23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Eine Reise in die Welt der Klicks, Likes und Herzchen: Zehn Social-Media-Nutzer erzählen von ihrer Leidenschaft
Was ist der Reiz von Instagram? Warum sind plötzlich alle auf Tiktok? Und weshalb schaut man anderen beim Gamen zu? Zehn Menschen aus der Schweiz erzählen, warum sie jeden Tag stundenlang ihre LieblingsApp nutzen. Corinne Plaga und Gabriela Dettwiler (Text), Daniel Stolle (Illustrationen) 18.4.2019, 05:30 Uhr Mehr als 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind mindestens einmal pro Woche im Internet. 5,5 von 8,4 Millionen Einwohnern nutzen Youtube, 4,4 Millionen sind aktive Social-Media-Nutzer, 3,8 Millionen sind auf Facebook – und auch die Plattformen Instagram, Linkedin oder Snapchat kommen auf mehr als eine Million Schweizer Nutzer.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
1/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Youtube ist der König der sozialen Netzwerke
Anzahl Schweizer Nutzer der jeweiligen App, in Millionen (jeweils geschätzt) Youtube Facebook Instagram Snapchat Linkedin Twitter Pinterest Xing Tiktok* Twitch Reddit* Jodel*
0
1
0,4 0,3 0,2 0,1
0,9 0,9 0,9
2
1,2
1,4
3
2,5
4
5
3,8
5,5
6
* Inoffizielle Nutzerzahlen sind nur für Deutschland verfügbar. Wir haben diese für die Schweiz umgerechnet. – Quelle: alike.ch, Xeit GmbH, eigene Recherche – Grafik: rst. Warum verbringen so viele Menschen jeden Tag mehrere Stunden damit, diese Plattformen mit Daten, Bildern und Kommentaren zu füttern? Was sind das für Menschen? Was macht den Reiz für sie aus? Und wo sehen sie Gefahren? Das wollten wir herausfinden – und haben darum zehn Menschen kontaktiert, die jeweils ihre liebste soziale Plattform für sich entdeckt haben. Es sind Menschen, für die dieses Netzwerk zu einem Hobby, ja zu einer Leidenschaft geworden ist. Und manchmal verdienen sie sogar Geld damit.
Social Media sind kein Zufluchtsort, im Gegenteil: Sie sind ein Ergänzungsraum für das reale Leben
Soziale Netzwerke befriedigen vier Grundbedürfnisse des Menschen: Aufmerksamkeit, Neugierde, Neid und Zugehörigkeitsgefühl. Darum sind sie aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Reto Stauffacher / 19.4.2019, 05:30
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
2/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Zu unserer Auswahl
Von den erfolgreichsten oben aufgelisteten Plattformen haben wir zehn ausgewählt: Youtube, Facebook, Instagram, Snapchat, Linkedin, Twitter, Tiktok, Twitch, Reddit und Jodel. Diese stellen wir nachfolgend etwas genauer vor. Wir haben – wegen zu grosser Ähnlichkeit mit anderen Plattformen – auf Pinterest und Xing verzichtet. Ebenfalls kein Thema in diesem Text ist Whatsapp: Laut dem Media-Use-Index 2018 haben zwar 60 Prozent aller Schweizer zwischen 14 und 69 Jahren die Messenger-App auf dem Smartphone installiert. Whatsapp wird aber vorrangig für private Kommunikation genutzt und fällt damit in eine andere Kategorie. Google+ schliesslich war der Versuch von Google, eine Konkurrenz zu Facebook aufzubauen. Die Plattform hatte zwar enorm hohe Nutzerzahlen, da sie an den Mail-Account gekoppelt war. Google+ wurde allerdings mangels Erfolg Anfang April dieses Jahres eingestellt.
Instagram: Die hippe kleine Schwester von Facebook Twitch: Ein Muss für jeden Gamer Snapchat: Die spielerische Leichtigkeit des Moments Youtube: Wo die Welt Videos schaut Linkedin: Der Treffpunkt für Workaholics Twitter: Der Geburtsort der Shitstorms Tiktok: Der neueste Teenie-Hype Reddit: Die Startseite des Internets Jodel: Anonymer Spielplatz für Locals Facebook: Wo alles begann, wo alles endet
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
3/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Instagram: Die hippe kleine Schwester von Facebook Nutzerin: Luisa Bider alias Luptilu, 25 Jahre, Zürich Follower: 939 Influencer, so weit das Auge reicht. Das ist in der Regel Instagram. Die typischen Nutzer sehen auf ihren Smartphone-Bildschirmen nämlich nicht mehr die neusten verwackelten Babyfotos der Cousine dritten Grades, sondern vor allem inszenierte Schönheit, Spass und Luxus – und das wirft ordentlich Profit ab. Luptilu – so nennt sich Luisa Bider auf Instagram – bricht mit dieser Regel: «Obwohl Body-Positivity auf dem Vormarsch ist, gibt es zu viele Menschen, die ihr unechtes, selbstoptimiertes Selbst beleuchten und damit ‹Normalos› den Eindruck geben, sie seien nicht gut genug.» Ergo findet man auf Luisas Profil keine überperfekten Fotos, sondern viel Natürlichkeit und Authentizität. Ausserdem immer an ihrer Seite: ein kleiner Plastik-Triceratops namens Mildred D.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
4/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
luptilu
Barbican Centre
Profil ansehen
Mehr auf Instagram ansehen
Gefällt 64 Mal luptilu #tbt to when we (@kalmou @chelsea.bider) found mildred d shivering next to a lewisham dumpster in the snow. after a fun weekend out (including brunch, the visit of a night club and the gardens at the barbican) and some months in switzerland, where she got to attend a wedding as the bride and groom’s special guest, she is now making her way back to london, where she shall embark on the next chapter of her long and glorious dinosaur life. đ&#x;Ś•đ&#x;’• #mildredd alle 5 Kommentare anzeigen https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
5/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Füge einen Kommentar hinzu ...
In ihrer Profil-Biografie beschreibt sich Luisa selbstironisch als «thinskinned snowflake millennial» – also als «empfindliches Sensibelchen aus der Millennial-Generation». Ihr Account ist ein Sammelsurium von Dingen, Menschen und Orten, denen die 25-jährige Weltenbummlerin in ihrem Alltag und auf Reisen begegnet. Beim Posten verfolgt Luisa eine eher wilde Strategie: «Wenn ich etwas lustig finde, poste ich es vielleicht. Wenn mich etwas wütend macht, poste ich es vielleicht. Wenn ich wegen etwas angeben will, poste ich es vielleicht. Ich bin da sehr emotional getrieben.»
«Viele haben den Hang dazu, alles bis ins Extreme zu inszenieren und ‹perfekt› aussehen zu lassen.» Ihre Instagram-Karriere startete sie im Dezember 2012, als ein iPhone unter dem Weihnachtsbaum lag: «Ich konnte es kaum erwarten, endlich auch Instagram beizutreten.» Diesen Spätstart konnte sie aber problemlos aufholen. Ihr Profil zählt heute stolze 2742 Posts. 2016 führte Instagram zudem das von Snapchat abgekupferte Storyformat ein, bei dem Bilder und Videos nur während 24 Stunden auf dem Profil sichtbar sind. Seitdem können Luisas Follower sie fast auf Schritt und Tritt in ihrer Story verfolgen – beim Spinat-Einkaufen, beim Lesen sexistischer Eheratgeber oder bei Erlebnissen mit ihrem zweiten Plastik-Accessoire: einer hüfthohen Glace. So beschreibt Luisa ihr Profil selbst mit «ein wenig random, versucht, lustig zu sein, und hat zu viele Posts».
