März/April 2009 kostenlos
#38
Die Jugendzeitung Gewinnen e: auf yaez.d
Limitierte Xbox und meS. h 18r Seite 23
Wie man als Schüler ins Ausland kommt – und warum es sich lohnt, nicht nur Englisch zu lernen
Nix wie weg – das Auslandsheft Sido und Co
Forschung
Abschlussfahrt
Was Gangsta und Streber verbindet 12
Wie das Lernen funktioniert 13
Die beste Woche der Schulzeit 7
ANZEIGE
intro 03
Inhalt dieser Ausgabe
Es war nur ein einwöchiger Schüleraustausch mit einer Janos Burghardt Provinzschule aus FrankChefredakteur reich und mit meinem Austauschschüler habe ich mich nicht sonderlich gut verstanden, aber es war großartig, alleine nach Frankreich gereist zu sein. Die Familie, bei der ich untergebracht war, wohnte in einer Straße, in der jedes Haus exakt gleich aussah. Ich kannte diese Reihenhäuser von mir zuhause, auch daheim hatten alle Fenster im Erdgeschoss weiße Gardinen als Sichtschutz. Ich fand so viele Gemeinsamkeiten mit dieser französischen Kleinstadt, dass ich eine Ahnung von Europa bekam. Europa, dass ist für deutsche Schüler auch die obligatorische Abschlussfahrt an die Costa Brava. Kulturprogramm am Tag, und in der Nacht Schüler, denen man das Kulturprogramm vom Tag nicht anmerkt. Europa ist ein Kontinent voller Unterschiede, der dennoch genügend Gemeinsamkeiten hat, dass man trotz sprachlicher Barrieren bereits als Schüler ihn für sich entdecken kann. Mit genügend Mut steht einem aber auch die Welt offen: Weg von der Sicherheit Europas, hin zu fremden Ländern und Kulturen. Es warten spannende Begegnungen, die man nie vergessen wird. Mit dieser Ausgabe wollen wir zeigen, wie du als Schüler ins Ausland kommst. Ob als Au-Pair, im Schüleraustausch oder mit einer Sprachreise – die Erfahrung lohnt sich auf jeden Fall.
Viel Spaß beim Lesen!
ANZEIGE
Fotos: Anne Ackermann, Jan Kopetzky
Liebe Leserin, lieber Leser,
08 Europa-Spezial (Teil 2/4)
13 Wie funktioniert das Lernen?
Titel: Ausland Ab ins Ausland: Die Wege ins Ausland sind so vielfältig wie die Reiseziele selbst. Ein Überblick.........04 Sprachen lernen: Warum es sich lohnt, nicht nur Englisch als Fremdsprache zu lernen......................06 Quickies: Englisch in China, Gesetze im Ausland, Mülltrenn-Manie in Deutschland.............................06 Abschlussfahrt: Plädoyer für eine Woche Schwerelosigkeit.....................................................................07 Schüleraustausch: Wie französische und deutsche Schüler ihr Nachbarland kennenlernen....................10
Rubriken+Standards Interview: Otto von Habsburg über Europa als kulturelle Einheit – und den Nutzen von Latein........09 Europa-Quiz: Auf Englisch chatten und viel reisen – wie kommt man an einen Job in Brüssel?.............08 Sido und die Super Nanny: Warum HipHop jetzt brav sein propagiert und zur Strebermucke wird.....12 Schlaue Bücher: Neue Sachbücher versprechen Wissen im Fast-Food-Format........................................13 Aufklärung: Warum Aufklärungsgespräche für unsere Eltern viel schwieriger waren als für uns.......15 Internet: Wie Onlineangebote helfen können, fit für den Sommer zu werden.....................................17 Filme: »Die drei ??? – Das verfluchte Schloss«, »Milk«, David Kross (»Der Vorleser«)........................19 Duales Studium: Wie die Berufsakademie Studium und Ausbildung verbindet..........................................20 Josephine Kroetz: Wie eine arme Familie sich vergiftete, weil ihnen der Strom abgedreht wurde..........22 Impressum.....................................................................................................................................22
Auf yaez.de anmelden und Xbox, Kameras und mehr gewinnen!
Cover#38
Mit neuen Funktionen und täglich aktualisierten Inhalten startet yaez.de durch: Du kannst über Artikel diskutieren, Autoren anschreiben, Gruppen zu eigenen Themen gründen und dich mit anderen yaez-Lesern austauschen. Wer sich anmeldet, hat die Chance auf viele wertvolle Gewinne.
www.yaez.de Deine Meinung ist gefragt: Unterstütze uns und nimm an der großen yaez- Leserumfrage teil! Wir wollen wissen, wie unsere Leser ticken, wie sie yaez finden, was sie interessiert. Dafür brauchen wir deine Antworten auf unsere Fragen.
www.yaez.de/blattkritik Die yaez-Redaktion bloggt über den Deutschen Gründerpreis für Schüler.
www.dgp-blog.de
www.yaez.de
Lisanne Titelfoto für yaez:
Jan Kopetzky
märz/april 2009 • yaez
Die Welt wartet Egal, ob in den afrikanischen Dschungel oder auf eine Highschool in Hongkong – deutsche Schüler zieht es ins Ausland. Die Wege dahin sind so vielfältig wie die Reiseziele selbst. ein Überblick.
Text: raphael geiger Fotos: Jan Kopetzky
A
77% aller Schüler sprechen Englisch, auf dem zweiten Platz: Französisch mit 22%. Pro Jahr gehen 13.000 deutsche Schüler ins Ausland, nach Deutschland kommen nur 2200. Zwei Drittel aller Schüler können sich vorstellen, für ein Jahr ins Ausland zu gehen. 16% der deutschen Studenten sprechen zwei Fremdsprachen, in Portugal: 53%
m Ende wollte sie gar nicht mehr weg, doch das Fieber hatte sie schon viel früher gepackt: Auch ihre Schwester war für ein Jahr an einer amerikanischen Highschool, und als sie sie besuchte, sprang der Funke über – für Carmen Jonitz stand fest: Sie will in die USA, am liebsten gleich für ein ganzes Schuljahr. Deutschland-Pause machen. Im Sommer 2007, gerade 15 Jahre alt, ging für sie der Flieger nach Las Vegas. Es begannen Monate, wie sie Carmen sich zuhause erträumt hatte, voller Spaß und Abenteuer in der verrückten Spielermetropole. Ihr Domizil unterscheidet Carmen von vielen anderen deutschen Schülern, die jeden Sommer in die USA starten: Die meisten von ihnen landen in der Provinz, in der Einöde von Kansas oder im Nirgendwo der endlosen Vororte. Carmen dagegen verbrachte ihr Auslandsjahr dort, wo andere Urlaub machen, mitten in der Traumfabrik der USA. Doch egal wohin: Eine ausländische Schule zu besuchen, sei es für ein paar Wochen, ein halbes oder gleich ein ganzes Jahr, das ist für deutsche Schüler immer öfter ein Muss. Nicht nur die USA sind gefragt, beliebt sind auch Kanada, Australien und Neuseeland, Südafrika, das europäische Ausland genauso wie exotische Ziele, etwa Brasilien oder Fernost. >
reise 05 Die meisten Schüler nehmen dabei die Dienste einer deutschen Agentur in Anspruch. Kosten: ca. 6500 bis 7000 Euro, Privatschulen sind noch teurer. Das Highschool-Jahr hat große Vorteile. Carmen Jonitz, die ihr Highschool-Jahr über EF gebucht hat, schwärmt von ihrer Schule, einer kleinen Stadt von 3600 Schülern. Das Verhältnis zu den Lehrern sei sehr viel persönlicher, die Offenheit einander gegenüber mit deutschen Verhältnissen nicht zu vergleichen. Der berühmte »School spirit« sei keine hohle Phrase. »Niemand hat keine Lust, alle sind hoch motiviert«, sagt Carmen. Auch die Auswahl der Fächer ist riesig, reicht von Mathe über unzählige Sportarten bis hin zu Disziplinen wie »Holzarbeiten«. Klar kommt man als Austauschschüler sofort in Kontakt mit dem Land und seinen Menschen, in Las Vegas wie in Hongkong oder Costa Rica. Dementsprechend boomt die Branche. Aber nicht nur an ausländischen Schulen machen deutsche Jugendliche ihren Traum von der Ferne wahr, die Möglichkeiten sind breit gestreut. Grob unterteilen kann man sie so: Die einen sind für die Schulzeit gedacht, die anderen eher für die Zeit nach dem Abschluss. Für Schüler bis 16 bieten sich zum Beispiel Jugendcamps an, die mit den üblichen Zeltlagern wenig gemein haben, immerhin finden sie an denselben Sehnsuchtsorten statt wie andere Programme: Ferien in den USA oder Europa – zusammen mit anderen Teenagern aus der ganzen Welt verbringt man ein paar Wochen mit Sport, Feiern, Relaxen. Nur eines sollte man können: Auf allzu viel Komfort verzichten. Wem das nichts ausmacht, der kann hier den Sommer seines Lebens verbringen. Angebote gibt es reichlich. Ein sehr spannender Weg, die Welt zu entdecken, sind Freiwilligendienste. Arbeiten auf einer Farm in Island, mithelfen in einer Krankenstation in Zentralafrika, als Ranger in Australien – die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Wie langweilig dagegen wirkt es, nach dem Abschluss Ferien am Strand zu verbringen. Die Entlohnung der Freiwilligen ist nicht die Welt, doch die Erfahrung, die man mit nach Hause nimmt, eine Bereicherung für das ganze Leben. Zeitlich sind die Programme flexibel: Wer nur ein paar Wochen Zeit hat, wird fündig. Wer eine Auszeit von zwei Jahren nehmen will, ebenso. Viele Deutsche bedienen sich des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), so umgehen etwa junge Männer die Wehrpflicht. Die Bezahlung des deutschen Staates ist zwar auch nicht hochtreibend, aber für die vorgeschriebenen zwölf Monate zuverlässig – auch nirgendwo in Afrika. Natürlich muss man solche Abenteuer mögen, zumal sich das Fernweh auch auf pragmatischere Weise stillen lässt. Etwa durch ein Auslandspraktikum nach der Schule. Keine Angst, wer bei einer englischen Firma arbeiten will, muss nicht hundert Bewerbungen schreiben, eine Direktbewerbung bei Unternehmen ist ohnehin heikel, weil eine gewisse Skepsis gegenüber ausländischen Gerade-nochSchülern nicht zu verleugnen ist. Doch auch darauf haben sich deutsche Vermittler spezialisiert, oft die gleichen Anbieter, die auch Highschool oder Freiwilligendienst im Angebot haben. Voraussetzung ist ein
www.yaez.de
einigermaßen flüssiger Ausdruck in der Fremdsprache. Oft sind die Programme verbunden mit einem Einführungskurs in Geschäftssprache oder lokale Gepflogenheiten, was in fremden Kulturen sehr wertvoll sein kann. Nachteil allerdings: Der Verdienst im Praktikum ist null, für die Vermittlung muss bezahlt werden. Immerhin ein bisschen lukrativer ist das klassische Modell des Au-Pair. Für tausende Deutsche (vor allem junge Frauen) geht es jedes Jahr in eine Familie am anderen Ende der Welt, die USA sind am beliebtesten. Dort verdienen Au-Pairs 176 Dollar die Woche, wofür sie 45 Stunden arbeiten müssen, so will es das amerikanische Gesetz. Heute vermittelt Daniela Fuchs in einer kleinen Agentur selbst AuPair-Stellen, vor ein paar Jahren war sie nach dem Abitur noch eine der vielen Kundinnen. Die Sehnsucht nach Abenteuer in Amerika trieb sie in einen Vorort von Chicago, in eine mittelständische amerikanische Familie mit zwei kleinen Kindern. Damit war die Arbeit klar abgesteckt: Um sieben Uhr morgens die Kinder wecken, sie in den Kindergarten bringen, vormittags einkaufen und Hausarbeit, nachmittags wieder die Kinder versorgen. Doch das Jahr in Chicago bestand für Daniela Fuchs nicht nur aus Arbeit. Unter der Woche traf sie sich mit anderen Au-Pairs aus der ganzen Welt, viele Wochenenden lang verreiste sie mit der Gastfamilie, einmal sogar ins Disneyland. Die verrückten Amerikaner: Halloween ist ein inoffizieller Feiertag, American Football und Baseball heilig – da laufen die Fans auch schon mal im frostigen Januar oben ohne am Lake Michigan herum. Was es ihr gebracht hat? »Ich habe danach fließend Englisch gesprochen«, erzählt sie. Und: »Nach dem Abi in die Welt zu ziehen, ließ mich viel reifer und selbstbewusster werden.« Eine Alternative zum Job in der Familie kann »Work and Travel« sein, das vor allem in Australien und Neuseeland verbreitet ist. Bei der Jobsuche wird man von der gebuchten Agentur unterstützt, der Arbeitsplatz wird aber nicht garantiert. Der Verdienst ist unterschiedlich hoch, je nachdem, ob es sich um einen Bürojob oder eine Ranchaushilfe handelt. Anschließend darf gereist werden, mit dem verdienten Geld geht es auf Entdeckungstour durch den fünften Kontinent. Dauer insgesamt: von etwa acht Wochen bis mehrere Monate. Egal, mit wem man über seine Zeit im Ausland spricht, kaum jemand bereut sie. Die Erfahrung, sich in einer fremden Kultur zurechtfinden zu müssen, prägt und ist alles anderes als verlorene Zeit. Das wissen übrigens auch immer mehr Arbeitgeber. Wer schon während der Schulzeit in die Welt zieht, kommt oft mit einer veränderten Einstellung zur Schule zurück: Carmen Jonitz fand ihre Highschool so toll, dass »sie sich vom Fleck weg in sie verliebte«. Anfangs fand sie die Amerikaner zu laut, »hyperaktiv«. Doch das ging nicht lange: »Bald wurde ich genauso – und genoss es!« •
