Auf der Suche Nach dem Glück von Swami Satchidananda / How to Find Happiness (in German)

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Auf der Suche Nach dem GlĂźck

Satchidananda von Swami Satchidananda



Auf der Suche Nach dem Glück Eine Auswahl von Beiträgen von Sri Swami Satchidananda

Satchidananda Ashram–Yogaville® Buckingham, Virginia, USA


Auf der Suche nach dem Glück enthält eine Auswahl von Beiträgen, die im Integral Yogall Magazine erschienen sind. Autorisierte Übertragungausdem Englischenvon Usha Piscini. Titel der amerikanischen Ausgabe: How to Find Happiness, Yogaville 1990. TitelderfranzösischenAusgabe: À la Recherche du Bonheur, Yogaville, 1990 Bücher und Schriften von Sri Swami Satchidananda: Guru and Disciple The Healthy Vegetarian Integral Yoga Hatha Integral Yoga: The Yoga Sutras of Patanjali Integral Yoga: The Yoga Sutras of Patanjali (pocket edition) Integral Yoga Meditation booklet Kailash Joumal Gems of Wisdom The Golden Present The Key to Peace The Living Gita Enlightening Tales Pathways to Peace Beyond Words To Know Your Self - Dieses Buch ist auch auf deutsch erschienen unter dem Titel: Erkenne dein Selbst. Verlag Hinder + Deelmann, Gladenbach, 1986 Bücher über Sri Swami Satchidananda: The Master’s Touch Sri Swami Satchidananda: Apostle of Peace (Biographie) © Copyright 2018 by Satchidananda Ashram–Yogaville® All rights reserved. Integral Yoga Publications, Buckingham, Virginia 23921 USA 2


WIDMUNG Vielen Menschen auf der ganzen Welt hat die Lektüre, das Begreifen und Umsetzen der Lehre Swaini Satchidanandas geholfen, Zufriedenheit und Erfüllung in ihrem Leben zu finden. Swami Satchidananda’s Lehre ist allumfassend. Sie hilft, Grenzen zu überschreiten: Nationale, rassische, religiöse. Sie fördert Frieden und Harmonie. Sie richtet den Blick auf die wesentliche geistige Einheit des Universums, die der scheinbaren Vielfalt und Verschiedenheit zugrundeliegt. Aufgrund dieser geistigen Einheit können wir uns als eine Weltfamilie fühlen und auf Frieden in der Welt hoffen. Wir widmen dieses Büchlein unserem verehrten und geliebten Lehrer, H.H. Sri Swami Satchidanandaji Maharaj, anläßlich seines 79. Geburtstages, und wir widmen es auch all jenen, die auf der Suche sind nach wahrem, dauerndem Glück. Möge die ganze Welt erfüllt sein mit Frieden und Freude, Liebe und Licht! OM Shanti.

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Danksagung Auf der Suche nach dem Glück ist aus Beiträgen zusammengestellt worden, die im Integral Yoga Magazine erschienen sind, eine Informationsquelle, die Sri Gurudev‘s Liebe, Licht und Weisheit, seit über 40 Jahren an Yogaschüler weltweit verbreitet. Das Integral Yoga Magazine ist eine höchst wertgeschätzte Verbindung für all diejenigen, denen es nicht möglich ist, Satchidananda Ashram so oft zu besuchen, wie es ihnen lieb wäre. Dieses Büchlein wurde ursprünglich von Mitra Schmidt des Integral Yoga Frankreich zusammengestellt und in französischer Sprache veröffentlich. Dafür danken wir ihm von ganzem Herzen. Für die Übersetzung in die deutsche Sprache möchten wir Usha Piscini, einer langjährigen Schülerin von Gurudev, sehr herzlich Dank sagen. Ein herzliches Dankeschön gilt auch Carola Ehlermann in Brüssel, die unermüdlich und hingebungsvoll am sprachlichen Stil der deutschen Ausgabe mitgearbeitet hat. Unsere Liebe und Dankbarkeit gilt Peter Max, dem berühmten Pop Künstler. Seine Kunst, die eine ganze Generation bestimmt, hat einen sofortigen Erkennungswert und inspiriert noch heute. Peter Max war der erste Gastgeber Sri Swami Satchidananda’s in Amerika. Wir fühlen uns sehr geehrt, dass seine Kunst die Titelseite dieser besonderen Serie der kleinen Geschenkbüchlein, schmückt. Dankbar sind wir auch Victor Arjuna Zurbel für seine Graphik Design Talente und für seine Arbeit mit Peter Atman Max, welche die Verwirklichung dieser Serie ermöglicht hat. Besonderer Dank auch an Reverend Kumari de Sachy für ihre redaktionellen Fähigkeiten und ihren hingebungsvollen Karma Yoga Einsatz. 4


Des Weiteren möchten wir uns bei den Familien Harry Wadhwani, Prakash und Mahesh Daswani und Reverend Sivani Alderman bedanken, deren großzügige Spenden diese und andere Veröffentlichungen erst möglich gemacht haben. Wir möchten uns auch bei Ram Wiener für bereitwillige und prompte Unterstützung der deutschen Ausgabe bedanken, bei Arjuna Jyothi und Shiva Herve für die liebevolle und kompetente Arbeit am Layout und bei Rich Friedel für den sorgfältigen und zuverlässigen Druck.

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INHALT WIDMUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 DANKSAGUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 EIN REINES HERZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 ERFOLG AUF DEM YOGA-WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 SELBSTLOSIGKEIT UND KARMA YOGA . . . . . . . . . . 20 ISHVARA PRANIDHANA: SELBSTAUFGABE . . . . . . . 24 DAS SICHERSTE, EINFACHSTE UND GLÜCKL, ICHSTE LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 GURU UND SCHÜLER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 VERSTEHEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 MUTIGE GEDANKEN UND GEFÜHLE . . . . . . . . . . . . . 48 EINE BESSERE WELT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 BIOGRAPHIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55


Ein Reines Herz Yoga bedeutet Ausgeglichenheit der Gedanken und Gefühle sowie Geschmeidigkeit des Körpers. Die Bibel bezeichnet dies als Reinheit des Herzens. Es ist die einzige Bedingung, um Gott zu schauen. Das Neue Testament sagt „Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ Wer ein reines Herz hat, wird Gott schauen. Das verheißt man weder dem, der Tempel und Kirchen erbaut, noch dem, der Tausende von Büchem veröffentlicht, noch dem, der jeden Sonntag zahllose Kerzen anzündet. Man kann das alles tun und es ist gut, doch im Endeffekt ist es belanglos. Was aber ist die unerläßliche Bedingung, um Gott zu schauen? Die Reinheit des Herzens. Das ist Yoga. Das ist Religion. Und das sollte unser Leben sein. Yoga und das, was wir glauben, sollte nicht von unserem täglichen Leben getrennt werden. Nur dadurch, daß man jeden Sonntag zur Kirche geht, wird man nicht Christ; der Kirchgang allein reicht nicht. Was muß stattdessen geschehen? Warum nimmt man überhaupt an Gottesdiensten teil? Zur Läuterung des Herzens. Warum zünden wir beim Gottesdienst oder bei der Meditation Kerzen an? Um das innere Licht zum Leuchten zu bringen oder um uns wenigstens daran zu erinnern, daß dieses Licht ins Bewußtsein gebracht werden sollte. Alle Rituale, Übungen, Gottesdienste und die unterschiedlichen Formen der Anbetung zielen darauf ab, das Herz rein zu erhalten. Die Bibel benutzt ein wunderbares Wort dafür, das „Herz,“ das sowohl das physische als auch das psychische Herz bezeichnet. Wenn man sagt, jemand habe ein gutes oder weiches Herz, dann streckt man nicht seine Finger danach aus, um zu prüfen, wie weich das Herz ist. Wenn man jemanden ein „sweetheart“ nennt, kostet man es dann? Nein. Das Wort „Herz“ bezeichnet sowohl das Stoffliche als auch das Feinstoffliche—das Leibliche als auch das Seelische. Es ist ein schönes Wort. Mit einem einzigen Wort kann man zwei Dinge bezeichnen. Laßt euer leibliches 7


Herz rein sein und laßt auch euer seelisches Herz rein sein. Selig sind, die reinen Herzens sind, sowohl leiblich als auch seelisch. Wenn man dem Körper nicht zuviel Cholesterin und Nikotin zuführt, braucht man keinen Herz-Spezialisten. Ein Yogi hat keine Herzbeschwerden, und wenn man keine hat, dann ist man schon ein Yogi. Das ist das „Herz“ dieses Themas. Der ganze Körper spiegelt sich im Herzen wider. Er wird gewissermaßen vomHerzen ernährt. DasHerz liefert alles. Es ist das Herz des Menschen und deshalb haltet es rein. Bleibt allem fern, was eurem leiblichen Herzen schaden könnte. Deshalb sind wir für gewisse Einschränkungen beim Essen und Trinken. Wir empfehlen frische Luft und angemessene Übungen, jedoch kein übertriebenes Training. DasHerz braucht körperliche Übungen, aber sie sollten sein Leistungsvermögen nicht überfordem. Unglücklicherweise sind in der modernen Welt viele wichtige Gedanken, die früher durch die verschiedenen Religionen weit verbreitet waren, vernachlässigt oder aus Bequemlichkeit sogar vergessen worden. Liest man Biographien von Weisen und Heiligen aller Religionen, stellt man fest, daß fast alle für reine Nahrung eintreten. Genauer gesagt, empfehlen die meisten reine, vegetarische Nahrung. Sie befürworten niemals Fleisch oder alkohol. ImNamen von Yoga möchten wir diese Lehren ins Gedächtnis zurückrufen. Man nimmt viele Gewohnheiten im Leben an, die schädlich sind. Und obwohl man das ganz genau weiß, macht man es dennoch; man hält es für zu mühevoll, sich von ihnen fernzuhalten oder sie sich wieder abzugewöhnen. Wenn man auf der ganzen Welt eine Umfrage startet zu dem Thema: „Ist Rauchen positiv?”, dann lautet die Antwort, sofern die Leute ehrlich sind: „Nein. Rauchen ist weder notwendig noch gut für die Gesundheit. Es schadet Herz und Lungen.“ Jeder weiß das, auch derjenige, der eine Riesensumme für Werbung ausgegeben hat: „Auf natürliche Weise erfrischend.“ Sagt zu dem Betreffenden: „Hand aufs Herz, glauben Sie wirklich, daß 8


eine Zigarette auf natürliche Weise erfrischt?“ Wir alle wissen, daß es nicht stimmt. Das ist ein wichtiger Punkt, der betont werden muß. Wir alle wissen, was richtig und was falsch ist, aberdie meisten Menschen haben offensichtlich nicht die Kraft, von schlechten Gewohnheiten loszukommen. Um dem Guten zu folgen und dem Schlechten abzuschwören, muß man eine innere Kraft entwickeln. Unsere Gedanken und Gefühle müssen wirklich stark sein. Wenn man sagt: „Das werde ich nie wieder anrühren,“ dann sollte man tatsächlich darauf verzichten können. Man sollte es vergessen. Bekäme man es am nächsten Tag mitgebracht, wäre es denkbar, daß man es nicht einmal wiedererkennt. Nehmen wir an, ihr sagt: „Ich rauche nicht mehr. Ich möchte keine Zigaretten mehr. Ich vergesse sie.“ Wenn euch am nächsten Tag jemand eine Zigarette anbieten würde, wäre eure Rückfrage: „Was ist das für ein Glimmstengel?“ Ihr hättet Form und Namen völlig aus dem Gedächtnis gestrichen. Das gilt für jede schädliche Gewohnheit. Ihr könnt sie ablegen, wenn ihr euren Willen stärkt. Es ist sehr wichtig, den Willen zu stärken. Hierbei müßt ihr durch Konzentration und Meditation die Stärkung der Gedanken und Gefühle erreichen. Wir alle kennen das Sprichwort: „Man wird, was man denkt.“ Wenn ihr euch auf ein Ziel konzentriert, dann erreicht ihr es, weil euer Wille so stark wird, daß er erreicht, was er will. Um den Willen zu stärken, müssen wir verstehen, wodurch er geschwächt wird. Wie kommt diese Schwäche zustande? Vermutlich müssen wir uns dazu in ein physikalisches Labor begeben oder Maschinenbau betreiben. Man nehme einen großen Tank und fülle ihn mit Wasser. Dieser Tank hat rundherum neun oder zehn Hähne. Stellt euch vor, man läßt diese Hähne alle offen, während man den Tank mit Wasser füllt. Man gießt und gießt. Man möchte den Wasserdruck an einem Hahn verstärken, aberdas Wasser fließt einfach heraus. 9