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
6/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Das müssen Sie über Instagram wissen
Instagram öffnete die digitale Fotowand 2010 für Apple-User und 2012 auch für Android-Nutzer. Bereits 2012 teilte Facebook mit, dass es die Foto-App für eine Milliarde US-Dollar kaufen werde. Das ist die höchste Summe, die je für die Übernahme eines digitalen Fotodienstes gezahlt wurde. Instagram hatte 2018 nach eigenen Angaben weltweit rund eine Milliarde Nutzer. Seit diesem Jahr ist ein Ei das meistgelikte Bild auf Instagram. Mit 53,2 Millionen Herzchen hat es Kylie Jenners Tochter um Längen geschlagen. Der Account mit den meisten Followern ist Instagram selbst mit 292 Millionen Abonnenten. Danach folgen jener des Fussballers Cristiano Ronaldo mit 161 Millionen Followern und die Accounts der Pop-Stars Ariana Grande (150 Millionen) und Selena Gomez (148 Millionen).
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
7/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
world_record_egg 9.2 Mio. Abonnenten
Profil ansehen
Mehr auf Instagram ansehen
Gefällt 53,351,001 Mal world_record_egg Let’s set a world record together and get the most liked post on Instagram. Beating the current world record held by Kylie Jenner (18 million)! We got this đ&#x;™Œ #LikeTheEgg #EggSoldiers #EggGang alle 3,162,247 Kommentare anzeigen FĂźge einen Kommentar hinzu ...
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
8/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
An Instagram stört Luisa der Einheitsbrei, dem man täglich begegnet: «Viele haben den Hang dazu, alles bis ins Extreme zu inszenieren und ‹perfekt› aussehen zu lassen.» Die beliebtesten Sujets in der Foto-App messen sich nicht mehr in Individualität und Kreativität, sondern in der möglichst künstlichen Replikation von den immer gleichen Motiven: die eigenen Füsse am wunderschönen Sandstrand, der üppige Cüpli-Brunch am Sonntagmorgen oder – ganz aktuell – Kirschblüten aus allen Perspektiven. «Ich plädiere für mehr Authentizität», meint auch Luisa. «Sonst posten wir alle wirklich nur noch exakt dasselbe Bild von einer Frau vor einem atemberaubenden Bergsee.» Obwohl Luisa Instagram noch immer als ihre Lieblings-App bezeichnet, gibt es weitere Dinge, die sie problematisch findet. So tummeln sich heute unzählige Bots auf Instagram, die «wahnsinnig nerven». Viel tiefer greift aber ihre Kritik an der verstaubten Geschlechterdarstellung: «Es macht mich teilweise rasend, wie junge Frauen auf Instagram nichts jemals kritisch beleuchten oder dass sie überhaupt keine originelle Persönlichkeit zu haben scheinen.» Die heile Welt von Instagram repliziert auch eine einst heil geglaubte Welt, in der Frauen nur hübsch zu lächeln haben, ihre Meinung aber für sich behalten sollen. Denn nur Ersteres bringt Likes.
Twitch: Ein Muss für jeden Gamer Nutzer: Florian Gerber alias SwissMowglie (Teil des Streaming-Duos SwissAngryNoobs), 38 Jahre, Emmental Follower: 2744 Zocken, kurzer Wutausbruch, Lachanfall, weiterzocken: SwissMowglie und NoBiggie sind in ihrem Element. Die beiden Schweizer spielen gerade gemeinsam «Playerunknown’s Battlegrounds», ein beliebtes First-PersonShooter-Game, und streamen das Spiel live auf der Plattform Twitch. Seit Ende 2016 treten die Freunde, die sich bereits aus der Schulzeit kennen, zusammen als SwissAngryNoobs auf. Das Besondere: Sie waren das erste Gamer-Duo, das auf Schweizerdeutsch streamte.
«Jetz müessemer agressiver spile. Jede chly Fähler wird bestraft!» https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
9/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Zweimal in der Woche haben sie ihre festen Live-Sendezeiten und erreichen im Schnitt etwa 200 Zuschauer pro Stream. «Bei besonderen Events sind es auch mal bis zu 600», erzählt Florian Gerber alias SwissMowglie. Er sagt: «Wir wollen nicht nur einfach streamen, sondern unserer Community eine gute Show bieten.» Das schaffen die beiden mit ihrer Mischung aus Berner Charme, Selbstironie und Interaktion mit den Nutzern. Während der Live-Übertragung motivieren sich die Gamer gegenseitig: «Jetz müessemer agressiver spile. Jede chly Fähler wird bestraft!»
Gehen die SwissAngryNoobs live, sieht der Zuschauer auf seinem Bildschirm zwei verschiedene Spielerperspektiven. In den unteren Bildschirmecken sieht man dank eingebetteter Facecam (Gesichtskamera) die beiden Köpfe der agierenden Spieler, die ihre Avatare durch die Landschaft steuern und ums Überleben kämpfen. Rechts daneben tobt sich die Community im Chat aus: Die Fans können das Spiel live kommentieren, Fragen stellen oder andere Themen diskutieren. Das Twitch-Duo geht darauf ein und kommentiert auch das eigene Spielgeschehen.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
10/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Das müssen Sie über Twitch wissen
Die Streaming-Plattform Twitch wurde 2011 gegründet und 2014 von Amazon übernommen. Laut dem Unternehmen nutzen knapp 5 Millionen Streamer monatlich die Plattform. Etwa 1,3 Millionen Zuschauer gibt es im Durchschnitt. Sie schauen pro Woche rund 200 Millionen Stunden. Die Schweizer Plattform Playvetia vereint rund 100 Streamer sowie Youtuber und will die Vernetzung untereinander fördern. Videospiele spielen und dabei reich werden? Ein Traum vieler Jugendlicher. Es kann klappen: Der bisher erfolgreichste Twitcher der Welt mit 14 Millionen Followern, Tyler «Ninja» Blevins, soll laut eigenen Angaben pro Monat 500 000 US-Dollar verdienen. Er wurde mit dem populären Survival-Spiel «Fortnite» berühmt. Seine Live-Streams werden von Hunderttausenden Menschen verfolgt. Das technische Equipment der SwissAngryNoobs ist professionell: Mehrere Monitore, Mikrofone, Mischpulte, die passende Beleuchtung, ProfiStreaming-PC und ein grüner Hintergrund (ein aufgespannter Vorhang) sind für die perfekte Übertragung nötig. Ziemlich viel Aufwand für ein Hobby, oder? «Durch Abonnenten oder Spenden verdienen wir uns ein wenig Taschengeld dazu, davon leben können wir aber nicht. Der Spass steht bei uns immer im Vordergrund», erklärt Florian, der rund sieben Stunden pro Woche für seine Gaming-Leidenschaft aufbringt. Und wie erklärt er sich die Faszination, anderen beim Spielen von Computerspielen zuzuschauen? Florian beantwortet dies mit einer Gegenfrage: «Warum schaut man Fussball, zum Beispiel Champions League, wenn man doch auch gleich selber spielen kann?» Bei Twitch gehe es einfach darum, gemeinsam etwas zu erleben und eine gute Zeit zu haben, sagt der Emmentaler, der beruflich als Sales Development Manager tätig ist. Dass dies virtuell und nicht im realen Leben geschehe, sei für ihn irrelevant.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
11/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Die Noobs nutzen zusätzlich Facebook, Twitter, Youtube sowie andere Gaming-Plattformen wie Discord, um bekannter zu werden und ihre Highlights der bis zu dreistündigen Streams zu veröffentlichen. Mit dem Fokus aufs Schweizerdeutsche hätten sie sich selbst ein Limit gesetzt, meint Florian. Die Schweizer Streamer-Szene ist noch überschaubar. Da aber die Anzahl der Streamer hierzulande langsam wachse, suchten auch die Zuschauer vermehrt nach Schweizer Streamern oder schweizerdeutschem Content. Wer allerdings das grosse Geld mit Twitch machen will, muss sich auf das internationale Publikum konzentrieren.
