WR Agenda für Energieeffizienzmärkte

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Agenda f체r Energieeffizienzm채rkte Innovationen nutzen, Kosten senken, Wettbewerbsf채higkeit st채rken Bundesfachkommission Energieeffizienz im Wirtschaftsrat der CDU e.V.

DIE STIMME DER SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT



Vorwort

D

ie Energiewende wird ökologisch und ökonomisch nur gelingen, wenn neben der Säule „Erneuerbare Energien“ die zweite, zentrale Säule „Energieeffizienz“ voran­ gebracht wird. Energieeffizienz steht für deutsche Spitzentechnologie und muss endlich aus dem Schattendasein ans Licht der Energiepolitik geholt werden. Die deut­ sche Industrie, Mittelstand und Handwerk sind bei der Verbesserung der Energie­effizienz längst Vorreiter. Dennoch bleiben erhebliche Energieeffizienzpotenziale in Deutschland seit Jahren ungenutzt. Neben der Umwandlungseffizienz auf der Angebotsseite muss jetzt vor allem auch die Verbraucherseite in den Fokus von Politik, Wirtschaft und Gesell­ schaft rücken. Statt mit ineffizienten, technologiediskriminierenden Zwangsmaßnah­ men nationale Klimaziele zu forcieren, gilt es jetzt, das Thema Energie­effizienz als zen­ tralen Bereich der Energiepolitik ans Licht zu bringen und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Unternehmen und Verbraucher investieren können.

Effiziente Energieeffizienzpolitik muss marktgetrieben sein Grundsatz der künftigen Energiepolitik muss es sein, die Wettbewerbsfähigkeit und die Investitionsbereitschaft in Deutschland zu stärken. Nach den bisherigen Fehlschlägen der Energiewende muss dieses Motto bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE) und auch beim Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 mehr denn je ­gelten. Bei der Verbesserung der Energieeffizienz besteht die Chance, größtenteils mit­ telständisch geprägte Wertschöpfung in Deutschland zu stärken. Wenn Energieeffizienz­ politik selbst effizient sein will, muss sie vor allem marktgetrieben sein, so dass sich die wirtschaftlich sinnvollsten Lösungen durchsetzen. Ziel muss es sein, Klimaschutz, ­Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit mit den geringsten Belastungen für ­Bürger und Wirtschaft zu erreichen. Technologieoffenheit bei den politischen Rahmen­ bedingungen ist dafür Voraussetzung.

Bund, Länder und Kommunen sind gemeinsam in der Verantwortung Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung mit dem NAPE Ziele, Instrumente, Finan­ zierung und die Verantwortung der einzelnen Akteure dargelegt hat. Trotz erster Schritte in die richtige Richtung bleibt die Umsetzung aber weit hinter den Erwartungen zurück. Bund, Länder und Kommunen sind gemeinsam in der Verantwortung, über Märkte für I


Energieeffizienz und durch gezielte Anreize die wirtschaftlich besten Lösungen und bis­ her ungenutzte Potenziale zu erschließen. Dabei ist aus den negativen Erfahrungen des EEGs zu lernen: Neue Büro­kratie, Dauersubventionen und kostspielige Einsparverpflich­ tungssysteme sind der falsche Weg. Der Wirtschaftsrat unterstützt daher ausdrücklich das 10-Punkte-Programm der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der CDU/CSU-Bun­ destagsfraktion für eine marktwirtschaftlich orientierte Energieeffizienzpolitik.

Einheitlich, wirtschaftlich, technologieoffen und diskriminierungsfrei Zur Hebung aller Effizienzpotenziale ist ein sektorübergreifender Ansatz notwendig, der Gebäude, Industrie, Verkehr und Energieerzeugung umfasst und dabei Strom, Wärme und Kälte gleichermaßen in den Blick nimmt. Im Kern muss eine bundesweit einheitliche, wirtschaftliche, technologieoffene und diskriminierungsfreie Energie­effizienzpolitik stehen. Nur so können sich auch die effizientesten und gleichzeitig auch wirtschaftlichs­ ten Technologien durchsetzen. Mit der hier vorgelegten Agenda für Energieeffizienz­ märkte will der Wirtschaftsrat konkrete Lösungsvorschläge in die Politik ­tragen, um die enormen Potenziale im Bereich Energieeffizienz zu heben. Berlin, im April 2015

Wolfgang Steiger Generalsekretär, Wirtschaftsrat der CDU e.V.

Rainer Hundsdörfer Vorsitzender, Bundesfachkommission Energieeffizienz im Wirtschaftsrat der CDU e.V.

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Inhaltsverzeichnis Vorwort. ..................................................................................................................................................... I Märkte für Energieeffizienz........................................................................................................................... 1

Auf keinen Markt verzichten . .................................................................................................................................... 1

1. Vereinfachen, informieren und sensibilisieren..........................................................................2

Technologieoffenen und bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen umsetzen...........................................2 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und Energieeinsparverordnung zusammenlegen.......................2 Qualitätsoffensive für eine zielgruppengerechte Energieberatung...............................................................3 Effizienzsteigerungen nicht durch Verbote und Zwangsvorgaben blockieren............................................3 Von der energieintensiven Industrie lernen......................................................................................................... 4 Energieeffizienz als Geschäftsmodell kommunizieren...................................................................................... 4 Altanlagenlabel einführen......................................................................................................................................... 4 Transparenz beim Energieverbrauch gewährleisten...........................................................................................5 Zusätzliche Umlagen auf Energie verhindern.......................................................................................................5 Förderprogramme radikal vereinfachen.................................................................................................................5

2. Fordern und Fördern..................................................................................................................................... 6

