Jugendzeitung YAEZ

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#48

September/Oktober 2010 | kostenlos | www.yaez.de

Lena ist Deutschlands bekannteste Abiturientin: Annäherung an ein ganz normales Mädchen

Die Jugendzeitung

: Gewinnen ir h S ts, Sneakers, -Pakete Schulstart und Wii

Warum zwar überall von Sex die Rede ist, aber die   Liebe in der Realität ganz schön kompliziert ist

Bist du schon soweit?  Konvertiert: Warum ein junger Katholik erst als Muslim glücklich wurde Angenommen: Wie man auch ohne Einser-Abi seinen Studientraum verwirklicht Verändert: Wenn im neuen Schuljahr nichts mehr so ist, wie bisher


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intro 03

fotos: anne ackermann

Was hast du dir für das neue Schuljahr vorgenommen?

Anour, 15

Hannah, 13

Ich möchte mich als Streitschlichter engagieren und Schulsprecher bleiben. Außerdem erwarten wir Austauschschüler aus Frankreich, um die ich mich kümmern und ihnen die Stadt zeigen möchte.

Ich möchte mich besser auf den Unterricht konzentrieren und noch mehr mitarbeiten. Außerdem möchte ich bessere Noten schreiben, vor allem in Religion. Ansonsten kann alles so weitergehen wie bisher.

Bist du schon soweit? Küsse & Co.: Warum Sex so kompliziert ist................. 4 Nachwuchs: Wenn Schüler Kinder kriegen...................6 Experten: Das sagt der Frauenarzt..............................7

Rubriken+Standards Wissen: Wie wir am effektivsten Lernen.......................8 Wechsel: Wenn ab September alles anders ist.............9 Glaube: Warum ein Katholik Muslim wurde................11 Lesen: Neuerscheinungen zur Buchmesse....................12 Studium: Wirtschaftspädagogik im Praxis-Check........16 Musik: Lena Meyer-Landrut im Porträt......................18 Pausenhof: Rätseln und gewinnen.............................22 Impressum..........................................................23

Titelfoto: Jan Kopetzky / Illustrationen: Thuan Tien

Making-of #48

Christopher, 13

Nathalie, 17

Ich möchte mich gern in der Schule verbessern. Ich habe mir auch vorgenommen, mehr zu lernen und mich richtig auf die Schule zu konzentrieren. Außerdem will ich mich weniger mit den Lehrern anlegen und mit ihnen diskutieren.

Ich habe mir vorgenommen, den Lehrern besser zuzuhören, während des Unterrichts weniger mit meinen Freundinnen zu quatschen und regelmäßiger zum Sportunterricht zu gehen. Und ich möchte alle Prüfungen bestehen.

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Lena nach dem Abistress »Sie ist in Wirklichkeit noch viel hübscher als auf den Bildern«, schwärmte YAEZ-Autor Christian Fahrenbach, nachdem er Lena Meyer-Landrut in Köln zum Interview getroffen hatte.


04 liebe Was bitte haben Bienchen und Blümchen mit Zungenküssen zu tun?

Von hier an blind Knutschen – wie ging das noch gleich? Warum Sex in Filmen, Zeitschriften und der Werbung so gar nichts mit Aufklärung zu tun hat. text: Julia Anderton

Foto: jan kopetzky

illustrationen: Thuan Tien


V

liebe 05

Vor 50 Jahren setzte es was, wenn der Rock nicht bis zum Knie reichte. Heute ist die Nackte-Frauen-Dichte in TV, Internet und Magazinen gigantisch. In Talkshows werden Lieblingsstellungen diskutiert, und auf Youtube gibt es zahllose Strip-Filmchen zu sehen. Sex ist immer und überall – doch bringt das irgendeinen Vorteil für die eigene Entwicklung? Zu ihrem siebten Geburtstag bekam Tims Schwester eine Barbie geschenkt. Sie trug ein hautenges Partykleid, hatte lange blonde Haare und ein Dauerlächeln im Gesicht. »Ich war damals sechs Jahre alt und erinnere mich, dass ich das Geschenk total doof fand. Später habe ich der Puppe unters Kleid geschaut, aber auch da gab es nichts Spannendes zu sehen«, erzählt der 16-Jährige grinsend. Seit einem halben Jahr hat der Elftklässler nun seine erste feste Freundin und ist auch schon so weit gekommen, unter ihren Rock zu schauen. »Das ist natürlich wesentlich interessanter als bei einer Puppe«, feixt der Frankfurter. Und wird plötzlich ganz ernst: Nein, außer Küssen und »schon noch ein bisschen mehr« sei bislang nichts gewesen. »Mit dem richtigen Sex warten wir, weil meine Freundin erst 15 ist. Eigentlich würde ich ja jetzt schon gern mal, auf der anderen Seite bin ich aber total nervös, dass ich irgendwas falsch mache«, sagt Tim ganz offen. Im Internet sucht er gelegentlich nach Infos, »aber da gibt es ja fast nur medizinische Infos oder Fotos von nackten Frauen«. Mit seinen Kumpels tauscht er sich auch nicht wirklich aus. »Jeder erzählt was über coole Weiber, aber konkret steckt nichts dahinter«, und die Auf klärungsfibel »Bravo« ist Tims Ansicht nach eher was für Jüngere. »Ich weiß von meinem Vater, dass er mit 17 Jahren zum ersten Mal Sex hatte und dass das damals ein echter Blindflug war. Er meinte, unsere Generation hätte es viel besser, weil das Thema nicht mehr tabuisiert sei. Aber ehrlich gesagt bringt es mich auch nicht weiter, wenn in allen Talkshows diskutiert wird, welche Brustgröße normal ist und ob man sich untenrum rasieren soll.« So wie Tim geht es offenbar vielen Jugendlichen. Wie eine Blitz-Umfrage unter Facebook-Usern zwischen 15 und 18 Jahren zeigte, empfinden die meisten den medialen Dauerbeschuss sogar als zu viel des Guten. »Überall nackte Brüste, wer soll die denn alle angucken?«, fragt die 17-jährige Lilith aus Aachen. Und Klara, 16, aus Heilbronn

gesteht, dass sie Hemmungen hat, sich vor ihrem neuen Freund auszuziehen, »weil der bestimmt den Anblick von den Silikonmöpsen von Megan Fox vor Augen hat. Dagegen kann ich ja nur abschmieren!« Der 18-jährige Lars aus Kiel glaubt, dass nackte Haut überall der Abtörner schlechthin ist. »Einfach nur billig!« Die zahlreichen Sex-Clips, die im Netz und auf Handys kursieren, findet er langweilig. »Okay, vor vier Jahren war das noch aufregend, weil ich null darüber wusste, wie es in Wirklichkeit mit den Mädchen läuft. Aber mittlerweile bin ich da weiter.« Und wie haben sie sich aufklären lassen? Durch Gespräche mit guten Freunden, lautet die häufigste Antwort. Allerdings mit Einschränkungen: »Das ist zwar interessant, aber keiner weiß detailliert Bescheid, und so bleibt am Ende eigentlich immer ein Fragezeichen«, berichtet die 15-jährige Julie. Kein Wunder, schließlich gehen die Meisten gerade selbst erst auf Entdeckungsreise und machen die unterschiedlichsten Erfahrungen. Auch der Aufklärungsunterricht an der Schule ist nach einhelliger Meinung kaum geeignet, umfassend auf die eigenen sexuellen Erfahrungen vorzubereiten. »Viel zu theoretisch: Was bringt es mir zu wissen, wo die Eierstöcke liegen, wenn ich nicht weiß, wie man ein Kondom benutzt? Das müsste viel stärker an das echte Leben angepasst sein«, fordert Marco, 16. Und was ist mit den Eltern? Tja. Sex wird meist zwar nicht totgeschwiegen, aber »irgendwie sind das doch Dinge, die man nicht wirklich mit seiner Mutter besprechen will. Das ist mir unangenehm«, gibt die 16-jährige Leonie zu. Außerdem: »Es gibt auch heute noch Familien, in denen es nicht möglich ist, über körperliche Vorgänge und schon gar nicht über sexuelle Dinge zu sprechen«, weiß Heidrun Metzler. Sie arbeitet als Sexualpädagogin bei Pro

klären sie nicht ausreichend über die Wirkung der Pille auf. Die Folgen können fatal sein: Geschlechtskrankheiten, unerwünschte Schwangerschaften, aber auch psychische Probleme sind mögliche Konsequenzen. Heidrun Metzler steuert dagegen, indem sie Jugendliche in Schulklassen und der Pro-Familia-Sprechstunde über die Sexualität in all ihren Facetten informiert und Fragen ohne Scheu beantwortet. Und welche Themen stehen hier auf der Beliebtheitsskala ganz oben? »Natürlich das erste Mal, dicht gefolgt von Sexualität und Internet, Homosexualität, Menstruation, Verliebtsein, Eifersucht.« Noch kleiner ist die Hemmschwelle, wenn das Ganze von einem Gleichaltrigen übernommen wird. In Wiesbaden gibt es beispielsweise das Projekt »Dr. Make Love«, in dessen Rahmen sich Schüler auf freiwilliger Basis von Mitarbeitern des Jugendamts über Themen wie Verhütung, Partnerschaft oder Geschlechtskrankheiten informieren können, um dieses Wissen dann auf Events oder im persönlichen Vier-Augen-Gespräch an ihre Altersgenossen weiterzugeben. »Wir sprechen nun mal eine andere Sprache als Erwachsene, vor allem, wenn es um Sex geht. Deswegen möchten wir zur Stelle sein, wenn jemand dazu eine Frage hat. Denn dumme Fragen gibt es nicht, sondern nur Leute, die sie nicht beantworten können«, meint eine Schülerin. Lena hätte sich vor einigen Jahren ein solches Angebot gewünscht. »Ich habe mich mit 14, 15 Jahren richtig ausgeschlossen gefühlt. In jeder Zeitschrift waren die Seiten voller Tipps für Zungenküsse, Petting und Massagetricks. Auch meine Freundinnen haben über nichts anderes geredet als über Jungs. Das klang alles so selbstverständlich – ich hatte den Eindruck, alle wissen bestens Bescheid, treiben es wild und ohne jeden Selbstzweifel, während ich null Ahnung hatte und meine Brüste zu klein fand«, berichtet die 21-jährige Mainzerin. Sie glaubt, dass es den Jugendlichen heute nicht anders geht: »Da sprechen die Medien von der ›Generation Porno‹, weil Sex heutzutage so ein dauerpräsentes Thema ist, aber in Wahrheit ist man in der Pubertät doch nicht viel schlauer, als es die eigenen Eltern waren«, meint die Anglistikstudentin. Doch Lena ist der beste Beweis, dass alles gut wird – irgendwann: Seit drei Jahren hat sie einen festen Freund. Und weiß nun auch, was das Besondere an Zungenküssen ist. •

»Eigentlich würde ich ja jetzt schon gern mal, auf der anderen Seite bin ich aber total nervös, dass ich irgendwas falsch mache« Familia und glaubt, dass vor allem Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren oft überschätzt werden: Weil Eltern, Ärzte und Lehrer glauben, dass man in diesem Alter ohnehin alles Relevante weiß,

Eine neue Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ergab, dass deutsche Mädchen und Jungen später sexuell aktiv werden, als noch vor vier Jahren. Auch gehen sie häufiger feste Partnerschaften ein und achten mehr auf Verhütung. www.bzga.de

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06 liebe

»Plötzlich wusste ich, für wen ich jeden Tag zur Schule gehe« Etwa 11.000 Mädchen pro Jahr werden in Deutschland noch vor ihrem 18. Geburtstag schwanger. Etwas weniger als die Hälfte aller Betroffenen entscheidet sich für das Kind und den Alltag zwischen Schule und Kindererziehung. text: daniela kurtz

Für Silvia war die 11. Klasse der absolute Horror. Sie hatte überhaupt keine Lust mehr auf Bücher und Klausuren. Viel wichtiger war ihr damaliger Freund, ihre erste große Liebe. Mit ihm verbrachte sie jede freie Minute, und die Schule war ihr einfach egal – genau wie die 150 Fehlstunden. Es kam, wie es kommen musste, und Silvia saß nach den Sommerferien wieder in der 11. Klasse – noch unmotivierter als zuvor: »Das war mein absoluter Tiefpunkt, und ich hatte auch keinen Plan, wie ich das hätte ändern können.« Dass sie schon ein paar Tage später anders denken würde, hätte sie nie für möglich gehalten: Silvia erfährt, dass sie schwanger ist. »Es war ein unvorstellbarer Schock, denn geplant war das natürlich nicht. Aber schnell entwickelte sich daraus ein riesiger Ansporn. Plötzlich wusste ich, für wen ich jeden Tag zur Schule gehe.« Es habe sehr viel Mut gekostet, sich ihren Lehrern und Mitschülern anzuvertrauen, aber den Babybauch konnte sie irgendwann eben nicht mehr verstecken. »Die Schule hat mich toll unterstützt. Ich konnte ein Ersatzfach für den Sportunterricht wählen, und wenn ich mal morgens etwas später kam, war das auch okay.«

»Allein hätte ich es nicht geschafft«

Im Winter darauf kam Silvias Sohn Marvin zur Welt. Den Alltag zwischen Büchern und Windelwechseln meisterte Silvia ohne die Hilfe seines Vaters, denn bereits kurz nach der Geburt hatten sich die beiden getrennt. »Es hat einfach nicht mehr funktioniert, wir waren einfach zu verschieden und hatten ganz unterschiedliche Vorstellungen«, erzählt sie. Große Hilfe bekam sie von ihren Eltern, Silvias Mutter kam jeden Tag in der großen Pause mit Marvin vorbei, damit er gestillt werden konnte. Mit der Unterstützung der beiden schaffte sie sogar das Abitur: »Ein Kind zu bekommen verändert das Leben komplett, von einem auf den anderen Tag. Man braucht sehr viel Zeit und Kraft, um für den kleinen Menschen zu sorgen. Es ist wunderschön, Mama zu sein, aber allein schafft man das nicht.« Die Abiturfeier ist Silvia gleich doppelt in guter Erinnerung geblieben. Denn sie hielt nicht nur das Zeugnis in der Hand, das ihr ermöglicht, ihren Wunsch wahrzumachen, ein Lehramtsstudium aufzunehmen, sondern lernte dort auch ihren heutigen Freund Florian kennen. »Ich hätte nie geglaubt, dass ich so bald jemanden finde, der Marvin und mich als Doppelpack akzeptiert. Flo kümmert sich rührend um den Kleinen. Gerade suchen wir eine gemeinsame Wohnung, und im nächsten Sommer werden wir heiraten«, erzählt sie glücklich.

