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I Lehrerinformationen
Allgemeine didaktische Einführung
Mit diesem Modul können Sie drei abwechslungsreiche, fächerübergreifende und praxisbezogene Schulstunden gestalten. Der Einstieg in die Unterrichtseinheit (Arbeitsblatt 1) behandelt allgemeine wirtschaftliche Zusammenhänge auf einfacherem Niveau. In den Arbeitsblättern 2 und 3 werden diese mit dem Schwerpunkt Fertigungstechnik vertieft. Die beiden Arbeitsblätter A und B bieten eine Differenzierungs- und Erweiterungsmöglichkeit für die Unterrichtseinheit. Je nach der zur Verfügung stehenden Zeit und der Interessenslage in der Klasse können Sie diesen „Praxisexkurs Automobilbau“ in Ihren Unterricht einfügen oder die Kurzversion mit den Arbeitsblättern 1 bis 3 durchnehmen.
Praxistipp
Zum Abschluss der Unterrichtseinheit empfehlen wir möglichst eine Exkursion in einen Industriebetrieb.
Technische Kompetenzen können in unterschiedlichen Handlungsfeldern erworben und nachgewiesen werden. Die Bildungsstandards Technik für den mittleren Schulabschluss
(Herausgeber: VDI Beruf und Gesellschaft, Düsseldorf 2007) listen für das Fach Technik fünf Kompetenzbereiche auf:
1. Technik verstehen
2. Technik konstruieren und herstellen
3. Technik nutzen
4. Technik bewerten
5. Technik kommunizieren
Leitfragen
• Wie werden Produkte entwickelt?
• Was macht ein erfolgreiches Produkt aus?
• Welche Besonderheiten gibt es bei der Automobilentwicklung?
• Welche Interessengruppen sind bei der Entwicklung eines Automobils beteiligt?
• Wie bedingen sich Form und Funktion beim Bau von Automobilen?
Innerhalb dieses „Fünfecks“ bewegt sich auch dieses Modul; mit den Schwerpunkten bei Technik verstehen, herstellen, bewerten.
Technik verstehen: Technik ist kein Selbstzweck, sondern „ein von Menschen geschaffener künstlicher Bereich der Wirklichkeit, der konkrete menschliche Bedürfnisse und damit jeweils einen bestimmten Zweck erfüllt“. (VDI 2007) Ein Merkmal zur Beschreibung von Technik ist „individuelle, gesellschaftliche, ökologische, ökonomische Bedürfnisbefriedigung“.
Technik herstellen: Dieser Kompetenzbereich stellt „Methoden zur Problemlösung sowie Handlungsweisen, wie sie im Bereich der Konstruktion und der Herstellung für die Technik typisch sind“ (VDI 2007) vor. Für die Realisierung von technischen Produkten und Prozessen werden situationsbezogene, unterschiedliche Methoden eingesetzt. Teile dieser Methoden beinhalten die Arbeitsorganisation und Fertigungsarten.
Technik bewerten: Bei technischem Handeln treten immer Zielkonflikte auf zwischen den beteiligten Interessengruppen (Produzent, Verbraucher, Nutzer, Öffentlichkeit). Es finden immer Bewertungsprozesse statt, die sich in einem Spannungsfeld bewegen zwischen dem technisch Machbaren, dem ökologisch Vertretbaren und dem wirtschaftlich Sinnvollen.
• Welche Fertigungsarten werden unterschieden?
• Nach welchen Ablaufprinzipien kann eine Fertigungsorganisation gestaltet sein?
• Welche Fertigungsverfahren werden nach DIN unterschieden?
• Wie sehen Arbeits- und Produktionsabläufe in der Automobilindustrie aus?
Hinweise zu den einzelnen Arbeitsblättern und zur Differenzierung
1 Wie werden Produkte entwickelt?
Das Thema des Produktlebenszyklus’ von der Idee zum fertigen Produkt steht am Anfang der Einheit. Durch die Erarbeitung eines entsprechenden Kreislaufs erkennen die Schülerinnen und Schüler (SuS) die kausalen Abhängigkeiten bzw. Notwendigkeiten der einzelnen an dem Zyklus beteiligten Stationen.
Zum Einstieg in die Unterrichtseinheit lassen Sie sich Produkte aus der Lebenswelt der SuS nennen und sammeln diese.