Snapchat: Die spielerische Leichtigkeit des Moments Nutzerin: Anna Zuber alias anna_wasnid, 18 Jahre, Nürensdorf Verschickte Snaps: 375 000, 300 Freunde Bis zu neun Stunden pro Woche verbringt Anna Zuber mit Snapchat. Jeden Tag öffnet sie die App auf ihrem Smartphone, chattet mit Freunden oder verschickt lustige Fotos und Videos, die sie vor dem Versenden teilweise «verschönert». Ob süsse Katzenohren, nerdige Hipster-Brille oder funkelnde Sternchen über dem Kopf: Die vielen kreativen Filtermöglichkeiten auf Snapchat sind verlockend – vor allem für Teenager, die die Emojis, Sticker, Schriften und Gesichtsmasken gerne nutzen.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
12/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Als Snapchat vor acht Jahren auf den Markt kam, war die Begeisterung bei der Zielgruppe gross. Während andere soziale Netzwerke wie Facebook eher auf langlebige Inhalte setzen, die auf einem personalisierten Profil noch nach Jahren auffindbar sind, ging es bei Snapchat von Anfang an um spontane Momentaufnahmen aus dem Alltag. Gerade diese Schnelllebigkeit macht den Reiz der App aus. Die 18-Jährige nutzt besonders häufig die «Storys»-Funktion der App: «Ich erstelle meistens eine Story, wenn ich gerade etwas Superspannendes erlebe oder etwas Leckeres esse», erklärt sie. «Ich denke, viele posten das, um andere etwas neidisch zu machen und um andere zu inspirieren.» Der schnelle Austausch mit Freunden bereite ihr besonders viel Spass an der App. Die lernende Kauffrau benutzt Snapchat deshalb nicht nur in ihrer Freizeit, sondern auch während der Arbeit und in der Schule.
Das müssen Sie über Snapchat wissen
Besonders beliebt ist die App der Firma Snap Inc., weil sie es ermöglicht, Fotos an Freunde zu verschicken, die nur maximal zehn Sekunden sichtbar sind und sich dann selbst zerstören (Snaps). Macht der Empfänger einen Screenshot davon, erhält der Absender eine Benachrichtigung. Inhalte der Story sind bis zu 24 Stunden sichtbar. Das Konzept der Storys wurde später von Facebook und Instagram kopiert. Laut dem Betreiber verzeichnet die App weltweit 186 Millionen täglich aktive Nutzer. Über 80 Prozent der Snapchat-Nutzer sind zwischen 14 und 19 Jahre alt. Anfang 2017 ging Snapchat an die Börse. Die Nachrichtenagentur Reuters bezeichnete dieses Ereignis als «einen der grössten Börsengänge in der Technologiebranche überhaupt». Seit 2015 ist Anna auf Snapchat aktiv, damals habe sie eine Kollegin auf die Plattform aufmerksam gemacht, weil es eine «witzige App» sei. Beim Posten achte sie immer darauf, «etwas bestmöglich darzustellen», sagt die 18-Jährige. Nur bei persönlichen Posts unter Freunden schneide sie auch mal «dumme Grimassen». Ausser auf Snapchat ist die Schweizerin auch auf Instagram unterwegs.
«The key is to make it.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
13/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Geriet Snapchat vor einigen Jahren noch wegen Datenskandalen und Nacktfotos von Minderjährigen in die Schlagzeilen, kann heutzutage ein einziger Social-Media-Star die Aktie der App zum Absturz bringen: Als die Betreiber vor einem Jahr ein Update installierten, teilte der Reality-TV-Star Kylie Jenner ihren Followern mit, sie werde die App nun nicht mehr nutzen. Der Kurs der Aktie sank daraufhin zeitweise um fast 8 Prozent, was in Börsenwert etwa 1,7 Milliarden Dollar entsprach. Mehr als eine Million Snapchat-Nutzer lancierten damals eine Petition gegen das Update der App. Jenner blieb Snapchat am Ende allerdings treu: So ganz ohne Aufmerksamkeit in einer der beliebtesten Apps weltweit geht es dann eben doch nicht.
Neben Jenner ist auch der US-Rapper DJ Khaled ein wahres SnapchatPhänomen. Seine Snaps werden millionenfach angesehen. «Wenn die Leute merken, dass du echt bist, dann lieben sie dich. Es ist kein Fake», sagte der Influencer über seinen Erfolg. Der selbsternannte Mogul veröffentlicht seine kurzen Videos teilweise parallel in mehreren sozialen Netzwerken – auf Instagram folgen ihm 14 Millionen Nutzer, auf Twitter sind es 4 Millionen. DJ Khaled hat wie Anna 2015 mit Snapchat begonnen. Mit seinen speziellen Lebensweisheiten («The key is to make it») hat er es zu einem der grössten Social-Media-Stars der heutigen Generation gebracht.
Youtube: Wo die Welt Videos schaut https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
14/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Youtube-Kanal: Lionel Battegay, 21 Jahre, Basel Abonnenten: 69 975 Wer vor der Kamera von Lionel Battegay landet, wird sich mit grosser Wahrscheinlichkeit blamieren. Denn der 21-Jährige stellt Fragen. Fragen, auf die man nicht immer sofort eine kluge Antwort parat hat, obwohl diese eigentlich oft so naheliegend ist. Nicht selten kommen die ahnungslosen Interviewten, meist junge Menschen, während seiner Strassenumfragen ins Straucheln. «Woher kommt eigentlich das Bündnerfleisch?», fragt Lionel ein paar Jugendliche unverhofft während ihres Shoppingtrips in Basel. «Österreich?», fragt ein Mädchen zögerlich. Falsch. Es ist das Bündnerland. «Aber welcher Kanton wird denn überhaupt so bezeichnet?», hakt Lionel nach. «Uri?», so die Reaktion einer Befragten, die anschliessend selbst über ihre Antwort lachen muss. (Die Lösung lautet natürlich Graubünden.)