Steuerliche Förderung bei energetischen Sanierungsmaßnahmen umsetzen.......................................... 6 Ausschreibungen von Energieeffizienzmaßnahmen für die Industrie prüfen...........................................7 KfW-Förderung langfristig ausbauen und vereinfachen...................................................................................7 Bürgschaftsmodelle für langfristige Investitionen prüfen............................................................................... 8 Teilmodernisierungen und geringinvestive Maßnahmen ermöglichen...................................................... 8 Steuerliche Anreize für Investitionen in „Prozesswärme“ und „elektrische Antriebe“ prüfen ������������� 8 Steuermäßigung für Erdgasfahrzeuge fortführen.............................................................................................. 9 Einsparverpflichtungssysteme verhindern........................................................................................................... 9 Förderung von Forschung und Entwicklung ausweiten und Ergebnistransfer beschleunigen . .......... 9

3. Regulatorische Hemmnisse abbauen. ............................................................................................10

Verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen schaffen . ....................................................................10 Umwandlungseffizienz stärken...............................................................................................................................10 Contracting stärken und bestehende Hemmnisse abbauen..........................................................................10

Ausblick........................................................................................................................................................................11

Gesamtoptimierung der Energie- und Klimapolitik notwendig . ..................................................................11 Sektorübergreifende Innovationen in den Fokus nehmen ..............................................................................11 Wirtschaftsrat der CDU e.V................................................................................................................................ 13 Die Arbeit der Bundesfachkommission Energieeffizienz................................................................................. 13 III


Märkte für Energieeffizienz Energieeffizienz bedeutet sektorübergreifend mit dem besten Weg Primärenergie zu nutzen und dabei nicht auf Wohlstand zu verzichten. Ein hohes Maß an Energieeffizienz ist dabei nicht nur gleichzusetzen mit einem niedrigen absoluten Energieverbrauch. Alle Dienstleistungen und Produkte, die bei gleichem Energieeinsatz einen höheren Output erzielen, tragen zur Verbesserung der Energieeffizienz bei.

Auf keinen Markt verzichten

Energieflussbild 2013 für die Bundesrepublik Deutschland

Seit 1990 konnten die gesamtwirt­ in Petajoule schaftliche Energieintensität (Brut­ Gewinnung im Inland Import toinlandsprodukt / Primärenergie­ Bestands28 ver­brauch) in Deutschland im Jah­ 4.038 11.697 entnahme resdurchschnitt um 1,9 Prozent ver­ 15.763 Export und Energieaufkommen im Inland mindert und die Primärenergiepro­ Bunkerung 1.935 13.828 duktivität (Primärenergieverbrauch / Primärenergieverbrauch* Bruttoinlandsprodukt) massiv ge­ Nichtenergetischer Verbrauch 944 steigert werden. Trotz der positiven Statistische Differenzen 2.998 Entwicklungen werden alle Energie­ 94 Umwandlungsverluste 524 effizienzziele der Bundesregierung 9.268 Verbrauch in den Energiesektoren Endenergieverbrauch bei Weitem verfehlt. Klar ist, dass auf keinen Sektor verzichtet werden kann und es einer deutlichen Be­ 2.640 2.612 2.603 1.413 schleunigung der Entwicklung im Bereich Energie­effizienz bedarf. Der Industrie Verkehr Haushalte Gewerbe, Handel, Dienstleistungen aktuelle Endenergieverbrauch in den Der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieverbrauch liegt bei 10,4 %. Sektoren Industrie, Verkehr und Abweichungen in den Summen sind rundungsbedingt. * Alle Zahlen vorläufig/geschätzt. 29,308 Petajoule (PJ) = 1 Mio. t SKE Haushalten ist nahezu gleich groß Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 09/2014 (siehe Grafik Energieflussbild 2013). Ein großes Defizit ergibt sich zudem durch Umwandlungsverluste in der Energie­bilanz. Alle wirtschaftlich erschließbaren Potenziale müssen jetzt gehoben werden. ^

Um sektorübergreifend Innovationen zu nutzen, Kosten zu senken und insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken, müssen im Wesentlichen vier Märk­ te für Dienstleistungen und Produkte in den Fokus genommen werden: Die größten wirtschaftlich erschließbaren Energieeffizienzpotenziale können im Gebäudebereich (Heizungsanlagen, Kraft-Wärme-Kopplung, Dämmstoffe, Klima- und Lüftungsanlagen, 1


Heizungspumpen, Gebäudetechnik, Contracting etc.) und in der Industrie (Prozesswär­ me- und Abwärmenutzung, effiziente Elektroantriebe, Kraft-Wärme-Kopplung, Messund Regeltechnik, Contracting, systemische Optimierung etc.) erschlossen werden. Aber auch im Verkehr (Antriebstechnologien, Kraftstoffe etc.) und in der Energieerzeugung (Kraftwerkspark, Steuerungstechnik, Netzoptimierung etc.) liegen Chancen. Um eine konsequente Agenda für Energieeffizienzmärkte voranzubringen, schlägt der Wirtschaftsrat einen konkreten Maßnahmenkatalog vor:

1. Vereinfachen, informieren und sensibilisieren Maßnahmen zur Stärkung der Energieeffizienz sind aus Sicht der privaten Verbraucher als auch der Unternehmen nur dann sinnvoll, wenn sie sich „unterm Strich“ rechnen. Oft fehlt es am Wissen der Akteure, wie die Energieeffizienz zum Beispiel von Gebäuden und Industrieprozessen verbessert werden kann. Daher fordert der Wirtschaftsrat:

O Technologieoffenen und bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen umsetzen Statt 16 unterschiedlicher Lösungen sollte bundesweit ein einheitlicher Rechtsrahmen für Energieeffizienzinvestitionen im Gebäudesektor gelten, der die Technologieoffenheit und die freie Wahl der Energieträger in den Fokus nimmt: Die Verantwortung für die Gesetzgebungskompetenz bei Neubau und Bestand muss beim Bund verortet werden. Eine Regelungshoheit für die Bundesländer beim Bestand wird zu 16 verschiedenen An­ forderungen und Vorgaben führen, die unnötige Kosten für Wirtschaft und Verbraucher mit sich bringen (Diskussion zum EEWärmeG in Baden-Württemberg). Mittelfristig müs­ sen nationale und europäische Regelungen der Energie- und Klimapolitik in Einklang gebracht werden, um ein europäisches „Level-Playing-Field“ zu erreichen.

O Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und Energieeinsparverordnung zusammenlegen Die Energiewende im Wärmemarkt kann nur dann gelingen, wenn bei der Wärme kon­ ventionelle und erneuerbare Energien zusammengeführt werden. Es gilt, die zunehmen­ de Verunsicherung bei Verbrauchern, die durch massive Zielkonflikte und unterschied­ liche Zielgrößen hervorgerufen wird, zu beseitigen (Energieeinsparverordnung (EnEV): nicht erneuerbare Primärenergie und Endenergie; Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG): erneuerbare Energien, dazu technologieabhängige Bewertungen bzw. An­ forderungen): EnEV und EEWärmeG müssen noch in der laufenden Legislaturperiode zu­ 2


sammengelegt werden, um ein einfaches, klares und verständliches Ordnungsrecht zu schaffen. Die EnEV ist für Planer und Handwerker kaum mehr verständlich. Eine bessere Verzahnung der beiden Normen reicht nicht aus. Eine Ausweitung des EEWärmeG auf den Gebäudebestand mit weiteren ordnungsrechtlichen Eingriffen muss verhindert werden.

O Qualitätsoffensive für eine zielgruppengerechte Energieberatung Eines der zentralen Hindernisse für Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen ist das fehlende Vertrauen von Bürgern und Unternehmen gleichermaßen in die Energie­ beratung. Die Energieeffizienz-Expertenliste der Deutschen Energie-Agentur (dena) ist ein erster Schritt hin zu einer breiten Qualitätsoffensive. Ziel muss es sein, ein anerkann­ tes Berufsbild „Energieberater“ zu etablieren. Es gilt auch hier, einen Markt für qualitativ hochwertige Beratung zu etablieren. Bei Beratungen müssen unterschiedliche Struktu­ ren im Gebäude- und Industriesektor sowie finanzielle Spielräume der Eigentümer für einen tragfähigen Sanierungsfahrplan berücksichtigt werden. Individuell angepasste Beratungen müssen daher im Vordergrund stehen. Dies gilt in besonderem Maße für Einsparpotenziale in industriellen Produktionsprozessen, die oft nur mit dem nötigen technischen Fachwissen zu heben sind. Die bestehende Expertenliste der dena sollte da­ bei weiterentwickelt werden und Spezialisten für bestimme Produktionsbereiche und Branchen ausweisen, um die Beratungsqualität durch Ausdifferenzierung weiter zu stei­ gern. Förderungen sind allein auf Basis transparenter Qualitätskriterien zu vergeben. Ein Ausschluss von Beratungsleistungen nur aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimm­ ten Berufsgruppe oder einer Branche gilt es zu verhindern.

O Effizienzsteigerungen nicht durch Verbote und Zwangsvorgaben blockieren Durch staatliche Zwangsmaßnahmen kann Energieeffizienz nie zu einem positiv wahr­ genommenen „Gewinnerthema“ werden. Staatliche Eingriffe in die Unternehmenspro­ zesse müssen grundsätzlich vermieden werden. Erfahrungsgemäß könnten Zwangs­ maßnahmen in allen vier Märkten zu erheblichen Investitionszurückhaltungen führen. Entscheidend ist, dass Bürger und Unternehmen bei allen geplanten Maßnahmen nicht entmündigt werden, sondern über die Auswahl von Energieeffizienzmaßnahmen sowie der Beratung selbst entscheiden können. Staatsdirigistische Maßnahmen, wie die Aus­ weitung kommunaler Anschluss- und Benutzungszwänge in Nah- und Fernwärmenetze müssen verhindert werden. Der Wirtschaftsrat regt eine kritische Überprüfung der be­ reits vorhandenen Verbote und Zwangsvorgaben auf deren Zweck- und Verhältnismä­ ßigkeit an. Ordnungsrechtliche Vorgaben für die Nutzung von erneuerbaren Energien im Gebäudebestand werden abgelehnt. 3


O Von der energieintensiven Industrie lernen Insbesondere die energieintensive Industrie in Deutschland hat deutlich gemacht, wie eine langjährige konsequente Senkung der Energiekosten zu einem Höchstmaß an Energieeffizienz führt. Dabei haben Energiemanagementsysteme mit ihrem struktu­ rierten und kontinuierlichen Verbesserungsansatz mit dazu beigetragen, energetische Schwachstellen zu identifizieren und Abhilfemaßnahmen auf den Weg zu bringen. Energie­effizienz bedarf hier keiner externen Regulierung, sondern erfolgt aus sich selbst heraus, um international im Wettbewerb bestehen zu können. Deshalb dürfen die­ se ­Unternehmen mit ihren erfolgreichen Verbesserungsprozessen nicht durch weitere Vorgaben und Belastungen überbeansprucht und gefährdet werden. Stattdessen sollte ­diese Expertise für andere nutzbar gemacht werden.

O Energieeffizienz als Geschäftsmodell kommunizieren Deutsche Unternehmen sind Problemlöser für wichtige Megatrends wie Urbanisierung und Klima. Nur mit ihnen können die Energiewende, die Entwicklung von Lösungen für Energieeffizienztechnologien und Antworten auf den Klimawandel gelingen. Politik und Wirtschaft sind gemeinsam in der Verantwortung, das Thema Energieeffizienz als ­Chance für den Standort Deutschland zu kommunizieren und über Geschäftsmodelle aufzuklären: Neben der Schaffung von Round-Tables, auf denen sich energieverbrau­ chende Unternehmen, Energieberater, Anlagenbauer und die Kapitalseite treffen und gemeinsam Lösungen finden können, ist eine breit angelegte Kampagne notwendig. Kern der Unternehmensnetzwerke sollte ein freiwilliger Erfahrungsaustausch darstel­ len. Verpflichtende Vorgaben und Mindeststandards sind dagegen kontraproduktiv und müssen verhindert werden. Mit einer eigenen bundesweiten Kampagne setzt sich der Wirtschaftsrat daher dafür ein, das Thema Energieeffizienz in der Wirtschaft und der ­Politik besser zu verankern und deutschlandweit zur Bewegung zu machen.