Praxistipp
Schreiben Sie die blau gedruckten Wortblöcke von Aufgabe 1 vor dem Unterricht auf große Karten (Präsentationskarten, DIN-A5-Pappe, Magnetkarten …) und lassen Sie die SuS den richtigen Ablauf möglichst selbstständig an der Wandtafel zusammenstellen. Die zu Beginn genannten Produkte helfen bei der Vergegenwärtigung.
Im Anschluss diskutieren Sie mit den SuS die Frage nach dem Erfolg von Produkten (Aufgabe 2). Diese Aufgabe eignet sich – je nach Zeit, die Sie für diese Einführungseinheit ansetzen können – auch als Gruppenarbeit mit anschließender Präsentation.
Die folgende Aufgabe, die den Kreislauf von Wirtschaft und Technik (Tuchel’scher Regelkreis; Regelkreis der Technik) erschließt, können Sie zusätzlich einsetzen: Geben Sie den SuS folgende Aussagen zu lesen (z. B. durch Schreiben auf Präsentationskarten, Wandtafel, OH-Folie oder eine Präsentationsfolie):
1. Ausgangspunkt ist meistens ein ideelles oder materielles Bedürfnis, das es zu befriedigen gilt.
2. Nun wird geplant, wie das Bedürfnis befriedigt werden kann.
3. Im nächsten Schritt folgt die Umsetzung der Überlegungen.
4. Während der Nutzung eines Objektes wird überprüft, ob es das Bedürfnis befriedigen kann.
Die SuS werden aufgefordert, jeweils einen Überbegriff für die Aussagen zu finden und diese Überbegriffe in einem Kreislauf darzustellen. Mögliche Lösung:
Bedürfnis
Anschließend lassen sich im Unterrichtsgespräch an Beispielen die Zusammenhänge von Bedürfnis und Befriedigung erarbeiten, z. B.: Kunde
→ Bedürfnis: telefonieren
→ Befriedigung: Handy/Smartphone kaufen
Hersteller
→ Bedürfnis: Geld verdienen
→ Befriedigung: neues Produkt auf den Markt bringen
Im Technikunterricht sollte mit diesem „Regelkreis der Technik“ erarbeitet werden, dass der Konsum vieler Alltagsprodukte einem ständigen Kreislauf unterworfen ist. So kann beispielsweise einige Wochen nach dem Kauf eines neuen Smartphones das Gerät bereits als veraltet gelten. Da die Industrie für das eigene Fortbestehen permanent neue Produkte verkaufen muss, werden z. B. durch Werbung entsprechende Maßnahmen getroffen, diese neuen Produkte dem Kunden als begehrlich erscheinen zu lassen. Insbesondere im Hinblick auf Ressourcen und Nachhaltigkeit müssen sich SuS innerhalb einer kritischen Reflexion mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass sich jeder Mensch permanent innerhalb vieler dieser Kreisläufe befindet. Eine weitere Zugangsmöglichkeit zu diesem Thema wäre z. B. die Mode.
A Aspekte der Automobilentwicklung
Ziel ist, dass die SuS sich über die verschiedenen Sichtweisen und Positionen der an einem Produktlebenszyklus beteiligten Personen im Gespräch austauschen. Durch die Vielzahl der Interessensgruppen rund um das Thema „Auto“ eignet sich dieses besonders, um die Mehrperspektivität von Technik zu erläutern. Moderne technische Artefakte und Handlungen werden immer aus verschiedenen Sichtweisen diskutiert und deren Folgen abgeschätzt.
Praxistipp
Durch eine Konferenzmoderation lassen sich die mitunter sehr kontroversen Interessen der beteiligten Gruppen gut thematisieren. Sie können eine geeignete Schülerin oder einen geeigneten Schüler als Moderator/in wählen lassen oder auch selbst moderieren.
Ebenfalls denkbar ist die Methode der Fishbowl-Diskussion, bei der mehrere SuS eine Interessensgruppe aufarbeiten und in der abschließenden Konferenzmoderation nach Belieben die Diskussionspartner innerhalb der Gruppe austauschen können.
Umsetzung
B Ein Fahrzeug wird entworfen
Hier soll der lange Prozess aufgezeigt werden, in dem neue Fahrzeugformen entwickelt werden. Dazu erarbeiten die SuS in der ersten Aufgabe die verschiedenen Entwicklungsphasen eines Fahrzeugs. Die einzelnen am Entwicklungsprozess beteiligten Bereiche müssen permanent abwägen zwischen dem Wünschenswerten, dem technisch Machbaren und dem Finanzierbaren. Daher wird darauf aufbauend in Aufgabe 2 das Spannungsfeld zwischen Entwickler, Designer und Ingenieur erarbeitet.
