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IM PORTRÄT
Eigentlich bin ich ein Stadtmensch, aber ich brauche immer den Kontakt zur Natur. Zum Auftanken. Frau Sterns Gefühl für Musik
Die Konzertpädagogin der Tonhalle konzipiert und plant Formate, um Menschen durch Musik zusammenzubringen. // Text: Pia Arras-Pretzler, Foto: Andreas Endermann
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„Ich hole Sie am Haupteingang der Tonhalle ab“, schreibt Frau Stern, und genau so meint sie es auch. Die Konzertpädagogin und Dramaturgin kommt nämlich nicht aus der Tonhalle heraus, wie ich erwartet habe, sondern steht plötzlich hinter mir. „Die Tonhalle ist nicht groß genug für alle Büros, deshalb mieten wir welche dazu. Im Moment sitze ich im goldenen Haus über dem Füchschen.“ Wer schon einmal bei einer der Mitmach-Aktionen mit Publikumschor dabei war, kennt Ariane Stern als unermüdliche Mail- und Notenverschickerin oder als zugewandte und versierte Moderatorin. Die Tonhalle war eines der ersten Konzerthäuser in Deutschland, die so eine Stelle in ihrem Kreativteam installierte. „Diese runde Form der Tonhalle, die macht etwas mit einem“, findet Ariane Stern. Sie arbeitet „schon ewig“ hier, seit 2001. Aufgewachsen ist sie in Neuruppin, „der Fontane-Stadt“, ihre Eltern steckten sie als begeisterte Musikliebhaberin in die Chorklasse des Gymnasiums, wo sie sich sehr wohlfühlte. „Wir sind mit dem Chor viel herumgereist, und mir war eigentlich immer klar, dass ich etwas mit Musik machen wollte. Zwar nicht Pianistin oder Musiklehrerin werden, aber auf jeden Fall irgendwie Musik vermitteln.“ Heute kann man Konzertpädagogik studieren, damals führte der Weg über ein Studium der Musik- und Theaterwissenschaft. „Ohne meinen Mann säßen wir allerdings jetzt nicht hier“, überlegt sie, denn mit dem Schauspieldramaturgen zog sie damals von Berlin nach Köln. In der Zwischenzeit hat er das Schauspiel an den Nagel gehängt und als Lehrer die Bühne gegen das Klassenzimmer getauscht. Nach einigen Umzügen hat die 45-Jährige das Gefühl, angekommen zu sein. „Wir wohnen in einem Wohnprojekt in Gerresheim. Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad zur Tonhalle, die örtliche Trennung zur Arbeit finde ich wichtig und ich brauche die Bewegung.“ Fährt sie auch bei schlechtem Wetter? „Jeden Tag. Ich bin viel zu ungeduldig, um mich in ein Auto oder die Bahn zu setzen.“ Die Familie besitzt zwar ein Auto, um auch mal spontan Ausflüge machen und im Sommer mit den beiden Kindern (15 und 12) campen gehen zu können („Auch ein Luxus: In der Spielzeitpause im Sommer bin ich wirklich vier Wochen raus!“), aber was passiert, wenn das gute Stück mal nicht mehr rollt? „Dann wird umgestiegen: Es muss auch ohne gehen.“ Wie erlebte Ariane Stern die Coronazeit? „Wir waren im Grunde auf einer Insel der Glückseligen. Seitdem die Tonhalle vor drei Jahren zur gemeinnützigen GmbH wurde, sind wir IT-mäßig super ausgestattet. Wir könnten rein organisatorisch eigentlich von jedem Ort der Welt aus arbeiten. Wie alle anderen auch mussten wir uns an die neue Situation herantasten, aber wir hatten mehr als genug zu tun, denn durch private und öffentliche Fördergelder konnten wir wunderbare Projekte aus dem Off realisieren.“ Ariane Stern kam ihrer Vision, dass ein Konzerthaus wie die Tonhalle „in die Stadt hineinstrahlen“ soll, in dieser Zeit sogar gefühlt näher als sonst: „Wir haben hier ein tolles Orchester mit tollen, offenen Menschen, die sich damit identifizieren, Vermittler und Teil der Stadtgemeinschaft zu sein. In der Zeit des Lockdowns haben sie das auf wunderbare Weise gezeigt. Bei dem Projekt ‚Gemeinsam allein sein klingt schöner‘ konnten sich Hobbyinstrumentalisten zum Beispiel von unseren Musikerinnen und Musikern online coachen lassen – das war auch für sie eine ganz neue und schöne Erfahrung.“ Und was erwartet uns zu Weihnachten? Ariane Stern will noch nicht zu viel verraten, aber so viel sei schon mal gesagt: Es geht um Charles Dickens’ Weihnachtsmärchen und ums Schenken – mit Herzenswärme und Musik.