Was kann man nun tun, um den Wasserdruck zu steigern? Man macht einfach die übrigen Hähne zu. Nennt das Physik oder Technik oder was ihr wollt. Wenn man alle Öffnungen bis auf eine zumacht, dann erhält diese einen größtmöglichen Druck. Der Wassertank kann mehrere Etagen hoch sein, sobald ihr jedoch mehrere Hähne aufmacht, verringert sich der Druck und der Wasserspiegel sinkt. Gedanken und Gefühle verhalten sich genauso. Öffnet man mehrere hundert Hähne des Gedankenapparats gleichzeitig, dann ergießen sich die Gedanken in alle Richtungen, haben jedoch keine Kraft. Das Niveau hat sich ganz einfach gesenkt. Gewiß, ihr möchtet alles erreichen, aber nicht zur selben Zeit. Schließt also alle Kanäle. Öffnet einen, dem ihr den Vorrang gebt—das ist Konzentration. Es ist einfach. Ihr hinderteure Gedanken daran, in all diese Kanäle einzudringen; stattdessen richtet ihr sie auf einen einzigen Kanal, auf eine einzige Sache. Eure Konzentration kann sich auf einen Gegenstand, einen Gedanken, ein Gebet oder ein Mantra richten. Natürlich haben die Gedanken und Gefühle die Tendenz, auf alle Öffnungen zuzuströmen. Jedesmal, wenn ihr bemerkt, daß sie auf andere Öffnungen zufließen, dreht die Hähne fest zu. Erzieht sie so, daß sie nur durch einen einzigen Hahn fließen. Ihr könnt das erreichen, wenn ihr eure Gedanken und Gefühle erzieht. Glaubt aber ja nicht, daß es sofort gelingt, wenn ihr euch hinsetzt, um zu meditieren. Es braucht eine gewisse Zeit, denn die Gedanken und Gefühle haben die Gewohnheit angenommen, in unzählige Richtungen zu eilen. Versperrt ihnen behutsam den Weg; ihr braucht nicht hart oder streng mit ihnen zu sein. Seid so lieb wie eine Mutter, die ihr Kind erzieht. „Oh, mein Schatz, so geht es nicht. Mach das so und du bekommst eine Belohnung.“ Es ist nicht unsere Absicht, den Gedanken und Gefühlen Schaden zuzufügen; wir wollen sie erziehen. Sie sind wie ein wildes Pferd, wie 10


ein ruheloser Affe. Man kann sie erziehen, aber man muß Geduld haben. Vielleicht ist das mühevoll, aber es lohnt die Anstrengung. Nur ihr allein könnt es schaffen; ein spiritueller Lehrer kann euch lediglich anleiten und euch alle möglichen Methoden zeigen. Der Erfolg hängt davon ab, wie ehrlich und ernsthaft ihr seid. Um Nutzen aus dem Yoga zu ziehen, muß man laut Bhagavan Patanjali über einen langen Zeitraum hinweg, ohne Unterbrechung und mit völligem Interesse üben. Wann werden Yoga-Übungen helfen? Wenn man alles andere satt hat. Denn wenn man alles ausprobiert hat und weiß, daß es einem nicht mehr helfen wird, dann kann man gut darauf verzichten. Jemand, der das begriffen hat, ist ein geistig Suchender. In einem auf Yoga aufgebauten Leben—vorausgesetzt man weiß, warum man es lebt—freut man sich über alles, wie schwierig es auch sein mag. Das ist sehr wichtig. In der Tat ist das bereits Handeln auf Yoga-Weise. Das ganze Leben ist nur Freude für einen Yogi. Bestände es aus Leiden, warum wollte man dann überhaupt ein Yogi sein? Eigentlich ist der Yogi derjenige, der sich des Lebens wirklich freut, weil er weiß, wie man es genießen kann, ohne Schaden zu nehmen. Natürlich geschieht das nicht über Nacht. Am Anfang ist man vielleicht ein bißchen verkrampft und denkt: „Ich muß dies und jenes tun. Sonst erreiche ich mein Ziel nicht.“ Denkt man so, verliert man sogar im Namen des Yoga das bißchen Frieden, das man zuvor hatte. Erinnert euch deshalb immer daran: „Ich mache diese Übungen, um Frieden zu finden. Wenn sie meinen Frieden untergraben, sind sie entweder nicht richtig oder meine Einstellung ist falsch.“ Yoga bedeutet Frieden und Heiterkeit im Gemüt. Die Gedanken und Gefühle sollten immer friedlich, heiter, ruhig und rein sein. Wenn das eintritt, dann erkennt ihr den wirklichen Nutzen. Denkt also daran: Um dieses Friedens willen lohnt sich die Mühe. 11


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Erfolg auf dem Yoga-Weg Yoga strebt die Kontrolle oder Herrschaft über Gedanken und Gefühle an. So beginnen die Yoga-Sutras von Patanjali: „Die Beherrschung der Veränderung der Denksubstanz ist Yoga - Yoga chitta vritti nirodhah.“ (1,2) Aber wie kann das erreicht werden? Selbst der beste Schüler, Muna, sagt zu Lord Krishna in der Bhagavad Gita: „Meine Gedanken und Gefühle sind wahrlich unruhig, ungestüm und hartnäckig. Ich meine, sie sind genauso schwer zu kontrollieren wie der Wind.“ (V1, 34) Krishna macht ihn hier jedoch auf einen hilfreichen Punkt aufmerksam: „Durch Übung und Nicht-Abhängigkeit können die Gedanken und Gefühle beherrscht werden.“ (V1,35). Das ist der gleiche Schlüssel, den uns Patanjali in seinen Yoga-Sutras gibt: „Abhyasa vairagyaabhyaam nirodhah.“ (1,12) Abhyasam und vairagyam bedeuten Übung und Nicht-Abhängigkeit. Das bedeutet ununterbrochenes Üben, welches nicht nur auf einen Tag in der Woche oder fünf Minuten am Morgen oder Abend beschränkt ist, während man den Rest der Zeit einfach tut, wozu man gerade Lust hat. Nein, das Ziel muß dauernd verfolgt werden. Sonst ist es so, als würde man fünf oder zehn Minuten am Morgen, und fünf Minuten am Abend meditieren, den ganzen Tag über jedoch den Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen und ihnen erlauben, in alle Richtungen auszuschweifen. Oder als würde man das Ruder nur zehn Minuten festhalten und es danach loslassen, sodaß das Boot den Launen des Windes überlassen bliebe; so wird man das Ufer nie erreichen. Schaut euch ein Boot oder ein großes Schiff an: Was ist das Wichtigste daran? Der Kapitän, der vor dem Kompaß steht undfür die Steuerung des Schiffes verantwortlich ist. Man setzt für sein Schiff einen bestimmten Kurs oder Winkel fest. Ist er 180’, dann fährt man immer geradeaus, immer 180’. Sagt man: „Oh, ich weiche etwas vom Kurs ab, aber nur 2’, das macht nichts aus,“ wo wird man dann ankommen? Man kann sich 13


rechtfertigen: „Ich habe mich nur um ein oder zwei Grad geirrt,“ aber am Ende ist die Abweichung eben doch beträchtlich. Deshalb ist ständige Aufmerksamkeit und Wachsamkeit erforderlich. Jemand muß das Steuer halten und den Kompaß beobachten. Stimmt die Richtung oder nicht? Macht man zufällig einen Fehler oder läßt sich vom Wind abbringen, dann kann man den Kurs berichtigen. Man muß sofort eine Kurskorrektur vornehmen. Egal, ob es sich nun um ein Schiff oder ein Flugzeug handelt: ohne Kurskorrektur kann man das Ziel niemals erreichen. Würde man in New York abfliegen und wollte in Los Angeles die Reise beenden, käme man stattdessen wahrscheinlich in Miami an! Liest man ein Buch über die Kunst des Fliegens, so sieht man, daß hierbei viele Dinge eine Rolle spielen: Rückwind, Gegenwind, Seitenwind, Temperaturschwankungen. Man muß all diese Dinge berechnen, um sicherzustellen, daß das Flugzeug in die gewünschte Richtung fliegt. Das ist eine hervorragende Lektion. Schon um ein Flugzeug zu fliegen, muß man das alles wissen. Wie steht es nun mit diesem Flugzeug, dem menschlichen Körper? Auch hier haben wir Gegen-, Rück-, Seiten-, Wirbelwind und vieles andere! Wenn ein großes Flugzeug nahe vorbeifliegt, wird man davon angezogen und verliert das Gleichgewicht. Deshalb muß man ständig aufpassen. Ich möchte euch eine Geschichte erzählen, um diesen Punkt zu veranschaulichen. Es waren einmal zwei Bootsmänner. Sie konnten zwar rudern, besaßen aber kein Boot. Eines Tages wollten sie ein Boot stehlen und einen Nachbarort am Ufer des Ganges aufsuchen. Gegen Mitternacht kamen sie zum Hafen und fanden ein Ruderboot. Sie waren wirklich sehr gut vorbereitet. Wie? Sie hatten eine Menge Sprit getankt. Ruderboote brauchen keinen Sprit, aber die Ruderer wohl. Ich will damit sagen, daß sie betrunken waren! Sie hatten tatsächlich ihren „Kanister“ randvoll mit „hochgradigem Sprit.“ Langsam 14


kamen sie näher. Ihr könnt euch vorstellen, wie sie zum Fluß herunterschwankten. Sobald sie das Boot sahen, waren sie überglücklich. „Ach, wir haben ein Boot, los, steigen wir ein.“ Dann fanden sie auch die Ruder und fingen an zu rudern. Sie sangen ein Lied und ruderten die ganze Nacht hindurch. Langsam begann es zu dämmern. Wie ihr wißt, kommen die Leute gewöhnlich frühmorgens, um im Ganges zu baden. So sahen sie also ein paar Leute näherkommen, aber die Gesichter waren ihnen nicht unbekannt. „Merkwürdig,“ dachten sie, „wie sind die denn so einfach hierhergekommen? Wir haben doch die ganze Nacht gerudert.“ Inzwischen war es noch ein bißchen heller geworden und sie erkannten all die vertrauten Gebäude. “He,“ sagten sie zu den Badenden, „wir sind ja immer noch an derselben Stelle. Was ist passiert?“ Die Badenden fragten: „Wie? Worüber wundert ihr euch denn? Was hattet ihr vor? Wem gehört das Boot?“ „Oh nein, nein, wir wollten nur ins Nachbardorf gehen und bald zurückkommen. Wir haben die ganze Nacht gerudert. Wir verstehen nicht, warum wir immer noch hier sind.“ „Ihr Narren! Ihr habt vergessen, das Tau loszubinden. Ihr wart die ganze Zeit am Ufer angebunden.“ Zweifellos hatten sie geübt. Manche üben monatelang. „Oh, ich habe alle möglichen Arten von Japa und Pranayarna geübt. Ich habe alle Gurus besucht. Ich habe alle Techniken ausprobiert.“ Aber leider sind sie immer noch angebunden. Sie haben den Anker nicht gelichtet. Üben allein ist nicht genug. Das muß man unbedingt wissen. Ihr müßt diese Losgelöstheit haben, die man Vairagya oder Nicht-Abhängigkeit nennt. Ich sage nicht, daß diese Übungen ganz nutzlos sind. In gewissem Sinn sind sie besser als Nichtstun. Statt ins Kino zu gehen, hat man wenigstens etwas über Yoga gehört. Die beiden wären sicher in einer Spielhölle gelandet, hätten sie nicht die ganze Nacht gerudert. Natürlich ist das ein Vorteil. 15


Allerdings kann man das Ziel nicht erreichen, kann man nicht zum anderen Ufer gelangen, wenn man sich der Fesseln nicht entledigt. Unglücklicherweise haben wir in unseren Booten nicht nur einen Anker - wir haben Tausende von Ankern, überall. Alles, was ihr „mein, mein, mein“ nennt, fesselt euch. Wenn ihr wissen wollt, wie weit ihr von eurem Ziel—egal , ob ihr es Gott oder Frieden nennt—entfernt seid, dann kann ich euch eine einfache Methode zeigen, um die Entfernung zu messen. Holt euch einfach ein Blatt Papier und fangt an, das aufzuschreiben, was ihr „mein“ nennt. Mein Haus, mein Körper, mein Verstand, meine Intelligenz, mein Kind, meine Frau, mein Geld, meine Rasse, mein Land, mein Dies, mein Das. Zählt alles auf, was ihr „mein“ nennen könnt; laßt nichts, aber auch gar nichts aus. Wenn die Liste schön lang ist, dann seid ihr recht weit von eurem Ziel entfernt. Wenn ihr die Liste kürzer machen könnt, dann kommt ihr dem Ziel näher. Wenn es nichts gibt, das ihr „mein“ nennen könnt, dann seid ihr schon am Ziel! So ist es. Ganz einfach. Man muß nicht einmal Übungen machen, nicht einmal eine andere Form von Yoga üben. Das ist das Wesentliche. Wollt ihr wirklich den Frieden, dann macht einfach eine Kontrolle: „Wieviele ‘meins“ habe ich um mich herum aufgebaut?“ Je mehr „meins“ euch umgeben, desto mehr Probleme habt ihr. Jedes „mein”* ist wie eine Mine, die jederzeit explodieren kann! Ihr verwandelt euer ganzes Leben in ein Schlachtfeld, das voller „meins“ steckt. Wenn ihr die „meins“ schon gelegt habt, ruft einen guten Minensucher, um sie zu entschärfen—den Guru. Den Mein-kehrer** oder Gedanken-Kehrer.*** Er weiß, wie man den Zünder herausnimmt. Sobald der Zünder entfernt ist, gibt es keine Verwirrung mehr.**** Wie nimmt er die Zündung heraus? Er wird einfach die Bezeichnung auswechseln. Er wird alles, was ihr „mein, mein, mein“ nennt, durch „dein, dein, dein“ ersetzen. 16