O Altanlagenlabel einführen Durch Verbrauchslabel für Bestandsanlagen – analog zu den Energieeffizienz-Labels für Neuanlagen – soll der Eigentümer eines Gebäudes auf den möglichen Sanierungsbedarf und die Potenziale für Einsparungen hingewiesen werden. So könnte beispielsweise im Rahmen einer Begehung des Heizungskellers das Altanlagenlabel angebracht wer­ den. Die Anbringung sollte auf Freiwilligkeit beruhen. Nur so bleibt das Thema Energie­ effizienz auch in den Köpfen ein „Gewinnerthema“. Die Begehung könnte beispielsweise 4


im Rahmen der regelmäßigen Überwachung durch den Schornsteinfeger durchgeführt werden. Ca. 75 Prozent des derzeitigen Kesselbestandes ist in Heizwerttechnik ausgeführt und damit unzureichend effizient. Nur ca. drei Prozent dieser veralteten Kessel werden ­jährlich durch effizientere Wärmeerzeuger ersetzt. Der Einsatz von Altanlagenlabels könnte auch Türöffner für Energieberatung und Heizungscheck sein, sowie Folgeinves­ titionen auslösen.

O Transparenz beim Energieverbrauch gewährleisten Die Digitalisierung und Erfassung der Energiedaten bildet eine entscheidende Grund­ lage für das Gelingen der Energiewende. Nur wenn zu jedem Zeitpunkt ersichtlich ist, wie viel Strom, Wärme oder Kälte durch das Netz fließt, eingespeist und verbraucht wird und diese Informationen zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern kommuniziert werden, ist es möglich, Effizienzpotenziale zu identifizieren und zu erschließen. Nur mit dem flächendeckenden Einsatz intelligenter Messsysteme wird die Digitalisierung erst möglich. Smarte Energielösungen wie intelligente Zähler ermöglichen über flexible Ta­ rife erhebliche Energie- und Kosteneinsparungen. Deshalb sollte schnellstmöglich der rechtliche Rahmen für die Einführung von Smart Metern auf den Weg gebracht werden. Der Wirtschaftsrat empfiehlt einen stufenweisen Rollout, der die Wirtschaftlichkeit bei allen Maßnahmen und eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse einzelner Kundengrup­ pen berücksichtigt.

O Zusätzliche Umlagen auf Energie verhindern Höhere Belastungen für Industrie und Bürger durch weitere Umlagen auf Energie wider­ sprechen aus Kundensicht dem Ziel der Bezahlbarkeit. Sie sind unsozial, da sie besonders die Haushalte mit niedrigen Einkommen überdurchschnittlich belasten und weil sie Be­ triebe ohne Befreiungstatbestände im Wettbewerb einseitig benachteiligen.

O Förderprogramme radikal vereinfachen Noch immer empfinden viele interessierte Bürger und Unternehmen die Antragstellung und Umsetzung beispielsweise beim CO2-Gebäudesanierungsprogramm sowohl als zu kompliziert und für die konkrete Situation nicht passgerecht als auch zu bevormun­ dend. Sie nehmen daher keine Förderung in Anspruch. Förderprogramme müssen also ­konsequent vereinfacht, Antragsverfahren schlanker und verständlicher ausgestaltet und neue Zielgruppen erschlossen werden. 5


2. Fordern und Fördern Durch eine erfolgreiche Kombination aus Fordern und Fördern gehört Deutschland in Europa und auch weltweit seit Jahrzehnten zu den Vorreitern bei der Energieeffizienz. Es wäre jedoch falsch, daraus abzuleiten, dass sich aus Effizienzsteigerungen der Vergan­ genheit automatisch vergleichbare Möglichkeiten in der Zukunft übertragen lassen. Es ist allerdings zu beobachten, dass auch die bestehenden Förderprogramme nicht die not­ wendigen Impulse bringen. Daher sollte für alle bestehenden und künftigen Program­ me ein unbürokratisches Monitoring aufgesetzt werden, das konsequent strukturelle Hemmnisse identifiziert. Ziel muss es sein, über den Abbau der Hemmnisse alle Energie­ effizienzpotenziale zu heben. Um zusätzliche Effizienzpotenziale zu erschließen, müssen alle Anreizsysteme grund­ sätzlich technologie- und energieträgeroffen ausgestaltet werden und sollten neben Komplettmaßnahmen auch Teilmodernisierungen sowie geringinvestive Maßnahmen ermöglichen. Einseitig ausgewählte, einzelne Technologien oder Energieträger zu för­ dern, ist vor dem Hintergrund eines Innovationswettbewerbes und der Komplexität von unterschiedlichen Möglichkeiten bei Industrie, Gebäude und Verkehr kontraproduktiv. Ziel einer nachhaltigen Förderpolitik muss es sein, dass auch in Zukunft die Marktakteu­ re innerhalb des staatlichen Ordnungsrahmens für Innovationen und die Steigerung der Energieeffizienz Sorge tragen. Daher fordert der Wirtschaftsrat:

