166. Ausgabe, ET 13.09.2014

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Ausgabe 166 am 13. September 2014

Voller Elektrizität Musical

Offensives Verteidigen

Tanzen & Rappen

SC Freiburg

„Billy Elliot“, das Musical von Elton John, das auf dem gleichnamigen Film beruht, wird im Cinemaxx live aus London übetragen. Wir verlosen Tickets. Seite 3

In Dortmund hängen die drei Punkte etwas höher als sonst . Aber auf ein rasantes Spiel darf man sich freuen, wenn beide Teams sich treffen. Seite 9

Leben Für ein Tanzprojekt von Pan.Optikum mit Jugendlichen werden noch HipHop-Tänzerinnen und -tänzer sowie Rapper gesucht. Seite 13

Noch nicht das Kriegsziel Womöglich wird bei der ständigen Psychologisierung von Putin übersehen, dass dieser längst einen penibel vorbereiteten “nichtlinearen Krieg” führt und die momentane Waffenruhe in der Ostukraine nur eine Etappenziel ist. Von Michael Zäh

E

s gibt mehrere Blickwinkel, von denen aus sich die Krise in der Ukraine betrachten lässt. Die beliebteste Interpretation in der westlichen Welt ist ja jene, die stets versucht, Russlands Präsident Putin irgendwie zu „ergründen“. Dies ist also ein psychologisierendes Herangehen an die Sache, das Putin gleichermaßen verteufelt wie auch verstehen will. In dieser Sichtweise wird jeder Schritt des Westens sozusagen ins Verhältnis zu Putins Stimmungslage gesetzt. Wenn etwa jetzt von der EU neue Sanktionen verkündet wurden, die aber gleichzeitig bei Wohlverhalten von Putin bei der Umsetzung des „Friedenplans“ auch wieder zurück genommen werden sollen, ist das ein geradezu pädagogischer Ansatz bei einem ganz, ganz schwierigen Kind. Da wird zwischen Bestrafen und Belohnen stets darauf geachtet, dass der Mann bloß nicht jähzornig reagiert. Diese Sichtweise könnte sich als Irrtum heraus stellen. Ja, sie könnte sogar direkt ein Teil des Plans von Putin sein, der ja in einem Telefonat mit einem EU-Kommissar gesagt hat, dass er in 14 Tagen mit seinen Truppen in Kiew stehen könne. Und der andererseits behauptet, dass er auf einem Flug in die Mongolei den Plan zur Beilegung des Konfliktes in der Ukraine entworfen habe. Jener Plan also, der derzeit Stück für Stück in die Tat umgesetzt werden soll. Wofür Putin dann wieder vom Westen „belohnt“ werden soll. Es ist also Putin selbst, der zwischen der Drohung eines Vormarsches auf Kiew und eines plötzlichen Plans zu Befriedung der Situation in der Ukraine oszilliert. Womöglich will er dieses Bild erzeugen, weil er so

HALLO ZUSAMMEN

Da stupst einem doch das Herz

davon ablenken kann, dass in Wahrheit alles genau nach seinem Plan läuft. Und zwar nach einem Schlachtplan, der überhaupt nichts mit Psychologisierung zu tun. Folgt man der Veröffentlichung der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) von 7. 9. wurde die Invasion in der Ukraine als „nichtlineare Kriegsführung“ schon seit Anfang 2013 geplant und auch professionell vorbereitet. Als Beleg hierfür wird eine Rede des russischen Generalstabschefs Walerij Gerassimow zitiert, die dieser schon Ende Januar 2013 hielt. Darin sagt er, dass politische Ziele nicht mehr mit konventioneller Feuerkraft zu erreichen seien, sondern durch den „breit gestreuten Einstz von Desinformationen, von politischen, ökonomischen, humanitären und an-

deren nichtmilitärischen Maßnahmen, die in Verbindung mit dem Protestpotenzial der Bevölkerung zum Einsatz kommen“. Weiter heißt es, dass militärische Maßnahmen zwar erforderlich seien, diese aber einen „verdeckten Charakter“ haben“müssten. Und weiter: “Der offene Einsatz von Truppen – oftmals unter dem Deckmantel von Friedenserhaltung und Krisenbewältigung – kommt erst zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht, vor allem, um einen Konflikt endgültig zu gewinnen“. Diese nüchterne Militärsprache (die Rede wurde damals vor der Jahresversammlung der Russischen Akademie für Militärwissenschaft gehalten), beschreibt viel genauer als alle psychologischen Ansätze, was auf der Krim und in der Ostu-

kraine bisher passiert ist. Die FAS bringt dies mit einem Manöver in Zusammenhang, an dem 2013 rund 90.000 Soldaten teilnahmen und wo genau im Drehbuch stand, was später auf der Krim und danach in der Ostukraine passierte. Man übte einen Krieg mit den Methoden von Guerrillakämpfern. Was also von so langer Hand geplant und so penibel vorbereitet wurde, lässt sich weder mit den unzähligen Telefonaten von Angela Merkel mit Putin beeinträchtigen, noch von wirtschaftlichen Sanktionen. Eher steht zu befürchten, dass der momentan ausgehandelte Waffenstillstand noch nicht das Kriegsziel von Putin ist. Und dass dieses längst feststeht.

Die gerade in Kalifornien der Welt vorgestellte „Apple Watch“ kann also stupsen. Sie stupst einen, wenn etwa ein anderer an einen denkt und seinerseits seinen Herzschlag als Stupser-Stakkato rüber schickt. Also von überall auf der Welt. Hat man sich bisher gefreut, wenn jemand einem von hinten mal eben auf die Schulter gestupst hat, weil dies so etwas wie Nähe bedeutete, also dass da wirklich ein Mensch hinter einem steht, den man vielleicht länger nicht mehr gesehen hat, dann ist es jetzt damit vorbei. Die Stupser kommen bald von überall, und keiner ist da. Weil die „Apple Watch“ außerdem auch noch ständig alle möglichen Körperfunktionen misst und jeden anstupst, dessen Puls gerade mal wieder durch die Decke rast, weil er ständig angestupst wird, wird das zu einem HaseIgel-Spiel. Keiner kann mehr entkommen. Was bleibt einem übrig, als dann immer mehr und immer öfter auf seine Uhr zu starren, um die fremdgeschickten Herzschläge von den eigenen noch zu unterscheiden. Und zurück zu stupsen. Michael Zäh


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