Das bedeutet Losgelöstsein. Ihr hängt nicht an den Dingen, die euch umgeben. Ihr nennt sie nicht „mein.“ Jemand hat mir diesen Stuhl gegeben. Er ist sehr bequem. Man sitzt darauf wie auf einem Thron. Wundervoll. Ich kann sogar sagen, er gehört mir, solange ich darauf sitze. Aber wenn dieser Vortrag vorüber ist, kann ich ihn nicht mitnehmen. Er wurde nür nur zum Gebrauch überlassen. Genauso wurde euch alles zur Benutzung überlassen, auch euer Körper. Ihr sollt ihn nicht verhätscheln, indem ihr stundenlang vor dem Spiegel steht und ihn schön macht. Nein. Gebraucht ihn auf die rechte, nicht auf eine falsche Weise. Ihr habt ein Fahrzeug bekommen. Nehmt euch seiner gut an. Füllt es mit dem richtigen Treibstoff. Wenn es Super braucht, dann füllt es nicht mit Norrnal-Benzin. Achtet darauf, daß jeder Bolzen, jede Schraube richtig angezogen ist - weder zu straff noch zu locker. Auch Menschen können manchmal zu streng oder zu lasch sein. In beiden Fällen wird es Probleme geben. Alles wurde euch gegeben, um es zu benutzen, nicht um es zu besitzen. Genau das nennt man Losgelöstsein oder Nicht-Abhängigkeit. Wenn ihr die Dinge gebraucht, müßt ihr sie sauberhalten und korrekt benutzen. Ihr tragt die Verantwortung dafür. Glaubt bloß nicht, ihr könntet sie herumliegen lassen und mit ihnen einfach machen, was ihr wollt, nur weil sie euch nicht gehören. Ihr seid immerzu dafür verantwortlich. Diese Art des Losgelöstseins muß richtig verstanden werden. Ihr könnt nicht verantwortungslos handeln oder einfach alles im Stich lassen und davonlaufen. Wenn ihr das tut, seid ihr immer noch gebunden, wohin ihr auch geht. Wenn ihr euch von eurer Villa gelöst habt, hängt ihr nach ein paar Wochen an eurem Indianerzelt. Wo liegt der Unterschied? Es ändert die Sache nicht, ob es sich um eine Villa oder ein Indianerzelt handelt. Ob es euren schönen Anzug, Hut, Krawatte und Mantel betrifft oder eure verblichenen und 17


abgetragenen Jeans. Was sollen alle diese verblichenen Jeans? Wieviele Leute hängen sogar an diesen Jeans! Kleidung ist dazu da, den Körper zu bedecken, das ist alles. Sie sollte sauber und ordentlich sein. Solange ihr nicht daran hängt, solange ihr nicht ins andere Extrem fallt, bindet euch das nicht. Ohne dieses innere Losgelöstsein werden die Übungen nicht viel Erfolg haben. Abhyasam und Vairagya, Übung und Losgelöstsein, sollten Hand in Hand gehen. Das sind die zwei Flügel eines Vogels und sie sind beide notwendig. Laßt es zu, daß sich eure Seele mit Hilfe dieser beiden Flügel emporschwingt, um euch die völlige Kontrolle über Gedanken und Gefühle zu schenken, damit ihr immer vollkommenen Frieden und Freude genießen könnt.

* Wortspiel im Englischen: „mine“ = mein; „mine“ = Mine ** Englisch: „Chimney-sweep“ „-Schomsteinkehrer; „minesweep“ - Minenkehrer, „Mein”-Kehrer. *** ”Mind-sweep“ - jemand, der Gedanken und Gefühle reinigt (A.d.Ü.) **** Wortspiel irn Englischen: „Once die fuse is taken away, there won’t b confusion.“ „fuse“ -Zünder; . „confusion“ -VerwWnmg. (A d.O.) 18


Selbstlosigkeit und Karma Yoga Vollkommenheit im Handeln ist Yoga. Ein Yogi kann gut sitzen, gut sprechen, gut essen, gut schlafen und sich an den Dingen freuen, ohne von ihnen abhängig zu sein. Er kann sich an der Welt freuen, da er die Grenzen kennt und weiß, wie weit er gehen darf. Wer ist ein guter Surfer? Derjenige, der die hohen Wellen nehmen kann. Da er weiß, daß sie ihn nicht aus dem Gleichgewicht bringen können, wird er sogar nach ihnen Ausschau halten. Er hat ein Brett und kann darauf das Gleichgewicht halten. Gleichgewicht bedeutet Ruhe. Wenn euer Denken und Fühlen ausgeglichen ist, dann ist das euer Surfbrett. Ihr steht fest darauf. Was auch immer für eine Welle kommt, ihr nehmt sie, habt Freude daran und laßt euch nicht davon umwerfen. Ihr seid in der Welt, aber niemals von dieser Welt. Das bedeutet, daß der integrale Yoga das ganze Leben umfaßt, vom Morgen bis zum Abend. Vom Zähneputzen bis zum Schlafengehen solltet ihr alles auf Yoga-Art machen. Tut es gut und tut es jetzt. Karma Yoga, der Weg selbstlosen Dienens, ist die beste Yoga-Art. Selbst wenn ihr keine Zeit für die Meditation und die Asanas oder für Essen und Schlafen findet, ist es nicht weiter schlimm. Findet ihr jedoch Gelegenheit zum Karma Yoga, so nehmt sie zuerst wahr. Durch Karma Yoga werden Gedanken und Gefühle, Herz und Körper bald geläutert. Hierbei, und nicht in der Meditation, werdet ihr eure Grenzen und Schwächen entdecken. Hier, und nicht in der Einsamkeit, werdet ihr eure Einstellungen und Gemütsschwankungen verstehen. Darum prüft euch im Handeln. Karma Yoga bedeutet selbstloses Handeln. Wenn man etwas für andere tut und dabei weder einen persönlichen Vorteil noch eine Belohnung erwartet, kann man dies Karma Yoga nennen. Wenn man jedoch auf einen Gewinn hofft, ist es nichts weiter als Karma. Es ist einfach eine Arbeit. „Ich tue dies, damit ich jenes bekomme.“ Aber echter Karma Yoga 19


ist Dienst—um der Freude des Dienens willen. Ihr erwartet nicht einmal Dank. So bleibt euer Denken und Fühlen ausgeglichen, ohne in Unruhe zu geraten. Ob andere euer Handeln anerkennen oder nicht, ob sie euch vielleicht sogar kritisieren, das ist ihre Angelegenheit. Ihr habt euer Bestes getan. Ihr seid mit eurer Arbeit zufrieden und erwartet nichts dafür, darum bleibt ihr auch gelassen. Das ist Yoga—geistige Gelassenheit. Wenn ihr im Karma ruhig und gelassen bleibt, dann ist es Karma Yoga. Wenn ihr euch bei eurem Tun aus der Ruhe bringen laßt, dann ist es Karma. In der Bhagavad Gita steht: „Ihr habt einen einzigen Anspruch, den, daß ihr handeln dürft. Handelt, aber erwartet keinen Lohn.“ Wartet ihr nämlich darauf, dann verkrampft ihr euch und versetzt euch in Unruhe. Bleibt der Erfolg aus, seid ihr enttäuscht und zornig; stellt er sich ein, werdet ihr gierig. Selbst wenn ihr nicht noch mehr wollt, möchtet ihr doch das Erlangte bewahren, weil ihr meint, es mache euch glücklich. Ihr habt Angst davor, es zu verlieren, weil euer Glück scheinbar von diesem Besitz abhängt. Immer steht die Angst vor dem Verlust dahinter. Um glücklicher zu werden, wollt ihr noch mehr. Wenn dann jemand eurer Habgier Einhalt gebietet, haßt ihr ihn. Eure eigene Selbstsucht ruft Haß, Angst, Eifersucht und Zorn hervor. Erwartet ihr von niemandem etwas, seid ihr frei von solchen Neigungen. Darum wird Karma Yoga euch von diesem ganzen Druck befreien. Ihr seid immer glücklich, immer voller Frieden. Der Karmi jedoch ist einer, der nur am Ergebnis interessiert ist. Schon allein der bloße Gedanke an den Erfolg regt ihn so auf, daß er alles verliert. Wenn wir nur richtig zu handeln wissen—ohne auf Erfolg zu warten und ohne die geringste Selbstsucht—verlieren wir weder unser Glück noch unseren Frieden. Tut irgend etwas Beliebiges, zum Beispiel essen. Es mag so aussehen, als tätet ihr es zu eurem eigenen Wohl. Ihr laßt es euch schmecken, ihr 20


füllt den Magen. Ist das dann nicht Karma? Nein, denn wenn ihr Auto fahren wollt, müßt ihr zuerst tanken. Dasselbe gilt für euren Körper. Sogar Essen und Trinken geschieht nicht zu eurem Wohl, sondern um anderen zu dienen. Der Karma Yogi arbeitet mit mehr Eifer als ein Durchschnittsmensch. Da er diese Arbeit als eine Dienstleistung für Gottansieht, hat ermehr lnteresse daran als derjenige, der sie nur zu seinem eigenen Vorteil tut. Wenn ihr euch euer Abendessen zubereitet, kann es irgend etwas Beliebiges sein. Aber wenn ihr für einen Ehrengast kocht, dann sollte es etwas Besonderes sein. Die Teller werden auf Hochglanz poliert. Ihr holt euer gutes Silber und das schöne Geschirr hervor. Es macht Freude, für andere ein Opfer zu bringen. Man empfindet dieses Glück nicht, wenn man etwas nur für sich selbst tut. Leider haben viele Menschen diese Freude niemals erfahren. Sie ist unvergeßlich. Wenn ihr etwas wirklich für andere tut und diese Freude empfindet, werdet ihr niemals mehr etwas nur für euch selbst tun wollen. Ihr werdet immer Ausschau halten nach Möglichkeiten, euch nützlich zu machen. Es ist sogar eine Art von Selbstsucht dabei—weil ihr euch nach dieser Freude sehnen werdet, bei Tag und bei Nacht. Sie ist so angenehm und köstlich. Das nennt man ein hingebungsvolles Leben. Die höchste Freude liegt darin. Versucht, euch einmal im Monat oder alle zwei Monate eine bestimmte Zeit freizumachen und sagt: „Dies ist meine Karma Yoga Woche. In dieser Woche sollte ich völlig selbstlos sein. Ich werde nichts für mich persönlich tun.“ Oder wählt einen Tag, so wie ihr einen Fastentag wählt, und sagt: „Dies ist ein selbstloser Tag.“ Karma Yoga heißt, geben, geben, geben. Sorgt euch nicht, wie ihr überleben werdet. Wenn die Leute wissen, daß ihr da seid um zu geben, und daß ihr auch wirklich gebt, liegt es in ihrem eigenen Interesse, für euer Wohl zu sorgen. Wird der Gärtner einem Baum, der immer viele Früchte trägt, nicht besondere Pflege zukommen lassen? Er vergißt nicht, 21


ihn täglich zu gießen. Er wird ihn sogar umzäunen. Nicht daß der Baum etwas verlangt hätte. Er tut nur seine Pflicht. Wenn euer Leben für die Menschen von Nutzen ist, werden sie in der gleichen Weise für euch sorgen. Warum solltet ihr überhaupt leben, wenn ihr zu nichts nütze seid? Kein Bedarf. Darum gebt freudig, wo immer ihr seid. Vielleicht sorgt man nicht gleich in der richtigen Weise für euch. Macht euch nichts daraus. Es wird kommen. Wenn die Natur, das Kosmiche Bewußtsein, erst einmal richtig erkannt hat, daß ihr wirklich eure Hilfe anbietet, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, wenn das wirklich feststeht, dann wird es euch an nichts mangeln. Dieses selbstlose Leben nennen wir Gott. Gott war nie selbstsüchtig. Und Gottes Natur war nie eigennützig. Darum seid ihr in Gott, wenn ihr ein selbstloses Leben führt. Habt ihr erst Gott, dann wird euch alles andere auch gegeben werden.