Fast 200 solcher Videos hat der junge Schweizer seit 2015 bereits produziert und auf seinem Youtube-Kanal «Ask Switzerland» veröffentlicht. Mittlerweile trägt der Kanal nurmehr seinen Vornamen, 70 000 Nutzer haben ihn abonniert. Sein erfolgreichstes Video wurde fast eine Million Mal aufgerufen. Darin geht es – Überraschung – um Sex. Gedreht hat er die Umfrage am Open Air Frauenfeld. Dort sind die Menschen offenherziger gegenüber Kameras als anderswo. Mittlerweile ist Lionel in der Schweiz kein Unbekannter mehr. Tageszeitungen und Online-Portale haben bereits über den erfolgreichen Youtuber berichtet.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
15/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Das müssen Sie über Youtube wissen
Das weltweit grösste Videoportal gehört zum Google-Konzern und ging 2005 online. Das erste Youtube-Video wurde am 23. April 2005 hochgeladen und ist mit «Me at the zoo» betitelt. Es wurde 65 Millionen Mal angesehen. Das erfolgreichste Video aller Zeiten ist allerdings bis zum heutigen Tag das Musikvideo «Luis Fonsi – Despacito ft. Daddy Yankee» mit 6 Milliarden Aufrufen. Unter dem Clip stehen fast 3 Millionen Kommentare. Der beliebteste Youtube-Kanal ist «PewDiePie» des schwedischen Videoproduzenten Felix Arvid Ulf Kjellberg. Er zählt 90 Millionen Abonnenten. Laut eigenen Angaben hat Youtube knapp 2 Milliarden aktive Nutzer pro Monat. Sein Erfolgsrezept? «Regelmässig Videos hochladen und einzigartigen Content produzieren», sagt Lionel. Mit seinen Strassenumfragen in verschiedenen Schweizer Städten (und teilweise auch in Deutschland) hat er sich schnell eine treue Anhängerschaft aufgebaut, die ihn für seine lockere, trockene Art feiert. Doch der Basler, der ab Sommer wieder an der HSG studiert, hat durchaus auch eine ernsthaftere Seite. Als erster Schweizer Youtuber interviewte er Ende 2015 Bundesrat Johann SchneiderAmmann. Das Video wurde über 30 000 Mal aufgerufen, darunter stehen 250 Kommentare.
«Ich befürchte, es ist vielen nicht bewusst, dass ihre Videos für immer im Internet sind.» Dass er mit seinem Hobby eines Tages sogar Geld verdienen würde, hätte Lionel 2015 nicht gedacht. «Als ich angefangen habe, habe ich mir ein Handmikrofon und einen neuen Computer vom angesparten Sackgeld gekauft, weil mir das Produzieren von Videos Spass gemacht hat.» Mittlerweile erhält der junge Schweizer Geld aus den YoutubeDirekteinnahmen und durch seine Kooperation mit dem Medienhaus Ringier. Auch mit Product-Placement verdient er sich etwa dazu, wie er uns erzählt.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
16/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Lionel selbst hat noch keine negativen Erfahrungen auf der Videoplattform gemacht. «Ich sehe aber oft, dass auch sehr junge Menschen Videos auf Youtube und Instagram hochladen. Ich befürchte, es ist vielen nicht bewusst, dass ihre Videos für immer im Internet sind. Manche Videos aus sehr jungen Jahren sind vielleicht für die spätere Jobsuche nicht sehr förderlich», sagt der 21-Jährige, der nebenbei noch auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter aktiv ist.
Linkedin: Der Treffpunkt für Workaholics Nutzer: Valerio Stallone, 30 Jahre, Zürich Kontakte: 994 Call to Action, Content-Marketing, E-Commerce, und das alles B2B – die Globalisierung zeigt sich auf Linkedin nur schon anhand der Sprache. Auch Valerio Stallone schreibt und kommentiert im beruflichen Netzwerk grösstenteils auf Englisch und sagt in seinem Profil-Slogan von sich selbst: «Scaling the Helpfulness of Digital Marketing Activities since 2007» (Das heisst so viel wie: «Seit 2007 messe ich die Nützlichkeit digitaler Marketingaktivitäten»). Auf Linkedin netzwerkt Valerio aber erst seit 2010: «Damals schrieb ich gerade meine Bachelorarbeit an der Universität Zürich und hatte zuvor meinen Studentenjob gekündigt. Ich war also auf der Suche nach einer neuen Stelle.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
17/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Heute nutzt Valerio Linkedin, um sich zu informieren, was in anderen Unternehmen passiert und was Mitarbeiter anderer Unternehmen interessant finden. «Egal, in welcher Rolle ich bis anhin tätig war, es war für mich immer von zentraler Bedeutung, was andere Unternehmen beschäftigt», so Valerio. «Als ich bei einer Web-Agentur arbeitete, ging es zum Beispiel darum, selbst Material mit meinen Kunden zu teilen und – irgendwie – Kompetenz zu beweisen.» Und heute, als wissenschaftlicher Mitarbeiter? «Jetzt bin ich daran interessiert, innovative Konzepte schon früh mitzubekommen.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
18/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Linkedin bietet neben dem klassischen Teilen von Links, Videos oder Bildern auch die Möglichkeit, eigene Artikel direkt auf der Plattform zu verfassen. Gegenwärtig nutzt Valerio diese Option zwar noch nicht, er teilt aber mehrmals wöchentlich Links zu Artikeln, die er interessant findet. Ausserdem macht er auf Stellen und Weiterbildungsangebote aufmerksam. Linkedin ist nämlich nicht nur ein berufliches Netzwerk, sondern wird auch immer wichtiger für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter. «Bei den Artikeln möchte ich mich thematisch positionieren», so Valerio weiter. «Bei den Aufrufen versuche ich hingegen, nicht zu anbiedernd zu wirken.»
Das müssen Sie über Linkedin wissen
Es mag viele überraschen, dass die berufliche Netzwerkplattform Linkedin zu den ältesten sozialen Netzwerken überhaupt gehört. Sie wurde 2002 – noch vor Myspace – in den USA gegründet und ist bis heute das erfolgreichste berufliche Netzwerk. Seit 2009 gibt es Linkedin auch auf Deutsch. 2010 konnten nach eigenen Angaben 90 Millionen weltweite Nutzer gezählt werden, heute sind es bereits über 546 Millionen Mitglieder in mehr als 200 Ländern. 2016 wurde Linkedin von Microsoft für rund 26 Milliarden US-Dollar gekauft. Bis heute ist das die teuerste Übernahme, die Microsoft je getätigt hat. Spricht man von Linkedin, darf der deutsche Konkurrent Xing – dessen Angebot sich von demjenigen von Linkedin kaum unterscheidet – nicht unerwähnt bleiben: «Xing und Linkedin habe ich eine Zeit lang parallel gepflegt – seit drei, vier Jahren nutze ich aber fast ausschliesslich Linkedin.» Warum das? «Weil ich mich zunehmend international orientiert habe – also auch jenseits des deutschsprachigen Marktes. Ausserdem fehlen mir die Ressourcen, um beide Profile dediziert zu bewirtschaften.» Neben Linkedin nutzt Valerio nämlich auch Facebook, Instagram und Youtube, auch wenn er heute auf Linkedin mit Abstand am aktivsten ist.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
19/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Linkedin hat aber auch seine Schattenseiten. 2012 wurde das Netzwerk gehackt, wobei Passwörter und E-Mail-Adressen von 117 Millionen Nutzern gestohlen wurden. Das Ausmass des Cyberangriffs wurde jedoch erst 2016 bekannt, als die gestohlenen Nutzerdaten im Darknet für Bitcoins feilgeboten wurden. Auch Valerio war damals betroffen: «Viele meiner Kontakte erhielten Nachrichten von mir, die ich nicht geschickt hatte. Der Inhalt der Nachrichten war sehr einfach und doch bei allen gleich gehalten: ein nichtssagender Text und ein Link, der offensichtlich aus Linkedin hinausführte.» Dass er Opfer des Datenlecks war, erfuhr er aber erst aus den Medien. Mit einem Web-Dienst überprüfte er dann, ob seine Benutzerdaten veröffentlicht worden waren; und tatsächlich: Valerios Account wurde gehackt.