märz/april 2009 • yaez
ANZEIGE
Austauch in China: Servus und Ni hao
Fremde Länder, fremde Gesetze
Veranlagung zur Mülltrennung
Schon zu Schulzeiten werden heute die Wege für die spätere Karriere im Ausland gepflastert. So suchen immer mehr Schüler die Herausforderung und wollen ein Austauschjahr im aufstrebenden China verbringen. Chinesisch muss dafür keiner mehr lernen, kommt man doch mit seinem Schulenglisch dort inzwischen, zumindest in den Metropolen, gut zurecht und die internationalen Schulen unterrichten ohnehin auf Englisch. Problematisch war bis vor kurzem nur die Frage der Unterkunft: Den Chinesen war noch bis 2001 verboten, westliche Austauschschüler aufzunehmen. Das ist nun erlaubt, und so wurde China schnell zu einem begehrten Reiseziel. Kulturell gesehen dürften die jungen Pioniere aber zu spät kommen: Das westliche Leben hat die chinesischen Metropolen längst erobert. •
Wer einige Zeit im Ausland verbringen will, sollte sich frühzeitig über die Regeln und Sitten im Gastland informieren. Andernfalls kann man auch mal ganz schnell mit dem Gesetz in Konflikt geraten. So wurden in Dubai Ende letzten Jahres zwei Briten wegen »Sex in der Öffentlichkeit« zu je drei Monaten Haft verurteilt, nachdem sie am Strand beim Knutschen erwischt wurden. Auch Uganda zeigt sich in dieser Hinsicht prüde: Dort ist nun ein Gesetz in Arbeit, dass das Tragen von kurzen Röcken in der Öffentlichkeit verbietet. Grund sei die erhöhte Unfallgefahr im Straßenverkehr durch die Ablenkung der männlichen Autofahrer. Und selbst unser Nachbar Frankreich verbietet neuerdings das Küssen – auf Bahnübergängen. Das soll aber wohl vor allem dem eigenen Schutz dienen. •
Die Deutschen scheinen nicht die Klügsten zu sein. Zu diesem merkwürdigen Urteil kam eine chinesische Austauschschülerin, nachdem sie einige Zeit hier verbracht hatte. Sie veröffentlichte auf einer Schülerplattform des Auswärtigen Amtes einen Erlebnisbericht, in dem sie sich wunderte, dass den Nahverkehrsteilnehmern hierzulande nahezu blindes Vertrauen entgegengebracht werde, da jedem selbst überlassen bliebe, ob er sich eine Fahrkarte an einem Automaten ziehen möchte – oder nicht. Als ebenso kurios empfand sie die Veranlagung zur Mülltrennung, die in Deutschland in peinlich genauer Manier verfolgt werde. Tief beeindruckt wolle sie diese Erfahrungen nun mit in ihr Heimatland nehmen. Vielleicht zeigt sich das China von morgen in Sachen Umweltschutz ja doch noch lernwillig? •
lichen, die über ihre Ferien berichten durften: Bücher haben sie gelesen, fern gesehen und die Oma besucht. Natürlich stimmt das gar nicht: man erzählt so was nur, weil der Wortschatz für mehr nicht reicht. Viele sitzen 45 Minuten im Französisch-Unterricht, ohne etwas zu verstehen. Ihr Entschluss steht längst fest: nach der 11. Klasse wählen sie es ab. Sie wollen nie mehr was hören von »Arthur, le peroquet« oder »Monsieur Ibrahim«. Obwohl ich nicht sonderlich gut war in Französisch, wollte ich dennoch damit weiter machen. Zu viele Chancen schien ich mir zu nehmen, wenn ich auf eine zweite Fremdsprache verzichten würde. In der Berufswelt sind Fremdsprachen wichtig, längst werden diese nicht mehr nur von den Führungskräften erwartet. Laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) benötigt jeder fünfte Arbeiter mindestens eine Fremdsprache. Der Grund: Viele Unternehmen pflegen Beziehungen im Ausland. Wer sich in der Muttersprache des Kunden oder Partner unterhalten kann, hinterlässt einen interessierten und auch persönlichen Eindruck. In der Wirtschaft ist vor allem Russisch gefragt, aber auch Chinesisch
wird immer wichtiger, da sich China zu einer wirtschaftlichen Großmacht entwickelt. Aber auch in anderen Bereichen helfen weitere Fremdsprachen weiter: Selbst die »tote« Sprache Latein kann hilfreich sein, zum Beispiel bei geisteswissenschaftlichen Studiengängen, in Fächern wie Medizin oder Jura ist sie sogar ein Muss. Doch wenn man Studium und Arbeitswelt mal beiseite lässt: was habe ich dann von der vielen Zeit, die ich hinter meinen Vokabelkarten verbracht habe? »Man wird einfach viel offener«, erklärt mir meine Freundin Lisa. Sie beherrscht ganze drei Fremdsprachen. »Du fühlst dich nicht so fremd, wenn du mal im Ausland bist und die Sprache verstehst. Und es ist viel persönlicher, wenn du im Restaurant in der Landessprache bestellen kannst.« Ich stelle mir vor, wie ich in einem französischen Restaurant sitze und nicht mehr als »un coq au vin« bestellen kann. Ich nehme mir fest vor, mir weitere Vokabeln einzutrichtern. Nicht nur, damit ich meiner Lehrerin fehlerfrei und wortgewandt von meinen Ferien erzählen kann. Sondern, weil ich Vegetarierin bin. •
Mehr als ein Hühnchen Warum es sich lohnt, statt nur Englisch auch weitere Sprachen zu lernen Text: BETTINA SCHNEIDER
Q
u’est-ce que vous avez faites en vancances?« (»Was habt ihr in den Ferien gemacht?«), fragte unsere Französischlehrerin nach den Ferien. Mehr als die Hälfte meiner Klasse rutschte auf ihren Stühlen ein Stück unter den Tisch. Ich rutschte mit und hoffte, dass mein Vordermann unserer Lehrerin die Sicht auf mich versperrte. Erleichtert tauchte ich wieder auf, als sie meine Nebensitzerin aufrief. Wieso sie fließend von ihrem Alpen-Urlaub und dem gebrochenen Schlüsselbein ihres Bruders erzählen konnte, war mir ein Rätsel. Ich hätte antworten müssen wie die anderen Glück-
yaez • märz/april 2009
Foto: Jan Kopetzky; Texte: Jonas Wedekind
06 reise
reise 07
Abschlussfahrt – Der letzte Tanz Die meisten Mitreisenden sind doof, das Essen kacke und der Kopf brennt auch irgendwann. Großartig ist eine Abschlussfahrt dennoch: ein Plädoyer für eine Woche Schwerelosigkeit Text: marc röhlig
I
ch habe ehrlich versucht, jemanden zu finden, der seine Abschlussfahrt nicht mag. Jemanden, der daherkommt und sagt: Das war nicht der Bringer, das war so lala. Es gibt niemanden, ich habe keinen gefunden. Klar, hier und da wurde mal gemeckert; der Lehrer war auf der Fahrt ein Arsch, die Busreise zu lang, zu teuer, zu langweilig. Aber ein vernichtendes Urteil über die Abschlussfahrt? Vielleicht über die Schulzeit, über Lehrer und Prüfungen, über seine erste Beziehung oder seinen ersten Vollrausch. Aber die Abschlussfahrt, die ist, nun ja, irgendwie heilig. Wir hatten damals zwei Reisebusse, doppelstöckig, Frachtraum für sieben Kurse. Taschen verstauen, Eltern loswerden, Flaschenklirren beim Einsteigen – das ist der Sound der Vorfreude. Den Ersten, Fischi, haben wir in Nürnberg verloren: Er hat im Vollrausch seinen Mageninhalt auf den Schoß des Schulsprechers entleert und durfte nach 120 Fahrtkilometern gen Süden in einer Polizeistation auf seine Eltern warten. Der Rest von uns kam bis in die Toskana. Es gab, ich erinnere mich, Kultur. Jede Menge. Wahrscheinlich toll. Nein, ehrlich, wir sind mit Videokameras und Fotoapparaten bewaffnet tapfer durch Florenz und Verona getappt. Doch die Hitze des Tages hat immer nur das Fieber der Nacht geschürt. Und die Mikrofonvorträge des Reiseführers waren nur ein Summen, ein Tusch, ein Trommelwirbel für den Vorhang, der mit dem ersten Kronkorken am Abend fällt. Wir saßen mit Weißwein, Bier, Chips und Glückshormonen am Strand. Alle Schulter an Schulter, als wären wir schon immer eine große Familie, die besten Freunde gewesen. Serj und Ente basteln eine Bierbong. Tim kifft, Bert und Marcs Klassenkameraden auf ihrer AbErnie schlagen ein Wettrennen zu schlussfahrt in Italien: Warum sollte ich mir hier am Strand auch nur einen Geden Wellen vor, Digga stolpert danken machen? und alle lachen. Niemanden aus, nur mit. Klar, zwischen den Schulfluren, da gibt es Grüppchen, da gilt ein Stufengefühl nicht. Aber hier, mit der Seebrise, mit einem Handyspeaker – Gott, wie mich die Dinger mittlerweile nerven – in Hörweite, da glaubten wir, alles zu erreichen. Da waren wir schwerelos, zeitlos und ganz weit weg von Prüfungen, von Zukunftsängsten, Trennungsschmerz und Elternstress. Dagegen: Abschlussfahrt ist, wenn ich ehrlich bin, immer das gleiche und sehr gewöhnlich und sehr vorhersehbar und wahrscheinlich nicht annähernd so gut wie erwartet. Da spielen Enttäuschungen hinein, der Spagat zwischen letztem Aufbegehren und Start in den Lebensernst klappt eigentlich auch nicht. Tatsächlich ist die Abfolge von Feten auch eine Abfolge von Morgenkatern.
www.yaez.de
märz/april 2009 • yaez
Am vierten Tag versagte mir die Stimme, an ein paar Stunden fehlt mir jegliche Erinnerung. Heute habe ich nicht mehr zu allen Kontakt, weder zu Serj und Ente, noch zu Ernie oder Fischi. Die Abschlussfahrt war wohl die letzte Woche, in der wir eins waren. Das einzige, was uns jetzt noch verbinden kann, sind die »Weißt du noch«Momente. Aber dann kommt alles wieder zusammen: Nie wieder gibt es einen Moment, der all die schmerzhaften und wunderschönen Gefühle deiner Jugend so rasant in eine Woche packt. Nie wieder wird die Schulzeit in einer Urlaubswoche per fast forward nachgespielt, wird der erste Soundtrack deines Lebens entworfen und die Schwelle in ein neues Leben so deutlich sichtbar. Wir hatten unzählige Songs, die uns begleitet haben. »Get It On« von T-Rex, dazu konnte man lässig rumstehen oder absurd rumhampeln – ging beides. Oder »Take Me Out« von Franz Ferdinand, die waren gerade in den Charts und schrien in den Nachthimmel: Ich will raus, ich will Spaß haben. Aber was den Augenblick wirklich eingefangen hat, war Queen: »This is our last dance, This is ourselves, Under pressure«. Wir konnten nicht wissen, was kommt. Und wir konnten nicht wissen, ob das, was bisher gelaufen ist, gut war. Wir hatten nur diese Schwerelosigkeit und das Wissen, das alles anders wird. Aber warum sollte ich mir hier, am Strand, zwischen Knutschen mit Steffi und Kiffen mit Tim, auch nur einen Gedanken machen. Warum, wenn doch jetzt nur der Augenblick zählt? Der Augenblick zählt!, das war die Headline für jede Minute meiner Abschlussfahrt. •
ANZEIGE
Was du später machen willst, weißt du noch nicht genau. Jetzt studierst du erstmal Internationale Beziehungen, ein bisschen Wirtschaft und Französisch. In deiner Freizeit beschäftigst du dich (A) intensiv mit der Geschichte Europas oder (B) reist mit ein paar Freunden nach Frankreich, Griechenland und Ungarn.
Schule muss sein – aber nicht jedes Fach. Gut, dass du wählen kannst! Du entscheidest dich für (A) Sport und Biologie oder (B) Geschichte und Wirtschaft.
Dass die Tiere im Zoo in Käfigen leben, regt dich auf. Du gründest mit zwei Freunden eine Initiative für artgerechte Tierhaltung. Auf eurem Konto gehen Spenden ein. Du legst das Geld (A) für künftige Aktionen an oder (B) gibst es im Zypern-Urlaub aus.
In Geschichte bist du fit, auch Englisch und Französisch liegen dir. Aber in Rechtsdingen kennst du dich gar nicht aus. Die Europäische Kommission hat einen »Concours« ausgeschrieben für künftige EU-Beamte. Du bewirbst dich (A) oder belegst (B) erstmal einen Jura-Kurs und wartest die nächste Runde ab.