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Ishvara Pranidhana: Selbstaufgabe

Hierbei handelt es sich um eine einfache aber großartige Übung, die darin besteht, sich dem Allmächtiger zu unterwerfen. Ich verstehe das so, daß man die Früchte aller Handlungen Gott oder der Menschheit—der Offenbarung Gottes—widmet. Gebt dem Herrn alles, euer Studium, euer Japa (Wiederholung eines Mantras), eure Übungen. Wenn ihr es ihm gebt, nimmt er es an, gibt es jedoch hundertfach zurück. Ihr verliert nie, was ihr gegeben habt. Selbst tugendhafte und verdienstvolle Handlungen binden euch auf die eine oder andere Weise, wenn ihr sie aus egoistischen Beweggründen tut. Bei jeder Handlung denkt: „Möge sie dem Herrn gewidmet sein.“ Wenn ihr euch stets daran erinnert, bleiben eure Gedanken und Gefühle frei und ruhig. Versucht, nichts für euch zu besitzen. Bewahrt die Dinge vorübergehend, aber macht euch klar, daß ihr nur die Verwalter, nicht die Besitzer seid. Seid wie eine Mutter, die eine kindliche Seele erhält: neun Monate lang nährt sie sie und dann entläßt sie sie in die Welt. Was würde aus dem Baby werden, wenn die Mutter es in ihrem Körper behalten wollte? Ein großer Schmerz entstünde daraus. Wenn etwas reif ist, muß es weitergereicht werden. Also ist Hingabe wahrer Yoga. Sag: „Ich gehöre Dir. Alles gehört Dir. Dein Wille geschehe.“ Mein fesselt; Dein befreit. Wenn ihr überall „Meins“ (Minen) sät, dann unterminieren sie euer Leben und explodieren in euer Gesicht. Wenn ihr jedoch alle „Meins“ durch „Deins”ersetzt, werdet ihr immer in Sicherheit sein. Widmen wir also unser Leben dem Wohl der ganzen Menschheit. Jede Minute, jeder Atemzug, jedes Atom unseres Körpers sollte dieses Mantra wiederholen: „Hingabe, Hingabe; Dienen, Dienen; Lieben, Lieben.“ Das ist das beste Japa, der beste Yoga: das allein bringt uns dauernden Frieden und Freude und hält gleichzeitig die Gedanken frei von Störungen. Ishvara Pranidhanam ist ein Leben der Hingabe, bei dem 23


alles dem Herrn oder der Menschheit dargebracht wird. Warum erwähne ich auch die Menschheit? Wo und wer ist Gott wenn wir ihm etwas opfern wollen? Sitzt er irgendwo und wartet darauf, daß wir ihm etwas schenken? Gott schuf die Welt aus sich heraus. Die Welt selbst ist Gott. Alles um uns herum ist Gott. Stellen wir unser Leben in den Dienst der Menschheit, haben wir uns Gott hingegeben. All unser Tun kann durch unser Verhalten leicht zum „Gottes-Dienst“ werden. Wir können alles tun, solange wir mit dem Vorsatz handeln, der Allgemeinheit zu dienen. Wir können unseren Tischen, den Stühlen und den Gegenständen um uns herum dienen. Wir erweisen den Stühlen einen Dienst, wenn wir sie nicht erbarmungslos von einer Ecke in die andere stoßen. Wenn wir das tun, heulen sie auf. Alles, was rauh angefaßt wird, empfindet Schmerz. Alles sollte liebevoll, auf Yoga-Art, berührt werden—selbst unsere Löffel, Gabeln und Teller. Wenn ihr betet, solltet ihr nicht um dies oder jenes bitten. Euer Gebet sollte für das Universum nützlich sein. Deshalb sagen wir im Gebet: „Ich bin Dein. Alles ist Dein. Dein Wille geschehe.“ Ihr sollt nicht bitten: „Gib mir dies, gib mir das.“ Manche Menschen beten so. Wie können sie wissen, ob das, was sie wollen, ihnen wirklich hilft? Manchesmal bittet man um etwas, das nicht hilft, und vielleicht sogar schadet. Das aufrichtige Gebet verlangt nichts von Gott. Man sagt einfach: „Gott, Du weißt, was für mich gut ist. Ich bin Dein Kind. Führe Du mich. Leite mich.“ Selbst ohne eure Bitten sorgt Gott für euch, daran besteht kein Zweifel. Wenn ihr allerdings um etwas bitten wollt, dann sagt: „Mutter, ich bin Dein. Tu, was Du möchtest.“ Wenn ihr noch etwas hinzufügen wollt, dann sagt: „Laß mich immer daran denken und verstehen, daß ich Dein Kind bin, daß Du in jedem Augenblick Sorge für mich trägst. Laß es mich nie vergessen. Schenk mir die Gnade, daß ich mich ewig an diese Wahrheit erinnere.“ Ich kann euch nicht sagen, wie ihr euch Gott unterwerfen 24


könnt. Ihr werdet den Zeitpunkt selbst herausfinden. Wenn alles fehl schlägt und keine Rettung mehr in Aussicht ist, dann gebt ihr auf. Sich unterwerfen bedeutet sich aufgeben, nicht? Wann gebt ihr auf Wenn ihr ganz sicher seid, daß euch nichts mehr retten kann. Wenn ihr das einseht, dann unterwerft ihr euch. Solange ihr noch einen winzigen Glauben an eure eigenen Fähigkeiten habt, habt ihr euch nicht vollständig unterworfen. Dies ist auf wundervolle Weise in einer Geschichte des großen Epos Mahabharata veranschaulicht. Prinzessin Draupadis Ehemann hatte seine Frau beim Glücksspiel an einen anderen Mann verloren. Der Gewinner wollte den Ehemann und seine ganze Familie beschämen. Zu jener Zeit war es üblich, als Sieger etwas zu tun, das dem Ruf des Verlierers schaden würde. Der Gewinner ließ also Draupadi in die Mitte des Saales führen und versuchte, ihr den Sari herunterzureißen. Den Spielregeln gemäß konnte Draupadis Ehemann nichts dagegen unternehmen, und sie selbst konnte weder von ihm noch von irgendjemand anders Hilfe erwarten. Sie begriff, daß ihr nichts übrig blieb als den Herrn um Hilfe zu bitten. „Krishna, Krishna, Krishna, bitte komm und hilf mir. Ich bin in Not,“ rief sie aus. Währenddessen hielt sie ihren Sari fest. Wißt ihr, wie ein Sari getragen wird? Aus einem einzigen, langen Stück Stoff bildet man einen Überwurf, dann wird der Stoff drei—oder viermal um die Hüften geschlungen. Darunter trägt man einen Unterrock. Jedenfalls hatte der Mann den Überwurf in der Hand und zog daran. Die erste Runde fiel. Die zweite Runde fiel. Immer noch hielt Draupadi ihren Sari fest und rief. „Krishna! Krishna!“ Aber umsonst. Eine Hand erhob sie zu Krishna, mit der anderen hielt sie den Sari fest. Immer noch kam keine Hilfe und immer noch zog der Mann an dem Sari. Nur noch eine Stoffrunde war übrig. Mehr nicht. Wenn auch die noch fiele, wäre die Geschichte zu Ende. Da erkannte Draupadi ihr Dilemma. „Mein Gott, ich 25


kann mir nicht mehr helfen. Zwei Lagen meines Saris habe ich schon verloren, weil ich glaubte, ich könnte es alleine schaffen. Wenn diese letzte Lage fällt, bin ich verloren.“ Da endlich dämmerte es ihr. „Was tue ich? Ich kann mir nicht mehr helfen.“ Damit ließ sie einfach den Sari los, hob beide Hände und rief: „Krishna! Du bist meine einzige Rettung! Wenn du willst, daß ich dies ertrage, gut. Ich habe volles Vertrauen zu Dir. Du bist meine einzige Rettung, O Krishna!“ Sie hatte die Arme hochgehoben und dieser Kerl zog und zog an ihrem Sari. Er meinte, an der letzten Schicht angelangt zu sein, aber es kam immer mehr Stoff. Er zog weiter und ein Meter Sari nach dem anderen wickelte sich ab. Schließlich wurde er des Aufwickelns müde, er konnte einfach nicht mehr. Er gab auf und Draupadi war gerettet. Das zeigt, daß selbst Gott euch nicht zu Hilfe kommen kann, solange ihr auf eure eigene Kraft vertraut. In diesem Fall habt ihr euch nicht vollständig aufgegeben. Gott akzeptiert das: „Gut, hilf dir selbst.“ Es gibt Hunderte von Geschichten, die diesen Standpunkt belegen. Hat im Neuen Testament eine Frau nicht einfach das Kleid Jesu berührt und wurde geheilt? Was hat sie geheilt? Jesus sagte: „Du hast geglaubt. Nicht mein Kleid, sondern dein Glaube hat dich geheilt.“ Alle Heiligen Schriften sagen dasselbe. Das nennt man Selbstaufgabe. Wenn ihr blinden Glauben und Vertrauen zu Gott hättet, würdet ihr fühlen: „Ich habe mich Gott unterworfen. Nichts Böses kann mir zustoßen. Gott sorgt für mich in jedem Augenblick und in jeder Weise.“ Und tatsächlich wird für euch gesorgt. Leider können unreine Gedanken und Gefühle einen solchen Glauben nicht aufkonunen lassen. Er kommt und geht, kommt und geht. Deshalb müssen wir unsere Gedanken und Gefühle im täglichen Leben reinigen, damit der Glaube wachsen kann und starke Wurzeln schlägt. Glücklich sind die Menschen, die diesen Glauben haben. 26


Das Sicherste, Einfachste und Glücklichste Leben

Wenn ihr euch vollständig in Gottes Hand begebt, kann jeder von euch sehr viel mehr im Leben erreichen. Gebt euer Ego auf. Gebt das Gefühl auf: „Ich kann das.“ Tatsächlich stört dieses Gefühl überall. Denkt stattdessen: „Laß Gott durch mich wirken.“ Unter all den Versen der Bhagavad-Gita gibt es einen, der als der erhabenste, das Juwel, die Essenz betrachtet wird. Er steht fast am Ende der Bhagavad-Gita. Er besagt: „Gebt einfach alles au£ Verzichtet auf alles, sogar auf euren Willen, euer Ego, eure Intelligenz, eure Narrheit, alles.“ Alles sollte aufgegeben werden. Es handelt sich nicht um einen einfachen Verzicht, sondern um den vollständigen Verzicht auf alles. In der Lebenden Gita übersetzen wir das folgendermaßen: „Verzichtet auf alle Pflichten (dharma) und nehmt eure Zuflucht zu mir. Ich werde euch jenseits von Sünde und Schuld führen, dorthin, wo es weder Kummer noch Leid gibt.“ Was für eine wundervolle Aussage! Verzichtet auf alle Handlungen, alle Pflichten; gebt ganz und gar auf. Der Herr sagt: „Unterwerft euch mir. Wißt, daß ich der einzige bin, der alles bewirkt, der für alles Sorge trägt. Ich bin die alleinige, die einzige Zuflucht.“ Wenn ihr das tut, „befreie ich euch von allen Qualen, von allen Schwierigkeiten, von all euren Sünden, von all euren Tugenden, von allem, was immer es sei!“ Er sagt auch: „Zweifelt nicht,“ weil er die Gedanken und Gefühle der Menschen kennt. Nachdem ihr das alles gehört habt, könntet ihr immer noch einwenden: „Ach, das alles ist vielleicht nur Philosophie.“ Gott weiß, wie der menschliche Verstand arbeitet, deshalb fügt er hinzu: „Zweifelt bitte nicht. Ich versichere es euch.“ Buchstäblich sagt er: „Ich verspreche es euch, weil ich euch liebhabe.“ Zu Beginn der Bhagavad-Gita* führt Arjuna all seine Argumente an, er macht Gehirnakrobatik bis zur Erschöpfung. Er sagt: „Warum sollte ich das tun? Warum kann ich nicht in Ruhe leben? Selbst wenn es sich um eine gerechte Sache 27