Schwangerschaft kann ein Anreiz sein

Dass Silvia ihre Motivation, die Schule zu beenden, erst durch die Schwangerschaft erfahren hat,

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Silvia mit ihrem Sohn Marvin und ihrem neuen Freund Florian – eine ganz normale kleine Familie ist nichts Ungewöhnliches bei jungen Eltern – ob sie nun ein Gymnasium besuchen oder sich in einer Berufsausbildung befinden. »Gerade für Jungs kann die Vaterschaft ein zusätzlicher Anreiz sein, eine Ausbildung zu beginnen oder gut abzuschließen, wenn sie sich für das Kind und die Mutter verantwortlich fühlen«, sagt Dr. Gisela Hilgefort von der pro-familia-Beratungsstelle in Mainz. Dafür müssten aber auch die Rahmenbedingungen stimmen: »Eine gute Kinderbetreuung, finanzielle Hilfen und auch Verständnis, wenn sie mal später kommen oder fehlen, weil das Kind z. B. krank ist, sind wichtige Voraussetzungen.« Doch auch wenn das Drumherum stimmt, kann es sehr schwierig sein, die Pflichten einer jungen Mutter und die einer Schülerin unter einen Hut zu bringen. Die damals 17-jährige Lisa* hatte gerade auf eine neue Schule gewechselt, als sie erfahren hat, dass sie in der sechsten Woche schwanger ist: »Als mir die Frauenärztin sagte, dass ich ein Kind bekomme, war ich völlig schockiert.« Schon nach ein paar Tagen aber verdrängte die Vorfreude die anfänglichen Bedenken, auch bei ihrem damaligen Freund. Geplant sei es zwar nicht gewesen, »aber doch irgendwie ein Wunschkind«, berichtet die junge Mutter. Beide Familien haben die zwei unterstützt, bei einer pro-familia-Beratungsstelle wurde dem jungen Vater zusätzlich finanzielle Unterstützung vermittelt. Alles schien perfekt.

»Die Herztöne wurden immer schwächer«

Doch schon in den ersten Wochen kam es zu Komplikationen: Die Ärzte stellten bei Lisa eine Infektion fest. Um das Kind nicht zu gefährden, wurde sie für die gesamte Dauer der Schwangerschaft vom

Schulunterricht befreit. Die junge Mutter plante, den Realschulabschluss direkt nach der Geburt nachholen – die Infektion hatte sie gut überstanden. Lisa freute sich darauf, Mutter zu werden. Als sie dann zum regulären Geburtstermin mit Wehen ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hätte niemand gedacht, dass es zu erneuten Schwierigkeiten kommen würde. »Die Herztöne meiner Tochter wurden immer schwächer. Außerdem hatte ich unglaubliche Schmerzen und spürte, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Dann kam ein Blackout«, erzählt Lisa. Die Geburt überstehen Lisa und ihre Tochter ohne körperliche Schäden, aber als die junge Mutter zu sich kommt, fühlte sie sich völlig anders als vor der Entbindung. Ihre Vorfreude auf das Kind ist verschwunden. Auch in den folgenden Wochen konnte sie keine Bindung zu ihrer Tochter aufbauen, ist traurig und ängstlich: »Heute weiß ich, dass ich eine sogenannte Wochenbettdepression erlitten habe. Vermutlich ausgelöst durch die traumatische Geburt«, erzählt sie. Ihre Tochter wird bei den Eltern des Vaters untergebracht. Wieder zur Schule zu gehen war für Lisa unmöglich, sie begab sich in verschiedene Therapien. Im Moment möchte sie versuchen, durch eine Mutter-Kind-Kur und die Hilfe einer Familienpflegerin wieder zu ihrer Tochter zu finden und mit ihr zusammenzuleben. »Es ist nicht einfach, eine junge Mutter zu sein. Ohne die Hilfe meiner Familie und meiner Freunde hätte ich nie geschafft, so viel Verantwortung zu übernehmen und mich wieder hochzuziehen. Mit ihnen zusammen geht es jetzt wieder bergauf.« • *Name wurde auf Wunsch von der Redaktion geändert Beratungsstellen Die folgenden Stellen sind darauf spezialisiert, junge Menschen in Fragen zu Verhütung und Schwangerschaft zu beraten. pro familia Auf der Homepage kannst du dir ganz einfach eine Beratungsstelle in deiner Nähe aussuchen oder die Online-Beratung nutzen. Außerdem gibt es Infomaterial zum Thema Verhütung und Schwangerschaft. In dringenden Fällen kannst du auch rund um die Uhr das »Pille danach Infotelefon« von pro familia nutzen (01805-776326, 14 ct. pro Minute). Dort wird dir schnell und unkompliziert geholfen, falls du befürchtest, dass bei der Verhütung etwas schiefgelaufen sein könnte. www.profamilia.de Caritas Die Caritas ist ein Verband der Katholischen Kirche. Neben einer Liste aller Beratungsstellen und vielen Infos findest du hier auch eine E-Mail-Beratung und einen Chat zum Thema Schwangerschaft. Hier hast du die Möglichkeit, zu bestimmten Zeiten in einem geschützten Chatroom mit einer Beraterin zu sprechen. www.beratung-caritas.de Diakonie Auch die Diakonie (Beratungsstelle der Evangelischen Kirche) hilft dir in allen Zentren vor Ort weiter. Die Adressen findest du auf der Webseite. www.diakonie.de


liebe 07

Schlimmer als Zahnarzt? Beim Gedanken an den Frauenarzt bekommen viele Mädchen weiche Knie. Wir geben Tipps für den ersten Besuch.

Wir müssen reden

text: Ramona Demetriou

Arztbesuche im Allgemeinen sind unangenehm. Ganz klar. Doch wenn man vor Zahnschmerzen fast die Wände hochgeht, bleiben einem nicht viele Möglichkeiten – man muss zum Zahnarzt. Anders ist es bei Frauenärzten. Dort soll frau hin, auch wenn sie gerade keine Schmerzen hat. Dabei graut es den meisten Mädchen davor, mit einem Fremden über Intimes wie Sex oder die Periode zu sprechen. Und auch beim Gedanken an den gynäkologischen Stuhl wird vielen mulmig. »Mädchen sollten ganz locker zum ersten Termin kommen«, sagt der Hamburger Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. med. Jürgen W. Schumann. »Beim ersten Besuch untersuche ich persönlich auch nicht auf dem Gynäkologenstuhl, sondern führe auf einer normalen Liege einen Ultraschall an der Bauchdecke durch.« Vor der eigentlichen Untersuchung, sagt der Arzt, gibt es sowieso erst ein ausführliches Beratungsgespräch. »Bei der Erstberatung informiere ich über den Biorhythmus, sexuell übertragbare Krankheiten und die Verhütung«, erklärt Dr. Schumann. Er rät den Mädchen, beim ersten Besuch einen kleinen Spickzettel mitzubringen. Auf den können sie alle wichtigen Fragen schreiben. »In der Aufregung vergessen die Patientinnen manchmal, was sie eigentlich wissen wollten. Da hilft eine kleine Gedankenstütze«, sagt der Arzt. Beim Untersuchungstermin sollte das Mädchen keine Regelblutung haben. Und was den »Dresscode« betrifft, eignen sich lange T-Shirts oder ein Rock. Den kann man bei der Untersuchung anlassen. »Die meisten Mädchen kommen das erste Mal zum Frauenarzt, weil sie sich über Verhütung informieren möchten«, sagt Dr. Schumann. Für viele stellt sich dann auch die Frage: Erfahren meine Eltern davon? Bei Minderjährigen entscheidet der Arzt über die Schweigepflicht. Wenn die Patientin reif wirkt und alles versteht, was der Frauenarzt ihr erklärt, müssen die Eltern nicht über den Besuch informiert werden. •

Ab welchem Alter sollte aufgeklärt werden? Wir haben nachgefragt. »Zu früh gibt’s nicht. Sexualaufklärung sollte immer angeboten werden – aber dem Alter angemessen. Wir fangen damit in der 3. Klasse an und begleiten die Schüler bis in die höheren Klassen.« Dieter Schuchhardt, Sexualpädagoge bei Pro Familia

»Wir sehen keinen Zwang, ab einem bestimmten Alter aufzuklären. Wir richten uns nach den Kindern und Jugendlichen: Wenn sie Fragen zu Sexualität haben, dann ist es Zeit, darüber zu sprechen.« Michael Kreuzfelder, Pressesprecher BDKJ

ANZEIGE »Die Aufklärung sollte ab etwa zwölf Jahren stattfinden. Eine Aufklärung über Verhütungsmittel sollte bei Mädchen etwas früher als bei Jungen einsetzen, um Entscheidungshilfen zu bieten.« Sabine Knapstein, Fachärztin und AOK-Expertin

illustration: christoph rauscher

»Aufklärung ist ein lebensbegleitender Prozess. Sie sollte so früh wie möglich beginnen und dem Alter und Entwicklungsstand entsprechende Antworten auf Fragen rund um Themen wie Körper, Liebe, Freundschaft und später auch Sexualität geben.« Julia Jakob, Pressereferentin BZgA

»In der Grundschule werden die Schüler in der 3. oder 4. Klasse altersgemäß an das Thema Sexualität herangeführt. Sexualkunde ist im Bildungsplan fest verankert und wird in den weiterführenden Schulen wieder aufgegriffen.« Carina Olnhoff, Pressereferentin Kultusministerium Baden-Württemberg

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Wie lernt unser Gehirn am besten? Wie sich Erkenntnisse aus Neurowissenschaft und Epigenetik fürs Lernen nutzen lassen. Text: alexa fanta Viele kennen das: Wir lesen eine Seite mit wichtigen Inhalten, die wir behalten wollen, zum Beispiel für eine Prüfung. Aber auch nach mehrmaligem Lesen und Aufsagen bleiben unsere Mühen vergeblich. Wir speichern den Inhalt, den wir so dringend brauchen, nicht langfristig ab und haben ihn spätestens am nächsten Tag wieder vergessen. Das liegt keinesfalls daran, dass wir dumm sind oder zu wenig Speicherkapazität haben – schließlich nutzen wir nur einen Bruchteil unserer potenziellen Gehirnleistung. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir uns und unsere Umgebung an den Lernprozess nicht richtig angepasst haben. Dies kann man ändern und damit den Lernerfolg steigern. Das Gehirn lernt wesentlich leichter ohne Stress, zumindest ab dem zweiten Mal. Beim ersten Mal sind wir unter Stress leistungsfähiger, aber die mit dem Lernen verknüpfte negative Stresserfahrung wird abgespeichert und löst bei der nächsten ähnlichen Situation Abwehrverhalten aus. Wir sind blockiert. Dann haben die

illustration: jakob hinrichs

08 schule

Informationen nicht mehr die Möglichkeit, aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis überzugehen. Wir vergessen wieder. Auch zu viel Koffein, wenig Schlaf oder mangelnde Bewegung sind Stressfaktoren für unser Gehirn. Eine gesunde Lebensweise ist also eine gute Voraussetzung für erfolgreiches Lernen – genauso wie positive Assoziationen, also Spaß. Denn wenn ein Lernstoff mit positiven Gefühlen assoziiert wird, wird er besser gespeichert. Deshalb ist es wichtig, sich für ein Studium oder einen Beruf zu entscheiden, der einem Spaß macht. Hier ist der Erfolg wahrscheinlicher. Lernen ist auch eher erfolgreich,

»Energie betrifft uns alle« Dr. Regina Palkovits ist studierte Chemieingenieurin und leitet eine Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr, die sich mit der Entwicklung von Katalysatoren beschäftigt. Die 30-Jährige ist eine der Themenbotschafterinnen für das Wissenschaftsjahr Energie, bei dem die Zukunft der Energie im Mittelpunkt steht. interview: ineke haug Wann haben Sie angefangen, sich für Naturwissenschaften zu interessieren? Dr. Regina Palkovits: Schon in der Schule konnte ich mich für Chemie, Physik und Mathe begeistern, nach dem Abitur habe ich dann nach einem Studiengang gesucht, der möglichst viele naturwissenschaftliche Komponenten vereint, weil ich mich nicht für ein Fach entscheiden konnte. So bin ich dann bei Chemieingenieurwesen und der Arbeit an erneuerbaren Energien gelandet. An welchen Aspekten der erneuerbaren Energien arbeiten Sie momentan? Ich befasse mich mit der Entwicklung von Katalysatoren, also Hilfsstoffen, die für energieeffiziente Prozesse sorgen. Beispielsweise kann man durch sie erreichen, dass es für die Umwandlung eines bestimmten Stoffes in einen anderen nicht mehr einige hundert Grad braucht, sondern vielleicht nur 50 Grad, dadurch kann unheimlich viel Energie gespart werden. Warum sind Sie Themenbotschafterin für das Wissenschaftsjahr Energie geworden?