«Viele Männer haben das Gefühl, es handle sich bei Linkedin um eine DatingPlattform.» Ein weiteres Problem von Linkedin kennt Valerio hauptsächlich aus Erzählungen: «Ich habe von vielen Frauen gehört, dass sie von Männern angeschrieben werden» – nicht aus professioneller Absicht, wohlgemerkt. «Viele Männer haben das Gefühl, es handle sich bei Linkedin um eine Dating-Plattform.» Dabei ist Linkedin als berufliches Netzwerk durchaus nützlich und sollte deshalb auch ein solches bleiben. Seinen neuen Studentenjob hat Valerio nämlich auch damals via Linkedin gefunden: Er wurde angefragt und zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
Twitter: Der Geburtsort der Shitstorms Nutzerin: Zora Debrunner alias @naehdrescherin, 41 Jahre, Lichtensteig Follower: 6106 Zora Debrunner alias @naehdrescherin feiert im Juni dieses Jahres ihr 10Jahre-Twitter-Jubiläum. Zehn Jahre Twitter: Das heisst in ihrem Fall mehr als 160 000 Tweets und mehr als 221 000 Gefällt-mir-Angaben.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
20/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Auf Zoras Twitter-Profil stösst man gleich zu Beginn auf das Zitat «Wer viel denkt, macht sich unbeliebt» des 1956 verstorbenen Schweizer Schriftstellers Robert Walser, und dies drückt im Grunde ganz gut aus, wie die Welt auf Twitter so funktioniert: Scheinbar spontane Gedanken mit einer pointierten, oft emotionalen Aussage finden in der Twitter-Sphäre meist ein sehr positives Echo.
«Twitter ist für mich wie ein Zugfenster, aus dem ich hin und wieder blicke.» «Anfangs fand ich Twitter recht langweilig», erinnert sich die 41-Jährige. Viel veröffentlicht habe sie deshalb damals nicht. Mittlerweile twittert sie mehrmals täglich oder teilt andere Tweets, die sie gut findet oder zu denen sie eine Meinung hat. Heute nutzt Zora, die beruflich in der Pflege tätig ist und als Autorin arbeitet, die App hauptsächlich für News und den Austausch mit Bekannten.
zora @naehdrescherin
Eigentlich hab ich ja kein direktes Problem mit Impfgegnern. Ich habe keine Kinder. Aber leider werden ja nicht nur deren Kinder krank, sondern auch andere. Und das ist dann scheisse. Darum: Bildung ist die halbe Miete und Esokacke doof. 48 16:03 - 15. März 2019 Weitere Tweets von zora
ansehen
Spannend findet sie an der Plattform, wie «unglaublich schnell» sie ist. «Twitter ist für mich wie ein Zugfenster, aus dem ich hin und wieder blicke. Ich veröffentliche meine Blogtexte via Twitter und bekomme so jeweils sehr rasch Feedback. Das gefällt mir», erzählt Zora, die sich vor allem für die Themen Politik, Inklusion, Feminismus, Kultur, Medien, Pflege, aber auch für Katzen und Krähen interessiert, wie sie uns erzählt.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
21/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Das müssen Sie über Twitter wissen
Twitter, 2006 gegründet, hat weltweit rund 326 Millionen aktive Nutzer. Täglich werden etwa 500 Millionen Tweets verschickt. Der amtierende USPräsident gehört mit seinen knapp 60 Millionen Followern allerdings nicht einmal zu den Top Ten auf Twitter: Die Sängerin Katy Perry steht mit 107 Millionen Fans unangefochten an der Spitze. Knapp dahinter folgt Trumps Vorgänger Barack Obama mit 106 Millionen Fans. Einen neuen Twitter-Rekord stellte 2014 die Talkmasterin Ellen DeGeneres mit ihrem Oscar-Selfie auf: Der Tweet wurde mehr als 3,3 Millionen Mal geteilt. Gebrochen hat den Rekord in diesem Jahr allerdings der japanische Milliardär und wohl erste Mondtourist aller Zeiten, Yusaku Maezawa, mit 4,8 Millionen Retweets. Als Buchautorin und Bloggerin ist Zora Debrunner auf ihre Leserschaft angewiesen. Die Anzahl ihrer Follower auf der Plattform sei ihr aber egal, meint sie. «Mich interessieren sehr viel mehr die Menschen, denen ich folge.» Und besonders diejenigen, die sie bereits persönlich treffen durfte. «Ich habe einige liebe Menschen kennengelernt, die ich sehr schätze. Dafür bin ich Twitter sehr dankbar», so die Toggenburgerin, die auf der Plattform neben Links zu Artikeln auch Gifs, Fotos und Videos teilt.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
22/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
zora @naehdrescherin
#Bulletjournal im Alltag #querfeldeins querfeldeins.wordpress.com/2019/03/17/bul… 11 12:42 - 17. März 2019 Weitere Tweets von zora
ansehen
Regelmässig jagt ein neuer Shitstorm durch die Twitter-Welt. 280 Zeichen: Das klingt nach wenig, doch immer wieder schaffen es Nutzer, mit ihren kurzen Gedankenausbrüchen oder Meinungen das Netz für einige Zeit zu erschüttern. Ein bekanntes Beispiel dafür lieferte 2013 (damals erlaubte Twitter nur 140 Zeichen) die Amerikanerin Justine Sacco, die vor ihrer Reise einen geschmacklosen Tweet über Aids in Afrika absetzte. Dort angekommen, war der Shitstorm bereits ausgebrochen: Sie bekam Tausende Hassbotschaften, wurde als Rassistin bezeichnet und verlor sogar ihren Job. Sacco wurde damit zum weltweiten Phänomen und Symbol für «public shaming» (öffentliches Anprangern).
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
23/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Was findet Zora problematisch an der Plattform, auf der so leidenschaftlich politische und gesellschaftliche Debatten angestossen und geführt werden? «Ich finde es schwierig, dass ich so viel gesponserten Content, beispielsweise von Politikern aus dem Kanton Zürich, ertragen muss», klagt die Schweizerin. Ziemlich geärgert habe sie sich damals auch darüber, dass die Sternchen durch Herzchen ersetzt wurden, um Gefallen an Tweets auszudrücken. Als Twitter 2015 diese Umstellung bekanntgab, sorgte ausnahmsweise die Plattform selbst für einen Shitstorm.
