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PROJECTS Maritime Museum of Denmark, House E /Germany, Split House Long Island / USA TRENDSCOUT Light is Architecture, Milano Stars REVIEWS Stockholm Furniture Fair, Euroshop, Ambiente
Deutschland EUR 18,60 Übrige Euroländer EUR 19.90 Schweiz CHF 24.50 Dänemark DK 120.00 UK Pfund 11.50 USA $ 10.95 Australien AUD 13.95
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Shanghai
md-Korrespondent Jamy Yang berichtet aus China
DESIGNARCHÄOLOGIE Der erfolgreiche chinesische Produktdesigner und md-Korrespondent bereitet ein Buch über die Geschichte des chinesischen Designs vor. md veröffentlicht vorab exklusive Auszüge. In dieser Ausgabe: “Vom Verschwinden der chinesischen Designgeschichte”. English translation on page 96 Sammeln ist meine Leidenschaft. Die meisten Fundstücke habe ich auf den Flohmärkten rund um die Welt gefunden: in Los Angeles, Malaysia, Taipeh oder Shanghai. Überwiegend stammen meine Trouvaillen aus der Zeit nach der Industriellen Revolution und irgendwann möchte ich damit ein Museum für Industriedesign ausrichten. Übrigens: Wenn ich von Flohmärkten spreche, dann meine ich den Handel
mit gebrauchten Industrieprodukten und nicht den mit handwerklich hergestellten. Deshalb würde ich den Panjiayuan-Markt in Beijing eigentlich nicht als Flohmarkt bezeichnen, obwohl es auch in China durchaus Flohmärkte gibt. Allerdings ist das Phänomen in Europa oder Amerika weitaus stärker verbreitet und hat eine lange Tradition. Ein Grund dafür mag sein, dass auf westlichen Flohmärkten
Links ein cartoonartiges Plagiat, rechts das Original des Dyson-Ventilators.
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Industrieprodukte aus unterschiedlichen Epochen auftauchen, viele davon aus dem 19. Jahrhundert. Auf den chinesischen Flohmärkten hingegen ist das Angebot vergleichbar jung: aus den Jahren zwischen 1970 und 1980 oder noch später. Das ist darauf zurückzuführen, dass in China die moderne Industrieproduktion in der Zeit von der Industriellen Revolution in England bis zur chinesischen Reform- und Öffnungspolitik fast zum Stillstand kam. Dazu kommt, dass es in China nur wenige Industrieprodukte gibt, die von uns komplett selbst entwickelt worden sind. Auch das macht es schwierig, alte chinesische Stücke auf unseren Flohmärkten zu finden. Wenn Flohmärkte Spiegel der industriellen Entwicklung sind, dann scheint diese in China nicht stattgefunden zu haben. Das war nicht immer so. Die letzte Designhochblüte geht auf die MingDynastie zurück. Die Handwerker konnten damals gut mit Materialien umgehen, und so haben sich die aus Holz gefertigten Ming-Möbel in aller Welt einen hervorragenden Ruf hinsichtlich ihrer ästhetischen Werte und praktischen Funktionalität erworben.
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“Die letzten 200 Jahre sind verlorene Jahre für das chinesische Industriedesign”
Das frühe Stück aus Paris ist das älteste Schreibgerät in der Sammlung des Autors.
Industriegeschichte der Bügeleisen: einst aus Stahl mit Kohle, heute aus Karbon und elektrisch.
Angel aus Zhejiang, einem Dorf in China.
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Im Zuge der von England ausgehenden zur heutigen Republik. Chinesische Un- entwicklung. Das wirkt bis heute nach. Industriellen Revolution erfolgte welt- ternehmen waren international nicht Als in den 1980ern die Isolierung weit ein schrittweiser Übergang zur wettbewerbsfähig. Und eine schwache endete, brach unser ästhetisches und maschinellen Produktion. Er erfasste Industrieproduktion misst auch dem kulturelles Wertesystem unter der Flut zuerst Europa, dann die USA und Design keinen Stellenwert zu. Um es der westlichen Produkte und der erreichte schließlich Asien. Das war die auf den Punkt zu bringen: die letzten mächtigen Kultur des Westens zusamGeburtsstunde für das moderne Pro- 200 Jahre waren verlorene Jahre für men. Aber 30 Jahre danach, also heute, duktdesign, ein revolutionärer Prozess, die Entwicklung des chinesischen habe ich das Gefühl, dass das chinesider in den folgenden 200 Jahren vor- Industriedesigns. Erst mit der Reform- sche Design zu einem neuen Höhennehmlich von den westlichen Ländern und Öffnungspolitik, genauer gesagt flug ansetzt. bestimmt wurde. In Großbritannien nach dem Jahr 2000, hat sich die Lage Textauszug/Vorabdruck und Fotos: hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts verbessert. 'Design Exploration', by Jamy Yang die um William Morris konzentrierte Wie stark das Produktdesign von posiArts-and-Crafts-Bewegung ausgebildet, tiven volkswirtschaftlichen Rahmenin Deutschland wenig später das Bau- bedingungen stimuliert wird, sieht man Unser Autor studierte haus und in Italien der 1970er Jahre an anderen Ländern. So haben die in China Produktdesign, Memphis, während die USA nach dem USA beispielsweise mit Apple die absolvierte in DeutschZweiten Weltkrieg die Führungsrolle besten Produkte in der Informationsland den Master in Industriedesign, arbeitete zuim Industriedesign übernahmen. Mit technologie, weil ihre Informationsnächst im Siemens HQ, dem Aufkommen neuer Materialien industrie weltweit führend ist. Und bevor er nach China und Herstellungsmethoden wandelte Möbel und Mode aus Italien verkaufen zurückkehrte und 2005 sich immer wieder auch die Produkt- sich überall auf der Welt hervorragend, in Shanghai das 'Yang Design, Büro für Produktästhetik. weil in Italien das entsprechende wirt- strategien und Designberatung' gründete. An dieser Entwicklung nahm China schaftliche und handwerkliche Know- 2007 folgte das Designlabel 'y-town' für Umweltfragen, Human Resources, Materialnicht teil. Die gesamte chinesische how vorhanden ist. studien und Designexperimente. Jamy Yang Industrie durchlief eine lange Schwä- China war lange Zeit abgeschottet. qualifiziert sich mit mehr als 40 nationalen cheperiode von der Qing-Dynastie bis Uns fehlen 200 Jahre eigener Produkt- und internationalen Designauszeichnungen.
