u.a. eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen sorgen. Sie hilft dabei, Risiken zu identifizieren, die die seelische Gesundheit der Beschäftigten gefährden. Das digitale Morgen des Unternehmens gestalten Im Sommer 2016 hat die ias-Gruppe im Rahmen einer Studie zur Digitalisierung nachgefragt. Das Ergebnis: Jeder zweite Befragte rechnet durch die Digitalisierung mit einer Zunahme mentaler Belastungen. „Aufgabe des Arbeitgebers ist es“, so iasVorstand Dr. Alexandra Schröder-Wrusch „die Beweggründe, wie beispielsweise Über- oder Unterforderung, herauszufiltern und konzeptionell anzugehen. Die Veränderungen, die der digitale Wandel mit sich bringt, sollten aus interdisziplinärer Sicht der Bereiche Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheit, Arbeitspsychologie sowie aus Sicht des Leistungsfähigkeitsmanagements beleuchtet, unterstützt und gefördert werden.“ Unternehmen sollten sich bewusst machen, so Dr. Schröder-Wrusch, „dass Dreh- und Angelpunkt nicht die Technik ist, sondern der Mensch. Der Mitarbeiter, der sich mit technischen Neuerungen an seinem Arbeitsplatz konfrontiert sieht und damit umzugehen lernt, der auf seinem Weg auch einmal scheitert und die Kraft braucht, neu zu beginnen. Ihn zu unterstützen heißt, das digitale Morgen – auch des Unternehmens – zu gestalten.“ Positive Grundhaltung als Hebel „Sowohl Fachexperten als auch Unternehmensvertreter und Arbeitnehmer sehen den Veränderungen, die der digitale Wandel mit sich bringt, hier und da kritisch, doch in vielen Aspekten positiv entgegen“, ergänzt ias-Vorstand Dr. Peter Wrogemann. „Die positive Einstellung ist eine große Chance, die die Unternehmen als Hebel nutzen sollten. Zugleich müssen die vorhandenen Ängste und Sorgen der Beschäftigten ernst genommen und behandelt werden, um die Potenziale für den Unternehmenserfolg ausschöpfen zu ■ können.“

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bis ins hohe Alter

Die Meinung, dass Krafttraining für Personen im reiferen Alter nicht geeignet ist, stammt aus den Anfängen der Fitnesswelle in den 80ern. Zuallererst sollte man sich fragen, wie alt man eigentlich ist. Lässt man alle wissenschaftlichen Definitionen beiseite, könnte man sagen: Alt ist der, der sich alt fühlt. Und das trifft wohl auf die wenigsten Menschen zu. Das Geheimnis ist Prävention: Wer sich früh genug bewusst bewegt – ist auch im Alter noch fit. Viele Studien belegen das. Man sollte aber zunächst sein Ziel festlegen, dann kann man beginnen, ob mit 18, 40 oder 80 Jahren.

Eine Untersuchung der Universität Edinburgh hat ergeben, dass Golf ein echter Wellness-Sport ist und Golfer gegenüber Nichtgolfern durchschnittlich fünf Jahre länger leben. Die körperliche Betätigung wirkt Erkrankungen entgegen, darunter Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes oder auch Krebs. Hamburg hat viele Studios. Preis und Leistung der Marken sind höchst unterschiedlich. Hier ein Beispiel aus dem PremiumBereich mit einigen Vorteilen: PowerPlate macht nicht nur Golfer fit! Bei diesem Gerät handelt es sich um ein Trainingsgerät, mit dem der Körper durch multidimensionale Vibrationen gekräftigt und die Durchblutung erhöht wird. Das 30-minütige Training ist zeitsparend und präventiv. Im Bereich von Gesundheitsprävention und Rehabilitation erzielt man rasche Erfolge. Beim speziellen Golf Session Training werden die 32 Muskelgruppen, die am Golfschwung beteiligt sind, angesprochen. Dieses Training vermittelt Beweglichkeit und Kraft und weist bereits nach wenigen Trainingseinheiten eine verbesserte körperliche Konstitution nach. Unter dem Namen Good Vibrations www.fitin20minuten.de findet man drei Studios in Hamburg. In Sasel wird das Spezialprogramm Golf Session einmal wöchentlich angeboten. 23


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BGM 2.0 – Ausgangslage un Fast jeder fünfte Mitarbeiter in Deutschland Vor dem Hintergrund der 43 Prozent klagen Digitalisierung, des demographiDauerbelastungen im Job führen schen Wandels, veränderter Arbeitsformen, Wettbewerbsdruck, Rationalisierungsdruck sowie der Vereinbarung von Familie, Freizeit und Beruf bekommt das Thema Gesundheit und Arbeit insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen einen immer höheren Stellenwert.

Gerade sie treffen die Auswirkungen krankheitsbedingter Ausfälle mit voller Wucht, die auf Grund eines mangelnden Gesundheitsbewusstseins im Unternehmen selbst oder fehlender Angebote und Maßnahmen von Gesundheitstools, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen, entstehen. Wie wirkt sich das mitunter aus? Rückenschmerzen, Motivationsverlust, innere Kündigung, Mobbing oder Burnout – und viel schlimmer noch, wenn nicht gegengesteuert wird – auch der Vertrauensverlust in die eigene Unternehmensführung. Hinzu kommt, dass ca. 20 Prozent der Büroangestellten unter gebäudebezogenen Gesundheitsstörungen („Sick-BuildingSyndrom“) leiden, was zu einem Produktivitäts- und Arbeitsausfall führt, die Krankheitskosten in die Höhe treibt und unmittelbar Einfluss auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung hat. Mit einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 15,4 Tage je Arbeitnehmer (TK Gesundheitsreport 2016) ergeben sich im Jahr 2015 insgesamt 587,4 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage. Durchschnittlich kostet ein Krankheitstag ca. 400 Euro. Die deutsche Volkswirtschaft verliert somit jährlich rund 235 Milliarden Euro durch kranke Arbeitnehmer. Die Gesundheit und die Motivation der Mitarbeiter aktiv zu fördern, insbe24

sondere in Zeiten des Fachkräftemangels, der wachsenden Zahl der Erkrankungen des Skelettsystems und der psychischen Erkrankungen, ist deshalb eine wichtige Investition in die Zukunft des eigenen Unternehmens.

Know-how (One-Stop-Shop) können wir Unternehmen einen größeren Wirkungsgrad aufzeigen, wie sie sich zukunftsweisend auf die neuen Herausforderungen einstellen können, damit ihre Mitarbeiter gesund und motiviert bleiben.

Was macht ein Betriebliches Gesundheitsmanagement aus? „Betriebliches Gesundheitsmanagement ist die bewusste Steuerung und Integration aller betrieblichen Prozesse mit dem Ziel der Erhaltung und der Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Beschäftigten“ (Wienemann, 2002), einschließlich der Befähigung der Menschen zu einem eigenverantwortlichen, gesundheitsbewussten Verhalten. Das Ziel, ist die langfristige und nachhaltige Erhaltung der Mitarbeitergesundheit sowie gesundheitsfördernde Einzelmaßnahmen miteinander zu vernetzen.

Warum scheuen Unternehmen den Aufbau eines Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)? Unternehmen scheuen u.a. hohe Kosten, hohen Zeitaufwand und haben oft keinen Verantwortlichen (z.B. Human Ressource Management). Fakt ist: Jeder Euro, der in BGM eingezahlt wird, zahlt sich mit 16 Euro für die Volkswirtschaft aus (Studie Felix Burda Stiftung, 2011). Zudem kann ein Unternehmen 500 Euro pro Mitarbeiter und pro Jahr lohnsteuerfrei für Maßnahmen der Gesundheitsförderung investieren. Es werden Maßnahmen und Angebote steuerbefreit, welche den Anforderungen der §§ 20 und 20a SGB V genügen (Bewegung, Ernährung, Stress- und Suchtprävention). Der erwähnte Zeitaufwand ist unter Einbeziehung eines externen Gesundheitsanbieters und/oder einer Krankenkasse sehr überschaubar, insbesondere dann wenn sich die richtigen Verantwortlichen „Arbeitsgruppe – Health on the job“ um das Ganze kümmern.

Marco Egbers, Geschäftsführer der elbcarma GmbH, im Interview mit Ehrhard J. Heine

WIR im Norden: Wer oder Was ist elbcarma? Marco Egbers: elbcarma ist ein innovativer Gesundheitsanbieter mit Sitz in Hamburg. Bei unserem Handeln folgen wir einem hybriden Ansatz und entwickeln ganzheitliche Healthcare-Strategien und Konzepte, die da ansetzen, wo klassische Gesundheitssysteme oft aufhören. Durch die Kombination von Angebot, Modularität, Qualität, Design und Experten-

Wie starten Sie mit Ihren Kunden? Wir starten systematisch mit unseren Unternehmenschecks, um herauszufinden, ob das Unternehmen fit im Sinne eines BGM ist. Von besonderer Bedeutung für ein erfolgreiches Zusammenarbeiten ist es, möglichst alle Beteiligten rechtzeitig ins Boot zu holen. Unter www.elbcarma-bgm.online kann der Leser gerne mal kostenfrei einen personalisierten Mitarbeitercheck durchspielen. Hier werden keine Daten gespeichert!

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d Handlungsbedarf fühlt sich überfordert über gesundheitliche Probleme zu großen Ausfallzeiten Was steht bei Ihrer Vorgehensweise im Mittelpunkt und wie geht es dann weiter? Im Mittelpunkt steht der Mensch und das Abholen der „Entscheidungsebene“. Bei der weiteren Vorgehensweise nutzen wir unseren klassischen Steuerkreis – bestehend aus vier Teilbereichen (Analyse, Planung, Durchführung und Evaluierung). So können wir gemeinsam eine Infrastruktur für die Mitarbeitergesundheit (Handbuch) erstellen, um so die Grundlagen für ein erfolgreiches / nachhaltiges BGM zu planen und umzusetzen.

Steuerkreis nach elbcarma GmbH

„Kniebeugen in der Pause reichen jedoch nicht aus“ – Ganzheitliches BGM ist komplex und ■ erfordert ein Umdenken in der Chefetage, ■ stärkt das Unternehmensimage, ■ erhöht die Mitarbeiterbindung, ■ reduziert Ausfallzeiten und Krankheitskosten. Gemeinsam zum Erfolg lautet die klare Botschaft! Wir versuchen von Anfang an alle Beteiligten aktiv mit einzubinden. Was auch gut funktioniert, wenn eine gesunde Unternehmensphilosophie bereits vorhanden oder im Aufbau ist. Zudem ist es besonders wichtig, dass ein Unternehmen die RICHTIGEN Mitarbeiter auch für morgen hat. Was sind denn aus Ihrer Sicht die häufigsten Krankheitsarten? Die Nummer 1 sind nach unseren Gesundheitschecks die Erkrankungen in der

Körperstatik (Muskel-Skelett-Systems), oft im Kontext mit Augenproblemen bedingt durch die Arbeitsergonomie und das Arbeitsumfeld. Hier sind Fehlstellungen im Bereich des Cranisosacralen Systems auffällig. Dann folgen Erkrankungen der Atemwege, gefolgt von psychische Erkrankungen mit Schlafstörungen sowie Zähneknirschen / Kieferpressen. Diese Ergebnisse sind auch Deckungsgleich mit diversen Reports der Krankenkassen von 2015.

Wieviel Geld kann ein Unternehmen durch ein erfolgreiches BGM einsparen? Anhand eines Kalkulators lassen sich schnell die Ersparnisse errechnen, jedoch ist es schwierig die Motivation und ein gutes Arbeitsklima mit einem Geldwert zu beziffern. So etwas ist mit Geld nicht zu bezahlen. Was sind Ihre weiteren Pläne im Bereich des BGM? Spannende Frage: Wir transportieren in Bezug auf das „Sick-Building-Syndrom“ weiter die VISION „Gesundes Arbeiten mit garantiertem Wohlfühlfaktor“; in Verbindung mit einem gesunden und nachhaltigen Bauen. Dies ist ein wichtiger „Healthcare Key“ für die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden eines Menschen bei der Arbeit und zwar über ein ganzes Berufsleben lang. Diese VISION richtet sich insbesondere an Unternehmen sowie die Gewerbeimmobilienbranche, welche sich individuell und zukunftsweisend auf die neuen Herausforderungen der steigenden Kom-

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plexität der beruflichen Anforderungen und der Beschaffenheit des Arbeitsumfeldes einstellen wollen. Übrigens: Ein Großteil bekannter führender Unternehmen plant bereits von Anfang an ihre Gewerbeimmobilien unter dem Motto „Erfolgreiche Unternehmen von morgen – gesundes Arbeiten heute“. Diesem Trend folgen zunehmend auch kleine und mittelständische Unternehmen, um auch in Zukunft erfolgreich am Markt bestehen zu können. Im Fokus stehen bei Immobilienerwerb oder bei der Immobilienplanung und -gestaltung zukunftsweisende Strategien und nachhaltige Gesundheitskonzepte mit einem Mehrwert für alle Partner (Unternehmen, Mitarbeiter, Mieter, Verwaltung) umzusetzen. Unternehmen und Mieter von Gewerbeimmobilien können durch die Zurverfügungstellung hybrider Gesundheitskonzepte eine zusätzliche Aufwertung erlangen und sich mit diesen Maßnahmen als attraktiver Arbeitgeber darstellen und genießen gleichzeitig unter dem Aspekt „Employer Branding“ ein einzigartiges positives Image. Was sollte bei diesem Vorhaben besonders berücksichtigt werden? Bereits vor der Bauplanung sollte ein Gesamtkonzept geplant sein, um dann auch die individualisierten Interessen der zukünftigen Mieter zu berücksichtigen. Dieses beinhaltet u.a. gemeinsame und gesundheitsfördernde Nutzungsansprüche, wie: ■ Raumplanung und -gestaltung (z.B. Beleuchtung, Akustik, Farben, Materialien, Raumklima, Arbeitsplatzergonomie) ■ Gemeinschaftskonferenzräume mit hybrider Nutzung ■ Sport - Communication ZONE ■ Medical ZONE ■ Relax ZONE ■ Game - Communication ZONE ■ Food - Communication ZONE ■ Bike - ZONE mit Dusch- / Umkleidezonen ■ Garagenplätze für Elektrocar mit Ladestation Möchten Sie zum Schluss noch etwas an die Leser richten? Ich möchte gerne mit einer Quizfrage enden: Was haben ein BGM und ein Zau■ berwürfel gemeinsam? 25


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Qualität und Wirtschaftlic im Krankenhaus – Das Thema Qualität wird angesichts der weitreichenden Auswirkungen des Krankenhausstrukturgesetzes die strategische Ausrichtung von Krankenhäuser in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen.

Text: Martina Pfeil, Nils Söhnle, Dr. Frank Jungblut

Mehr Qualität kann aber nicht allein durch den Gesetzgeber veranlasst werden. Jedes Unternehmen sollte das Ziel haben, seine Leistungen in bester Qualität zu liefern. Für Krankenhäuser gilt dies umso mehr. Gesundheit ist keine Ware und mangelnde Qualität darf nicht zu Lasten der Patienten gehen. Eine im Gesundheitsbereich seit vielen Jahren vorgenommene Unterteilung, um Qualität zu operationalisieren und damit nachvollziehbar zu machen, ist die Differenzierung des Qualitätsbegriffes in die drei Dimensionen Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität. Strukturqualität: In einem Krankenhaus entspricht diese neben dem Vorhandensein spezifischer Fachabteilungen und interdisziplinärer Zentren (u.a. Onkologisches Zentrum, Brustzentrum, Darmzentrum) und definierter Mengenvorgaben (u.a. Mindestmengen, Bettenzahl, Intensivbetten) vor allem der Anzahl und der

baulich-strukturelle Rahmenbedingungen und Größe von Stationen). Prozessqualität: Diese bezieht sich auf die Abläufe in einem Krankenhaus und umfasst alle ärztlichen, pflegerischen und auch administrativen Aktivitäten, die von der Aufnahme der Patienten über ihre Behandlung (Diagnostik und Therapie) bis zu ihrer Entlassung einschließlich etwaiger vor- und nachstationärer Untersuchungen zu erfolgen haben. Ergebnisqualität: Hierunter werden das eigentliche Ergebnis des Behandlungsprozesses und damit in erster Linie patientenbezogene Ergebnisse etwa mit Blick auf den Gesundheitszustand des Patienten verstanden. Die Qualität kann sowohl anhand objektiver Kriterien (z.B. gesundheitliche Verbesserung, Komplikationsraten) als auch anhand subjektiver Kriterien (z.B. Zufriedenheit der Patienten bzw. der einweisenden Ärzte) gemessen werden.

Grafiken Quelle: Ernst & Young GmbH

Beispiele für Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität in Krankenhäusern

D

as Gesetz sieht unter anderem Zuund Abschläge für außerordentlich gute Qualität bzw. für unzureichende Qualität vor. Zudem werden in die Krankenhausplanungen der Länder Qualitätsindikatoren einbezogen, deren Nicht-Erfüllung bis zur Schließung einzelner Fachabteilungen oder des gesamten Hauses führen kann. 26

fachlichen Qualifikation des ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals (z.B. Qualifikationsniveau, Fachkraftquoten, Mindestbesetzungen, Personalschlüssel) sowie der räumlichen, infrastrukturellen und (medizin-)technischen Ausstattung (etwa Vorhaltung bestimmter medizin-technischer Apparaturen oder Großgeräte,

Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität in einem Krankenhaus beeinflussen sich gegenseitig und können nur gemeinsam optimiert werden. Deswegen stehen die Verantwortlichen eines Krankenhauses vor der komplexen Aufgabe, die einzelnen Einflussfaktoren in ihrem Zusammenspiel in Richtung optimaler Qualität zu steuern.

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hkeit kein Selbstläufer Zusammenhänge zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität

Die Krankenhäuser in Deutschland stehen aufgrund ihrer Finanzierungsbedingungen nur in einem geringen Preiswettbewerb zueinander. Aus diesem Grund ist das maßgebliche Differenzierungskriterium die Qualität. Der Qualitätswettbewerb wird sich insbesondere in städtischen Regionen, in denen bereits heute ein Überangebot an Krankenhauskapazitäten zu verzeichnen ist, verschärfen. Aber auch in ländlichen Regionen bestimmt die Qualität vor dem Hintergrund eines verantwortungsvollen Umganges mit dem Thema Patientensicherheit den klinischen Alltag. Und schließlich stehen alle Krankenhäuser im Wettbewerb zueinander, wenn es um die immer knapper werdende Ressource Personal und damit um die Aufrechterhaltung ihrer Leistungsfähigkeit (z.B. Sicherstellung eines ärztlichen Bereitschaftsdienstes oder pflegerische Mindestbesetzungen von Intensivstationen) geht. Jeder Patient sowie jeder einweisende Arzt wird bei elektiver Behandlung nach dem besten Krankenhaus suchen. Mit wenigen Klicks können hierzu im Internet Informationen abgerufen werden. Nahezu jedes Krankenhaus veröffentlicht auf seinen Internetseiten erhaltene Qualitätssiegel, bestandene (Re-)Zertifizierungen oder auch eine Platzierung unter den „TOP-Kliniken Deutschlands“ eines bekannten Nachrichtenmagazins. Auch unzureichende Qualität bleibt angesichts der hohen Sensibilität der Öffentlichkeit und der Medien nicht unbemerkt. Deshalb ist die „Abstimmung mit den Füßen“ ein guter Generalindikator für die Qualität von Krankenhäusern.

Wie aber lassen sich die Qualität und damit auch die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses positiv beeinflussen? Strukturqualität: Je funktionaler und flexibler die bauliche Strukturen und die räumliche Ausstattung eines Kranken-

ergebnisorientierteren Behandlung der Patienten mit geringeren Fehlerquoten. Prozessqualität: Effizientere Abläufe durch digitale Unterstützung in besonders personalintensiven Bereichen eines Krankenhauses, wie beispielsweise OP-Bereiche oder Intensivstationen, entlasten das dortige Personal und sparen letztendlich Personalressourcen bei gleichzeitig höherem Patientendurchlauf. Definierte und eingehaltene Kommunikations- und Informationsflüsse vermeiden Behandlungsfehler, sichern den Behandlungserfolg und stärken die Motivation bei den Mitarbeitern. Darüber hinaus sichert eine kundenorientierte Kommunikation die Bindung der Patienten und der einweisenden Ärzte ans Haus. Eine Verbesserung der Dokumentation zielt auf eine Optimierung der Kodierqualität und damit auf geringere MDK-Beanstandungen. Damit lassen sich nicht nur die Ergebnisqualität und der Behandlungserfolg verbessern, welche sich beispielsweise in

Das patientenorientierte „Krankenhaus der Zukunft“

hauses gestaltet werden, umso effizienter und patientenorientierter können die medizinisch-pflegerischen Abläufe gestaltet werden. Moderne Großgeräte (u.a. CT, MRT, Linearbeschleuniger) sichern Diagnosen und Therapieerfolge und unterstützen eine hochwertige Medizin auf dem aktuellen medizinischen Wissensstand. Die Digitalisierung hilft alle Daten des Patienten an jedem Ort im Krankenhaus jederzeit zur Verfügung zu haben. Die fachliche Qualifikation des ärztlichen Personals führt zu einer effizienteren und

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kürzeren Verweildauern, geringeren Komplikationsraten, weniger Haftungsfällen, einer hohen Zufriedenheit von Patienten, einweisenden Ärzten und Mitarbeitern und einem sehr guten öffentlichem Image zeigen, sondern alle genannten Maßnahmen wirken sich letztendlich positiv auf die Erlös- und Kostensituation eines Krankenhauses aus. Qualität ist und bleibt der Anker einer nachhaltigen Unternehmensführung und bildet die Basis für die finanzielle Stabilität ■ eines Krankenhauses. 27


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Mit verändertem Lebensstil in eine

gesündere Zukunft

Nach neuesten Untersuchungen stehen Trainingseinheiten zu einer bestimmten Tageszeit für maximale Ergebnisse. Bewegung bringt Freude zur Bewegung zurück – das Gehirn arbeitet zum Spaß! Text: Ehrhard J. Heine

S

peziell motivierende Trainings- und Ernährungskonzepte sind erfolgreich und die soziale Interaktion in der Gruppe steigert die Motivation, um gesteckte Ziele zu erreichen. Erforderlich und erfolgreich sind Motivation durch technische Unterstützung, Empowerment, Lob & Anerkennung. Die Kombination von kognitiven und körperlichen Trainings- und Motivationsinstrumenten sind Programm. Der Einsatz einer Motivationsanalyse als Teil der Anamnese informiert über individuelle Motivationsmöglichkeiten. Das weltweit erste Programm, das Körper- und Hirn-Training in mehrfacher Hinsicht kombiniert, bietet mei:do. Hier geht es um die Verzahnung der Themen Bewegung, Ernährung, Stress zu einem Gesamtkonzept. Psychosoziale Gesundheit und Kompetenz wird der Hauptantrieb der Weltwirtschaft in diesem Jahrhundert sein. Schon auf dem Weltwirtschaftsforum 2009 erkannte man, dass chronische Krankheiten die größte Bedrohung für die Weltwirtschaft bedeuten – und dass die Einnahmen nicht in der Lage sind, alle Kosten für Therapien auf lange Sicht zu decken. Allzu oft geht es um Lebensstilbedingte Krankheiten. In Deutschland leiden mehr als 50 Prozent der 81 Millionen Einwohner unter lebensbedrohlichen Krankheiten. Die Kernprobleme sind ernährungsbedingte Erkrankungen, sie sind Auslöser für viele Beschwerden. Die größte Anzahl der Fehltage machen Auffälligkeiten im Muskel- und Skelettsystem (26,8 Prozent), vor dem Komplex Psychische Störungen (14,8 Prozent), aus. Bewusst sollte sein, was wirklich zählt: Lebensstil, Umwelt, genetische Variabilität sowie ein genetisches Programm. Unser 28

„Prävention ist die beste Therapie, um psychischen Erkrankungen, Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Krebs und vielen anderen Lebensstil bedingten Erkrankungen vorzubeugen. Aber leider nutzt die sogenannte träge Masse die vielen, kostenlosen Präventionsangebote der betrieblichen Gesundheitsvorsorge nicht. Das heißt, wir müssen nicht nur präventive Maßnahmen in den Unternehmen anbieten, sondern auch die Anwendung stärker durchsetzen. Vielleicht sogar mit betrieblichen Anreizsystemen und durch messbare Erfolgserlebnisse verbunden mit individueller Betreuung für mehr Motivation und Spaß am Training.“ Dr. Kathrin Adlkofer

Verhalten, unsere Aktionen folgen einem alten genetischen Programm, das uns zur Ruhe bringt. Das war sinnvoll vor Millionen von Jahren, ist aber heute unangemessen, so Frau Dr. Kathrin Adlkofer Gründerin der mei:do. Gesundheit und Fitness sind abhängig von körperlicher Aktivität, ausreichend Ruhe und Schlaf. Hilfreich sind wissenschaftlich relevante Ergebnisse, die messbar sind und helfen, persönliche Ziele zu erreichen und identifiziert die individuellen Bedürfnisse. Tüchtig oder süchtig: Arbeiten bis der Arzt kommt Zwei Millionen Menschen haben ihrer Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz schon einmal nachgeholfen. Knapp die Hälfte davon nimmt gezielt und regelmäßig entsprechende verschreibungspflichtige Me-

dikamente, so eine DAK Studie, die im Februar 2009 vorgestellt wurde. Laut WHO sind Stress und Folgeerkrankungen die größte Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts. Viele Menschen fühlen sich ausgebrannt und erschöpft. Was bedeutet das übertragen auf die leitenden Mitarbeiter im Unternehmen? Diese Mitarbeiter sind die Führungsspieler im Unternehmen, auf ihnen lastet der Druck. Und genau diesen Top-Spielern müsste man zum Beispiel wie beim Fuß- oder Handball eine Auszeit gönnen, bevor es zum Erschöpfungssyndrom kommt. Laut DAK stieg die Anzahl der Fehltage seit 1995 um 80 Punkte auf 165 Prozent. In den Betrieben, ohne Abwägung der Betriebsgrößen, wächst die Erkenntnis bei der Fachkräftegewinnung, die Leistungsfähigkeit sowie die geistige und körperliche Flexibilität der älter werdenden Belegschaft zu erhalten. Wie geht das? Fitness beginnt im Kopf Das Thema Betriebliche Gesundheitsförderung (BGM) gewinnt zunehmend an Bedeutung: In den letzten fünf Jahren um 65 Prozent, 35 Prozent planen für die kommenden fünf Jahre verstärkte Aktivitäten. Gründe für die Einführung der BGM sind: Erhaltung der Leistungsfähigkeit/Gesunderhaltung der Mitarbeiter (77,3 Prozent) vor Soziale Verantwortung (75 Prozent). Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens (55,3 Prozent) rangiert noch vor Reduzierung der Fehlzeiten (54,5 Prozent). In Sachen BGM wirbt mei:do mit dem weltweit ersten kombinierten Gehirn- und Körpertraining. „Es ist das effektivste Training, um körperlich und geistig bis ins hohe Alter fit zu bleiben. Es wurde auf neuester Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse der Neurobiologie sowie Trainingsprinzipien aus dem Spitzensport entwickelt“, so Dr. Kathrin Adlkofer, unter anderem Mitarbeiterin am Fraunhofer ■ Institut (Lübeck).