Tiktok: Der neueste Teenie-Hype Nutzer: Brian Havarie*, 18 Jahre, Bern Follower: 190 100 Ohne Make-up geht bei Brian nichts. Wer sich die kurzen Videoclips auf seinem Tiktok-Profil ansieht, erlebt Brian Havarie* – so sein Künstlername – mit viel glitzernder, bunter Schminke im Gesicht, manchmal trägt er dazu auch eine schwarze Perücke. Dabei singt der 18-Jährige häufig lippensynchron zu bekannten Pop-Songs. Sein spezieller, androgyner Look sticht unter den zahlreichen Profilen heraus und kommt beim Zielpublikum gut an: Zehntausende junge Menschen folgen ihm in der App. «omg ich finde dich so geil!», kommentiert eine junge Nutzerin unter einem seiner Clips.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
24/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Brian, dessen Profil-Motto «Be yourself to be happy» lautet, verbringt viel Zeit mit Tiktok, auch wenn es nicht die einzige App ist, in der er fast täglich neue Videos hochlädt. Auf Instagram folgen ihm zusätzlich 152 000 Menschen, auf Youtube sind es 4000. «Meine Videos entstehen immer sehr spontan. Dadurch wirkt jeder bei Tiktok auf seine Art sehr authentisch», erzählt Brian, der sich gerade in der Ausbildung zum Interactive Media Designer befindet.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
25/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Seine Reichweite, seine Fangemeinde bei Tiktok, hat sich der Berner innert zwei Jahren aufgebaut. Auch wenn er in einigen Videos Beauty-Produkte in die Kamera hält, versichert er, dass er kein Geld dafür erhält – ganz im Gegenteil: Er findet es problematisch, dass manch junger Fan seinem Idol via Smartphone direkt Geld überweisen kann. Diese Transaktion wird dann als «virtuelles Geschenk» deklariert. «Ich kann nicht hinter der Ideologie stehen, seine Community auszubeuten», meint Brian.
Das müssen Sie über Tiktok wissen
Der Nachfolger der Playback-App Musical.ly, 2016 gegründet, hat laut Angaben des chinesischen Konzerns Bytedance weltweit mehr als 500 Millionen Nutzer. Das offizielle Mindestalter für die Nutzung von Tiktok beträgt 13 Jahre. Die Nutzer können maximal 15-sekündige Clips hochladen und sich unendlich lange andere Clips ansehen. Wie lange der Hype um die App anhält, wird sich zeigen müssen: Vor kurzem haben die erfolgreichen deutschen Zwillinge Lisa und Lena ihren Account gelöscht mit der Begründung, dass die App «nicht mehr sicher» sei. Die beiden jungen Frauen sind nur dank der App (und synchronisierten Musikvideos) zu Stars geworden, sie hatten am Ende mehr als 30 Millionen Follower. Wer durch die App scrollt, sieht zum überwiegenden Teil junge Mädchen, die in ihre Smartphone-Kamera singen, sich dazu bewegen oder eine Choreografie mit einer Freundin vortanzen. Oft entsteht der Eindruck, die Darbietenden wollten lediglich besonders niedlich, cool oder attraktiv auf die Zuschauer wirken. In anderen Videos zeigen «Tiktoker» sogenannte Pranks (Streiche), Comedy-Sketche und andere kreative Einlagen. Oft sind die Clips auch mit Fragen verbunden, die Kommentare erzeugen sollen: «Wie findet ihr mein neues Outfit?», fragen viele der hübschen Mädchen; «Wie viel Taschengeld kriegt ihr monatlich?», fragt Brian unter einem Video.
«Es ist seltsam, wenn einem ältere Menschen schreiben, die meine Grosseltern sein könnten.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
26/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Doch so positiv und unterhaltsam Tiktok auf den ersten Blick wirkt, so bedenklich sind die negativen Auswüchse der gehypten Social-Media-App: Jüngst verhängte die Verbraucherschutzbehörde eine Rekordstrafe von 5,7 Millionen US-Dollar gegen die Plattform. Der Grund: der laxe Umgang mit den persönlichen Daten der jungen Nutzer. Ausser mit Hasskommentaren und Mobbing wurde die Plattform bereits mit Pädophilie-Vorwürfen konfrontiert. Kürzlich wurde gar ein erwachsener Nutzer gesperrt, der Mädchen anzügliche Nachrichten geschickt hatte. «Es ist seltsam, wenn einem dort ältere Menschen schreiben, die meine Grosseltern sein könnten», meint Brian, der glaubt, dass viele junge Nutzer die Gefahr der App unterschätzen.
Reddit: Die Startseite des Internets Redditor: u/Crepitor Karmapunkte: 45 749 Sie symbolisieren unser Internetzeitalter wie kein zweites digitales Phänomen: Memes. Die witzig gemeinten Fotomontagen (oder auch animierte Gifs) mit Text, die sich meistens auf ein gerade diskutiertes Thema beziehen oder einfach nur eine typische Reaktion auf einen anderen Internetnutzer darstellen sollen, verbreiten sich rasend schnell über die sozialen Netzwerke. Doch ihren Geburtsort haben sie meistens auf reddit.com. Nicht ohne Grund nennt sich die seit 2005 aktive Website selbstbewusst «the front page of the internet»: An Reddit kommt eigentlich niemand vorbei, der sich täglich im Netz bewegt. Nebst den lustigen Bildchen bietet die Seite allerdings auch eine ausführliche Diskussionsplattform mit unzähligen Foren für spezielle Themenbereiche. Ob Politik, Sport, Tiere, News oder lokal relevante Inhalte: Reddit ist ein riesiges Sammelbecken für alle möglichen Interessen, allerdings gut sortiert in sogenannte Subreddits.
«Die Community auf Reddit kann gnadenlos sein.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
27/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Um gezielt nach Themen in den Foren zu suchen, die ihn interessieren, bewegt sich auch der Reddit-User Crepitor seit etwa drei Jahren auf der Plattform. Da die Community völlig anonymisiert interagiert, möchte auch der Schweizer Nutzer aus dem Kanton Schwyz lieber anonym bleiben. «Angefangen habe ich aus Langeweile am Arbeitsplatz an langen Tagen. Ich bin täglich auf Reddit, manchmal bis zu vier Stunden», erzählt der Mittzwanziger, der in der IT-Branche tätig ist, der NZZ.
Mobile users feel me
r/memes
• DontTickleMyBowtie • 1m ago • 60 comments
9735 points
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
28/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Das Praktische an Reddit: Ist man erst mal aktiv an mehreren Foren beteiligt (oder beobachtet diese nur), werden diese in einem Multireddit gespeichert. Dadurch kann der Nutzer einfach zwischen den Sammlungen wechseln. Ausserdem lassen sich die Inhalte nach Beliebtheit, UploadDatum und Anzahl der Kommentare filtern. Up- und Downvotes zeigen an, wie populär ein Post ist. Je beliebter ein Beitrag ist, umso höher steigt er auf in seinem Subreddit. «Da man die Inhalte gut ausserhalb teilen kann, eignet sich Reddit auch als zusätzliche, indirekte Nachrichtenquelle», meint Crepitor.