Auf Englisch und Französisch chatten, viel reisen und interessante Leute kennen lernen – ein Job bei der Europäischen Kommission in Brüssel ist für viele junge Leute ein Traum. Aber wie kommst du da hin? Es gibt 1000 verschiedene Wege. Einfach mal probieren, zum Beispiel. Und los geht’s hier. TEXTe: Anne allmeling
illustration: jakob hinrichs
Du machst ein Praktikum bei der Europäischen Kommission in Brüssel. An deinem ersten Arbeitstag schreibst du eine E-Mail an alle Kollegen, um dich vorzustellen. Du schreibst (A) in Englisch, du schreibst (B) zusätzlich noch auf Deutsch und Französisch oder (C) du stellst dich jedem Kollegen persönlich vor. Die Vertretung deines Bundeslandes bei der EU sucht jemanden, der sich in Umweltpolitik auskennt. Der Referent unterhält sich beim Lunch mit dir und fragt, ob du Interesse hast. Du sagst (A) zu – wer weiß, wohin das führt oder (B) lehnst ab – Brüssel ist nett, aber ohne deine Freunde?
Ein Ausflug nach Brüssel ist ja ganz nett – aber dafür alles aufgeben, was einem am Herzen liegt? Das muss nicht sein. Auch zuhause gibt’s eine Menge zu tun.
Dein selbstbewusstes Auftreten beeindrucken den Hauptabteilungsleiter der Aus- und Fortbildung. Er sucht seit ein paar Wochen einen Referenten und bietet dir die Stelle an. Einziger Haken: Übermorgen ist Vertragsbeginn. Du lehnst (A) ab – das geht alles etwas schnell oder (B) nimmst an. Der EU-Umweltkommissar reist morgen nach Algerien. Der Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung, der mit sollte, ist kurzfristig krank geworden. Der Job wird dir angeboten. Du nimmst (A) an – Französisch kannst du ja oder (B) lehnst ab – schließlich willst du erst wissen, worum es geht.
Die Europäische Kommission interessiert dich und Brüssel gefällt dir – aber gleich durchstarten muss nicht sein. Als Assistent eines Abgeordneten im Parlament kannst du dich allmählich einarbeiten.
Wer so schnell lernt wie du, der findet sich auch schnell in Brüssel zurecht. Willkommen in der Hauptstadt Europas – dir steht noch ein aufregender Weg bevor!
europa 09
»Europa ist die Zukunft« Otto von Habsburg über Europa als kulturelle Einheit – und den Nutzen von Latein
Es gibt wenige Menschen, die eine so bewegte Lebensgeschichte vorweisen können wie Otto von Habsburg. 1912 wurde er in Niederösterreich geboren, vier Jahre später – mitten in den Wirren des Ersten Weltkriegs – wurde sein Vater Karl Kaiser von Österreich und König von Ungarn, Kroatien und Böhmen. Der erst vierjährige Otto war fortan Kronprinz. Doch nur zwei Jahre, denn im November 1918 wurde sein Vater vom Thron gestürzt. Die Familie musste ins Exil gehen. Der Politik blieb Otto von Habsburg jedoch nicht fern: 1979 wurde er für die deutsche CSU erstmals ins Europäische Parlament gewählt, dem er insgesamt 20 Jahre lang angehörte.
interview: Jochen Blind
Herr von Habsburg, was ist für Sie »Europa«?
hilft sehr viel, wenn man Latein sprechen kann, denn das erlaubt auch, andere Sprachen besser zu verstehen oder auch zu lernen.
Otto von Habsburg: Europa ist für mich eine Heimat. Ich bin Europäer. Selbstverständlich fühle ich mich ganz besonders verbunden mit den Völkern Mitteleuropas. Aber Europa als Ganzes ist meine Heimat.
Wie kam es zu Ihrem europapolitischen Engagement? Ich bin relativ schnell Europäer geworden. Ich kam aus einem multinationalen Land, der Tradition von Österreich-Ungarn mit seinen vielen Völkern und Sprachen. Und dann gab es die verschiedenen Länder, in denen ich nacheinander gelebt habe. Dass man da dann immer weitergeht, ist irgendwie verständlich.
Mit einer gemeinsamen Kultur? Es gibt zweifelsohne eine gemeinsame europäische Kultur, die auf unserer Geschichte aufgebaut ist. Sie basiert auf der Rolle des Christentums, welches in unserer Zeit nicht weniger bedeutend ist als früher.
Ihre Vorfahren, die Habsburger, herrschten viele Jahrhunderte über große Teile Europas. Hat dieses Bewusstsein dazu beigetragen, sich so stark europapolitisch zu engagieren?
Ist die Sprachenvielfalt ein Hindernis beim Zusammenwachsen von Europa?
Sicherlich hat mich die Geschichte schon darauf eingestellt, Solidarität mit den verschiedensten Völkern zu empfinden. Ich habe allerdings auch Solidarität mit Völkern gehabt, die nicht Teil Österreich-Ungarns waren, wie zum Beispiel den Balten.
Nach meiner Überzeugung ist die Sprachenvielfalt ein Reichtum und nicht eine Belastung für Europa. Sie ist wie ein wunderbarer Garten mit verschiedenfarbenen Blumen. Wären diese Gärten nur von einer Farbe, wären sie keineswegs das, was in Europa die Vielfalt darstellt.
Vor zehn Jahren sind Sie aus dem Europäischen Parlament ausgeschieden. Was machen Sie heute?
Sie selbst sprechen ja besonders viele Sprachen.
Ich nehme noch an sehr vielen politischen europäischen Organisationen teil und natürlich, wo wir gerade am Vorabend der Europawahlen sind, werde ich auch wieder bei europäischen Wahlversammlungen sprechen. Ich habe bereits einen Berg von Einladungen. Alle kann ich allerdings nicht erfüllen, denn ich kann nicht an drei Orten gleichzeitig sein.
Ja, ich spreche Deutsch, Ungarisch, Französisch, Englisch, Spanisch und dann noch einige Sprachen dazu, in denen ich verstehen kann, was die anderen sagen und in denen ich ihnen vielleicht auch einiges sagen kann, zum Beispiel auf Portugiesisch oder auf Kroatisch. Und als eines der Fundamente kann ich auch noch Latein sprechen. Dazu gibt es eine Anekdote: Sie sollen im Europäischen Parlament an einer spontanen Diskussion auf Latein teilgenommen haben. Diese konnte von den Protokollanten nicht mitgeschrieben werden, weil es niemand verstanden hat. Die Geschichte stimmt. Ein italienischer Abgeordneter hat seine Rede auf Latein vorgelesen. Ich habe dann auf Latein mitdiskutiert. Ich glaube noch immer, dass die Rede des Italieners perfekter war, weil er sein Manuskript mindestens zweimal korrigiert hatte, während ich es nicht korrigiert hatte, sondern spontan und frei gesprochen habe. Meine lateinische Rede im Europäischen Parlament hat mir einen ziemlichen Ruf in der Welt gebracht. Es
www.yaez.de
Oben: Otto von Habsburg... Mitte: ...mit seinen Eltern Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita... Unten: ...und mit yaez-Autor Jochen Blind im Gespräch in seiner Villa am Starnberger See
Sie sind 96 Jahre alt, haben den Ersten Weltkrieg erlebt, den Zusammenbruch der Monarchien in Deutschland und ÖsterreichUngarn, die Hitler-Diktatur und den Zweiten Weltkrieg, den Kalten Krieg und das Ende der kommunistischen Herrschaft in Osteuropa. Ihr Appell an die junge Generation, wieso sie sich für die europäische Idee begeistern und engagieren sollte? Für die Jugend ist Europa die Zukunft. Wir werden – und das kann ich sagen, weil ich viel in der Welt herumgekommen bin – uns immer wieder doch nach einem Ort sehnen, in dem wir die Wurzeln haben. Und dieses Sehnen ist nun einmal Europa. Nachdem ich während des Zweiten Weltkriegs längere Zeit nicht in Europa war, war der Tag meiner Rückkehr einer der schönsten in meinem Leben.
märz/april 2009 • yaez
10 europa Europa entdecken Ein Schüleraustausch sind nicht nur zwischen Deutschland und Frankreich möglich. Gerade auf europäischer Ebene gibt es eine Menge Auswahlmöglichkeiten. Immer beliebter wird Polen, dafür ist das Deutsch-Polnische Jugendwerk (www.dpjw.org) eine gute Anlaufstelle. Wer sich für andere osteuropäische Länder interessiert, kann auch in Tschechien einen Schüleraustausch oder ein Praktikum machen, Informationen hierfür bietet Tandem (www.tandemorg.de). Und der British Council Germany (www. britishcouncil.de) informiert über ein Schuljahr in England. Wer im Ausland nicht die Schulbank drücken will, kann dort natürlich auch arbeiten. Mit dem Europäischen Freiwilligendienst können Jugendliche zum Beispiel nach der Schule für 6 bis 12 Monate bei einem gemeinnützigen Projekt im Ausland mithelfen. Informationen hierzu gibt es auf www.go4europe.de. Auch ein Praktikum, ein Ferienjob oder ein Au-Pair-Jahr sind tolle Möglichkeiten, um andere Länder und Sitten kennenzulernen. Wer während seiner Ausbildung eine Zeit im Ausland verbringen und dort Berufserfahrungen sammeln möchte, kann sich zum Beispiel für das Leonardoda-Vinci-Programm bewerben. •
Voulez vous Austausch? Wie französische und deutsche Schüler ihr Nachbarland beim Schüleraustausch besser kennen lernen TEXT: sandra petersen
D
ie Franzosen sind ein stolzes Volk. Sie lieben ihr Land und ihre Sprache, ihr Baguette und ihre Badestrände an der Côté d’Azur. Aber die Franzosen haben auch eine Leidenschaft für Europa und besonders für ihr deutsches Nachbarland entwickelt. Allein durch die Schüleraustauschprogramme des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) sind so im letzten Jahr rund 1400 französische Schüler nach Deutschland gekommen. So wie Jean-Philippe Guillot (15) aus der Nähe von Tours. Er lebt im Moment für zwei Monate bei einer deutschen Gastfamilie in Kelkheim, in der Nähe von Frankfurt. Für uns ist heute kaum noch vorstellbar, dass dies vor 60 Jahren nicht möglich gewesen wäre. Deutschland und Frankreich waren lange Erbfeinde und haben sich im Zweiten Weltkrieg bis 1945 bekriegt. Erst Anfang der 50er Jahre war wieder eine langsame Annäherung möglich. Aus den früheren Feinden wurden Partner. Für
FOTO: ANNE ACKERMANN
und das europäische Zusammengehörigkeitsgefühl prägen die jungen Generationen. Austauschschüler Jean-Philippe ist weder hier in Deutschland noch in Frankreich Menschen begegnet, die ihn noch etwas von der früheren Feindschaft haben spüren lassen. Aber gerade für die Erlebnisgeneration des Zweiten Weltkriegs ist die deutsch-französische Freundschaft nicht so selbstverständlich. Jean-Philippe sagt, dass er schon gerne mit Deutschen darüber sprechen würde, wie das Verhältnis der beiden Länder einmal war. Aber er hat das Gefühl, dass die jungen Deutschen nicht gerne über dieses Thema reden wollen, sie seien verschlossen. Der junge Franzose muss kurz überlegen, als er gefragt wird, was er denn heute an Deutschland am liebsten mag. »Brezeln« sagt er dann. Der 15-Jährige geht hier in Deutschland in die 9. Klasse eines Gymnasiums. Er hat ehrgeizige Ziele und will dafür sein Deutsch verbessern. Im Sommer möchte er entweder auf das Lycée der École militaire in Paris oder auf das Lycée francais Victor Hugo »Für uns ist heute kaum noch vorstellbar, in Frankfurt gehen. Für die Aufnahmedass ein deutsch-französischer Schüler- prüfung an der École militaire muss er einen Test in Deutsch machen – dafür austausch vor 60 Jahren nicht möglich übt er jetzt hier. Im Mai geht er zurück gewesen wäre« nach Frankreich und nimmt seinen Gastbruder Timon Heidemann (16) aus Schüler sind die alten Barrieren heute nicht mehr Kelkheim gleich mit. Timon wird dann für einige sichtbar. Die deutsch-französische Freundschaft Wochen in Frankreich zur Schule gehen. Organisiert
yaez • märz/april 2009
wird dieser Austausch vom Deutsch-Französischen Jugendwerk. Das DFJW ging aus dem Elysée-Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit von 1963 hervor. Das DFJW bietet zum Beispiel die Schüleraustauschprogramme »Voltaire« und »Brigitte Sauzay« an. Deutsche und französische Schüler der 8. bis 11. Klasse können daran teilnehmen. Sie besuchen die Schule, wohnen bei Austauschfamilien und bleiben zwischen zwei und sechs Monaten im anderen Land. Und so sehr Deutschland und Frankreich sich heute verbunden sind, so sind es doch oft die kleinen lustigen Unterschiede, die den Besuch im Nachbarland so spannend machen. Jean-Philippe findet, dass es in Deutschland auffällig mehr dicke Menschen gibt. Warum, das kann er sich auch nicht erklären, in Frankreich wird auch gut gegessen. »Wir werden einfach nicht dick«, sagt er lachend. Außerdem haben es ihm die deutschen Autos angetan. In Deutschland sieht er überall schöne, große Autos, das kenne er aus Frankreich nicht. Dafür findet er, dass die Deutschen auch viel schneller fahren, egal ob auf Autobahnen oder in der Stadt. Für Jean-Philippe hat der Schüleraustausch viel gebracht und ihn für das Nachbarland begeistert. Er würde gerne das Lycée in Frankfurt besuchen und damit für eine längere Zeit hier in Deutschland leben. Nur seine Eltern hätten ihn lieber in Paris. Was gefühlt nah ist, kann manchmal doch weit weg sein. •
europa 11
Fotos: Anne Ackermann, WDR, Jan Kopetzky
»Meine Sternstunde«
»Als Europäer haben wir uns schon zuvor verstanden«
Libor Kadrnka (Tschechien) »Den EU-Beitritt Tschechiens in 2004 habe ich mit meinen Eltern im Fernsehen verfolgt, ich weiß noch, wie wir in den Nachrichten die Feierlichkeiten in Prag gesehen haben. Man hatte das Gefühl, nun ›Westeuropäer‹ geworden zu sein – als Europäer haben wir uns schon zuvor verstanden. Im alltäglichen Leben hat sich erst einmal wenig verändert, doch wenn man sich heute die Menschen auf der Straße anschaut, sieht man, dass es wirtschaftlich bergauf ging. Ich hoffe, dass unsere Politik durch den EUBeitritt besser geworden ist. Für mich persönlich ist die größte Änderung seit dem EU-Beitritt an der Grenze zu sehen: früher musste man an der Grenze lange warten, mittlerweile kann man sie einfach passieren. Das finde ich super!« •
+++++++++
Radio überwindet Grenzen
Wahl des Europa-Parlaments
Multi-Kulti-Radio »Funkhaus Europa«
Anfang Juni ist Europa-Wahl
Wenn Journalisten aus unterschiedlichen Kulturen zusammenarbeiten, kann daraus richtig gutes Radio werden. Wie zum Beispiel beim »Funkhaus Europa«, einem WDR-Sender, der sich dem interkulturellen Dialog widmet. Bewusst multikulturell gestaltet sich dementsprechend auch das Programm: Gesendet wird tagsüber auf Deutsch. Ab 18 Uhr und am Wochenende dann in 14 weiteren Sprachen. Behandelt werden Themen, die bei anderen Sendern zu kurz kommen, wie internationale Ereignisse aus Gesellschaft, Politik und Kultur. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf Europa gesetzt. Die Sendungen in den verschiedenen Sprachen sind vor allem für die jeweiligen Muttersprachler zugeschnitten und bieten Informationen aus der fernen Heimat. Weltoffene Hörer haben so die Möglichkeit, mit anderen Ländern und Sprachen in Kontakt zu kommen. Offen steht die Welt aber leider nur den Menschen, die im Sendebereich Nordrhein-Westfalen, Bremen, Brandenburg und Berlin leben. •
Vom 4. bis 7. Juni ist es wieder soweit: Alle fünf Jahre sind alle Bürger aus den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union dazu aufgerufen, ein neues Europäisches Parlament zu wählen. Deutschland entsendet dabei 99 Abgeordnete, die am deutschen Wahltag, dem 7. Juni, über Listenplätze von den Bürgern gewählt werden. Wahlberechtigt ist jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist, und das trifft europaweit auf immerhin 375 Millionen Menschen zu. Das Europäische Parlament, das dann kurze Zeit später im Plenarsaal in Straßburg erstmals neu zusammenkommen wird, repräsentiert die Interessen aller europäischen Bürger und ist das demokratische Organ der EU. Seine Aufgabe ist unter anderem die Überwachung der verschiedenen EU-Institutionen, es berät über neue Gesetze und wirkt entscheidend beim Haushaltsentwurf der EU mit. Auf die wichtige Wahl des Kommissions-Präsidenten hat das Parlament allerdings nur geringen Einfluss, diese Entscheidung liegt in den Händen der Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer. •
wettbewerbe+++++++++
Weiter geht’s online!