handelt, warum soll ich überhaupt kämpfen?“ Er zählt alle Gründe auf, um nichts zu tun. „Ich möchte einfach aussteigen, aufgeben, wegrennen und in einer Grotte leben. Wozu dient das alles? Wozu soll man all diese Leute retten oder jene sogenannten schlechten Menschen töten? Ich habe sie nicht in die Welt gebracht; ich werde sie nicht aus der Welt schaffen. Das ist nicht meine Aufgabe.“ Dieser wunderbare und gleichzeitig verschmitzte Gott in Form von Lord Krishna beobachtet ihn einfach und lächelt: „Gut, mach weiter, mach nur weiter, schütte dein Herz aus. Sonst noch etwas?“ Er nickt und lächelt nur, während Arjuna spricht. Dieser merkt schließlich, daß er nur in die Luft redet. Anstatt Beweisgründe anzuführen, bringt er nur leere Worte hervor. Seine Beweise sind nicht stichhaltig. Er schämt sich und sagt zuletzt: „Was bin ich doch für ein Narr! Ich schwatze und erschöpfe meinen Verstand. Warum mache ich eigentlich nicht das Einfachste? Gut, Herr, das war’s.“ Ich falle Dir zu Füßen; ich unterwerfe mich Dir. Das ist es. Tu, was immer Du willst; es geht mich nichts an. Ich habe die Welt nicht erschaffen und werde sie weder retten noch zerstören. Das ist Deine Arbeit. Du hast die Welt erschaffen, Du hast alles gemacht. Auch mich hast Du erschaffen. Du weißt, was Du tust; bitte tu es. Ich bin Dir ergeben.“ An dieser Stelle beginnt die ganze Bhagavad-Gita. Gegen Ende sagt der Herr: „Gib alles auf. Werde mein Werkzeug. Laß mich tun, was ich für richtig halte. Laß mich durch dich handeln. Dann wirst du für nichts mehr verantwortlich sein und ich kann das Beste aus Dir herausholen.“ Es ist wunderbar, sich in Gottes Hände zu geben. Die Heilige Avvayaar sagte ganz einfach: „Verzichtet auf alle Wünsche und ihr seid daheim.“ Wenn ihr alle eure „Ichs, Michs und meins“ aufgebt, seid ihr schon befreit. Ihr habt die Freiheit. Ihr braucht nicht einmal eine Verfassung zu schreiben. Die beste Verfassung ist es, alles Gott zu übergeben. Das zu tun, ist wirklich sehr 28


einfach. Denkt daran, es ist leicht, Dinge aufzugeben; es ist schwer, an ihnen festzuhalten. Mit diesem Festhalten ist viel Angst, Sorge, Furcht, Eifersucht und so weiter verbunden. Ein anderer großer Heiliger sagte: „Herr, es ist mir gleichgültig, was Du mit mir tust. Die Leute können ihre Meinung sagen. Manche mögen es richtig finden, manche falsch. Sollte ich mich darum kümmern? Du bist derjenige, der alles handhabt. Du lenkst die Dinge, wohin Du willst. Geh ins Kino, fein; geh in den Nachtclub, fein; geh in die Kirche, fein. Du bist hinter dem Steuerrad; Du bist der Fahrer. Und wenn Du in Schwierigkeiten gerätst, dann bestrafen sie nicht mich, das Fahrzeug; Du bist der Schuldige. Dann kannst Du nicht sagen: ‘Das Fahrzeug hat mich in den nachtclub gefahren. Das Fahrzeug hat mich zur Bank gefahren, um sie auszurauben. Bestraft das Fahrzeug.’“ Nein. Der Fahrer ist verantwortlich, nicht der Fahrgast. Er ist die führende Kraft hinter allen Dingen. Ich erzähle euch einfach was ich weiß, was ich in meinem eigenen Leben erprobt habe. Wenn es euch gefällt, nehmt es an, versucht es. Es ist sehr einfach. Mit dieser Haltung der Ergebenheit wird alles klar. Warum solltet ihr jemanden hassen? Warum solltet ihr jemanden nicht mögen? Jeder ist gut; jeder ist wundervoll; jeder ist ein Werkzeug Gottes. Gott handelt durch jeden von uns, nicht nur durch euch. Wenn ihr euch aufgebt, dann erfahrt ihr das. Ihr seht Gottes Hand in allen Dingen, ihr seht Gott in jedem Gesicht. Wenn jemand kommt und euch tadelt, ist es Gott. Wenn jemand kommt und euch lobt, ist es Gott. Sobald ihr wißt, daß Gott durch euch handelt, seht ihr seine Hand in allem. Ihr seht jeden mit den gleichen Augen. Unwillkürlich beginnt ihr, jeden zu lieben, wie ihr euch selbst liebt. Die ganze Natur ist Das. „Ohne Gottes Kraft bewegt sich nicht einmal ein Atom.“ Alles bewegt sich auf diese Weise. Wir alle werden so bewegt. Laßt Gott tun, was immer er möchte. Wer seid ihr denn, ihn etwas tun zu lassen? Er tut es ohnehin. Er wartet nicht 29


auf eure Erlaubnis. Wir sagen: „Gott, tu, was Du willst.“ Gott sagt nicht: „Gut, in Ordnung. Jetzt erst, nachdem ich deine Erlaubnis habe, tu ich, was ich will.“ Merkt ihr, wie sich das Ego überall einschleicht? Als ob Gott darauf gewartet hätte, daß wir sagen: „Ich erlaube es Dir; Du kannstjetzt tun, was Du willst.“ Nein, er hat es schon vorher getan. Ihr werdet das sicherste, einfachste und glücklichste leben führen, wenn ihr euch auf diese Weise unterwerft. Andernfalls ist euer Ego überall mitbeteiligt: „Oh, ich hätte mich darum kümmern müssen. Ich hätte das erledigen sollen. Ich bin verantwortlich dafür. Ich muß für diese Leute etwas holen. Ich, ich, ich.“ Sich unterwerfen bedeutet nicht, einfach nichts mehr zu tun, sich in sein Zimmer zurückzuziehen und hinzulegen. Wenn Gott dich veranlaßt, etwas zu tun, dann tu es. Denk daran, selbst die Veranlassung zum Handeln kommt von Gott. Zum Beispiel fühlst du dich vielleicht schuldig— „Was ist das? Ich sitze hier, lungere herum und tue gar nichts, während mich die Gemeinschaft ernährt und für mich sorgt. Es ist Zeit, daß ich etwas tue.“ Wer ruft dieses Schuldgefühl hervor? Das ist wiederum Gott. In gewisser Weise ist es also Gott, der dich aufruft und dich veranlaßt, etwas zu tun, du bist also nicht verantwortlich dafür. Wenn dir jemand etwas sagt, dann ist es nicht der Betreffende, sondern Gott selbst, der mit dir spricht. Für diese Art der Selbstaufgabe muß man einen unbeirrbaren Glauben an Gott haben. „Wird Gott tatsächlich für mich sorgen, wenn ich mich so vollkommen aufgebe?“ Das ist die entscheidende Frage. Wieviel Glauben hast du? Wenn du auf diese Weise vertraust, wird für alles gesorgt werden. Deshalb sage ich immer, daß Glaube und Furcht nicht zusammenpassen. Wenn du einen festen Glauben hast, dann weißt du, daß Gott dich niemals fallenlassen wird. 30


Vielleicht sagst du dir sogar gelegentlich: „Schau dir das an. Ich habe Gott vertraut und jetzt bin ich verletzt worden. Wie kann Gott zulassen, daß ich verletzt werde?“ Hier setzt die wahrhaftige Unterwerfung ein. „Gott erlaubt diesem Menschen, mir weh zu tun. Aber warum sollte Gott das zulassen? Vielleicht ist es zu meinem Besten. Wahrscheinlich brauchte ich diese Erfahrung aus dem einen oder anderen Grund.“ Manchmal wird ein Kranker ins Krankenhaus gebracht, um operiert zu werden. Der Kranke weiß vielleicht nicht einmal, daß diese Operation ihn retten wird. Genauso kommt es vor, daß Gott dich zu deinem Besten leiden läßt. Gerade dann mußt du verstehen, daß sogar schmerzhafte Ereignisse mit dem Einverständnis Gottes auf dich zukommen. Gott steckt dahinter. Und damit kannst du beweisen, daß du unbeirrbar an Gott glaubst. Solange alles gut geht, glaubt jeder an Gott. Wie kann man seinen Glau ben unter Beweis stellen? Indem man auf die Probe gestellt wird. Gott wird dich auf die Probe stellen. Laßt uns diesen unbeirrbaren und festen Glauben haben. Sagt: „Gott, ich bin Dein. Du läßt mich handeln. Nichts geschieht in meinem Leben ohne Dein Zutun. Und mit dem ganzen Universum ist es dasselbe. Ich weiß, Du bist derjenige, der alles für alle tut. Ich verstehe auch das.“ Erkenne zuerst, daß Gott immer durch dich handelt. Dann begreifst du, daß es immer derselbe Gott ist, der durch jeden Menschen handelt. Wenn du das verstanden hast, bist du vollkommen frei von Problemen und Sorgen. Jeder Mensch ist vor mir gleich. Jeder Mensch wird von mir geliebt. Mögt ihr alle solch verwirklichte Werkzeuge werden. Wißt, daß Gott immer durch alle Menschen handelt. Bringt nicht euer Ego zur Geltung indem ihr sagt: „Ich habe das gut gemacht. Ich habe das schlecht gemacht.“ Nein. Ihr konntet nichts gut und nichts schlecht machen. Seid euch dessen bewußt und laßt Gott durch euch arbeiten. Die Selbstaufgabe ist der größte Erfolg, den ihr erreichen könnt. Laßt uns alle 31


gute Werkzeuge sein. Laßt uns wissen, daß Gott durch uns handelt. Das einfachste ist, ihm alles zu überlassen. Entspannt euch. Freut euch über diese höchste Liebe.

* Im Kampf der Pandavas gegen die Kauravas soll Arjuna seine Vettem töten und weigert sich anfänglich. A d.Ü. 32


Guru und Schüler

Wörtlich übersetzt bedeutet Guru Lehrer. Aber meistens wird das Wort für einen spirituellen Lehrer benutzt, für jemanden, der euch dabei hilft, euer eigenes Geist—Sein zu erkennen, indemerdie Unwissenheit beseitigt, die es verhüllt. Das Wort Guru besteht aus zwei Silben: gu und ru. Gu bedeutet das Dunkel der Unwissenheit, ru ist dejenige, der die Dunkelheit vertreibt. Man empfindet das Bedürfnis nach einem geistigen Berater nur dann, wenn man den Weg nicht kennt. Kennt man ihn schon, braucht man keinen Guru. Aber selbst im weltlichen Bereich scheinen wir die Dinge erst mit Hilfe eines anderen zu verstehen. Wenn ein Kind zur Welt kommt, handelt die Mutter als Guru. Sie beseitigt die Unwissenheit des Kindes in bezug auf seinen Vater und das Kind vertraut ihr. Nach den Heiligen Schriften der Hindus sollte jeder vier Gurus haben: Mata, Pita, Guru, Deva. Mata ist die Mutter, Pita der Vater, Guru der spirituelle Meister und schließlich Deva Gott. Zuerst zeigt dir deine Mutter den Vater, dann bringt dich der Vater zum Guru und der Guru führt dich schließlich zu Gott. Selbst im normalen Leben brauchen wirdie Hilfe von zahlreichen Gurus. Wenn das sogar im täglichen, weltlichen Leben der Fall ist, wie könnte es im spirituellen Leben anders sein? Man braucht den spirituellen Lehrer viel dringender als die weltlichen, denn das spirituelle Lieben ist viel subtiler. Viele Leute lesen unzählige Bücher über Yoga und das spirituelle Leben, aber Bücher alleine können niemals einen Guru ersetzen. Wenn wir alles aus Büchem lernen könnten, bräuchten wir nur Verlagshäuser und keine Universitäten. Bücher können den Platz eines Lehrers nicht einnehmen, denn wenn ihr ein Buch lest, könnt ihr zwar aus dem Buch lernen, aber das Buch kann euch niemals etwas lehren. Ihr solltet diesen Unterschied kennen. Es hängt von euch ab, 33