Das müssen Sie über Reddit wissen
Reddit wird auf Wikipedia als Social-News-A regator bezeichnet. Die Plattform gehört zum US-Medienkonzern Advance Publications. Der Begriff Reddit setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern «read» (lesen) und «edit» (bearbeiten) und soll ausgesprochen an «read it» («Habe es gelesen») erinnern. Es gibt rund 138 000 Communitys auf Reddit. Das Markenzeichen ist das Alien Snoo. Weltweit zählt die Plattform etwa 330 Millionen aktive Nutzer. Er selbst interessiere sich für die Themen Schweiz, Computerspiele, Filme und «als Hobbysammler» auch für Waffen. Besonders der Austausch mit anderen Nutzern sei ihm wichtig, erklärt er. Der Schweizer Redditor hat 45 749 sogenannte Karmapunkte – diese drücken die eigene Reputation auf der Plattform aus und berechnen sich durch Bewertungen anderer Nutzer. Für die Teilnahme an einigen Subreddits benötigt man zudem eine Mindestanzahl an Karmapunkten. Die Reddit-Community ist gegenüber Neulingen meistens erst einmal skeptisch. Reddit sorgte jüngst für negative Schlagzeilen: Nach dem Terrorattentat in Christchurch, bei dem 50 Menschen getötet wurden, wurde das Video des Täters im Reddit-Subforum «Watch People Die» mehrfach hochgeladen. Die Betreiber sahen sich gezwungen, das Forum zu schliessen. Auch andere Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter hatten Probleme, das Video des Attentats von ihren Seiten zu löschen. Allein Facebook musste in den ersten 24 Stunden nach dem Anschlag rund 1,5 Millionen Kopien des vom Täter gestreamten Videos löschen.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
29/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Ein anderes Problem bei Reddit seien die Echokammern, meint der Nutzer Crepitor. Menschen derselben Meinung bestärkten sich in einem Forum gegenseitig, andere Meinungen seien meistens nicht willkommen. «Neutral moderierte Subreddits werden kaum genutzt. Ausserdem kann die Community gnadenlos sein, wenn es um Nutzer geht, die sich irren oder lügen – das stellt aber auch die Qualität der Inhalte sicher», so der Schweizer. Besonders spannend findet er das Format «Ask me Anything» (kurz: AMA), bei dem sich unter anderem interessante Persönlichkeiten den Fragen der Reddit-Community stellen. So hat beispielsweise Barack Obama 2012 während seiner Präsidentschaft eine halbe Stunde lang Fragen in Echtzeit beantwortet. Gefragt wurde der Präsident damals unter anderem nach seinem Lieblings-Basketballspieler, aber auch nach ernsthaften Themen wie der Unterstützung von Unternehmen. Auch der Microsoft-Gründer Bill Gates und die Sängerin Madonna nahmen bereits an dem Reddit-Format teil.
Jodel: Anonymer Spielplatz für Locals Nutzerin: Mirjam, 29 Jahre, Zürich Karmapunkte: 488 160 Anonym und hyperlokal: Mit diesem Konzept ist Jodel bei Jugendlichen zu einer der beliebtesten Social-Media-Apps geworden. Laut dem Unternehmen wird die App millionenfach genutzt. Bezüglich der konkreten Nutzerzahlen hält man sich allerdings bedeckt. In Deutschland habe man «offiziell siebenstellige Nutzerzahlen», erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Aber auch in den skandinavischen Ländern, in Westeuropa, Österreich und der Schweiz werde die App aktiv genutzt. «In Saudiarabien ist Jodel die führende App», behauptete der Jodel-Gründer Alessio Avellan Borgmeyer vor einem Jahr. Nachweisen lässt sich das aber aufgrund der fehlenden Nutzungsstatistiken nicht.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
30/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Auch Mirjam ist begeisterte Jodlerin. Die Zürcherin ist seit drei Jahren Teil der aktiven Community. «Für mich war es zu Beginn wie Twitter, nur halt anonym», erzählt die 29-Jährige. Die App fordert bei der Anmeldung keine persönlichen Angaben der Nutzer. Profilbilder existieren nicht und auch keine Benutzernamen wie bei anderen sozialen Netzwerken. Lediglich der Standort wird abgefragt. Nutzt man die lokale Einstellung, sieht man Beiträge von Nutzern im Umkreis von 10 Kilometern. «Es kann sein, dass man seinem Ex Dating-Tipps gibt oder mit seinem Mitarbeiter, einem Mitstudenten oder dem Chef flirtet, ohne es zu wissen», sagt Mirjam. Lustige Anekdoten und coole Sprüche kämen auf Jodel meist besser an als im echten Leben, so die Zürcherin. «Was andere schreiben, verfolge ich fast täglich. Manchmal poste ich eine Woche gar nichts, dafür an einem Tag fünfmal etwas.» In speziellen Themen-Channels für Beauty-Tipps, Flachwitze, Wohnungssuche oder auch Horror-Date-Storys tauscht sich die 29-Jährige zudem mit Gleichgesinnten aus. Dass sie frei heraus ihre Meinung sagen kann, findet sie besonders reizvoll.
Das müssen Sie über Jodel wissen
Das Berliner Startup Jodel brachte die gleichnamige App 2014 auf den Markt. Kernzielgruppe von Jodel sind laut dem Gründer Studenten zwischen 18 und 26 Jahren. Jodel sieht sich nicht als Konkurrenz zu Twitter oder Facebook, sondern will vor allem lokal punkten. Die Vernetzung mit dem lokalen Umfeld steht im Vordergrund – dabei interagieren allerdings alle Nutzer anonym. Autoren eines Posts (Jodel) werden teilweise als «OJ», also «Original Jodler», bezeichnet. Der Jodel-Facebook-Seite folgen mehr als eine Million Nutzer. Dort werden die lustigsten Jodel veröffentlicht. Seit kurzem bietet die App auch eine Videofunktion an. Jodel macht sich dabei Elemente anderer erfolgreicher Netzwerke zunutze: In Beiträgen können die Nutzer Hashtags wie bei Twitter oder Instagram verwenden, und das eigene Bewertungssystem folgt dem Reddit-Prinzip, basierend auf Karmapunkten: Diese ergeben sich ebenfalls aus den Upund Downvotes der Community. Allerdings sind auch diese Karmapunkte nur für den Nutzer selbst sichtbar. «Mit meinen knapp 500 000 Punkten bin ich eher gut dabei», erzählt uns Mirjam.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
31/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Als Jodler kann man zwischen internationalem Feed und Heimatfeed hinund herwechseln. In der lokalen Zürich-Community fragen Nutzer beispielsweise nach guten Bars für Studenten, Reisetipps, oder sie erzählen einfach nur banale Anekdoten aus dem Alltag («geil ich bin in falsche zug ihgstige»). Andere Nutzer kommentieren und bewerten den Beitrag jeweils positiv oder negativ. Auch Bilder lassen sich auf Jodel hochladen. Fotos von Gesichtern sind lediglich im Channel «Selfies» erlaubt. Besonders beliebt sind auch die Kanäle «Sexbeichte», «AskLadies», «Fitness», «ETH» und «esseischliebi», ein Feed voll mit Bildern von Mahlzeiten. In den Community-Richtlinien weist Jodel darauf hin, dass es verboten sei, Fotos mit persönlichen Daten zu veröffentlichen. Inhalte mit Gewalt, Pornografie und Diskriminierung seien nicht erlaubt.
«Es herrscht manchmal ein rauer Ton, da ja alles anonym ist.» «Es herrscht manchmal ein rauer Ton, da ja alles anonym ist», sagt Mirjam. Damit komme sie aber gut klar. Bei ganz schlimmen Beleidigungen könne man einen Jodel auch melden. Die Moderatoren löschen dann wenn nötig Beiträge und sperren Nutzer. Das populäre Portal Vice titelte vor einigen Jahren: «Jodel ist das Schlimmste, was Schweizer Studenten passieren konnte», und kritisierte die Banalität und Sexbezogenheit der Inhalte der App. «Der Zusammenhalt der Community ist aber super», sagt die Zürcherin.