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Advertorial

Gesundheitswirtschaft

Intensives Ganzkörpertraining in 15 Minuten

„da Vinci Xi“-System:

Einziges Gerät dieser Klasse in der Metropolregion Hamburg

Neues EMS-Studio von SPEED.FIT in der Hamburger City

M

itten im Herzen der Hansestadt Hamburg (Dammtorwall 7a, 20354 Hamburg) gibt es seit kurzem ein neues EMS-Studio: SPEED.FIT Hamburg. EMS bedeutet elektrische Muskelstimulation und schafft mit diesem Konzept ein extrem schnelles und effektives Training. Dieses macht es möglich in sehr kurzer Zeit sowohl Kraft, als auch Kondition aufzubauen. Und das ganz abseits von herkömmlichen Fitness-Studios, in denen man in der Regel sehr viel mehr Zeit verbringen muss, um ähnliche Ergebnisse zu erreichen. Über Stromimpulse, die an den Körper abgegeben werden, wird die gesamte Figur bei SPEED.FIT innerhalb von 15 Minuten trainiert. Durch die hohe Intensität reichen bereits zwei Trainings pro Woche aus, um innerhalb kurzer Zeit deutliche Veränderungen wahrzunehmen, denn innerhalb eines Trainings werden rund 500 Muskeln gleichzeitig angesprochen.

Unterschiede zu anderen EMS-Angeboten werden schnell deutlich: „In der Regel dauert das Training in anderen Studios 20 Minuten. Durch das neue Konzept bei SPEED.FIT ist in 15 Minuten bereits ein intensives Ganzkörpertraining möglich. Zudem bieten wir unseren Kunden ein Rundum Sorglos-Paket, z.B. stellen wir Ihnen die komplette Trainingsbekleidung oder auch die passenden Energie-Drinks vor und Eiweißshakes nach dem Training zur Verfügung“, so Niklas Rottke, Club Manager bei SPEED.FIT Hamburg. Während des Trainings sind Personal Trainer vor Ort, um die Mitglieder zu betreuen und auf die genaue Ausführung des Trainings achten. Für diejenigen, die nach einem schnellen und zeitgleich effektiven Sport suchen, ist das EMS-Konzept von SPEED.FIT ideal. Aber auch für diejenigen, die sich sonst schwer zum Sport aufraffen können, ist das Training perfekt geeignet. Wer sich noch nicht sicher ist, kann das Konzept am Dammtorwall im über 450 m² großen Studio selbst testen: Bei einem kostenlosen Probetraining für alle Wir im Norden-Leser. Trainieren kann man danach je nach Mitgliedschaft bereits ab 9,90 Euro pro Woche. www.speed-fit.de WIR IM NORDEN | 1/2017 | Landesverband Hamburg

Roboter-assistiertes Operieren mit dem „da Vinci Xi“-System in der Asklepios Klinik

Das modernste OP-Robotersystem der Welt – das „da Vinci Xi“-System – wurde offiziell in der Asklepios Klinik Altona in Betrieb genommen. Text: Ehrhard J. Heine

D amit verfügt die Klinik in der Metropolregion über ein Alleinstellungsmerkmal bei roboter-assistierten Operationen. Eine weitere Besonderheit: Die minimal-invasiven und damit für den Patienten besonders schonenden Hightech-OPs werden künftig von Spezialisten aus unterschiedlichen Fachrichtungen und aus mehreren Hamburger Asklepios Kliniken durchgeführt. „Asklepios bietet seinen Patienten die modernste Technik für Diagnostik und Therapie. Mit dem Einsatz des da Vinci-Operationssystem der neuesten Generation setzen wir einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einer noch besseren Medizin“, sagte Dr. Thomas Wolfram, Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der Asklepios Kliniken, bei der Präsentation des vierarmigen OP-Roboters. Das mehr als zwei Millionen Euro teure „da Vinci Xi“-System wird künftig fachübergreifend von speziell für diese Technologie geschulten Chefärzten aus den Bereichen Urologie, Gynäkologie, HNO und Bauchchirurgie eingesetzt. „Wir sind besonders stolz darauf, mit Priv.-Doz. Dr. Balazs Lörincz einen außerordentlich erfahrenen Spitzenmediziner und international renommierten Ausbilder für dieses System als leitenden Arzt für den neu geschaffenen Bereich Roboterchirurgie im Kopf- und Halsbereich gewonnen zu haben“, sagte Prof. Dr. Christoph U. Herborn, Medizinischer Direktor der Asklepios Kliniken. „Was unsere Ärzte besonders begeistert, ist zum einen die scharfe, dreidimensionale Sicht auf das Operationsfeld und zum anderen die phantastische Präzision und die außergewöhnliche Wendigkeit der Greifarme und Instrumente, die ein besonders schonendes und sicheres Operieren ermöglichen“, so Prof. Herborn. Zusätzlich kann über die zweite Konsole jederzeit ein weiterer Chirurg den operierenden Kollegen unterstützen. Die Patienten profitieren durch die roboter-assistierte Operationsmethode von kürzeren OP-Zeiten, einem geringeren Blutverlust und einer kürzeren Erholungsphase nach dem Eingriff. In vielen Fällen kann noch schonender operiert werden, als mit anderen minimalinva-siven Methoden. So lassen sich im HNO-Bereich zum Beispiel Operationen durchführen, bei denen die Instrumente durch die Mundhöhle eingeführt werden. Schnitte von außen sind dann nicht ■ nötig, die Gesichtshaut bleibt unverletzt. 29


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Vom Waagenhersteller zum Software- und System

Tradition, Wandel und Innovation als Wenn wir die Worte „Wiegen“ und „Messen“ im Zusammenhang mit Gesundheit hören, denken wohl die Meisten von uns an den morgendlichen Schritt auf die Waage, Diäten oder das Blutdruckmessen beim Arzt. Fragt man die Mitarbeiter des Medizintechnikunternehmens seca, dann fallen Assoziationen wie „Körperzusammensetzung“, „Phasenwinkel“, „Körperfettanteil“ oder „extrazelluläres Wasser“. Das Hamburger Traditionsunternehmen ist Weltmarktführer im Bereich des medizinischen Messens und Wiegens und setzt mit seinen Innovationen neue Maßstäbe in der Bewertung des Ernährungsund Gesundheitszustandes von Patienten.

S

eit der Unternehmensgründung 1840 steht der Name seca für höchste Präzision, wenn es um die Bestimmung von Gewicht und Größe geht. 1970 entschied der damalige Geschäftsführer Sönke Vogel, sich ausschließlich auf den Bereich des medizinischen Wiegens und Messens zu konzentrieren. Ein Feld, in dem es auf jedes Gramm ankommt und nur derjenige Erfolg hat, der hochpräzise und qualitative Messinstrumente bietet. Eine mutige Entscheidung, die sich auszahlen sollte: Heute hat seca weltweit 500 Mitarbeiter und ist neben dem Hamburger Headquarter international mit 14 Niederlassungen vertreten. Verkauft wird in 140

Leiten das Unternehmen in die Zukunft: v.l. Thomas Wessels, Frederik Vogel, Robert Vogel 30

Neueste Innovation: Der medical Vital Signs Analyzer (mVSA)

Länder, wodurch seca global einen Marktanteil von über 50 Prozent verzeichnet – europaweit sind es sogar 70 Prozent. Heute führen die Brüder Robert (Marketing & Vertrieb) und Frederik Vogel (Produktion & Technik) das Unternehmen in vierter Generation. Thomas Wessels ist dritter Geschäftsführer und verantwortet die Bereiche Controlling und HR.

seca medical Body Composition Analyzer (seca mBCA) zur medizinisch genauen Ermittlung der Körperzusammensetzung

Der Erfolg des Unternehmens basiert auf einer fundierten Kenntnis des Marktes und dem Anspruch, Diagnostik und Therapie in Hinblick auf Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit zu optimieren. „Wir beobachten den Markt sehr genau und stehen im engen Austausch mit den Anwendern. Ziel ist es, künftige Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Messsysteme zu entwickeln, die Lösungen für die medizinischen Herausforderungen unserer Zeit bieten.“ Durch die Nähe zum Anwender wissen die Entwickler: Zeit ist im medizinischen Alltag ein knappes Gut und der Anspruch an Präzision hoch. Zudem verändern sich in Zeiten von wachsendem Übergewicht, Mangelernährung in Krankenhäusern und steigenden Krebsraten die Anforderungen an medizinische Vermessung. Produkte müssen heute mehr können als nur wiegen.

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GESUNDHEITSWIRTSCHAFT Advertorial

anbieter

Ältere bewegen sich im Alltag Das „AlltagsTrainingsProgramm“ (ATP)

ist ein Baustein des Programms „Älter werden in Balance“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), mit Unterstützung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV). Es wurde entwickelt, um möglichst viele ältere Menschen in der Lebenswelt Verein in Bewegung zu bringen und deren Alltag nachhaltig aktiver zu gestalten. Ziel des ATP ist es, den Alltag drinnen und draußen als Trainingsmöglichkeit zu verstehen und dadurch ein effektives Mehr an Bewegung in das tägliche Leben einzubauen. Trainiert wird ohne große Vorbereitung in Alltagsbekleidung und ohne den Einsatz von Fitnessgeräten. Die Übungen können direkt umgesetzt werden. Zielgruppe sind Männer und Frauen ab 60 Jahren, die zuvor sportlich eher inaktiv waren. Den Startschuss bildete die im April 2016 begonnene Pilotphase in den Strukturen des Landessportbunds NRW. Das Programm wird durch das Zentrum für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule wissenschaftlich evaluiert. In 2017 werden bundesweit bis zu 800 ATP-Kurse

Um diese Entwicklung mit zu gestalten, investiert seca intensiv in die Forschung und Entwicklung. „In zehn bis 15 Jahren wird es Waagen, so wie wir sie heute kennen, im medizinischen Bereich kaum noch geben“, so Robert Vogel. „Längst bieten wir nicht mehr nur Waagen und Messstationen, sondern entwickeln uns immer stärker auch hin zu einem Software- und Systemanbieter. Unsere Produkte kommunizieren miteinander, messen die Größe per Ultraschall und bestimmen die Körperzusammensetzung durch bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) so genau, dass wir die Präzision unserer medical Body Composition Analyzer (mBCA) in medizinischen Studien gegen die besten Referenzmethoden validieren konnten.“ Mit diesen Messstationen lässt sich die Körperzusammensetzung, also das Verhältnis von Körperwasser, Muskel- und Fettmasse, genau bestimmen. Eine Technologie, die eine Lösung dort bietet, wo die Betrachtung des veralteten Body Mass Indexes an seine Grenzen stößt. „Mit der medizinisch genauen Erfassung der Körperzusammensetzung durch die validierte Messstation werden wir die Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie revolutionieren und unsere Marktposition sichern“, ist Robert Vogel überzeugt. Einsatzgebiete für die Innovation gibt es viele: In der Onkologie und Nephrologie profitieren medizinisches Fachpersonal und Patienten ebenso wie in der Adipositastherapie, der Diabetologie oder im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Mit dem Ziel, fester Bestandteil im Klinikalltag zu werden, erwartet seca seinen Marktvorsprung weiter auszubauen. „Wir ruhen uns traditionell nicht auf unserem Erfolg aus“, so Robert Vogel. „Wir wollen die Besten im Bereich des medizinischen Messens und Wiegens bleiben und werden uns noch breiter aufstellen.“ Diese Haltung und Weitsicht hat in der Vergangenheit zur Marktführerschaft geführt und stellt auch heute die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der Hanse■ aten. WIR IM NORDEN | 1/2017

Foto: ATP

Erfolgsfaktoren

gefördert, sodass für Kursteilnehmende keine Gebühren und für Vereine keine Kosten entstehen. Kursinhalte: Das Alltagstrainingsprogramm umfasst 12 Kursstunden zu jeweils 60 Minuten (einmal pro Woche). Die Teilnehmer trainieren und üben mit einer Übungsleiterin/einem Übungsleiter in der Gruppe, drinnen und draußen. Sportkleidung oder Fitnessgeräte benötigen sie nicht. In dem Kurs wird erprobt, wie z.B. durch unterschiedliche Gehvarianten das Gleichgewicht verbessert werden kann und wie sich Alltagsgegenstände zur Kräftigung einsetzen lassen. Gelegenheiten sich zu bewegen gibt es immer und überall, so z.B. beim Warten auf den Bus oder beim

Sie nutzen die Treppe! Sie gehen mehr zu Fuß! Sie pflegen den Garten! Sie spielen mit Enkeln, Freunden und Bekannten! Arzt, mit einem kleinen freiwilligen Umweg oder dem Tragen von Gegenständen. Zu Hause und unterwegs. Beteiligte: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung (ZfG) der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS); Deutscher Olympischer Sportbund e. V. (DOSB); Deutscher Turner-Bund e. V. (DTB); Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. (LSB NRW). Das Programm wird vom Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) unterstützt. Zu Alter und Geschlecht der Bundesbürger liegen Zahlen vor, die in drei Stufen unterteilt sind: Gruppe I – Ende 2013 gehörten in der Altersgruppe von 55 bis unter 65 Jahren 13 Prozent (10,8 Millionen Menschen) der Gesamtbevölkerung in diese Gruppe. Bis 2023 ist mit einem Anstieg an der Gesamtbevölkerung auf bis zu 17 Prozent zu rechnen. Rund 40 Prozent, also zwei von fünf Menschen, werden 2023 in Deutschland 55 Jahre oder älter sein.(1) Gruppe II – 65 Jahre und älter. In Deutschland lebten Ende 2013 rund 81 Millionen Menschen, davon waren 16,9 Millionen (21 Prozent) 65 Jahre oder älter. Mit 57 Prozent gab es mehr ältere Frauen als Männer (43 Prozent). Nach Italien war dies der zweithöchste Anteil älterer Menschen in der Europäischen Union.(2) Gruppe III – 80 Jahre und älter. Das stärkste Wachstum wird in der Gruppe der 80-Jährigen und Älteren prognostiziert. Im Jahr 2013 lebten 4,4 Millionen 80-Jährige und Ältere in Deutschland, dies entsprach 5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Ihre Zahl wird sich bis 2060 auf 9 Millionen erhöhen, was 13 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen wird.(3) (1)

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung, 2015. (2) Quelle: Statistisches Bundesamt, 2015. Die Generation 65+. (3) Quelle: Statistisches Bundesamt, 2015. Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 31


VERANSTALTUNG POLITISCHES FRÜHSTÜCK

Plenarwahl der Handelskammer polarisiert wie nie Vom 16. Januar bis zum 14. Februar 2017 wählen rund 160.000 Hamburger Unternehmen ein neues Handelskammerplenum. Die Wahl steht dieses Mal besonders im Fokus, da gleich drei Bündnisse um die Wählerstimmen buhlen. „Der Wert der unabhängigen Kandidaten wird dabei zu wenig beachtet“, kritisierte HASPA-Vorstandssprecher Dr. Harald Vogelsang beim Wirtschaftsrat. Foto: Handelskammer Hamburg / Daniel Sumesgutner

Text: Christian Ströder

HASPA-Vorstandssprecher Dr. Harald Vogelsang über die Besonderheiten der aktuellen Wahl

Der Referent und Gastgeber des Tages, Dr. Harald Vogelsang, verfolgt die Plenarwahl mit besonderem Interesse, ist er doch einer der sechs Vizepräsides der Hamburger Handelskammer. Die laufende Abstimmung betrachtet er nicht ohne Sorge: „Es ist ein Novum, dass es jetzt Wahlbündnisse gibt. Ob das auf Dauer gut ist, da wäre ich mir nicht so sicher“, sagte Vogelsang und kritisierte, dass neben drei

Kaufmannschaft ein, den Vogelsang so skizzierte: „Jeder Kaufmann ist für sein eigenes Unternehmen, für seine eigene Branche, für seine eigenen Überzeugungen verantwortlich und auch manns genug, die eigene Stimme zu erheben. Deshalb sind wir alle unabhängig und entscheiden je nach Thema, je nach Situation, so wie wir es für richtig halten“, sagte Vogelsang. Das sei der Geist, der alle 39

I n den Räumen der Hamburger Sparkasse am Adolphsplatz 3, in direkter Nachbarschaft zur Handelskammer, begrüßte Landesvorstandsmitglied Thies G.J. Goldberg Mitglieder und Gäste des Wirtschaftsrates zum ersten POLITISCHEN FRÜHSTÜCK des Jahres: „Nie war die Plenarwahl so spannend, so polarisierend und so politisiert“, sagte Goldberg. Das sei gut, weil sich endlich viel mehr Firmen mit „ihrer“ Handelskammer beschäftigten. Oft werde übersehen, dass es die Wirtschaft sei, die über ihre Wertschöpfung und Arbeitsplätze für das Aufkommen direkter Steuern sorge und damit wesentlich zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben beitrage. Die Wirtschaft sei staatstragend. „Deswegen hat sie eine gewichtige Stimme verdient, die sich in Politik und Gesellschaft Gehör verschaffen darf und muss. Das ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Teil des gesetzlich fundierten Auftrages der Handelskammer“, betonte Goldberg. 32

Thies G.J. Goldberg Gast im Landesvorstand des Wirtschaftsrates, führte durch die Veranstaltung

Bündnissen eine vierte Gruppe in der Öffentlichkeit zu wenig Beachtung finde – die unabhängigen Kandidatinnen und Kandidaten. „Sie sind es, die die Kammer über 350 Jahre lang immer getragen haben“, so der Referent. Die Unabhängigen seien bestrebt, parteipolitische und polit-parlamentarische Gepflogenheiten aus der Kammer herauszuhalten. Statt für Fraktionen und Fraktionszwänge träten sie für den Geist der

Karl-Josef Mondorf und Prof. Dr. Stephan R. Göthel LL.M.

unabhängigen Kandidaten eine. Er bat die Zuhörer, dies im Grundsatzinteresse der Handelskammer bei der eigenen Wahlentscheidung zu berücksichtigen. „Wollen wir die Kammer ausschließlich darauf beschränken, ihre hoheitlich übertragenen Aufgaben wie Ausbildung etc. wahrzunehmen oder soll sie weiter eine kraftvolle Stimme haben?“, fragte Vogelsang und gab gleich seine persönliche Antwort dazu: „Ich plädiere dafür,

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VERANSTALTUNG POLITISCHES FRÜHSTÜCK

UPDATE

Am 17. Februar 2017 hat die Handelskammer Hamburg das Ergebnis ihrer Plenarwahl bekanntgegeben. 55 der 58 gewählten Vertreter im neuen Plenum, das im April zum ersten Mal zusammentreten wird, gehören dem Bündnis „Die Kammer sind WIR!“ an. Der Wirtschaftsrat beglückwünscht alle gewählten Unternehmerinnen und Unternehmer. „Die Hamburger Kaufmannschaft im Plenum der Handelskammer zu vertreten, ist Ehre und Verantwortung zugleich“, betont Landesgeschäftsführer Hauke Harders. Das komplette Wahlergebnis ist einsehbar unter: http://t1p.de/hkwahl2017

Die Kandidaten für das Handelskammer-Plenum diskutierten intensiv

Jutta Breyer-Hammers

Carsten Ovens MdHB, Mitglied im Landesvorstand des Jungen Wirtschaftsrates

dass wir diese kraftvolle Stimme erhalten. Natürlich habe die Handelskammer Reformbedarf. In jeder langjährigen, erfolgreichen Einrichtung gebe es hin und wieder das Problem, selbstgefällig zu sein. Die Kammer sei nicht unfehlbar, was sie aber auch nie für sich in Anspruch genommen habe. „Die Handelskammer verdient es, evolutionär und nicht revolutionär weiterentwickelt zu werden. Wenn wir Stimmen den Lauf lassen, die eine kraftvolle

Martina Heinsen

Vertretung der Hamburger Wirtschaft gerade nicht wollen, verlieren wir diese Kraft. Das wäre außerordentlich bedauerlich“, erklärte Harald Vogelsang. Zum Schluss seines Vortrages ging der Vorstandsprecher der Hamburger Sparkasse noch einmal auf die Geschichte und den Geist der Handelskammer ein. Er erinnerte die Zuhörer daran, dass die Hamburger Kammer mehrere Jahrhunderte älter sei als die Demokratie in

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Deutschland. „Ich behaupte nicht, dass alles vor 350 Jahren genauso demokratisch war wie heute. Aber es war stets ein bürgerschaftliches, ein kaufmännisches, ein auf Konsens unter Gleichgestellten ausgerichtetes Verhältnis, das unsere Kammer ausgezeichnet hat“, sagte Vogelsang. Frei von hoheitlichen Königreichen und Fürstentümern sei dieser Geist immer in Hamburg vertreten gewesen. Es sei der gleiche Grundgeist, aus dem heraus auch die freie Hamburger Sparkasse gegründet worden sei: Nicht von der Hoheit installiert, inthronisiert und kontrolliert. „Wir haben also ein besonders kostbares Gut und ich würde mich freuen, wenn Sie alle mithelfen, dieses zu erhalten und seine Stimme eher zu stärken als zu schwächen. Aufgaben gibt es in den nächsten Jahren reichlich“, resümierte Harald Vogelsang. 133 Kandidatinnen und Kandidaten stellen sich zur laufenden Plenarwahl der Handelskammer. Im Anschluss an den Vortrag hatten einige von ihnen unter der Moderation von Thies G.J. Goldberg Gelegenheit, sich den Fragen des Publikums zu stellen und miteinander zu diskutieren.