ob ihr genau begreift, was ihr lest. Der Autor mag sogar mit den besten Absichten eine richtige Darstellung gegeben haben, aber ihr lest es auf eure Weise, denn ihr versucht, es mit euren eigenen Gedanken und eurem eigenen Verständnis aufzufassen. Die ganze Verantwortung liegt bei euch. Ihr könnt es richtig oder falsch verstehen. Deshalb gibt es eine Menge verkehrter Darstellungen, auch auf spirituellem Gebiet. Die Menschen lesen die Bücher und verstehen sie oder legen sie aus, wie sie wollen, und dann geben sie sogar ihre Auffassung als Yoga weiter. Deshalb braucht man jemanden, der den Weg gegangen ist, das Ziel erreicht hat, und der einen berät bei dem, was man zu tun hat. Darum meine ich, daß ein spiritueller Lehrer sehr wichtig ist. Ein Guru ist ein Mensch, der beständige Weisheit besitzt, stithapragnyam in Sanskrit, ein Mensch, der das Selbst verwirklicht hat. Durch diese Erkenntnis wird er so unerschütterlich; er ist nie nervös. Er bleibt immer ruhig, nichts kann ihn erschüttem. Das pragnyam oder Wissen verblaßt nicht und wird auch nicht getrübt. Es bleibt stets im Licht. Man nennt solch einen Erleuchteten stithapragnyam einen Menschen beständiger Weisheit. Was man Guru nennt, ist weder der Körper, noch die Gedanken und Gefühle, noch der Intellekt—es ist das Selbst. Nur im Selbst kann es vollkommenen Gleichmut geben. Es ist das Göttliche im Inneren, nicht der Mensch—behaltet das im Gedächtnis. Ein Mensch kann diesen Gleichmut niemals haben. Wenn man jemanden sieht und ihn Guru nennt, meint man weder seinen Körper noch seinen Verstand, sondern das Selbst. Dieses Selbst ist in allem und jedem, und auch der Guru ist in allem. In Wirklichkeit ist jeder von euch ein Guru. Die Schwierigkeit ist nur, daß manche das anscheinend wissen, manche aber nicht. Wir wurden alle mit diesem Wissen geboren, aber irgendwie scheint es uns abhanden gekommen zu sein. Wir nennen dies Groß—Werden, Wachsen. Aber wissen 34


wir nicht auch, daß ein unerwünschtes Wachstum operiert und entfernt werden muß? Und das ist die Aufgabe desjenigen, den man Guru nennt. Manchmal führt er leichte Operationen aus, manchmal schwere, manchmal unter schwacher, örtlicher Betäubung, manchmal unter Vollnarkose. Dieser unerschütterliche Mensch ist wie ein Ozean vollkommen zufrieden. Er ist über alle Wünsche erhaben. Was bedeutet das: über alle Wünsche erhaben? Er hat keine Wünsche; nie wünscht er etwas. Und da er nie etwas begehrt, scheinen all die Dinge ihn zu' begehren, die normalerweise von anderen Menschen begehrt werden. Kein Guru ist interessiert daran, Schüler zu schaffen. Tatsächlich wird kein Guru sich selbst jemals Guru nennen. Es sind die Schüler, die ihn als ihren Guru anerkennen. Sie machen ihn zum Guru. Wenn er keine Schüler hat, wie kann er sich selbst Guru nennen? Weil ein Schüler von ihm lernt, deshalb nennt er ihn seinen Lehrer. Mit anderen Worten, der Guru macht keine Unterschiede. Er ist völlig unparteiisch. Ob er einen Sünder oder einen Heiligen erblickt, sein Auge ist vollkommen neutral, wie das der Sonne. Die Sonne scheint nicht nur auf einen Palast, sondern auch auf eine verfallene Hütte oder einen verlassenen Strand. Man findet diese Unparteilichkeit überall in der Natur. Eine Rose strömt denselben Duft aus, ob man sie gekauft, geliehen oder sogar gestohlen hat. Sie sagt nicht: „Nein, nein, du hast mich nicht gekauft. Du hast mich aus dem Garten gestohlen. Ich will für dich nicht duften.“ Nur die Menschen machen solche Unterschiede: nach Sprache, Hautfarbe, Gesellschaftsschicht und Land. AberdieNatur oder Gotthaben samadarshinam—unparteiisches Sehvermögen. Und diese Eigenschaft besitzt auch so ein unerschütterlicher Mensch. Der Guru ist niemals erregt oder niedergeschlagen. Er bleibt auf die Mitte ausgerichtet, denn er erfreut sich einer stetigen 35


inneren Begeisterung. Nichts ist wichtiger für ihn als diese Begeisterung. Die Außenwelt erscheint ihm nur vergänglich, alltäglich und ein Scherz. Er lebt in einem ständigen inneren Rausch, deshalb kann ihn nichts anderes mehr begeistern. In Wahrheit seid ihr dieser Guru—ihr seid das Selbst. Und sobald ihr das erkannt habt, werden alle diese guten Eigenschaften von euch Besitz ergreifen. Nichts wird euch dann mehr erschüttern. Bis dahin vermag nichts anderes euch zu retten. Darum laßt uns als erstes das Selbst erkennen. Wenn ihr wißt, wer ihr seid, braucht ihr euch nicht um anderer Leute Meinung zu kümmern. Nichts berührt euch—weder Lust noch Leid, weder Lob noch Tadel. Daran erkennt man einen Menschen von beständiger Weisheitzder den wahrhaft Gott. All das ist nicht einfach mit dem Verstand zu begreifen. Ein solcher Mensch nimmt keine bewußte Anpassung oder Angleichung vor. Wenn das so wäre, könnte auch eine Fehlanpassung erfolgen. Fährt ein Auto auf einer holprigen Straße, so gerät die Steuerung leicht aus der Kontrolle, sodaß immer wieder neu ausgerichtet werden muß. Es handelt sich hier also nicht um rein intellektuelles Verstehen. Wir können das Selbst zuerst mit dem Verstand begreifen, aber zu guter Letzt sollten wir es erfahren. Und diese Erfahrung tritt erst dann ein, wenn wir nicht den geringsten Zweifel haben, wer wir sind. Immer wieder möchte ich euch daran erinnen, nicht den physischen Körper, ja nicht einmal die Intelligenz eines Lehrers für den Guru zu halten. Es ist das Selbst. Weil er das Selbst erkannt hat, ist sein Verstand klarer und seine Selbsterkenntnis spiegelt sich in seiner Intelligenz wider. Die Intelligenz ist geprägt durch seine Selbsterfahrung. Abgesehen davon ist sie nicht von besonderer Beschaffenheit. Wenn ihr euch also an einen Guru wendet, richtet ihr euch an das Selbst. Seid euch dessen wohl bewußt. Die Heiligen Schriften sagen: „Der Guru ist Lord Shiva, der Guru ist göttlich, der Guru ist deine Familie, der Guru ist dein Körper, der Guru ist deine Seele, der Guru ist 36


dein Selbst. Es gibt nichts außer dem Guru.“ Das bedeutet im Endeffekt, daß alles dieses Selbst ist. Wer ist bei einer solchen Beschreibung dann kein Guru? Kann ich sagen: „Ich bin der Guru, du aber nicht?“ Nein, jeder ist der Guru. Aber wenn ihr das anscheinend nicht wißt, fragt einfach mich und ich antworte: „He, du bist das.“ Das ist die allerletzte Lehre, die ein Guru seinem Schüler erteilen kann, wenn dieser fähig ist, sie zu verstehen. Sie heißt einfach: „Du bist Das.“ Welche Voraussetzungen sollte ein Schüler mitbringen? Wie sollte er sich dem Guru nähern? Er sollte so aufrichtig sein und zugeben, daß er auf spirituellem Gebiet nichts weiß. Er sollte nicht sagen: „Ich habe schon einige Kenntnisse. Könnt ihr mir nicht noch etwas beibringen?“ Das nennt man vollkommene Ergebenheit. Indem er seine Unwissenheit zugibt, befreit er sich völlig von seinem Ego und wird ein reines Gefäß. Solange das Ego in dem Gefäß enthalten ist, wird alles verunreinigt, was der Guru hineingibt. Das erinnert mich an eine Geschichte aus dem Zen-Buddhismus. Ein Schüler bat einen Meister um Unterweisung. „Gut,“ sagte der Meister, „ich will sie dir geben, aber erst laß uns zusammen Tee trinken.“ Dann fing er an, Tee in die Tasse des Schülers zu gießen. Er goß immer weiter. Die Tasse lief über. Immer noch goß er weiter. Der Schüler sagte: „Meister, die Tasse ist schon voll und Ihr gießt immer weiter. Der Tee fließt auf den Boden, nicht in die Tasse Ja, ich sehe es. Genauso ist es mit deinem Kopf. Er ist schon voll. Was immer ich auch sage, wird deine Tasse zum Überlaufen bringen. Es gibt keinen Platz mehr. Du gehst jetzt besser, machst deine Tasse leer und kommst dann zurück.“ Ein nach Erleuchtung Suchender sollte sagen: „Ich bin hohl und leer. Ihr seid heilig. Möget Ihr Eure Heiligkeit in meine Hohlheit gießen.“ Solange ihr keinen Glauben habt, könnt ihr nicht empfangen, was der Guru euch zu geben habt. Hingabe bedeutet ungeteilten Glauben. Dieser Glaube wird dann zum Bindeglied. Wenn das Vertrauen erst einmal hergestellt 37


ist, werdet ihr von ihm lernen, selbst wenn er euch nicht unterweisen will—weil die Macht eures Glaubens so groß ist. Durch euren Glaaben werdet ihr in der Lage sein, seine Gedanken und Gefühle zu verstehen; er braucht sie euch nicht einmal mitzuteilen. Ihr könnt ihn verstehen, ohne daß er den Mund öffnet, weil ihr eine echte Verbindung hergestellt habt. Die eigentliche Unterweisung oder Übermittlung des wahren Wissens erfolgt im allgemeinen nicht mit Worten. Das sollten wir nie vergessen. Ein Guru m ag stundenlange Vorträge halten, aber das ist nichts im Vergleich zu einer Minute schweigender Übermittlung. Worte haben ihre Grenzen, aber im Schweigen—d.h. im Sprechen durch Schweigen—in der richtigen Verständigung, im Fühlen, empfangt ihr viel mehr. Hingabe an den Meister heißt Guru Bhakti. Das ist jedoch eine sehr hohe Form des Bhakti. Sie ist die höchste, würde ich sagen, weil sie sehr schwierig ist. Eine Statue bleibt sich immer gleich; sie verändert sich nie. Wann man auch kommt, man sieht immer dieselbe Statue. Sie ist mehr oder weniger ewig—sie bleibt immer göttlich für euch. Dasselbe gilt aber nicht fürden Guru. An einem tag scheint er der größte Lehrer, der erhabene Meister, die selbstverwirklichte Seele zu sein; am nächsten Tag ist er anscheinend jemand anders. Man erkennt nicht immer die göttlichen Aspekte. Manchmal sieht er vielleicht sogar wie ein Teufel oder wie ein verrückter, närrischer kerl aus. Er ist eine Mischung aus allem. Auch wird der Guru nicht immer den Erwartungen entsprechen, die ihr euch von ihm macht. Ihr mögt eure eigenen Vorstellungen von einem Guru haben. Da die Verehrung eines Gurus sehr schwer ist, steht sie höher als alle anderen Formen der Verehrung. Um einen Guru zu wählen, muß man dem Gefühl folgen. Das Herz sollte sagen: „Ja, Soundso kann mir den Weg weisen.“ Oder man kann seinen Verstand gebrauchen und seine Schüler fragen: „Wie ist er? Hat er euch wirklich etwas beigebracht?“ Wenn ihr tatsächlich einen Guru finden wollt, wird euer 38


heftiges Verlangen euch den Weg weisen. Ihr braucht euch keine Sorgen darum machen. Wenn ihr euch nicht entscheiden könnt, sagt einfach: „Gut, ich werde Eurer Methode eine Weile folgen, einen, zwei oder drei Monate lang. Wenn nichts dabei herauskommt, bleibt es dabei. Wenn ich aber daran Gefallen finde, weiß ich, daß etwas dahintersteckt,und dann probiere ich ein bißchen mehr davon.“ Ihr habt in eurem Inneren einen Guru. Es gibt etwas in euch, das anscheinend stets über euer Innenleben Bescheid weiß. Dieses Etwas in euch, das über alles Bescheid weiß, ist das Licht, ist der Guru. Wendet diese Kenntnis auf alles an, was ihr nicht wißt; damit verlaßt ihr euch auf den inneren Guru. Wenn ihr euer eigenes Wissen nicht anwenden könnt, dann vertraut euch jemandem an, der diese fähigkeiten besitzt. Der wahre Guru ist der Geist in eurem Innem, das Bewußtsein. Es ist euer eigenes Gewissen. Das Gewissen in euch, in mir, in allen Menschen, ist dasselbe. Es ist einTeil des Kosmischen Bewußtseins. Es ist Gott in euch, der euch stets beobachtet. Es kann euch leiten und sagen, ob ihr richtig oder falsch handelt. Aber manchmal sind wir schwach und hören nicht auf unser Gewissen. Dann habt ihr einen äußeren Guru, der die innere Wahrheit erkannt hat und seinem Gewissen immer folgt. Dieser Guru hilft euch Recht von Unrecht zu unterscheiden. Und sogar während er euch hilft, wird er euch allmählich beibringen, den inneren Guru zu erkennen und ihm zu folgen. Er wird niemals ein Abhängigkeitsverhältnis schaffen. Ein Guru ist da, um euch zu befreien, nicht, um euch von sich abhängig zu machen. Ich habe gesagt, daß es keine ewige Bindung an den Guru als physische Person gibt, aber ihr seid ewig an sein Bewußtsein gebunden, das sich nicht von eurem Bewußtsein unterscheidet. Wir sollten wissen, daß wir in Wirklichkeit das göttliche Abbild, das Ebenbild Gottes sind. Irgendwie hindert uns der Schleier unseres Egos daran, das zu erkennen. Beseitigt es einfach. 39


