165. Ausgabe, ET 09.08.2014

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Ausgabe 165 am 9. August 2014

Angst vor Einmarsch

Schaulaufen für die Fans

Jazzige Energie

SC Freiburg

Hintergrund Die Nato hat die Sorge formuliert, dass Wladimir Putin unter einem Vorwand seine Truppen in die Ukraine einmarschieren lassen könnte. Seite 3

Tipps

Mit Stoke City Football Club kommt ein interessanter Testgegner im Rahmen der SCMannschaftsvorstellung nach Freiburg . Seite 7

Einen Vorgeschmack aufs Jazzfestival bietet das Richard Ebert Quartett aus Dresden am 17. September bei freiem Eintritt im E-Werk. Seite 13

Deal? Deal! Das Strafverfahren gegen Bernie Ecclestone wurde für eine Zahlung von 100 Millionen Dollar eingestellt. Die Begründung dafür hat viel mit schwarzem Humor zu tun. Bayern hat Kasse gemacht. Und mag stille sein. Von Michael Zäh

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HALLO ZUSAMMEN

Mehr Mut zur Zivilcourage!

Foto: Witters; Montage: S. Schampera

as ist britischer Humor: Um den Strafprozess wegen Schmiergeld-Zahlungen zu beenden, zahlt man Schmiergeld an das Gericht, das eigentlich darüber hätte befinden sollen, ob man nun geschmiert hat oder nicht. Bernie Ecclestone zahlt also 100 Millionen Dollar an die Staatskasse und das Müncher Landgericht segnet den Deal ab. Es stellt den Prozess gegen ihn ein. Humor ist, wenn man leise lacht. Mit diesem Deal hat Ecclestone quasi auf höchster Ebene bewiesen, der er alle in die Tasche stecken kann. Er hat sich eines Vorwurfs entledigt, indem er vor den Augen der Öffentlichkeit praktizierte, dass alles seinen Preis hat. Juristisch gilt er damit als unschuldig und bleibt ein freier Mann. Die öffentliche Hand hat auch ein gutes Geschäft gemacht. Deal? Deal! Wer hätte schon etwas davon gehabt, wenn der 83-Jährige sich nicht mehr der Formel-1 hätte widmen können? Völlig falsch ist der Ansatz, dass man die Reichen laufen ließe, aber die Armen einsperren würde. Denn der Paragraf 153a der Strafprozessordnung, nach dem solch ein Deal möglich ist, wurde ursprünglich nicht für die großen Fische, sondern für die kleinen Fischlein erdacht. Die Justiz sollte sich eine Flut von Fällen vom Hals halten können, in denen es um kleine Vergehen geht. Also wurde die Einstellung von Verfahren gegen Geldzahlungen verankert. Es sind mehrere hundertausend Fälle pro Jahr, wo das so gehandhabt wird. Statt Überlastung der Gerichte soll damit eine Ökonomisierung bei Alltagsdelikten erreicht werden.

Wenn viele kleine Fische auf diese Weise im Tümpel schwimmen dürfen, kann man jetzt nicht den großen Hecht anprangern. Es ist vielmehr die Strahlkraft dieses Deals, die ihn hervorstechen lässt. Es ist die Dreistigkeit darin. War es ursprünglich eine Bedingung, dass ein Verfahren gegen Geldauflage nur „bei geringer Schuld“ möglich ist, wurde dieser Grundsatz später in den listigen Satz verändert, dass „die Schwere der Schuld“ dem Deal nicht entgegenstehen darf. Ab hier schlägt sehr viel schwarzer Humor zu. Denn wie soll denn im Falle von Bernie Ecclestone die Bedingung erfüllt sein, dass „die Schwere der Schuld“ dem Deal nicht entgegen stehe? Das Gericht hat ja das Verfahren eingestellt, noch bevor es in einem vielleicht

langwierigen Prozess eben diese Frage klären konnte. Unstrittig war doch, dass Ecclestone dem früheren Bayern-Landes-Bank-Vorstand Gerhard Gribkowsky mal eben 44 Millionen überwiesen hat. Dafür hat Gribkowsky in einem anderen Prozess ein Haftstrafe bekommen, wegen Bestechlichkeit. Nun ja, wo einer bestochen wurde, hat es auch einer getan. Wenn Ecclestone auch noch gewusst haben sollte, dass es sich bei Gribkowsky um einen Amtsträger handelte (da die Bayern-LB dem Staat gehört), wäre dies eine gewisse Schwere gewesen. Man besticht doch nicht den Staat. Bernie Ecclestone drohten zehn Jahre Haft. Es sei denn, man besticht den Staat mit 100 Millionen Dollar. Vor diesem Hintergrund ist die Begründung des Richters Peter Noll,

warum er dem Deal zugestimmt hat, schon amüsant. Er sagte, die Vorwürfe hätten sich ja bisher „nicht erhärtet“. Nun gut, es waren noch Verhandlungstage bis weit in den September angesetzt, an denen es hätte ans Licht kommen können. Kann der Mann etwa in die Zukunft schauen? Und umgekehrt: Wenn sich doch bereits abgezeichnet hat, dass sich die Vorwürfe nicht erhärten lasssen – weshalb zahlt dann Bernie Ecclestone 100 Millionen Dollar? Und warum lässt ein Richter dies zu, der schließlich auch den Angeklagten schützen muss? Der Prozess hätte auch zu einem Freispruch führen können, hieß es. Palaver fürs Volk. Nebelkerzen. Bayern hat gut Kasse gemacht. Und mag stille sein.

Er galt als einer der gefährlichsten Gegner der Großmacht. Er war jung und hatte es gewagt, die Macht herauszufordern. Letztlich aber musste er fliehen, wurde von Land zu Land gehetzt. Die Rede ist hier nicht von Edward Snowden, sondern von Hannibal, der mit seinem Heer und 37 Elefanten 218 v. u.Z. über die Alpen kam, um Rom zu erobern. Und letztlich scheiterte. Fast 40 Jahre lang wurde er gejagt. Im Alter von 64 Jahren, nahm er sich das Leben, um einer Gefangennahme zu entgehen. Seine letzten Worte sind überliefert: „Lasst uns jetzt die Römer von ihrer ständigen Sorge befreien, da ihnen das Warten auf den Tod eines alten Mannes lange vorkommt.“ Russland hat Edward Snowden nun ein Aufenthaltsrecht für zunächst drei Jahre gewährt. Nachdem kein anderes europäisches Land den Mut besessen hat, diesem Mann zu helfen, der so große Zivilcouarge bewiesen und uns die Augen geöffnet hat. Seine Flucht ist noch nicht zu Ende. Wir hoffen auf viele weitere Snowdens. In diesem Sinne verabschieden wir uns in unsere jährliche Sommerpause. Die ZaS erscheint wieder am 13. September. Barbara Breitsprecher


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