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Mir ist es wichtig, jungen Leuten zu zeigen, was man mit Naturwissenschaften später im Beruf anfangen kann. Ich denke, dass sich viele Schüler für diese Fächer interessieren, aber sich gar nicht genau vorstellen können, wie sie angewendet werden. Außerdem finde ich es wichtig, zu zeigen, dass wir nicht im stillen Kämmerlein sitzen, vor uns hin forschen und keiner weiß so genau, was wir eigentlich machen. Welche Erfahrung haben Sie mit der Forschungsbörse an Schulen gemacht? Die Begeisterung der Schüler ist unheimlich groß, vor allem, wenn es um Versuche geht, wie zum Beispiel Biodiesel herzustellen oder den Energiegehalt von verschiedenen Lebensmitteln zu bestimmen. Oft war den Schülern gar nicht klar, welchen Realitätsbezug solche Versuche haben. Mir war auch wichtig den Schülern zu vermitteln, dass soziale Kompetenz und Teamdenken für die Forschung genauso wichtig sind, wie das Fachwissen.

wenn möglichst viele Sinne daran beteiligt sind. Wir können uns schnell merken, was ein Apfel ist, weil wir ihn nicht nur sehen, sondern auch schmecken. So werden die Informationen in unserem Gehirn an unterschiedlichen Stellen durch so genannte neurale Verknüpfungen gespeichert. Und je multipler diese Verknüpfungen sind, desto besser ist die Information gespeichert. Um Gelerntes auch nach längerer Zeit nicht zu vergessen, ist es wichtig, das Gelernte zu wiederholen, denn wenn die Neuronenverbindungen nicht genutzt werden, lösen sie sich wieder. Wir vergessen. Schon so mancher hat sich in der Schule zum Beispiel gefragt, ob er überhaupt »das Zeug zu Mathe hat«, ob es vielleicht einfach nicht in seinen Genen liegt, gut in Mathe zu sein. Das ist ein Trugschluss. Denn unser genetischer Code programmiert uns nicht unveränderbar für den Rest unseres Lebens. Die Gene unseres Genoms werden epigenetisch (Vorsilbe »epi« = hinterher, zusätzlich) reguliert, also an- und ausgeschaltet, je nachdem welchen Umwelteinflüssen, also zum Beispiel Nahrung, Erfahrungen, Gefühle, wir ausgesetzt sind. Dabei sind vor allem die ersten Lebensjahre entscheidend. Aber auch noch im Laufe unseres Lebens können wir das »Zusammenspiel« unserer Gene und damit unsere Möglichkeiten noch beeinflussen. Wenn du willst, dass es mit dem Lernen klappt, solltest du ausgeschlafen sein, dich genug bewegen, gesund essen und dir eine stressfreie Umgebung schaffen. Versuche, den Lernstoff auf verschiedene Arten mit mehreren Sinnen zu entdecken und wiederhole ihn so oft es geht. •

Das Wissenschaftsjahr Energie – Die Zukunft der Energie Wie wird die Energieversorgung in den kommenden Jahrzehnten sichergestellt? Wie erreichen wir den Durchbruch zu den erneuerbaren Energien? Das Wissenschaftsjahr 2010 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung widmet sich der Frage, wie die Energieversorgung der Zukunft aussieht. www.zukunft-der-energie.de

Was ist die Forschungsbörse? Mit der Forschungsbörse bringt das Wissenschaftsjahr Energie Forscherinnen und Forscher mit Kindern und Jugendlichen zusammen: Lehrkräfte und ihre Schulklassen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu sich ins Klassenzimmer einladen, oder sie an ihrem Arbeitsplatz besuchen. Auf www.forschungsboerse.de stellen sich Energieexpert/innen vor und berichten von ihrem Werdegang und ihrem Arbeitsalltag. In einem Kalender ist außerdem vermerkt, wann sie Zeit für einen Besuch in einer Schule in der Nähe haben.

Die Jugendzeitung YAEZ ist Medienpartner des Wissenschaftsjahres Energie


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Neues Jahr, neues Glück Klar, fürs neue Schuljahr hat jeder seine guten Vorsätze. Für manche fängt aber auch ein völlig neuer Lebensabschnitt an. Drei Schüler erzählen, was sich für sie im neuen Schuljahr ändert. protokolle: ineke haug, Marcel jäger Max, 17, geht mit einem Stipendium für ein Jahr in die USA nach Ohio

Isabel, 16, besucht ab September in einer neuen Stadt ein neues Gymnasium

Leonie und Marie-Christine, beide 16, werden mit der höheren Stufe zusammengewürfelt

Ich gehe nächstes Schuljahr mit dem PPP-Stipendium des deutschen Bundestags ein Jahr in die USA. Daher wird sich für mich so ziemlich alles verändern, was sich überhaupt verändern kann. Auf mich warten eine neue Kultur, eine neue Familie, neue Freunde, eine neue Stadt – alles neu eben. Ich freue mich schon riesig auf den Moment, wenn ich das erste Mal meine Gastfamilie sehe und mein Traum in Erfüllung geht, einmal für ein ganzes Jahr in den USA zu leben – auch wenn sicher ab und an Momente kommen werden, in denen ich mir wünsche, ich wäre besser in der vertrauten Heimat geblieben. Aber immerhin bin ich gut vorbereitet – das Englischlernen hatte hoffentlich einen Sinn. •

Da wir in den Sommerferien umgezogen sind, besuche ich im nächsten Schuljahr ein anderes Gymnasium. Es wird schon komisch sein, nicht mehr so wie bisher in der Pause auf dem Schulhof die immer gleiche Runde mit den gleichen Freunden zu drehen, nicht wie gewohnt am selben Tisch in der Kantine zu essen oder einfach den gewohnten Schulgong zu hören. So viele Kleinigkeiten, die sich jetzt verändern werden! Da bekomme ich schon ein mulmiges Gefühl... Andererseits werde ich hoffentlich auch an der neuen Schule Klassenkameraden finden, mit denen man richtig Spaß haben kann. Und eine neue Runde auf dem Pausenhof werde ich bestimmt auch bald entdecken. •

Durch die G8-Reform gibt es in Baden-Württemberg im nächsten Schuljahr einen doppelten Jahrgang. Das heißt, dass wir, die ehemaligen 10er und die 11er im nächsten Schuljahr eine Stufe bilden. Wir werden also in verschiedenen Kursen mit den »Älteren« zusammengeworfen. Das wird für uns eine komische Situation, schon allein wegen des Altersunterschieds. Wir sind 16, manche Mitschüler in der 11. Klasse schon 19 Jahre alt! Für uns sind die 11er eben die »Großen« und wir für sie die »Kleinen«. Kontakt hatten wir zur höheren Stufe bis jetzt nicht, also werden wir einfach sehen müssen, wie wir uns alle so verstehen. Und wer weiß – vielleicht entstehen ja auch neue Freundschaften. •

Neue Klasse, neues Vorurteil Für manche war sie eine Streberin, für andere die Schickimicki-Göre – Kira hat oft die Klasse gewechselt, und wurde genauso oft mit Vorurteilen konfrontiert. Text: kira brück Ich bin Streberin, Klassenclown, Herzensbrecherin, Schickimicki-Tante, Sportskanone und Kumpelmädchen in einer Person. Nicht, weil ich ein Chamäleon wäre oder eine multiple Persönlichkeit, sondern weil ich oft die Schule gewechselt habe – und mir jedes Mal von meiner neuen Klasse ein neues Image verpasst wurde. Frisch auf dem Gymnasium angekommen, gründete ich meine erste Schülerzeitung und war Klassensprecherin. Klar, dass ich den Ruf als engagierte Streberin nicht mehr loswurde – da konnte ich im Unterricht, so oft ich wollte nicht aufpassen oder dummes Zeug dazwischenrufen. Das Image klebte an mir, bis ich in der 10. Klasse auf die katholische Mädchenschule wechselte, weil ich unbedingt bei meinem Vater wohnen wollte. Also auf in die hessische Provinz. Die Jahre davor hatte ich mit den Jungs zusammen Sportunterricht, war also eine harte Gangart gewohnt – und hängte jetzt die Mädels beim Basketball ab. Ehe ich bis drei zählen konnte, war ich als Sportskanone verschrien. Und weil ich ein bisschen frech war für den Geschmack meiner braven Mitschülerinnen, bekam ich die Rolle des Klassenclowns obendrauf. In der 12 zog es mich wieder in die Stadt, der nächste Schulwechsel stand an. Am ersten Tag parkte ich mit Mamas Auto in der Nähe meiner neuen Bildungsstätte – zack! war ich die Tochter aus gutem Hause. Ich konnte im fleckigen Hoodie im Unterricht erscheinen, half alles nichts, von nun an galt ich als Schickimicki-Göre. Bei all meinen Schulwechseln habe ich eines gelernt: Unterschätze nie die Vorurteile, die andere über dich fällen, ohne auch nur drei Sätze mit dir gewechselt zu haben! Die wirst du nämlich so schnell nicht wieder los. Neu zu einer bereits existierenden Gruppe dazuzustoßen ist nicht nur für einen selbst hart, sondern vor allem für die anderen. Denn die haben eine Rangordnung, ein Weltbild, ein kleines Universum, wo jeder seinen Platz hat. Und müssen dich so schnell wie möglich irgendwie einsortieren. Das geht am besten, wenn du in irgendeine Schublade passt. Deshalb war ich schon alles – und habe es überlebt. Wichtig ist nämlich, dass man am Ende selbst am besten weiß, wer man ist. •

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10 schule

News von Schülern für Schüler Zwei junge Journalisten empfehlen die Inhalte aus der »ZEIT« und von »ZEIT ONLINE«, die für Schüler interessant sind. interview: ineke haug

Rick und Christina auf der Suche nach Nachrichten, die Schüler interessieren könnten

Nanoline Contest

Wie ist die »Zeit« auf euch zugekommen? Rick: Es gab eine offizielle Ausschreibung, an der ich teilgenommen habe. Dabei ging es darum, ein Konzept für den Newsletter zu entwerfen. Christina habe ich von dem Projekt erzählt, als es um die Suche nach einem zweiten Jungjournalisten ging. Ich kannte Christina von einem Schülerzeitungs-Wettbewerb, mit ihr konnte ich mir eine Zusammenarbeit sehr gut vorstellen. Auch Christina musste sich offiziell bewerben und ist schließlich genommen worden. Was ist das Besondere an dem Newsletter? Rick: Was den Newsletter ausmacht, ist die junge Perspektive, aus der wir sämtliche Themen betrachten. Andere Jugend-Medien berichten ja oft hauptsächlich über Jugendthemen wie Schule oder Studium. Unser Konzept ist, dass wir Artikel aus allen Bereichen aufgreifen und die dann aus unserem Blickwinkel »anteasern«. Kurz: Wir empfehlen unserer Altersgruppe die wichtigsten Beiträge der Woche. Christina: An den Texten selbst werden wir allerdings nichts ändern. Wir kommentieren sie aber, schreiben, warum wir bestimmte Artikel ausgewählt haben und was wir an ihnen spannend finden. Zweimal im Monat wird es außerdem eine Straßenumfrage zu einem aktuellen Artikel geben. Also eigentlich kein klassischer Newsletter... Christina: Nein, eigentlich geht das Angebot weit über einen Newsletter hinaus. Wir wollen die Nutzer mit einbinden. Es wird Verlinkungen zu Videoportalen und sozialen Netzwerken geben. Rick: Zeitversetzt zum Newsletter werden die Artikel auch auf einer Facebook-Seite gepostet, die wir betreuen. Das gibt den Usern die Möglichkeit, die Artikel zu kommentieren und ihre Meinung zu sagen. Die Interaktion mit den Jugendlichen ist auf jeden Fall Teil des Konzepts. Ist es ein Vorteil, dass ihr selbst im Alter der Leser seid? Christina: Auf jeden Fall. Wir haben ein »junges Auge« für Texte, die für Jugendliche interessant sind. Außerdem können wir unseren Lesern mit einem Einstieg auf Augenhöhe den Zugang zu den doch recht anspruchsvollen »Zeit«-Artikeln erleichtern. Rick: Unser Vorteil ist natürlich, dass wir am eigenen Leib mitbekommen, was Gleichaltrige interessiert. Ich bin ja selbst noch Schüler und kriege in der Pause mit, über was sich die anderen Jugendlichen unterhalten und was sie beschäftigt. Darauf kann ich direkt reagieren und die Themen bei der Artikel-Auswahl aufgreifen. Der Newsletter »Zeit für Euch« stellt interessante Beiträge aus der »ZEIT« und von »ZEIT ONLINE« vor. Gleichzeitig kannst du bei Facebook zu Themen wie Politik, Kultur oder Berufswahl diskutieren. www.zeit.de/newsletter