Ulf Nashan (links) im Gespräch

Der Moderator Thies G.J. Goldberg verabschiedete die Diskutanten und Zuhörer schließlich mit einem persönlichen Appell: „Gehen Sie zur Wahl, machen Sie Ihr Kreuz. Und wenn Sie mit befreundeten Unternehmerinnen und Unternehmern sprechen, fordern Sie auch die auf, zur Wahl zu gehen. Je höher die Wahlbeteiligung ist, desto demokratischer das Ergebnis und desto stärker die Legitima■ tion des neuen Plenums.“ 33


VERANSTALTUNG Neujahrsempfang

„In der globalisierten Welt gibt es kein Zurück“ Bei bester Laune feierten rund 800 Mitglieder und Freunde des Wirtschaftsrates den Neujahrsempfang. Ehrengast der Veranstaltung war Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert. Mit Ende dieser Legislaturperiode wird er nach 37 Jahren im Bundestag, zwölf davon als Präsident, das Parlament verlassen. Umso größer war die Freude, den angesehenen Politiker noch einmal in Amt und Würden beim Wirtschaftsrat begrüßen zu dürfen.

Der Neujahrsempfang des Wirtschaftsrates ist traditionell eine Veranstaltung, um auf das neue Jahr vorauszuschauen. Spätestens das letzte, das tiefgreifende Veränderungen in der Weltpolitik mit sich brachte, hat deutlich gezeigt, dass verlässliche Prognosen schwieriger und guter Rat noch teurer geworden sind. „Die Welt um uns herum ist wirklich aus den Fugen geraten“, erklärte Gunther Bonz, Landesvorstandsmitglied

Text: Christian Ströder

Der Dank gilt unseren Sponsoren:

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VERANSTALTUNG Neujahrsempfang

des Wirtschaftsrates, in seiner Begrüßungsrede und spielte auf den Brexit und den neuen US-Präsidenten Donald Trump an: „Nur ein starkes Europa und unsere Einbettung als deutsche Nation in Europa ermöglichen es uns, mit den Herausforderungen zurechtzukommen.“ In Anbetracht der unruhigen Zeiten halte er es für ganz wichtig, die deutsch-französische Achse im Sinne des europäischen Zusammenhalts zu stärken. Weiter sagte Bonz: „Wir müssen unsere Freiheit, unsere Demokratie, die auch die Grundlage für freiheitliches Wirtschaften und für freies Unternehmertum in sozialer Verantwortung ist, aufs Tägliche neu verteidigen.“ Es folgte ein kurzes Grußwort von Dr. Roland Heintze, Landesvorsitzender der CDU Hamburg. Wie sein Vorredner ging er auf die internationalen Herausforderungen ein und lenkte den Blick dabei auf die wirtschaftspolitischen Konsequenzen für die Hansestadt. Dass eine Ökonomie wie die USA drohe, sich abzuschotten, sei „eine verheerende Entwicklung“. Gerade

Marcus Ewald „Mir hat die Veranstaltung sehr gut gefallen. Ich fand die Rede und auch das Rahmenprogramm ganz hervorragend. Es war ein gelungener Abend.“

faches Jahr werde. Neben absehbaren Herausforderungen wie der Bundestagswahl im Herbst werde es uns nicht erspart bleiben, auch mit Ereignissen konfrontiert zu werden, mit denen wir überhaupt oder zumindest so nicht gerechnet hätten. Der

Politiker erinnerte an den islamistischen Terroranschlag in Berlin am 19. Dezember 2016: „Das gehört wohl eher in die Kategorie der Ereignisse, von denen wir alle wussten, dass sie auch in Deutschland möglich sind. Wenn ein solches Ereignis stattfindet, wird – im wörtlichen und übertragenen Sinne – die Wucht der Herausforderung deutlich, die sich damit verbindet“, so Lammert. Natürlich gehöre der Terror zu den offenen Fragen, zu den

Aygül Özkan „Da wir in einer Demokratie leben, muss jeder seinen Beitrag leisten. Wir haben jeden Tag darum zu kämpfen, dass wir in einer so tollen Demokratie leben können. Das war eine besonders wichtige Botschaft von Herrn Lammert.“

v.l.: Pieter Wasmuth, Dr. Holger Otte und Frank Biermann

für eine Stadt wie Hamburg, die doch vom Handel lebe. Mit Blick auf das Wahljahr forderte er die Unternehmer deswegen auf, sich auch im Dialog mit der Politik für das zu engagieren, was ihnen „wirtschaftsund ordnungspolitisch wichtig ist“. „Wenn dieses Jahr, von dem wir gerade einmal ein Zwölftel hinter uns haben, so eindrucksvoll verläuft wie die Kulisse des heutigen Abends, hätten wir wenig Grund zur Beschwerde“, eröffnete Bundestagspräsident Norbert Lammert seine Rede. Im gleichen Atemzug machte er deutlich, dass 2017 alles andere als ein ein-

Christina Block, Mitglied im Landesvorstand des Wirtschaftsrates Hamburg

Eine imposante Kulisse

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VERANSTALTUNG Neujahrsempfang

Durch die Entscheidung Großbritanniens, aus der Europäischen Union auszutreten, werde sich Europa und insbesondere die Rolle Deutschlands verändern. „Sie wird größer und noch schwieriger als sie es ohnehin schon war“, sagte Norbert Lammert. Die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen in der Türkei infolge des gescheiAntonia Niecke „Herr Lammert hat heute besonders gezeigt, wie wichtig die Rolle Deutschlands in Europa ist. Aber auch, wie wichtig Europa insgesamt ist. Nur durch Zusammenhalt erreichen wir ein starkes Europa.“

erkennbaren Aufgaben und Problemen, die uns in 2017 begleiten würden. Im Folgenden hob der Ehrengast drei Ereignisse des vergangenen Jahres hervor, die zwar alle nicht in Deutschland stattgefunden haben, die Wirtschaft und Politik der Bundesrepublik aber nachhaltig beeinflussen: Den Brexit, den Putschversuch in der Türkei und den Wechsel im Amt des US-Präsidenten.

Von der ersten bis zur letzten Reihe sorgte die Rede von Norbert Lammert für Begeisterung

Gerhard Fuchs, Staatsrat a.D. „Eine für mich beeindruckende Rede, die in vielen Punkten zum Nachdenken anregt. Besonders wichtig ist die klare Positionierung zur Zukunft der direkten Demokratie. Wir haben hier mit Legitimation und Verantwortung zwei Fragestellungen, die wir unbedingt beachten müssen.“

„Ich fand besonders den Bogen interessant, den Herr Lammert gespannt hat: Europa im Vergleich zur Welt. Viele Europäer glauben ja tatsächlich, dass wir der Mittelpunkt der Welt sind und er hat heute sehr eindrucksvoll gezeigt, dass das nicht mehr so ist.“

terten Putschversuchs am 15. und 16. Juli 2016 tangierten Deutschland außerdem mehr als andere Länder, „weil es nirgendwo sonst in Europa so starke, auch familiäre Verbindungen in die Türkei gibt.“ Und mit Blick über den Atlantik warnte der deutsche Spitzenpolitiker eindringlich

Mitte: Michael Semder, stellvertretender Landesvorsitzender des Jungen Wirtschaftsrates Hamburg

v.l.: Maria Luisa Warburg, Michael Kruse MdHB und Christin Dahlmann

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Stefan Wulff

Hatten sich einen guten Platz gesichert: Rosita und Dr. Carl Claus Hagenbeck

Der CDU-Landesvorsitzende Dr. Roland Heintze sprach ein Grußwort

Babette Brennecke

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VERANSTALTUNG Neujahrsempfang

Inken Brünnicke „Der Abend hat mir sehr gut gefallen. Sehr interessante Gespräche und spannende Vorträge. Ich bin begeistert.“

davor, den neuen US-Präsidenten Donald Trump zu unterschätzen. Angesichts der Tatsache, dass ausgewiesene Experten sowohl dessen Nominierung als auch seine spätere Wahl für nahezu unmöglich hielten, erklärte Lammert: „Sie werden meine Zögerlichkeit verstehen, mich auf die Auskünfte gleicher Experten zu verlassen, die nun erläutern, warum er das, was er ankündigt, sicher nicht tun werde.“ Es empfehle sich sehr – jedenfalls bis zum Beweis des Gegenteils –, ernst zu nehmen, was angekündigt werde.

v.l.: Dr. Christian von Boetticher, Dr. Joachim Seeler MdHB, Katja Suding MdHB und André Trepoll MdHB

Dr. Karolina Vöge

In einem Zwischenfazit resümierte der Bundestagspräsident schließlich: „Zu Beginn dieses Jahres 2017 leben wir in einer gründlich anders organisierten Welt als noch vor einem Jahr.“ Vieles, was uns völlig unstreitig erschien, sei plötzlich streitig. Vieles, von dem wir annahmen, man könne sich darauf ganz sicher verlassen, stehe auf einmal zur Debatte. Die damit verbundenen Unsicherheiten träfen Wirtschaft und Politik in sehr ähnlicher Weise. „Wir müssen uns auf unterschiedliche Szenarien einstellen, bei denen es sich empfiehlt, die sympathischsten nicht für die realistischsten zu halten“, warnte Norbert Lammert. Im zweiten Teil seiner Ausführungen ging der Ehrengast der Frage nach, „ob wir in dieser Lage eigentlich mehr oder weniger Zusammenarbeit in Europa brauchen?“ Die europäische Gemeinschaft, deren Grundstein vor genau 50 Jahren mit den Römischen Verträgen gelegt wurde, sei schon einmal populärer gewesen als gegenwärtig. Die Forderung, Zuständigkeiten von Europa wieder zu dezentralisieren, stoße auf große spontane Zustimmung. Das hänge mit vielen tatsächlichen, aber auch manch eingebildeten Entwicklungen der letzten Jahre zusammen. „Dennoch, vielleicht auch gerade deswegen, empfehle ich wiederum mit Blick auf Politik und Wirtschaft, die umgekehrte Schlussfolgerung. Wir werden mehr Europa brauchen“, betonte der Politiker und schilderte im Weiteren, warum es für Europa in der globalisierten Welt kein Zurück in die Nationalstaaten geben dürfe. Als zentrale Treiber der Globalisierung identifizierte Lammert die Fortschritte im Bereich der Informations- und

v.l.: Gunther Bonz, Dr. Roland Heintze, Dr. Henneke Lütgerath und Dietrich Wersich MdHB

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der Mobilitätstechnologie, die die Welt kleiner als jemals zuvor erscheinen ließen. Jede Information sei überall auf dem Globus verfügbar, jeder beliebige Ort sei erreichbar. Die Verbindung dieser beiden revolutionären Veränderungen habe die Globalisierung erst möglich gemacht. „Und dadurch, dass sie möglich geworden ist, ist sie zugleich unvermeidlich geworden. Wir werden hinter diesen Zustand nie wieder zurückkönnen. Selbst dann nicht, wenn er uns nicht gefiele“, schlussfolgerte der Bundestagspräsident mit Anspielung auf die vielen Globalisierungsgegner, die es auch in Deutschland gibt. „Wir leben in einer globalen Welt“, betonte der Referent noch einmal. Die Frage, ob uns dies gefalle, habe zwar ein gewisses Interesse, sei aber völlig unerheblich, wenn es um die Wirkung der Globalisierung gehe. Die zu beantwortende Frage sei, ob wir in der globalen Welt stattfinden wollen oder nicht. Für die Antwort empfahl Lammert, sich zu vergegenwärtigen, dass die Europäer nur noch acht Prozent der Weltbevölkerung ausmachten. „In dieser Welt, spielt kein einziger europäischer Nationalstaat alleine eine signifikante Rolle. Nicht einer. Auch Deutschland nicht“, sagte Lammert. Das Bestreben nach Rückbesinnung auf die Nationalstaaten bezeichnete er angesichts der Ordnung der Welt als „Flucht in die Schrebergärten“, also das genaue Gegenteil einer Offensivstrategie. Für alle Herausforderungen, ob Digitalisierung, Migration, Klimawandel etc., gelte die Devise: „Entweder wir finden gemeinsam statt oder wir finden gar nicht statt.“ Abschließend ging er noch kurz auf die in diesem Jahr anstehende Bundestagswahl ein und hob mit Hinweis auf den Ausgang des Brexit-Referendums und der US-Wahl hervor, wie essenziell wichtig es sei, dass die Deutschen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten. „Die Demokratie verdankt ihre Leistungsfähigkeit dem Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger, die sie in vielfältiger Weise zur Mitwirkung nicht nur ermächtigt, sondern auffordert“, so der Präsident des Deutschen Bundestages. Mit anhaltendem Beifall honorierte das Publikum die Rede Norbert Lammerts. Der zweite Mann im Staat ließ es sich anschließend nicht nehmen, beim Gettogether mit den Teilnehmern ins per■ sönliche Gespräch zu kommen. 37


VERANSTALTUNG Übergang ins Digitalzeitalter

Digitalisierung heißt auch

Kulturwandel

Dr. Michael Otto sprach beim Wirtschaftsrat über die digitale Transformation der Otto Group

Die Hamburger Otto Group blickt auf eine fast 70-jährige Geschichte zurück. Das Unternehmen, das 1949 mit einem einfachen Schuhkatalog begann, ist heute ein Weltkonzern mit mehr als zwölf Milliarden Euro Umsatz. Anders als Konkurrenten wie Amazon oder Alibaba ist der Konzern damit kein Kind des in den 1990er einsetzenden Internetbooms – und zählt heute trotzdem zu den weltweit größten Onlinehändlern. Wie der Otto Group der Übergang ins Digitalzeitalter gelang, erläuterte der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Michael Otto beim Wirtschaftsrat. Text: Christian Ströder

R und 250 Mitglieder und Gäste des Wirtschaftsrates waren der Einladung in den Großen Festsaal des Hotel Atlantic Kempinski gefolgt und erlebten einen gut aufgelegten Michael Otto. „Die Digitalisierung verändert die Wirtschaft in einem unwahrscheinlichen Ausmaß und in beeindruckender Geschwindigkeit“, sagte der Otto-Chef und verwies auf ganz neue Geschäftsmodelle: Auf Uber, das ohne eigene Fahrzeuge zum größten Taxenvermittler avancierte; auf AirBnB, das keine Wohnungen besitzt und dennoch der größte Buchungsvermittler ist; auf Alibaba, das auch ohne ein einziges Warenlager zum Platzhirsch im Onlinehandel aufstieg. Deutschland hat digitalen Nachholbedarf Angesichts der Innovationskraft in den USA und China stellte Michael Otto fest, dass es nicht reiche, nur bei der Hardware, etwa im Automobil- und Maschinenbau, führend zu sein. Bei der Digitalisierung liege Deutschland derzeit weit zurück. Er kritisierte insbesondere die Zögerlichkeit vieler Unternehmen, die hofften, das Thema werde schon an ihnen vorbeigehen. „Wir haben die vergangenen zwei Jahrzehnte für die Digitalisierung ungenutzt verstreichen lassen. Weder in Deutschland 38

Landesvorstandsmitglied Pieter Wasmuth

noch in Europa sind wir bei irgendeiner der ganz wichtigen digitalen Neuheiten der letzten Jahre dabei“, konstatierte der Familienunternehmer. Selbst in Bereichen, in denen Deutschland ganz stark sei, gebe es kein wirkliches Start-up von Bedeutung. Überspitzt ausgedrückt: „Es reicht nicht, Weltmeister bei der Digitalisierung von Pizza-Bestellungen zu sein.“ Als ein Defizit gegenüber den USA und China machte Otto die fehlende digitale Kompetenz an Schulen und Hochschulen aus. „Bei uns hat man den Eindruck, dass sich eine alternde Gesellschaft langsam in den Ruhestand zurückzieht, während in China eine junge, technikaffine Generation die Welt digital erobern will“, skizzierte er die Unterschiede. Notwendig seien außerdem Investitionen in

Dr. Holger Otte, Frank Biermann und Peter Hoffie

die digitale Infrastruktur, z.B. in den Glasfaserausbau, um das Internet der Dinge, autonomes Fahren oder künstliche Intelligenz überhaupt realisieren zu können. Trotz allem zeigte sich Michael Otto optimistisch, dass Deutschland zur digitalen Weltspitze aufschließen könne. Mit entscheidend sei, dass man neben der Hardware auch Software produziere. „Dann haben wir einen großen Vorteil: Denn über die Hardware, die wir schon haben, verfügen die großen amerikanischen und chinesischen Digitalkonzerne nicht.“ Durch Kulturwandel erfolgreich im Digitalzeitalter Die Otto Group hat die Zeichen der Zeit früh erkannt und sich bereits Ende der

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VERANSTALTUNG Übergang ins Digitalzeitalter

Ursula Pietsch

Dr. Michael Otto und Prof. Dr. Peer Witten

Kristina Beyer (rechts) und Katharina Wolter

Melanie Heßner im Gespräch

Iris Seehusen-Kahmann

Ulf Gehrckens und Ian Karan, Senator a.D.

Julia Sondermann und Axel Lensch

Dr. Ernst Werdermann und Sylvia Antonia Richter

1980er Jahre zusammen mit Time Warner in Orlando/Florida auf einen Versuch mit „interaktivem Fernsehen“ eingelassen. Der erhoffte Erfolg blieb zwar aus, aber das Experiment öffnete Michael Otto die Augen für den E-Commerce: „Als dann das Internet aufkam, wusste ich, das ist die kostengünstige Form des interaktiven Fernsehens.“ Mit den Erfahrungen aus den USA ging Otto bereits 1995 online und war damit der nationalen Konkurrenz im E-Commerce einen großen Schritt voraus. Seitdem hat sich die Otto Group voll auf die digitale Transformation eingelassen. Heute erwirtschafte das Unternehmen 90 Prozent seiner Umsätze online, die Hälfte davon mobil über Smartphones und Tablets, so der Otto-Chef. Trotz der

Zuwachsraten im Onlinebereich schreibt Michael Otto den stationären Handel nicht ab. Die Zukunft sehe er in der Vernetzung von stationärem und OnlineHandel. Ein zentrales Merkmal der Digitalisierung ist die Geschwindigkeit, mit der sie voranschreitet. Neue Anwendungen verlangen von den Unternehmen, immer auf dem neuesten Stand zu sein und ebenso schnell wie flexibel auf Neuerungen reagieren zu können. „Deswegen haben wir vor zwei Jahren den sogenannten ‚Kulturwandel 4.0‘ ins Leben gerufen. Das bedeutet flachere Hierarchien, mehr Teamarbeit, stärkere Verantwortung für die Teams. Die Zeit von ‚command and control‘ ist vorbei“, erklärte Michael Otto, der seit 2013 Ehrenbürger Hamburgs ist.

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Der Vorgesetzte heute habe Zielsetzungen und Aufgabenstellungen zu definieren und müsse das Umfeld schaffen, dass das Team zur Zielerreichung brauche. Jedes Teammitglied verfüge in seinem speziellen Bereich über sehr viel mehr Wissen als der Vorgesetzte. Für die mittlere Führungsebene bedeute das eine gewaltige Umstellung, da sie nicht mehr alles in jeder Phase kontrollieren könne, so Otto. Auf der anderen Seite sorgt die neue, strukturiertere Form der Zusammenarbeit für mehr Effizienz. „Es wird schnell getestet, Fehler werden erkannt, akzeptiert und korrigiert“, erklärte der Otto-Chef und verwies z.B. auf die enge Kooperation zwischen IT und Fachbereichen. Der Kulturwandel bei der Otto Group setzt sich an den Arbeitsplätzen fort. Die Büroflächen werden offen gestaltet und bieten Möglichkeiten zur Kommunikation. „Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung, um die Digital Natives, die wir dringend im Unternehmen brauchen, zu gewinnen. Die Mitarbeiter haben heute ganz andere Vorstellungen und Ansprüche“, betonte Michael Otto. Als Faktoren nannte er eine flexible Arbeitseinteilung, Selbständigkeit oder auch die Bereitstellung von Obst und Getränken. Die „jungen Digital Natives mit großem Wissen“ zahlten das mit großer Motivation und hoher Einsatzbereitschaft zurück, resümierte der Hamburger Unternehmer zum Schluss. Nach einer Diskussionsrunde mit dem Publikum erhielt Michael Otto von Pieter Wasmuth, Mitglied im Landesvorstand, den beim Wirtschaftsrat mittlerweile obligatorischen Miniatur-Container mit diversen Leckereien aus dem Norden. Im Rahmen der Veranstaltung wurden außerdem Ludolf Baron von Löwenstern und Dr. Claus Liesner offiziell als Kommissionsvorsitzende verabschiedet. Mehr als 20 Jahre lang leiteten sie die Landesfachkommission ITK, die 2015 in Internet & Digitale Wirtschaft umbenannt wurde. Pieter Wasmuth würdigte die Weitsicht der beiden langjährigen Wirtschaftsrat-Mitglieder und zollte ihnen gleichzeitig Respekt, das Feld nun der jüngeren Generation zu überlassen. Beide bekamen eine von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble signierte Ausgabe seines Buches „Anders gemeinsam“ über■ reicht. 39


AKTUELLES Energiewirtschaft

Industrielle Abwärmenutzung

Beitrag zur Wärmewende in Hamburg

Ein zentraler Meilenstein auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und besserem Klimaschutz liegt in der Wärmewende als wichtigem Teil der Energiewende.