O Steuerliche Förderung bei energetischen Sanierungsmaßnahmen umsetzen 40 Prozent des Primärenergiebedarfs in Deutschland entfallen auf den Betrieb von Ge­ bäuden, aber nur knapp ein Prozent des Gebäudebestandes wird pro Jahr saniert. Gerade durch die steuerliche Förderung – von Einzel- und Gesamtmaßnahmen – lässt sich die energetische Sanierung in die Breite tragen. Bund und Länder sind daher in der Pflicht, bei der steuerlichen Förderung im dritten Anlauf endlich einen Durchbruch zu erzielen und so einen ersten Meilenstein bei der Umsetzung des NAPE zu setzen. Um bei der Um­ setzung neue Investitionen statt nur Mitnahmeeffekte auszulösen, sollte der komplette Förderbetrag von einmalig zehn Prozent von der Steuerschuld abziehbar sein. Mit dem Ziel, den negativen „Vorzieheffekt“ für Bundesländer und Kommunen zu verhindern, sollte geprüft werden, ob die steuerliche Absetzbarkeit entzerrt werden kann. Investitio­ nen könnten zum Beispiel erst ab dem zweiten Jahr steuerlich geltend gemacht werden. ­Gewerbe-, Lohn- und Umsatzsteuer könnten so bereits im ersten Jahr fließen – durch die Entzerrung würden die öffentlichen Kassen jedoch nicht durch Mindereinnahmen belastet. Mindestens muss der Zeitraum der Förderung auf fünf Jahre angesetzt und der ­Abzug degressiv ausgestaltet werden. Nur so kann es gelingen zugleich zugkräf­ 6


tige ­Anreize für mehr Energie­effizienz zu schaffen, den bürokratischen Aufwand zu mi­ nimieren und die Belastung der öffentlichen Haushalte zu entzerren. Da Investitionen in die energetische Modernisierung grundsätzlich Folgeinvestitionen nach sich ziehen, würden auch finanzschwache Bundesländer profitieren und das Handwerk sowie der Mittelstand würden gestärkt.

O Ausschreibungen von Energieeffizienzmaßnahmen für die Industrie prüfen Eine zentral ausgerichtete Verwaltung, die Effizienzlösungen festlegt, ausschreibt und für die Realisierung der Maßnahmen bestimmte Akteure auswählt, wäre mit erheb­ lichem bürokratischen Aufwand verbunden und könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Um Potenziale im Industriebereich über Ausschreibungen zu heben, sollten zunächst einzelne Energieeffizienz-Leuchtturm-Projekte sorgfältig geprüft werden, ob diese im Einklang mit bestehenden Förderinstrumenten und mit einem positiven ­Kosten-Nutzen-Verhältnis umgesetzt werden können. Es besteht die Gefahr, dass ein neues, komplexes Förderregime den bisherigen „Förderdschungel“ weiter verkom­ pliziert. ­Anstelle einer Vorfestlegung auf den Stromsektor sollte jedoch von Beginn an ein technologie- und energieträgeroffener Ansatz gewählt werden.

O KfW-Förderung langfristig ausbauen und vereinfachen Die KfW-Instrumente „Energetisch bauen und sanieren“ und „KfW-Energieeffizienz­ programm“ haben sich als Anreizsysteme für mehr energetische Sanierungen von Wohn- und Gewerbeimmobilien bewährt. Um alle Potenziale zu heben und auch Pla­ nungssicherheit für mittelfristige Sanierungsvorhaben zu gewährleisten, sollte die KfW-Förderung jedoch technologieoffen gestaltet und verstetigt werden. Einzelmaß­ nahmen sollten weitergeführt werden. Da aber zwischen Antrag und Umsetzung von geförderten Gesamtmaßnahmen nur drei Jahre liegen dürfen, ist es privaten Eigentü­ mern derzeit nicht möglich, ein gesamtes Sanierungskonzept über mehrere Jahre mit Einzelmaßnahmen stufenweise umzusetzen und von der Förderung der Sanierung zum KfW-Effizienzhaus zu profitieren. Auch Unternehmen können derzeit nicht komplette Sanierungsfahrpläne zur Einsparung von mindestens 20 Prozent des Energiebedarfs über mehrere Jahre nach dem Baukastenprinzip realisieren und dabei von der KfW-För­ derung für umfassende Modernisierungsinvestitionen profitieren. Bestehende Anreize sollten daher optimiert und der Zeitrahmen für förderungsfähige Maßnahmen auf zehn Jahre ausgedehnt werden, um auch die etappenweise Umsetzung von umfassender Ge­ bäudesanierung zu ermöglichen. Um Energieeffizienzmaßnahmen für potenzielle Inves­ 7


toren zudem leichter nutzbar zu machen, gilt es, die KfW-Programme durch vereinfachte Antragsbedingungen attraktiver zu gestalten.

O Bürgschaftsmodelle für langfristige Investitionen prüfen Gerade in kleineren Unternehmen werden Investitionen in energieeffiziente Technolo­ gien und Einsparmaßnahmen häufig nicht getätigt, weil die Amortisationszeiten zu lang, Finanzmittel knapp sind und die Energiekosten doch nur einen zu geringen Anteil der Gesamtkosten ausmachen. Daher sollten vornehmlich in den Bereichen Industrie und Gewerbe sogenannte „Bürgschaftsmodelle“ intensiv ­geprüft werden, um langfris­ tige Energieeffizienzinvestitionen auch für Drittinvestoren wie ­Contracting-Anbieter at­ traktiver zu gestalten.

O Teilmodernisierungen und geringinvestive Maßnahmen ermöglichen Um die Erneuerung unserer Gebäude-, Industrie- und Gewerbeinfrastruktur voranzu­ bringen, müssen neben Komplettmaßnahmen auch Teilmodernisierungen und gering­ investive Maßnahmen ermöglicht werden. „Low-Hanging-Fruits“ bei geringinvestiven Maßnahmen sollten ebenfalls über die steuerliche Förderung angereizt werden. Dazu gehört auch die Aufstellung eines gebäudeindividuellen Sanierungsfahrplans, der ­sicherstellt, dass die einzelnen Maßnahmen in ihrer Summe zur Erreichung des Ziels ­eines nahezu klimaneutralen Gebäudes beitragen. Um alle Potenziale zu heben, müs­ sen auch Kleinstmaßnahmen wie zum Beispiel Einzelraumregelung, Einsatz von Hoch­ effizienzpumpen, hydraulischer Abgleich, Rohrleitungsdämmung und Optimierungs­ maßnahmen an bestehenden Anlagen zielgenau angereizt werden. Eine mögliche Einbindung in die BAFA-Zuschussförderung (MAP) sollte auf Wirksamkeit und Kosten­ effizienz geprüft werden. Bei allen Maßnahmen muss die Wirtschaftlichkeit im Fokus stehen.