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Recently graduated and improvements on the house. While full of curiosity, our author expressive cable routing on the outside Conny Kestel started prevents any show-case photographs (7). her Round The World You just accept it in the typically generous ArchitecTour in the Thai manner. At the second construction site we visited, autumn of 2013. Her studies of interior design at the Academy of Arts and after safety precautions are likewise casual. that of architecture at TU München are Hardly any barriers or handrails, the only ideal prerequisites. Traineeships and helmet is kept in the office container. internships with renowned architects like Directly adjacent to it are the makeshift Baumschlager & Eberle Architects, accommodations of the workers, both Plasma Studio London, Yes Architecture male and female. They sleep, cook and or SAS Architekten help open doors. work here in extremely modest quarters The young woman from Munich has a until they return to their families and talent for languages and an appetite for fields when the season begins. crossing borders. With her architectural In addition to traditional buildings like world tour, Conny Kestel maps the world Wat Prakaew or Wat Arun (8), which from her very personal perspective. you simply must see, there is one contemporary object the search of which is worth the while for everybody who is interested in both architecture English translation from page 74 and art – the MOCA. The “Museum of Contemporary Art”, designed by Design archaeology landscape architects P Landscape (PLA) md correspondent Jamy Yang reports houses contemporary Asian art – from from Shanghai pure Western style to flamboyant Thai. A sculpture by Nonthivathn Chandhanaphailin, inspired by jasmine, resides in a water basin in the garden (9). It’s fascinating how the voluptuous, floral aesthetics contrasts with the building’s unadorned structure and is in harmony with the façade’s pattern through which light is poetically guided “There is no future without knowledge into white rooms inside (10). Only about history and the present time”, recently IF paid a collective visit to the thinks Jamy Yang. “That is my philosophic MOCA, and apart from that they spend and aesthetic working basis.“ The quite a lot of leisure time together. I successful Chinese product designer become fully integrated in the office’s and md correspondent is preparing a bonding programme, which comprises book on the history of Chinese design sports, cultural events, going out and of under the title of 'Design Exploration'. course daily lunch in a large group. Excerpts are exclusively published by md. At my small, almost ceremonial farewell Part 1: On the disappearance of Chinese party I present my research work, design history my RTWArchtitecTour project and IF feedback. A home-made dessert for Collecting is my passion. I detected most IF rounds it off – a framed miniature of my findings at flea markets all around certificate with personal dedications the globe – in Los Angeles, Malaysia, for me. Text: Conny Kestel Taipeh or Shanghai. My lucky finds www.integratedfield.com mainly date back to the time after the www.plandscape.com industrial revolution, and I am planning Next stop is Tokyo to establish with them a museum for industrial design some day. By the way, talking about flea markets, I refer to trading with used industrial products, not with handcrafted ones. That is why I wouldn’t call the Panjiayuan
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market in Beijing a flea market, although there definitely are some in China. However, it's rather a European or American phenomenon, where they are more widespread and look back on a long tradition. One reason for this may be that at Western flea markets industrial products from various epochs turn up, many of them from the 19th century. Chinese flea markets, on the other hand, offer relatively young products from the years between 1970 and 1980 or even later than that. This is due to the fact that in China modern industrial production almost came to a standstill in the time before the industrial revolution took place in England until the Chinese reform and opening policy. Over and above that there are only few products that were completely developed by the Chinese themselves. This, too, makes it difficult to find old Chinese pieces at our flea markets. When flea markets mirror industrial development, this seems not to have taken place in China. It has not always been like this. The last design heyday dates back to the Ming dynasty. At that time craftsmen were very adept at handling materials, and consequently Ming furniture made of wood gained an excellent reputation worldwide as far as their aesthetic value and practical functionality are concerned. After the industrial revolution, a step-bystep transition to machined production took place on a worldwide basis. It first took hold of Europe, then of the U.S.A., and finally of China. It was the birth of modern product design, a revolutionary process, which in the subsequent 200 years was mostly determined by the Western countries. At the end of the 19th century, the Arts-and-Crafts movement dominated by William Morris evolved in Great Britain, a bit later the Bauhaus originated in Germany, and then came Memphis in Italy in the 1970s, while the U.S.A. took over the leading role in industrial design after World War II. As new materials and manufacturing techniques emerged, product aesthetics, too, changed time and again. China did not take part in this development. The Chinese industry as a whole passed through long periods of weakness from the Qing dynasty up to