Literatur-Wettbewerb: Gesucht wird die beste literarische Liebeserklärung an Europa. Und verlieben kann man sich schnell: in fremde Städte oder neue Sprachen. www.youthreporter.eu
SchülerVZ: Europa-Gruppe von yaez Gehört die Türkei in die EU? Fühlst du dich als Europäer? Was sind deine Visionen für Europa? Was gibt es Aktuelles aus Brüssel? Im SchülerVZ wollen wir mit dir über Europa diskutieren, Meinungen austauschen und dich auf dem Laufen über EU-Nachrichten halten. Und so funktioniert’s: Melde dich bei SchülerVZ an und trete der Europa-Gruppe von yaez bei. Wir warten auf dich! Den Link zur SchülerVZ-Gruppe, alle Beiträge als Podcast und die Vorschau für die nächste Ausgabe findest du hier: www.yaez.de/europa
Englisch-Wettbewerb: Bei »The Big Challenge« kannst du dein Englisch online interaktiv anwenden. www.thebigchallenge.com Wahlerinnerung: Wer sich über die Jugendseite des Europäischen Parlaments an die Europa-Wahl erinnern lässt, kann ein Handy gewinnen. www.europarl.de/europawahl/wahlerinnerung.jsp +++++
NACHRICHTEN-TICKER+++++
▶ Schweizer Volksabstimmung: Die Schweizer haben sich für die Verlängerung des Freizügigkeitabkommen mit der EU ausgesprochen. Das Abkommen erlaubt es EU-Bürgern, in der Schweiz zu leben und zu arbeiten. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Glühbirnen-Verbot endgültig: Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat den Antrag abgelegt, gegen die im Dezember beschlossene Abschaffung herkömmlicher Glühbirnen Widerspruch einzulegen.
www.yaez.de
Autoren: janos burghardt, anne ackermann (UMFRAGE)
▶ Finanzkrise: Die sechs größten Wirtschaftsmächte der EU haben sich auf eine stärkere Finanzmarktkontrolle verständigt, es soll keinen Finanzmarkt oder Akteur ohne Regulierung oder Aufsicht bleiben. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Guantánamo-Häftlinge: US-Präsident Obama hat beschlossen, das umstrittene Guantánamo-Gefängnis zu schließen, ob einige der Gefangenen auch in Europa aufgenommen werden, wird aktuell kontrovers diskutiert.
▶ Mars-Expedition: Der deutsche BundeswehrSoldat Oliver Knickel nimmt zusammen mit einem Franzosen und vier Russen an einem 105-tägigen Experiment der ESA teil, das einen Flug zum Mars simuliert. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Europäischer Autokonzern: Die angeschlagenen GM-Töchter Opel, Saab (Schweden) und Vauxhall (Großbritannien) wollen sich von GM lösen und gemeinsam einen europäischen Autokonzern bilden.
märz/april 2009 • yaez
12 lernen
ANZEIGE
Sido ist wie die Super Nanny Popmusik führt zum Sittenverfall? Blödsinn! Brav zu sein ist wieder cool. Schuld ist die Strebermucke HipHop TEXT: Oskar Piegsa
W
er gut in der Schule ist, ist ein Streber. Wer sich Mühe gibt, erst recht. Das gilt als ungeschriebenes Gesetz an deutschen Schulen. 80 Prozent aller Schüler haben schon mal andere als Streber beschimpft – und rund ein Drittel der Betroffenen hat Angst davor, so genannt zu werden. »Streber gibt es nicht«, schreibt der Bremer Psychologieprofessor Klaus Boehnke über diese Zahlen, »sie werden von ihren Mitschülern und nicht zuletzt auch der Kultur, in der sie leben, dazu gemacht.« Warum ausgerechnet in Deutschland, dem »Land der Dichter und Denker«, Strebsamkeit unter jungen Leuten verpönt ist? Kulturpessimisten haben dafür eine einfache Erklärung: Schuld ist die Jugendkultur. Und zwar schon seit einem halben Jahrhundert. Erst war es Rock’n’Roll, dann Punk und Techno. Aktuell ist es angeblich der deutschsprachige HipHop, der auf den Schulhöfen sein verrohendes Potential entfaltet. Glaubt man den Gruselgeschichten von Politikern und Pädagogen, dann ist Deutschrap schuld daran, wenn aus Klassenbesten Gangster werden und aus Musterschülerinnen würdelose Bitches. Dabei erziehen immer mehr HipHopSongs zum Gegenteil – zum Strebersein. Das beste Beispiel ist die neue Single von Sido. »Beweg deinen Arsch« heißt der Song, den er zusammen mit Kitty Kat, Scooter und Tony D aufgenommen hat. Zumindest der Titel erinnert noch an die alten Tage des Rappers, als er sein Gesicht hinter einer fiesen Maske versteckte – obwohl er sich damals schon in »Mama ist stolz« als Muttersöhnchen outete. »Von nichts kommt nichts, ohne
Glaubt man den Gruselgeschichten von Politikern und Pädagogen, dann ist Deutschrap schuld daran, wenn aus Klassenbesten Gangster werden und aus Musterschüler- innen würdelose Bitches. Fleiß kein Preis« argumentiert Sido jetzt so streng wie sonst nur die Super Nanny. »Du willst ein Haus am Strand? Du brauchst erst mal einen Job« ergänzt Kitty Kat und klingt fast wie die Kanzlerin. Von einem »Haus am See« rappt auch Peter Fox. Statt auf die Zukunft zu scheißen und den Augenblick zu genießen, handelt sein Lied davon, als alter Mann auf sein Lebenswerk zurück zu blicken. Das passt zu der Echo-Verleihung, zu deren Siegern Fox in diesem Jahr zählte und die bisweilen wie eine Ü40-Party wirkte: Zu den Preisträgern gehörten Altrocker wie die Scorpions, Udo Lindenberg und die Toten Hosen. Während die Rocker früher noch so getan hatten, als wären sie eine Bedrohung für die Gesellschaft, geben sich immer mehr Rapper nicht mal diese Mühe. »Dis wo ich herkomm«, der neue Track von Sammy Deluxe, ist ein Heimatsong und so harmlos als hätte Heino ihn geschrieben. Früher ging’s bei ihm noch ums Kiffen. Auch Curse, dessen Name »Fluch« bedeutet, rappt neuerdings lieber über Liebe und Kindererziehung als übers Saufen und »Kaspaklatsche«. Sido und Peter Fox sind also nicht allein mit ihren Appellen und ihrer Anständigkeit. Also: Live Fast, Die Pretty? No Future? Nö. Professor Boehnke, wir geben Entwarnung! Anstand, harte Arbeit und Erfolg, oder, in anderen Worten: Strebersein ist jetzt cool. •
yaez • märz/april 2009
lernen 13
Wie funktioniert eigentlich das Lernen? Abwechslung in den Lerninhalten, etwas Prüfungsstress und Fleiß helfen, bessere Noten zu erzielen
A
Text: ANNE ALLMELING Foto: Jan Kopetzky
uf ein Schulfach kann Anja Frauendorf allemal verzichten: Mathe. Kein Wunder. Die 17-Jährige hat in Mathe eine Fünf – und dass, obwohl sie sich ziemlich anstrengt. Einmal in der Woche bekommt Anja Nachhilfe-Unterricht, und wenn eine Klausur ansteht, dann bereitet sich die Schülerin der elften Klasse tagelang darauf vor. »Ich muss mir das Thema Stück für Stück erklären lassen und dann selber Aufgaben lösen. Am besten ist es, wenn hinterher noch jemand drüber guckt.« Während ihr Mathe immer neue Schwierigkeiten bereitet, hat Anja mit Sprachen überhaupt keine Probleme. »Englisch und Französisch sind meine Lieblingsfächer. Die kann man auch im Alltag anwenden«, sagt Anja. »Die Grammatik brauche ich nur anzugucken, dann hab’ ich sie im Kopf.« Englisch spricht Anja nicht nur gut, sondern auch sehr gern – und das, sagt Anna Katharina Braun, sei genau der Knackpunkt beim Lernen. Die Professorin erforscht am Institut für Entwicklungsneurobiologie der Universität Magdeburg, wie Gefühle das Gehirn formen. »Gefühle sind beim Lernen sozusagen das Salz in der Suppe: Lernen ohne Gefühl geht gar nicht.« Deshalb sei es auch so schwierig, ein Telefonbuch auswendig zu lernen, denn das ist ziemlich eintönig: »Wenn man sich langweilt, lernt man nichts«, sagt Anna Katharina Braun. Das, was wir interessant finden, können wir uns dagegen ganz leicht merken, erklärt die Biologin. Wer sich für Fußball begeistert, kennt eine Fülle von Details, die sonst keiner so leicht behält. Das liegt daran, dass das Gefühl – ob Begeisterung, Freude oder auch Angst – die Nervenzellen aktiviert, aus denen das menschliche Gehirn besteht. »Durch das Gefühl bekommt die Nervenzelle sozusagen eine Vorwarnung, dass sie sich die Information merken soll«, erklärt Anna Katharina Braun. Ein bisschen Angst
Braun, in Gruppen zu lernen, sich Fragen zu stellen und sich den Stoff gegenseitig zu erklären. Gerade im Gespräch könne sich Interesse oder Motivation entfalten. Schließlich ist nicht allein unsere genetische Voraussetzung entscheidend dafür, ob wir nun gut in Mathe oder begabte Sportler sind. Auch das, was wir täglich erleben, regt unser Gehirn an, motiviert oder interessiert uns – und das schon seit frühester Kindheit. Für Anja ist Mathe sehr mühsam, aber sie will ihre Note unbedingt verbessern – schließlich will sie Abitur machen. Deshalb hat sich Anja eine Lernsoftware besorgt, mit der sie komplizierte Aufgaben immer wieder üben kann. Das Lernprogramm kann zwar nichts an ihren Genen ändern, aber die Schülerin ist viel motivierter – und dadurch kommt wieder das Gefühl ins Spiel, das für das Lernen entscheidend ist. Anna Katharina Braun kennt das auch aus eigener Erfahrung: »Mathe war auch nicht mein Lieblingsfach«, erzählt die Professorin. »Aber ich hatte zwei sehr strenge Lehrerinnen, die sich unheimlich angestrengt haben und das Beste aus uns herausholen wollten. Da war ich dann sehr fleißig – weil ich sie einfach nicht enttäuschen wollte.« • vor einer Prüfung kann deshalb sogar hilfreich sein. Denn auch dieses Gefühl sorgt dafür, dass sich das Gehirn eine Information besser merkt. Das heißt allerdings nicht, dass man nur mit Begeisterung oder Prüfungsangst etwas lernen könnte. »Allein durch Fleiß kann man auch sehr viel erreichen«, betont Anna Katharina Braun. »Wichtig ist, dass man am Ball bleibt. Das kann man mit Bodybuilding vergleichen: Die Muskeln müssen regelmäßig trainiert werden, damit sie gut funktionieren. Wenn ich aber ein halbes Jahr lang im Bett bleibe, muss ich danach neu laufen lernen. Mit dem Lernen ist es ähnlich.« Ihren Studenten rät Anna Katharina
