Jugendzeitung yaez - Europa-Spezial (4/4)

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Die Jugendzeitung

Europa-Spezial (4/4) Sommer 2009 Inhalt So funktioniert die Europawahl

Wie das Europ채ische Parlament funktioniert und warum man W채hlen gehen sollte

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europa

Auslandssemester für Schüler

»Meine Sternstunde«

Europa hautnah erleben und Erfahrungen fürs Leben sammeln – doch wie? Text: elina malessa

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ür Studenten gehört das Erasmus-Auslandssemester fast schon zum Pflichtprogramm, doch dass es Schüler und Auszubildende auch ins europäische Ausland zieht, ist noch eher eine Ausnahme. Das muss aber nicht so sein, denn es gibt genug Unterstützung für einen Auslandsaufenthalt. Sich sozial engagieren... Der Europäische Freiwilligendienst (EFD) ermöglicht Jugendlichen, sich in anderen europäischen Ländern in gemeinnützigen Projekten selbstständig zu engagieren. Zwischen zwei und sechs Monaten läuft der Freiwilligendienst auf Taschengeldbasis. Die Projekte können zum Beispiel zu den Themen Kultur und Kunst, Drogenprävention, Jugendsport oder Umwelt durchgeführt werden – Hauptsache, sie sind gemeinnützig. Durch gemeinsame EFD-Seminare mit anderen Freiwilligen lernst du Jugendliche aus ganz Europa kennen. Für die Teilnahme braucht man eine Entsendeorganisation, die sich um die Vorbereitung kümmert und eine Aufnahmeorganisation, die für

Einsatzstelle, Finanzierung von Kost und Logis und einen Sprachkurs zuständig ist. www.jugend-in-aktion.de

...oder in die Arbeitswelt schnuppern Das EU-Förderprogramm Leonardo zahlt Fahrt und Lebenshaltungskosten für Auszubildende, die Auslandserfahrung sammeln möchten. Die Azubis müssen sich dazu an Schulen, Betriebe oder Verbände wenden, die ein Leonardo-Projekt betreiben. Das Leonardo-Prinzip funktioniert dabei wie ein Schüleraustausch: Als Gegenleistung für den Auslandsaufenthalt kommt dann ein Auszubildender aus dem Ausland in den eigenen Betrieb. So haben Auszubildende die Möglichkeit, über den Tellerrand hinaus zu schauen und zu erleben, welche Unterschiede es im gleichen Beruf, jedoch in einem anderen Land gibt. Leonardo finanziert auch Praktika für Schüler über kürzere Zeiträume. Um eine Praktikumsstelle und die Unterkunft muss man sich jedoch selbst kümmern. • www.ec.europa.eu/education

»Die Reisefreiheit« Nadhezda Dushkova (Bulgarien) »In Bulgarien machte das Wort die Runde, dass der größte Vorteil des EU-Beitritts am 1. Januar 2007 sein wird, dass sich endlich alle an die Gesetze halten werden. Wirklich bemerkt habe ich aber zwei andere Dinge, die sich geändert haben. Einmal die Reisefreiheit: Es ist schön, wenn meine Mutter mich hier in Deutschland auch kurzfristig besuchen kommen kann, ohne auf ein Visum warten zu müssen. Und zum anderen die Preise, die seit dem EU-Beitritt leider auf europäisches Niveau gestiegen sind – ohne, dass die Löhne gleichermaßen erhöht wurden. Doch es geht merklich bergauf: Viele Investoren kaufen Immobilien und auch ausländische Firmen investieren in Bulgarien.« •

Ausbildung in Deutschland – Arbeiten in Europa Wie Kristin Hammer als Hebamme und Torsten Reil als Unternehmer im europäischen Ausland arbeiten Text: Anne allmeling

D Kristin Hammer (hier mit Tochter Luise) lebt mit ihrer Familie in Zürich. Wie sie arbeiten viele Deutsche in der Schweiz. In Krankenhäusern, aber auch in Hotels, Banken und Unternehmen sind sie nicht mehr wegzudenken. Seit 2002 gilt das Freizügigkeitsabkommen der Schweiz mit der EU. Das heißt: Jeder EU-Bürger, der sich erfolgreich um eine Stelle bewirbt, darf in der Schweiz arbeiten – und umgekehrt.