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Schülerwettbewerb zur politischen Bildung

Zum 40. Mal veranstaltet die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) den Schülerwettbewerb zur politischen Bildung. Du bist Fan von Gemeinschaftskunde und Politik? Lass deinen kreativen Ideen freien Lauf: »Arm trotz Arbeit« oder »Traumfabrik Castingshow?« könnten Themen sein, mit denen du dich intensiv beschäftigst und daraus beispielsweise eine Präsentation, ein Podcast oder einen Film machst. Der Einsendeschluss ist der 1. Dezember, teilnehmen können Schüler der 5. – 11. Klasse. Mehr Infos zur Teilnahme online. www.schuelerwettbewerb.de

Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten

Entdecke, wie spannend Geschichte ist: Beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten zum Thema »Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte« gehst du in deinem Wohnort auf Spurensuche. In der Geschichte gab es oft Skandale, Fehlverhalten von Politikern, Sportlern, Menschen der Öffentlichkeit. Deine Aufgabe: Decke die kleinen und großen Skandale auf. Bundespräsident Christian Wulff dazu: »Wichtig erscheint mir bei der Betrachtung von Skandalen, genau hinzusehen, kritisch mit Vorwürfen und Vorverurteilungen der Beteiligten umzugehen.« Zu gewinnen gibt es Preise im Gesamtwert von 250.000 Euro, Einsendeschluss ist der 28. Februar 2011. www.geschichtswettbewerb.de

texte: marcel jäger

Ihr seid beide noch jung, wo habt ihr eure journalistischen Erfahrungen gesammelt? Rick: Ich habe mit 13 angefangen, für verschiedene Zeitungen zu schreiben, unter anderem auch für »Zeit Online«, außerdem habe ich in den Ferien Praktika bei »CNN« und der »Time« gemacht. Christina: Bei mir hat es in der 9. Klasse mit der Schülerzeitung angefangen, wo ich dann auch Chefredakteurin war. Außerdem habe ich für die Lokalzeitung geschrieben und auch Praktika gemacht.

Bastler aufgepasst: Der Industrie-Elektronikhersteller »Phoenix Contact« veranstaltet einen Wettbewerb für technikbegeisterte Schüler. Mithilfe der Steuerungsplattform »Nanoline«, der jeder Teilnehmergruppe gestellt wird, kannst du automatisierte Maschinen selbst bauen und simulieren. So wurde in den vergangenen Jahren zum Beispiel ein Getränkemixer oder eine »Frühstücksmaschine« entworfen. Pro Kategorie werden die drei besten Ideen mit Geldpreisen prämiert. Teilnehmen können alle Schüler bis einschließlich 18 Jahre. Anmelden kannst du dich bis zum 6. Oktober online. www.phoenixcontact.net/ nanoline-contest


schule 11

Jung, deutsch, Muslim Bastian Gerner wuchs in einem katholischen Dorf auf. Seine Erfüllung fand er aber erst im Islam. text und foto: jens wiesner Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 tun sich die Deutschen schwer mit dem Islam. Viele Muslime fühlen sich unter Generalverdacht gestellt, in einen Topf geworfen mit einer kleinen Gruppe radikaler Fundamentalisten. Kein einfaches Klima für junge Deutsche, die zum Islam konvertieren wollen und sich freiwillig für ein Leben nach den Regeln Allahs entscheiden. Ostersonntag, 2007: Im fränkischen Dorf Zell am Main strömen Menschenmassen in die kleine katholische Kirche. 500 Kilometer entfernt wälzt sich Bastian Gerner im Bett seiner Berliner Wohnung hin und her. Geschlafen hat er nur wenig, tausend Gedanken schwirren im Kopf des 24-Jährigen. Kein Wunder – heute soll aus dem jungen Hip-Hopper ein Muslim werden. In Zell am Main, Bastians Heimatdorf, gehört es zum Standard, katholisch zu sein. Wie seine Klassenkameraden wird der junge Bastian erst einmal Messdiener. Doch die Worte des Priesters berühren ihn nicht. »Es war nur eine Tätigkeit, keine Erfüllung«, erzählt Bastian heute. »Mit dem Christentum habe ich nie etwas anfangen können.« Stattdessen stürzt sich der junge Schüler auf seine Leidenschaft, den Hip-Hop. Beats schrauben, Raps schreiben – das ist sein Leben. In der 12. Klasse bricht Bastian das Gymnasium ab und taucht voll in die Würzburger Hip-Hop-Szene ein: Sein Lebenstraum: ein Rapper zu sein und ein eigenes Tonstudio zu besitzen. Bastian gefällt das Leben in der Community, er gründet eine Band, für deren Namen er sich später schämen wird: Dibo Rakete und die Kosmonauten. Dibo lebt für die Musik, aber auch für Partys, Mäd-

ker eines Tages in seine Gemeinde nach Potsdam einlädt, schlägt Dibo ein: »Nicht wegen der Religion, ich wollte einfach diesen Typ besser kennenlernen.« Doch das Umfeld gefällt Bastian: Er findet ein multikulturelles Grüppchen vor, Menschen aller Altersgruppen, vereint in ihrem Glauben. Vor allem aber ist er fasziniert von der Struktur, die diese Religion ihren Anhängern mitgibt: »Im Christentum kannst du machen, was du willst. Im Islam gibt es klare Regeln – einen Weg, der dir hilft, dein komplettes Leben zu strukturieren.« In Potsdam angekommen, steht Bastian Gerners großer Moment kurz bevor. Doch in der Hektik des Augenblicks hat der junge HipHopper eine wichtige Sache vergessen: sich einen neuen islamischen Namen zu überlegen. Kurzerhand machen seine Freunde Vorschläge. Bastian gefällt »Musa«, die arabische Bezeichnung für Moses. »Ich wollte keinen Namen, den ich nicht selbst aussprechen konnte.« Später wird Musa auch der Name seiner neuen Band werden. Nach dem ersten Besuch zieht es Bastian »Dibo« Gerner immer wieder zurück in die islamische Gemeinde nach Potsdam. Obwohl er die arabischen Gebete nicht versteht, bleibt er und ahmt die Bewegungen der Gläubigen nach, wenn sie sich gen Mekka verneigen. Langsam reift in seinem Kopf der Gedanke, voll und ganz dazugehören zu wollen. »Es war keine intellektuelle Entscheidung – einfach das Gefühl, einen attraktiven alternativen Lebensweg in der heutigen Zeit gefunden zu haben.« Zuvor wartet noch eine wichtige Hürde auf den jungen Mann: Bastian möchte nicht ohne den Segen seiner Eltern Muslim werden. Die reagieren überrascht und skeptisch. Mit dem Islam verbinden Mutter und Vater Gerner vor allem negative Schlagzeilen von Terrorismus, Ehrenmorden und unterdrückten Frauen. »Warum denn nicht lieber Buddhismus?«, schlägt seine Mutter vor. Bastian erklärt und erläutert, rückt manches Vorurteil in ein anderes Licht. Er kann seine Eltern schließlich überzeugen. Als Bastian endlich die Worte des Glaubensbekenntnisses spricht, seinen Glauben an Allah bezeugt, sind nicht nur zwei Zeugen dabei: Gleich die gesamte Gemeinde hat sich versammelt, um ihr neuestes Mitglied willkommen zu heißen. Mit den Worten fallen die Anspannung und Zweifel der vergangenen Monate von ihm ab. »Ich habe geheult wie ein Schlosshund: Es hat sich unbeschreiblich

»Im Islam gibt es klare Regeln – einen Weg, der dir hilft, dein komplettes Leben zu strukturieren« chen, Marihuana und Alkohol. Als es in Würzburg nicht mehr vorwärts geht, bricht er dort seine Zelte ab. Es zieht ihn weiter, in die Hauptstadt Berlin. Auf seinem Weg ins Islamische Zentrum nach Potsdam wiederholt Bastian Gerner im Geiste immer wieder einen Satz aus dem Koran: »Aschhadu an lā ilāha illā llāhu wa-aschhadu anna Muhammadan rasūlu llāh« – das islamische Glaubensbekenntnis (Schahāda). Nach islamischer Mehrheitsmeinung gilt als Muslim, wer dieses Bekenntnis vor zwei männlichen Zeugen ausspricht. Einzige Bedingung: Die Worte müssen auf Arabisch gesprochen werden. Eine Herausforderung für Bastian. Er will an diesem Tag keine Fehler machen. Nach seinem Berlin-Umzug wird Dibo schnell in der dortigen Hip-Hop-Szene heimisch. Er freundet sich mit dem Rapper Mellow Mark an, ein Vorbild für den jungen Musiker. Beide verbringen viel Zeit gemeinsam – unweigerlich taucht bei den Gesprächen auch der Islam als Thema auf: Seit 2005 ist Mellow Mark Muslim. Als ihn der Musi-

gut angefühlt.« Nur sein neuer Name bereitet Bastian noch einige Probleme: Als er als frisch gebackener Muslim mit einigen Kumpels aufs Fußballfeld geht, gehen ungewöhnlich viele Pässe ins Leere: Die Jungs rufen ihn bereits Musa. Drei Jahre später hat sich Musa Bastian Gerner längst an seinen neuen Namen gewöhnt. Dass Alkohol und exzessive Partynächte jetzt für ihn als Muslim ausfallen, findet er nicht schlimm. »Ich habe mich ausgetobt«, sagt er augenzwinkernd. Drei Monate nach seinem Zeugnis hin zu Allah hat Musa seine spätere Frau kennengelernt, dann das Abitur nachgeholt und eine Ausbildung zum Mediengestalter begonnen. Zum Fastenmonat Ramadan hat sich Musa vorgenommen, so oft es geht zum Gemeinschaftsgebet in die Moschee zu gehen. An seiner Liebe zur Musik hat sich indes nichts geändert. Musa hat mit einigen Kollegen eine neue Band gegründet und 2008 die Platte »Balsam« herausgebracht – mit nachdenklichen Texten »für Nicht-Muslime wie Muslime«. Nur manchmal blitzt in den Songs ein wenig Frust über die Vorurteile gegenüber dem Islam auf: »Nein, es geht nicht um so ’nen Quatsch wie die Weltherrschaft, es geht um den, der die Welt erschaffen hat.« •

Insgesamt leben in Deutschland laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime (ungefähr 5 Prozent der Gesamtbevölkerung). Nur 34.720 von ihnen wurden Ende 2008 vom Verfassungsschutz einer islamistischen Gruppierung zugerechnet. Das Wort »konvertieren« stammt aus dem Lateinischen und meint die Abkehr von einer Glaubensweise hin zu einer anderen. Viele Muslime mögen das Wort »konvertieren« nicht. Lieber sprechen sie davon, den Islam anzunehmen. »Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer dem (einzigen) Gott gibt, und ich bezeuge, dass Mohammad der Gesandte Gottes ist.« Auf Musas MySpace-Seite (myspace.com/musamusik) kannst du dir neun Songs anhören.

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12 buch

Die Frankfurter Buchmesse ist die größte Buchveranstaltung weltweit. Vom 6. bis zum 10. Oktober stellen auch in diesem Jahr große und kleine Verlage ihre Neuerscheinungen vor, während Autoren, Journalisten und Buchliebhaber das Messegelände bevölkern. Uns hat die Buchmesse dazu inspiriert, dir die interessantesten Neuerscheinungen, eine junge Autorin und das diesjährige Gastland Argentinien vorzustellen.