Dieses Ego ist die Ursache für all unsere seelischen Dramen; es ist Maya, Täuschung. Es bringt alle Arten von Problemen mit sich, Schwierigkeiten, Ängsten und Befürchtungen. Hat jemand solch ein Ego, sagt: „Ego—geh!”* Fördert es nicht weiter. Wenn das Ego verschwunden ist, werdet ihr bescheiden und erlangt völlige Kontrolle über eure Gedanken und Gefühle. Dann seid ihr derjenige, der sie beherrscht. Um dieses Ziel zu erreichen, schreibe ich euch keine Übungen vor. Ihr könnt tun, was ihr wollt. Aber achtet darauf, daß eure Gedanken und Gefühle ruhig, rein und objektiv bleiben. Kein Guru ist jemals in der Lage, etwas Licht zu nehmen und in eurem Inneren aufzustellen oder Gott zu euch zu bringen. Er braucht das auch nicht, weil ihr bereits alles habt. Wenn ihr es von ihm bekommen müßtet, könntet ihr es eines Tages wieder verlieren. Stattdessen habt ihr es—ihr seid das. Der Guru verhilft euch nur zu dieser Erkenntnis. Das Ego und die damit verbundene geistige Unruhe hindert euch daran, das Licht selbst wahrzunehmen. Darum läutert die Gedanken und Gefühle; beherrscht sie. Oder beherrscht zuerst den Körper und Prana (Lebenskraft), und wenn sie zur Ruhe gekommen sind, beruhigen sich die Gedanken und Gefühle von alleine. Danach kann nichts mehr die Wahrheit vor euch verbergen. Ihr werdet gute Menschen. Wenn ihr so gut undrein seid, seid ihr gesegnet. Dann scheint Gott in eurem Inneren durch euch hindurch. Ihr wißt, daß ihr göttlich seid, und die anderen spüren es auch. Möge dieser große Guru, dieser allgegenwärtige Guru, durch eure Läuterung von überall her scheinen. Das ist mein auftichtiges gebet. Möge dieser Guru sich durch eure Reinheit, Bescheidenheit, Nächstenliebe und Großzügigkeit kund tun, sodaß die Welt durch euch den Frieden finden kann. *Wortspiel im Englischen: „E-go“ = Ego-geh. A.d.Ü. 40


Verstehen

Verstehen-Können ist eine gute Eigenschaft, die jeder besitzen sollte. Wenn wir einander verstehen, werden wir auch Gott verstehen. Wie können wir Gott verstehen, wenn wir das eigene Selbst oder das unseres Nächsten nicht kennen oder verstehen? Wenn man das englische Wort understanding auseinandernimmt, merkt man, daß Verstehen erst dann möglich wird, wenn man darunter steht (under- stand). Manche Leute möchten auf gar keinen Fall unter einem anderen Menschen stehen. Sie möchten lieber „oben“ sein. Aber Bescheidenheit stellt sich erst dann ein, wenn man unten steht und dadurch ver-steht. Solange man glaubt, man sei etwas Besonderes, ist man es nicht. Sobald man aber merkt, daß man durchaus nichts Besonderes ist, ist man in Wirklichkeit großartig. Das ist kein Minderwertigkeitskomplex, sondern Bescheidenheit. Denkt daran, daß ein Mensch, der viel Verständnis hat, immer bescheiden ist. Seht den Weizen an. Er wächst auf dem Feld senkrecht in die Höhe. Während er langsam größer wird, schauen die jungen Ähren immer noch nach oben und beugen sich nie nach unten. Sobald sie jedoch reich an Nährkraft und vollständig reif sind, bleiben sie nicht mehr aufrecht. Sie neigen sich, weil ihr Haupt schwer ist. Ein leerer Kopf bleibt stolz erhoben: „Ich bin so groß, so hoch!“ Aber der Gereifte beugt sich tief hinab. Der Verständnisvolle ist immer bescheiden; das ist die größte Tugend. Wo Bescheidenheit ist, ist auch Verständnis. Für Verstehen und Lernen gibt es tatsächlich keine Grenze. In der Hindu Tradition wird Sarasvati, die Göttin der Weisheit, immer nüt einem Buch in der Hand dargestellt, in dem sie liest. Wenn selbst sie immer noch lemt, wo ist dann die Grenze? Wenn wir lernbegierig sind, werden wir nichts verwerfen. Man muß nicht einmal Bücher lesen. Wenn ihr etwas wissen wollt, „bittet und es wird euch gegeben.“ Die ganze Natur ist ein Buch des Wissens. Laßt euch schweigend belehren, von allem, was euch 41


umgibt. Der Reichtum des Zuhören-Könnens übertrifft jeden anderen Reichtum. Hört immer gut zu. Ihr wurdet zum Zuhören geschaffen. Ihr habt zwei Ohren erhalten, aber nur einen Mund. Das ist der Beweis. Sprecht weniger, hört mehr zu. Wenn ihr dazu geschaffen wärt, etwas zu hören und es einfach an zunehmen, hätte ein Ohr in der Mitte der S tirn genügt. Aber die Ohren befinden sich auf beiden Seiten des Kopfes, danüt eine Mitteilung in zwei Hälften geteilt wird und auf beiden Seiten Eingang findet. Das heißt, ihr prüft sie, ihr versteht sie und erst dann nehmt ihr sie an. Glaubt nicht alles, was man euch erzählt. Wir haben keine Türe, um die Ohren zu verschließen. Diese beiden Trichter, die alle Schwingungen auffangen, sind immer offen. Aber beim Sprechen muß man zwei Hindernisse nehmen. Bevor ein Wort den Mund verlassen kann, muß es über eine Reihe von Zähnen und dann über die Lippen kommen. Haltet Worte sehr heilig. Laßt sie nicht einfach heraussprudeln. Wenn ihr trotzdem sprechen wollt, überlegt es euch zweimal. Unser Verstehen-Können kommt nicht durch die Sinne, sondem durch Denken und Fühlen zustande. Hören ist nicht genug; man muß zu-hören. Es besteht ein großer Unterschied zwischen Hören und Zu-Hören. Wenn man zuhört, braucht man nichts aufzuschreiben. Ihr habt in eurem Inneren ein großes, mehrspuriges Aufnahmegerät mit einem endlosen Tonband. Wenn ihr aufmerksam zuhört, registriert ihr alles ohne Verzerrung. Diese Gedanken mögen euch einfach erscheinen, aber sie sind die Grundsteine, auf denen sich ein ganzes Leben aufbauen kann. Ohne sie läßt sich auf spirituellem Gebiet nichts erreichen. Avvaayar, eine große Heilige aus Südindien, hat Gott einmal angerufen: „Herr, ich weiß nicht, was ich tue. Ich habe anscheinend so viele Bücher verschlungen und alles auswendig gelernt. Ich rede und rede, als hätte ich Münder am ganzen Leib. Wann kann ich mich 42


davon befreien und Ruhe finden?“ Im Schweigen findet man Zugang zu dem stillen Beobachter in unserem Inneren. Dieses Schweigen ist der Geist oder das Bewußtsein. Euer Bewußtsein schweigt. Es spricht nie zu euch. Es beobachtet euch nur. Was ihr auch tut, sei es gut oder schlecht, richtig oder falsch, es beobachtet nur. Ein Beobachter wird nie in eine Sache hineingezogen; er ergreift auch keine Partei für diesen oder jenen. So ist Gott, und in gewisserweise ist seine Schöpfung ebenso. Die Sonne, der Wind, der Himmel, das Wasser, sie alle sind Beobachter. Der Beobachter ist da; das ist alles. In seiner Gegenwart handelt ihr. Um diesen schweigenden Beobachter zu erkennen, der immer aufmerksam ist, um den Wissenden kennenzulernen, solltet ihr vorerst damit aufhören, andere Kenntnisse zu erlangen. Erwerbt sie später. Der Rest kommt ganz von selbst dazu. Das erinnert euch vielleicht an ein schönes Bibelwort: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes, so wird euch solches alles zufallen.“ Solange ihr den Allwissenden nicht kennt, ist das Universum nutzlos für euch, selbst wenn ihr die ganze Welt besäßet. All euer Reichtum ist nichts als eine große Null, die für sich allein keinen Wert hat. Wenn ihr einen Scheck nüt ein paar Nullen ausstellt und ihn jemandem überreicht, bekommt derjenige keinen Pfennig dafür. Fügt noch zwei Nullen hinzu. Nichts hat sich geändert. Aber wenn ihr eine Eins davor schreibt und weitere Nullen dahinter, verzehnfacht jede Null den Wert des Schecks. Wißt zuerst, werihr seid. Danach wird alles anderewissen vergrößert. Vergeßt die Eins vor all euren Nullen nicht. Wißt, daß ihr Das seid. Seid schweigsam und findet Zugang zum inneren Wissen. Hört dem Schweigen zu. Taucht in tiefes, tiefes Schweigen ein, um euch zu erkennen. Schweigen ist die einzige Schranke vor der Weisheit. In diesem Schweigen erkennt ihr eure wirkliche Natur. Es gibt keine Worte, um dieses Selbst zu beschreiben. In den Upanischaden steht: Es 43


ist weder Bewußtsein noch Unbewußtsein. Es ist auch nicht die Gesamtsumme allen Bewußtseins. Man kann nichtdarüber reden. Es gibt kein Zeichen, keine Symbole. Es befindet sich an keiner Stelle. Es ist das Wesen an sich.

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Mutige Gedandken und Gefühle

Unsere menschlichen Fähigkeiten haben ihre Grenzen; selbst die besten Ärzte sind in ihren Möglichkeiten begrenzt. Ich tadle sie deswegen nicht. Sie tun ihr Bestes und sie leisten oft Großartiges. Aber wir wissen, daß es einen anderen Arzt gibt, der Wunder vollbringen kann. Ich spreche nicht von dem, der irgendwo weit entfernt sitzt und den manche für Gott halten. Nein, ich spreche von der Kosmischen Energie, von der Höchsten Energie, die jedes Atom im Universum bewegt. Es ist diese Energie, dieses Prana, das die Hindus Parashakti, die Höchste Kraft, nennen. Alles, was wir tun müssen, ist, uns mit dieser Kraft verbinden, uns dieser Kraft öffnen. Das wird unseren Organismus wiederherstellen, in welch schlechtem Zustand er sich auch befinden mag. Deshalb möchte ich euch als allererstes ans Herz legen: Gebt niemals, niemals die Hoffnung auf. Niemals dürft ihr die Hoffnung aufgeben. Denn sobald ihr die Hoffnung verliert, wird euer Organismus ganz beträchtlich geschwächt. Das ist wirklich wahr. Die meisten unserer Probleme werden durch Angst hervorgerufen. Ein ängstlicher Mensch verliert viel Kraft und Durchhaltevermögen.Deshalb rate ich immer: Seid nicht ängstlich. Behaltet eure Hoffnung unter allen Umständen. Das ist das erste, um das Entweichen von Lebensenergie zu verhindern. Danach können wir sie wieder auffüllen. Indem wir die Hoffnung und den Mut behalten, verhindern wir das Entweichen von Energie; dann kann sie wieder zugeführt werden. Hier beginnt die natürliche Lebensdisziplin. Das nennen wir Yoga. Yoga bedeutet, ein diszipliniertes Leben zu führen— alles Notwendige zu tun, um das zurückzugewinnen, was wir verloren haben. All unsere Yoga-Stellungen, Asanas, können den Organismus kräftigen, Blockierungen abbauen und den Weg freimachen, um mehr Lebensenergie, Prana, aufzunehmen. Deshalb macht man nach den Asanas Übungen 45