Das Projekt: Verlauf der Fernwärmetrasse – Lageplan

Ulf Gehrckens Senior Vice President Corporate Energy Affairs Aurubis AG

Die Freie und Hansestadt Hamburg

(FHH) ist bestrebt, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 und bis 2050 um 80 Prozent zu senken sowie mittelfristig die Fernwärmeversorgung klimaverträglicher zu gestalten. Die Nutzung bzw. Einbeziehung industrieller Abwärme im Rahmen des zukünftigen Wärmekonzepts der FHH ist ein wesentliches Ziel der Koalitionsvereinbarung/ Bürgerschaft und auch der Bundesregierung. Dies gilt in besonderem Maße für eine Metropole wie Hamburg mit rund 900.000 Wohnungen. Der Energiebedarf für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung im Gebäudebereich liegt bei 40 Prozent des Gesamtenergiebedarfs und damit weitaus höher als die Energiebedarfe in den Sektoren Verkehr und Industrie. Mithin sind die Gebäude für etwa 27 Prozent der CO2-Emmissionen in Hamburg verantwortlich (Quelle: BUE). Heute ist die Wärmeversorgung in Hamburg geprägt durch dezentrale, gasbefeuerte Heizungsanlagen und durch ein großes, zentrales Fernwärmenetz, dessen Wärmeerzeugung auf konventionellen Großkraftwerken, sprich der Wärmegewinnung aus Kohle, Gas und Abfall basiert. 40

Quelle Grafiken: Aurubis AG

Im Sinne des Volksentscheids soll der Rückkauf der Wärmenetze klimafreundlich, bezahlbar und demokratisch kontrolliert umgesetzt werden. Weil es bei Wärme auch immer um die Erzeugungsanlagen geht, steht seit dem Volksentscheid die Frage nach einer geeigneten Nachfolge des Kohlekraftwerks Wedel aber auch des Heizkraftwerks Tiefstack im Fokus der Diskussion. In den vergangenen Monaten hat die BUE u.a. die ökonomischen und ökologischen Potenziale erneuerbarer Wärmequellen durch Gutachten prüfen lassen, um zu klären, wie eine Wärmeversorgung im Sinne des Volksentscheids aussehen könnte. Auf dieser Basis werden momentan unterschiedliche Optionen diskutiert: Ziemlich sicher ist, dass die Stadtreinigung auf ihrem Gelände Stellinger Moor eine neue Anlage errichten wird, in der aus Müll Biogas und Wär-

me erzeugt wird. Darunter könnte in einem versalzenen Grundwasserleiter ein Wärmespeicher entstehen, der z.B. industrielle Abwärme, die im Sommer nicht benötigt wird, mehrere Monate lang speichern kann. Südlich der Elbe liegen große Potenziale für Erneuerbare Energien, zum Beispiel durch die Einbindung einer Abwasser-Wärmepumpe (Dradenau), durch Wärme aus der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm oder durch industrielle Abwärme (von den Unternehmen Aurubis, Trimet und Arcelor). Solarthermische Komponenten spielen auch eine Rolle, haben aber die Problematik, dass die meiste Wärmelieferung dort zu Zeiten des geringsten Bedarfs erfolgt. Daneben hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg schon immer neben Hafen und Logistik als ein Industriestandort etabliert. Im Bereich dieser Industrien

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AKTUELLES Energiewirtschaft

Schema Säurekühlung heute und zukünftig

und der damit verbundenen industriellen Abwärme – wie z.B. die der Aurubis AG – ist eine große Wärmemenge gebunden, die das Potenzial haben, nachgenutzt zu werden, sofern sie über 90°C betragen. In unmittelbarer Nähe zum Werk Hamburg der Aurubis AG befindet sich das von der enercity Contracting Nord GmbH (eCGN) versorgte Neubaugebiet „östliche HafenCity“. Die energetischen Anforderungen an Neubauten steigen stetig. Insbesondere im innerstädtischen Bereich und in Metropolen werden Investoren und Bauherren zunehmend gefordert – die Energiekonzepte für einzelne Gebäude werden immer komplexer. Vor diesem Hintergrund realisiert eCGN in der östlichen HafenCity eine zukunftsweisende Wärmeversorgung mit Einsatz modernster Technik, erneuerbarer und lokaler Energien, um den aktuellen und zukünftigen energetischen Anforderungen gerecht zu werden. Die Nutzung der Abwärme wird hierbei von eCGN als besonders nachhaltig gesehen, weil unabhängig von Umweltfreundlichkeit der CO2-freien Abwärme insbesondere auf den Bau zusätzlicher innerstädtischer Wärmeerzeugungsanlagen verzichtet werden kann. Am 17.02.2017 haben Aurubis und die eCGN vertraglich vereinbart, industrielle Abwärme aus dem Hamburger Aurubis-Werk für die Fernwärmeversorgung der östlichen Hafencity zu nutzen. Hierzu koppelt Aurubis CO2-freie Wärme aus, die in der sogenannten Kontaktanla-

ge während der Umwandlung von Schwefeldioxid – ein Nebenprodukt, das bei der Kupferschmelze anfällt – zu Schwefelsäure entsteht. Somit kann die Versorgung der östlichen Hafencity ab Mitte 2018 mit CO2-freier Abwärme erfolgen. Die Kontaktanlage arbeitet derzeit bei 65°C. Dort steigt die Korrosionsrate der zu kühlenden Schwefelsäure mit steigender Temperatur, weshalb mit der heutigen Installation und den dabei verwendeten Materialien eine Wärmeauskopplung auf einem auskömmlichen und für die Wärmeversorgung notwendigen Temperaturniveau nicht möglich ist. Durch prozesstechnische Änderungen, den Austausch diverser Anlagenteile und Optimierung der Steuerung werden die Voraussetzungen geschaffen, diese Schwefelsäuretemperatur zu erreichen. Die Wassertemperatur des für die Fernwärme genutzten Kühlwassers liegt dann bei 90°C (60°C Rücklauf). Die Lieferung der Wärme würde seitens Aurubis nach Können und Vermögen sowie unbesichert erfolgen, daher ist ein Spitzenlast- und Besicherungsheizwerk – ggf. in Kombination mit einem Wärmespeicher – zwingend erforderlich. Die Investitionen in die Wärmetrasse ab Werksgrenze sowie die Kosten für die Besicherung (Spitzen-/Ersatzheizwerk) der Aurubis-Abwärme werden von eCGN getragen. Auch tätigt eCGN die Mehrinvestitionen für eine vergrößerte Fernleitungstrasse mit einer Leistung bis zu 60 MW ab Werksgrenze bis zur „Hafen-

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City Ost“. Damit könnte zu einem späteren Zeitpunkt die „erweiterte Variante“ realisiert werden: Denn Aurubis wäre es technisch möglich, rund die dreifache Menge an industrieller Abwärme für das Hamburger Fernwärmenetz bereitzustellen. Hierzu werden bereits intensive Gespräche mit potentiellen Wärmeabnehmern wie Vattenfall Wärme Hamburg und Hansewerk geführt. Nutzt man das volle Potenzial, wäre es sogar möglich, rund 140.000 t CO2/a einzusparen. Zum Vergleich: Im Rahmen der Freiwilligen Selbstverpflichtung 2013-2018 hat die Hamburger Industrie sich ein Ziel von insgesamt 150.000 t CO2/a gesetzt. Grundsätzlich sollte für Industriebetriebe die Möglichkeit gegeben sein, die so bei Dritten (bei Haushalten) eingesparten CO2-Emissionen auf dem eigenen CO2Konto gegenzurechnen. Die Pläne der Bundesregierung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes gehen für viele Industriebetriebe weit über das heute physikalisch erreichbare hinaus. Hierfür wäre das ein ideales Ventil. Die CO2-Einsparungen bei Haushalten durch sinnvolle Kooperation mit Wärmeversorgern böte den Industriebetrieben eine realistische Möglichkeit die gesteckten Ziele auch wirklich zu erreichen. Hier muss die Politik aber noch stark nacharbeiten, denn eigentlich ist es nicht gerecht, wenn Industriebetriebe für jede zusätzliche Tonne CO2-Ausstoß im Werk zahlen sollen, für die eingesparten in den Haushalten aber keine entspre■ chende Kompensation erhalten. 41


JUNGER WIRTSCHAFTSRAT

Ökonomischer Ausblick auf 2017 Junge Unternehmer informieren sich zum Jahresauftakt beim Bankhaus Lampe

v.l.: Dr. Alexander Krüger, Chefvolkswirt Bankhaus Lampe KG, Friederike Hagenbeck und Niederlassungsleiter Matthias Schneider

Text: Hauke Meisner

Z um diesjährigen Jahresauftakt hatte der Junge Wirtschaftsrat Hamburg seine Mitglieder in das Bankhaus Lampe eingeladen. Dort gab Dr. Alexander Krüger, der Chefvolkswirt der Privatbank, den Gästen einen Ausblick auf die ökonomischen Erwartungen und Herausforderungen im Jahr 2017. Mit Matthias Schneider begrüßte der Hausherr die zahlreich vertretenen Mitglieder des Jungen Wirtschaftsrates persönlich und leitete mit einer kurzen Vorstellung des Bankhauses in den Abend ein. Der Niederlassungsleiter stellte aus den vorher geführten Gesprächen fest, dass 100 Prozent der Gäste noch nicht in den Räumlichkeiten am Ballindamm zu Gast waren und freute sich umso mehr über die große Resonanz. Zu Beginn seines Vortrags umriss Alexander Krüger die wesentlichen Entwicklungen im makroökonomischen Umfeld. Dazu zählte er ein moderates Wachstum der Weltwirtschaft, eine weiterhin ultra-expansive Geldpolitik, volatile Rentenmärkte und leicht positive Entwicklung der Aktienmärkte. Trotz oder gerade wegen der überall auf der Welt aufflammenden Krisenherde sei es nicht unwahrscheinlich, dass diese Szenarien eintreffen werden. Das Wachstum der Weltwirtschaft werde u.a. durch ein anhaltend niedriges Produktivitätswachstum gebremst, so Krüger. Um die Produktivität wieder zu steigern, müsse sich z.B. die Null- und Negativzinspolitik ändern und die Tendenz hin zum Protektionismus bekämpft werden.

Im Weiteren wandte sich der Ökonom der Eurozone zu. Für den Euroraum erwartet er ein moderates Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, eine regenerierende Inflationsrate und einen weiterhin niedrigen Leitzins. Zudem werde die Europäische Zentralbank (EZB) langsam aus ihrem Wertpapierkaufprogramm aussteigen: ■ Als Treiber des Bruttoinlandsprodukts sieht Krüger in erster Linie Deutschland und Frankreich. Um die schwächeren Länder der Eurozone zu stützen, werde die EZB den Leitzins niedrig halten (müssen). ■ Die steigende Inflationsrate führt der Wirtschaftsexperte u.a. darauf zurück, dass der Ölpreis im letzten Jahr fast dauerhaft um 20 bis 30 Prozent niedriger gelegen habe als noch in 2015. Erst gegen Ende des vergangenen Jahres habe der Preis wieder angezogen und lasse nun die Inflationsrate steigen. „Der Anstieg wird sich bei 1,6 Prozent halten und dann in eine Seitwärtsbewegung übergehen“, prognostizierte Krüger. ■ Da die Europäische Zentralbank nur maximal 33 Prozent der Staatsanleihen eines Landes kaufen dürfe und diese Grenze bei vielen Staaten bald erreicht sei, werde sich die EZB langsam aus diesem Programm zurückziehen und es bis Ende 2018 ganz beenden müssen. Dem Vortrag folgte eine angeregte Diskussionsrunde. Auf Einladung des Gastgebers wurden die Gespräche beim an■ schließenden Get-together fortgesetzt.

FRAGEN AN EIN MITGLIED Warum sind Sie Mitglied im Jungen Wirtschaftsrat? Sowohl Hamburg als auch Deutschland insgesamt stehen vor großen Herausforderungen, um auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ich bin Mitglied im Wirtschaftsrat geworden, da sich dieser auf Basis der Werte der Sozialen Marktwirtschaft aktiv in wirtschaftspolitischen Themen einbringt. Den Landesverband Hamburg möchte ich dahingehend unterstützen. Welche inhaltlichen Themen möchten Sie weiter voranbringen? Als Mitglied der „Jungen Generation“ sind für mich insbesondere die Herausforde-

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Ina Schacht Steuerberaterin, PKF Fasselt Schlage Partnerschaft mbH

rungen des demografischen Wandels (Rentenpolitik, Investitionspolitik, Infrastrukturpolitik) von Interesse. Ich hoffe auf einen regen Austausch zu diesen Themen im Rahmen des (Jungen) Wirtschaftsrates, in den ich mich gerne einbringen möchte.

Wie bewerten Sie die Gemeinschaft der Mitglieder untereinander? Ich habe schon einige interessante Veranstaltungen des (Jungen) Wirtschaftsrates besucht und bin dort sehr offen und herzlich aufgenommen worden. Ich freue mich auf viele anregende und bereichernde Begegnungen und die kommenden Veranstaltungen.

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LANDESFACHKOMMISSION Energie- und Industriepolitik

Innovationsallianz NEW 4.0 – Der Energiewende auf der Spur Am Technologiezentrum Energie-Campus Hamburg werden Lösungen für die Energiewende erforscht Text: Ulf Gehrckens

Deutschland hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis zum Jahre 2050 sollen rund 80 Prozent des Strom- und 50 Prozent des Wärmebedarfs der Bundesrepublik mit regenerativen Energien gedeckt werden. Gleichzeitig muss die Energieversorgung sicher und stabil bleiben. Das Problem: Abhängig von Wind- und Sonnenverhältnissen kann die Produktion Erneuerbarer Energie stark schwanken. Konstanz und Stabilität der Energieversorgung, essenziell für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sind nicht gewährleistet. Das CC4E: Mehr als eine Forschungseinrichtung Mit genau diesem Problem beschäftigen sich Wissenschaftler am 2014 eröffneten „Technologiezentrum Energie-Campus Hamburg“ (CC4E), das die Landesfachkommission Energie- und Industriepolitik im Februar besichtigte. Am CC4E in Bergedorf werden innovative Lösungen für das Zusammenwirken von Energieerzeugung, -verbrauch und -speicherung entwickelt und getestet. Dazu stehen ein Windlabor und ein Smart Grid-/ Demand Side Integration-Labor zur Verfügung. Ein Windpark mit fünf Windenergieanlagen der zwei bis drei MegawattKlasse befindet sich derzeit noch im Aufbau. Prof. Dr. Werner Beba, Leiter des CC4E, erläuterte den Besuchern des Wirtschaftsrates, dass es am Energie-Campus um mehr als reine Forschungserkenntnisse zur Energiewende gehe. Die Einrichtung fokussiere sich auf die folgenden drei Kernbereiche: ■ Wissensorientierung: Das Zentrum dient dem Technologietransfer und soll das wachsende Cluster Erneuerbare Energien sowie den Wissenschaftsstandort Hamburg an sich stärken. ■ Unternehmensorientierung: Das CC4E versteht sich als Keimzelle für die Ansiedlung von Unternehmen der Erneuerbaren-Energien-Branche, insbesondere der Windbranche. Deren Forschungsvorhaben sollen gefördert sowie Neu- und Existenzgründungen angeregt werden. Nicht zuletzt geht es um die Weiterbildung und Qualifizierung von Fachkräften. ■ Bürgerorientierung: In einem Bürgerinformationszentrum werden im offenen Dialog Wissen und Informationen vermittelt, um in der Bevölkerung Akzeptanz für die Energiewende zu schaffen. Unterstützung und Eigenverantwortung sollen so im Hinblick auf Nachhaltigkeit und die Energiewende im persönlichen Umfeld angeregt werden. Aktuelle und zukünftige Projekte Im Sinne der skizzierten Unternehmensorientierung ist das Technologiezentrum in Bergedorf an zahlreichen Projekten und Kooperationen beteiligt, so z.B. mit dem renommierten Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik WIR IM NORDEN | 1/2017 | Landesverband Hamburg

Prof. Dr. Werner Beba, Projektkoordinator „NEW 4.0“ und Leiter des Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz, kurz CC4E

(IWES). Das Institut gründet auf dem Energie-Campus eine neue Abteilung zum Test gewaltiger Blattlager für künftige Windenergieanlagen. Zu diesem Zweck wird auf dem Bergedorfer Gelände ab Frühjahr ein Großprüfstand für Pitchlager errichtet. Die Stadt Hamburg investiert etwa 8,3 Millionen Euro, das Bundeswirtschaftsministerium beteiligt sich mit rund zwölf Millionen Euro. Involviert ist das CC4E nicht zuletzt in die viel beachtete Innovationsallianz „NEW 4.0“. Norddeutsche Blaupause für die Energiewende: NEW 4.0 NEW 4.0 ist laut Werner Beba die länderübergreifende Antwort von Hamburg und Schleswig-Holstein auf das Jahrhundertprojekt Energiewende. Dabei steht „NEW“ für die Norddeutsche EnergieWende und „4.0“ spielt auf die vierte industrielle Revolution durch die Digitalisierung an, Stichwort smarte Vernetzung der Systeme. Die Innovationsallianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik soll zeigen, wie die Gesamtregion mit 4,5 Millionen Einwohnern bereits 2035 mit sicherer, kostengünstiger und umweltverträglicher Energie, d.h. 100 Prozent EE-Stromversorgung bei 70-80 Prozent CO2-Senkung, versorgt werden kann. Die strategische Zielsetzung sieht vor, unter Berücksichtigung einer ganzheitlichen Systemintegration von Erneuerbaren Energien die optimale Synchronisation von Erzeugung und Verbrauch zu jedem Zeitpunkt zu realisieren. Dafür wird eine Doppelstrategie genutzt: ■ Auf der einen Seite soll der Stromexport in andere Regionen durch effiziente Nutzung und den Ausbau der Energieinfrastruktur in der Region, z.B. mit virtuellen Kraftwerken, Batteriespeichern, Hochtemperatur-Speichern, Druckluftspeichern etc., gesteigert werden. ■ Auf der anderen Seite will man eine Erhöhung der energetischen Selbstverwertungsquote für regionale, regenerative Erzeugungspotenziale mit Hilfe konsequenter Flexibilisierung und Sektorenkopplung auf Basis konvergenter Informations- und Kommunikationstechnologien (Power-to-Heat, Power-to-Gas, BHKW, Power-to-Steel, KWK, Power-to-Steam) erreichen. Im Anschluss an den Vortrag von Professor Beba hatte die Kommission Gelegenheit zu einem Rundgang durch das Tech■ nologiezentrum. 43


LANDESFACHKOMMISSION Gesundheitswirtschaft

Bürgerversicherung? Nein, danke! Die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag findet am 24. September 2017 statt. Eines der zentralen Wahlkampfthemen wird die sogenannte „Bürgerversicherung“ sein. Was sich im ersten Moment nach einer fairen Lösung für ALLE anhört, führt tatsächlich in die gerade nicht gewollte Zwei-Klassen-Medizin.

E s ist eine altbekannte Idee, die die Parteien links der Mitte alle

paar Jahre wieder aus ihrer Wahlkampfschublade holen: Die Bürgerversicherung, von der SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach behauptet, „dass jeder Versicherte gleich behandelt wird, unabhängig von Herkunft und Einkommen.“ Möglichst alle Bürger sollen in einem einheitlichen System krankenversichert sein. Falsche Versprechungen Dabei stützen sich die Genossen nur zu gern auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die u.a. eine Entlastung des Staats um 60 Milliarden Euro bis 2030 voraussagt, wenn die Beamten-Beihilfe zur privaten Krankenversicherung abgeschafft würde. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, kommentierte dazu: „Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass sich die Autoren hier ein Szenario zurecht gezimmert haben, das jeglichen rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Realitätssinn entbehrt.“ Mit dieser deutlichen Kritik steht Montgomery nicht alleine da.

Wer die öffentliche Diskussion um die Bürgerversicherung in den letzten Monaten verfolgt hat, stellt fest, dass das Thema vor allem ein emotionales ist und SPD und Grüne ganz bewusst auf den Neidreflex in der Bevölkerung setzen. Alles muss einheitlich und gleichverteilt sein, so die Botschaft. Dass die Realität anders aussieht, zeigt schon die Tatsache, dass rund 24 Millionen (!) gesetzlich Versicherte in Deutschland eine private Krankenzusatzversicherung haben. Das „Einheitliche“ reicht ihnen offenbar nicht aus. 44

Dr. Ulrich Möllers Vorsitzender der Landesfachkommission

Die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung (PKV), nichts anderes würde die Bürgerversicherung bedeuten, hätte tiefgreifende und vor allem negative Folgen für das deutsche Gesundheitssystem – und würde genau diejenigen treffen, die die SPD mit ihren Versprechungen locken will: Aktuell haben wir ein erfolgreiches Dualsystem mit einer Versorgungsstruktur und zwei Versicherungssystemen, das genügend individuelle Differenzierungsmöglichkeiten bietet. Die Bürgerversicherung schafft dagegen Parallelstrukturen mit privilegiertem Zugang, d.h. exklusiven Privatpraxen und vermögenden Barzahlern. Duales System ist ein Erfolgsmodell Es wäre äußerst leichtsinnig, ein bewährtes Versicherungssystem aus ideologischem und Wahlkampfkalkül heraus aufs Spiel zu setzen. Das deutsche Modell punktet u.a. durch einen umfangreichen Leistungskatalog, kurze Wartezeiten, geringe Selbstbeteiligungen und einen hohen Versorgungsstandard. Großbritannien und die Niederlande müssen uns Warnungen sein, dass der Wechsel zu einem Einheitssystem, insbesondere für die arme Bevölkerung und auch die Mittelschicht, zum Problem würde. Die Zwei-Klassen-Medizin würde zur Realität. Die Private Krankenversicherung leistet einen unverzichtbaren Beitrag für das deutsche Gesundheitssystem, von dem nicht zuletzt die gesetzlich Versicherten profitieren. Die Mehrumsätze aus der privaten Versicherungswirtschaft, immerhin 12,45 Milliarden Euro pro Jahr, stehen dem Gesundheitswesen zusätzlich zur Verfügung. Nur so kann der hohe Qualitätsstandard gehalten, nur so können Kliniken in hochwertige Ausstattung investieren. Rund 68.000 Menschen sind in Deutschland im PKVSystem beschäftigt. Bei Einführung der Bürgerversicherung würden je nach Szenario ein Drittel bis Dreiviertel dieser Arbeitsplätze verloren gehen. Wenn man schon die Bürgerversicherung fordert, dann müssen auch solche Fakten ehrlicherweise auf den ■ Tisch.

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LANDESFACHKOMMISSION Wachstum & Innovation

E-Health – Digitalisierung der Medizin Bei der ersten Sitzung der Landesfachkommission Wachstum & Innovation im neuen Jahr berichtete Dr. John Friedrich Näthke, Geschäftsführer der HELIOS Klinik Schleswig von den Digitalprojekten seines Unternehmens.