O Steuerliche Anreize für Investitionen in „Prozesswärme“ und „elektrische Antriebe“ prüfen Mehr als zwei Drittel des Energieeinsatzes in der Industrie entfallen auf die Bereiche „Prozesswärme“ und „elektrische Antriebe“. Trotz bestehender BAFA-Zuschuss- und KfW-Kreditförderungsprogramme bleiben enorme Energieeffizienzpotenziale in bei­ den Schlüsselbereichen jedoch weiter ungenutzt (Nutzung von Abwärme, Einsatz von Energiesparmotoren, Drehzahlreglern etc.). Insbesondere kleine und mittlere Unterneh­ men sind sich der erheblichen wirtschaftlichen Einsparpotenziale oft nicht bewusst. 8


Auch werden Modernisierungen aufgeschoben, obwohl sich Investitionen oft bereits in ein bis fünf Jahren amortisieren und damit unmittelbare Einspareffekte erzielt werden könnten. Entscheidend ist auch in diesen beiden Bereichen auf Information und geziel­ te Anreize, statt auf Ordnungsrecht zu setzen. Groß angelegte Kampagnen und Unter­ nehmensnetzwerke können wirtschaftliche Energieeffizienzpotenziale aufdecken und bewährte Ansätze in die Breite tragen. Darüber hinaus sollte intensiv geprüft werden, ob mittels steuerlicher Anreize Investitionen ausgelöst werden können. Ziel muss es dabei sein, die Such- und Entdeckungsfunktion des Marktes zur Steigerung von Energieeffizi­ enz im ­Industriebereich zu stärken, anstatt nur Mitnahmeeffekte auszulösen.

O Steuermäßigung für Erdgasfahrzeuge fortführen Der Verkehrssektor sollte im Bereich der Energieeffizienz stärker in den Fokus gerückt werden. Im Mobilitätsbereich sind zum Beispiel Erdgas (CNG) und Autogas (LPG) effi­ ziente Alternativen zu den herkömmlichen Kraftstoffen und könnten dazu beitragen, die CO2-Emissionen kostengünstig zu senken. Dazu ist eine Fortführung der Steuermä­ ßigung mindestens bis Ende 2020 erforderlich. Ziel muss es sein, ein „Level-Playing-Field“ ­zwischen allen Kraftstoffen herzustellen. Die Einbeziehung des Verkehrssektors in den europäischen Emissionshandel und eine einheitliche Preisauszeichnung der Kraftstoffe nach Energiegehalt sollte intensiv geprüft werden.

O Einsparverpflichtungssysteme verhindern Der Wirtschaftsrat spricht sich gegen Einsparverpflichtungssysteme aus. Ordnungs­ rechtliche Maßnahmen wie zum Beispiel im Gebäudebereich sollten nicht auf den Be­ stand angewendet werden. Die Senkung von Energiekosten an ordnungsrechtliche Vor­ gaben bei der Energieeffizienz zu koppeln, lehnt der Wirtschaftsrat ab. Stattdessen muss konsequent auf zielgenaue Anreize gesetzt werden. Energieeffizienz muss sich für Indus­ trie und Haushalte schneller lohnen. Dauersubventionen und reine Absatzförderungen verhindern dagegen weitergehende Innovationen.

O Förderung von Forschung und Entwicklung ausweiten und Ergebnistransfer beschleunigen Die Forschungsförderung in den Bereichen Energieforschung und auch Bauforschung sollte ausgeweitet werden. Um innovative Lösungen schnell in die Anwendung zu brin­ gen sollte der Ergebnistransfer in die Praxis beschleunigt werden. Der bisherige Schwer­ 9


punkt im Bereich Gebäude und Quartiere sollte durch einen weiteren Forschungsschwer­ punkt zur Steigerung der Energieeffizienz in der Industrie ergänzt werden.

3. Regulatorische Hemmnisse abbauen Zur Durchsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen müssen zahlreiche Hemmnisse für den Vertrieb von Energiedienstleistungen abgebaut werden. Je schneller diese Hürden beseitigt werden, desto besser könnte sich der Markt entfalten und könnten weitere Modernisierungsanreize geschaffen, Energieeffizienz gesteigert, Energie eingespart und CO2-Emissionen reduziert werden. Daher fordert der Wirtschaftsrat:

O Verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen schaffen Energieeffizienzpotenziale und die erforderliche Technik sind ausreichend vorhanden. Die Ursachenanalyse, warum sie aktuell nicht gehoben werden können, ist entscheidend: Kern ist die mangelnde Investitionsbereitschaft aufgrund von Unsicherheiten, wie zum Beispiel die geplante Mietpreisbremse, welche Refinanzierungen drastisch einschränkt, oder fehlende Planungssicherheit bzw. unklare Auslegungen bei Anreizsystemen. Inves­ titionen werden nur getätigt, wenn die Rahmenbedingungen langfristig stabil bleiben. Hierfür ist eine verlässliche und kohärente Politik das Fundament.

