Ausgabe 162 am 28. Juni 2014
Idyllische Bühne
Ein Code auf der Kajo
Manche müssen gehen
Open Air im Park
Bretterverschlag-Kunst
WM in Brasilien
Der Kurpark in Bad Krozingen verwandelt sich ab 19 Juli in eine Freiluftbühne. Von Lichterfest, Klassik, Schlager bis Rock ist alles geboten. Seite 3
Ortsbegehung zu einem Zaun, der das Paradies auf der jeweils anderen Seite verheißt. Wer glaubt, dass es sich dabei um eine Baustelle handelt, irrt sich. Seite 5
In den kommenden Tagen stehen die Achtelfinale an. Ohne Spanien, Italien, England und Finkes Kamerun. Eine WMSpezial ab Seite 9
Wahl zwischen Terror Im Irak formiert sich ein breites Bündnis gegen den ISIS-Terror. Eine militärische Lösung aber wird es nicht geben, treffen doch zwischen Syrien und Iran die Konflikte einer ganzen Region aufeinander. Von Marc-Simon Gerissen enn gemeinsame Feinde tatsächlich Freunde aus einstigen Feinden machen, wie es ein weiser Spruch voraussagt, dann steht der Nahe Osten unmittelbar vor einem umfassenden Frieden. Um den Vormarsch der Terrormiliz „Islamischer Staat im Irak und in (Groß-)Syrien“ (ISIS) zu stoppen, findet sich jedenfalls eine einzigartige Allianz zusammen: Das syrische Militär fliegt Luftangriffe auf ISIS-Stellungen im irakischen Grenzgebiet. Der Iran liefert tonnenweise militärische Ausrüstung und Versorgungsgüter an die irakische Regierung. Jordanien verstärkt seine Truppenpräsenz an der Grenze zum Irak. Und die USA haben 300 Elitesoldaten in den Irak entsandt, um die Regierungstruppen im Kampf gegen die Rebellen zu beraten. Der Flugzeugträger „George H.W. Bush“ steht im im Persischen Golf parat für Überwachungsflüge oder bei Bedarf auch für Luftschläge gegen die Aufständischen. Angesichts der brutalen Gewalt, mit der die ISIS-Truppen und ihre Verbündeten wie der syrische AlQaida-Ableger „Nusra-Front“ sowohl im Irak wie auch im syrischen Bürgerkrieg morden und plündern, ist ein solches gemeinsames Auftreten gegen den Terror zwingend notwendig. Und angesichts der militärischen Erfolge der sunnitischen Terroristen gegen das irakische Militär kann wohl nur mit internationaler Unterstützung ein Zerfall des Staates verhindert werden. Doch für die seit Jahren unter Terror und Krieg leidende Zivilbevölkerung in Syrien und im Irak wäre mit einer Vertreibung von ISIS der Horror längst nicht beendet. Gehen
W
HALLO ZUSAMMEN
Fußball-Narr ist auch schwer
doch die anderen Konfliktparteien mit ähnlicher Gewalt gegen Opposition und Bevölkerung vor. Syriens Diktator Baschar alAssad lässt nach wie vor Aleppo und andere Städte bombardieren und geht mit barbarischer Härte gegen Oppositionelle vor. Und im Irak setzt die Regierung unter anderem auf die gefürchtete Mahdi-Armee, die lange Jahre mit Todesschwadronen und Anschlägen gegen die US-Besatzung vorging. Und auch die offizielle irakische Armee ist berüchtigt wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen und extralegalen Hinrichtungen. Es bleibt die sprichwörtliche Wahl zwischen Pest und Cholera. Die US-amerikanische und insgesamt die westliche Politik setzt aber – trotz aller negativen Erfahrungen der vergangenen Jahre – auf die „starken Männer“ und auf „große Lösungen“. Nur starke Staaten, so die Überzeugung, können
für Sicherheit und Stabilität in der Region sorgen. Daher wurden jahrzehntelang die Husseins, Mubaraks und Assads fast bedingungslos unterstützt. Und daher sucht man nach der Ära der großen Diktatoren nun nach starken Nachfolgern, statt sich auf die allzu heterogenen Oppositionen in den arabischen Staaten einzulassen. So setzten sich in Ägypten die Militärs durch und blieb Assad in Syrien an der Macht, weil sie international als die kleineren Übel gegenüber ägyptischen Muslimbrüdern oder syrischen Islamisten angesehen wurden. Die demokratische Opposition aber bleibt dabei auf der Strecke. Wer sich für bürgerliche Freiheiten, für Demokratie und Menschenrechte oder für eine Verbesserung der sozialen Lage einsetzt, der stößt bei diktatorischen Herrschern wie bei Islkamisten auf wenig Gegenliebe. Ihnen und der Zivilbevölkerung
bleibt dann nur die Flucht. Die vielen Millionen syrischen Vertriebenen in den Flüchtlingslagern in Jordanien und dem Libanon sahen keine andere Wahl, als ihr Land zu verlassen. Weder das Assad-Regime noch die islmistische Opposition bieten ihnen irgendeine Perspektive. Ähnlich stellt sich die Lage nun für Millionen von Irakern dar, die vor staatlichem und ISIS-Terror fliehen. Ihre Erfahrungen sollten den westlichen Regierungen klarmachen, dass auch dem Feind des Feindes keineswegs immer zu trauen ist. Und dass es nicht die große Lösung ist, die langfristig Frieden bringen wird. Denn die zivile Opposition im Irak und in Syrien ist klein. Nichtsdestotrotz ist sie es, die internationale Unterstützung verdient. Und niemand anderes.
Das Leben als Fußball-Narr, so sollte man meinen, ist dieser Tage ein einziges Schlemmen und Jubeln. Schließlich ist WM in Brasilien und gab es bisher immer mindestens zwei Spiele pro Tag, meistens waren es drei. Da hat der Fußball-Narr als solcher es sich natürlich nicht entgehen lassen, auch wirklich jede Minute davon zu verfolgen. Gerade in den als langweilig gebrandmarkten Partien kommt doch die ganze Wahrheit über den Fußball ans Licht. Wenn es sich elend in die Länge zieht, ein Querpass dem nächsten folgt und die Akteure vor Hitze nur noch schleichen können, wird es interessant. Das noch aufzusaugen, wie der Fußball am Rande des Nervenzusammenbruchs doch immer noch seine Rätsel und seine Überraschungen bereit hält, ist großer Flachbildschirm. Nur diese Sache, dass die Welt gar nicht mehr existiert, macht auch dem Narr zu schaffen. EU-Kommissar, Kriege, Krisenherde, eine von Deutschland nach Algerien gelieferte Waffenfabrik. Das alles muss warten. Das wird es auch nach der WM noch geben. Jetzt sind Spiele. Michael Zäh