Wachstumsbranche Gesundheitswirtschaft Es sind vor allem die US-amerikanischen Giganten Apple, Google/Alphabet, Microsoft, Amazon und Facebook, die mit einer Marktkapitalisierung von je 400 – 650 Milliarden US-Dollar (entspricht der Reihenfolge der zuvor genannten Unternehmen) die Digitalisierung in allen Lebensbereichen entscheidend und unaufhaltsam vorantreiben. Eine Firma wie IBM, immerhin eines der weltweit führenden Unternehmen für Hardware, Software und Dienstleistungen im IT-Bereich, zählt in diesem Vergleich mit rund 167 Milliarden U.S.-Dollar bereits „nur noch“ zum Mittelfeld. Und das, obwohl sich IBM mit ihrer künstlichen Intelligenz „Watson“ anschickt, den Arbeitsmarkt für qualifizierte Dienstleistungen, wie den der Pathologie, zu revolutionieren. Die Digitalisierung ist zugleich Treiber und Grundlage für neue, innovative Produkte und Dienstleistungen aller Art – nicht zuletzt im Gesundheitssektor. Angesichts der Tatsache, dass die Gesundheitswirtschaft in den USA 17,5 Prozent (ca. 3.200 Milliarden US-Dollar) und in Deutschland 11 Prozent (ca. 350 Milliarden Euro) des Bruttoinlandsproduktes ausmacht, werden die enormen Produktivitätspotenziale im Zuge der Digitalisierung deutlich: Verschiedene U.S.-Studien sehen ein Kosteneinsparungspotenzial von mindestens 10 Prozent. Vermutlich liegt es noch deutlich höher. Diese Perspektive kommt der demographischen und/oder strukturellen Belastung der Budgets der Industriegesellschaften sehr entgegen. Vor diesem Hintergrund positionieren sich nun kleinere Wettbewerber. Entweder global, wie z.B. Philips mit seiner digitalen Plattform „HealthSuite“, oder regional. Hier geht es nicht nur um Medizintechnik, sondern auch um Gesundheitsdienstleistungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Optimierung der Kundenwahrnehmung und damit der Kundenzufriedenheit, sei es die der Patienten, sei es die der behandelnden Ärzte. Ziel ist es, das digitale (Online-)Erlebnis und die physische (Offline-) Erfahrung nahtlos ineinander übergehen zu lassen. Digitalprojekte im Krankenhaus-Praxistest Ein anschauliches Beispiel dafür, wie eine solche Verknüpfung trotz der enormen rechtlichen und regulatorischen Hürden an der Schnittstelle Patient-Krankenhaus aussehen könnte, liefert die HELIOS Klinik Schleswig. Bei der ersten Sitzung der Landesfachkommission im neuen Jahr erläuterte deren Geschäftsführer Dr. John Friedrich Näthke die Digitalprojekte der Klinik. Eines der wichtigsten Projekte von HELIOS ist ein OnlineÄrzteportal, über das niedergelassene Mediziner z.B. EntWIR IM NORDEN | 1/2017 | Landesverband Hamburg

Dr. Hubert Baltes Vorsitzender der Landesfachkommission

lassungsbriefe, Operationsberichte oder Röntgenbilder ihrer Patienten abrufen können. „Das ist ein hochkomplexes Thema“, sagte Dr. Näthke. Insbesondere die weit verbreitete Skepsis vieler Patienten und die strengen Anforderungen der Datenschützer stellten hohe Hürden für das Projekt dar, das sich aktuell in der Testphase befinde. Zudem müsse auch der Arzt vor Ort in seiner Praxis erst einmal die technischen Voraussetzungen schaffen, Stichwort Verschlüsselung, um das Portal nutzen zu können. Dr. Näthke betonte in diesem Zusammenhang, dass die Klinik großen Wert auf „Opt-in-Verfahren“ lege. Heißt: Die Datenhoheit liegt bei den Patienten. Wie er weiter erläuterte, ist das Patientenportal „hello“ eines der zentralen Digitalprojekte der Klinik. Das Besondere ist, dass das Portal als Inkubator für Start-ups dient, die Lösungen mit unmittelbarem Nutzen für Patienten entwickeln. Schon jetzt bietet das Portal ein breites Leistungsspektrum für Patienten wie den Abruf von Checklisten für die Vor- und Nachsorge oder die Anforderung von Behandlungsunterlagen. Trotz der Vorteile begegneten die Patienten dem Angebot mit Zögern, so Dr. Näthke. Ihnen sei nicht klar, welche persönlichen Daten wofür genutzt würden. Hier sieht der Geschäftsführer auch die Ärzte in der Pflicht, durch offene Kommunikation und Aufklärung Vertrauen zu bilden. Weitere, bundesweit laufende Digitalprojekte der Helios Kliniken sind u.a. eine Info-SMS an Angehörige nach OP-Ende und Entlassung, ein Online-Messenger zur Kommunikation zwischen Arzt und Patient oder ein Wartezeitenmonitor in der Notaufnahme. Fast alle Helios-Projekte stellen hohe Anforderungen an den Datenschutz und erfordern das Einverständnis der Patienten, zum Teil auch der Angehörigen. Dass es aber auch unkompliziert geht, zeigt zumindest das Digitalprojekt HappyMed: Hierbei handelt es sich um ein System bestehend aus Videobrille und Kopfhörer, das den Patienten während einer Behandlung ablenken und so zur Angst- und Stressreduktion beitragen soll. Laut Dr. Näthke ist diese Lösung sehr effektiv und bei den Patienten beliebt. ■

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LANDESFACHKOMMISSION Junges Hamburg

Quo vadis Blockchain? Ursprünglich entwickelt für die Kryptowährung Bitcoin, ermöglicht die sogenannte Blockchain-Technologie eine nachweisbare Transaktionsabsicherung zwischen unbekannten Parteien ohne eine zentrale Instanz.

Blockchain ist als neue Form einer Datenbank ein digitaler Kontoauszug für Transaktionen zwischen Computern, die jede Veränderung genau erfasst, sie dezentral und transparent auf viele Rechner verteilt speichert und daher kaum manipulierbar sein soll. Das Schlagwort „Blockchain“ dominiert derzeit – wie kaum eine andere technologische Neuheit – vor allem im Finanzbereich die Diskussionen in den Medien. Hintergrund dessen ist, dass Blockchain ein sich selbst regulierendes System ermöglicht. Statt über organisatorische oder gesetzliche Regelungen, reguliert sie über technische Algorithmen. So bedeutet dezentrale Speicherung, dass das Protokoll, also die riesige Datenbank, nicht auf einem Server oder bei einem Unternehmen liegt, sondern über viele Computer verteilt ist. Keine Behörde, Unternehmen oder Person hat Macht über dieses Journal. Jeder Teilnehmer hat die gleichen Zugriffsrechte und Möglichkeiten. Der Schutz vor Manipulation ist nur dann in Gefahr, wenn ein Angreifer mehr als 50 Prozent des gesamten Netzes innehat. In einem dezentralen System, wie es Blockchain ist, gibt es keinen zentralen Verwalter mehr, der sagt, was richtig und was falsch ist. Wahr ist einfach das, was die Mehrheit sagt. Die Parteien sind die Teilnehmer, die an einer auf Blockchain basierenden Lösung teilnehmen und den jeweiligen Regeln der Blockchain folgen. Blockchain ermöglicht Transaktionen direkt zwischen den Teilnehmern ohne Einbezug eines kostenpflichtigen Intermediär. Die Transparenz der Blockchain, also dem Journal oder der Datenbank, entsteht dadurch, dass das Journal ständig durch ein Netzwerk sogenannter Miner kontrolliert wird. Diese Miner verifizieren Block für Block die hinterlegten Informationen und

Dr. Christian Conreder Vorsitzender der Landesfachkommission

teilen sie im Netzwerk, in dem jeder Teilnehmer Zugriff auf dieselbe Blockchain hat. Die Fähigkeit der direkten sicheren Transaktionsabwicklung macht den Ansatz über den Finanzsektor hinaus interessant und könnte das häufig komplexe Interbankenverhältnis, insbesondere bei Cross Currency Transaktionen, vereinfachen und beschleunigen. Überall dort, wo zentrale Dienstleister, Vermittler, Treuhänder oder Notare aktiv sind, könnte nach Ansicht der Anhänger der Blockchain die neue Technologie eine Alternative darstellen. Auch Verwaltungen befassen sich bereits mit der Technologie. Ein amerikanisches Start-up entwickelt Anwendungen, um Grundbücher über die Blockchain-Technologie abzubilden. In Estland gibt es seit Längerem mit „Keyless Signature Infrastructure“ eine Lösung, mit der Bürger die Integrität ihrer Daten in Verwaltungsregistern prüfen können. Es verhindert zugleich, dass innerhalb des Verwaltungsnetzes Daten missbräuchlich verwendet werden. Auch im Vereinigten Königreich hat das Government Office for Science das Thema in einer Studie untersucht. Die Landesfachkommission „Junges Hamburg“ wird sich bei ihrer nächsten Sitzung mit dem Thema „Blockchain“ auseinandersetzen und insbesondere diskutieren, ob der Einsatz dieser jungen Technologie zukunftsweisend auch für die Stadt Hamburg ■ sein kann.

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LANDESFACHKOMMISSION

Personelle Änderungen Text: Christian Ströder

B ereits in der letzten Ausgabe dieses Magazins (4/2016) wurde berichtet, dass Ludolf Baron von Löwenstern und Dr. Claus Liesner sich nach mehr als 20 Jahren vom Vorsitz der Landesfachkommission Internet & Digitale Wirtschaft zurückgezogen haben. Am 21. Februar wurden sie im Rahmen einer Abendveranstaltung des Wirtschaftsrates (s. Bericht S. 38) offiziell verabschiedet. Neuer Vorsitzender der Landesfachkommission Internet & Digitale Wirtschaft ist Peter F. Schmid, Geschäftsführer der Wer liefert was? GmbH. Seine Stellvertretung übernimmt Tim Hoffmeister, Mitglied der Geschäftsleitung der Cognizant Technology Solutions GmbH.

Peter F. Schmid

Tim Hoffmeister

Auch die Landesfachkommission Immobilienwirtschaft steht unter neuer Führung: Florian Sauer, Managing Director der ECE Office Traffic Industries G.m.b.H. & Co. KG, hat den Kommissionsvorsitz von Stefan Spilker, Geschäftsführer der BECKEN DEVELOPMENT GMBH, übernommen. Sven Göller, Head of Real Estate Development Germany North der PATRIZIA Deutschland GmbH, und Björn Jesse Direktor / Mitglied der Geschäftsleitung der Drees & Sommer Projektmanagement und bautechnische Beratung GmbH, teilen sich die Funktion des Stellvertreters.

Pieter Wasmuth (rechts), Vorstandsmitglied des Wirtschaftsrates Hamburg, überreichte Ludolf Baron von Löwenstern (links) und Dr. Claus Liesner zum Abschied eine von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble signierte Ausgabe seines Buches „Anders gemeinsam“.

„Im Namen des Landesvorstandes danke ich Ludolf Baron von Löwenstern, Dr. Claus Liesner und Stefan Spilker für ihre hervorragende Arbeit in ihren Kommissionen. Gleichzeitig freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit ihren Nachfolgern und bin sehr zuversichtlich, dass die Kommissionen mit ihrer Expertise wichtige Impulse für die Stadt Hamburg setzen können“, erklärt der Landesgeschäftsführer Hauke Harders.

Florian Sauer

Sven Göller

Björn Jesse


AKTUELLES Vorschau

6. Norddeutscher Wirtschaftstag in Hamburg

Innovatives Norddeutschland Nach Stationen in Hannover, Rostock/Warnemünde, Bremerhaven und zuletzt Lübeck ist es wieder soweit: Der Norddeutsche Wirtschaftstag – kurz NWT – kehrt endlich wieder in seine „Heimat“ Hamburg zurück. Das Timing könnte kaum besser sein: Auf den Tag genau elf Jahre zuvor, nämlich am 11. Mai 2006, fand hier der erste NWT statt.

Der Leitgedanke, aus dem die

Veranstaltung damals geboren wurde, ist heute aktueller denn je: Nur durch die Bündelung und Strukturierung ihrer Kräfte können die norddeutschen Bundesländer die Herausforderungen der Zeit meistern. Zu den größten Herausforderungen zählt ganz sicher die Digitalisierung. In einem nie zuvor gekannten Tempo krempelt sie ganze Branchen um und verlangt Unternehmen hohe Anpassungsfähigkeit und Kreativität für neue, innovative Geschäftsmodelle ab. Industrie 4.0, Big Data, Cloud Computing und Automated Driving sind nur einige der Begriffe, die den unaufhaltsamen Prozess der Digitalisierung beschreiben. Vor diesem Hintergrund steht der Norddeutsche Wirtschaftstag 2017 unter dem Leitthema „Innovatives Norddeutschland – Gemeinsam in die Zukunft“. Prominente Keynote-Speaker, zwei hochkarätig besetzte Podien, exklusive Gesprächspartner und ein buntes Rahmenprogramm: Das alles bietet der Norddeutsche Wirtschaftstag 2017. Am 11. Mai laden die fünf norddeutschen Landesverbände des Wirtschaftsrates unweit des Bahnhofs Dammtor in das Grand Elysée Hotel Hamburg ein. Zu den Speakern gehören u.a. EU-Kommissar Günter Oettinger, der Vorstandsvorsitzende der Jungheinrich AG, Hans-Georg Frey und Friedrich Merz, Vorsitzender Atlantik-Brücke e.V. Schon vor dem offiziellen Beginn der Hauptveranstaltung haben die Teilnehmer am Vormittag Gelegenheit, entweder eine Werksbesichtigung bei der Lufthansa Technik oder bei der Aurubis AG mitzumachen.

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Foto: Grand Elysée Hotel Hamburg

Text: Christian Ströder


AKTUELLES Vorschau

– Gemeinsam in die Zukunft Foto: Lufthansa Technik, HAM TS/M

Option 1: Werksbesichtigung der Lufthansa Technik

Option 2: Werksbesichtigung bei der Aurubis AG

Impressionen aus den Vorjahren:

15.05.2008: Der 2. NWT im Convention Center Hannover

Foto: Aurubis AG

03.09.2015: Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka beim 5. NWT

Beim NWT 2008 sprach Christian Wulff als Niedersächsischer Ministerpräsident

Zu Gast beim 4. NWT in Bremverhaven am 25.04.2013: Karl Gernandt

NWT 2015: WirtschaftsratPräsident Werner Michael Bahlsen

WIR

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AKTUELLES Vorschau

6. Norddeutscher

Foto: Sonja Brüggemann / Lufthansa Technik AG

In diesem Jahr zu Gast:

Dr. Johannes Bußmann Vorstandsvorsitzender Lufthansa Technik AG

Günther Oettinger EU-Kommissar für Haushalt und Personal

Foto: Jochen Rolfes

Foto: Jungheinrich AG

Hans-Georg Frey Vorstandsvorsitzender Jungheinrich AG

Friedrich Merz Vorsitzender Atlantik-Brücke e.V.

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AKTUELLES Vorschau

Wirtschaftstag in Hamburg

Das Programm 9.00 bis 11.00 Uhr

Besichtigung Lufthansa Technik oder Aurubis AG

11.30 bis 12.30 Uhr

Einlass, Begrüßung und Mittagessen (Grand Elysée Hotel Hamburg)

12.30 bis 13.00 Uhr

Offizieller Beginn

13.00 bis 14.15 Uhr

Keynotes

bis 14.45 Uhr 14.45 bis 16.00 Uhr bis 16.20 Uhr

Pause Podium I „Industrie im Norden – Energiepolitk als Standortvorteil?“ Pause

16.20 bis 17.40 Uhr

Podium II „Luftfahrtstandort Deutschland“

17.40 bis 18.00 Uhr

Fazit/Schlussworte

ab 19.00 Uhr

Abendveranstaltung

(Änderungen vorbehalten)

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AKTUELLES Hamburg Messe

MESSE-VORSCHAU 2017 Hamburg Messe und Congress 17.03. – 21.03.2017

Messegelände, Halle A1-A4 und B1-B7 Eingang Mitte, Ost, Süd und West täglich 10 bis 18 Uhr

INTERNORGA – Internationale Fachmesse für Hotellerie, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Bäckereien und Konditoreien

18.03. – 20.03.2017

Eingang Süd, Foyer Süd, OG täglich 10 bis 18 Uhr

FH Nord – Der Branchentreff für das Fleischerhandwerk im Norden

03.04.2017

Halle 4, Eing. Mitte 18 bis 21.30 Uhr

Passenger Experience Conference

04.04. – 06.04.2017

Hallen A1-A4, Eingang Mitte

World Travel Catering & Onboard Services EXPO 2017

04.04. – 06.04.2017

Hallen B1-B4, Hallen B5-B7 Eingang Nord, Ost, Süd

Aircraft Interiors Expo 2017

21.04. – 22.04.2017

Halle A1, Eingang Mitte

Marathon Hamburg Expo 2017

23.04.2017

Freigelände B-Gelände (Fr) Halle B6, Halle B7

HASPA Marathon Hamburg Expo 2017

25.04. – 26.04.2017

Halle A4, Eingang Mitte

PERSONAL2017 Nord spring Messe Management GmbH

28.04. – 29.04.2017

Halle A1, Eingang Mitte

MEGA MESSE 2017 MEGA eG HAFENGEBURTSTAG HAMBURG Das größte Hafenfest der Welt

05.05. – 07.05.2017

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08.05. – 12.05.2017

Hallen B1, B5-B7, Hallen A1, A4 Eingang Mitte, Süd Mo.-Do. 10 bis 18, Fr. 10 bis 16 Uhr

FESPA 2017 & European Sign Expo 2017 inc. Printeriors 2017

09.06. – 11.06.2017

Halle A1, Eingang Mitte Täglich 9 bis 18 Uhr

TransTech17

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ADVERTORIAL

AKTUELLES

Bäderland

Hamburg Messe

Fitness im Wasser macht Spaß ... und ist sehr effizient – diese These wird bei Bäderland durch eine umfangreiche Palette an Aqua Fitness Kursen unter Beweis gestellt.

Ob im tiefen oder stehtiefen Wasser, mit oder ohne Geräte – für jeden Gast ist etwas dabei. Eine Steigerung der körperlichen Fitness ist garantiert – Beweglichkeit, Koordination und Kraft werden verbessert, das Herz-Kreislauf-System wird trainiert, der Bewegungsapparat entlastet. Außerdem sorgt der Wasserdruck dafür, dass der Puls nicht in die Höhe schnellt und damit die idealen Voraussetzungen für eine anhaltende Fettverbrennung gegeben sind. Ein umfangreiches Bewegungsspektrum mit der beliebten pool noodle bietet beispielsweise der Kurs Aqua Fitness mit einer mittleren Belastungsintensität. Hier finden Gäste aller Altersgruppen im stehtiefen Wasser genau das Richtige. Beim Aqua Jogging wird durch das Tragen eines Auftriebsgürtels ein Schwebezustand erreicht, der die Fortbewegung im Wasser erleichtert. Voll im Trend ist Auqa Jumping. Das intensive Ausdauer- und Koordinationstraining findet auf Unterwassertrampolinen statt. Gäste, die sich fit punchen möchten, finden beim Aqua Kick Punch die ideale Kombination aus Aerobic, Kampfsport und Tae Bo. Ein weiteres populäres Trainingsformat zur Straffung des Körpergewebes ist der Klassiker Aqua Power. Das Aqua Rückenfit Angebot ist ein Mix aus rückengerechter Aqua-Fitness und Entspannung und eignet sich besonders für Menschen, die Rückenproblemen vorbeugen möchten. Bei der Rheumagymnastik verspricht eine niedrige Belastungsintensität großen Erfolg.

Der Spaß an der Bewegung ist auch keine Frage der Konfektionsgröße – beim Kursprogramm Mollyfit kommt man der persönlich gefühlten Idealfigur leicht näher. Mit Aqua FASZIO® kommt das Faszientraining als vielseitiges Workout endlich auch ins Wasser. Und Aqua Cycling, das Radfahren auf der Stelle im Wasser, ist alles andere als langweilig! Sie tun Sie etwas gegen die Cellulitis und formen Schenkel und Po. Neu: Aqua FLOATFIT®HITT: Ein herausforderndes und effektives Training mit hohem Spaßfaktor auf einem Board. Oder Kraulen und Schwimmen Sie sich fit! Im Programm: Technik- und Trainingskurse zum Erlernen und Verbessern der Kraul- und Rückentechnik. Bäderland bietet auch eine umfangreiche Palette an Präventionskursen an: Aqua Gym, Aqua Rückenfit, Aqua Jogging und Aqua Nordic Walking. Für (werdende) Mütter empfehlen sich die Kurse Aqua Fit für Schwangere und Aqua Fit nach der Geburt. Die gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen die Kurse mit bis zu 80 Prozent der Kosten. Fit, Fitter, Aqua Fitnessclub: Sie möchten sich regelmäßig auspowern? Und das möglichst vielseitig? Dann sind Sie im Aqua Fitnessclub genau richtig. Ob in der Alster-Schwimmhalle oder Blankenese – Sie haben mit einer Mitgliedschaft freien Zutritt zu beiden Bädern und somit zu über 100 Aqua Fitnesskursen pro Woche, 25- und 50-Meter Schwimmbahnen, TopGerätefitness Studio sowie Schwimmtrainingsangeboten. Die Aqua Fitnessclubmitgliedschaft gibt es auch mit Sauna; somit stehen Ihnen zwei besonders vielfältige Saunawelten mit insgesamt acht verschiedenen Saunen und drei Dampfbädern sowie großzügigen Ruhebereichen zu Verfügung. Für alle Kurse ist eine Anmeldung erforderlich, unter baederland.de, oder im Bad. Kurszeiten und Kurspreise sowie weitere Informationen über die Bäder unter der Hotline 040 / 18 88 90 oder baederland.de

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AKTUELLES Aus dem Mitgliederkreis

NEUES MITGLIED STELLT SICH VOR

Experten in Sachen Multimedia-Versorgung: willy.tel bringt Daten auf Tempo Text: Bernd Thielk Unsere mediale Welt befindet sich im Umbruch, der Fortschritt wirkt sich auf immer mehr Lebensbereiche aus: Fernsehsender strahlen ihr Programm in hochauflösender Qualität aus, wir nutzen Internetdienste wie Skype oder OnlineVideotheken und greifen zu Hause mit immer mehr Geräten gleichzeitig auf das Internet zu. Eine schnelle Datenübertragung gewinnt daher immer stärker an Bedeutung. Da auch der Wirtschaftsrat sich intensiv mit den Themen Telekommunikation und Infrastruktur befasst, war der Beitritt von willy.tel die logische Konsequenz. Neue Technologien wecken neue Bedürfnisse Längst ist für potenzielle Mieter und Käufer einer Immobilie der Datenübertragungsstandard zu einem zentralen Kriterium geworden: Nach Möglichkeit soll er nicht nur die heutigen Ansprüche an Geschwindigkeit und Bandbreite erfüllen, sondern auch künftig geltenden Standards entsprechen. Das Hamburger Familienunternehmen willy.tel hat den Trend zu

steigenden Datenvolumen frühzeitig erkannt und unter den Straßen Hamburgs ein eigenes, hochmodernes Glasfasernetz verlegt, das heute bereits fast 1.700 Kilometer umfasst. Schon seit 2005 rüstet willy.tel Wohnungen mit Gigabit-Anschlüssen aus und hat damit neue Maßstäbe für Hamburg gesetzt, denn als optisches Medium ist die Glasfaser dem herkömmlichen Kupferkabel klar überlegen: Sie kann praktisch unbegrenzte Datenmengen in Lichtgeschwindigkeit transportieren. Mehr als 20 Hamburger Baugenossenschaften, über 600 Verwaltungen und Investoren mit insgesamt 300.000 Haushalten haben sich für die Glasfaserversorgung von willy.tel entschieden, weil sie ihren Mietern einen Mehrwert an Wohnqualität bieten wollen. Doch nicht nur die Wohnungswirtschaft profitiert von dieser modernen Datenübertragungstechnologie: Geschäftskunden vernetzen mit willy.tel ihre Standorte in der Hansestadt und setzen auf bis zu 1.000 MBit (symmetrisch) für ihre Internetanschlüsse, und um die Attraktivität der Metropolregion Hamburg macht sich MobyKlick verdient

v.l.n.r. Tanja Thielk, Karin Thielk und Bernd Thielk Foto: Angela Pfeiffer

– ein flächendeckender mobiler Internetzugang, der schon in diesem Jahr beim Flanieren durch die City nahtloses Surfen im superschnellen Netz ermöglichen wird. Wir freuen uns, den Wirtschaftsrat hier an unserer Seite zu wissen und auf dem „Weg in die Gigabit-Gesellschaft“ aktiv mitwirken zu können. Nur beim Service sind wir altmodisch Private Mieter wissen besonders die umfangreichen kostenlosen Service-Leistungen zu schätzen: Mit willy.tel empfangen sie über 200 TV-Programme ohne monatliche Zusatzkosten und ohne SmartCard, die Hotline wird von Fachleuten betreut, und bei Bedarf kommen willy.tel Techniker ins Haus, um Telefone anzuschließen, den Internetzugang am PC einzurichten oder den WLAN-Router zu konfigurieren – kostenfrei, versteht sich.

IM ÜBRIGEN

Text: Hauke Harders

Am 22. Juni 2015 übernahm Gunnar Uldall den Landesvorsitz und damit die Verantwortung, den Wirtschaftsrat Hamburg nach schwierigen Zeiten wieder in die Erfolgsspur zurückzuführen. Diese Mission hat er erfüllt, weswegen es zwar sehr bedauerlich, aber gleichzeitig auch nur zu verständlich ist, dass er auf eine zweite Amtszeit verzichtet und die Stafette weiterreicht. „Ich schaue dankbar auf 21 spannende Monate zurück“, hat Gunnar Uldall im Editorial dieser Ausgabe geschrieben. Dankbar sind vor allem wir, das Team der Landesgeschäftsstelle, für die stets vertrauensvolle, konstruktive und auch herzliche Zusammenarbeit mit ihm. Unsere tägliche Arbeit hat von seinem Erfahrungsschatz, seinem Fachwissen und seinen hervorragenden Verbindungen in Politik und Wirtschaft sehr profitiert. Nach der Wahl am 29. März gilt es, den erfolgreichen Weg, den Gunnar Uldall zusammen mit seinen Vorstandskollegen eingeschlagen hat, fortzusetzen. Ich bin mir sicher, dass dies gelingen wird.