Argentinien – Land der Bücher In kaum einem anderen Land wird so viel gelesen und geschrieben wie in Argentinien. text: stefanie schäfer Wenn man an Argentinien denkt, fallen einem saftige Rindersteaks und dribbelstarke Fußballstars ein. Aber das südamerikanische Land hat auch ein Faible für Literatur: Bei einer aktuellen Umfragen gaben 86 Prozent der Argentinier an, regelmäßig Bücher zu lesen. Kein Wunder, dass es in Buenos Aires unzählige Literaturbars, Literaturzeitschriften, Lesungen und Literaturfestivals gibt. Gleich mehrere deutsche Verlage haben diese Vielfalt für sich entdeckt und

führen regelmäßig argentinische Schriftsteller in ihrem Programm. So verlegt der Hanser-Verlag das Werk von Jorge Luis Borges, dem Klassiker der argentinischen Literatur, der als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Moderne gilt. Im Carlsen-Verlag erscheinen Bücher von argentinischen Autoren, die sich an ein jüngeres Publikum wenden, wie beispielsweise das Jugendbuch »Ist das Leben eine Abfolge einzelner Punkte?« von Martín Blasco. Aber auch kleinere Verlage widmen sich dem südlichen Literaturland – so veröffentlicht der Wiesbadener Verlag Luxbooks eine Anthologie junger argentinischer Dichter. Neben Borges ist Cervantes-Preisträger Juan Gelman einer der großen Autoren Argentiniens – er ist Teil des umfangreichen Verlagsprogramms des Literaturverlags Edition Delta. Hier erscheinen außerdem die Argentinier Alberto Szpunberg und der mehrfach ausgezeichnete Roberto Juarroz. Die Buchmesse lädt also ein, sich in die argentinische Literatur einzulesen – denn Argentinien ist mehr als Rumpsteak und Galafußball. •

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448 Seiten, 19,90 Euro Erscheinungstermin: 24. August 2010; Carlsen

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208 Seiten, 14,95 Euro; Erscheinungstermin: 27. September 2010; Pendo

»Wir nehmen unsere Macken mit Humor« Wie Millionen andere Studienanfänger verließ die 21-jährige Allyssa Ullrich ihr Elternhaus, um in die erste eigene Wohnung zu ziehen. Witzig und mit großer Leichtigkeit schreiben sie und ihre Mutter Hortense Ullich in »Schlaflos in Hamburg« über leere Kühlschränke, Studium und Jobsuche. Wie entstand die Idee zu dem Buch? Meine Mutter arbeitet ja schon etwas länger als Autorin und nutzt seit Jahren Dinge, die sich bei uns zu Hause abspielen, als Vorlage für ihre Bücher. Aber natürlich immer aus ihrer Sicht. Selbst ein Buch zu schreiben war die einfachste Art und Weise, mir auch mal Gehör zu verschaffen. War es seltsam, mit deiner Mutter an einem Buch zu arbeiten? Ein bisschen. Es waren eben nicht mehr meine Hausarbeiten, die ich ihr zum Lesen schickte, sondern Kapitel, in denen ich mich über sie aufregte. Ein paar Tage später trudelte dann ihr Kapitel bei mir ein, mit dem sie sich dann revanchierte. Da wir aber beide unsere Macken mit Humor nehmen, ging es doch relativ friedlich zu. Fühlst du dich jetzt als Schriftstellerin, wirst du weiter schreiben? Als Schriftstellerin fühle ich mich noch nicht, aber ich schreibe trotzdem weiter. Es ist eine tolle Ausrede, um nicht faul und unproduktiv zu wirken, wenn ich stundenlang vorm PC hocke. Immer wenn mich jemand anspricht und fragt, was ich denn da die ganze Zeit mache, kann ich sagen, dass ich gerade an einem neuen Kapitel arbeite. Alle nicken dann sofort verständnisvoll und lassen mir meine Ruhe. Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft? Gilt meinen Kleiderschrank aufräumen als Plan? Das nächste Buchprojekt haben meine Mutter und ich jedenfalls schon in Angriff genommen. Ach ja, nebenbei mache ich dann noch nächstes Jahr meinen Bachelor in Medienwissenschaften. Hat sich dein Verhältnis zu deiner Mutter durch das Buch verändert? Eigentlich nicht, jedenfalls nicht zum Negativen. Ich stelle allerdings fest, dass meine Mutter langsam realisiert, dass ich erwachsen bin. Zweimal hat sie mich schon aus Versehen gesiezt. interview: ineke haug Hortense & Allyssa Ullrich. Schlaflos in Hamburg. 192 Seiten, 12,95 Euro. Erscheinungstermin: 1. Oktober 2010. Rowohlt.

Katharina Weiß »Generation Geil – Jugend im Selbstporträt« Die 16-jährige Katharina Weiß hatte die Nase voll davon, dass ihre Generation in den Medien ständig schlecht gemacht, in Schubladen gesteckt und pauschalisiert wird. Also beschloss sie, der »Generation Geil« eine Stimme zu geben und zu zeigen, wie facettenreich Jungsein in Deutschland sein kann. Sie suchte nach 20 Jugendlichen, die nicht unterschiedlicher sein könnten und ließ sie von ihrem Leben erzählen. Herausgekommen ist eine liebevolle Momentaufnahme ihrer Generation, die spannend zu lesen ist und in der sich der eine oder andere wiederfinden wird. Das Buch überrascht mit tiefen Einblicken in die Welt der Befragten, ihre Weltbilder, Ängste und Träume. Für Fans von: »Frühlingsflattern« von Sylvia Gelinek und Annika Kühn 264 Seiten, 9,95 Euro; Erscheinungstermin: 1. September 2010; Schwarzkopf&Schwarzkopf

illustration: jakob hinrichs

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Alexa Henning von Lange »Lucy und die Jungs – Traum-Raum-Wohnung« Lucy hat mit ihren immerhin schon 16 Jahren noch relativ wenig vom »echten Leben« mitbekommen. Weil sie nämlich eher in ihrem Zimmer sitzt und für ihre Geigenkarriere übt, als auf wilden Partys mit Jungs zu knutschen. Sie hat jedoch genug von dieser Version ihres Ichs und beschließt kurzerhand, die Identität zu wechseln. Also wählt sie den radikalen Weg und flüchtet vor ihrer ehrgeizigen Mutter in eine Vierer-WG. Mit ihren neuen Mitbewohnern stürzt sie sich ins Abenteuer und lebt Liebe, Freundschaft und ihre Träume. Doch die große Freiheit stellt sich als ganz schöne Herausforderung heraus. Alexa Henning von Lange ist es wieder gelungen, dass wir sofort Sympathie für die Protagonistin empfinden, uns mit ihr freuen, uns mit ihr ärgern. Ein Roman über die Zeit, in der alles wunderbar Oliver Kahn einfach und zugleich »Du packst es! Wie du schaffst, was du willst« schrecklich kompliOliver Kahn musste in seinem Leben viele Rückschläge einstecken, ziert ist. Für Fans von: bevor er der Weltklasse-Torwart wurde, als den wir ihn kennen. Diese »Leute ich fühle mich Erfahrungen möchte er an Jugendliche weitergeben und ihnen helfen, leicht« von Alexa Henan sich zu glauben und für ihre Träume zu kämpfen. Das zweite Moning von Lange tivationsbuch des Ex-Fußballprofis ist sehr persönlich und anschaulich und steckt voller motivierender Botschaften. Spannend ist auch, dass es voll persönlicher Er288 Seiten, 14,99 Euro fahrungen Oliver Kahns steckt. Zum Beispiel wie er bei seinem ersten BundesligaErscheinungstermin: 30. August 2010; cbt Spiel gleich vier Tore kassierte oder wie er mit seiner Mannschaft 2002 im WMFinale scheiterte. Für alle Fans des Tor-Titans ein absolutes Muss. Für Fans von: »Ich. Erfolg kommt von innen« von Oliver Kahn

Texte: Ineke haug, stefanie schäfer

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Lauren Oliver »Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie« Es ist Freitag, der 12. Februar. Ein Tag wie jeder andere in Samantha Kingstons Leben. Mit der Ausnahme, dass sie heute sterben wird. Ihr nahezu perfektes Highschool-Leben endet jäh in einem Autounfall. Doch am nächsten Morgen wacht sie unversehrt an genau demselben Tag auf, nur um ihn wieder und wieder zu durchleben und am Ende zu sterben. Sie beginnt, Fehler zu korrigieren, die sie an diesem Tag gemacht hat, Dinge wieder gut zu machen. Alles zunächst in der Hoffnung, am Ende doch zu überleben. Doch geht es wirklich darum? Die Protagonistin stellt Fragen wie »Was würdest du tun, wenn heute dein letzter Tag wäre?«. Das Debüt der Amerikanerin Lauren Oliver hat echten Tiefgang. Kluge Gedanken ziehen sich durch den wunderschön geschriebenen Roman, der berührt und zum Nachdenken anregt. Für Fans von »Bevor ich sterbe« von Jenny Downham


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Wie man auch ohne makelloses Abitur einen Platz an der Uni bekommt. text: ineke haug

Schon in der 12. Klasse stand für Marcel fest, dass er nach dem Abitur in die Medienbranche möchte. Nach einigen Recherchen wusste er auch genau, welcher Studiengang es sein sollte: »Kommunikationswissenschaft schien mir genau das Richtige, weil es ein sehr vielseitiges Studium ist, bei dem ich mich noch nicht festlegen muss, wo es später mal hingeht«, erklärt Marcel. Leider fand er ziemlich schnell heraus, dass fast alle Unis, die Kommunikationswissenschaft anbieten, einen außerordentlich guten Abi-Schnitt erwarten. »Eigentlich war ich total zufrieden mit meiner 2,0, aber da habe ich gemerkt, dass gut manchmal eben nicht gut genug ist.« An den meisten Unis ist der Numerus clausus für Kommunikationswissenschaft sehr hoch, eine Eins muss auf jeden Fall vor dem Komma stehen. Zwar hätte sein soziales Engagement Marcel wahrscheinlich Zusatzpunkte gebracht – er war lange Klassensprecher und engagierte sich in der SMV – doch Marcel wählte einen anderen Weg. Statt sich für ein Studium zu bewerben, absolvierte er ein neunmonatiges Praktikum bei einem Verlag. »Ich wollte die Berufspraxis kennenlernen und gleichzeitig wusste ich, dass ein Praktikum meine Chancen auf einen Studienplatz erhöht«, erklärt der 21-Jährige. Zum Wintersemester 2010 bewarb sich Marcel

an zehn Unis in ganz Deutschland. Drei Zusagen hat er bekommen und sich letztendlich für die Universität Hohenheim entschieden. »Ich bin mir sicher: Ohne Praktikum hätte es nicht so reibungslos geklappt.« Deutsch und Kunst waren die Lieblingsfächer von Steffi. »Schreiben, lesen, interpretieren, am liebsten noch etwas mit Medien, später vielleicht zum Fernsehen«, so stellte sich die heute 23-Jährige die Jahre nach dem Abitur vor. »Mir war aber auch klar, dass mein Schnitt von 2,6 nicht gerade die perfekte Eintrittskarte ins Studium ist«, erinnert sie sich. Die meisten Studiengänge, die Steffi interessierten, waren mit einem recht hohen Numerus clausus versehen. Deshalb hatte sie auch nicht viel Hoffnung, dass es mit »Literatur-Kunst-Medien« in Konstanz klappen würde, dem Fach, in dem Steffi im Wintersemester ihren Bachelor macht. »Ich fand damals heraus, dass sich pro Semester 2000 Leute für den Studiengang bewerben, davon 400 zu einem Test eingeladen werden und 75 dann schließlich die Zusage bekommen.« Aber immerhin gab es einen Eignungstest, und außerdem wurden Fächer wie Sprachen und Deutsch doppelt gewichtet – genau die Bereiche, in denen sie punkten konnte. Auch die Berufsberaterin, die Steffi aufsuchte, machte ihr Mut, riet aber gleichzeitig dazu, sich auch noch an anderen Unis zu bewerben. »Letzten Endes habe ich für alle Studiengänge, die mich wirklich interessiert haben, eine Zusage bekommen. Aber Konstanz war mein absoluter Favorit, und ich habe meine Entscheidung bis heute nicht bereut«, sagt Steffi. Sie rät allen Schulabgängern, sich von einem nicht ganz makellosen Abi-Schnitt nicht entmutigen

zu lassen und auf der Homepage der Traum-Uni nach Möglichkeiten zu suchen. »Ganz oft gibt es die Chance, sein Können bei Eignungstests unter Beweis zu stellen, die dann zusätzlich zur Abi-Note gewertet werden.« Viele Unis bieten auch noch ein weiteres Schlupfloch an: das Losverfahren. Davon hat zum Beispiel die 23-jährige Anne profitiert. Ihr Traum vom Psychologiestudium schien an ihrem Schnitt von 2,0 zu scheitern – bis sie hörte, dass viele Hochschulen Restplätze verlosen. »Dafür muss man einfach eine Postkarte an die Uni schreiben und sich für die Verlosung der Plätze bewerben, die frei werden, wenn jemand kurzfristig noch an eine andere Uni wechselt«, weiß Anne. Zuerst werden die frei gewordenen Plätze zwar noch an Bewerber auf der Warteliste vergeben, dann jedoch wird gelost. Mit etwas Glück kann also auch ein Abiturient mit einem Schnitt von 4,0 einen solchen Platz ergattern. Und ist man erst mal drin im Studium, dann ist das Abi-Zeugnis sowieso nur noch ein Stück Papier – ab jetzt geht es um den Traum-Schnitt zum Studienabschluss. •