Für Hirnis Das Gehirn wiegt etwa zwei Prozent des Körpergewichts • Das Gehirn verbraucht etwa 20 Prozent der Energie, die wir mit der Nahrung aufnehmen • Das Gehirn umfasst etwa 100 Milliarden Nervenzellen und kann mit einer Geschwindigkeit von etwa 350 Kilometer pro Stunde Informationen an Tausende anderer Zellen übermitteln • Ältere Menschen lernen langsamer als junge, haben dafür aber schon mehr gelernt und können deshalb neue Informationen besser mit bereits vorhandenem Wissen verknüpfen
Texte: Stefanie Hiekmann
Schlaue Bücher: Die einen versprechen, den Leser zum größten Genie des Allgemeinwissens auf Erden zu machen und die anderen wollen dich seitenweise mit Unwissen beflügeln. An einem Abend ein ganzes Studium absolvieren? Mit »Wissen to go« von Manuel J. Hartung und Thomas Kerstan soll das möglich sein. Auf 200 Seiten findet man eine Sammlung von Begriffen, die einem in den Nachrichten, auf der Straße oder im Plausch mit Intellektuellen sicher schon mal begegnet sind. Warum es sich lohnt, ein ganzes Buch darüber zu lesen? Es sind genau die Begriffe, die man nicht versteht, sondern nur überhört, weil sie einem »zu hoch« erscheinen. Das typische Fachsimplervokabular eben, mit dem man an geeigneter Stelle aber durchaus punkten könnte. Nach dem »Studium generale« ist genau das möglich: Dann weiß man, dass das Auftreten eines »Flow« Ähnlichkeiten mit Sex hat und dass sich hinter »Kontingenz« nichts mehr als der wissenschaftliche und schlauer klingende Begriff für den Zufall verbirgt. •
www.yaez.de
Wer bei Günther Jauch mit richtig viel Kohle in der Tasche nach Hause gehen möchte, der sollte vorher »Was jeder wissen muss« aus dem Duden-Verlag lesen. Hier sind auf 500 Seiten aus allen denkbaren Bereichen des Allgemeinwissens, die 100.000 wichtigsten Fakten präsentiert. Schlauer ist man nach dieser Lesereise in die intellektuelle Welt allemal – man lernt auch nicht nur Schulwissen, sondern zudem viele interessante Dinge, die man zwar nicht unbedingt wissen muss, aber trotzdem gern in Erinnerung behält: Im Bereich »Werbung« findet man zum Beispiel eine Aufstellung von Werbeslogans, mit denen Firmen im 20. Jahrhundert um Kunden gebuhlt haben. Fazit: Zum rigorosen Durchlesen ist das Buch vielleicht nicht der Hit, aber zum Stöbern und Nachschlagen ein gut verständliches Werk zum Schlauerwerden. •
Mit einem fragwürdigen Versprechen empfängt das »Lexikon des Unwissens« von Kathrin Passig und Aleks Scholz seine Leser: Es sei das erste Buch, nach dessen Lektüre man garantiert weniger wisse als zuvor. Da würde ich es doch eigentlich lieber im Regal stehenlassen. Neugierig macht der Titel aber schon: Was ist denn Unwissen? Die Autoren erklären das ganz verständlich: Die Begriffe,die sie präsentieren,liefern (noch) keine handfesten Antworten. Stattdessen werden bisherige Kenntnisse präsentiert und darüber hinaus herumphilosophiert und – das ist das Entscheidende – neue Fragen aufgeworfen. Wie funktionieren Schlafmittel, die man vor einer Narkose bekommt? Jemand, der unters Messer muss, sollte das überspringen: Denn die zusätzlichen Fragen, die man sich jetzt stellt, könnten beunruhigendes Unwissen sein! •
»1374 skurille Fakten, die man nie mehr vergisst«, sollen im quietschgelben Taschenbuch »Unnützes Wissen« von »NEON«, der Jugendzeitschrift des »stern«, versammelt sein. Klingt irgendwie paradox: Wissen, das keinen Nutzen hat, braucht man doch eigentlich nicht. Skurille Fakten könnten hingegen schon ganz interessant und witzig sein. Und das sind sie auch: Die Bezeichnung »unnütz« hat im Titel des Buches somit nichts verloren: Denn jede Seite macht in diesem Buch Lust auf die nächste. Dabei sind die Informationen nicht nur bereichernd, weil urkomisch und amüsant, sondern auch sehr nützlich: Weibliche Leser sollten schließlich ruhig wissen, dass Sport die Muttermilch für ihre Kleinen sauer machen könnte und zur Diskussion über Klischees ist gut zu wissen, dass in London weniger Regen fällt, als in Rom. •
märz/april 2009 • yaez
ANZEIGE
verhütung 15
Von Bienchen und geschützten Blümchen Warum es unseren Eltern so schwer fällt, uns aufzuklären TextE: BARBARA BITZER ILLUSTRATION: JAKOB HINRICHS
S
exualerziehung, Aufklärung oder die sichere Wegbereitung zur sexuellen Initiation. Worte für ein und denselben Vorgang: Was ist Sex und worauf sollte man achten? Eigentlich kein großes Ding, oder? Angespannte Eltern sitzen beim Abendessen, es ist ungewöhnlich ruhig. Du steckst das letzte Stück Brot in den Mund und möchtest gerade aufstehen. Da passiert es: Du, wir müssen da mal über was reden. Genauer geht’s wohl nicht! Aber wenn wir da mal müssen und vor allem noch über was, dann gebietet es die Höflichkeit zuzuhören. Ich habe mit meinen Eltern bereits einige Stationen der Aufklärung durchlaufen. Wenn ich mich recht erinnere, waren Schwangerschaft und ihre Entstehung in groben Zügen bereits früh erklärt, so etwa mit Sieben. Damals schien es ihnen leichter zu fallen. Was wohl an der Möglichkeit gewisser Detailaussparungen und dem kindgerechten Vokabular lag, mit dem sie mir jetzt – und das wissen auch meine Eltern – nicht mehr kommen könnten. So in der Art: Wenn sich zwei Menschen ganz arg lieb haben und alleine sind. Oder bei der Beschreibung des Akts, anhand illustrierter Anatomiebücher: So was hat der Papa ja auch, das ist ein Penis, die Mama hat das nicht, dafür hat sie – und so weiter. Ich vermute, heute soll es um Verhütung, Geschlechtskrankheiten und vielleicht auch um den Umgang mit der Sexualität im Allgemeinen gehen. Ich weiß das, aber sie wissen nicht, was ich weiß. Zugegeben, wirklich alles wusste ich auch nicht. Es ist für sie unangenehm mit mir über Sex zu reden, das ist klar. Allerdings kann ich mir auch bessere Gesprächspartner vorstellen.
Es ist schon ein komisches Gefühl zu merken, dass deine Eltern dabei ein größeres Problem haben als du selbst Viele meiner Freunde wurden nicht direkt durch ihre Eltern aufgeklärt. Bei manchen lief es aber auch ganz locker ab. Manche, deren Eltern der Überzeugung waren, ihre Kinder seien schon hinreichend durch die Umwelt in die Materie eingeführt, belustigten uns jedoch durch ihre selbst zusammengeschusterten, abstrusen Vorstellungen. Es ist schon wahr, Eltern, die über Sex reden, sind oft peinlich. Noch peinlicher ist aber, selbst keine Ahnung zu haben, weil man sich seine Informationen von weniger verlässlichen Quellen holt. Natürlich gibt es auch Sexualkunde in der Schule, aber wer traut sich da schon, eine ernsthafte Frage zu stellen. Ich war zwölf und saß mit meiner Tante in einem Eiskaffee. Sie erzählte mir von einem schwulen Bekannten. Daraufhin fragte ich sie, was das bedeute. Natürlich wusste ich es bereits. Sexuelle Orientierung gehört schließlich zum kleinen Einmaleins der Aufklärung. Ich wusste aber auch, dass meine Tante beim Erklären eher zu der Rubrik verklemmt zu zählen ist. Zunächst sprachlos, verwies sie mich dann auf meine nicht anwesende Mutter. Daraufhin drohte ich ihr, den Kellner zu fragen. In größere Verlegenheit hätte ich sie nicht bringen können. Ganz blass verfolgte sie, wie ich diesen an unseren Tisch rief und – nach der Rechnung verlangte. Tja, meine Tante: Ein Extrembeispiel dafür, wie Erwachsene, in Bezug auf Sex, aus einer Mücke einen Elefanten machen können. Jetzt bin ich selbst erwachsen und nein, so rückständig wie meine Tante bin ich nicht. Aber wenn ich mir vorstelle, meiner 5-jährigen Nichte erklären zu müssen, woher die Babys kommen, würde ich wohl sagen: Weißt du, wenn sich zwei Menschen ganz lieb haben und allein sind, dann – und so weiter. •
Schwangerschaft ohne prickelndes Vergnügen
Das lässt selbst Fische depressiv werden
Küssen verboten!
Eine ausgiebige Coca-Cola-Scheidenspülung nach dem Geschlechtsverkehr lähmt Spermien und verhindert somit eine Schwangerschaft. Das zumindest wollten Forscher einer puerto-ricanischen Universität durch eine Studie zu belegen. Zwei Jahre später legten jedoch taiwanesische Forscher nach und bewiesen das Gegenteil. Beide Forscherteams wurden für diese denkwürdigen Untersuchungen mit dem AntiNobelpreis gekürt. Denn eine Cola verhindert höchstens die Schwangerschaft, wenn man damit die Pille runterspült.
Glaubt man einigen Ökologen, so ist das von Frauen ausgeschiedene synthetische Östrogen aus der Antibabypille Grund für die Verweiblichung der Flussfische. Schließlich hatte man negative Effekte auf die Fische durch das Hormon nachweisen können. Naturschützerinnen müssen jetzt allerdings nicht auf die Pille verzichten, denn wie sich herausstellte, konnte nur das natürliche weibliche Östrogen nachgewiesen werden, nicht das aus der Pille. Was Frauen hingegen depressiv macht, sind die Gerüchte um die Pille.
»Kein Sex vor der Ehe«. Doch wo ist die Grenze zwischen Küssen und Sex, fragen sich viele der meist ultrachristlichen Jugendlichen, die nach diesem Motto leben. Geht es um die Entjungferung? Und wie stehts um Anal- und Oralsex? Laut Wikipedia gehören zum »Sex« auch Handlungen, die »subjektiv auf die sexuelle Befriedigung zielen«. Sex ohne Geschlechtsverkehr ist also durchaus möglich. Ob Küssen, Massieren und Co. schon sexuelle Handlungen sind, muss sich daher jedes enthaltsame Paar selbst überleben.