Praxistipp
Sie können das „Zusammenspiel und Spannungsfeld“ in 3-er Gruppen erarbeiten lassen, in der jeweils ein Entwickler, ein Designer und ein Ingenieur ihre jeweiligen Positionen vertreten.
Designer unterscheiden bei Automobilen in One-Box-, TwoBox- und Three-Box-Fahrzeuge. Die Unterscheidung kann den Musterantworten in den Lösungen entnommen werden. Thematisiert werden könnte in diesem Zusammenhang auch ein nachgeordneter (Un-)Sicherheitsaspekt früherer OneBox-Autos: „Das Knie ist deine Knautschzone.“ Neben den Besonderheiten der Modelle werden die Baukastensysteme im Fahrzeugbau diskutiert, die mittlerweile nahezu jeder Fahrzeughersteller verwendet.
2 Industrielle Fertigung und Fertigungsverfahren
Im Rahmen der industriellen Fertigung von Produkten unterscheidet man zwischen drei grundsätzlichen Fertigungsarten:
• Einzelfertigung,
• Serienfertigung und
• Massenfertigung.
Die Einzelfertigung befasst sich mit individuellen Produkten, z. B. Prototypen. Da die Arbeitsschritte von wenigen Arbeitskräften oft in Handarbeit oder Werkstattarbeit ausgeführt werden, ist diese Fertigungsart sehr teuer. In der Serienfertigung werden Produkte meist maschinell hergestellt. Da die Arbeitskräfte nur einzelne, genau festgelegte Arbeitsschritte ausführen, verringern sich die Produktionskosten.
In der Massenfertigung werden Produkte meist vollautomatisiert in hoher Stückzahl hergestellt. Durch den Maschinenund Bandeinsatz und die geringe Zahl von Arbeitskräften kann kostengünstiger produziert werden.
Praxistipp
Suchen Sie mit den SuS noch viele weitere Beispiele für die einzelnen Fertigungsarten, z. B. Einzelfertigung → in der Bauwirtschaft (Einfamilienhaus, Brücke), Zahnersatz, Modellkleidung, Einbaumöbel, im Modellbau (für Architekten oder Anlagenbau), Prototypen im Automobilbau;
Serienfertigung → Schiffsbau, Flugzeuge, allgemeiner Maschinenbau, Mode, Möbel, Zulieferindustrie für Automobile;
Massenfertigung → Schrauben, Nägel, Haushaltsgeräte, Reinigungs- und Waschmittel, Dachziegel und Bausteine.
Darauf aufbauend werden Prinzipien einer Fertigungsorganisation erläutert und bearbeitet. Die gebräuchlichsten Organisationsformen sind:
• Werkbank,
• Werkstatt,
• Gruppenfertigung,
• Fließstraßenfertigung (typisch: Arbeitstakte sowie einzelne Arbeitsstationen; nach Taktende wird das Teil zur nächsten Station transportiert) und
• Fließband (keine separaten Arbeitsstationen mehr).
In der Praxis kommen weitere Organisationsformen oder Mischformen vor.
Aufgabe 3 vergleicht die erarbeiteten Prinzipien der industriellen Fertigung anhand von zwei Beispielen. Dabei werden die Vor- und Nachteile des in Werkstattfertigung produzierenden Kleinbetriebs mit einem im Fließstraßenprinzip produzierenden Großbetrieb gegenübergestellt.
Die Fertigungsverfahren nach DIN 8580 werden in Aufgabe 4 behandelt. Je nach Veränderung oder Behandlung der Werkstoffe oder Werkstücke unterscheidet die Norm sechs Hauptgruppen:
• Urformen,
• Umformen,
• Trennen,
• Fügen,
• Beschichten,
• Stoffeigenschaften ändern.
Einen Überblick über die Hauptgruppen mit Links zu Untergruppen (und entsprechenden Beispielen) gibt der Wikipediaartikel unter https://de.wikipedia.org/wiki/Fertigungsverfahren
Die SuS sollen konkrete, relevante Beispiele für diese Fertigungsverfahren aus ihrem Lebensumfeld und dem technischen Unterricht finden (siehe Musterlösungen des Arbeitsblattes).
Praxistipp
Diese Aufgabe können Sie in Gruppenarbeit lösen lassen. Als Ergänzung sollte jede Gruppe für jedes Fertigungsverfahren eine typische zusätzliche Aufgabe unter dem Aspekt „ Anwendungen und Eigenschaften der Fertigungsverfahren“ bearbeiten und vorstellen. Vorschläge für entsprechende Fragestellungen finden Sie im folgenden Absatz.