zur Atemkontrolle, Pranayama. Ich glaube fest an Pranayama. Prana ist einfach. Man muß nur tief Atem holen. Es ist die billigste und beste Medizin. Wir sollten auf alles achtgeben, was wir unserem Körper zuführen. Zum Beispiel Nahrung. Wenn ein guter, liebevoller Mensch euch auch nur eine einfache Mahlzeit serviert, dann schmeckt es euch. Für euren Körper ist das wie Nektar. Wenn euch andererseits jemand nicht mag und euch das Essen ganz gleichgültig vorsetzt, wird diese Nahrung sofort Gift für euren Organismus. Es ist also nicht allein die Nahrung; es zählt auch die Absicht, die dahinter steckt. Gebt eurem Körper kein Gift. So ist es mit allen Dingen. Nicht, was ihr bekommt, nicht die Substanz selbst zählt, sondem das, was diese begleitet, die Art der Schwingungen, die damit verbunden sind. Darum sollten wir nüt allen Dingen, die wir in unserem Leben gebrauchen, auf eine sanfte, liebevolle, heilige Weise umgehen; nicht voller Haß, Zorn und Furcht, nicht verseucht von negativen Schwingungen. Wir müssen uns dieser Aufgabe von verschiedenen Richtungen her nähern. Wie ich bereits sagte, läßt sich das Problem nicht auf eine einzige Ursache zurückführen. Darummüssen wir es von verschiedenen Seiten her angehen - von der spirituellen Seite, der intellektuellen, durch die Nahrung, durch positive Gedanken, durch die Gesellschaft und durch die Umgebung. Auch euer Zimmer sollte sauber und freundlich sein, voll guter Schwingungen. Zündet jeden Tag ein Räucherstäbchen in eurem Raum an. Haltetes unbedingt ordentlich. Es sollte nicht wie ein Lagerplatz für Gerümpel aussehen. Wie krank ihr auch seid, haltet es ordentlich und sauber. All dies trägt zur Heilung bei. Denkt daran: Heilung besteht nicht darin, daß ein anderer etwas Bestimmtes für euch tut. Ihr müßt gewisse Dinge befolgen, um gesund zu werden. In manche Zimmer kann man nicht einmal eintreten. Alles liegt drunter und drüber, als hätte jemand darin herumgewühlt. Schon der Anblick ist ungesund. Er 46


schafft keine guten Schwingungen. Macht die Gedanken und Gefühle gesund, macht sie glücklich. Wir wurden mit diesem Glücksgefühl geboren. Wir kamen mit einem Wohlgefühl zur Welt. Aufgrund unserer Unwissenheit haben wir vielleicht etwas Falsches getan, das dieses Wohlsein untergraben hat; jetzt nennen wir es Un-wohlsein. * Denkt doch nur einmal, wieviele Arten von Sorgen wir uns machen. Und wie kann man denn Prana, wie kann man denn unser Immunsystem mit so vielen Sorgen intakt halten? Wieviele dieser Sorgen sind unberechtigt? Eine Menge von Sorgen haben wir uns selbst gemacht. Schaut den kleinen Spatz auf dem Baum an, wie glücklich er ist! Er fliegt weg, pickt etwas auf und setzt sich wieder auf seinen Zweig. Vergleicht euch mit diesem kleinen Vogel. Machen wir uns doch nicht so viele Sorgen! Es ist wahr, das Leben kann hart sein. Ich möchte nicht das Gegenteil behaupten. Aber Sorgen helfen uns in keiner Weise. Sorgenfteie Gedanken und Gefühle zu haben, ist sehr wichtig. Besonders wenn man krank ist. Stellt euch vor, das Resultat einer Blutuntersuchung ist positiv. Sofort denkt man: „Oh, ich habe AIDS, ich weiß nicht, was ich tun soll. Werde ich sterben?“ In dem Augenblick fangt ihr an zu sterben. Gebt solchen Gedanken nie, nie Raum! Haltet euren Kopf immer über dem Wasser. Laßt euch von diesen Dingen nicht unterkriegen. Es ist wichtig, um die Macht des Glaubens zu wissen. Sagt euch einfach: „Nein, ich werde nicht sterben. Ich arbeite mich da heraus. Ich baue meinen Organismus wieder auf. Ich bin stark genug. Und ich weiß wie. Ich werde es schaffen.“ Ein solcher Wille ist ein großartiges Heilmittel, das ihr von keinem Arzt erhalten könnt. Man muß es selbst entwickeln. Wir leben, weil wir daran glauben, daß wir leben werden. Wenn ihr euch ständig einredet, im Sterben zu liegen, dann werdet ihr auch sterben. Habt also Mut! Wenn ihr euch nicht durch eure eigenen Gedanken stark machen könnt, dann denkt daran, daß es eine 47


stärkere Kraft gibt, die Kraft Gottes. Hier setzt der Glaube ein: „Ich glaube an Gott. Ich bin sein Kind. Er läßt mich nicht fallen. Ich mag Fehler begangen haben. Es tut mir leid. Ich werde das alles anders machen, ich werde mein Leben ändern. Und Gott wird mir helfen.“ Der Glaube versetzt Berge. Ein Glaube, so klein wie ein Senfkorn, kann Berge sprengen. Ihr seid das, woran ihr glaubt.

*Wortspiel im Englischen: ease = Wohlgefühl; dis-ease = Krankheit. A.d.Ü. 48


Eine Bessere Welt

Wer entfesselt kriege? Bomben fallen nicht von selbst. Die Menschen stehen dahinter; der menschliche Verstand entfesselt Kriege. Wenn wir Frieden wollen, wo müssen wir beginnen? Mit dem Verstand der Menschen. Wenn er sich ändert, wird sich die Welt ändern. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: „Wie der Mensch, so die Welt; wie der Verstand, so der Mensch.“ Verändert die Gedanken und Gefühle und ihr verändert den Menschen; verändert den Menschen und ihr verändert die Gemeinschaft oder die Gesellschaft oder die Nation oder die ganze Welt. Wenn ihr mit eurem Nächsten nicht reden könnt, wie werdet ihr mit Gott Zwiesprache halten? Euer Nächster ist Gott in sichtbarer Form. Laßt uns doch Zwiesprache halten mit unseren Nächsten, denen, die nahe bei uns sind, und denen, die irgendwo auf diesem Erdball wohnen. Dazu brauchen wir die spirituellen Lehren des von uns gewählten Glaubens, danüt sie uns helfen, wirkliche Liebe füreinander zu empfinden. Selbst der Krieg beruht auf Liebe, aber diese Liebe ist am falschen Platz und gewissermaßen begrenzt. Wollt ihr eine Bombe auf ein anderes Land werfen, mag es euch so vorkommen, als tätet ihres zum Wohl eures eigenen Landes, weil ihr es liebt. Es ist gut, sein Land zu lieben, aber meint ihr nicht, die anderen lieben ihr Land auch? Wenn eure Liebe der ganzen Welt gilt, wie könnt ihr dann jemanden bombardieren? Diese Menschen sind eure Brüder und Schwestern. Die ganze Welt ist wie ein Körper. Wenn man ihn nicht behandelt, breitet sich eine örtliche Entzündung im ganzen Körper aus und jeder Teil ist mitnütbetroffen. Gleichermaßen wüten wir, wenn wir glücklich sein wollen, für das Glück aller Menschen in der ganzen Welt sorgen. Das ist die einzige Möglichkeit, um wirklichen Frieden und Zufriedenheit zu erringen. Solange die Menschen sich nicht freimachen von Habgier, Eifersucht und Haß, wird es mehr und mehr Wege 49


geben. Wenn ihr eure Gedanken und Gefühle von diesen Problenien befreit, dann ist wenigstens dieser kleine Teil der Welt frei von Unruhen. Wenn wir eine Welt ohne Gewalttätigkeit wollen, sollten wir uns selbst von jeder All von Gewalttätigkeit, auch der gedanklichen, freimachen. Wenn wir eine friedliche Welt wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen. Wenn wir uns den Frieden in der äußeren Welt wünschen, müssen wir ihn zuerst im Inneren haben. Ich meine, wir befinden uns in einer Übergangszeit. Wir sind Zeugen großer Veränderungen. Wenn ein Sämling verpflanzt wird, welken seine Blätter am Anfang und fallen ab. Er muß diese Phase durchmachen; das gehört zum Verwurzelungsprozeß. Er kann nicht für immer und ewig im Friihbeet bleiben. Vergleichbar damit sehe ich eine strahlend helle Zukunft für dieMenschheit voraus; wir schlagen langsam Wurzeln. Das in sich ist der Beweis für das, was kommen wird. Ich empfinde es wirklich so, daß wir einer besseren Welt entgegengehen. Möge die Liebe zur ganzen Welt unseren Weg erleuchten. Möge die ganze Welt erfüllt sein mit Frieden und Freude, Liebe und Licht.

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Biographie

Sri Swami Satchidananda (Sri Gurudev) gehört zu den angesehensten lebenden Yogameistern unserer Zeit. Als vielgeliebter Lehrer ist er in der heutigen Welt bekannt für seine praktische Weisheit, verbunden mit spiritueller Einsicht. Er hat sein Leben in den Dienst der Menschheit gestellt und durch sein eigenes Beispiel den Weg gewiesen zu dauerndem Frieden im eigenen Leben und im eigenen Selbst. Seine Botschaft vom Frieden im Innersten eines jeden Menschen und von der möglichen Eintracht zwischen allen Glaubensrichtungen und Nationen hat weltweit Gehör gefunden. Jedes Jahr erhält Sri Gurudev von überall zahlreiche Einladungen zu Vorträgen auf Kongressen und Ärztetagungen, an Universitäten und in Cvotteshäusern aller Religionen. Sri Gurudev hat zahllose ökumenische Tagungen, Wochenenden und Gottesdienste überall in der Welt abgehalten und gefördert. Bei mehreren Privataudienzen hat S.H. Papst Paul VI diese Bemühungen zur Förderung interreligiöser Treffen gewürdigt. Sri Gurudev wirbt auf seinen vielen Reisen und bei seinen Treffen mit geistigen und weltlichen Oberhäuptern für harmonische Beziehungen in der Welt. Er hat für seine Bemühungen viele Auszeichnungen erhalten, unter anderem den Martin-BuberPreis für hervorragende Dienste an der Menschheit, den B’nai B’rith Anti-Defamation League’s Humanitarian Award; den Titel: Fellow of World Thanksgiving, Ehrenmitglied des Weltvegetarierkongresses und der Concordia Universität. Zweimal wurde ihm der Titel eines Ehrendoktors verliehen. Er gehört keiner Glaubensrichtung, keiner Gruppe und keinem Land an. Er befürwortet den Universalismus, das Prinzip, daß es nur eine Wahrheit, aber viele Wege zu dieser Wahrheit gibt. Er bringt Menschen aller Religionen und aller Milieus zusammen, fördert die Achtung vor allen 51


Glaubensrichtungen und die Erkenntnis, daß hinter diesen verschiedenen Richtungen ein gemeinsamer Geist und ein gemeinsames Ziel steht. Er veranlaßte und entwarf den Bau eines einzigartigen ökumenischen Tempels, in dem Menschen aller Glaubensrichtungen zusammenkommen,um die eine Wahrheit zu erkennen, die hinter allen Namen und Formen steht. Dieser Tempel ist unter dem Namen LOTUS bekannt— Light Of Truth Universal Shrine (Tempel des Lichts der Universalen Wahrheit). Der LOTUS wurde im Juli 1986 eröffnet. Er bildet das Zentrum des Satchidananda Ashram Yogaville in Virginia. Er ist dem Licht aller Religionen und dem Welffrieden gewidmet und ist ein Zeichen für die allumfassende Lehre von Sri Swami Satchidananda.

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„Du wurdest glücklich geboren. Du wurdest mit einer natürlichen

Leichtigkeit (ease) geboren. Aber weil Du etwas getan hast, was diese Leichtigkeit stört, fühlst Du Dich belastet (dis-eased). Folglich bekommst Du Angst, etwas zu verlieren, wovon Dein Glück abzuhängen scheint. Im Yoga mußt Du nichts bekommen, das Dich glücklich macht. Du mußt nur erkennen, dass Du bereits personifiziertes Glück bist.“

~Swami Satchidananda

Sri Swami Satchidananda war einer der ersten Yogameister, der die klassische Yoga Tradition in den Westen gebracht hat. 1966 vom Kult-PopKünstler Peter Max nach Amerika eingeladen, lehrte er Yoga Stellungen, Meditation und einen vegetarischen Lebensstil, der auf Mitgefühl gründete. 1969 eröffnete er das Woodstock Festival, wodurch er unter einer ganzen Generation als “Der Woodstock Guru” bekannt wurde. Swami Satchidananda gründete die globale Organisation, Integral Yoga®, den Satchidananda Ashram–Yogaville® und den LOTUS Tempel (Light Of Truth Universal Shrine /Licht der Wahrheit Universeller Schreine) (Lotus.org). Er ist Autor der Bücher „Integral Hatha Yoga“, „Erkenne Dein Selbst“, „Die Yoga Sutras von Patanjali“, „Jenseits aller Sprachen“, „The Living Gita“ (Die lebendige Gita), und „Die Goldene Gegenwart“. Die Dokumentation „Living Yoga“ erzählt über ihn. (Für mehr Information besuche: swamisatchidananda.org)


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