www.yaez.de
märz/april 2009 • yaez
ANZEIGE
internet 17
Männer flirten mehr Jeder vierte männliche Nutzer von Social Communities will dort in erster Linie neue Bekanntschaften machen, bei den weiblichen Nutzern will das nur jede Siebte. Das ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts von Medienwissenschaftlern der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Potsdam. Während Mädchen demnach in ihrem virtuellen Freundeskreis lieber unter Bekannten bleiben, schauen Jungs sich auf der Suche nach neuen Online-Bekanntschaften gern auch Profile von Unbekannten an. Auch stellen sich beide Gruppen unterschiedlich im Netz dar: Frauen möchten sich den Angaben zufolge authentisch darstellen. Sie zeigen deshalb eher Fotos von sich und machen persönliche Angaben in ihrem Profil. Männer verbergen ihre Identität dagegen oft, um andere neugierig zu machen. Für das Forschungsprojekt wurden mehr als 1200 Studenten befragt, von denen mehr als 1000 in einem Online-Netzwerk aktiv waren • dpa
Illustration: Niko Burger
Besser als Onlinebanking
Abnehmen online Wie Internetseiten helfen können, wieder fit für den Sommer zu werden Text: TIMO HEUER
E
ndlich neigen sich die kalten Tage dem Ende zu und die Schneeglöckchen künden vom baldigen Frühling. Jetzt ist es höchste Zeit, die müden Knochen in Gang zu bringen, denn der angefutterte Speckmantel muss noch vor der Badehosensaison wieder runter. Bei der Motivation und bei der Koordination des Trainings können Online-Communities wie Gyminee oder Traineo oder Produkte wie Nike Plus und die Nintendo Wii helfen. Eine kurze Registrierung steht bei Gyminee wie auch bei den anderen Anbietern am Anfang. Dann gestaltet man einen detaillierten Übungsplan. Durch »Progress Pictures« kann man andere Mitglieder am eigenen Fortschritt teilhaben lassen. Ein allerdings kostenpflichtiger Pro-Account ermöglicht außerdem per Kalender, seine Workouts zu planen und bietet zusätzlich Zugang zu professionellen Fitnessplänen. Eine unkomplizierte Handhabung bietet auch die Abnehm-Community Traineo. Nachdem man das aktuelle und das in einem bestimmten Zeitraum angestrebte Wunschgewicht angegeben hat, geht es los: Zuerst erstellt man einen individuellen Trainingsplan und fängt dann an, die Kalorien zu zählen und das Gewicht zu prüfen. Motivatoren können die Erfolge oder Misserfolge kontrollieren und dabei helfen, das Ziel nicht zu schnell aufzugeben. Besonders im Trend zeigt sich die iPod-Lauf-Community von Nike Plus: Durch einen speziellen Laufschuh aus dem Hause Nike mit eingebautem Chip und dem eigenen iPod kann man beim Laufen die verbrannten Kalorien berechnen oder die gelaufene Strecke anzeigen lassen. Und einen weiteren Vorteil hat die Idee: Die Musik ist immer dabei. Auch Spielekonsolen, sonst als Dickmacher verspottet, können inzwischen bei der Traumfigur behilflich sein: So bietet die Nintendo Wii durch CoachingProgramme eine professionelle Begleitung beim Abnehmen. Unlängst haben Studien zudem belegt, dass die Wii ein durchaus brauchbares Mittel zum Workout ist. Doch so angesagt Communities und Spielkonsolen auch sind, die ganze Arbeit können sie uns nicht abnehmen, denn vom Sofa aufstehen müssen wir immer noch selbst. • www.gyminee.com, www.traineo.com, nikeplus.nike.com, connect.garmin.com, www.wiinintendo.net
www.yaez.de
Glaubt man dem Bundesverband deutscher Banken, so nutzt bereits jeder zweite Internetnutzer sein Konto auch online. Doch neben Überweisungen und einem simplen Kontoüberblick bietet das Online-Banking bisher noch kaum Vorteile gegenüber einem Bankautomaten. Wer sich dafür interessiert, was mit seinem Taschengeld und Gesparten geschieht und wofür er im letzten Monat sein Geld ausgegeben hat, musste bisher eine Software für die Auswertung kaufen. Neue Angebote wollen die online verfügbaren Informationen über unser Geld jetzt aber nutzbar machen: Sie bieten umfangreiche Auswertungen und kluge Funktionen, um Ordnung ins private Finanz-Chaos zu kriegen. In den USA haben sich in kürzester Zeit kostenlose Plattformen wie buxfer.com und mint.com etabliert, die Kontoauszüge mit schicken Grafiken und Verbesserungstipps aufwerten. Jetzt soll es das auch in Deutschland geben: Die neue Finanz-Plattform kontoblick.de ermöglicht es, die Kontoauszüge verschiedener Banken auf einen Account zusammenzuführen und dort nach verschiedenen Rubriken auswerten zu lassen. Und endlich können wir erfahren, wie viel wir letztes Jahr wirklich für Tiefkühlpizzas ausgegeben haben. • js
Gründerpreis-Blog Pünktlich zum Start des Deutschen Gründerpreises für Schüler ist der von yaez betreute Gründerpreis-Blog online gegangen. Beim Deutschen Gründerpreis für Schüler sind alle Jugendlichen ab 16 Jahren aufgerufen, ein fiktives Unternehmen zu gründen und im Team einen Business-Plan zu erstellen. Neben tollen Preisen warten vor allem wertvolle Erfahrungen, schöne Erlebnisse und jede Menge Spaß auf die Teilnehmer. Mit dem Gründerpreis-Blog begleiten wir alle Teilnehmer und Interessierte von der Idee bis zur Teilnahme am Wettbewerb. Der Deutsche Gründerpreis für Schüler wird von den Partnern stern, Sparkasse, ZDF und Porsche durchgeführt. Hier geht’s zum Blog: www.dgp-blog.de •
märz/april 2009 • yaez
18 film
Ein Hauch von Hollywood in der Hauptstadt yaez war bei den 59. Internationalen Filmfestspielen Berlin dabei Ausgebuchte Hotels, überall Autogrammjäger, lange Schlangen vor den Kinos – vom 5. bis 15. Februar war Berlin wieder Welthauptstadt des Films. Bei der 59. Berlinale gaben sich Regisseure, Schauspieler und Produzenten ein Stelldichein. yaez-Autor Jochen Blind war elf Tage lang dabei. Hier seine Eindrücke.
Und der erst 18-jährige David Kross überzeugte als jugendlicher Liebhaber von Kate Winslet in der Literaturverfilmung »Der Vorleser«. Er wurde im Rahmen der Berlinale auch als der diesjährige deutsche »Shooting Star« ausgezeichnet.
Filme, Filme, Filme Bei der Berlinale waren in über 1200 Vorführungen 383 Filme zu sehen, davon knapp ein Viertel aus deutscher Produktion oder mit deutscher Produktionsbeteiligung. Nahezu 20.000 akkreditierte Journalisten und Filmschaffende aus 136 Ländern nahmen am Festival Teil. Die Berlinale gehört damit zu den wichtigsten Filmfestspielen der Welt. Sie ist aber darüber hinaus auch das größte Publikums-Filmfestival überhaupt. So wurden in diesem Jahr rund 270.000 Tickets verkauft – ein neuer Rekord. »Die Berlinale beweist, dass es ein filmbegeistertes Publikum gibt, das das Kino liebt«, zeigte sich Festival-Leiter Dieter Kosslick erfreut. Im Wettbewerb waren 18 Filme zu sehen, darunter 14 Weltpremieren. Außer Konkurrenz lief unter anderem der Kompilationsfilm »Deutschland '09«, in dem 13 renommierte deutsche Regisseure ihre Sicht auf das aktuelle Deutschland verarbeiteten. Für viele Besucher interessanter waren aber die Filme, die in den anderen Sektionen liefen. Denn darunter sind viele Kostbarkeiten, die es nur sehr schwer oder gar nicht in die deutschen Kinos schaffen werden. Viele beeindruckende Dokumentationen aus der ganzen Welt waren zu sehen. Aber auch Spielfilm-Kleinode wie zum Beispiel »Laskar Pelangi« aus Indonesien, in dem eine junge engagierte Landlehrerin um den Erhalt ihrer kleinen Schule kämpft. Stars, Stars, Stars Die Berlinale ist bei deutschen und internationalen Stars gleichermaßen beliebt. Allabendlich flanierte eine beeindruckende Promischar über den roten Teppich vom Marlene-Dietrich-Platz zum BerlinalePalast, flankiert von einem Heer aus Fotografen und Autogrammjägern. Für internationalen Glanz sorgten unter anderem Renée Zellweger, Michelle Pfeiffer, Gael García Bernal, Monica Bellucci, Demi Moore, Julie Delpy, Keanu Reeves, Steve Martin, Jean Reno, François Ozon, Steve Buscemi, Willem Dafoe, John Goodman, Ralph Fiennes und Kate Winslet. Die 33-Jährige schwärmte: »Es ist phantastisch in Berlin.« Und auch die deutschen Filmschaffenden strömten in Scharen. Kein Wunder, denn es wurden mehrere deutsche Produktionen gezeigt, auf die schon viele gespannt gewartet hatten: Bei der Eröffnung lief Tom Tykwers Politthriller »The International«, der durch die Bankenkrise zusätzliche Brisanz erhalten hatte. Julia Jentsch und Sebastian Koch waren in Hermine Huntgeburths Verfilmung des FontaneKlassikers »Effi Briest« zu sehen. Heike Makatsch begeisterte im Biopic »Hilde« als Hildegard Knef.
yaez • märz/april 2009
Oben: yaez-Autor Jochen Blind war bei der 59. Berlinale dabei. In 11 Tagen war er in 29 Filmen... Mitte: ...stand am roten Teppich vor dem Berlinale-Palast... Unten: ...und besuchte Pressekonferenzen – hier mit Regisseur François Ozon, der seinen Film »Ricky«präsentierte. Viele der Filme wird er euch in den kommenden Monaten auf der Filmseite vorstellen.
Preise, Preise, Preise Während des Wettbewerbs war es ausgesprochen schwierig, einen Favoriten auszumachen, denn es gab keinen Beitrag, der alle anderen Filme deutlich überstrahlt hätte. Die internationale Jury unter dem Vorsitz der schottischen Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton sprach schließlich dem peruanischen Film »La Teta Asustada« den Goldenen Bären zu. Die 32jährige Regisseurin Claudia Llosa erzählt darin von einer jungen Frau, die an den Folgen des Jahre zurück liegenden Terrorsystems in Peru leidet. Auch bei der Verleihung der Silbernen Bären gab es einige Überraschungen: Als beste Schauspielerin wurde die Österreicherin Birgit Minichmayr für ihre Rolle im deutschen Wettbewerbsbeitrag »Alle Anderen«ausgezeichnet, bester Schauspieler war Sotigui Kouyate aus Mali, der in dem Drama »London River« einen schwarzen Einwanderer spielt, der sich nach den Bombenanschlägen 2005 in London auf die Suche nach seinem Sohn macht. Der Silberne Bär für das Beste Drehbuch ging an Oren Moverman und Alessandro Camon für »The Messenger«, einem Film über einen Irakkriegs-Veteranen, der die schwere Aufgabe übernimmt, die Hinterbliebenen gefallener US-Soldaten über deren Tod zu unterrichten. Als Bester Regisseur wurde der Iraner Asghar Farhadi für »Alles über Elly« ausgezeichnet, das Beste Sounddesign wurde dem Film »Katalin Varga« zugesprochen. Das deutsche Beziehungsdrama »Alle Anderen« wurde noch mit einen weiteren Preis ausgezeichnet: Zusammen mit der Beziehungskomödie »Gigante«erhielt es den Silbernen Bären für den Großen Preis der Jury. »Gigante«-Regisseur Adrián Biniez nahm außerdem noch die Trophäe für den Besten Erstlingsfilm und den Alfred-Bauer-Preis entgegen. Aber nicht nur die Jury durfte Preise vergeben. Auch das Publikum war gefragt: Es konnte unter den 48 in der Sektion Panorama gezeigten Filmen seinen Favoriten wählen. Am meisten genannt wurde hier »The Yes Men Fix The World« aus den USA, in dem sich engagierte Politaktivisten in ein Undercoverabenteuer stürzen. Und zum 23. Mal wurden auch die Teddy Awards für die besten Filme mit schwullesbischem Hintergrund verliehen. Hier siegten »Raging Sun, Raging Sky«, »Fig Trees« und »A Horse Is Not A Metaphor«. •
film 19
»Wichtiges Thema« David Kross begeistert in der Literaturverfilmung »Der Vorleser«
Fotos: Verleih (2)
Er ist erst 18 – und schon ein ganz Großer in der Filmbranche: Im Herbst sorgte David Kross mit der »Krabat«-Verfilmung für Furore, kürzlich wurde sein neuer Film »Der Vorleser« bei der Berlinale präsentiert. Am Rande der Filmfestspiele stand der Jungschauspieler für Interviews zur Verfügung.