Was neben de r Note noch zähl t: Webcode @22 1468 auf www.YAEZ .de

Zu wenig Hilfe vom Mathe-Lehrer

Musik schadet nicht der Konzentration

Viele Schüler klagen über zu wenig Unterstützung von ihrem Mathe-Lehrer. Das hat eine repräsentative Forsa-Studie ergeben. Demnach gehen vier von zehn Schülern davon aus, dass ihre Hausaufgaben in dem Fach nicht regelmäßig vom Lehrer kontrolliert werden. Sieben von zehn geben an, dass Fehler in den Klassenarbeiten nicht besprochen werden. Für die Studie waren 1370 Schüler ab der fünften Klasse befragt worden. (dpa)

Laut einer Studie der TU Dortmund spricht nichts gegen Musikhören und Lernen – gleichzeitig. Denn selbst bei voller Lautstärke beeinflusst Musik nicht die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. An der Studie nahmen 88 Jugendliche in zwei Gruppen teil. Die eine absolvierte einen Intelligenzund Mathe-Test mit ihrer Lieblingsmusik, die andere ohne. Wie die Forscher herausfanden, hatte die Musik keinen Einfluss auf die Leistung. (dpa)

illustration: katia fouquet

Im Schnitt Durchschnitt

Spaß im Beruf wichtiger als Verdienst Vielen Abiturienten ist Spaß im Berufsleben wichtiger als Geld. Das hat eine Umfrage des Messeveranstalters Einstieg in Köln ergeben, an der 300 Abiturienten teilgenommen haben. Drei Viertel der Befragten wollen im Beruf vor allem Spaß haben. Nur ein Siebtel will in erster Linie viel Geld verdienen. (dpa)


16 zukunft

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Studiengänge im Praxis-Check: Wirtschaftspädagogik Gerhard Stitz, Student der Wirtschaftspädagogik an der Universität Erlangen-Nürnberg Die Möglichkeit, Lehrer zu werden, hatte Gerhard Stitz lange nicht in Betracht gezogen. Erst als ihn ein Bekannter in die Berufsschule mitnahm, änderte sich das. Die gute Ausstattung und die motivierten Schüler überzeugten ihn: Er begann, Wirtschaftspädagogik zu studieren. »Ich hatte vorher Elektrotechnik in Erlangen studiert und festgestellt, dass es nicht so ist, wie ich es mir vorgestellt habe«, so Gerhard. »Ich wollte den kompletten Richtungswechsel.« Mit dem Ziel, Berufsschullehrer zu werden und nichts mehr mit dem technischen Bereich zu tun zu haben, studierte er erst auf Bachelor, dann auf Master. »In den ersten drei Semestern ging es um klassische Betriebs- und Volkswirtschaftslehre«, erinnert er sich. Danach kamen immer mehr Pädagogikanteile dazu. Aber auch Moderationstechniken, Präsentationstechniken, Psychologie und IT-Grundlagen für den Unterricht zählen zu den Studieninhalten. Denn als Berufsschullehrer muss man breit aufgestellt sein. »Es kann passieren, dass man beispielsweise im Fach Deutsch einspringen muss«, so Gerhard. Wer später nicht in der Wirtschaft, sondern als Lehrer arbeiten will, kann zusätzlich noch ein Zweitfach wählen. Gerhard entschied sich für Wirtschaftsinformatik. Im Master wird der Anteil am Zweitfach dann deutlich höher. »Die Abwechslung ist da, man lernt vielfältige Sachen«. Auch der Praxisbezug wird größer. Im Bachelor gibt es die Veranstaltung »Schulpraktische Studien«, bei der an einer Schule eine Unterrichtsstunde gehalten werden muss. Im Master gibt es dann die »Universitätsschule«. Dabei erarbeitete Gerhard in einer kleinen Gruppe und mit einem Mentor an einer Nürnberger Schule mehrere Unterrichtsbausteine. »Man ist im Master viel an Schulen aktiv, lernt Schulen kennen und bekommt ein Gefühl für das Referendariat. Wir sind ganz nah an den Schulen.« Noch ein Jahr, dann wird Gerhard in das Referendariat starten. »Gerade wer noch keinen Kontakt zur Berufsschule hatte und Lehrer werden möchte, sollte sich nicht zu schade sein, diese Schulform anzusehen«, rät Gerhard. Ihm hat es geholfen, sein Studienfach und auch seinen Traumberuf zu finden. Und: An Berufsschulen gibt es hohen Lehrerbedarf. Gute Aussichten also für Einsteiger. •

Petra Funke, Beraterin für Personalund Organisationsentwicklung Ganz am Anfang ihres Studiums wollte Petra Funke Journalistin werden. Deshalb studierte sie auch nicht nur Wirtschaftspädagogik, sondern zusätzlich noch Germanistik. Insgesamt lernte sie während ihres Studiums in Göttingen drei verschiedene Denkrichtungen kennen: die der Germanisten, Betriebswissenschaftler und Wirtschaftspädagogen. »Meinen breiten Interessen kam das sehr entgegen«, sagt sie rückblickend. Und noch während des Studiums sah es so aus, als würde sie aufgrund ihres Studienschwerpunktes eine Stelle in der Personal- und Organisationsentwicklung eines Unternehmens suchen. Erst gegen Ende des Studiums entschloss sie sich, ein Referendariat an einer berufsbildenden Schule zu beginnen. »Ich hatte das Gefühl, damit nichts falsch machen zu können.« Und sie machte nichts falsch, sondern eine neue Erfahrung – nämlich die, dass ihr die Arbeit mit Gruppen liegt. Eine sehr fordernde und prägende Zeit sei das Referendariat gewesen. Es folgten weitere Jahre als Lehrerin. Was sie im Studium gelernt hatte, konnte sie hier praktisch anwenden. Nach fünf Jahren an einer berufsbildenden Schule und einigen intensiven Weiterbildungen entschloss sie sich zu einem beruflichen Wechsel. Heute arbeitet sie als Trainerin. Auch dabei helfen ihr noch immer Dinge aus dem Studium. »Themen wie Organisation und Leitung im Studium haben mir als Lehrerin geholfen. Aber auch heute hilft es noch, auf die verschiedenen Inhalte und Denkrichtungen des Studiums zurückgreifen zu können«, sagt Petra Funke. • ProtokollE: Gregor Landwehr

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zukunft 17

Herr Hoffmann, du bist der Beste! Männer in sogenannten Frauenberufen sind nach wie vor eine Seltenheit. text: anne allmeling

Simon Hoffmann hat jede Menge Fans. Er ist zwar nicht berühmt oder besonders bekannt, aber er ist beliebt und bekommt das auch zu spüren. Von seinen Schülern. Denn Simon Hoffmann arbeitet als Grundschullehrer – und ist begeistert von seinem Beruf. »Ich finde es total interessant, Kinder zu unterrichten und ihnen etwas beizubringen«, sagt der 30-Jährige. »Mir gefällt, dass da etwas ankommt. Dass sie etwas können, was sie vorher nicht konnten – das ist ein erfüllendes Gefühl.« Seit eineinhalb Jahren arbeitet Simon Hoffmann in der OlympiaSchule in Köln-Widdersdorf – als einziger Mann neben neun Kolleginnen. Das stört ihn überhaupt nicht. »Ich kann damit gut umgehen«, sagt er. »Und weil es so wenige Männer in der Grundschule gibt, hat man bei der Jobsuche einen klaren Vorteil.« Dass Simon Hoffmann Grundschullehrer geworden ist, war eigentlich ein Zufall. Nach dem Abitur hatte er sich an der Universität Bielefeld für Soziologie eingeschrieben. Um nebenbei ein bisschen Geld zu verdienen, betreute er am Nachmittag Grundschulkinder. »Ich habe mit ihnen zu Mittag gegessen, Hausaufgaben gemacht und Spiele gespielt«, erzählt Simon Hoffmann. »Und da habe ich gemerkt: Das ist es! Mein Soziologiestudium habe ich kurzerhand hingeschmissen und mich für das Lehramt eingeschrieben.« Damit gehört Simon Hoffmann zu den wenigen Männern, die sich für einen sogenannten Frauenberuf entschieden haben – für einen Beruf also, in dem über 70 Prozent der Beschäftigten Frauen sind. »Es gibt noch sehr viele Berufe, die sich eindeutig als Männer- oder Frauenberuf bezeichnen lassen«, sagt Britta Matthes vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg. »In der Einteilung des Arbeitsmarktes in Frauen- und Männerberufe hat sich in den letzten Jahren nur sehr wenig geändert.« Dass es nur wenige Grundschullehrer, Arzthelfer und Reiseverkehrsmänner

»Da habe ich gemerkt: Das ist es!« gibt, habe verschiedene Ursachen. »Mädchen haben eben lieber mit Menschen zu tun als Jungs«, sagt Britta Matthes. »Jungs mögen lieber Technik. Das klingt jetzt sehr plakativ, lässt sich aber nach wie vor so sagen.« Außerdem gebe es auf dem Arbeitsmarkt bestimmte Vorstellungen und Rollenbilder. »Viele Arbeitgeber stellen im Zweifel lieber eine Frau als Arzthelferin ein als einen Mann. Kulturell verankerte Geschlechterstereotype sind mitverantwortlich, dass Erziehung und Pflege Bereiche sind, die eher Frauen zugeordnet werden; Bauen und techniknahe Berufe eher den Männern.« Diese Erfahrung hat auch Benedikt Hilger gemacht. Der 22-Jährige aus Eitorf macht eine Ausbildung zum Arzthelfer – und ist in seiner Berufsschule allein unter 800 Frauen. »Da kriegt man erst mal einen Schock«, sagt er und lacht. »Aber man gewöhnt sich daran.« Nach Angaben der Ärztekammer Nordrhein machen zurzeit 5173 junge Menschen in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf eine Ausbildung zum medizinischen Fachangestellten. Gerade einmal 50 von ihnen sind Männer. Benedikt Hilger arbeitet in der Praxis seines Vaters. Weil er sein Abitur und gute Leistungen vorweisen konnte, hat er die eigentlich drei Jahre dauernde Ausbildung auf eineinhalb Jahre verkürzen können. Das passt ihm gut, denn so viel Spaß ihm die Ausbildung auch macht – Benedikt möchte im Anschluss daran Medizin

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illustration: julia humpfer

studieren. »Die Ausbildung ist eine gute Vorbereitung«, findet Benedikt Hilger. »Als medizinischer Fachangestellter muss man ziemlich selbstständig arbeiten und dafür sorgen, dass der Arzt alle Informationen bekommt, die er für die Diagnose braucht. Den Puls des Patienten fühlen, Blutdruck messen und EKG gehören dazu.« Dass er zu den wenigen Männern in seinem Beruf zählt, stört Benedikt Hilger nicht. »Ich habe noch nie einen blöden Spruch bekommen. Es gab auch noch nie eine Patientin, die damit ein Problem gehabt hätte.« Frauenberuf hin oder her – Benedikt Hilger arbeitet gern als Arzthelfer. Grundschullehrer Simon Hoffmann geht es genauso. »Ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Beruf zu arbeiten«, sagt er. Zwar sei das Unterrichten manchmal sehr anstrengend, aber der Umgang mit den Kindern mache ihm viel Freude. Das merken auch seine Schüler. Vor Kurzem hat er einen Brief bekommen. Von einem Riesenfan. Was drinstand? »Herr Hoffmann, du bist der beste Lehrer der Welt.« •

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18 musik

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ie ist sparsam. Mitten im Interviewmarathon zu ihrer Single »Touch a New Day« fragt ein Mitarbeiter der Plattenfirma, ob Lena Meyer-Landrut etwas zu essen bestellen möchte. Sie nickt fröhlich: Und wie sie möchte! Einen Burger und Chicken Nuggets. Auch was zu trinken? »Nö, wir haben ja hier zu trinken.« Der frisch gebackene Superstar macht sich Gedanken um drei Euro für eine Cola. Solche Szenen müssten nach Millionen verkaufter Singles nicht sein – und doch zeigen sie, was den Erfolg von Lena ausmacht: Sie entspricht dem »Nettes Mädchen von nebenan«-Image auf eine Art, die nie einstudiert wirkt, sondern eher vor langer Zeit anerzogen wurde.