Urformen: Beschreibe Anwendungen und Vor-/Nachteile von Gießverfahren beim Urformen.
(Fachliche Info/Lösungsvorschlag: Beim Sandformgießen benötigt jedes Werkstück eine eigene Form, da diese nach dem Guss zerstört wird. Dieses Verfahren ist auch für riesige Formen (Glocken) geeignet und relativ schnell umsetzbar; es ist aber nicht sehr präzise und erzeugt eine raue Oberfläche.
– Beim Kokillengießen kann die verwendete Gießform wieder verwendet werden. Die Herstellung der Gießform ist aufwendig und teuer. Kokillengießen ermöglicht große Stückzahlen und wird bei Massenprodukten eingesetzt. Die Form ist sehr genau, deswegen wird das Kokillengießen auch bei Gußteilen eingesetzt, die maßhaltig sein müssen.)
Umformen: Was geschieht beim Umformen von Blechen bei zu häufiger Biegung?
(Fachliche Info/Lösungsvorschlag: Das Material wird an der Biegestelle spröde und bricht.)
Trennen: Nenne die Unterschiede zwischen Zerteilen und Zerspanen beim Trennen.
(Fachliche Info/Lösungsvorschlag: Beim Zerteilen wird ein Gegenstand durch Schneidvorgänge, beispielsweise mit einem Messer oder mit einer Schere, ohne Spanabtragung getrennt. Beim Zerspanen (z. B. beim Sägen eines Gegenstandes) werden Stoffteilchen (Späne) mit dem Schneidkeil des Trennwerkzeugs vom Werkstück abgetrennt.)
Fügen: Beschreibe verschiedene Fügeverfahren. Welche sind lösbar und erlauben eine zerstörungsfreie Demontage, welche nicht?
(Fachliche Info/Lösungsvorschlag: Lösbare Verbindungen können ohne Zerstörung wieder aufgehoben werden (Verschrauben, Verstiften, Verbindungen über Kupplungen, konische Verbindungen, ). Typisch für unlösbare Verbindungen ist, dass mindestens das Verbindungsmittel, wenn nicht sogar das Bauteil zerstört oder zumindest beschädigt wird. Alle stoffschlüssigen (Schweißen, Löten, Kleben) und viele formschlüssige Verbindungen gehören hierzu.)
Beschichten: Beschreibe die Möglichkeiten für einen wirksamen Korrosionsschutz von Metallen.
(Fachliche Info/Lösungsvorschlag: einölen (wirkt wasserabweisend und schmierend); Aufbringen von Lack als Schutzschicht; Galvanisieren, z. B. verzinken; Emaillieren, hier wird eine oft farbige Schutzschicht eingebrannt; bestimmte Legierungen verwenden, z. B. Edelstahl)
Stoffeigenschaften ändern: Beim Ändern von Stoffeigenschaften werden nach dem Härten manche Metallteile durch Glühen angelassen. Was könnte passieren, wenn man diesen Arbeitsgang unterlässt?
(Fachliche Info/Lösungsvorschlag: Ohne Anlassen wäre das Metall sehr hart und spröde, es würde bei Schlägen oder Vibrationen zerbrechen.)
3 Arbeits und Produktionsabläufe
Praxistipp
Zum Einstieg in den letzten Teil der Unterrichtseinheit können Sie die einzelnen Stationen jeweils auf einem Blatt vergrößert ausdrucken und von den SuS an der Wandtafel im Unterrichtsgespräch zuordnen lassen.
In der industriellen Produktion wird die CAO (Computer Aided Organisation) eingesetzt. Diese ermöglicht eine exakte und vorausschauende Planung und eine Optimierung der Abläufe. Hier sind die einzelnen Stationen einer Montagestraße für Fahrzeuge von der Anlieferung der Einzelteile bis zum Abtransport der fertigen Fahrzeuge zu bearbeiten. Der Schwerpunkt liegt darin, die Automatisation und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu diskutieren.
Die Abläufe im Arbeitsblatt sind bewusst einfach dargestellt; weisen Sie Ihre SuS darauf hin, dass die Aufgabe eine modellhafte Vorstellung widerspiegelt.
Praxistipp
Steht genügend Zeit zur Verfügung, können Sie Erfahrungen der SuS aus dem privaten Umfeld (Beruf der Eltern oder von Verwandten, Praktika) abfragen und mit der Darstellung im Arbeitsblatt abgleichen.