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Gunnar Uldall, Senator a.D. Hier beim Neumitgliederabend der Landesgeschäftsstelle am 27. April 2016 Katharina Wolter

Seit dem 15. Januar 2017 hat die Landesgeschäftsstelle mit Frau Katharina Wolter eine neue Mitarbeiterin. Als Bevollmächtigte der Bundesgeschäftsführung ist sie in Vollzeit für die Mitgliedergewinnung in Hamburg und Niedersachsen zuständig. Wir heißen Frau Wolter herzlich in unserem Team willkommen und freuen uns auf die weiterhin gute Zusammenarbeit.

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AKTUELLES Aus der Landesgeschäftsstelle

VERANSTALTUNGSVORSCHAU

Foto: Laurence Chaperon

21. März 2017 Abendveranstaltung zum Thema „Digitalisierung in Familienunternehmen – Wirtschaftlicher Erfolg durch eine digitale Strategie“, u.a. mit HWWI-Direktor Prof. Dr. Henning Vöpel und Christoph Wöhlke, Geschäftsführer der IWAN Budnikowsky GmbH & Co. KG

Foto: HWWI

22. März 2017 Neumitgliederabend in der Landesgeschäftsstelle

Foto: Hessische Staatskanzlei

DEZEMBER JANUAR FEBRUAR MÄRZ APRIL MAI JUNI JULI

29. März 2017 Mitgliederversammlung mit Wahl des Landesvorstandes

29. März 2017 Abendveranstaltung mit Volker Bouffier MdL, Hessischer Ministerpräsident

4. April 2017 2. Auflage Hamburg Newconomy, u.a. mit Christian Miele, Vice President von e.ventures und Michael Asshauer, Gründer der Familonet GmbH 29. Mai 2017 Abendveranstaltung mit Christian Wulff, Bundespräsident a.D.

BITTE VORMERKEN

12. Juni 2017 28. Hanseatisches Golfturnier um den Ernst-Werdermann-Pokal im Golf Club Gut Kaden

11. Mai 2017 6. Norddeutscher Wirtschaftstag in Hamburg u.a. mit EU-Kommissar Günther Oettinger und Hans-Georg Frey, Vorstandsvorsitzender, Jungheinrich AG

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27. Juni 2017 Wirtschaftstag in Berlin u.a. mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Maritim Hotel Berlin

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AKTUELLES Neue Mitglieder

WIR BEGRÜSSEN ALS NEUE MITGLIEDER IN DEN LANDESVERBÄNDEN: LANDESVERBAND HAMBURG Jens Abernetty Director UBS Europe SE Dr. Ernst-Moritz Bellingen Leiter Energiepolitik Institut für Wärme und Oeltechnik e.V. Uwe Bley Executive Director / Stv. Leiter der Niederlassung Hamburg Bank J. Safra Sarasin (Deutschland) AG Valentin Braun (JWR) Andrea Bruckner Mitglied des Vorstands BDO AG Stefan Dannenberg Abteilungsdirektor Private Banking DONNER & REUSCHEL AG Sabine Dreißig Principal Kienbaum Consultants International GmbH GL Garrad Hassen GmbH Luisa Genz (JWR) Energy Manager Aurubis AG Jan Gierke Inhaber Arztkollegen Michael Groh (JWR) Projektleiter formart GmbH & Co. KG Hans-Christian Henne (JWR) Senior Energy Manager Aurubis AG Dennis Jacomél Laidane (JWR) Manager Service Operations Vestas Deutschland GmbH Martin Kampffmeyer (JWR) Energy Manager Aurubis AG Thomas Kleinschnittger Associate Partner Wintergerst Societät für UnternehmerBeratung GmbH Stefanie Ludwig Geschäftsführende Direktorin Asklepios Klinik Barmbek Volker Malmen Managing Director DE Country Mgmt. DONG Energy Wind Power Germany GmbH Marcus Meine Rechtsanwalt Rechtsanwälte Meine & Schwarz

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Christian Poslednik Abteilungsdirektor Private Banking DONNER & REUSCHEL AG Martin Ripke Bereichsleiter Key Account Management Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG Christopher Sauer (JWR) Senior Consultant Capital Markets & Accounting Advisory PricewaterhouseCoopers GmbH Michael Schmitt Geschäftsführer Asklepios Westklinikum Hamburg GmbH Henning Schneider CIO (Konzernbereichsleiter IT) Asklepios Kliniken Dr. Andreas Schröter Geschäftsführer DNV GL – Energy Sven Stipkovic Generalbevollmächtigter UniCredit Leasing GmbH Hartmut Stübs Tanja Thielk Prokuristin willy.tel GmbH Hannes Thomé Senior Energy Manager Aurubis AG Sascha Thran Niederlassungsleiter Hamburg / Prokurist WITTE Projektmanagement GmbH Andreas Uelhoff Geschäftsführer Quell Real Estate Verwaltungs- und Management GmbH Dietrich Wersich MdHB 1. Vizepräsident der Bürgerschaft CDU-Bürgerschaftsfraktion Hamburg

Baltic Facility Solutions GmbH & Co. KG Neustadt in Holstein Helmut Bauer Inhaber HWB Unternehmerberatung GmbH Kiel Dr. Peter Brodersen Geschäftsführender Gesellschafter iTerra GmbH Risum-Lindholm Filiago GmbH & Co. KG Bad Segeberg Susanne Goltz Inhaberin Clinical Research Consultant Rellingen Christian Heine Geschäftsführender Gesellschafter Gutsverwaltung Sibliner Hof Siblin Ulf Hennig Filialdirektor Sydbank A/S – Filiale Kiel Kiel Dr. Sven Holtorf Geschäftsführender Gesellschafter eec GmbH Bad Segeberg Michel Mittelstädt Inhaber Konferenztechnik Kiel Kiel Ole-Christopher Plambeck (JWR) Leitender Angestellter Wehling & Partner Steuerberatungsgesellschaft Henstedt-Ulzburg Christoph Schwarz Geschäftsführender Gesellschafter SHISHA GmbH Kiel Rainer Wallmeier Firmenkundenbetreuer Sydbank A/S - Filiale Kiel Kiel

LANDESVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN ARAN Holding GmbH Bad Schwartau

Utz C. Wilke Geschäftsführer Filiago GmbH & Co. KG Bad Segeberg

Peter Adam Geschäftsführer ARAN Holding GmbH Bad Schwartau Lydia Bahn Geschäftsführende Gesellschafterin assono GmbH – IT-Consulting & Solutions Schwentinental (bei Kiel) Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein | 1/2017 | WIR IM NORDEN


EDITORIAL

Dr. Christian von Boetticher Landesvorsitzender Schleswig-Holstein

D ie Landtagswahl steht endlich vor der Tür, und es wird auch allerhöchste Zeit für einen frischen Wind im Land SchleswigHolstein. Aus welcher Richtung dieser genau wehen wird, ist allerdings noch weithin offen. Es ist deshalb unsere Aufgabe, in den nächsten Monaten dafür zu sorgen, in den Programmen, Debatten und Verhandlungen der Parteien für solche Prioritäten zu werben, die Wachstum und Wohlstand für Schleswig-Holstein versprechen. Dazu gehört zuvorderst eine Auflösung der Blockade für unsere großen Verkehrsinfrastrukturprojekte wie die A20 sowie die Anbindung einer festen Fehmarnbelt-Querung. Aber auch in der Schulpolitik kommen wir nach harten Fehlsteue-

von Ludwig Erhard. Wenn die CDU in Mecklenburg-Vorpommern einer Mietpreisbremse zustimmt, ein gesetzlicher Mindestlohn die Tarifautonomie aushöhlt und öffentlich-rechtliche Unternehmungen immer stärker der privaten Wirtschaft Konkurrenz machen dürfen, geht es nicht mehr um einzelne politische Fehlleistungen, sondern dann fehlt der richtige Kompass. Die jüngst in Berlin verabschiedete Novelle zur Arbeitnehmerüberlassung ist ein weiterer Beleg dafür. Das Gesetz soll ausländische Schlachthilfegesellen vor Ausbeutung schützen, es lähmt aber achtlos den Einsatz hochbezahlter Ingenieure und verteuert den Industriestandort Deutschland.

Eintreten für die Freiheit als Erfolgsprinzip einer Sozialen Marktwirtschaft rungen nicht um einschneidende Korrekturen herum. Neben einer Reduzierung der inzwischen dramatischen Unterrichtsfehlzeiten muss es endlich wieder um Unterrichtsqualität gehen. Und für eine erfolgreiche Energiewende stehen große Herausforderungen vor der Tür. Es gilt nicht nur die Akzeptanz von Windkraftanlagen im Auge zu behalten, sondern wir müssen zusammen mit Hamburg einen realistischen Plan entwickeln, wie Schleswig-Holstein seine Energieerzeugung zusammen mit Hamburg als Großverbraucher gemeinsam planen kann, auch um unabhängiger zu werden von Verzögerungen bei der Stromtrassenplanung gen Süden.

Das Eintreten für die Freiheit als Erfolgsprinzip einer Sozialen Marktwirtschaft ist auch deshalb entscheidend, weil jetzt ausgerechnet von der größten Marktwirtschaft protektionistische Signale ausgehen. In einem solchen Systemwettbewerb kann Deutschland mit seiner stark exportorientierten, mittelständisch geprägten Unternehmenswelt nur erfolgreich bestehen, wenn parteipolitisch motivierte Regulierungen hierzulande nicht unendlich ausufern und die Märkte in Europa offen bleiben.

Ihr

Neben den harten landespolitischen Themen müssen wir aber ebenso das Weltbild unserer gesellschaftlichen Multiplikatoren wieder stärker bewegen in Richtung der erfolgreichen Prinzipien

WIR IM NORDEN | 1/2017 | Landesverband Schleswig-Holstein

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VERANSTALTUNG Sektion Dithmarschen

Arbeitnehmerüberlassungsnovelle lähmt deutschen Industriestandort Der Deutsche Bundestag hat ein neues Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verabschiedet, das vor Ausbeutung schützen sollte, jetzt aber den flexiblen Einsatz hochbezahlter Spezialisten lähmt und komplexe Industrieprojekte am Standort Deutschland verteuert.

Text: Dr. Bertram Zitscher

D

r. Ingo Neuhaus, Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH, berichtet auf Einladung der Sektion Dithmarschen in Brunsbüttel von der Rückbauplanung des Kernkraftwerks, das bereits seit dem Jahr 2011 keinen Strom mehr produziert und in den nächsten zehn Jahren zurückgebaut werden soll. Über 97 Prozent des Bauschutts seien mit 10 Mikrosievert nur ein Bruchteil so belastet wie durch die Natur mit 2.400 Mikrosievert im Jahr. Durch medizinische Untersuchungen würden im Durchschnitt weitere 1.600 aufgenommen, weshalb die

v.l. Mark Helfrich MdB, Sektionssprecher Knut Frisch, Dr. Ingo Neuhaus, Andro Voß

Ängste der Bevölkerung schlicht irrational erscheinen. Wenn allerdings diese Irrationalität zu Immobilienabwertungen führt, dann werde aus der Angst plötzlich ein rationales Argument. Noch mehr Sorgen macht sich Dr. Neuhaus bei dem für das technische Großprojekt aufgrund der kürzlich im Bundestag verabschiedeten Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Denn der notwendige und flexible Einsatz hochqualifizierter Spezialisten sei aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen, ungeteilten Sicherheitsverantwortung des Kraftwerkbetreibers nicht über Werkverträge gestaltbar. Die Novelle zur Arbeitnehmerüberlassung bürdet sowohl den Trägern großer Industrieprojekte als auch entleihenden Ingenieurbüros Regulierungen auf, die schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Betriebsorganisation haben.

Erwartetes Personalgebirge im Abbau / Restbetrieb

Mark Helfrich MdB, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags, zeigt für die Kritik am Gesetz großes Verständnis. Er habe auch nicht verstehen können, warum das Gesetz nicht auf niedrigere Einkommen eingegrenzt worden sei. Am Ende sei seine Forderung in den Verhandlungen verschiedener Gesetzespakete der Großen Koalition untergegangen. Sektionssprecher Knut Frisch kündigt eine Initiative des Wirtschaftsrates an, das am 1. April 2017 in Kraft tretende Gesetz möglichst zügig auf Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen unterhalb von 45.000 Euro zu beschränken. Alle übrigen seien wertvolle Fachkräfte, die ihren Marktwert selbst in der Hand haben und deshalb auch keinem lähmenden Schutzbedürfnis des deutschen Staates unter■ worfen werden sollten.

Stilllegungs- und Abbauerfahrung in Deutschland Elektrische Leistung (MW)

Grafiken Quelle: Vattenfall

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Inbetriebnahme (Jahr) Landesverband Schleswig-Holstein | 1/2017 | WIR IM NORDEN


VERANSTALTUNG Sektion Stormarn

Klares Bekenntnis zu den beruflichen Schulen „Der Mensch fängt nicht erst mit dem Abitur an zu sein“, so Daniel Günther, Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein und Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten.

Auf Einladung der Sektion Stormarn war er zu Gast in Bad Oldesloe bei den Beruflichen Schulen des Kreises Stormarn, um sich dort zu informieren und anschließend mit Gästen aus ganz SchleswigHolstein zu diskutieren. Für Günther ist klar: Die Verzahnung von Theorie und Praxis an den beruflichen Schulen ist eine der besten Chancen, die aktuellen Probleme wie Nachwuchskräftemangel und mangelnde Ausbildungsreife zu überwinden. „Die Bedeutung der beruflichen Schulen wird weiter zunehmen“, ist sich Günther sicher. Sie würden unterschätzt, obwohl sie schon jetzt mehr Schüler zum Schulabschluss führten als die allgemeinbildenden Schulen. Trotzdem müsse man eine Bevorzugung der allgemeinbildenden Schulen durch die aktuelle Landesregierung registrieren. „Ja, wir brauchen auch mehr Ingenieure in Schleswig-Holstein“, so der Eckernförder. Doch Zweidrittel der offenen Stellen seien in nicht akademischen Bereichen zu finden. Man müsse sich also die Frage stellen, welche Absolventen man im eigenen Land brauche. „In zehn Jahren fehlen uns 100.000 Menschen in nicht akademischen Berufen“, befürchtet Günther. Auch gebe es Diskussionsbedarf in Form einer Qualitätsdebatte. Ein Drittel aller Studenten würden ihr Studium letztlich abbrechen. „Das bedeutet für diese oft einen gefühlten sozialen Abstieg. Ich halte es für besser, den umgekehrten Weg zu gehen und beispielsweise eine duale Ausbildung zu absolvieren, um dann mit 22 oder 23 Jahren vielleicht doch noch eine ergänzende Ausbildung an der Uni anzugehen“, so die Vorstellung Günthers. Auch sollte die Lehramtsausbildung für die unterschiedlichen Bildungswege

Text: Kai Pörksen

Daniel Günther MdL (li) und Stormarns Sektionssprecher Uwe Möllnitz

Gastgeber Rüdiger Hildebrandt (li) mit Schülern aus dem Projekt „Integration“

optimiert werden. Unterrichtsausfall sei nicht nur mit neuen Planstellen zu begegnen. Es fehle aktuell an qualitativem Nachwuchs an der richtigen Stelle trotz 2.000 neu geschaffener Stellen. Und: Es habe auch mit Wertschätzung des Lehrerberufes zu tun, so Günther. Auch finanziell sehe er das Land in der Lage, mehr Geld in Bildung zu stecken. Das hörte Rüdiger Hildebrandt, Leiter der Beruflichen Schulen in Bad Oldesloe, gern. 1.845 Schüler besuchen seine Einrichtung, davon fast ein Zehntel mit Migrationshintergrund. Als Leitbild habe sich die Schule zum Ziel gesetzt, die Zukunftsfähigkeit der Schüler durch qualifizierte Ausbildung sicherzustellen unter Berücksichtigung der sich verändernden Voraussetzungen in der Gesellschaft. Stolz ist Hildebrandt auch darauf, dass sein Haus als „Schule ohne Rassismus“ ausgezeichnet wurde und aus der eigenen Küche für die Gäste des Wirtschaftsrates verschiedene kulinarische Spezialitäten von Integrationsschülern vorbereiten lassen hat. Elf Millionen Euro würden gerade in die Schule investiert, die im Jahr 1977 vom

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Hamburger Büro Gerkan, Marg und Partner entworfen und in Betrieb genommen und aufgrund der zeittypischen Gestaltung bereits unter Denkmalschutz gestellt wurde. Einen hohen Stellenwert nehme das Berufliche Gymnasium ein. 50 Prozent der Schüler hätten sich für eine duale Ausbildung entschieden, von denen 90 Prozent bereits wüssten, wo sie später arbeiten könnten, so Hildebrandt. Es gebe allerdings ein großes Informationsdefizit in der Bevölkerung über die Möglichkeiten der Ausbildungen in den beruflichen Schulen. Mit Günther war man sich einig, dass beispielsweise Informationsveranstaltungen auch an allgemeinbildenden Schulen nötig seien, um Schüler und deren Eltern besser über die Möglichkeiten aufzuklären. Auch sollte schon in der Grundschule ein größeres Interesse für Technik geweckt werden. Personalleiter Karsten Blank von Hass & Hatje, dazu: „Wir brauchen vor allem Auszubildende! Wir haben 900 Beschäftigte, davon drei Akademiker“ Nicht nur Abiturienten also, und da könnten die beruflichen Schulen am besten ■ helfen. 59


LANDESFACHKOMMISSION Bildung & Wirtschaft

Mindestunterrichtsgarantie für die Schüler Die Kommission hat im Rahmen einer konstituierenden Sitzung im Hause der Hartung GmbH & Co. KG mit der schulpolitischen Vorbereitung eines Regierungswechsels im Land begonnen. Einführend stellte Landesgeschäftsführer Dr. Bertram Zitscher die in den letzten zehn Jahren in der Kommission des Wirtschaftsrates erarbeiteten schulpolitischen Positionen im Überblick dar, bevor Tobias Loose als stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Schleswig-Holsteins seine aktuellen Positionen erläuterte. Beim Regierungswechsel habe der Wirtschaftsrat die neue Koalition vor erneuten Schulstrukturreformen eindringlich gewarnt und sich für den Erhalt eines differenzierten Schulsystems und gegen eine Einheitslehrerausbildung ausgesprochen. Nachdem diese Warnungen ungehört verhallt wären, seien die Gespräche mit den Regierungsfraktionen eingestellt worden. Im Jahr 2013 sei das Fehlstundenportal als neues Kommunikationsinstrument an den Start gegangen. Zum einen sollten die offenkundig falschen Zahlen der Landesregierung entlarvt und der Übergang von ODIS zu einem neuen Zählsystem PUSH befruchtet werden. Zum zweiten gehe der Verzicht auf ein gegliedertes Schulsystem und außendifferenzierte Klassen einher mit größeren Herausforderungen für die Lehrkräfte, weshalb im Zuge der Strukturreformen mit deutlich steigenden Ausfällen zu rechnen sei. Das Fehlstundenportal brachte die Erkenntnis, dass Zweitlehrkräfte häufig nur auf dem Papier stehen, weil sie regelmäßig zuerst als Springer eingesetzt werden. Zudem wurde offenbart, dass die MINT-Fächer am häufigsten ausfallen und am seltensten fachlich vertreten werden. Auch nehmen Schüler und Eltern das Unterrichtsangebot grundsätzlich anders wahr als die amtlichen Statistiken zählen. Eine genauere Datenanalyse habe zudem gezeigt, dass für einzelne Klassen gravierende Härtefälle, in denen

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Dr. Peter Rösner Vorsitzender der Landesfachkommission

ganze Fächer in einem Schuljahr mehr als zur Hälfte ausfallen, nicht ungewöhnlich sind. Der Wirtschaftsrat habe deshalb eine Rücknahme der „lehrkräftezehrenden Reformen“ und einen individuellen Anspruch auf eine Mindestunterrichtsversorgung für jeden Schüler in jedem Fach von der Landesregierung gefordert, der notfalls unter Einbindung des Marktes sicherzustellen sei. Tobias Loose fasste seine Position der Landes-CDU in folgenden Eckpunkten zusammen: Qualität von Schule stehe im Mittelpunkt. Leistung soll dafür ein Gradmesser sein. Daher sollen Notenzeugnisse ab der 3. Klasse vergeben werden. Sitzenbleiben und Schulartenwechsel sollen wieder möglich werden. Es solle zudem eine Unterrichtsgarantie eingeführt werden. Neben mehr Lehre brauche man eine Aufgabenkritik und eine Lehrerbedarfsprognose, die das Lehrerangebot in Mangelfächern aufzeige und Reaktion im Studienangebot möglich mache. Die Schularten sollten klare Profile ausbilden. Dabei seien Schulabschlüsse das jeweilige Ziel der Schularten. Es solle wieder eine schulartenbezogene Lehrerausbildung geben. Die frühkindliche Bildung bilde einen Schwerpunkt, in den mehr investiert werden solle. Inklusion sei in Schleswig-Holstein überstürzt eingeführt worden. Förderzentren müssen als Schulen mit Schularten erhalten bleiben. Die duale Ausbildung soll gegenüber dem Abitur wieder ein gleichberechtigter Bildungsweg sein. Der Mensch ■ beginne nicht mit der Hochschulreife.

