Ausgabe 173 am 24. Januar 2015
Gewinner ohne Dividende Und die Welt
Kick vor der Wahl SC Freiburg
Die Regionalwert AG sucht weitere Anleger für eine soziale Wertschöpfungskette der regionalen, ökologischen Ernährung. Seite 2
Einen Tag vor dem Bürgerentscheid spielt der SC gegen Frankfurt. Dann in Gladbach und gegen Dortmund. Seite10
Nach den Terroranschlägen von Paris wurde Charlie Hebdo zum Synonym für Meinungsfreiheit. Charlie sollte aber eher nicht auf Karnevalsumzügen zur Schau getragen werden. Sondern andere Ziele haben. Von MichaelZäh
N
ach den Terroranschlägen von Paris wurde Charlie Hebdo zum Synonym für Meinungsfreiheit. Im ersten Moment war es Ausdruck von tiefster Betroffenheit, wenn Millionen Menschen in Frankreich, Deutschland und der westlichen Welt kleine Schilder vor sich hertrugen, auf denen stand: „Je suis Charlie.“ Ein Gedenken an die brutal ermordeten Journalisten der Satirezeitschrift, aber eben auch eine Botschaft an die Welt, dass sich die Meinungsfreiheit nicht töten lässt. Ein solidarisches Bekenntnis zu einem hohen Gut. Denn von den vielen Millionen Menschen, die hier ihre Anteilnahme zeigten, werden wohl die wenigsten Charlie Hebdo vor dem Attentat überhaupt gekannt haben. Die Zeitschrift erschien bis dahin ja nur in einer kleinen Auflage von 60.000 Exemplaren. Wenn nun Überlegungen da sind, im Gedenken an die getöteten Journalisten auch auf den Rosenmontagsumzügen einen CharlieWagen zu bauen und dabei den Bleistift so zu stilisieren, dass er den Waffen der Attentäter überlegen ist, kann einem allerdings ein gewisses Unbehagen ergreifen. Dieses liegt darin, dass in diesem Motiv der Bleistift auf gewisse Weise selbst zur Waffe wird. Das aber war ja gerade die „Rechtfertigung“ der Terroristen für ihre abscheuliche Tat. Natürlich ist es so, dass das hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit zu den Stützpfeilern einer jeden Demokratie gehört. Gleichzeitig ist jede Ausübung der Meinungsfreiheit auch eine große Verantwortung. Denn eine solche Ausübung bewegt
sich ja immer auch in einem sehr konkreten Kontext. Wen soll ein so veröffentlicher Text erreichen? Und was trägt die darin zum Ausdruck gebrachte Meinung zum Gesamten bei? In welcher gesellschaftlichen Struktur und Dimension spielt sich das ab? Und auch: Gegen wen oder was wendet sich mitunter eine Veröffentlichung und zu welchem Zweck? Im Idealfall ist es ja immer ein Diskurs, der gefüttert wird. Egal, ob mit den Mitteln der Provokation, der Analyse oder einfach nur der Verbreitung von Nachrichten – es geht stets um mehr als nur den Selbstzweck, die Meinungsfreiheit auszuüben. In demokratischen Gesellschaften stehen ja oft viele sehr verschiedene Meinungen und Denkweisen gegeneinander. Wir sind es gewohnt, damit zu „streiten“. Nicht selten kommt bei diesem Prozess dann auch etwas Gutes raus. Als Charlie Hebdo nach dem Tod seiner Journalisten erstmals in einer Millionenauflage erschien und in aller Welt verbreitet wurde, kam es in der muslimischen Welt zu Massenprotesten. Für unsere westANZEIGE
S Amtlicher
Ja
timmzettel
Nein
1. Februar
Das Beste für Alle e Infos a auff Seite 5
liche Wahrnehmung war die auf dem Titel abgebildete Mohammed-Karrikatur völlig okay. Denn unser in längerer Tradition eingeübtes Rezensionsverhalten unterscheidet die Abbildung und die damit zum Ausdruck gebrachte Botschaft. Wir nehmen das Bild nicht als solches, sondern nur als Mittel, um etwas zu transportieren. Wir sahen deshalb in der Karrikatur den Ausdruck von Wut, Trotz, aber auch tiefer Trauer. Solche Lesegewohnheiten sind aber nicht selbstverständlich. Man muss auch darüber nachdenken, dass es Menschen gibt, die das nicht gewohnt sind und deshalb eine völlig andere Wahrnehmung derselben Sache haben. Und die Muslime in der Welt, die die Karrikatur als eine Beleidigung interpretierten, sind ja nun keinesfalls mit den Mördern von Paris gleichzusetzen. Nach der schockierenden Tat von Paris ist es ja gerade von größter Bedeutung, dass sich ganz verschiedene Kulturen und Religionen in der Verurteilung solcher Taten einig sein können. Charlie als Synonym für die Meinungsfreiheit sollte sorgsam verwendet werden. Nicht auf dem Karneval. Und schon gar nicht als Waffe.
Mit anderen Augen sehen Leben Das 12. Mundologia-Festival ist mit bildgewaltigen Reportagen Europas größtes Festival für Fotografie, Abenteuer und Reisen. Seite 13
HALLO ZUSAMMEN
Unfassbar, aber leider wahr Diese Zahl ist unfassbar: Wie die Hilfsorganisation Oxfam in einer Studie zeigt, werden im Jahr 2016 ein Prozent (!) der Weltbevölkerung mehr als 50 Prozent des Weltvermögens, also mehr als alle anderen Menschen zusammen besitzen! Und diese Zahl ist eben nicht nur eine Zahl, sondern eine stetig wachsende Realität. Und wer nun meint, dass sich 99 Prozent der Weltbevölkerung nun wenigstens die anderen 49 Prozent des Weltvermögens teilen könnten, irrt laut der Studie ebenfalls. Vielmehr sei es so, dass 80 Prozent aller Menschen sich zusammen mit gerade mal 5,5 Prozent vom Kuchen begnügen müssen. Das heißt, dass Hunderte Millionen Menschen quasi zur Armut verdammt seien und keine Chance haben, ihre Talente zu entwickeln, wie die OxfamDirektorin Winnie Byanyima sagte. Sie warnt auch davor, dass diese „erschütternde“ globale Ungleichheit nicht nur unmoralisch sei, sondern auch eine Gefahr für Demokratie, sozialen Frieden und Ökonomie darstelle. Die Studie war auch Thema des gerade in Davos stattfindenen Weltwirtschaftsforums. 300 Staatschefs und viele Wirtschaftsbosse haben dort Gelegenheit, etwas gegen diese Gefahr zu tun. Oder sie zu ignorieren, dem einen Prozent zuliebe. Michael Zäh