Mit guter Kinderstube eroberst du die Herzen. Wo sollte eine solch einstudierte Pose auf die Schnelle auch herkommen? Genau genommen gibt es die öffentliche Lena erst seit Februar. Damals betrat sie zum ersten Mal die Bühne der Castingshow »Unser Star für Oslo« und sang »My Same« von Adele – ein Lied, für dessen auffälliges RefrainGejauchze (»Ay, ay«) Lena heute noch manchmal hochgenommen wird. Trotzdem ging während des Zwei-Minuten-Stücks ein Ruck durchs Land. »Die Menschen werden dich lieben«, hat Marius MüllerWesternhagen nach ihrem Auftritt vorausgesagt. Er behielt recht. Von Woche zu Woche überzeugte Lena die Zuschauer und verhalf immer wieder Songs zu Charterfolgen, die von ihren ursprünglichen Interpreten auf die hinteren Ränge der eigenen Alben verbannt worden waren. Sie tat das aus Überzeugung: Schon in der ersten Woche bekannte sie, dass sie mit ihrem Lied auch gern ausscheide, solange sie sagen könne, einen ihrer Lieblingssongs gesungen zu haben.

Wenn du dein eigenes Ding durchziehst, wäre Scheitern nicht schlimm – und vielleicht scheiterst du ja gar nicht. Erst beim Finale von »USFO« folgte für viele die erste Ernüchterung der Lena-Mania. Seltsam beliebig wirkten die drei Songs, die Lena singen sollte. Auch der damals noch 18-Jährigen selbst war ein wenig Enttäuschung anzumerken, als nicht der von Stefan Raab und ihr komponierte Titel »Love Me«, sondern das von einem Dänen und einer Australierin geschriebene »Satellite« in der Telefonabstimmung vorn lag. Egal, sie arrangierte sich schnell mit dem Sieger-Song – und die Fans taten es ihr gleich: »Satellite« schoss an die Spitze der Charts, und auch die anderen beiden Final-Lieder landeten gleichzeitig in den deutschen Top 5. Das war vorher noch keinem Künstler gelungen. Doch auch als das Album »My Cassette Player« veröffentlicht wurde, wurde die Kritik am Fräuleinwunder immer lauter. Zu schnell seien die Stücke hingeklatscht worden, hieß es. Tenor vieler Kritiken: Wir wollen dich ja mögen, aber das ist uns ein zu glatter Schnellschuss. Sie sagt heute über das in Rekordgeschwindig-

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keit zwischen »USFO«, Abi und Oslo entstandene Album: »Ich bin ganz schön zufrieden damit.«

Nimm Kritik nicht allzu wichtig, sondern freu dich über 80-Prozent-Lösungen, die du in kurzer Zeit erreicht hast. Bei all dem Trubel sei kaum Zeit gewesen, das Ende der Schulzeit angemessen zu würdigen, sagt sie. Erleichtert ist sie trotzdem. »Ich bin so froh, dass ich nicht mehr in die Schule muss, ich bin da echt nicht traurig.« Und trotz ihrer damals gerade frisch gewonnenen Prominenz war ihr die Studienberechtigung wichtig. »Ich habe mir gedacht: ›Ey Lena, du hast jetzt dreizehn Jahre lang in der Schule gesessen. Wie blöd wäre es denn, wenn Du jetzt nicht auch noch die Bescheinigung dafür bekommst?‹«

Verlier auch im größten Trubel nicht deine langfristigen Ziele aus den Augen. In Oslo angekommen, verknallte sich ganz Europa in das Mädchen, das ab dem Eurovisions-Abend den Spitznamen »Lovely Lena« tragen sollte. Das lag auch daran, dass sie trotz großer Terminhetze weiter das Bild des unbeschwerten Newcomers lebte, ohne zu sehr das kleine schützenswerte Mittelschichts-Mädchen zu werden, zu dem sie vom deutschen Feuilleton vereinzelt hochstilisiert wurde. Als sie bei der letzten Pressekonferenz vor dem großen Auftritt wieder einmal ein Journalist auf ihren frei erfundenen englischen Akzent ansprach, setzten Stefan Raab und Lena prompt zu einer bewusst deutsch-englisch gesungenen Boyzone-Parodie an: »No matter what they say – we Germans have good humour and can good music play.« – »Das wurde mir so beigebracht, dass das nichts Schlimmes ist, wenn man über sich lacht«, sagt Lena über diesen souveränen Umgang mit sich selbst.

Wer über sich selbst lachen kann, nimmt seinen Kritikern den Wind aus den Segeln.

Medienmeute von Bild und RTL zu privat wurden. Und erlaubte ihr auch, Grenzen zu ziehen: Wenige Tage vor dem Grand-Prix antwortete Lena einer Fernseh-Redakteurin, die sich nach Begleitern aus Lenas Familie erkundigte, nur: »Nöööööt.« Ein grinsender Raab ergänzte unter lautem Gelächter: »Muss Frauke Ludowig halt mal ohne so einen Käse auskommen.« Bundesvision Song Contest, Stefanie Heinzmann und jetzt Lena: Mehr denn je zeigt sich, wie sehr dem ehemaligen »Maschendrahtzaun«Krawallo inzwischen die behutsame Pflege junger Talente gelingt. Auch Lena ist froh über ihren Mentor und will sich auch für ihr zweites Album ganz in seine Hände geben. »Aber auch selbst schreiben«, sagt sie.

Wenn du einen guten Mentor hast, kannst du sogar gegen einen angeblich erbarmungslosen Gegner die Grenzen verschieben. Nach dem triumphalen Empfang zurück in Hannover – »Der krönende Abschluss: Piffpaff, und dann war’s vorbei.« – ist Lena jetzt vor allem international unterwegs und promotet ihre zweite Single »Touch a New Day«. Irgendwann Anfang nächsten Jahres soll die zweite CD erscheinen. Erst dann will Lena auf eine Tour gehen, die sie durch große Hallen führt und über deren angeblich eher schleppenden Ticketverkauf hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird. Trotzdem kamen frühere Konzerte nicht infrage, denn anderthalb Stunden will sie mindestens mit eigenen Songs füllen können. »Ich möchte ja nicht dreimal Satellite singen.« Schließlich steht dann als weiterer Höhepunkt die mögliche Titelverteidigung an. Obwohl die Idee in der Feierlaune wenige Minuten nach dem OsloSieg entstanden ist, sagt Lena, dass sie sich auch auf dieses Abenteuer freut. »Wir haben so etwas Großes geschafft. Es wäre total doof, das nicht im eigenen Heimatland auch miterleben zu dürfen.« Und was, wenn’s schiefgeht? Auch der letzte Versuch, in dieser 19-Jährigen so etwas wie Angst zu entdecken, scheitert: »Wir machen da jetzt noch mal mit, weil wir noch einmal Bock haben.«

Folge deiner inneren Stimme, und du bist bereits vor dem Start des Wettbewerbs unbesiegbar.

Spätestens in Oslo fiel auch die Leistung von Lenas Ziehvater Stefan Raab auf. Gerade in Norwegen zeigte Raab, wie gut er seinen Star versteht. Der Produzent gab ihr einerseits Freiraum, mit ihrer unbeschwerten Art bei den internationalen Journalisten zu punkten, stellte sich andererseits schützend vor sie, wenn die Anliegen der Boulevard-

Und selbst wenn die Gesangskarriere so schnell beendet sein könnte, wie sie begann – Lena erzählt, dass sie noch viele Ideen im Kopf hat, was sie aus ihrem Leben machen könnte. Schauspielerei habe sie vor der Musik gereizt und tue es immer noch. Andererseits will sie sich nicht in einer deutschen Komödie verheizen lassen. Da ist also doch ein gewisser Anspruch an die eigene Arbeit – allerdings geht sie auch die Schauspielerei ohne Berührungsängste an. »Ich habe immer das gemacht, worauf ich gerade Lust hatte. Das ist das Beste, auch wenn es nicht immer das Einfachste ist«, meint Lena. •

Trau dich was und arbeite hart, dann stehen dir alle Türen offen.


musik 19

Die Lena-

xx: : Sei du selbst!

Sie ist fast jeden Tag im Fernsehen zu sehen – und doch bleibt der Hype um Lena MeyerLandrut ein ziemliches Rätsel. YAEZ-Autor Christian Fahrenbach versuchte im Interview, hinter das Erfolgsgeheimnis der Eurovisions-Siegerin zu kommen. Eine Annäherung an ein ganz normales Mädchen in acht Lektionen. text: Christian Fahrenbach

Fotos: matthias heinekamp


20 handy

Discounter gegen Community

: Teil I

e

ytarif

Hand

Ein Leben ohne Handy? Schwer vorstellbar. Doch damit etwas vom Taschengeld übrig bleibt, kommt es auf den richtigen Tarif an. Neben Discount-Anbietern gibt es jetzt auch von Internet-Communities wie Lokalisten oder SchülerVZ eigene Prepaid-Tarife. Was diese Tarife taugen, haben Maren und Tim getestet. text: maria-janine steiner Foto: christof mattes Die Communities fordern die Discounter heraus – mit den gleichen Preisen fürs mobile Telefonieren, aber bei mehr Zusatzleistungen. Doch halten die Tarife, was sie versprechen? Wir haben es getestet. Maren bekam die SIM-Karte von VZmobil, so heißt das Angebot von SchülerVZ. Dort gibt es eine Gruppe, bei der man Werber suchen kann – und den hat Maren dort gefunden. So hat sie sich die Startgebühr erspart und sich die SIM-Karte kostenlos zuschicken lassen. Tim bestellt sich über das Internet eine SIM-Karte des Discountanbieters Simyo. Er muss hier zwar 9,90 Euro für die SIM-Karte bezahlen, aber er bekommt auch 5 Euro Guthaben. »Ich telefoniere meist nur kurz mit meinen Freunden, meist schreibe ich SMS«, sagt Tim. Für den 16-jährigen Schüler aus Düsseldorf ist telefonieren nicht so wichtig. »Wenn ich mich mit meinen Freunden verabrede, machen wir das meist per SMS.« Bei Maren sieht das schon anders aus. »Mit meinen Freundinnen telefoniere ich gern schon mal etwas länger, meist von unterwegs.« Jetzt heißt es: Alte SIM-Karte raus, neue rein und zwei Wochen testen. Die Details bei Tims Tarif sind schnell erklärt: Anrufe kosten 9 Cent pro Minute, jede SMS kostet ebenfalls 9 Cent. Maren zahlt pro Minute und SMS auch 9 Cent, dazu bekommt sie 2500 SMS zu anderen VZmobil-Nutzern. Außerdem kann Sie eine Festnetznummer angeben, die sie 30 Sekunden lang kostenlos anrufen kann. Und sie kann kostenlos auf den Mobil-Seiten der VZNetzwerke surfen. Doch bevor es richtig losgehen kann, lädt die 17-Jährige erst einmal Guthaben auf. Das geht online, per SMS oder mit einer Guthabenkarte von O2. Um mit dem Handy auf die SchülerVZ-Seiten zu kommen, muss das Handy noch richtig eingestellt werden. Dazu kommt eine SMS mit den Daten, diese muss bestätigt werden. Bei Maren klappte das nicht auf Anhieb, daher gab sie die Zugangsdaten manuell ein. Wenn man sich mit dem Handy auskennt, geht das recht schnell, sonst wird es etwas kompliziert. Um überhaupt mobil online gehen zu können, braucht man ein Handy, welches das Surfen unterstützt. Bei älteren Modellen ist das nicht immer der Fall. Im Test hat sich gezeigt, dass es am einfachsten mit den Apps von SchülerVZ funktioniert. Außerdem besteht

yaez

so nicht die Gefahr, dass man auf anderen Internetseiten landet. Denn dann würde ein Megabyte Daten 24 Cent kosten. Mit solchen Einstellungen musste sich Tim nicht beschäftigen, SIM-Karte einlegen und fertig. Doch dafür kann er nicht vom Anbieter

VZmobil

Lokalisten-Fon

Congstar

Simyo

Netz

O2

O2

T-Mobile

E-Plus

Ins Festnetz

9 Cent/Minute

12 Cent/Minute

9 Cent/Minute

9 Cent/Minute

Aufs Handy

9 Cent/Minute

12 Cent/Minute

9 Cent/Minute

9 Cent/Minute

SMS

9 Cent/Minute

12 Cent/Minute

9 Cent/Minute

9 Cent/Minute

MMS

39 Cent/Minute

39 Cent/Minute

39 Cent/Minute

39 Cent/Minute

Mailbox

kostenlos

kostenlos

kostenlos

kostenlos

Grundgebühr

keine

keine

keine

keine

Bestellen

www.vzmobil.net

www.lokalistenfon.de

www.congstar.de

www.simyo.de

Besonderes

St

an

d:

Au g

us

Handy aus über den Plauderkasten chatten oder Nachrichten schreiben. Was ist die Bilanz nach zwei Wochen mit der neuen SIM-Karte? »Von den 10 Euro sind noch ungefähr zwei Euro übrig«, sagt Tim. »Ich habe etwa 60 SMS geschrieben und ein paarmal telefoniert.« Allerdings sei der Unterschied zu seinem alten Anbieter nicht sehr groß. Und wie sieht es bei Maren aus? »Ich habe weniger telefoniert als sonst«, sagt sie. »Dadurch, dass ich kostenlos den Plauderkasten nutzen konnte, haben sich manche Anrufe erledigt.« Die Gratisanrufe seien für kurze Anrufe zu Hause praktisch gewesen, auch wenn man nur das Nötigste sagen kann. »Ich habe für gerade mal fünf Euro telefoniert und gesimst.« Das Fazit: Prepaid-Anbieter unterscheiden sich bei ihren Tarifen oft nur minimal. Die Angebote der Communities lohnen sich dann, wenn man ein passendes Handy hat, das internetfähig ist und viele Freunde bei der entsprechenden Online-Community angemeldet sind. Dann spart man bares Geld, wenn man etwa den Online-Chat nutzt, anstatt anzurufen. Auch die Möglichkeit, eine Festnetznummer bis zu 30 Sekunden kostenlos anzurufen, ist sehr praktisch, um etwa kurz zu Hause Bescheid zu geben, dass man abgeholt oder zurückgerufen werden will. Wir haben den Haken gesucht, aber keinen gefunden: Ein Community-Tarif wie zum Beispiel VZmobil lohnt sich! Aber auch ein Discount-Tarif ist einem Vertrag immer vorzuziehen, denn egal ob Communityoder Discount-Tarif, in beiden Fällen hast du die Kostenkontrolle. •

t2

01 0

Kostenlos auf den VZ-Seiten mobil surfen, eine festgelegte Festnetznummer kann 30 Sekunden lang kostenlos angerufen werden, Neukunden bekommen 2500 Gratis-SMS von VZmobil zu VZmobil, kostenloses Chatten

Gespräche von Lokalisten fon zu Lokalisten fon kosten nur 2 Cent pro Minute, auf der mobilen Seite von Lokalisten kann kostenlos gesurft werden


texte: jochen blind Fotos: Verleih

film 21

Der Aufreger der Berlinale

»Bal – Honig«

Oskar Roehlers Historien-Drama »Jud Süß – Film ohne Gewissen« enttäuscht auf ganzer Linie.

