Intern
Mitteilungen für Mitglieder
26. Januar 2010
Prof. Dr. Kurt J. Lauk, Präsident des Wirtschaftsrates
Hartz IV muss Hilfe zur Selbsthilfe bleiben! Unsere Sozialpolitik beruht auf einer Vereinbarung, die jeder nachvollziehen kann: Wer sich in seiner Not nicht selber helfen kann, den unterstützt die Solidargemeinschaft. Umgekehrt bleibt richtig: Jeder Bürger hat die Pflicht, so weit wie möglich aus eigener Kraft für sich zu sorgen. Leistungsmissbrauch konsequent sanktionieren! Die große Mehrheit der Hartz IV-Empfänger bemüht sich nachdrücklich um die Aufnahme einer regulären Beschäftigung. Gleichwohl muss auch über den bestehenden Missbrauch diskutiert werden. Nur so wird die Politik ihrer Verantwortung gegenüber dem redlichen, hart arbeitenden Steuerzahler gerecht, der die Zahllast der Transfers zu schultern hat. Die staatliche Fürsorge darf nur erhalten, wer tatsächlich nicht selbst ein auskömmliches Einkommen erwirtschaften kann. Deshalb sind die Kriterien für die Verhängung von Sanktionen bei Leistungsmissbrauch wie der Ablehnung von Jobangeboten konsequent und bundesweit einheitlich anzuwenden. Der Wirtschaftsrat begrüßt die im Referentenentwurf von Bundesarbeitsministerin von der Leyen vorgesehene straffere Regelung. Darüber hinausgehend ist die Bundesregierung gefordert, die Grundsicherung für Arbeitsuchende im Interesse solider Staatsfinanzen und der wirksamen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit fortzuentwickeln. Die große Spannweite zwischen den JobCentern von ein bis sieben Prozent sanktionierten Arbeitslosengeld II-Empfängern zeigt überdeutlich: Die bereits heute bestehende Pflicht zur Bestrafung von Pflichtverletzungen wird vielerorts nicht konsequent umgesetzt. Die Bundesagentur
für Arbeit muss hier dafür sorgen, dass überall gleichstrenge Maßstäbe angelegt werden. Gegenleistung von Hartz IV-Empfängern einfordern! Gleichzeitig stehen die Kommunen in der Pflicht, ihre gemeinnützigen Arbeitsangebote auszuweiten und so die Arbeitsbereitschaft der Hartz IV-Empfänger wirksam zu überprüfen. Wer die Hilfe des Staates in Anspruch nimmt, muss, wann immer es ihm möglich ist, seine Arbeitsleistung auch der Allgemeinheit anbieten. Das Bewusstsein für ein faires Verhältnis von Leistung der Gemeinschaft und Gegenleistung des Einzelnen kann nur so gestärkt werden. Vollzeitbeschäftigung fördern! Bemühen sich Transferempfänger hingegen nach Kräften, ihren Lebensunterhalt am Markt selbst zu erarbeiten, sollten sie auch die Früchte ihrer Anstrengungen ernten können. Dies ist ein Gebot der Leistungsgerechtigkeit. Deshalb muss durch eine Ausweitung der Hinzuverdienstmöglichkeiten zum Arbeitslosengeld II der Anreiz zur Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung gestärkt werden. Dies ist der Schlüssel, um Bürger vollständig aus dem Transferbezug zu befreien. Die Hälfte aller Vollzeitbeschäftigten, die ergänzend Arbeitslosengeld II erhalten, kann innerhalb von nur drei Monaten ihren Arbeitslohn so weit steigern, dass sie nicht länger „aufstockende“ staatliche Leistungen benötigen, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit ermittelt hat. Zur Gegenfinanzierung sollte der 100-Euro-Freibetrag reduziert werden, der heute die Aufnahme eines illegalen Kombi-Einkommens aus Schwarzar-
beit und geringfügiger Beschäftigung fördert: Von 1,3 Millionen Aufstockern verharren 800.000 und damit weit mehr als die Hälfte in Minijobs. Kein Spielraum für zusätzliche Leistungen! Weitere Zusatzleistungen wie eine erneute Verlängerung des Arbeitslosengeldes I oder die Ausweitung des Schonvermögens sind angesichts der finanziellen Schieflage der Arbeitslosenversicherung schwer zu finanzieren. So rechnet die Bundesagentur für Arbeit im laufenden Jahr mit einem Defizit von bis zu 16 Milliarden Euro, für das der hart arbeitende Steuerzahler aufkommen muss. Zudem sind zusätzliche Belastungen in zweistelliger Milliardenhöhe durch das anstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Anpassung der Hartz IV-Regelsätze zu erwarten. Gleichzeitig zählen die deutschen Regeln zur Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I sowie zum Schonvermögen bereits heute zu den großzügigsten der Welt. So bleibt für ein Ehepaar einschließlich selbstgenutzter Immobilie Vermögen von bis zu einer Viertelmillion Euro unangetastet. Gerade vor dem Hintergrund der prekären Haushaltslage und der hohen Belastung des redlichen Steuerzahlers muss selbstverständlich sein, dass Hilfebedürftige so weit wie möglich durch ihren Arbeitseinsatz zur Verminderung der staatlichen Solidarleistung beitragen. Gleichzeitig gilt es, Transferempfänger durch eine Reform der Hinzuverdienstregeln zur Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung zu motivieren und ihnen so den Einstieg in den Aufstieg am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Denn richtig bleibt: Bewusstes Fordern und gezieltes Fördern gehören untrennbar zusammen!