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VERANSTALTUNG Sektion Lübeck

Innovativer Währungswettbewerb Mathias Roch ist von der Erfindung von Bitcoins begeistert. Dabei reizt ihn nicht die Spekulation, sondern die in der neuartigen Währung steckende Blockchain-Technologie, die zukünftig auch in anderen Bereichen zu bahnbrechenden Innovationen führen kann. Text: Kai Pörksen

v.l. Unser Ehrenvorsitzender Hans-Werner Blöcker mit Ehefrau Yvonne und Sektionssprecher Heinrich Beckmann in Lübeck

m Anfang sei er selbst skeptisch geweA sen, berichtet der Lübecker Unternehmer. Zunächst habe er sich einen „Miner“ für ca. 1.000 Euro gekauft. „Der hat mir Bitcoins produziert, die ich dann an einer Börse erfolgreich verkaufen konnte. Rechenleistung gegen Cash. Die fertigen Bitcoins werden zwischen elektronischen Brieftaschen getauscht.“ Die NSA könne die Geldflüsse sicherlich zuordnen, aber ansonsten seien Bitcoins ähnlich anonym wie Bargeld. Aber nicht nur das: „Internationale Transaktionen zwischen unterschiedlichen Währungen sind in Echtzeit und gebührenfrei möglich.“ Das sei ein interessanter Wettbewerbsvorteil, so Roch. Roch ist kein klassischer Startup-Unternehmer, sondern ein Lübecker Kaufmann, der mit seinem Bruder und der Roch Services GmbH neue Prüfverfahren für die Standfestigkeit von Beleuchtungsanlagen entwickelt hat und inzwischen

zum europäischen Marktführer herangewachsen ist. Dennoch hat er vor einiger Zeit eine Firma in Österreich übernommen, die neue Geschäftsmodelle mit Bitcoins testet. In Deutschland seien die Regulierungen derzeit noch zu hoch, aber auf mittlere Sicht brauche es eine einheitliche europäische Rahmensetzung. Sein „Miner“ sei inzwischen hoffnungslos veraltet und praktisch wertlos. Die Geldproduzenten würden ohnehin in Länder mit geringen Stromkosten ausweichen. Die maximale Bitcoin-Geldmenge sei im zugrundeliegenden Algorithmus, der für jeden offen lesbar und frei kopierbar sei, auf 21 Millionen Bitcoins beschränkt worden. Anschließend würden die Kosten der Aufrechterhaltung des Geldsystems über einen Gebührenmechanismus auf unbestimmte Zeit automatisiert geregelt. Sektionssprecher Heinrich Beckmann zeigte sich fasziniert, aber auch ein wenig skeptisch. Eine Geldmenge, die sich losgelöst von der Wirtschaftskraft entwickelt,

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Gastgeber Mathias Roch (li) und Steuerberater Magnus von Buchwaldt

werfe Fragen auf. Und wenn jeder den Quellcode kopieren könne, würden bald neue Geldsysteme in direkte Konkurrenz zum Bitcoin-System treten. „Genau das geschieht weltweit täglich“, so Roch, allerdings habe sich das Bitcoin-System inzwischen bereits als weltweit relevantes Tauschmittel im Wettbewerb der Währungen etabliert. Und bei jeder Krise, vor allem aber jeder Vertrauenskrise der staatsbankregulierten Währungen, würden die Kurse für Bitcoins nach oben ausschlagen. Im Gegensatz zu den Ultraniedrigzinsen bieten Bitcoins durchaus weiteren Raum für Kursspekulationen, auch weil die Geldmenge am Ende begrenzt und das Geldsystem damit deflatorisch konzipiert sei. Aber jeder Bitcoin lasse sich in 100.000 Mikro-Bitcoins oder noch feiner in „Satoshi“ aufteilen. Währungsspekulation sei jedoch nicht sein Geschäft, sondern er möchte die neuartige Technologie für neue Anwendungsfelder entwickeln und plane dazu den Aufbau eines Kompentenzzentrums in Lübeck. ■

Quelle: Mathias Roch

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VERANSTALTUNG Sektion Segeberg

Von der Schnittstelle zwischen Ostküsten- und Südlink Text: Dr. Bertram Zitscher

Ü ber die Ostküstenleitung soll die per Seekabel zugeführte Windenergie aus Schweden und die im östlichen SchleswigHolstein erzeugte nach Süddeutschland abtransportiert werden. Gegenwärtig prüft der Netzbetreiber TenneT zwei Erdkabelabschnitte von fünf Kilometern Länge in Henstedt-Ulzburg und von vier im Amtsbereich Kisdorf. Was das bedeuten kann, macht Reimer Wisch, Bürgermeister der Gemeinde Kisdorf, auf Einladung der Sektion Segeberg im Margarethenhoff deutlich: „Zwei Gräben à sechs erderwärmenden Leitungen in etwa zwei Meter Tiefe, dazu an der Oberfläche eine 45 Meter breite Fläche, davon 25 Meter gehölzfrei, regelmäßig unterbrochen von 27.000 Quadratmetern großen Kuppelstellen.“ Die jetzt favorisierte Strecke führe zudem durch Endmoränengebiet mit riesigen Findlingen. „Wir bewegen uns damit bautechnisch und naturschutzrechtlich auf absoluten Neuland.“

Der Einsatz von Erdkabeln

Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir neue Stromtrassen quer durch die Republik. Die Landesregierung hat sich nun für eine teilweise unterirdische Verlegung der 380-Kilovolt-Leitung stark gemacht. Damit betritt man naturschutzfachlich und bautechnisch Neuland und riskiert weitere Verzögerungen bei der Energiewende.

Bürgermeister Reimer Wisch (hinten Mitte) zu Gast bei der Sektion Segeberg

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die betroffenen Landwirte bereits ihre Klagewilligkeit bis zur letzten Instanz angekündigt haben. Zu-

dem wurden Bedenken vorgetragen, ob die bisherigen Vorbereitungen des Planfeststellungsverfahrens regulär gelaufen sind. Bürgermeister Reimer Wisch empfiehlt dem Land als Auftraggeber dringend, die 380 kV- entlang der 220 kVTrasse und dann nördlich von Kisdorf und Kaltenkirchen durch unbesiedeltes Gebiet an die Autobahn A7 heranzuführen und die jetzige Planung aufzugeben. Jedem nicht von den geplanten Eingriffen direkt betroffenem Teilnehmer wird in der Diskussion deutlich, dass der Wechsel auf Erdverkabelung den Erfolg der Energiewende um viele weitere Jahre verzögern und verteuern kann, nicht nur in Kisdorf in Schleswig-Holstein, sondern an vielen anderen Orten auf dem Weg von Südlink ■ gen Süden.

Quelle: TenneT TSO B.V.

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LANDESFACHKOMMISSION Energiewirtschaft | Gesundheitswirtschaft

Heimische Öl- und Gasförderung Der Kommissionsvorsitzende berichtet einleitend von einer verstärkten Zusammenarbeit mit der korrespondierenden Kommission des Hamburger Wirtschaftsrates zum Projekt „NEW 4.0“ für die Norddeutsche Energiewende. Anschließend berichtet Dr. Christoph Löwer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG), der 88 Mitglieder, davon 30 Produzenten und 23 Betreiber von Speichern vertritt, über die Perspektiven der Branche. Am Primärenergieverbrauch seien die erneuerbaren Energien heute mit 13 Prozent beteiligt, davon 8 Prozent Bioenergie, 2,3 Prozent Windenergie und 1,2 Prozent Photovoltaik. Deutschland habe im Jahr 2015 ca. 84 Milliarden m3 Erdgas verbraucht, davon stammten 9 Milliarden m3 aus heimischen Quellen, davon wiederum rund 95 Prozent aus Niedersachsen. Importiert werde Erdgas zu 39 Prozent aus Russland, zu 28 Prozent aus den Niederlanden und zu 20 Prozent aus Norwegen. Auf dem Gebiet der Fördertechnologie habe Deutschland weltweit noch einen Vorsprung, jedoch habe der BVEG kein positives Renommee. Erdgas könne Kohle ersetzen, wegen geringerer CO2-Emissionen

Dr. Stefan Liebing Vorsitzender der Landesfachkommission

pro kWh, die erforderliche Infrastruktur sei vorhanden, aber teuer. Braunkohle habe im Gegensatz zum Erdgas keinen Weltmarktpreis. Die Fracking-Methode sei erprobt, neue, ungefährliche Flüssigkeiten auf Lebensmittelniveau wären schon seit Jahrzehnten auch in Deutschland im Einsatz. Vier Probebohrungen seien genehmigt. Die „Förderabgabe“ an den Staat betrage bei Erdgas 30 Prozent der Wertschöpfung. Ohne Fracking sieht Dr. Löwer keine Zukunft für die heimische Erdgas- und Erdölförderung. Der Verband sieht aber gute Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den ■ erneuerbaren Energien beim Thema „power to gas“.

Big Data im Gesundheitswesen Die Kommission hat in ihrer letzten Sitzung im Hause der Techniker Krankenkasse in Kiel die Möglichkeiten einer Qualitätssteuerung auf der Grundlage von Patientendaten vertieft diskutiert und den gesundheitspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein um Erläuterung des Landtagswahlprogramm gebeten. Als Experte für Gesundheitsdaten erläutert Andreas Meusch, Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) dessen Möglichkeiten. Einleitend skizzierte er die bekannten Probleme der stationären Versorgung und die überfordernden Erwartungen an den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) und kritisierte einen abnehmenden Einfluss der medizinischen Fachgesellschaften. Bis zu einer qualitätsorientierten Krankenhausplanung sei es noch ein weiter Weg. Dafür brauche man einen Wechsel von Struktur- und Verfahrensbetrachtungen hin zu einer Messung der Ergebnisqualität. Hierfür seien Patientenbefragungen ein wichtiger Baustein, der auch zur Überprüfung anderer Daten herangezogen werden könne. Das WINEG liefere Daten für übergreifende Analysen an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, das die Rohdaten auf der Grundlage der Logik der Abrechnungspraxis analysieren müsse, um aussagefähige Ergebnisse zu erhalten. Insgesamt problematisch seien die gesetzlichen Auflagen, wonach zusammengeführte Daten nach fünf, spätestens zehn Jahren zu löschen sind. Deshalb gebe es in Deutschland keine langen Zeitreihen für wissenschaftliche WIR IM NORDEN | 1/2017 | Landesverband Schleswig-Holstein

Florian Friedel Vorsitzender der Landesfachkommission

Studien, im Gegensatz beispielsweise zu den Niederlanden, wo die Patientendaten besser für die Versorgungsforschung ausgewertet werden dürfen. Als gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion erläuterte Karsten Jasper MdL anschließend die Positionen im Landtagswahlprogramm, wonach die zukünftige Versorgung im ländlichen Raum, das Rettungsdienstgesetz und die Zielvereinbarungen zur Hochschulmedizin sowie die geplante Entschuldung des UKSH vertiefend diskutiert wurden. Er kritisierte die Landesregierung, die beim Krankenhausplan bisher nicht über eine Bestandsaufnahme hinausgekommen sei, lobte aber insgesamt das Zusammenwirken von Leistungserbringern und Krankenkassen in Schleswig-Holstein. Aufgrund dieser Atmosphäre habe er sich schnell in den komplexen Bereich einarbeiten können. Nachdem er nun dreimal für Dithmarschen Nord mit besten Ergebnissen direkt in den Landtag gewählt worden sei, trete er nicht erneut zur Wahl an, werde aber mithelfen, seine Erfahrun■ gen an die neue Fraktion weiterzugeben. 63


LANDESFACHKOMMISSION Verkehrsinfrastruktur

Umweltschutz versus Infrastrukturentwicklung Wie kann das Herrichten der Verkehrsinfrastruktur unter Einbindung der Öffentlichkeit und Berücksichtigung der Belange von Landschafts- und Umweltschutz besser organisiert werden? Hierzu hat die Kommission im Hause Böger + Jäckle in Henstedt-Ulzburg das Amt für Verkehr und Straßenwesen der Freien und Hansestadt Hamburg, die Deutsche Bahn AG und den NABU Hamburg um Ansatzpunkte für Verbesserungen gebeten. Martin Huber, Amtsleiter für Verkehr und Straßenwesen der Freien und Hansestadt Hamburg, sieht angesichts der erfreulichen Entwicklung der Großbaustelle an der A7 keine Evidenz für generell verlängerte Planungs- und Umsetzungsprozesse. Schwierigere Planungsvorhaben mit gesellschafts- und umweltpolitischen Akzeptanzproblemen seien dagegen die Fehmarnbelt-Querung oder die A26. Um hier die erforderliche Akzeptanz zu erreichen, müsste mit großen Verbänden rechtzeitig kommuniziert werden, um Lösungen für komplexe Themen genügend zeitlichen Spielraum zu geben. Bei der „Einhaltung hoher Standards durch EU-Rechtsprechung“ liege das Hauptproblem der Planung darin, dass die „Messlatte“ im Verfahren ständig erhöht und mit einer Planfeststellung neue Erkenntnisse des Umweltschutzes rechtlich ins Feld geführt werden können. Zudem sollte sich das Umweltverfahrensrecht bei der Integration der Planungsprozesse nicht nur auf ingenieurtechnischen Leistungen

beschränken, sondern die Umweltplanung gleichberechtigt von Beginn an einbinden. Zur Planungsbeschleunigung seien länderübergreifende Synergieeffekte zu heben. Durch Änderungen im Raumordnungsverfahren und Erleichterungen für Bauherren könnten eine neue Regierung Erleichterungen herbeiführen. Bürgerbeteiligung sei schwierig bis unmöglich, wenn nach langwierigen Dialogprozessen über das „Wie“ erneut die Frage nach dem „Ob“ in den Vordergrund rücke. Das Normsetzungsverfah64

Martin Henze Vorsitzender der Landesfachkommission

ren zwischen Deutschland und Dänemark sei unterschiedlich: Keine Einzelfallgesetze in Deutschland, sondern Normsetzung versus trennscharfer Bestellung durch Legislative in Dänemark. Von daher gäbe es Wünsche in Deutschland nach mehr Kompetenzen für den Gesetzgeber, um Kollisionsflächen mit regionalen Parlamenten aufzulösen. Zum Machtverlust für die Länder durch länderübergreifende Koordination zeigt das A7-Projekt bislang gute Erfahrungen, ebenso bei der Abstimmung durch einen Koordinator, auch wenn Niedersachsen aufgrund seiner Größe sich nicht beteiligt habe. Wünschenswert wäre ein stärkeres Auftreten der Wirtschaft als Nutzer für eine konstruktive und repräsentative Besetzung in Bürgerforen, um die überregionalen Aspekte deutlich zu machen. Schließlich sollten Standards nicht bei der Umsetzung (z.B. bei neuen Brandschutzanforderungen etc.) erneut überprüft werden, sondern der „Stand der Technik“ im Planverfahren für die Umsetzung eingefroren werden. Manuela Herbort, Konzernbevollmächtigte Hamburg/SchleswigHolstein, Deutsche Bahn AG, erläutert die Planung und Umsetzung milliardenschwerer Neubau-und Erneuerungsinvestitionen der Deutschen Bahn in das 34.000 km große Netz. Neben den ingenieurtechnischen spielten seit 20 Jahren Umweltaspekte eine große Rolle und würden seit fünf Jahren sowohl strategisch als auch organisatorisch im Konzern entsprechend aufgehängt. Ziel sei inzwischen eine Umweltführerschaft, beispielsweise durch Umstellung des Energiebezuges, um bis 2018 den EEG-Anteil im Strombezug auf 75 Prozent auszuweiten. Bereits heute sei das Label „grünes Produkt“ mit 100 Prozent EEG-Bezug im Güterverkehr in Teilbereichen erreicht. Technisch läge der Fokus auf emissionsarmen Fahrzeugen (Hybrid/E-Wandler). Wie beim Verkehrswegebau stoße man im Schienenwegebau auf großes Bürgerinteresse, oftmals einhergehend mit „immensem Widerstand“. Diese Projekte zum Aus- und Neubau erzeugten „demokratischen“ Aufruhr und Betroffenheit: In Norddeutschland stoße die schienentechnische Anbindung des Hinterlandes des Fehmarnbelt-Projektes sowie das Erweiterungsvorhaben S4 als Schlüsselprojekt zur Entzerrung des HBF in Hamburg auf „größte“ Aufmerksamkeit. In den Auseinandersetzungen mit der Öffentlichkeit sei ein frühzeitiger und transparenter Umgang Fortsetzung Seite 65 unten

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LANDESFACHKOMMISSION Immobilienwirtschaft

Landesplanung gründlich flexibilisieren Die Kommission hatte Petra Nicolaisen MdL, Mitglied im Innenund Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags, gebeten, im Hause der BIG INVESTITIONSGESELLSCHAFT mbH ihre wohnungswirtschaftlichen Eckpunkte im CDU-Landtagswahlprogramm zu erläutern. Zuvor berichtet Dr. Marc Weinstock als Vorsitzender aus der Bundesfachkommission Stadtentwicklung, Bau und Immobilien des Wirtschaftsrates, wo Überlegungen zu einer grundlegenden Reform der Grunderwerbsteuer teilweise kontrovers diskutiert worden seien. Sein Ziel sei es, einen möglichst bundeseinheitlichen Grunderwerbsteuersatz von ca. 2 Prozent bis 3 Prozent zu schaffen, der für alle Formen von Immobilientransaktionen gelten solle. Insbesondere Modelle zur Umgehung der gesamten Grunderwerbsteuer in Form von „Share Deals“, die ausschließlich von institutionellen Großinvestoren genutzt werden würden, sollten abgeschafft werden. Bei einer bundeseinheitlichen Angleichung sei nach den Worten Dr. Weinstocks ein wichtiger sozialer Aspekt erfüllt, da alle Immobilienkäufer eine Gleichbehandlung erfahren würden. Dieser Vorschlag stoße bei vielen Spitzenverbänden jedoch auf Ablehnung. Die Abgeordnete Nicolaisen berichtet, dass der aktuelle Landesentwicklungsplan vom Landesplanungsrat mit 53 Mitgliedern erarbeitet werde und von 2010 bis 2025 gültig sein solle. Der Plan, unterteilt in drei Regionalpläne, habe die Aufgabe Schleswig-Holsteins Bevölkerung angemessen mit Wohnraum für Familien, Senioren und sozial Benachteiligte zu versorgen. Im Sommer 2016 habe die Staatskanzlei eine Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung für Schleswig-Holstein in Auftrag gegeben,

Wolfgang Weinschrod Vorsitzender der Landesfachkommission

was zu dem Ergebnis geführt habe, dass bis zum Jahr 2030 eine Zahl von 100.000 neuen Wohnungen gebraucht werde. Bis 2022 seien schon 55.000 Einheiten notwendig. Erschwerend komme hinzu, dass Baukosten und Mieten deutlich angestiegen seien. Nachbargemeinden könnten formal zwar die ihnen zugewiesenen Kontingente an neu zu errichtenden Einheiten übertragen, diese Möglichkeit werde aber in der Praxis von der Landesplanung nicht unterstützt. Der Landesentwicklungsplan wirke somit unflexibel und restriktiv. Alle Beteiligten hätten ihren Anteil am Wohnungsbau zu leisten, damit günstige Mieten in den Landeszentren geschaffen werden könnten. Die Landesregierung sei aufgefordert, ein Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplanes und der Regionalpläne einzuleiten, damit Wohnraum bedarfsgerecht an den nachgefragten Stellen geschaffen werden könne. Sie befürwortete eine Aussetzung der Kontingentierung ■ für mindestens zwei Jahre.

Fortsetzung von Seite 64

insbesondere mit dem Thema Lärmschutz gefordert. Bei der technischen Umsetzung seien die Hersteller in der Pflicht, zukünftig die „Flüsterbremse“ einzusetzen bzw. die Normvorgaben zum Lärmschutz umzusetzen. Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik und Großbauvorhaben beim NABU Hamburg, schildert die Notwendigkeiten großer Infrastrukturvorhaben und ihre Koordination zwischen den Interessen einzelner Bundesländer sowie einer angemessenen Beteiligung der Öffentlichkeit in den Verfahren. Stuttgart 21 sei verfahrensrechtlich eine Katastrophe gewesen und erschüttere das Vertrauen in die vorgeschriebenen Planungsverfahren. Hauptursachen des schwierigen Zeit- und Umsetzungsplanes im Fehmarnbelt-Projekt lägen in den unterschiedlichen Ansätzen in Deutschland und Dänemark. In Dänemark trage allein die Legislative die Planungs- und Genehmigungshoheit, ein System der Auftragsverwaltung oder Beauftragung an staatlichen Behörden finde so nicht statt. In Dänemark würden die betroffenen Kommunen direkt eingebunden mit dem Ziel, von Beginn im breiten Konsens eine Optimierung zu erreichen. Naturschutz sei in WIR IM NORDEN | 1/2017 | Landesverband Schleswig-Holstein

Deutschland im Grundgesetz zum Staatsziel erhoben, dennoch würden Vertreter von Umweltverbänden in Deutschland zur Umsetzung dieser Belange sowie das Initiieren einer Bürgerbeteiligung deutlich zu spät eingeladen. Erfahrungen anderer Länder wie in den Niederlanden zeigten bei vergleichbaren Maßnahmen andere Prioritäten: Ausgleichflächen als „Vorwegmaßnahmen“, um von Beginn an eine größere Begeisterung der Öffentlichkeit zu erzielen. Der Referent verdeutlicht an diversen Beispielen, dass oftmals der „Sündenbock“ an falscher Stelle (NABU/Umweltverbände) ausgemacht werde. Hauptursache sei das gesamte System und die herrschende Verfahrenslogik im deutschen Verwaltungsrecht: Überbordende Richtlinien für eine Vielzahl beteiligter Behörden verhinderten eine Planfeststellung. Verfahrensverzögerungen zögen Engpässe für kalkulierte Kapazitäten und Finanzen nach sich. Grundsätzlich sei das Klageniveau der Umweltverbände als moderat einzustufen. Die Verbände wägten durchaus ab zwischen wirtschaftlich sinnvollen Projekten und Umweltzielen, wobei auch auf die Erfolgsaussichten geschaut ■ werde. Und: Die Urteile gäben dem Kläger häufig Recht. 65


VERANSTALTUNG Sektion Schleswig / Flensburg

Zur Finanzschwäche der kreisfreien Städte Henning Brüggemann, Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Flensburg, berichtete auf Einladung der Sektion Schleswig-Flensburg von der finanziellen Situation der kreisfreien Städte im Vergleich zu den übrigen Kommunen in Schleswig-Holstein und den kreisfreien Städte in Deutschland. Text: Dr. Bertram Zitscher

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ie Zahlen erscheinen durchaus alarmierend. Im bundesweiten Vergleich liegen die kreisfreien Städte am Ende der Durchschnitte der westdeutschen Bundesländer. Und der kommunale Finanzausgleich in Schleswig-Holstein, der mit dem aktuellen Urteil des Landesverfassungsgerichts erfolgreich von den Landkreisen beklagt worden sei, begünstige kreisangehörige Gemeinden mehr als die vier kreisfreien Städte, die jedoch als

Oberzentren entscheidend für das Wachstum ihrer Region seien. Die Situation habe sich in den letzten Jahren strukturell verschärft. So seien die Defizite der kreisfreien Städte von 338 Millionen Euro im Jahr 2005 auf über eine Milliarde Euro im Jahr 2014 angestiegen. In der anschließenden Diskussion wurden Chancen der Stadt Flensburg erörtert, durch gemeinsame Flächenentwicklung mit den benachbarten Gemein-

v.l. Peter Kjer, Bürgermeister Henning Brüggemann und Sektionssprecher Hauke Präger

Steuerkraft je EW 2016

Verteilungswirkungen FAG 2016 – Gemeindeschlüsselzuweisungen je Einwohner

Grafiken Quelle: Henning Brüggemann

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JUNGER WIRTSCHAFTSRAT Schleswig-Holstein

den die Steuerkraft für die Stadt und ihr Umland zu stärken. Steuerberater Benjamin Feindt von der Tyskrevision, die skandinavische Unternehmen in Deutschland begleitet, berichtet von aktiven Bemühungen aus Bayern, eine Niederlassung durch beschleunigte steuerliche Prüfungen anzuwerben, während in SchleswigHolstein regelmäßig mit monatelangen Wartezeiten zu rechnen sei. Die Region Flensburg könne deutlich mehr aus ihren Chancen machen, die sich durch das Expandieren skandinavischer Unternehmen eröffnen. Sektionssprecher Hauke Präger dankte dem Referenten. Als erstes sei die Stadt gefordert, ihre Wirtschaftskraft zu entfalten und die Ausgaben sparsam zu halten. Der kommunale Finanzausgleich in Schleswig-Holstein stehe nach dem Urteil auf der Tagesordnung und biete im zweiten Anlauf neue Chancen, Kostentransparenz bei der Aufgabenwahrnehmung zwischen den Kommunen einzufordern und damit kosteneffiziente Verwaltungen zu fördern und gemeinsame Lösungen ■ anzuspornen.

Junger Wirtschaftsrat wählt

DIE VILLA

als Stammlokal

Text: Dr. Bertram Zitscher

Für das erste Wiedersehen nach der Delegationsreise nach Bulgarien hat sich der Junge Wirtschaftsrat den Vorsitzenden der Jungen Union Schleswig-Holstein einladen, um die Situation vor der Landtagswahl zu analysieren.

„Die Villa“ in Kiel als Treffpunkt des Jungen Wirtschaftsrates

Tobias Loose arbeitet als Abteilungsleiter bei der Lufthansa Technik in Hamburg und kandidiert in Kiel für den nächsten Landtag. Loose skizzierte die landespolitischen Ziele der CDU und die Herausforderungen eines Kandidaten im Wahlkampf. Dann wurde offen mit den etwa fünfzehn Unternehmern diskuLandtagskandidat Tobias tiert. Der Landesvorsitzende des Jungen WirtLoose zu Gast beim Jungen schaftsrates, Lars Osterhoff, warb abschließend Wirtschaftsrat für insgesamt mehr Mut, für eigene Überzeugungen einzutreten, selbst wenn es in den eigenen Reihen Bedenkenträger gibt. Es zahle es sich schließlich aus, wenn eine auch gegen Kritik offen vertretene Position sich am Ende als richtig herausstelle.

Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung – Steuerkraft je Einwohner der Landkreise und kreisfreien Städte

Anschließend berichteten die Brüder Schwarz von ihren Unternehmungen. Christoph von seiner Bekleidungsmarke der Shisha GmbH und aktuellen Plänen für eine neue Marke, sein jüngerer Bruder Johann, der zuvor in Hamburg prominente Diskotheken gemanagt hatte, über Die Villa GmbH, die neben dem Restaurant auch den Club im ersten Stock betreibt, der licht- und schalltechnisch an dem Niveau von Clubs in Weltmetropolen ausgerichtet worden sei. Der Vorstand des Jungen Wirtschaftsrates zeigte sich begeistert und erklärte Die Villa zu seinem neuen ■ Stammlokal.

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JUNGER WIRTSCHAFTSRAT Schleswig-Holstein

Politik 4.0 – Parteien im Technologiewettbewerb Wie sich der Wahlkampf verändert hat – und verändern könnte – zeigt ein Blick in die USA. In Sachen Wahlkampf ist nichts mehr so, wie es einmal war.

v.l. Lars Osterhoff, Tobias Loose und Frank Pörschmann

Text: Kai Pörksen

Nicht alle Entwicklungen könne man direkt auf Europa übertragen, dennoch erscheine es sinnvoll, sich über die Entwicklungen intelligenter Datenanalysen Gedanken zu machen. Frank Pörschmann, Geschäftsführer der Firma Idigma und Vorstandsmitglied im Verein Digital Analaytics Association in Hamburg, machte das und referierte auf Einladung des Jungen Wirtschaftsrates in der „Villa“ in Kiel im Hause „shisha brand“. „Inwieweit kann man mit Datenanalysen den Wahlkampf unterstützen?“, fragte Pörschmann. Um das feststellen zu können, müssten zunächst und rechtzeitig Datenbanken aufgebaut werden – für den aktuellen Wahlkampf schon zu spät. Gleichwohl scheine es sinnvoll, sofort damit zu beginnen. Warum? „Um bessere Entscheidungen treffen zu können“, so der Fachmann. Denn der Erfolg eines guten Wahlkampfes sei nicht das Ergebnis eines einzelnen Genies, sondern vieler einzelner Fakten, auf denen Entscheidungen getroffen werden könnten. Zwei Bereiche sollten unterschieden werden: Wo bekomme ich die Daten her? (IT, Big Data) Und was sind meine Entschei-

WarRoom

The Cave –Chicago

Das Mission Control-Center für den Echtzeit-Wahlkampf

Quelle: Frank Pörschmann, iDIGMA GmbH

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dungsfaktoren? (Smart Data, Datenwissenschaftler). Obama habe sich in den USA als „Tech-Präsident“ gezeigt: „Er hat die Datenwelt gleichberechtigt als Entscheidungskriterium gelten lassen“, so Pörschmann, und habe bei einem „Unentschieden“ zwischen Datenanalyse und Erfahrungen den Daten den Vorrang eingeräumt. In den Wahlvorhersagen habe sich das bewährt, die Abweichungen hätten gerade einmal 0,5 Prozent betragen. Das Ergebnis: Bauchgefühle erfahrender Wahlkampfmanager seien den neuen Methoden unterlegen.

... den Daten den Vorrang eingeräumt

Quelle: Frank Pörschmann, iDIGMA GmbH

Nicht vergleichbar sei allerdings die finanzielle Ausstattung der USA-Wahlkämpfer mit denen in Deutschland: Clinton habe eine Milliarde Dollar für ihren Wahlkampf zur Verfügung, für Trump gebe es keine belastbaren Zahlen. Ein Problem der Vorhersage sei allerdings die Verwendung sogenannter schmutziger SocialMedia-Instrumente gewesen, deren sich Clinton immerhin zu 40 Prozent, Trump zu 60 Prozent bedient habe. Das habe die Vorhersagen wieder zunichte gemacht. Was tun also? Pörschmann hat dafür einige Tipps im Gepäck: Die Effizienz optimieren. Wechselwillige Wähler finden. Nichtwähler mobilisieren. Meinungsbildungs- und Kommunikationsstrukturen aufdecken und nutzen. Feststellen, wer Meinungsführer ist. Erhöhung der Echtzeit-Präsenz, taktische Vorteile nutzen. Facebook zielgruppenorientiert nutzen. Dabei nicht auf das verzichten, was immer Erfolg hatte: Von Tür zu Tür gehen und mit den Menschen reden, aber dabei vielleicht wissen, wen welches ■ Thema bewegen könnte. Landesverband Schleswig-Holstein | 1/2017 | WIR IM NORDEN


VERANSTALTUNG Sektion Nordfriesland

Nicht jeder ist in der digitalen Welt angekommen Digitalisierung im Tourismus – dazu hatte die Sektion Nordfriesland des Wirtschaftsrates Experten in das Hotel Altes Gymnasium nach Husum eingeladen. Weitermachen wie bisher? Lieber nicht.

Wesentliche Technologietrends

v.l. Frank Ketter, Roland Schwecke und Matthias Drespling

Text: Kai Pörksen

den spezifischen Entwicklungen in ihrer Branche zu stellen. Das gelte auch für den Tourismussektor. „Nicht jeder ist in der digitalen Welt angekommen“, sagt dazu Matthias Drespling, Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein (DEHOGA). Immerhin sei aber Schleswig-Holstein Vorreiter in der zentralen Erfassung aller relevanten Hotels. Nicht jedem Betrieb falle es jedoch leicht, sich da einzubringen, brachte Roland Schwecke, geschäftsführender Gesellschafter der DICON Marketing- und Beratungsgesellschaft aus Berlin, vor. Er selbst stamme aus einem Hotelhaushalt und wisse, wie eng die finanzielle Aufstellung vieler Betriebe sei. Viele seien betriebswirtschaftlich gar nicht mehr sinnvoll zu führen: Gute und teure Hotels nicht, weil sie von Interessensgemeinschaften als Abschreibungsobjekte geführt werden, viele Kleinbetriebe nicht, weil sie nur existieren könnten, indem die Inhaber sie selbstausbeuterisch weiterbetreiben würden. „Da ist vieles im Argen“, so Schwecke. Oft sei die Bettenzahl in SchleswigHolstein zu gering, das Betriebsergebnis eines Kleinbetriebes läge durchschnittlich

Quelle: DICON straregiclabs

Unternehmen seien stark gefordert, sich

bei 70.000 Euro – zu wenig, um investieren zu können. Eine digitale Transformation würde eine zusätzliche Belastung bedeuten. Aber auch eine Chance. Denn die Investition in die digitale Welt habe Einfluss auf die Leistung des Betriebes, auf seine Service-Qualität, auf den Preis und auf den Kunden. Hotelmanagement 4.0 bedeute den Einsatz neuester Techniken. Beispielsweise könne die Rezeption bereits anhand der Handyortung des Gastes genau erkennen, wann er das Haus betreten werde. So könne er gleich mit seinem Namen empfangen und auf seine Bedürfnisse schon vorab eingegangen werden. Bei der Umsetzung der digitalen Welt sei allerdings auch die Politik gefragt, so Schwecke: Netzausbau, WLAN, For-

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schung, Förderungen – in diesen Punkten sei das Land gefordert. Frank Ketter, Geschäftsführer der Nordsee-Tourismus-Servicegesellschaft aus Husum, setzt seine Schwerpunkte bei den Kleinvermietern. Als wichtig empfinde er, die Wertschöpfung in der Region zu lassen. Deshalb seien große Plattformen wie booking.com nicht interessant. Er setze vielmehr auf Casamundo oder HLS. „Die Provisionen gehen an die jeweiligen Tourismusorganisationen vor Ort“, so Ketter, so sei man sehr erfolgreich in der Fläche. Sein Hinweis allerdings: „Ohne WLAN geht nichts.“ Das sei heute ein Mindeststandard. Auch Kleinvermieter sollten sich der Digitalisierung stellen und so den direkten Kontakt zum Kunden noch mehr ■ pflegen. Es würde sich lohnen. 69


VERANSTALTUNG Sektion Neumünster

Wirtschaftsraum Neumünster im Aufwind Die Stadt ist im Aufwind. Das sieht nicht nur der einladende Sprecher der Sektion Neumünster, Holger Bajorat, so, sondern auch Oberbürgermeister Dr. Olaf Tauras. Und in der Tat hat sich in den vergangenen Jahren in und um die Stadt einiges getan.

Im Gespräch v.l. OB Dr. Olaf Tauras, Melanie Bernstein (CDU Neumünster), Sektionssprecher Holger Bajorat und Sebastian Fricke (Inmedium Werbeagentur)

Über 60 Teilnehmer folgten der Einladung ins Best Western Hotel Prisma

Text: Kai Pörksen

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as inzwischen sogar schon erweiterte Designer Outlet Center zieht jedes Jahr zwei Millionen Besucher an, die HolstenGalerie in der Innenstadt erweist sich als Magnet für die City. Und in den Gewerbegebieten rund um die Stadt wird der Platz langsam eng. Henry Kruse hat sich direkt an der Autobahn im Gewerbegebiet Eichhof angesiedelt. „Eine gute Werbung für uns“, so Dr. Tauras – der gleichzeitig zugeben muss, dass ein Bewerber für das benachbarte 18,5-Hektar-Grundstück wegen Differenzen mit der Stadt abgesprungen sei. „Neue Interessenten sind jedoch genügend da“, beruhigt der Bürgermeister vor gut sechzig interessierten Kaufleuten. Ein anderes Grundstück sei bereits an einen Betrieb verkauft, der Windkraftanlagen wartet. Auch im Industriegebiet Süd wird es eng. „Da sind nicht mehr viele freie Flächen“, weiß Dr. Tauras zu berichten. Logistiker Voigt hat sich weitere Grundstücke gesichert, einige wenige Grund70

stücke sind noch zu haben, eine Erschließungsstraße müsse noch gebaut werden. Auch für die Innenstadt kann er Positives mitteilen. Die Holsten-Galerie würde als Magnet fungieren, Leerstände seien kaum noch zu verzeichnen. Ein Einzelhandelskonzept sei vorhanden und biete gute Rahmenbedingungen zur Entwicklung. Neumünster sei aber nicht nur für Unternehmen interessant, sondern auch für Neubürger. Inzwischen habe die Stadt die 80.000-er Marke übersprungen. Ziel sei es aber dennoch, innerstädtisch weiteren attraktiven Wohnraum zu entwickeln. „Wir brauchen aber auch vor allem qualifizierte Fachleute“, so der Einwurf eines Gastes, der einen Betrieb mit Feinwerktechnik hat. Die würde man aber nur bekommen, wenn die Stadt auch weiterreichende Ausbildungsangebote vorhalte, aber auch Kultur und anspruchsvollere Freizeitangebote. Vielleicht solle man für einen weiteren Hochschulstandort werben, kommt ein Vorschlag. Das könne

auch eine private Hochschule sein. Eine Hochschule würde die Menschen an die Stadt binden. Doch ganz ohne Kritik lassen die Besucher ihren Referenten nicht gehen. „Bei aller Schönheit der Stadt“, so ein Gast, „man muss die Innenstadt auch erreichen können!“ Seine Kritik geht in Richtung verengter Fahrbahnen auf den Zugangsstraßen zur Innenstadt und der Großbaustelle Großflecken. Vor allem Letztere stößt auf Kritik. „Muss die Baumaßnahme in diesem Umfang wirklich sein?“, kommt die Frage. Ja, einige Maßnahmen müssten gemacht werden, doch glücklicherweise habe die Stadt inzwischen einen Baustellen-Koordinator eingestellt, dem ein Stadtbaurat als Fachmann zur Seite stünde. „So wollen wir die Kommunikation zwischen den diversen BauAktivitäten verbessern“, erklärt Taurus, der vor allem die Baumaßnahme Großflecken nicht zu lange laufen lassen möchte, um die betroffenen Geschäfte nicht mehr als notwendig zu strapazieren. Olaf Taurus, 1967 in Kamen geboren, war Unternehmensberater in Düsseldorf und später Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Neumünster. Seit 2009 ist er Oberürgermeister der kreisfreien Stadt Neumünster.

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DENKMALSCHUTZ & WIRTSCHAFT Advertorial

Klassik Altstadt Hotel:

Wohlfühlen hinter alten Fassaden Die spätklassizistische Fassade wurde mit sehr viel Liebe rekonstruiert

ENERGIEVERSORGUNG ENTSORGUNG ÖPNV Die Neuwert GmbH bringt die Interessen der Politik und der Unternehmen zusammen. Sie

Wer als Gast in der Hansestadt Lübeck im Haus in der Fischergrube 52 wohnt, atmet Lübsches Flair, sieht die reizvollen Ensembles aus rotgeklinkerten Giebelhäusern, schaut auf Türme der Backsteinkirchen, entdeckt zwischen Speichern und Kontorhäusern verträumte Gänge und Hinterhöfe und ist verzückt über die 850 Jahre alten historischen Attraktionen, Lübeckscher Vergangenheit. Und doch steht er mitten im UNESCOKulturerbe vor dem privat geführten Klassik Altstadt Hotel, direkt im 21. Jahrhundert. Dennoch sind die Jahrhunderte der Bau- und Kulturgeschichte an der Trave stets gegenwärtig, so auch die 29 Zimmer dieses kleinen und feinen Privathotels. Zeitzeugen in jedem der Räume als Elemente der Gestaltung der Kulturszene Lübecks: Von Thomas Mann über Günter Grass bis Willy Brandt, jedes der Zimmer ist individuell und stilvoll eingerichtet und vermittelt dem Gast persönliche Vertrautheit zum Namensgeber seines gebuchten Hotelzimmers. „Ein Hotel ist eine Welt im Kleinen“, Zitat aus Felix Krull / Thomas Mann. Bautechnisch und gestalterisch ist den Eigentümern ein Spagat durch die Jahrhunderte geglückt. Kein Wunder, dass die regelmäßig vom Hotel angesetzten Literaturlesungen und Wohnzimmerkonzerte mit internationalen Künstlern unter den Kulturinteressierten guten Zuspruch finden. „Wir wollen der Kultur im kleinen Rahmen ein Zuhause geben, privat und individuell“, meint Bünis-Flebbe, die Besitzerin. Wer diesen kleinen Geheimtipp nutzen möchte, sollte auf die Seite

fühlt sich dem Gemeinwohl verpflichtet. info@klassik-altstadt-hotel.de gehen und sich zeitig anmelden. Zur Geschichte des Hauses: In den Jahren 1299 –1308 war genau an dieser Stelle ein Badehaus. Anfang des 17. Jahrhunderts war das Haus im Eigentum der Stadt. Später wurde daraus eine Ankerschmiede. Zwischen 1830 und 1885 wurde die Ankerschmiede von der Familie Recke betrieben; zunächst vom Vater, dann übernahm 1864 der Sohn die Schmiede. Aus Liebe zu Lübeck. 1978 wurde das alte historische Stadthaus von der Mutter der heutigen Inhaberin, Inga Hoffmann gekauft und als Hotel Garni betrieben. Zuvor hieß es Hotel Eden und war sehr heruntergekommen. Im Jahre 1984 wurde das gesamte Gebäude, bis auf die historische Fassade, abgerissen und im alten Lübschen Stil (Klassik) wieder aufgebaut. Bauliche Auflagen für ein denkmalgeschütztes Gebäude treiben die Kosten, da viele historische Elemente erhalten werden müssen, ob es alte Steinplatten im Eingangsbereich oder nur die „Lübschen Fenster“ aus Holz sind. 1997 wurde aus dem Altstadt Hotel das Klassik Altstadt Hotel und wird nach dem Tod der Mutter von der Tochter Hilke Bünis-Flebbe geführt und mit dem Sohn Alexander Flebbe steht nun die dritte Generation zur Nachfolge des zum kleinen Boutique-Hotel entwickelten Haus bereit. In 2018 feiert das Haus sein 40jähriges Geschäftsjubiläum. Ganz nach dem Motto „Der Vergangenheit verbun■ den – der Zukunft entgegen“.

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NEUWERT Beratungsgesellschaft mbH Grillenberg 15 · 24145 Kiel Telefon: 0431 - 66 99 888 Fax: 0431 - 66 99 889 Mobil: 0170 - 215 79 33

Wendenstraße 23 20097 Hamburg Telefon 040 - 23 23 77 71



AKTUELLES Aus der Landesgeschäftsstelle

Im Übrigen... Sektion Neumünster wählt Vorstand Die Sektion Neumünster des Wirtschaftsrates der CDU e.V. hat auf ihrer Mitgliederversammlung am 13.2.2017 in Neumünster Holger Bajorat, Prokurist und Direktor der Firmenkundenbetreuung der VR Bank Neumünster eG, einmütig im Amt des Sektionssprechers bestätigt. Neu in den Vorstand gewählt wurden Kai Müller, geschäftsführender Gesellschafter der KAMSS GmbH & Co. und Ute Reiner, geschäftsführende Gesellschafterin der Hartung GmbH & Co. KG. Weiterhin im Vorstand tätig bleiben Jörg Hiller, Gesellschafter der Hiller Feinwerktechnik GmbH, Manfred Maletzky, Gesellschafter der GISMA Steckverbinder GmbH, sowie Jan Osterloh, Steuerberater und Rechtsanwalt der Kanzlei Parbs Osterloh (Bordesholm).

Autonomer Fahrwettbewerb bei der 8. Nordeuropäischen E-Mobil Rallye Im Zuge der inzwischen bevorstehenden achten Auflage der Rallye, zu der sich bereits Konkurrenz aus China, Luxemburg, Frankreich, Belgien und Dänemark angekündigt hat, wird am 24. Juni 2017 ab 10.00 Uhr auf dem GreenTEC Campus in Enge Sande erstmalig in Deutschland eine autonomer Fahrwettbewerb ausgetragen. Dazu treten in fünf aufsteigenden Autonomieklassen Teams in den Kategorien „Strecke“, „schnelles Slalom“ und „Einparken“ an. Anschließend startet um 13.00 Uhr die eigentliche Rallye, die durch Dänemark nach Flensburg führt, von wo sie am Sonntag den 25.06.2017 um 9.00 Uhr über Glücksburg und Oeversee ab 13.30 Uhr in Enge-Sande zurückerwartet wird. Wer den autonomen Fahrwettbewerb mitgestalten oder mit seinem Unternehmen oder als Fahrerteam des Wirtschaftsrates an der E-Mobil-Rallye teilnehmen möchte, ist herzlich willkommen: www.emobil-rallye.com

Fotos E-Mobil Rallye: ecomobility

Der neue Vorstand der Sektion Neumünster v.l. Jan Osterloh, Holger Bajorat, Manfred Maletzky, Ute Reiner, Kai Müller und Jörg Hiller

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IMPRESSUM

VERANSTALTUNGSVORSCHAU

FEBRUAR MÄRZ APRIL MAI JUNI JULI AUGUST SEPTEMBER

Änderungen vorbehalten 16. März 2017 | Heide Betriebsbesichtigung der TC-Hydraulik GmbH & Co. KG Andreas Hein, CDU-Landtagskandidat (Dithmarschen-Schleswig) Volker Nielsen, CDU-Landtagskandidat Dithmarschen-Süd „Wachstumsperspektiven für die Region Unterelbe“ 24. März 2017 | Ahrensburg Junger Wirtschaftsrat Stefanie Huppmann, Leiterin Startup der Hamburger Sparkasse AG Holger Zervas, Geschäftsführer Mittelständische Beteiligungsgesellschaft SH mbH „Erfolgsfaktoren für einen Gründungsstandort aus Sicht der Förderinstitute“ 27. März 2017 | Ammersbek Betriebsbesichtigung Dirk Dingfelder, Vorsitzender des Vorstands D+H Mechatronic AG „Innovative Technik zur Sicherung des Industriestandortes Schleswig-Holstein“ 30. März 2017 | Kiel Hans-Jörn Arp MdL, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion SH „Beschleunigte Planung für die Verkehrsinfrastruktur in Schleswig-Holstein“ 3. April 2017 | Neumünster Tobias Loose, stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein „Bildungspolitik nach dem Regierungswechsel – für mehr Qualität und Leistung“ 4. April 2017 | Lübeck Jürgen Schäffner, Geschäftsführer der Stadtwerke Lübeck Holding GmbH „Mobilität und Energie für die Hansestadt Lübeck“

5. April 2017 | Kiel Daniel Günther MdL, Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein „Wind of Change“ 11. April 2017 | Flensburg Daniel Günther MdL, Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein „Die Energiewende in Schleswig-Holstein richtig machen!“ 11. Mai 2017 | Hamburg 6. Norddeutscher Wirtschaftstag Dr. Johannes Bußmann, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Technik Günther Oettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personal Friedrich Merz, Vorsitzender Atlantik-Brücke e.V. Marco Wagner, Geschäftsführer Personal der Airbus Operations GmbH Hans-Georg Frey, Vorstandsvorsitzender der Jungheinrich AG 26. Mai 2017 | Keitum auf Sylt CXO-Event Sylt 2017 Big Data: Personalsteuerung im digitalen Zeitalter Industrie 4.0: Marktmacht durch Schnittstellen FinTec: Zukunftsmarkt Währungen 17. Juni 2017 | Kiel Regattabegleitfahrt zur Kieler Woche Ehrengast: Reimer Böge MdEP 20. Juni 2017 | Kiel 3. Deutsch-Russischer Kieler Woche-Empfang Klaus Schlie, Landtagspräsident SH Dr. Dmitrij Trenin, CARNEGIE MOSCOW CENTER (angefragt) 26. Juni 2017 | Berlin Parlamentarischer Abend der fünf norddeutschen Landesverbände 27. Juni 2017 | Berlin Wirtschaftstag mit Dr. Angela Merkel

IMPRESSUM Herausgeber, V.I.S.d.P. Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Hamburg Hauke Harders Landesgeschäftsführer Colonnaden 25/II. Stock 20354 Hamburg Tel.: 040-30 38 10 49 Fax: 040-30 38 10 59 E-Mail: LV-HH@wirtschaftsrat.de Landesverband Schleswig-Holstein Dr. Bertram Zitscher Landesgeschäftsführer Kleiner Kuhberg 2-6, 24103 Kiel Tel.: 0431-67 20 75 Fax: 0431-67 20 76 E-Mail: LV-S-H@wirtschaftsrat.de www.wirtschaftsrat.de

Redaktion Hauke Harders, Ehrhard J. Heine, Hauke Meisner, Kai Pörksen, Christian Ströder, Dr. Bertram Zitscher Erscheinungsweise: 4 x pro Jahr Auflage: 5.000 Exemplare Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der Hausch & Partner GmbH bei.

Herstellung und Anzeigen copy-druck Gesellschaft für Digital- und Offsetdruck mbH Neumann-Reichardt-Straße 27-33 (Haus 21) 22041 Hamburg Telefon: +49 (0) 40 - 689 45 45 Telefax: +49 (0) 40 - 689 45 444 E-Mail: info@copy-druck.de www.copy-druck.de Satz/Layout: Wolfgang Schlett, KGV

Der Bezugspreis ist im Mitgliederbeitrag enthalten. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht die Meinung des Herausgebers wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Bildnachweis: nicht gesondert gekennzeichnete Bilder WR-Archiv, sonst Kennzeichnung an den Fotos, Aufmacherfotos: Fotolia.com: © Raman Khilchyshyn (Grafik Titel u. 16/17), © klamb_serg (S. 4/11/12 Grafik), © 3dbobber (S. 14 Säule), © atabik1 (S. 14 Symbol), © kentoh (S. 18/19 Mensch), © marcus_hofmann (S. 44 Geld), © IndustryAndTravel (S. 48/49 Rathaus), © mizar–21984 (S. 55 Uhr), © K.C. (S. 55 Save), © pico (S. 55 Wahl), © Frank Jeßen (S. 64 Autobahn)

Das nächste Heft erscheint im Juni 2017

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