Ein neuer Fall
Zeichen der Hoffnung
»Die drei ??? – Das verfluchte Schloss« bietet Abenteuerspaß für das jüngere Publikum
Sean Penn spielt im bewegenden Drama »Milk« einen schwulen Bürgerrechtler
Generationen von Kindern sind mit den Detektivgeschichten von »Die drei ???« groß geworden. Die Abenteuer der Jungdetektive gab es lange Zeit nur als Bücher oder Hörspiel – bis 2007 der erste Film anlief und alleine in Deutschland fast eine Million Zuschauer in die Kinos lockte. Nun folgt der zweite Teil der geplanten Trilogie, wieder unter der Regie von Florian Baxmeyer. Justus Jonas (Chancellor Miller) entdeckt, dass seine verstorbenen Eltern gar keine Wissenschaftler waren, sondern – wie er selbst – Ermittler. Außerdem fällt ihm ein Videoband in die Hände, auf dem seine Eltern von ihrem letzten, nicht abgeschlossenen Fall berichten. Justus überzeugt seine Kollegen Peter Shaw (Nick Price) und Bob Andrews (Cameron Monaghan), den letzten Fall seiner Eltern zu lösen. Die drei Freunde gelangen zum Spukschloss des Erfinders Stephen Terrill. Dort treffen sie auf den übellaunigen Sheriff Hanson (Jonathan Pienaar) und dessen merkwürdige Tochter Caroline (Annette Kemp). Aber auch andere Probleme tauchen auf. Das zweite Filmabenteuer der sympathischen Jungedetektive ist wieder temporeich und mit vielen überraschenden Wendungen inszeniert. Manchmal schießen die Filmemacher mit ihren kreativen Einfällen jedoch über das Ziel hinaus. Und den Charme der Hörspiele kann auch dieser Film bei Weitem nicht erreichen. • job
Ole von Beust, Klaus Wowereit, Guido Westerwelle – Homosexualität ist heute in der Politik kein Problem mehr. Doch es war ein langer Weg bis dahin. Als führender Kämpfer für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben in den USA gilt der Bürgerrechtler Harvey Milk, dem nun ein filmisches Denkmal gesetzt wurde. Hauptdarsteller Sean Penn erhielt für seine Leistungen sogar den Oscar. 1972 zieht Milk (Sean Penn) mit seinem Partner Scott Smith (James Franco) nach San Francisco. Dort beginnt er, sich für die Belange der diskriminierten schwulen Community einzusetzen. 1977 wird Milk sogar in den Stadtrat gewählt – und ist damit landesweit der erste bekennende Schwule, der ein politisches Amt ausübt. Sein Engagement macht ihm aber auch Feinde. Am 27. November 1978 werden Milk und Bürgermeister George Moscone (Victor Garber) vom ehemaligen Stadtrat Dan White (Josh Brolin) im Rathaus von San Francisco erschossen. Noch in der Nacht ziehen 30.000 Menschen in einem Schweigemarsch durch die Stadt. Regisseur Gus Van Sant hat Leben und Sterben der populären Ikone überzeugend in Szene gesetzt. Ergreifend und historisch genau zeigt er auf, welch steinigen Weg Milk und seine Helfer gehen mussten. Milks Vermächtnis zieht sich wie ein roter Faden durch das biographische Drama: »Wir müssen ihnen Hoffnung geben!« • job
Deutschland/Südafrika 2009, 97 Minuten, R: Florian Baxmeyer, D: Chancellor Miller, Nick Price, Cameron Monaghan, Annette Kemp, Kinostart: 19.03.2009
USA 2008, 128 Minuten, R: Gus Van Sant, D: Sean Penn, James Franco, Josh Brolin, Victor Garber, Kinostart: 19.02.2009
Hast du dich für den Film mit dem Thema Nationalsozialismus auseinandergesetzt? Klar, ich wollte mehr über den Holocaust wissen und habe viel gelesen. Wir haben das in der Schule zwar besprochen, aber ich wollte einfach noch mehr wissen. Ich habe auch mit meinen Großeltern nie darüber gesprochen. Kannst du das Verhalten deiner Figur nachvollziehen? Ich musste es nachvollziehen, weil ich die Rolle gespielt habe. Ich konnte es aber auch nachvollziehen. Ich habe mich natürlich gefragt: Wie hätte ich reagiert? Was hätte ich gemacht? Das ist ja auch die zentrale Frage des Films. Der Film handelt von Schuld, von Verantwortung, von Vergangenheitsbewältigung. Ist das noch ein Thema für unsere Generation? Der Film tischt keine Message auf. Es ist eine wundervolle Liebesgeschichte, und es ist ein Stoff, der zu Denken gibt. Ich hoffe, dass man das nicht einfach in eine Schublade steckt, sondern was daraus mitnimmt. Es gibt sehr intime Sexszenen zwischen dir und Kate Winslet. War das schwierig für dich? Es war okay, denn der Regisseur hat eine lockere Atmosphäre geschaffen, und Kate hat mir durch ihre Sicherheit, Professionalität und Unkompliziertheit auch die Nervosität genommen. Du warst bei der Berlinale einer der Stars auf dem roten Teppich. Wachst du manchmal auf und denkst, dass es ein Traum ist? Ich hatte noch nie wirklich Zeit, darüber nachzudenken (lacht). Aber es ist schon verrückt. Ich hätte es nie gedacht, dass es mal so wird. Aber es ist schön und toll, dass ich beim »Vorleser« mitmachen konnte. Denn es ist ein sehr wichtiges Thema. Gerade für Deutschland.
ANZEIGE
20 berufswahl
Berufsakademie – Das doppelte Lottchen Warum es sich lohnen kann, den Stress eines Dualen Studiums auf sich zu nehmen text: barbara bitzer
E
s ist Montag. Die 23-jährige Mia Steier kommt um Viertel vor acht nach Hause – müde. Es ist Prüfungszeit und sie hat heute zwei Klausuren und ein Vorstellungsgespräch erfolgreich hinter sich gebracht. Mia studiert an der VWA Stuttgart, einer Berufsakademie (BA), Wirtschaftsinformatik. An Stress und ein hohes Leistungsniveau hat sie sich gewöhnt. Die BA bildet nach einem dualen System aus: 50 Prozent theoretisches Studium an der Akademie und 50 Prozent Arbeit in einem Unternehmen. Die verschiedenen Phasen wechseln in ca. zweibis dreimonatlichem Rhythmus. Es gibt keine Semesterferien wie an der Uni oder Fachhochschule. Wie jeder Auszubildende hat aber auch Mia Urlaubsanspruch. Ein Grund, weshalb sie sich für die BA entschieden hat, ist die Möglichkeit, zu studieren und Geld zu verdienen. Den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolviert sie in einer renommierten IT-Firma, mit der sie selbst über eine Ausbildungsmesse
sie durch ihre Arbeit in Kontakt gekommen sind. Die BA ist gut auf die heutigen Arbeitsmarktanforderungen abgestimmt. Innerhalb von drei Jahren ist die Ausbildung beendet. Mia hat also schon mit 23 ein Studium abgeschlossen und hinreichend Berufserfahrung gesammelt. Hier liegt der klare Vorteil: Hochschulstudenten der Universität oder FH haben am Ende ihres Studiums nur wenig Praxiserfahrung vorzuweisen, bei einer klassischen Ausbildung fällt dafür das Studium weg. Mia würde sich auch heute wieder für die BA entscheiden, auch wenn es sehr viel Stress bedeutet. Selbst der theoretische Teil ihrer Ausbildung fordert ein hohes Arbeitspensum. Wie für einen normalen Arbeitstag sind auch hier acht Stunden an der Akademie vorgesehen. An Unis und Fachhochschulen wird viel weniger Zeit am Stück in Seminaren und Vorlesungen verbracht. Natürlich kann in der kürzeren Zeit kein so tief gehendes Wissen wie an den Hochschulen vermittelt werden und auch die stetige Unterbrechung der praktischen Arbeitsphasen ermöglichen keine so schnelle Einarbeitung, wie es bei einer reinen Ausbildung der Fall ist. Trotzdem findet Mia das System gelungen. Die Vorlesungsinhalte sind eng an die Arbeitspraxis geknüpft. Durch diesen deutlichen Bezug ist, anders als an der Hochschule, eine zeitnahe Umsetzung des erworbenen theoretischen Wissens möglich. Je nach BA kann übrigens die Studienvoraussetzung zwischen Allgemeiner Hochschulreife und Fachhochschulreife variieren. Die BA hat bislang noch keinen Hochschulstatus, er soll ihr aber demnächst zumindest in Baden-Württemberg verliehen werden. Mia selbst glaubt nicht, dass sich dadurch etwas ändert, und auch die Statistiken beweisen, dass die Absolventen der Berufsakademie ohnehin in der Wirtschaft überwiegend als gleichwertig mit jenen der FH betrachtet werden. Zudem ist belegt, dass BA-Studierte, im Vergleich zu ihrer Altersgruppe mit anderem Bildungsweg, am schnellsten an Führungspositionen gelangen und dadurch früher mehr verdienen. Doch für die Unternehmensspitze werden nach wie vor Uni-Absolventen bevorzugt. Trotz der Aufstiegschancen meint Mia, sei es nicht für jeden der richtige Weg: »Man muss sich schon bewusst sein, worauf man sich einlässt. Wer mit Stress schlecht umgehen kann, sollte lieber davon absehen.
Die meisten BA-Absolventen werden von ihrer Ausbildungsfirma übernommen oder durch ein Unternehmen, mit dem sie durch ihre Arbeit in Kontakt gekommen sind in Kontakt getreten ist. Man kann sich sein Unternehmen aber auch mithilfe der Akademie suchen. Natürlich müssen auch hier die üblichen Bewerbungsmodalitäten durchlaufen werden – schriftliche Bewerbung und Vorstellungsgespräch. Mia bekommt im dritten Lehrjahr 900 Euro brutto, weniger als ein Angestellter, aber deutlich mehr als in jedem Studentenjob. Das wird auch in der Zeit, die sie an der Akademie verbringt, weiterbezahlt. Laut Statistik liegt das Durchschnittsgehalt zwischen 400 und 1600 Euro. Allerdings bezahlen nicht alle Firmen für die Zeiträume des theoretischen Teils. Ein weiterer Anstoß für die Entscheidung, die BA zu besuchen, war für Mia, bereits während des Studiums Geschäftskontakte zu knüpfen. Die meisten BA-Absolventen werden von ihrer Ausbildungsfirma übernommen oder durch ein Unternehmen, mit dem
yaez • märz/april 2009
Klar, haben wir auch mal Zeit für eine Party, aber eben nicht so oft. Selbst wenn ich an die Akademie gehe, muss ich jeden Tag früh aufstehen.« Die reduzierte Theoriedauer bringt auch eine hohe Anzahl von Prüfungen in kurzer Zeit mit sich. Mia erzählt, dass sie in einem besonders anstrengenden Semester in zwei Wochen 13 Klausuren schreiben musste. Stress pur! Sie liegt wohl mit ihrer Einschätzung richtig: Letztendlich sollte jeder individuell entscheiden, was für ihn nach der Schule am besten ist. •
»Permanentes Hinterfragen der Lehrinhalte« Professor Johannes Beverungen, Rektor der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (ehemals Berufsakademie) Mannheim interview: janos burghardt
Was ist der Unterschied zwischen einem dualen Studium und einem Uni-Studium? Prof. Beverungen: Charakteristisch für die Universitäten ist ihre enge Verbindung von Lehre und Forschung, während wir einen Auftrag zum praxisintegrierenden Studium haben. Unser Alleinstellungsmerkmal ist der dreimonatige Wechsel der Lernorte zwischen Theorie (Hochschule) und Praxis (Unternehmen). Durch die Praxisphasen werden unsere Studenten zum permanenten Hinterfragen der Lehrinhalte angeregt, was den Vorlesungen zusätzliche Impulse verleiht. Ein Unterschied ist auch, dass an unserer Institution die Professoren in der Regel alle ihre Studenten mit Namen kennen. Da unsere Lehrveranstaltungen aus Gruppen mit maximal 30 Teilnehmern bestehen, ist die Betreuung der Studierenden persönlicher und intensiver als an der Universität. In Baden-Württemberg werden die Berufsakademien nun umbenannt in Duale Hochschulen Baden-Württemberg. Was ändert sich dadurch? Prof. Beverungen: Als Hochschule verleihen wir unseren Absolventen nun den Bachelor als akademischen Grad. Dadurch können sie ein Universitätsstudium anschließen, was bislang nur in Ausnahmefällen möglich war. Auch können wir durch den Hochschulstatus künftig eigene Masterstudiengänge einrichten. Foto: BA Mannheim
pausenhof 21 Mails an die Redaktion Lob zur Themenauswahl Ich habe diesen Monat eure Zeitung zum ersten Mal gelesen und muss sagen, dass ich sie echt toll finde. Die Artikel sind alle sehr interessant, spannend und humorvoll geschrieben. Ich war echt sehr überrascht, dass mich nahezu alle Themen interessiert haben und ich auch fast jeden Artikel gelesen habe. In den meisten anderen Jugendzeitungen geht's mir oft anders. Ich werde auch die nächste Ausgabe eurer Zeitung mit Freude lesen. Lisa, per Mail
Illustration: Niko Burger
Lob zu »Schüler zweiter Klasse« Mich hat euer Artikel zu dem Thema, wie Jungs in der Schule benachteiligt werden, sehr angesprochen. Ich arbeite als Sozialpädagoge mit benachteiligten Jugendlichen und kann euren Artikel aus eigenen Erfahrungen bestätigen. Gerade in der Berufsorientierung gibt es sehr viele tolle Angebote für Mädchen (Girlsday u.a.), aber kaum für Jungs. Auch in meiner Branche ist die überwiegende Zahl der Beschäftigten weiblich. Wenn Jungs z.B. verhaltensauffällig geworden sind, dann haben sie häufig erst einmal mit Kolleginnen zu tun. Meine Beobachtung ist dann, dass sie froh sind, auch einmal mit einem Mann reden zu können. Tatsache ist: Jungs werden oft benachteiligt, aber es gilt als ziemlich uncool, das laut zu sagen. Bitte bleibt an diesem Thema dran. Thomas, per Mail
Neue Kernkraftwerke bauen oder am Atomausstieg festhalten?
Besser! Scheinbar habt ihr euch meinen Leserbrief, mehr Themen aus der Welt zu behandeln, zu Herzen genommen. Die yaez gefällt mir besser als vorher – besonders da in der letzten Ausgabe etwas über die Türkei drin war! Laura, per Mail Wir versuchen in jeder Ausgabe der yaez, auch politisch und gesellschaftlich relevante Themen zu behandeln. Umso mehr freut es uns, dass dir die letzte Ausgabe gefallen hat! Und mit dieser Ausgabe hoffen wir auch, deinem Interesse gerecht zu werden – z.B. mit den Europa-Seiten.