Facebook: Wo alles begann, wo alles endet Nutzerin: Amanda Probst, 29, Emmenbrücke Facebook-Freunde: 615
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
32/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Jemand verkauft Möbel, sucht eine Wohnung oder eine neue Mitbewohnerin: Das scheint heute die Regel zu sein auf Facebook. Und zwischen diesen Aufrufen buhlen Veranstalter, Marken und Medienhäuser um die immer geringer werdende Aufmerksamkeit der Nutzer. Vorbei sind die Zeiten, als jeder seine Party- und Ferienbilder auf der Plattform teilte, fleissig kommentierte und Likes verteilte. Gegen diesen Strom schwimmt Amanda Probst. Sie nutzt Facebook noch immer gerne, und zwar mehrmals täglich. Den Nutzungswandel stellt sie aber auch bei sich selber fest: «Am Anfang habe ich die Statusfunktion viel gebraucht und bin so mit Freunden über Facebook ins Gespräch gekommen. Während meiner Sprachaufenthalte war es zudem eine gute Möglichkeit, mit Freunden und der Familie zu Hause in Kontakt zu bleiben und später mit meinen neuen Freunden aus den Aufenthalten.» Und heute? «Ich nutze es vor allem zur Erinnerung an interessante Veranstaltungen und zum grossen Teil auch als erste Informationsquelle.» Medien konsumiert die 29-Jährige heute häufig über Facebook. Amanda ist fast seit der ersten Stunde auf Facebook, zumindest für Schweizer Verhältnisse. Ihren Account legte sie 2008 an, als bereits viele ihrer Freunde von etablierten Diensten wie Netlog oder MSN auf Facebook umgestiegen waren. Entgegen dem Trend nutzte die Luzernerin die Plattform aber erst in den letzten Monaten speziell häufig, vor allem beim Pendeln. Aber was ist immer noch so spannend an Facebook? «Es ist eine gute Kombination aus allem: die wichtigsten Infos erhalten, witzige Beiträge anschauen und bei entfernten oder früheren Freunden auf dem Laufenden bleiben», meint die junge Frau.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
33/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Das müssen Sie über Facebook wissen
Die Entstehungsgeschichte von Facebook hat es sogar in die Kinos geschafft: «The Social Network» erzählt von den Gründerjahren des Unternehmens von CEO Mark Zuckerberg. In seiner heutigen Form besteht Facebook seit 2004. Im August 2008 zählte Facebook bereits 100 Millionen Nutzer, 2012 wurde die Milliardenmarke geknackt, und heute sind es weit über 2 Milliarden User. Im Mai 2012 wagte Facebook den Gang an die Börse. Der Weg von Facebook ist auch von vielen Skandalen geprägt. Der wohl grösste ist der Datenmissbrauch der Analysefirma Cambridge Analytica aus dem Jahr 2018. Diese hatte die persönlichen Daten von Millionen Facebook-Nutzern ohne deren Einverständnis entwendet, um Wähler mit personalisierter politischer Werbung zu beeinflussen. Facebook ritt jahrelang auf einer Erfolgswelle, die aber nun zu brechen droht. Zwar ist Facebook auch heute noch das soziale Netzwerk mit der höchsten Nutzerzahl, doch dürfte die Aktivität der User in den letzten Jahren stark abgenommen haben. Gemäss einer amerikanischen Studie hat fast die Hälfte der Befragten Facebook während mehrerer Wochen überhaupt nicht besucht. Und die Marketingagentur Xeit stellte in einer nicht repräsentativen Umfrage fest, dass Facebook auch in der Schweiz immer seltener genutzt wird. Die Gründe dafür dürften divers sein, doch die wachsende Kritik an Facebook punkto Datensicherheit, Hassrede und Propaganda müsste zumindest einer davon sein. «Man merkt schon, dass die Hemmungen fallengelassen werden und viele jeglichen Anstand verlieren», erzählt Amanda, nachdem wir sie auf den Hass in den Kommentarspalten angesprochen haben. «Traurig und wütend machen mich dann vor allem Vorurteile oder Argumente, die überhaupt nichts mit der jeweiligen Debatte zu tun haben.» Das sei aber nicht nur ein Problem von Facebook, relativiert sie, sondern betreffe alle Plattformen mit Kommentarfunktion.
«Die Gefahr ist gross, dass ich in meiner ‹Linken-PolitComedy-Bubble› bleibe.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
34/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Ein weiteres Problem, mit dem sich Amanda intensiv auseinandersetzt, ist die sogenannte Filterblase: «Das Schlimmste ist, dass mir Facebook nur noch Dinge vorschlägt, von denen es weiss, dass sie mir gefallen werden. Da ist die Gefahr gross, in meiner ‹Linken-Polit-Comedy-Bubble› zu bleiben.» Die diplomierte Hotelière engagiert sich in ihrer Freizeit nämlich auch politisch. Aber wie kommt man aus seiner eigenen Blase überhaupt wieder heraus? «Mir ist dieses Problem sehr bewusst, und ich versuche mich gezielt auch anders zu informieren und Menschen mit anderer Meinung kennenzulernen. Sonst wird es dann schnell schwierig.» Ein Rezept für ein perfektes Netzwerk hat auch Amanda nicht, aber sie fordert von Facebook zumindest mehr Transparenz: «Facebook sollte mehr Aufklärung darüber betreiben, dass man vor allem das in seiner Timeline sieht, was man sehen will und was die eigene Meinung verstärkt.» Deshalb sei Facebook als einzige Informationsquelle nicht geeignet: «Die Leute müssen lernen, dass man Inhalte in den sozialen Netzwerken hinterfragen muss und nicht leichtfertig glauben soll.» Mitarbeit: Reto Stauffacher
«Die Nutzer misstrauen den Inhalten auf Facebook und reagieren mit Desinteresse»
Facebook, Instagram, Youtube – auch 2018 waren die drei grossen Social-Media-Plattformen die beliebtesten. Doch es kommt Bewegung in den lukrativen Markt um Aufmerksamkeit. Gabriela Dettwiler / 25.1.2019, 16:09
Die App Tiktok greift Instagram und Facebook an
Von China aus erobert die Playback-App Tiktok die Social-Media-Welt. Bald könnte sie Vorreitern wie Snapchat oder Instagram den Rang ablaufen. Das Musiknetzwerk hat bereits eine halbe Milliarde Nutzer – aber auch immer mehr Probleme. Jochen Siegle / 20.3.2019, 17:30
Wenn Youtuben zum Burnout führt
Auffällig viele erfolgreiche Youtuber verschwinden zurzeit von der Plattform. Wenn sie zurückkommen, diagnostizieren sie sich selber ein Burnout – verursacht durch das Gefühl, ständig auf Sendung sein zu müssen. Manuel Frick / 13.9.2018, 05:30
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
35/36
23.4.2019
Facebook, Youtube, Tiktok, Instagram & Co.: 10 Nutzer erzählen
Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG. Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Neue Zürcher Zeitung ist nicht gestattet.
https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/facebook-youtube-tiktok-instagram-co-10-nutzer-erzaehlen-ld.1461283
36/36