O Umwandlungseffizienz stärken Neben der wichtigen, stärkeren Fokussierung auf die Verbraucherseite sollte auch die Angebotsseite nicht aus dem Blick verloren werden. Der Nutzen für Energieeffizienz­ maßnahmen ergibt sich nicht nur aus eingesparter Endenergie, sondern auch über die Umwandlungseffizienz. Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist eine der aktuell effizien­ testen Energieerzeugungstechnologien. Durch die simultane Strom- und Wärmebereit­ stellung können KWK-Anlagen hohe Gesamtwirkungsgrade erreichen. Die bereits ange­ kündigte Novelle des KWK-Gesetzes muss auch aus Gründen der Planbarkeit politischer Rahmenbedingungen zügig angegangen werden. Die Umsetzung sollte den Fokus auf eine energiewirtschaftlich sinnvolle Verknüpfung mit erneuerbaren Energien und kon­ ventionellen Kraftwerken legen. Einseitige Subventionen werden abgelehnt.

O Contracting stärken und bestehende Hemmnisse abbauen Contracting ist ein Instrument, mit dem Investitionen in energieeffiziente Technologien auch dort getätigt werden können, wo das Kapital nicht auf einmal aufgebracht werden 10


kann. Der rechtliche Rahmen für dieses Instrument ist an vielen Stellen zu verbessern. Gleichzeitig empfiehlt der Wirtschaftsrat, dass die öffentliche Hand hierbei als Vorbild vorangeht und die enormen Einsparpotenziale in öffentlichen Gebäuden beispielswei­ se durch Contracting hebt. Auch Mini-Contracting-Modelle, das Contracting für Ein- bis Zweifamilienhäuser oder kleinere Wohneinheiten bergen ein enormes Potenzial. Eigen­ tumsrechtliche, vertragsrechtliche, förderungsrechtliche sowie miet- und steuerrecht­ liche Hemmnisse müssen konsequent beseitigt werden. Der Marktzugang für Ener­ giedienstleistungen sollte verbessert und diskriminierungsfrei gestaltet werden. Die systematischen Benachteiligungen von Contracting gegenüber der Eigenversorgung mit Wärme und Strom sind abzubauen.

Ausblick Energieeffizienz betrifft das ganze Energiesystem: Erneuerbare Energien müssen ge­ meinsam mit den konventionellen Energien in ein System integriert werden, um den effizientesten Weg der Erzeugung zu finden. Gleichzeitig ist die Steigerung der Energie­ effizienz ein zentraler Baustein zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Errei­ chung der Klimaziele. Der Wirtschaftsrat empfiehlt die Erstellung eines offiziellen Ener­ gieeffizienzindexes mit eindeutigen Kennzahlen, um den Fortschritt in allen Bereichen transparent zu machen.

Gesamtoptimierung der Energie- und Klimapolitik notwendig Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Nebeneinander verschiedenster Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene zu Ineffizienzen führt. Doppelregulierungen sollten für alle Verbraucher vermieden werden. Es bleibt daher eine zentrale Aufgabe der Ener­ gie- und Klimapolitik, die unterschiedlichen Instrumente auf EU-Ebene aufeinander ab­ zustimmen und gegebenenfalls zusammenzuführen. Langfristig sollte der Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienzmaßnahmen auch durch den Emissions­ handel ausgelöst werden.

Sektorübergreifende Innovationen in den Fokus nehmen Bei der Betrachtung der Potenziale dürfte in Zukunft die wachsende Interdependenz zwi­ schen Strom- und Wärmemarkt, dem Mobilitätssektor sowie eine ganzheitliche Betrach­ tung von Energieeffizienzmaßnahmen an Bedeutung gewinnen. 11


Power-to-Gas, also die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in Wasser­ stoff oder synthetisches Methan und die mögliche Einspeisung in das Erdgasnetz, könnte einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Speicherfrage leisten. Diese synthetischen Gase auf Qualitätsniveau des herkömmlichen Erdgases können über die bestehenden Erdgas­ speicher und das Netz im Wärmemarkt, aber auch im Bereich der Mobilität Verwendung finden. Bisher sind der Wirkungsgrad von Power-to-Gas und das Kosten-Nutzen-Verhält­ nis noch sehr unausgewogen. Der Wirtschaftsrat spricht sich daher für verstärkte For­ schung im Bereich Power-to-Gas und im Bereich Batteriespeicherung aus. Die zweite Strategie betrifft den Ausbau von intelligenten Energietechnologien, wie Smart Grids, über die beispielsweise überschüssige Strommengen aus erneuer­baren Energien, z. B. über Power-to-Heat, im Wärmemarkt- oder Kältemarkt genutzt und ­gespeichert werden können. Auch hier gilt analog zu anderen erneuerbaren Energien, diese Energiequelle nicht in ineffizienten, sondern in effizienten Technologien nach dem Stand der Technik zu nutzen. Die durch Power-to-Heat zur Verfügung gestellten Wärme­ mengen müssten nicht nur effizient ­genutzt werden, sondern die Wärmesysteme sollten zusätzlich auch Speichermöglichkeiten aufweisen. Langfristig muss geprüft werden, wie intelligente Steuerungstechniken (Stichwort ­Industrie 4.0) einen Beitrag zur Energieeffizienz leisten können. Durch eine ganzheit­ liche Betrachtung und Optimierung der Energieeffizienz in Unternehmen – anstelle der isolierten Verbesserung von Teilbereichen – könnten künftig enorme Potenziale gehoben werden. Effizienzsteigerungen können beispielsweise bei der Interaktion von Maschi­ ne, Prozesskette und Gebäude sowie durch die Nutzung von Synergien durch Energie­ controlling und -rückgewinnung erzielt werden. Wie auch mit ganzheitlichen Sanie­ rungsfahrplänen bei Wohngebäuden lassen sich gerade im industriellen Sektor durch die Perspektive der Systemoptimierung weitere erhebliche Energieeinsparungen erzie­ len. Hier besteht weiterhin großer Bedarf an Forschungs- und Vernetzungsarbeit.