Eine politische Frage, zwei Meinungen Jan Philipp Burgard »Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral«, sagte mir mein Nachbar Herr Schmitz, als ich neulich mit ihm über Atomkraft diskutierte. Herr Schmitz ist nämlich bald arbeitslos, weil sein Arbeitgeber die hohen Strompreise in Deutschland nicht mehr verkraften kann. Er arbeitet für einen internationalen Aluminiumkonzern, den die Herstellung in Deutschland rund ein Drittel mehr kostet als an jedem anderen Standort. In guten Zeiten konnte das Unternehmen damit leben, aber seitdem die Nachfrage an Aluminium fällt, schreibt Deutschlands größte Aluminiumhütte täglich Verluste. Rund 600 Arbeitsplätze sind deshalb allein bei diesem Unternehmen in Gefahr. Also muss der Strom billiger werden – indem die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert werden. Das würde nicht nur den Arbeitsplatz von Herrn Schmitz und vielen Tausend mehr sichern, sondern auch die deutsche Abhängigkeit von Energie-Imperialisten wie Russland mindern. •
Patrick von Krienke Kaum stehen Wahlen vor der Tür, wetzen sie schon wieder ihre Krallen: die Lobbyisten, besonders die Energiekonzerne. Da werden bei den Schönrednern auf einmal Atommeiler als klimafreundlich und kostengünstig verkauft, was sie beides nicht sind; und das Endlager Asse stillschweigend dem Steuerzahler aufgebrummt. In anderen europäischen Ländern werden neuerdings wieder Atomkraftwerke gebaut. Naja, die meisten Fliegen finden auch eher Kuhfladen statt Kirschkuchen toll. Zumal, dass auch der atomare Brennstoff welcher hier verheizt wird, in rund 60 Jahren ein Ende hat, findet selten Notiz. Jeder, der im Garten einen Kompost hat, weiß welch Jahre es dauert bis aus dem stinkenden Mist gute Erde geworden ist. Mit Atommüll ist es – bis auf die tödliche Bedrohung, die von ihm ausgeht – nichts anderes. Nur dessen Halbwertzeit ist im Vergleich zum Kompost locker 20.000 Mal länger, ganz schön viel für ein paar Jahre guten Lobbystrom. •
www.yaez.de
märz/april 2009 • yaez
ANZEIGE
Foto: Detlev Schneider; Illustration: Niko Burger
Mails an die Redaktion Lob für »Ich brauch noch ein bisschen« Den Artikel zur Berufswahl fand ich super! Vor allem finde ich wichtig, dass man keine Panik kriegen soll und sich nicht zu sehr stressen lassen soll. Weiß aber aus eigener Erfahrung, dass das nicht so einfach ist und bin froh, dass ich das hinter mir habe. Benedikt, per Mail Lieber Benedikt, wir wollen mit yaez zeigen, dass Leistung einerseits Spaß machen kann und sich lohnt, aber andererseits wollen wir das Karriere-Denken nicht über alles stellen. Es gibt noch genügend andere wichtige Dinge. Kritik zu »Bittere Erkenntnis« Allgemein macht eure Zeitung einen guten Eindruck. Völlig entsetzt bin ich jedoch über den Artikel »Bittere Erkenntnis« von Josephine Kroetz in Ausgabe 36. Bei allem Respekt: Diese perversen Gewaltfantasien haben doch nichts in einer Zeitung für Schüler verloren. Ruben, per Mail
Josephine Kroetz:
Arme Heldin Weil der Strom abgedreht wurde, vergiftete sich eine arme Familie am Notstromaggregat text: josephine kroetz
J
g,
eder Achte in Ende Januar hatte meine Mama ihAchtun ! Deutschland ist ren vierzigsten Geburtstag. Ich lud sie iv t k fi arm – und dazu in ein kleines Lokal zu einem echten gehöre auch ich. Meine Kaffee ein, der sonst einfach zu teuer Eltern hatten nie besonist. Als wir nach Hause kamen war es ders viel Geld. Als ich schon recht spät und ich steckte nur noch klein war, sagen sie noch mein Handy an, um dann ins immer, war alles einfacher, Bett zu gehen. Mitten in der Nacht da reichte das Geld mit muss dann der Strom ausgefallen knapper Not, aber dann, sein und mein Vater ging in den Kelungefähr zu der Zeit, als ler, um Benzin nachzufüllen. Nach auch der Euro kam, war einiger Zeit hörte ich meine Mutter es aus mit dem guten Leleise die Treppen runtergehen. Kurze ben. Ich bekam nur noch Zeit später ertönte ein Schrei, der mir abgetragene Klamotten, ich das Mark in den Knochen gefrieren brauchte eine Brille, aber dafür reichte es nicht, ich ließ. Im Dunklen griff ich nach meinem Handy, das begann Flaschen zu sammeln, um mir mein Taschenmir genug Licht spendete, um im Keller nach dem geld mit dem Pfand zu verdienen und dann, vor Rechten zu sehen. Der gewohnte Benzingeruch stieg einem halben Jahr, wurde uns auch noch der Strom mir in die Nase. Ich stieß die Kellertür auf, und als abgedreht, weil meine Eltern ihn nicht mehr bezahsich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, len konnten. Damit fing das große Elend an und wir konnte ich die Umrisse meiner Eltern erkennen: Sie waren endgültig im untersten Teil der Gesellschaft lagen leblos auf dem Boden. angekommen. Geschockt wählte ich die Notrufnummer, mir Keine heiße Dusche, kein warmes Essen, kein wurde schwindlig, jemand ging ans Telefon: »SorLicht, kein Kühlschrank und das alles im Winter. glosstraße 23...« konnte ich noch stammeln, bevor Mein Vater ging daraufhin zum Stromkraftwerk, ich das Bewusstsein verlor. um mit denen zu reden. Der Deal war: Sie würden An den Rest kann ich mich nicht mehr erinnern, einen Prepaid-Zähler einbauen, mit dessen Hilfe aber in der Zeitung stand, dass fünfzig Leute im Einman so viel Strom bekam, wie man im Voraus besatz waren, um uns zu retten. Meine Eltern erlitten zahlen konnte. Allerdings hatten sie den Prepaideine schwere Kohlenmonoxidvergiftung, ich nur eine Zähler nicht auf Vorrat und da es schon November leichte, aber trotzdem durfte ich eine Woche lang im war, zerbrach sich mein Vater tagelang den Kopf, um Krankenhaus bleiben, bekam gutes Essen und eine eine Lösung zu finden. Ein Arbeitskollege half ihm warme Dusche. Und in der Schule bin ich jetzt eine aus und besorgte uns einen Notstromaggregat, das Heldin, auch wenn der Papa sagt, dass wir mit dem man normalerweise nur draußen benutzen darf. Um Geld, dass der Rettungseinsatz wahrscheinlich geihn abzubezahlen, gab es drei Wochen nur Brot und kostet hat, schon längst unsere Schulden hätten beMarmelade zum Essen, aber immerhin sollten wir zahlen können. Na ja, eine arme Heldin halt. • danach nicht mehr im Dunklen sitzen.
yaez • märz/april 2009
yaez im Kino Ich habe die yaez zum ersten Mal im Freiburger CinemaxX entdeckt. Ich bin ganz begeistert von eurem Magazin! Gerne wüsste ich, ob die yaez ab sofort immer dort ausliegt, denn ich möchte keine weitere Ausgabe verpassen. Macht weiter so! Ihr habt mich jedenfalls schon als Stammleserin gewonnen. Steffi, per Mail Liebe Steffi, ja, wir liegen seit der letzten Ausgabe in allen CinemaxX-Kinos in Deutschland aus.
Impressum und Redaktion yaez erscheint jeden Monat (außer Schulferien) und liegt kostenlos an über 5000 weiterführenden Schulen in ganz Deutschland aus. ISSN: 1612-8257 HERAUSGEBER: Janos Burghardt, Simon Keller, Michael Hartung REDAKTION & VERLAG: Yaez Verlag GmbH i.Gr. Arminstraße 15, 70178 Stuttgart Tel: (0711) 13 77 80-20, Fax: (0711) 13 77 80-22 E-Mail: redaktion@yaez.de, www.yaez-verlag.de Chefredakteur: Janos Burghardt (ViSdP) ART DIRECTOR: Simon Keller Redaktion dieser ausgabe: Janos Burghardt (verantwortlich), Simon Keller, Jochen Blind, Anne Allmeling, Maria-Janine Steiner, Josephine Kroetz, Raphael Geiger, Marc, Röhlig, Stefanie Hiekmann, Barbara Bitzer, Sandra Petersen, Jan Philipp Burgard, Patrick von Krienke, Jakob Hinrichs, Niko Burger, Christiane Traub, Jonas Wedekind, Sina Thaler, Bettina Schneider, Timo Heuer Fotos: Jan Kopetzky, Marie Cevey, Anne Ackermann, PR HERSTELLUNG: Simon Keller AnzeigenLEITUNG: (verantwortlich für den Anzeigenteil) Michael Hartung (13 77 80-16, mh@yaez-verlag.de) verbreitete auflage: 340.123 Exemplare (IVW QIII/2008) Die Auflage wird regelmäßig von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) geprüft. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 9 vom 01.01.2009. abo & vertrieb: Tel: (0711) 13 77 80-20, Fax: (0711) 13 77 80-22 E-Mail: vertrieb@yaez.de Der Bezug der Jugendzeitung ist für Vertriebsstellen kostenlos. Das Abo im Einzelbezug kostet 2,99 Euro/Jahr. Abo-Bestellung über vertrieb@yaez.de Druck: Bechtle Verlag&Druck, Zeppelinstraße 116, 73730 Esslingen Die Jugendzeitung yaez arbeitet mit Landesschülervertretungen und SMVen zusammen Kooperationspartner dieser Ausgabe: Europäische Kommission Die namentlich gekennzeichneten Beiträge spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Nachdruck von Beiträgen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags
pausenhof 23 e
Auf yaez.d
ert Xbox im W € von 2000 ! gewinnen S. 18
Die perfekte YouTubeVideokamera Fotos waren gestern, heute sind Videoclips angesagt: Kodak präsentiert mit der neuen Zi6 Pocket Videokamera eine kleine und stylische HD-Videokamera für jede Situation. Die Kamera passt mit ihren handlichen Maßen in jede Tasche, ist mit einem großen 2,4-Zoll LCD-Bildschirm ausgestattet und wartet mit einer Auflösung von 720p auf – damit ist sie perfekt dafür geeignet, spontan Fun-Videos in HD-Qualität aufzunehmen. Die Clips können am Fernsehen wiedergegeben werden oder dank einer Kooperation zwischen Kodak und YouTube direkt über die integrierte Software auf YouTube hochgeladen werden. yaez verlosen zwei brandneue Kameras. Mehr zur Kamera findest du hier: www.kodak.de
Limitiert: Xbox 360 Live Artist Series Normalerweise ist seine Bühne die Straße, jetzt hat der Streetart-Künstler The Construction Inc. alias CONE ein exklusives Konsolen-Design für die Xbox 360 entworfen. »Lucha Libre – gemeinsam gegeneinander«heißt das Artwork, das der Grundstein für weitere exklusive Künstler-Kollaborationen der Kult-Konsole ist. Der Titel soll dabei den Charakter von Xbox Live zeigen, dem Spiele-Netzwerk der Xbox, mit dem man über das Internet gegen anderen Xbox-Spieler spielen kann. Zu sehen ist eine Interpretation zweier mexikanischer Wrestling-Ikonen der 60er Jahre, die auf den ersten Blick gegen-
einander spielen, in Wirklichkeit aber miteinander. CONE begann seine Künstler-Karriere als GraffitiSprüher in München, er verarbeitet Einflüsse aus Musik, Graffiti- und Comic-Kunst und nutzt neben Stiften und Aerosol auch Installationen, Sticker und Poster. Seine Werke zieren nicht nur Häuserfassaden in deutschen Innenstädten, sondern auch in London und Paris. yaez verlost eine Xbox im Wert von 2000 Euro aus der streng limitierten Live Artist Series mit dem Artwork von CONE. Weitere Infos findest du auf www.XboxAlive.de
Mit yaez abräumen, so geht’s Um am yaez-Gewinnspiel teilzunehmen, musst du auf www.yaez.de oben rechts den Webcode eingeben (ohne Enter drücken). Voraussetzung für die Teilnahme ist die kostenlose Anmeldung in der yaez.de-Community. Auf der neuen Seite www.yaez.de findest du täglich neue Artikel und kannst dich mit den yaezAutoren und vielen anderen yaez-Lesern austauschen. In eigenen Gruppen kannst du jedes erdenkliche Thema diskutieren, mit einer eigenen Profilseite kannst du dich präsentieren und auf den Profilseiten der Autoren erfährst du mehr über sie.
Jeden Tag anders Du hättest am liebsten jeden Tag eine Neue? Die Kollektion von zipitbag bringt Abwechslung in die heimische Taschen-Auswahl. Wähle aus 40 verschiedenen Designs deinen aktuellen Favoriten aus und style deine Tasche jederzeit um. Abzippen, umdrehen, dranzippen, fertig ist die neue Tasche. Der Cover-Wechsel funktioniert einfach mit einem Reißverschluss. Und das Beste daran: Du kannst aus einer großen Auswahl an Einzelcover ständig deine Cover-Kollektion erweitern. Wir verlosen 3 der abwechslungsreichen zipitbag-Taschen. www.zipitbag.de
www.yaez.de
Air & Style-Gewinner Liebes yaez-Team! Wir möchten uns herzlich für die Karten bedanken! Wir kamen müde und erschöpft zurück und müssen sagen, dass es echt super geil war! Danke, dass ihr uns das ermöglicht habt! Laura und Marie Gemeinsam mit Billabong und der Deutschen Bahn verloste yaez drei Rundum-Pakete mit Hin- und Rückfahrt und freiem Eintritt zum Air & Style in Innsbruck. Die 24 weltbesten Snowboarder zeigten dort ihr Können und begeisterten 13.000 Fans. Laura und Marie waren für uns mit dabei und rockten am Abend bei Mando Diao und Deichkind.
märz/april 2009 • yaez
ANZEIGE