yaez • sommer 2009

er Umzug von München nach Zürich ist ihr nicht schwer gefallen – schließlich wollte Kristin Hammer endlich in der Nähe ihres Freundes sein. Auch eine Arbeitsstelle hat die damals 25-Jährige gleich gefunden. Kein Wunder: Als ausgebildete Hebamme mit zwei Jahren Berufserfahrung brachte sie Qualifikationen mit, die in der Schweiz gefragt sind. Gerade im medizinischen Bereich herrscht dort ein Mangel an Fachkräften. Nur an die Sprache musste sich Kristin Hammer erst gewöhnen. »In Zürich wird zwar Deutsch gesprochen«, erzählt sie, »aber eben Schweizerdeutsch – und das war für mich manchmal eine Herausforderung.« Immer wieder musste sie nachfragen, wenn sie etwas nicht verstand – zumindest am Anfang. Die Arbeit selbst sei dafür ganz ähnlich wie in Deutschland, erzählt Kristin Hammer. »Als Hebamme arbeite ich sehr selbständig – in der Schweiz genauso wie in Deutschland. Schließlich ist jede Geburt anders. Da trägt man viel Verantwortung.« Ein Unterschied ist ihr allerdings sofort aufgefallen: »Die Hierarchie im Krankenhaus ist hier viel flacher. Die Kollegen duzen sich meist, und ich hatte ganz schnell das Gefühl, gleichberechtigt zu sein. Professoren zum Beispiel werden hier ganz normal mit ›Herr Soundso‹ angesprochen.« Auch Torsten Reil hat sich für das europäische Ausland entschieden. Der heute 34-Jährige hat zwar

in Düsseldorf mit dem Biologie-Studium begonnen, aber schon nach kurzer Zeit beschlossen, an die Universität Oxford zu wechseln. Das Buch eines englischen Professors hatte ihn so beeindruckt, dass er unbedingt bei ihm studieren wollte. Noch während seines Biologie-Studiums an einer der ältesten Universitäten der Welt hat Torsten Reil dann eine eigene Firma gegründet – mit Erfolg: Mittlerweile hat er mehr als 60 Mitarbeiter, und die von ihm und seinem Team entwickelte Software wird in Hollywood-Filmen und Computerspielen eingesetzt. Dass er Deutscher ist und die meisten seiner Angestellten Engländer, kümmert ihn nicht: »Wir sind ein multinationales Unternehmen«, sagt Torsten Reil. »Da spielt es keine Rolle, wer woher kommt.« Für ihn war der Schritt nach England genau der richtige. »Anfangs wurde unsere Firma von Investoren unterstützt. In Deutschland wäre das nicht so leicht gewesen. In England werden Start-up-Firmen viel eher mit Privatkapital gefördert«, sagt Torsten Reil. Die Nähe zu London kommt ihm ebenfalls zugute: dort sitzen viele Produktionsfirmen, die seine Technologie verwenden. Auch Kristin Hammer hat ihren Schritt in die Schweiz nicht bereut. Mittlerweile lebt sie dort seit zehn Jahren. Ihren Freund hat sie längst geheiratet, und ihre drei Kinder werden ein Problem nicht haben: das Problem mit dem Schweizerdeutsch. •


Wie geht’s?

Was das Europäische Pa rlament entscheidet und warum man Wählen gehen sollte

Was macht das Europäische Parlament? Zentrale Arbeitsbereiche für das Europäische Parlament sind die Menschenrechte, die Sicherheit und die Verteidigung. Weitere Themen sind zum Beispiel Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Umwelt und Arbeitsmarkt. Das europäische Parlament kann zusammen mit dem europäischen Ministerrat europäische Gesetze beschließen. Was das Europäische Parlament beschließt, muss in allen Mitgliedsländern der EU umgesetzt werden. Das Europäische Parlament bestimmt zum Beispiel mit, welche Länder in die EU aufgenommen werden, wie hoch die Handykosten im Ausland maximal sein dürfen oder wie die Luftqualität in unseren Städten ist. Wie arbeitet das Europäische Parlament? Das Europäische Parlament arbeitet in Straßburg, Brüssel und Luxemburg. Es gibt regelmäßige Plenarsitzungen und viele Ausschüsse, in denen sich die Abgeordneten in ihrer täglichen Arbeit treffen. Das Parlament hat nach der Wahl am 7. Juni 2009 insgesamt 736 Abgeordnete aus den 27 Mitgliedsländern der EU, die für die nächsten fünf Jahre