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the present republic. Chinese enterprises were not competitive internationally. Which means that weak industrial production does not attach much importance to design. To put it in a nutshell: the past 200 years were lost years as far as the development of Chinese industrial design is concerned. The situation improved only with the beginning of the reform and opening policy, more exactly after the year 2000. How much product design will be stimulated by positive general national economic conditions becomes evident when we look at other countries. The United States of America, for instance, have the best products I information technology, because their information industry leads the field worldwide. Furniture and fashion from Italy sell excellently all over the world, because Italy has the relevant economic and craftsmanship know-how. For a long time, China had been sealed off. We miss 200 years of a product development of our own. This continues to have an effect up to today. When in the 1980s isolation came to an end, our aesthetic and cultural system of values broke down under the flood of Western products and the powerful culture of the West. But 30 years later, i.e. now, I have a feeling that Chinese design is ready for a new take-off. Text: extract from 'Design Exploration' by Jamy Yang Our author Jamy Yang studied product design in China and graduated in Germany with a master’s degree in industrial design. He worked at Siemens HQ for a while before returning to China and founding Yang Design in Shanghai in 2005, an office for product strategies and design consultancy. In 2007, the y-town design label was established, catering for environmental problems, human resources, material studies and design experiments. Among his qualifications are more than 40 national and international design awards.
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md INTERIOR DESIGN ARCHITECTURE 60. Jahrgang ISSN 0343–0642 Herausgeberin: Katja Kohlhammer Verlag: Konradin Medien GmbH, Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen/Germany Geschäftsführer: Peter Dilger Verlagsleiterin: Marei Röding Redaktion: Chefredakteur: David Wiechmann, Phone +49 711 7594 -229 Chefin vom Dienst: Susanne Tamborini-Liebenberg, Phone +49 711 7594 -288 Alexander Kuckuk, Phone +49 711 7594-352 Katharina Feuer, Volontärin, Phone +49 711 7594-423 E-Mail: md.redaktion@konradin.de Redaktionsassistenz: Irene Krämer, Phone +49 711 7594 -283 Layout: Christina Saroulidou, Phone +49 711 7594 -377 Übersetzungen ins Englische: Sander & Sander Korrespondenten: Imke Janoschek, Enskede/S, Mobil +46 70 4564571 Kay von Losoncz, Zürich/CH, Phone +41 44 2524893 Ingo Werk, Wilmington CA/USA, www.ingovision.com Jamy Yang, YANG DESIGN, Shanghai/CN, www.yang-design.com Anzeigenleitung: Petra Wehinger, Phone +49 711 7594- 404 Auftragsmanagement: Melanie Strauß, Phone +49 711 7594-403 Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 55 vom 1.10.2013 Leserservice: Marita Mlynek, Phone +49 711 7594-302 marita.mlynek@konradin.de Erscheinungsweise: 8 x jährlich Jahresabonnement: Inland 147,20 EUR inkl. MwSt. und Versand Ausland 156,80 EUR inkl. Versand Für Schüler, Studenten und Auszubildende gegen Nachweis: Inland 92,40 EUR inkl. MwSt. und Versand Ausland 102,00 EUR inkl. Versand Einzelpreis: Inland 18,60 EUR inkl. MwSt. zzgl. Versand Bezugszeit: Sofern die Lieferung nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf. Das Abonnement kann erstmals vier Wochen zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils vier Wochen zum Quartalsende. Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen oder höherer Gewalt entsteht kein Anspruch auf Ersatz vorausbezahlter Bezugsgebühren. Manuskripte werden gerne von der Redaktion entgegengenommen. Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors, nicht unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte Manuskripte sowie für Berichte aus der Industrie wird keine Gewähr übernommen. Die in md veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung, ferner der Reproduktion in irgendeiner Form, sowie der Wiedergabe durch öffentlichen Vortrag, Funk- oder Fernsehsendung, bleiben – mit Ausnahme der in §§ 53 und 54 UrhG genannten Sonderfälle – ausdrücklich vorbehalten. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart. Druck: Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen Printed in Germany © 2014 by Konradin Medien GmbH, Leinfelden-Echterdingen
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