Das türkische Drama »Bal – Honig« wurde bei der diesjährigen Berlinale völlig verdient mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Die leise, poetische und melancholische Geschichte berührte Kritiker und Publikum gleichermaßen: Der sechsjährige Yusuf (Bora Altas) wächst in der herrlichen Waldund Gebirgslandschaft Zentral-Anatoliens auf. Zu seinem Vater Yakub (Erdal Besikçioglu), der als Imker Bienenstöcke in den Baumkronen der Wälder aufstellt, hat der Kleine ein inniges Verhältnis. Weil die Ausbeute zunehmend magerer wird, sucht Yakub tiefer in den Bergen nach besseren Plätzen für seine Bienenvölker. Doch er kehrt nicht mehr zurück. Nach tagelangem Warten nimmt Yusuf all seinen Mut zusammen und beschließt, nach dem Vermissten zu suchen. Der Zuschauer ahnt jedoch längst, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Regisseur Semih Kaplanoglu hat ein kleines Meisterwerk vorgelegt: Mit Minimaldialogen, langen, ungeschnittenen Einstellungen und ganz ohne Musik zeigt er die wunderschöne, majestätische Flora und Fauna, in der Yusuf nicht verloren, sondern aufgehoben ist. •

Hitlers Chef-Propagandist Joseph Goebbels konnte zufrieden sein. Der von ihm in Auftrag gegebene Film »Jud Süß« war genau nach seinem Geschmack: Scheinbar angelehnt an die historische Figur des Joseph Süß Oppenheimer, hetzte der antisemitische Propagandafilm die zeitgenössischen Zuschauer gegen die Juden auf und stimmte auf deren bevorstehende Vernichtung ein. Über 20 Millionen Deutsche sahen ab 1940 das perfide Machtwerk von Regisseur Veit Harlan und ließen sich davon zum Judenhass anstacheln. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam der Film auf eine Verbotsliste. Noch heute ist sein Vertrieb in Deutschland untersagt, und er darf nur unter strengen Auflagen gezeigt werden. Regisseur Oskar Roehler hat sich nun daran versucht, die Geschichte hinter dem antisemitischen Propagandafilm zu zeigen – und scheiterte grandios. Sein »Jud Süß – Film ohne Gewissen« wurde bei der Berlinale niedergebuht. Im Zentrum von Roehlers Geschichte steht der nur mäßig erfolgreiche Schauspieler Ferdinand Marian (Tobias Moretti). Dieser wird Ende der 1930er-Jahre von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels (Moritz Bleibtreu) höchstpersönlich für die Titelrolle in dem Spielfilm »Jud Süß« ausgesucht. Marian lehnt das Angebot zunächst ab, erliegt dann jedoch der Versuchung einer schnellen Karriere. Außerdem möchte er so seine jüdische Ehefrau Anna (Martina Gedeck) schützen. Er ist sich durchaus bewusst, für welch niederträchtige Zwecke der Film genutzt werden soll. Also bemüht sich Marian, den jüdischen Protagonisten betont liebenswert zu spielen. Anfang September 1940 wird »Jud Süß« auf den Filmfestspielen in Venedig uraufgeführt und feiert im Deutschen Reich große Erfolge. Erst jetzt wird Marian bewusst, dass all seine Bemühungen, dem Filmjuden ein menschliches Antlitz zu verleihen, vergebens waren. Er sucht Trost im Alkohol und legt sich mit Goebbels an. Dieser lässt Marians Ehefrau deportieren, um die Kontrolle über den populären Schauspieler zurückzugewinnen. Als gebrochener Mann überlebt Marian den Zweiten Weltkrieg, 1946 kommt er bei einem Autounfall ums Leben. Oskar Roehlers Anliegen ist plausibel: Er möchte die Geschichte hinter dem nationalsozialistischen Propagandafilm sichtbar machen. Er möchte zeigen, unter welchem Druck sich die Darsteller dafür zur Verfügung gestellt haben. Das misslingt aber gründlich, aus vielerlei Gründen: Moritz Bleibtreu ist zwar ein exzellenter Schauspieler, aber als Goebbels wirkt er wie eine Knallcharge. Besonders ärgerlich ist jedoch, dass Roehler betont, Fiktion zu zeigen, gleichzeitig aber historische Originalaufnahmen verwendet. Und er verändert Marians Lebensgeschichte in wesentlichen Punkten: Als Zuschauer kann man seine Beweggründe durchaus nachvollziehen, schließlich will er mit seinem Engagement in dem Film vor allem auch seine jüdische Ehefrau schützen. Die Ehefrau des echten Marian war aber gar keine Jüdin. Diese und andere Freiheiten brachten Roehler den Vorwurf der Geschichtsfälschung ein. Es ist ein Jammer, denn aus diesem grandiosen Stoff und dieser zerrissenen Hauptfigur hätte man einen wirklich großen, wichtigen Film machen können. • Österreich/Deutschland 2010, 120 Minuten, R: Oskar Roehler, D: Tobias Moretti, Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Armin Rohde, Justus von Dohnanyi; Kinostart: 23.9.2010

Türkei/Deutschland 2010, 104 Minuten, R: Semih Kaplanoglu, D: Bora Altas, Tülin Özen, Erdal Besikçioglu, Alev Uçarer; Kinostart: 9.9.2010

»Shahada« Weit über drei Millionen Muslime leben in Deutschland. Der afghanischstämmige Regisseur Burhan Qurbani ermöglicht in »Shahada«, seinem Diplomfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg, einen besonderen Einblick in deren Alltag. Das Drama, das es in den Wettbewerb der Berlinale geschafft hat, soll aber kein Film über Religion sein. Es soll etwas darüber erzählen, was Religion mit Menschen macht, wie schmal der Grat zwischen Glauben und Fanatismus sein kann. Im Fastenmonat Ramadan kreuzen sich in Berlin die Wege dreier junger Muslime, die durch verschiedene Ereignisse aus der Bahn geworfen werden: Ismail, türkischer Polizist und Familienvater, kann einen dramatischen Unfall mit seiner Dienstwaffe nicht verkraften. Dem auf dem Großmarkt arbeitenden Nigerianer Samir macht seine Homosexualität schwer zu schaffen. Und Maryam, die lebenslustige und westlich erzogene Tochter eines gütigen Imam, überdenkt nach einem Schwangerschaftsabbruch ihre Wertvorstellungen und flüchtet sich in den Fundamentalismus. Vom Regisseur dieses absolut sehenswerten Plädoyers für Toleranz darf man noch einiges erwarten. • Deutschland 2009, 90 Minuten, R: Burhan Qurbani, D: Jeremias Acheampong, Marija Skaricic, Carlo Ljubek, Maryam Zaree, Anne Ratte-Polle; Kinostart: 30.9.2010

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22 pausenhof bekanntes Buch

KfzZeichen Rosenheim

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pausenhof 23 Neue Rubriken auf YAEZ.de Jede Woche stellen wir den Kinofilm der Woche vor, die »Kopfnote« verrät dir, was bei den Stars und Sternchen gerade los ist, und unser Musikredakteur weiß immer, welche Bands gerade angesagt sind. Schau am besten gleich mal bei YAEZ.de vorbei. Übrigens, YAEZ hat nun auch ein Edelprofil bei SchülerVZ: www.schuelervz.de/yaez. Und nicht vergessen: Fan von YAEZ auf Facebook werden: www.facebook.com/yaezde

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Emma Watson hat seit letztem Sommer ihre eigene Kollektion bei einem britischen Fair-Trade-Label. Sie heißt »Emma Watson for People Tree« und wird fair in Bangladesch produziert. YAEZ findet: Das hat Vorbildfunktion. Eine Fashionista, die sich auch noch darum kümmert, wo ihr schicker Fummel herkommt. Am 25. Oktober erscheint nun schon das dritte Album der Countrysängerin Taylor Swift. Die erste Singleauskopplung aus »Speak Now« heißt »Mine« und ist längst in aller Munde. Taylor hat jeden Song des Albums selbst geschrieben. YAEZ meint: Glaubwürdige Musik muss aus der Seele des Künstlers kommen. Wir wollen mehr...

Impressum yaez erscheint jeden Monat (außer Schulferien) und liegt kostenlos an rund 5000 weiterführenden Schulen in ganz Deutschland aus. ISSN: 1612-8257 HERAUSGEBER: Janos Burghardt, Simon Keller, Michael Hartung REDAKTION & VERLAG: Yaez Verlag GmbH Arminstraße 15, 70178 Stuttgart Tel: (0711) 13 77 80-20 Fax: (0711) 13 77 80-22 redaktion@yaez.de, www.yaez-verlag.de Chefredakteur: Janos Burghardt (ViSdP) ART DIRECTOR: Simon Keller Textchefin: Ineke Haug Redaktion dieser ausgabe: Anne Ackermann, Christian Fahrenbach, Julia Anderton, Daniela Kurtz, Ramona Demetriou, Marcel Jäger, Jens Wiesner, Kira Brück, Alexa Fanta, Gregor Landwehr, Stefanie Schäfer, Anne Allmeling, Maria Janine Steiner, Jochen Blind, Lektornet (Schlussredaktion) Illustrationen: Jakob Hinrichs, Thuan Tien, Christoph Rauscher,Julia Humpfer, Katia Fouquet, milia gestaltet (Grafik) Fotos: Jan Kopetzky (Titelfoto), Christof Mattes, Anne Ackermann, Matthias Heinekamp, PR HERSTELLUNG: Simon Keller AnzeigenLEITUNG: (verantwortlich für den Anzeigenteil) Michael Hartung (0711/13 77 80-16, mh@yaez-verlag.de) verbreitete auflage: 393.198 Exemplare (IVW Q2/2010) Die Auflage wird regelmäßig von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) geprüft. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 12 (01.08.2010) abo/vertrieb: Tel: (0711) 13 77 80-20 Fax: (0711) 13 77 80-22 E-Mail: vertrieb@yaez.de Der Bezug der Jugendzeitung ist kostenlos. Druck: Bechtle Verlag&Druck, 73730 Esslingen Die Jugendzeitung yaez arbeitet mit Landesschülervertretungen und SMVen zusammen. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Nachdruck von Beiträgen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung.

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Die 17-jährige Abby Sunderland aus Kalifornien versuchte nun schon dreimal, als jüngster Mensch allein die Welt zu umsegeln. Der letzte Versuch endete im Juni mit einer dramatischen Rettungsaktion. Ihr Bruder hat die Weltumseglung schon geschafft. YAEZ sagt: Abby sollte sich ein weniger gefährliches Hobby suchen. TV-Star Kostja Ullmann gab jetzt zu, dass er sehr eitel sei, morgens lange im Bad stehe, um seine Haare zu stylen und nur Luxus-Cremes an seine Haut lasse. YAEZ rät: Konzentrier dich lieber aufs Schauspielern, Kostja! »Twilight«-Star Taylor Lautner (18) verklagte im Sommer eine Wohnmobilfirma wegen Betrugs und Vertragsbruchs, weil ein von ihm gemietetes Fahrzeug zu spät geliefert wurde. Als Schaden auf seiner Seite gab er an, dass er mit »seelischer Belastung« zu kämpfen hatte. YAEZ fragt sich: Ist ihm der Erfolg etwa so zu Kopf gestiegen? Ziemlich lächerlich.


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