gewählt sind. Aus Deutschland kommen 99 Abgeordnete, damit sind wir das Land, das die meisten Vertreter in das Europäische Parlament schickt. Warum sollte man wählen gehen? Das Europäische Parlament ist die einzige Institution der Europäischen Union, die wir Bürger direkt wählen können. Gerade deshalb sollten sich alle an dieser Wahl beteiligen. Durch die Abgeordneten im Parlament haben wir die Chance, die europäische Politik zu beeinflussen. Wer darf wählen? Für die Wahl zum Europäischen Parlament bekommen alle volljährigen EU-Bürger eine Wahlbenachrichtigung zugeschickt. Es werden nicht einzelne Bewerber gewählt, sondern eine Partei oder politische Vereinigung. Zur Wahl stehen in Deutschland die großen nationalen Parteien CDU, SPD, FDP, Grüne, Die Linke und viele kleine Gruppierungen. Die Parteien stellen vor der Wahl Listen mit ihren Wahlbewerbern auf. Von dem Wahlergebnis am 7. Juni hängt es dann ab, ob und wie viele Bewerber einer Partei in das Europäische Parlament kommen. •

text: sandra petersen ILLUSTRATION: JAKOB HINRICHS

links zur europawahl+++

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Mehrsprachige Diskussionsplattform mit Blogs und Videos zur Europawahl www.eudebate2009.eu Die Seite des Europäischen Parlaments mit WahlO-Mat und Handy-Wahlerinnerung www.europarl.de/europawahl Wiki mit den Europawahl-Kandidaten und ihren Wahlprogrammen www.wahlen-europa.de +++++

Jugendkarlspreis

Über Europa reden

Ihr Markenzeichen sind Gummistiefel und sie engagieren sich für den Umweltschutz: Die »Diplomaten in Gummistiefeln« des Conrad-von-Soest-Gymnasiums haben am 19. Mai den Jugendkarlspreis in Aachen erhalten. Die Schüler aus Nordrhein-Westfalen belegten hinter Gruppen aus Polen und Frankreich den dritten Platz. Das Europaparlament und die Karlspreisstiftung verliehen den Jugendkarlspreis für beispielhafte europäische Projekte zum zweiten Mal. Er ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert. • dpa

Gehört die Türkei in die EU? Fühlst du dich als Europäer? Was sind deine Visionen für Europa? Was gibt es Aktuelles aus Brüssel? Im SchülerVZ wollen wir mit dir über Europa diskutieren, Meinungen austauschen und dich auf dem Laufenden über EU-Nachrichten halten. Und so funktioniert’s: Melde dich bei SchülerVZ an und trete der Europa-Gruppe von yaez bei. Wir warten auf dich! Den Link zur SchülerVZ-Gruppe, alle Beiträge als Podcast und die Vorschau für die nächste Ausgabe findest du hier: www.yaez.de/europa

▶ Mehre Rechte: Bus- und Schiffsreisende in der EU sollen künftig bei erheblichen Verspätungen einen Anspruch auf Entschädigung erhalten, wie es bereits für Bahnreisende gilt. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Unehrliche Airlines: Mindestens neun Fluglinien täuschen nach Angaben der Europäischen Kommission die Verbraucher beim Ticketkauf im Internet. Dazu zählen Turkish Airlines und Emirates.

▶ Neuer EU-Kommissar: Jedes Land darf einen EU-Kommissar stellen, aktuell ist es Günther Verheugen (SPD). Nachfolger soll nach Wunsch von Angela Merkel der 53-jährige Friedrich Merz (beide CDU) werden. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Tschechien: Der tschechische Senat hat dem EU-Reformvertrag zugestimmt, doch der Präsident Vaclav Klaus verweigert seine Unterschrift. Bislang hat nur Irland im ersten Durchlauf gegen den Vertrag gestimmt.

NACHRICHTEN-TICKER+++++

▶ Klimafreundliche Technik: Nach dem Verbot von stromfressenden Glühbirnen will die EU mit neuen Etiketten zum Stromverbrauch den Kauf von sparsamen Haushaltsgeräten wie Fernseher und Kühlschränke anregen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Guantánamo-Häftlinge: Die USA haben die EU um die Aufnahme von Ex-Insassen des Terroristen-Gefangenenlagers Guantánamo gebeten. Die EU soll alle nötigen Informationen zur Überprüfung der Betroffenen erhalten.

sommer 2009 • yaez


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