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Inhalt: ANDREAS STIHL AG & Co. KG (4); Architecte Association des architectes du CIC Vanden Bosche ­sprl, C.R.V.sa., CDGsprl, Studiegroep D (10); European Union, 2014 (10); Fotolia.com - © anekoho (1, 5); © anna­vaczi (12); © apops (9); © Chlorophylle (11); © DanBu.Berlin (6); © electriceye (6); © GIBLEHO (7); © Gina Sanders (1, 5, 8); © Grecaud Paul (3); © industrieblick (5, 8, 11); © Jeanette Dietl (5); © jorisvo (12); © Monkey Business (2); © photocrew (4); © RAM (3); © Romolo Tavani (7); © svedoliver (2); Jens Schicke (I, II, III, 9)

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Wirtschaftsrat der CDU e.V. Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. ist ein bundesweit organisierter unternehmerischer ­Berufsverband mit derzeit rund 11.000 Mitgliedern, der 1963 auf Initiative von Ludwig Erhard gegründet wurde. Wir bieten unseren Mitgliedern eine Plattform zur Mitgestal­ tung der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards. Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. ist dabei als unternehmerischer Berufs­ verband rechtlich selbstständig und politisch unabhängig. Ein wesentlicher Teil der wirt­ schaftspolitischen Arbeit im Wirtschaftsrat wird in den zwölf Bundesfachkommissionen sowie den angeschlossenen Arbeitsgruppen geleistet.

Die Arbeit der Bundesfachkommission Energieeffizienz Um das Thema Energieeffizienz stärker in den Fokus der politischen und gesellschaft­ lichen Debatten zu rücken, hat der Wirtschaftsrat im Juli 2014 bewusst eine eigenstän­dige Bundesfachkommission Energieeffizienz eingerichtet. Ziel ist es, konkrete Lösungsvor­ schläge in die Politik tragen, um die enormen Potenziale im Bereich der Energieeffizienz zu heben. Die Bundesfachkommission Energieeffizienz setzt sich aus hochrangigen Entschei­ dungsträgern aus Wirtschaft, Verbänden und Verwaltung sowie den Vertretern der CDU/ CSU-Fraktionen des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlamentes zusam­ men. In dem exklusiven Gremium werden aktuelle energieeffizienzpolitische Fragen ­beraten sowie Handlungsalternativen und Konzepte erarbeitet. Zugleich steht der un­ mittelbare Dialog mit den Abgeordneten im Mittelpunkt. Alle Sitzungen finden dabei unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Vorsitz der Bundesfachkommission Energieeffizienz Vorsitzender Rainer Hundsdörfer Vorsitzender der Geschäftsführung, ebm-papst Gruppe

„Nur durch massive, sektorübergreifende Anstrengungen bei der Energieeffizienz in Verkehr, Industrie und Immobilien, die Wärme und Kälte gleichermaßen einbeziehen, kann die Energiewende zum Erfolg geführt werden. Wir brauchen einen ­Aktionsplan, der beide Seiten, die Energieerzeuger wie die Energieverbraucher, ­berücksichtigt und in die Pflicht nimmt. Unternehmen, öffentliche Hand und Verbraucher müssen ­gemeinsam für mehr Energie­ effizienz motiviert werden.“ 13


Stellvertretender Vorsitzender Dr. Peter Blauwhoff Vorsitzender der Geschäftsführung, Deutsche Shell Holding GmbH

„Die Verbrauchssektoren Verkehr, Wärme, Industrie konsumieren rund zwei Drittel der gesamten Energie in Deutschland. Sie alle haben ihre Energieeffizienz in den vergange­ nen Jahren bereits deutlich gesteigert. Um die Effizienzpotenziale aller Sektoren zu er­ schließen, brauchen die Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen und eine Politik, die auf Tech­ nologieoffenheit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen setzt statt auf ordnungsrechtliche Eingriffe.“

Stellvertretender Vorsitzender Marc Andree Groos Geschäftsführer, Vaillant Deutschland GmbH & Co. KG

„Energieeffizienz ist die Energiequelle, die am meisten unterschätzt wird. Energie­ effizienz kann kurzfristig einen größeren Beitrag zur Energiewende leisten als ­erneuerbare Energien.“

Stellvertretender Vorsitzender Ralph Heuwing Vorstand, Dürr AG

„Mehr Energieeffizienz bedeutet mehr Klimaschutz, mehr Wirtschaftlichkeit und mehr Wettbewerbsfähigkeit für die deutsche Industrie. Deutschland hat eine echte Chance, Exportweltmeister auch in der Energieeffizienz zu werden. Dazu müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Durch mehr Innovationsförderung und steuer­liche Investitionsanreize zur Erneuerung unserer industriellen Infrastruktur.“

Ihre Ansprechpartner im Wirtschaftsrat der CDU e.V. Björn Spiegel Bereichsleiter Industrie und Energiepolitik Telefon: 030 / 240 87-218 Telefax: 030 / 240 87-206 E-Mail: b.spiegel@wirtschaftsrat.de

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Bernd Weber Referent Industrie und Energiepolitik Telefon: 030 / 240 87- 221 Telefax: 030 / 240 87-206 E-Mail: b.weber@wirtschaftsrat.de


Verantwortlich: Wolfgang Steiger, Generalsekretär Dr. Rainer Gerding, Bundesgeschäftsführer Klaus-Hubert Fugger, Pressesprecher und Geschäftsführer Inhaltliche Betreuung: Björn Spiegel, Bereichsleiter für Industrie und Energiepolitik Bernd Weber, Referent für Industrie und Energiepolitik Gestaltung und Abwicklung: Katja Sandscheper, Redakteurin Herstellung: STEINBACHER DRUCK GmbH © Wirtschaftsrat 2015

Wirtschaftsrat der CDU e.V. Luisenstraße 44, 10117 Berlin Telefon: 0 30 / 2 40 87-301 Telefax: 0 30 / 2 40 87-305 Internet: www.wirtschaftsrat.de E-Mail: info@wirtschaftsrat.de


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