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Mitteilungen für Mitglieder
30. Oktober 2012
Prof. Dr. Kurt J. Lauk, Präsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V.:
„Paradigmenwechsel einleiten: Europa neu denken!“ Europa steckt in einer grundlegenden Vertrauenskrise. Die Menschen spüren, dass die hektischen Rettungsaktionen der Politik allesamt Stückwerk geblieben sind. Als Folge lässt sich die Halbwertszeit der Rettungspakete nur noch in Tagen bemessen. Es ist zu befürchten, dass weitere Maßnahmen zum Zeitgewinn folgen müssen. Stückwerk muss durch Konzeption ersetzt werden. Ohne Frage ist der ESM kurzfristig eine Hilfe. Langfristig ist er jedoch eine Fehlkonstruktion. Sein Geburtsfehler ist, dass er die Krisenstaaten von dem disziplinierenden Druck der Märkte befreit. Die Kapitalmärkte werden ihn deswegen nicht als endgültige Lösung akzeptieren. Auch die Verschleierung der Kosten durch die Verlagerung der Rettungspolitik auf die EZB ist langfristig kein gangbarer Weg. Im Gegenteil: Die Zentralbank riskiert ihr höchstes Gut, die Unabhängigkeit. An diesem kritischen Punkt ist es von entscheidender Bedeutung, Dynamik und Perspektive nach vorne zu entfalten. So wie es 1989 den Delors-Bericht gab, der den Weg in die heutige Währungsunion vorzeichnete, brauchen wir auch jetzt ein eindeutiges Ziel und den klaren Weg dorthin. Der Fahrplan zur Euro-Einführung hat damals eine gewaltige wirtschaftliche Dynamik entfaltet, weil alle Länder mitmachen wollten. Der Anreiz dazuzugehören hat dazu geführt, dass die Konvergenzkriterien eingehalten wurden. Heute brauchen wir erneut einen disziplinierenden Reformzwang, der gleichzeitig eine spürbare Wachstumsdynamik erzeugt. Basierend auf einer Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich, die als „Koalition der Integrationswilligen“ auch allen anderen offen steht, muss ein Fahrplan ausgearbeitet wer-
Terminankündigungen 30. Oktober in Berlin Infrastrukturforum „Standortfaktor Infrastruktur – Für mehr Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Wohlstand“ mit Dr. Peter Ramsauer MdB Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 29. November in Berlin BUNDESSYMPOSION „Zukunft Europas: Neue Wege, neues Vertrauen, neues Wachstum“ u.a. mit Dr. Jens Weidmann Präsident der Deutschen Bundesbank und Michel Barnier Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Europäische Kommission
den, der die Vision eines künftigen Europas vorgibt und die politische Union, die bislang sträflich vernachlässigt wurde, endlich voranbringt. Der entscheidende Paradigmenwechsel zur bisherigen Politik der ständig nachhinkenden Rettungspakete muss unbedingt vollzogen werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass Reformen erbracht sein müssen – und nicht nur versprochen. Der Prozess muss deshalb umgekehrt werden. Weiterhin steht es jedem integrationswilligen Land grundsätzlich offen, in dem europäischen Zug mitzufahren. Eine gültige Zugfahrkarte darf es künftig jedoch erst geben, nachdem folgende Qualifizierungsschritte in der jeweils nationalen Gesetzgebung gesichert sind:
Konsequente Öffnung des Dienstleistungsmarktes. Ein wirklich offener europäischer Dienstleistungssektor könnte das reale BIP der EU um bis zu 2,6 Prozent jährlich steigern. Gerade die Südländer erhielten so die dringend notwendigen neuen Wachstumsperspektiven. Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Flexiblere Arbeitsmärkte führen zu mehr Investitionen und damit zu einer Verringerung der Leistungsbilanzunterschiede. Eckpunkte in der Sozialpolitik und Annäherung der bestehenden Sozialsysteme. Notwendig ist etwa, dass das Renteneintrittsalter einheitlich bei mindestens 65 Jahren liegen muss. Einhaltung des Fiskalpaktes und Verlagerung der Budgethoheit auf die